No. 93
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. November
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 1]

      Die Ortsvorstände werden hiermit aufgefordert, die Wege in Stand zu setzen und für Abfluß des Wassers Sorge zu tragen [Grabenauswurf ist einstweilen in Haufen zu setzen] - zugleich um arbeitslose Tagearbeiter zu beschäftigen.
          Die Gendarmen pp sind angewiesen, auf die Wege ganz besondere Obacht zu geben und jede Monitur zur Anzeige zu bringen.
             Schönberg, den 21. November 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Bekanntmachung.

                    Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1894 stattfindet

am Mittwoch, den 5. December d. Js.,
Morgens 10 Uhr,
in Wismar

im Alde'schen Locale "Zur Insel" vor dem Lübschen Thore.
                  Zu dem gemachten Termin haben sich bei Vermeidung der im §. 26, 7 der Wehr=Ordnung angedroheten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung aus dem hiesigen Aushebungsbezirke, welche im Jahre 1874 und früher geboren und mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
                  Es wird bemerkt, daß nach §. 23,2 der Wehrordnung zu rechnen sind:

1. zur seemännischen Bevölkerung.
a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinistengehülfen und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.
2. zur halbseemännischen Bevölkerung:
e. Seeleute, welche als solche auf deutschen oder außerdeutschen Fahrzeugen mindestens 12 Wochen gefahren sind;
f. See=, Küsten= und Hafffischer, welche die Fischerei zwar weniger als ein Jahr aber gewerbsmäßig betreiben.
                  Schönberg, den 12. November 1894.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Ausbebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Der zu den Beisetzungsfeierlichkeiten nach Petersburg entsandten französischen Militär=Deputation ließ Kaiser Wilhelm für die Fahrt von Köln bis Eydtkuhnen einen Sonderzug zur Verfügung stellen, welche Aufmerksamkeit bei der Militär=Deputation einen tiefen Eindruck hervor gerufen hat.
- Wie aus Kiel gemeldet wird, beabsichtigt der Kaiser anfangs December der feierlichen Verkehrsübergabe der Levensauer Hochbrücke am Nordostseekanal beizuwohnen.
- Die Einweihung des neuen Reichstagsgebäudes durch den Kaiser wird am 5. December in den Wandelgängen des Hauses stattfinden. Vielleicht wird der Kaiser vorher noch eine Besichtigung der inneren Räume vornehmen.
- Der Bundesrath überwies den Entwurf über die Aenderungen des Strafgesetzbuchs, des Militärstrafgesetzbuchs und des Gesetzes über die Presse (die sogenannte "Umsturz"=Vorlage), ferner den Gesetzentwurf über Bestrafung des Sklavenhandels und =Raubes an die Ausschüsse. Die Etats des Reichseisenbahnamtes, des Rechnungshofes und der Verwaltung der Eisenbahnen für 1895/96 wurden genehmigt.
- Der Ausschuß des Bundes der Landwirthe gedenkt im Lauf der nächsten Woche in Berlin eine Sitzung abzuhalten, in der darüber ent=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 2]

schieden werden wird, ob der Vorstand eine Audienz bei S. M. dem Kaiser ansuchen soll.
- Der preußische Landwirthschaftsminister hat den Rektor der Berliner Thierärztlichen Hochschule beauftragt, eine größere Quantität Tuberkulin anzukaufen und davon beliebige Mengen in der für die Impfung erforderlichen Mischung an landwirthschaftliche Vereine zum Selbstkostenpreis abzulassen. Der Preis der für eine Injektion erforderlichen Menge von 0,5 ccm ist auf 52 Pfg. festgesetzt.
- Wie "Nordd. Allg. Ztg." meldet, beginnen im Laufe dieser Woche im Reichsamt des Innern die Sitzungen, in denen erst die Formulierung des Gesetzes über die Börsenreform beginnen soll. Die Vorlage des Gesetzes dürfte daher, wenn es überhaupt noch in dieser Session geschieht, erst zu Ende derselben zur Berathung gelangen.
- Nach dem augenblicklichen Stande der Etatsberatung im Bundesrathe ist, wie verschiedentlich verlautet, anzunehmen, daß das Plus an Matrikularbeiträgen gegenüber den Ueberweisungen an die Einzelstaaten etwa 34-35 Millionen betragen werde.
- Bezüglich der soeben erfolgten Fernsprechversuche zwischen Wien=Berlin verlautet, daß die von Wien aus geführten Gespräche tadellos vernommen wurden, wogegen die Berliner Gespräche in Wien schlecht zu Gehör kamen.
- Schließlich ist doch der 26. November, der Geburtstag der Kaiserin=Wittwe, zum Hochzeitstag des Zaren Nikolaus bestimmt worden, nachdem die hierzu der beginnenden Fasten wegen nothwendig kirchliche Erlaubniß ertheilt worden war. Wie der "Köln. Ztg." aus Petersburg berichtet wird, soll die Hochzeit auch keine ganz stille werden; es verlautet beispielsweise, außer den in Petersburg weilenden Verwandten des Kaiserhauses würde das gesammte diplomatische Korps zu der Feier geladen werden.
- Auch im Ausland regt man sich bereits, um zur würdigen Feier des am nächsten 1. April bevorstehenden 80. Geburtstages des Fürsten Bismarck beizutragen. So wird aus Graz gemeldet, daß die dortigen deutschen Studenten beschlossen haben, dem Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburtstag ein Ehrengeschenk zu widmen.
- Der König von Rumänien richtete ein Schreiben an den Ministerpräsidenten, worin er seine Freude und seinen Dank für die Kundgebungen anläßlich seiner silbernen Hochzeit ausspricht und zugleich ankündigt, er beabsichtige zum Gedächtnis an diesen Tag eine Unterstützungskasse für Bauern zu errichten, wozu er 200 000 Franks spende. Er sei überzeugt, daß der edelmütige Sinn des rumänischen Volkes den Fonds werde anwachsen lassen.
- Ueber einen furchtbaren Selbstmordversuch meldet der Berliner amtliche Polizeibericht: Am Sonntag abend schlug sich ein Mann in seiner Wohnung, in der Ackerstraße, einen Steinbohrer mit einem Hammer etwa 8 Centimeter tief in den Kopf und begab sich dann nach der Sanitätswache, wo das Instrument aus der Wunde entfernt und seine Ueberführung in die Charite veranlaßt wurde.
- Die furchtbare Durchschlagskraft unserer neuen Geschosse hat sich wieder einmal bei einem traurigen Fall gezeigt. In Blankenburg a. H. hat sich ein Soldat der 10. Kompagnie des Braunschweigischen Infanterie=Regiments Nr. 92 erschossen, wobei dem Mann die Kugel durch den Kopf gegangen ist, die Wand durchschlagen und im Dach noch einige Ziegeln zertrümmert hat.
- In Folge eines Mißgriffs eines Apothekergehülfen ist am Dienstag in Freiburg i. Br. ein Student, der Sohn des Oberbürgermeisters Bötticher in Magdeburg, an Vergiftung gestorben. Der Verstorbene hat statt des geforderten Antipyrins zwei Pulver mit Sublimat erhalten. Der Apothekergehülfe ist verhaftet und die Staatsanwaltschaft erläßt eine Warnung vor dem Gebrauch der in der Zeit vom 3.-14. November aus der betr. Apotheke bezogenen Pulvern. Der Fall macht gewaltiges, Aufsehen.
- In München sind fünf Personen und in Stuttgart eine Person verhaftet worden, die seit dem Frühjahr 1893 gefälschte Fünfzigmarkscheine hergestellt und vielfach verbreitet haben. Ein siebentes Mitglied der Bande ist flüchtig, ein achtes ist bereits verstorben. Der gesammte Fälschungsapparat ist beschlagnahmt worden.
- In München wurde wegen verdächtigen Besitzes von Bauholz ein Mann auf der Straße von einem Gendarmen angehalten. Der Mann setzte sich mit dem Messer zur Wehr. Der Gendarm wehrte zuerst mit dem flachen Säbel ab, versetzte dem Mann aber dann einen Stich in den Oberarm und die linke Brustseite. Der Getroffene entsprang, wurde aber nach 10 Minuten tot aufgefunden.
- In der Cidadelle zu Memel verbrannten große Vorräthe von Petroleum, Benzin, Aether, Schmalz u. s. w. Die Flammen durchbrachen den Wall und steckten auch ein Schiff in Brand.
- In dem Nachlaß eines in Bonn verstorbenen, allgemein als dürftig betrachteten Handwerkers fand man ein Packet mit der Aufschrift "Gift" und mehreren Totenköpfen bemalt. Bei näherem Zusehen stellte sich heraus, daß dasselbe mehrere Tausend Mark in Papiergeld enthielt.
- Bei Takod im Graner Komitat (Oesterreich) hat man ein Kohlenlager von mehreren Millionen Meter=Zentner Steinkohlen entdeckt.
- In Wien erhielt Mathilde Tischler als erste ihres Geschlechts die Bewilligung als Anstreichermeister das große väterliche Geschäft fortzuführen.
- Am Monte Baldo, dem Gebirgsstock, der sich am östlichen Gardaseeufer erhebt, wurde vorige Woche von Holzfällern aus Nago ein Bär gesehen. Das Thier ergriffe als es die Männer erblickte, sofort die Flucht in das Gehölze.
- Vom 1./12. Januar 1895 ab gelangt auf sämmtlichen russischen Eisenbahnen im Personenverkehr der Zonentarif zur Einführung. Welche eminenten Vorteile diese Aenderung für das reisende Publikum in Rußland mit sich bringen wird, mag u. a. daraus erhellen, daß die Tour von Sosnowice über Warschau, Wilna, Dünaburg nach Petersburg und zurück (zusammen 2670 Werst) in 2. Wagenklasse nur 30 Rubel kosten wird. Die russische Kommunikationsbehörde verspricht sich von dieser Verkehrs=Erleichterung eine erhebliche Zunahme des gesammten Reiseverkehrs.
- Ein heftiger Orkan richtete in der Nacht zum Mittwoch in Chicago an den Gebäuden bedeutenden Schaden an. Der 6 Fuß hohe Stahlschornstein des Clubgebäudes der Universität ist eingestürzt und fiel mit voller Wucht auf das Palais des Millionärs Handy. Die herabfallenden Trümmer verletzten ca. 125 Personen.


- Eingesandt. Ein recht langathmiger Artikel in Nr. 276 der zu Lübeck erscheinenden Eisenbahn=Zeitung, eines freisinnigen Blattes, beschäftigt sich mit dem Eingesandt der "Wöchentl. Anzeigen" in der Nr. vom 16. November und nimmt aus diesem Veranlassung, für einen von dem freisinnigen Blatt früher gemachten, halb komischen, halb traurigen sogen. Jubiläumsartikel (!) die Ehre einer Erwiderung zu vindiciren.
"Man sollte wirklich den Mann, der solches Zeug für das Schönberger Blatt schreibt, nach Gegenden schicken, wo es konstitutionelle Verfassungen giebt",
will das freisinnige Blatt in liebenswürdiger Weise repliciren. Bedauerlichst hat der Mann indessen von vornherein auf jede Verständigung mit dem Freisinn ausdrücklich verzichtet, mußte auch fürchten, etwas weit verschickt zu werden, um die Segnungen der konstitutionellen Verfassung kennen zu lernen, denn in Lübeck scheint das Wesen des Constitutionalismus auch nicht hackenrein zu sein, und daß der Einfluß des Abgeordnetenhauses zu Berlin dem Herzogth. Lauenburg gegenüber in eine Parallele gezogen werden konnte mit einem aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Parlament für das Fürstenthum Ratzeburg zu Schönberg: bleibt ein wunderbarer Gedanke.
In Wirklichkeit denkt denn auch im Fürstenthum Ratzeburg niemand, am allerwenigsten der Bauer daran, nach dem Recept der Eisenbahnztg Lehrer, Juristen und Gewerbetreibende zu Ungunsten des gegenwärtig prävalirenden Bauernstandes an die Seite der Obrigkeit "zu deren heilsame Kon=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 3]

trole" (!!) zu berufen. Und die Geistlichkeit, der gegenwärtig die Handhabung der gesetzlichen Armenpflege fast ausschließlich obliegt, von der Vertretung auszuschließen, kann auch wieder nur jemand verlangen, der den hiesigen Verhältnissen völlig fern steht.
Aber es paßt wohl den Demokraten am Sitz der Redaktion der Eisenbahnzeitung wie der freisinnigen Mecklenburgischen Zeitungen, daß das Fürstenthum Ratzeburg für ihre, heute glücklicherweise von allen besser gesinnten Patrioten längst als überwunden anerkannten Reformwünsche ihnen die Kastanien aus dem Feuer holen soll.
- Schönberg. Vor einem zahlreichen Kreise von Wählern aus dem Fürstenthum Ratzeburg referirte der Mecklenburg=Strelitzische Reichtagsabgeordnete, Domänenpächter Nauck zu Gr. Schönfeld, am Freitag über die letzte Reichstagsperiode. Den Vorsitz führte der Domänenpächter Diercking=Hof Lockwisch, welcher die Versammlung eröffnete mit einem Hoch auf S. M. den Kaiser Wilhelm II. und S. K. H. unsern Allerdurchlauchtigsten Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg=Strelitz. In eingehender Weile sprach Herr Nauck über die in der letzten Reichstagssession geschaffenen Gesetze und verweilte eingehender bei denjenigen, die für die Landwirthschaft von besonderem Interesse waren, so namentlich bei dem russischen Handelsvertrage, der so einschneidend auf Handel und Industrie Deutschlands und namentlich auf die deutsche Landwirtschaft wirkt. Herr Nauck wußte die Anwesenden zu fesseln mit seinen interessanten und allgemein verständlichen Auseinandersetzungen und verweilte zum Schluß länger und eingehender bei der Währungsfrage, in welcher er dahin zu streben versprach, daß den Staaten Europas statt der bisher schwankenden Valuta eine feststehende geschaffen werde. Der Vorsitzende sprach zum Schluß dem Herrn Nauck für sein Erscheinen den Dank der Versammlung aus und diese brachte Herrn Nauck ein dreimaliges Hoch.
- Schönberg. Der landwirthschaftl. Verein für kleinere Landwirthe im Fürstenthum Ratzeburg beschloß in seiner diesjährigen Herbstversammlung am Freitag nach vierjähriger Pause im Sommer 1895 in Schönberg eine Thierschau zu veranstalten.
Wir können diesen Beschluß nur mit Freuden begrüßen, zumal die gesammte Bevölkerung des Fürstenthums an solchen landwirthschaftlichen Festen von je her das regste Interesse gezeigt hat.


Anzeigen.

Auctionsanzeige.

Am Mittwoch, den 28. d. M. Mittags 1 Uhr sollen in dem Hause des Arbeiters Herrn Harms zu Samkow verschiedene Sachen, als namentlich:

mehrere Kleidungsstücke, 1 Nähmaschine, 1 zweischläfriges Bett, 1 Bettstelle, 1 Koffer, 5 Brettstühle, 1 Tisch u. s. w.
öffentlich meistbietend gegen Barzahlung verkauft werden.
Carlow, den 22. November 1894.

                                                    Hinzelmann,
                                                    Landreiter.


3600 MARK
kann jedermann verdienen. Offerten unter Verdienst an die Deutsche Börsen-Ztg.,
Berlin-Niederschönhausen.


Geschlachtete Kälber
zu kaufen gesucht. Näheres durch H. Caspers,
Wexstraße 25 Hamburg.


Prima belgische Stearinlichte
á Pack 50 Pfg. á Pfund 70 Pfg.
Apollolichte
á Pack 40 Pfg. und á Pfund 60 Pfg.
in Packungen von 4, 5 und 6 Stück sowie Kronenkerzen
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


Das von mir seit 4 Jahren betriebene Zimmereigeschäft nebst Holzhandlung gebe ich am 1. Januar 1895 an die Frau Zimmermeister Johanna Westphal zurück. Indem ich für das mir in dieser Zeit geschenkte Vertrauen bestens danke, bitte ich dasselbe auf meine Nachfolgerin übertragen zu wollen.

                                                    K. Giersdorf.

Bezugnehmend auf vorstehende Annonce setze ich vom 1. Jan. 1895 an das von Herrn Giersdorf betriebene Zimmereigeschäft nebst Holzhandlung unter Leitung des Herrn Zimmermeister Schlie fort. Ich bitte das Herrn Giersdorf sowie meinem verstorbenen Manne geschenkte Vertrauen auch auf mich übertragen zu wollen.

                                                    Johanna Westphal, Wittwe.


ZUR SCHLACHTZEIT
beste
Gerst=Grütze
Pfund 10 Pfennig (Mecklenburg)., bei mehr billiger,

sowie Pfeffer, Nelken, Wurstkraut, Salpeter, Kanehl, Cardemom und desgleichen billigst bei

                                                    H. Brüchmann.


Naphta-Seife zum Waschen
Naphta-Seife
gesetzlich geschützt
reinigt die Wäsche lediglich durch Kochen ohne zu reiben und ist frei von allen schädlichen Bestandtheilen, Pfund 40 Pfennig (Mecklenburg).

Beste gelbe Kern-Stücken-Seife
Pfd. 24Pfennig (Mecklenburg)., bei 10 Pfd. 22 Pfennig (Mecklenburg)
Beste Naturkorn-Schmierseife Pfd. 18 Pfennig (Mecklenburg)
Besten Bleichsoda, Pfd. 18 Pfennig (Mecklenburg), sowie sonstige Wäscheartikel
billigst bei                                                     H. Brüchmann.


Magdeburger
Sauerkohl
empfiehlt billigstens                                                     Aug. Spehr.


Häckselmaschinen
für Handbetrieb,

leichtester Gang, größtmöglichste Arbeitsleistung, empfiehlt ab Lager billigst

                                                    Rud. Tietgen.


Schon am 3. u. 4. Dezember 1894
Gewinnziehung der
Grossen Geld-Lotterie
Haupttreffer evtl. 500.000 Mk.
u s. w. u. s. w. baares Geld
Originallose á 4,40 Mk.

Porto und Liste 30 Pf. extra empfiehlt und versendet die

Haupt-Agentur
Josef Scholl, Niederschönhausen b. Berlin.


Sägen aller Art:

Drummsägen,
Kerbsägen amerikanischer Art mit Patentheften,
Bügelsägen,
Handsägen,
Sägefeilen in allen Sorten,
Holzäxte, Beile

in garantirt bester Qualität empfiehlt
Rud. Tietgen.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 4]

Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg auf das Jahr 1895 ist erschienen und zum Preise von 25 Pfg. an den bekannten Verkaufsstellen zu haben.


50,000 Mark
als schönste Weihnachtsgabe zu gewinnen in der
am 13. Dezember stattfindenden 1. Ziehung der
Grossen Hamburger Geldverloosung.
Ganze Loose à 6 M., 1/2 à 3 M., 1/4 à 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).
versenden unter Nachnahme und erbitten Aufträge raschestens
Mindus & Marienthal, Hamburg.


Hochzeits=Geschenke in größter Auswahl bei H. Brüchmann.


Aussteuer=Magazin für Haus und Küche
in Emaille, Porzellan, Steingut, Glas=, Thonwaaren u. s. w.
in reichhaltigster Auswahl bei                                                     H. Brüchmann.


Geladene
Jagdpatronen der Pulverfabrik Rottweil
empfiehlt zu Originalpreisen                                                     Rud. Tietgen.


Soeben eingetroffen:
beste verzinkte Eimer
zu billigen Preisen.
(Größte Auswahl.)
bei                                                     H. Brüchmann.


Prima ger. Land-Mettwurst
hat abzugeben                                                     H. W. Ladendorf.


Ich beabsichtige, meine zu Gr. Molzahn belegene

Büdnerei und 29 Bienenstöcke

sofort zu verkaufen und bitte Kaufliebhaber, sich schriftlich bei mir anzumelden, wann sie kommen.

                                                    J. Kähler, Gr. Molzahn.


Besten weißen Honig
Pfund 65 Pfg.
bei                                                     H. Brüchmann.


Amerikanische
Fleischhackmaschinen
verzinkt und emailliert in allen Größen
empfiehlt billigst                                                     Rud. Tietgen.


Sternseife

beste Haushaltungsseife, zeichnet sich aus durch absolute Reinheit, größtmöglichste Trockenheit u. volle Neutralität, empfiehlt

                                                    Aug. Spehr.


"Columbia"
Hygiéne=Saugflasche für Kinder
mit aus einem Stücke bleifreien Zinnes bestehender Saugvorrichtung.
Für Kinder absolut reinlichste Ernährung. Gesetzlich, geschützt D. R. G. M. Nr. 26646
== Saugflasche mit Zubehör 1 Mark. ==
Flaschen, Säuger sowie alle anderen Theile billigst
bei                                                     H. Brüchmann.


Feinste staubfreie
Gerstgrütze Pfd. 10 Pfg.
bei                                                     Max C. Saß.


Vom Sonnabend den 1. Dezember
bis Weihnachten sind bei mir gute fette Gänse zu kaufen.
                                                    H. Wolgast,
                                                    Bäckermeister.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Zur Feier des Gedenktages der Schlacht bei Loigny am Sonntag, den 2. December d. Js. im großen Saale des Herrn J. Boye hieselbst:

Conzert und Ball
Entree für Conzert: à Person 30 Pfg.
Anfang 7 1/2 Uhr. Tanzschleife für Herrn zum Ball: 1 Mark.

Zu recht zahlreichem Besuch von Stadt und Land ladet kameradschaftlichst und ergebenst ein

                                                    der Vorstand.


Für die vielen, uns zu unserer ehelichen Verbindung von Nah und Fern zugegangenen Glückwünsche sagen wir allen geehrten Gratulanten unsern herzlichsten Dank.
Menzendorf, im Nov. 1894.

                                                    W. Bruhn u. Frau
                                                    geb. Siebenmark.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 53-55 M., große Schweine 53-56 M., Sauen 40-50 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammt=Auflage unserer heutigen Nr. liegt ein Prospekt des bekannten Bankhauses Philipp Fürst in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 93 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 27. November 1894.


Die Attentate gegen den Zaren.

Es ist allgemein bekannt, daß der schwerste Schatten, der auf dem Dasein des verstorbenen Kaisers Alexander III. gelegen hat, von der stetigen Gefahr ausgegangen ist, in der er und seine Familie durch die fast keinen Augenblick ruhende verbrecherische Arbeit der Nihilisten geschwebt haben. Noch waren die Ueberreste des gemordeten Herrschers Alexanders II. nicht zur Ruhe bestattet, da begannen sich die finsteren Mächte auch beim neuen Zaren anzumelden. Man drohte ihm, daß er mit dem Todesurtheil der Zarenmörder auch das eigene unterschreiben werde, aber der Prozeß ward durchgeführt, und gab einen schreckenerregenden Einblick in die aus fast allen Kreisen ihre Kräfte ziehende nihilistische Verschwörung. Es ward konstatiert, daß der Tod an jenem Tage den Zaren Alexander II. auf allen Straßenzügen, die zum Winterpalast führten, umlauert hatte. Hätte er nicht den Weg über den Katharinenkanal, sondern durch die Gartenstraße gewagt, so wäre er dort durch eine Mine in die Luft gesprengt worden, welche von einer Käsebude aus quer über die Straße gezogen worden war. Unter den Händen des Henkers Froloff endeten fünf der Verschworenen, und zwar der Führer derselben Scheljaboff, der erste Bombenwerfer Rysakoff, die Generalstochter Porowskaja, welche mit ihrem Taschentuch das Zeichen gegeben hatte, der Techniker Kibaltschitsch, der die Bomben fabriziert, und Michailoff, der die Mine gegraben hatte, ihr Leben in der Peter=Pauls=Festung auf dem Schafott. Die Mitverschworene Jesse Helfmann wurde, da sie schwanger war, begnadigt; in London und Paris waren zu ihren Gunsten Meetings abgehalten und Gnadengesuche an den neuen Zaren gerichtet worden; auch Viktor Hugo veröffentlichte für sie einen flammenden Brief an den neuen Herrscher und dieser wandelte die Todesstrafe in lebenslängliche Zwangsarbeit um.
Sechs Jahre lang gaben nun die Nihilisten kein Lebenszeichen von sich, sie schienen gänzlich vernichtet. Aber dann begann es sich wieder zu regen. Gerüchte tauchten auf, welche von Mordanschlägen gegen die Person Alexanders III. zu erzählen wußten; bald sollte Gatschina, bald wieder Peterhof und Oranienbaum der Schauplatz glücklich vereitelter Attentate gewesen sein und in ziemlich bestimmter Form wurde schließlich die Nachricht kolportiert, daß im Militärlager von Zarskoje=Selo der Versuch gewagt worden sei, die Tage des neuen Zaren gewaltsam zu kürzen. Bei der Fahnenweihe des Semonoffsky=Leibgarde=Regiments hieß es, seien Zündschnüre aufgefunden worden, welche direkt unter dem Pavillon der kaiserlichen Familie führten, ferner habe man nächst dem Pavillon eine mit Sprengstoff geladene Blechschatulle, eine sogen. "Fougasse", gefunden. Ueber das Resultat, der wegen dieser Angelegenheit eingeleiteten Untersuchungen wurde jedoch nichts veröffentlicht, obwohl es ein öffentliches Geheimniß war, daß in den Kreisen der Gardeoffiziere Verschickungen nach Sibirien - einige sprachen sogar von Hinrichtungen - gegeben habe. Weniger Geheimniß wurde aus einer Verschwörung im Jahre 1886 gemacht, obschon die Häupter derselben sich aus den privilegierten Gesellschaftskreisen rekrutierten. Der Prozeß wurde den Verschwörern öffentlich gemacht, der Führer, ein Russe deutscher Abstammung, Namens Baron Weymarn, endete mit dreien seiner Genossen am Galgen. Ein Jahr später während dessen die Nihilisten mehrere Subalterne Organe der dritten Abtheilung erdolchten, ward die Welt durch die Entdeckung eines neuen gegen das Leben des Zaren gerichteten Komplotts alarmiert. Die ersten Indizien erhielt man dank den Nachforschungen, welche sich an die unter seltsamen Umständen erfolgte Erdolchung eines russischen Geheimpolizisten in Warschau knüpften. Die bei dem Ermordeten gefundenen Aufzeichnungen ergaben nämlich, daß derselbe einer Verschwörung auf der Spur gewesen war und es erfolgten Verhaftungen, deren wichtigste die des Warschauer Friedensrichters Bardowski und einer adeligen Stiftsdame Fräulein Jentys war. Die Untersuchung ergab, daß anläßlich des Zarenbesuches in der polnischen Königsstadt in einer zum Schloß führenden Straße, welche bereits weithin unterminiert war, der Zar sammt seinem Gefolge in die Luft gesprengt werden sollte. Die Rädelsführer starben am Richtpflock. Parallel mit diesem Prozeß lief ein anderer, der in Petersburg eingeleitet und zu Ende geführt ward. Am 13. März 1887 erwarteten den Zaren drei nihilistische, mit Sprengbomben bewaffnete Studenten auf dem Newsky Prospekt. Die Verschwörer wollten den Jahrestag der Thronbesteigung Alexanders III. blutig begehen, aber auch diesmal wurde die That noch rechtzeitig vereitelt und man fand, daß man es abermals mit einer weit verästeten Verschwörung zu thun hatte, die bis nach Charkow und Odessa reichte. In der kaum zwei Meilen von der Hauptstadt entfernten Sommerfrische der Petersburger "Pargolowo" wurde das Hauptquartier der Verschwörer entdeckt. Der Prozeß gegen dieselben dauerte vom 9. April bis zum 11. Mai. Fünfzehn Personen wurden zum Tode verurtheilt, jedoch bei zehn derselben das Urtheil in Freiheitsstrafen umgewandelt, die fünf am 21. Mai 1887 durch den Strang hingerichtet. Und dann folgte endlich jener große Mordversuch, dem Alexander III. nebst Familie wie durch ein Wunder entronnen, er sowohl wie die Kaiserin erlitten aber doch leichte Verwundungen Es war das Eisenbahnattentat vom 28. Oktober 1887 auf den kaiserlichen Hofzug. Von einer weiten Reise, die ihm bis zum Fuß des Kaukasus geführt hatte, fuhr Alexander III. heim. Der Zug, der durch die russische Steppe mit einer Schnelligkeit von 65 Meilen per Stunde dahinraste, kam von der Station Taranowka und fuhr in der Richtung nach Charkow. Die sonst menschenleere Prärie hatte sich 24 Stunden vor der Ankunft des kaiserl. Separatzuges mit einer militärischen Staffage belebt, die Dammkronen des Bahnkörpers entlang flackerten die Biwakfeuer von Infanterie=Piketts, Kosakenpatrouillen sprengten ohne Unterlaß die Bahnlinie auf und nieder; damit der Zar in seinem goldenen Waggon ruhig schlafen konnte, mußten Zehntausende von Soldaten Wache stehen. Aber trotz aller erdenklichen Vorsichtsmaßregeln hatten die Nihilisten die Wächter doch einzuschläfern vermocht, und 2,7 Kilom. vor Borki, an einer Stelle, wo der Zug einen hohen Viadukt einer tiefen Schlucht passierte, erfolgte genau um Mittag die Explosion, welcher sofort neunzehn Menschenleben zum Opfer fielen. Die erste der beiden Lokomotiven aus der Wiener=Neustädter Fabrik Sigl u. Cie., hatte die unterminierte Stelle passiert und der Tender der zweiten, aus der Struwe'schen Fabrik in Petersburg war eben an der Unglücksstelle (die nachher durch einen mächtigen Erdtrichter markiert war) angelangt, als eine donnerähnliche Detonation hörbar ward und dann in blitzschneller Folge noch drei weitere Explosionen die die Waggons theilweise auseinanderrissen, theils in die Höhe wirbelten oder vom Bahndamm in die Tiefe schleuderten. Der Kaiser war zufällig im dritten Waggon, dessen kuppelartiges Dach und fast kasemattierte Wandungen es bewirkten, daß dieser Waggon nicht wie die anderen zerquetscht wurde. Doch der Fußboden wurde aufgerissen, das Dach förmlich zerschellt und der ganze Waggon aus dem Geleise gerissen. Alexander III. befand sich in dem Augenblick der Explosion zwischen der Gräfin Kutusoff und dem Maler Michael Zichy. Neben ihm wälzte sich der General Schremetjeff in seinem Blute, zu seinen

[ => Original lesen: 1894 Nr. 93 Seite 6]

Füßen lag die Leiche des auf der Stelle getöteten Lakaien Laufer dessen Blut den Zaren über und über bespritzt hatte. Der Kaiser selbst blutete aus der Hand, zahlreiche Glassplitter hatten ihn und die Kaiserin und auch die Großfürstin Xenia verletzt. (Es ist noch frisch in der Erinnerung, daß diese junge Prinzessin vor einigen Monaten an ihrem Hochzeitstage das Opfer eines noch nicht aufgeklärten Wagenunfalls geworden ist). So nahe ging also am Tag von Borki die Todesgefahr an Alexander III. vorbei: Seine in der rechten Brusttasche steckende Tula=Cigarrendose war ganz plattgedrückt worden und der Kaiser trug an dieser Stelle eine faustgroße Kontusion davon. Der Kaiser kroch durch das geborstene Dach selbst ins Freie und half dann im Verein mit dem Maler Zichy die Kaiserin aus den Trümmern des Wagens hervorziehen. Fünf Generale waren schwer verwundet, dem General Scheremetjeff war der Brustkasten eingedrückt, ein Stabskapitän war totgeblieben. Durch die infolge der Verwundungen entstandenen Todesfälle bezifferte sich der Verlust an Menschenleben auf 30 Personen.
Noch andere Attentate waren gegen die Person des Zaren gerichtet worden, aber sein Leben schien gefeit; es stand in den Sternen geschrieben, daß Alexander III. nicht durch Menschenhand sterben solle. Eine tückisch anschleichende Krankheit hat den Lebensnerv des hünenhaft gebauten nordischen Kaisers zerstört.
Der neue Zar bringt die für seine Sicherheit verantwortlichen Personen in helle Verzweiflung, weil er sich nicht scheut, ohne jede Bedeckung allein auszufahren, und sich sogar die besondere Ueberwachung des von ihm zurückzulegenden Weges durch Geheimpolizisten verbittet. Ja es ist das Unerhörte geschehen, daß Kaiser Nikolaus mehrere Male den ungefähr 100 Schritte weiten Weg vom Anitschkowpalais zum Palast des Großfürsten Sergius, zum Besuch seiner Braut, zu Fuß zurückgelegt hat! Der Chef der Sicherheitspolizei hat den Zaren inständigst gebeten, die Gänge über die Straße einzustellen, der Zar hat jedoch alle Vorstellungen der um ihn besorgten Personen freundlich, aber bestimmt abgelehnt. Er hat Recht; sein Leben steht in Gottes Hand!


- Nach dem veröffentlichten Ceremonial für die am Montag d. 26. d. stattfindende Hochzeit des russischen Kaisers und der Prinzessin Alix von Hessen wird der Tag durch 21 Kanonenschüsse von der Festung angekündigt. Die geladenen Personen und die Würdenträger versammeln sich Vormittags 11 1/2 Uhr in den verschiedenen Sälen des Winterpalais. Der Heilige Synod und der Klerus begeben sich unmittelbar in die Kirche des Palais. Die Würdenträger sind in großer Uniform, die Damen in russischem Hofkostüm, orangefarben und goldgerändert. Die Ehrendamen der Kaiserin=Witwe wohnen der Toilette der kaiserlichen Braut bei, welche, die Krone auf dem Haupte, einen Mantel aus Goldbrokat und Hermelin tragen wird. Die Brautschleppe wird von vier Hofchargen und das Ende vom Großkämmerer getragen. 51 Kanonenschüsse kündigen an, daß der Zug von den Gemächern der Braut sich nach der Capelle in Bewegung setzt. Voran schreiten die Großwürdenträger, alsdann die Kaiserin=Wittwe mit der Braut, hierauf der Kaiser, gefolgt von dem Hofminister Grafen Woronzow=Daschkow und drei Generaladjutanten, sodann der König von Dänemark, der König und die Königin von Griechenland, der Großherzog von Hessen, der Herzog und die Herzogin von Coburg, der Prinz und die Prinzessin von Wales, der Prinz=Thronfolger von Rumänien, die Prinzen Waldemar von Dänemark und Georg von Griechenland, der Herzog von York, Prinz Heinrich von Preußen, Prinzessin Irene, die Großfürsten und Großfürstinnen und die anderen fürstlichen Gäste. Den Zug schließen Senatoren, Staatssecretäre und Würdenträger. Nicht im Zuge befinden sich die Minister, die Mitglieder des Reichsraths und das diplomatische Corps mit den Damen. Dieselben werden direct vom Georgssaal nach der Kirche geführt. Der Kaiser, die Kaiserin und die kaiserliche Braut, sowie die Souveräne und Prinzen werden an der Thür der Kapelle von dem Metropoliten dem Heiligen Synod und vom Hofklerus empfangen. Sobald der Kaiser die inmitten der Kirche errichtete Estrade betreten hat, führt ihm die Kaiserin die Braut zu. Darauf beginnt der Gottesdienst. Die Erzhofpriester überreichen auf goldener Schüssel die Eheringe, welche der Beichtvater dem Kaiser und seiner Braut an die Finger steckt. Nach beendigter Trauungsceremonie treten die hierzu bestimmten Souveräne und Prinzen an die Estrade heran, um die Kronen über die Häupter des Kaisers und der kaiserlichen Braut zu halten. Sodann erfolgt die Einsegnung der Ehe und hierauf die Fürbitte, die zum ersten Male für den sehr orthodoxen Selbstherrscher Nikolaus Alexandrowitsch und seine Kaiserliche Gemahlin, die sehr orthodoxe Alexandra Feodorowna, gesprochen wird. Hierauf nähern sich die Neuvermählten der Kaiserin=Wittwe zum Danke und empfangen die Glückwünsche der Souveräne und Prinzen. Anschließend an die Trauungsceremonie findet ein Tedeum statt, während dessen 301 Kanonenschüsse gelöst werden. Die Majestäten, gefolgt von den Souveränen und Prinzen, begeben sich hierauf zu ihren Appartements, wo der Kaiser und, von ihm geführt seine Gemahlin die Glückwünsche des diplomatischen Corps, der Würdenträger und ihrer Damen entgegennehmen. Die Majestäten verlassen sodann das Palais und begeben sich in einem Galawagen à la Daumont nach der Kasankathedrale, wo sie von dem Metropoliten und dem hohen Clerus empfangen werden. Hier wird ein Dankamt abgehalten. Die Majestäten fahren sodann nach dem Anitschkowpalais, wo sie von der Kaiserin=Wittwe erwartet werden. Auf dem ganzen Wege vom Winterpalais nach dem Anitschkowpalais bilden Truppen Spalier. In allen Kirchen werden Dankgottesdienste abgehalten und während des ganzen Tages die Glocken geläutet.
- Bei einer Abendunterhaltung im Winterpalais in Petersburg stellte am Donnerstag Prinz Heinrich von Preußen, welcher die Uniform des 33. russischen Dragoner=Regiments trug, dem Kaiser Nikolaus die preußischen Militärdeputationen vor.
- Die Zahl der zur Beisetzung der Leiche Alexanders III. gespendeten Kränze soll 5000 übersteigen, von denen die Hälfte Silberkränze teilweise von hohem künstlerischen Werth, sind.
- Der Große Rath des Cantons Freiburg beschloß mit 64 gegen 12 Stimmen die Wiedereinführung der Todesstrafe.


Zum Totenfest.

(Sonntag den 25. November)

    Du Spätherbsttag voll Todesschauern!
Wie regt sich's in dem Herzen heiß,
Das hinter grauen Kirchhofsmauern
Ein teures Haupt gebettet weiß!
Wie seltsam Deine Glocken klingen!
Der Wind, der wild den Turm umtanzt,
Trägt's weit ins Land auf seinen Schwingen:
O lieb, so lang Du lieben kannst!

    Gleich einer ernsten Richterfrage
Mahnt Dich der Klang heut fort und fort:
Hast Du an jedem Deiner Tage
Gethan nach diesem goldnen Wort?
Und wenn Dein Herz in Reue zittert,
Und Du ob manchen Fehles zagst,
So bann' den Haß, der Dich verbittert:
O lieb, so lang Du lieben magst!

Noch Schlägt das Herz, das liebewarme,
Von dem das Deine sich verirrt,
Noch öffnen sich des Freundes Arme,
Wenn ihm ein trauter Blick nur wird.
O raff Dich auf, Du darfst nicht säumen
Und scheu verschieben, was Dir frommt;
Des Lebens Wogen jäh verschäumen:
Die Stunde kommt, die Stunde kommt!

Es schläft der Tod im Kelchesgrunde
Der Blüte, die das Licht kaum sah,
Und scheint so fern die letzte Stunde,
Ein Hauch vielleicht - und sie ist da!
Drum prüfe sorgend Deine Bahnen
Und jedes Ziel, danach Du jagst,
Und laß Dich heut zur Einkehr mahnen,
Wo Du an Gräbern stehst und klagst!

Sieh, wie das Leid an jedem Hügel
Den Unvergessenen Thränen weiht,
Und doch die Sehnsucht Keinem Flügel
Ins dunkle Reich der Schatten leiht!
Zu spät des Lorbeers stolze Ehren,
Die Rose, auf das Grab gepflanzt!
Der stille Kirchhof muß Dich's lehren:
O lieb, so lang Du lieben kannst!


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ZVDD