No. 84
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. Oktober
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 1]

         Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 25. Juni 1893 wird die Beschäftigungszeit in den Handelsgewerben am Sonntag, den 28 d. Mts., folgendermaßen festgesetzt:

a. für Schönberg von 7-10 Uhr Vormittags und von 12-6 Uhr Nachmittags,
b. für das platte Land von 7 1/2-9 1/2 Uhr Vormittags und von 12-6 Uhr Nachmittags.
                 Schönberg, den 22. Oktober 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Der Reichsanzeiger theilt amtlich die Berufung des Reichstages auf den 15. nächsten Mts. (Donnerstag) mit.
- Der Geburtstag der Kaiserin ist am Montag in Potsdam im Neuen Palais festlich begangen worden. Das erste Morgenständchen haben die Gardejäger dargebracht, zwischen 8 und 9 Uhr brachten die Familienangehörigen und von 11 Uhr die Personen der Umgebung ihre Glückwünsche dar. Am Nachmittag fand ein Familiendiner statt.
- Dem Reichstage wird kein Ausnahmegesetz vorgelegt werden, die verbündeten Regierungen, das preußische Staatsministerium voran, haben sich durch den Reichskanzler überzeugen lassen, daß die Umsturz=Propaganda wirksam nur auf dem Wege des gemeinen Rechts bekämpft und verhindert werden kann. Welche Maßregeln positiv in Aussicht genommen sind, wird erst später kundgethan werden; vorläufig begnügt sich die "Nordd. Allg. Ztg." mit der Versicherung, daß weder ohne Ernst noch ohne Zusammenhang vorgegangen werden wird; "dafür bürge der Reichskanzler, hinter dem der Kaiser steht."
- Hervorgehoben zu werden verdient, daß unter den Begrüßungstelegrammen, die am Montag früh vor Beginn der Verhandlungen des sozialdemokratischen Parteitages in Frankfurt a. M. verlesen worden sind, sich auch eins gefunden hat, das von einer "Anzahl sozialdemokratischer Rekruten" abgeschickt und unterschrieben war. "Woher" wird nicht gesagt, aber begrüßt ist es mit lebhaften Bravorufen. In den eigentlichen Verhandlungen ist bei Erörterungen des Berichts des Parteivorstandes eine Reihe von Anträgen gestellt worden, die eine Reduzierung der Gehälter der Parteibeamten und Redakteure bezwecken. Ein Antrag besagte, das Maximalgehalt solle 3000 M. für das Jahr nicht übersteigen. Bebel bekämpfte diesen Antrag entschieden. Die Sozialdemokraten erstrebten für die Arbeiter die günstigen Arbeitsbedingungen und Löhne und wollten jetzt die eigenen geistigen Arbeiten nicht entsprechend bezahlen. Eine Reihe von Redakteuren würde, wenn der Antrag angenommen werden sollte, ihre Posten sofort niederlegen, da sie bei bürgerlichen Blättern größere Gehälter beziehen würden. Mehrere andere Redner führten aus, die sozialdemokratische Partei sei arm und eine Arbeiterpartei müsse mit den Arbeitergroschen haushalten, ein Unterschied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit bestehe nicht. Drastischer als durch diese Debatte kann die Unhaltbarkeit der Grundsätze, auf denen der Alles beglückende Zukunftsstaat aufgebaut werden soll, kaum dargethan werden. Allein Widersprüche, wie sie bei solchen Dingen mit Naturnotwendigkeit zu Tage treten, sind für die Herren Bebel, Liebknecht und Konsorten Kleinigkeiten, an denen sich große Geister nicht stoßen.
- In Bezug auf die Wirkung der gesetzlichen Sonntagsruhe heißt es in dem soeben veröffentlichten Rechenschaftsberichte des Vereins für innere Mission im weimarschen Kreise auf die Jahre 1892 - 94: "Die vom Reichsgesetz erwartete für die Kirche günstigere Wendung ist nicht eingetreten. Sonntagsruhe haben wir bekommen, aber keine bessere Sonntagsheiligung. Das Wirthshaus hat an Frequenz viel gewonnen, das Gotteshaus nichts, eine Beobachtung, die man auch anderwärts gemacht hat."
- Der "Reichsanz." rät dringend den deutschen Lehrerinnen ab, nach Rußland zu gehen, es sei denn, daß sie genügende Kenntniß des Russischen besitzen, um dort die vorgeschriebene Prüfung als Hauslehrerin zu machen. Ohne Diplom können sie nicht einmal ein Inserat in die Zeitung setzen, um ihre Dienste anzubieten.
- Ueber das Befinden des Zaren Alexander III. ist am 23. d. Abends 7 Uhr das nachstehende Bulletin ausgegeben worden:

Im Laufe des Tages wurde einige Schläfrigkeit und leichte spasmatische Erscheinungen bemerkt. Der Appetit war besser als gestern.
Das am 24. d. Vormittags ausgegebene Bulletin lautet:
Der Kaiser schlief in der Nacht einige Stunden. Schläfrigkeit wurde nicht bemerkt. Appetit ist vorhanden.
- Dem "Wiener Fremdenblatt" zugegangene authentische Nachrichten besagen, daß der Czar, obwohl sein Zustand sehr bedenklich ist, stundenlang aus dem Bett bleibe und im Zimmer sogar auf= und abgehe. Er that seiner Zeit alles, was in seiner Macht stand, um sein Unwohlsein nach Möglichkeit zu verbergen. Als er beispielsweise einmal merkte, daß sein Leibarzt den Harn zur Untersuchung haben wollte, schüttete er selbst die vorhandene Menge in das Ausgußgefäß. Es verging daraus einige Zeit, bis es gelang, ohne Wissen des Czaren eine geringe Menge seines Harns zur Analyse bei Seite zu bringen.
- Die Bright'sche Nierenkrankheit spielt gegenwärtig in der Politik eine bedeutungvolle Rolle. Wie aus Simla unterm 15. d. berichtet

[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 2]

wird, besteht in ihr auch das Leiden des Emirs von Afghanistan. Schon seit mehreren Jahren ist er von der Krankheit heimgesucht, die jetzt aber in ein schweres Stadium eingetreten ist. Sollte, heißt es in der Depesche weiter, Abduhrraham sterben, so wird die indische Regierung sofort ihre Stellung zu der Nachfolge erklären, um einen Bürgerkrieg zu verhindern.
- Erfreulich ist es, daß die Braut des russischen Thronfolgers, die Prinzessin Alix von Hessen, dem sog. heiligen Synod und seinen Satzungen sich doch nicht ohne Widerstand unterworden hat. Ist die "Kreuzztg." recht unterrichtet, so sind die Zugeständnisse, die sich die tapfere Hessin erkämpft hat, sogar nicht unbedeutend und ähnliche Zugeständnisse sollen noch keiner ihrer Vorgängerinnen gemacht worden sein. Sie braucht einmal ihren früheren Glauben nicht zu verfluchen, wie dies die russische Formel verlangt, noch auch zu erklären, daß sie übertrete weil sie erkannt habe, daß die Wahrheit nicht bei ihrer, sondern bei der russischen Kirche sei; der Synod begnügt sich jetzt mit der Erklärung, daß die Prinzessin übertrete, um mit ihrem künftigen Gatten eines Glaubens zu sein. Man kann die tapfere Prinzessin, der es an Charakter nicht zu fehlen scheint, zu diesen Erfolgen nur beglückwünschen; wünschen möchten wir, daß sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle ihre deutschen Schwestern für jetzt und in alle Zukunft gekämpft und - den Sieg wenigstens angebahnt habe!
- In politischen Kreisen von Budapest hält man die Sanktion des Gesetzes über die Civilehe, die Civilstandregister und über die Religion der Kinder gemischter Ehen als in der allernächsten Zeit bevorstehend.
- Bessere Kost. Da infolge der 2jährigen Dienstzeit die Soldaten mehr angestrengt werden als früher, so sollen sie auch eine bessere Kost erhalten Es ist im nächsten Reichstag eine Vorlage zu erwarten. Die Fleischportionen sollen um 30 Gr., die Gemüseportionen in der Kaserne auf die Höhe der während der Manöver bewilligten gebracht werden. Hierzu ist eine Fettzugabe von 40 Gr. geplant, welche sich in den Manövern auf 60 Gr. erhöhen soll, so daß als Regel die Gewährung eines warmem Abendbrotes stattfinden könnte, für welches den Mannschaften 15 statt 13 Pfennige, wie bis jetzt in Anrechnung gebracht werden soll.
- Soldatenbriefe. Da wieder die Zeit da ist, in der die Rekruten=Einstellungen schon stattgefunden haben, so seien die Einberufenen und deren Angehörige auf folgende Vergünstigungen aufmerksam gemacht. Die bei der Linie stehenden Soldaten, ebenso die bei der Marine dienenden Mannschaften genießen für ihre Person innerhalb des deutschen Reichs folgende Portovergünstigungen: 1) für gewöhnliche Briefe bis zu 60 Gr. und Postkarten an die Soldaten kommt Porto nicht in Betracht, sofern diese Briefe als "Soldatenbrief: eigene Angelegenheit des Empfängers" bezeichnet sind: 2) für die an Soldaten gerichtete Postanweisung bis zu 15 Mk. beträgt das Porto 10 Pfg., auch hier ist die obige Aufschrift zu vermerken; 3) für ein an Soldaten gerichtetes Paket ohne Werthangabe bis zu 3 Kilo 20 Pfg. Porto ohne Unterschied der Entfernung. Aufschrift ebenfalls wie oben. Alle Sendungen von Soldaten, wie solche in rein gewerblichen Interessen des Adressaten oder Absenders, genießen keine Portovergünstigungen.
- Riesenwasserleitung. Vor einigen Tagen wurde die neue Wasserleitung der Stadt Manchester eröffnet. Sie gehört zu den größten Wasserwerken Englands, welche jemals gebaut worden sein sollen. Manchester wird jetzt sein Wasser aus dem Thirlmere=See beziehen, welchen die Stadt zum Ende hat ankaufen müssen. Aber auch das Quellgebiet des gesammten Hügelrückens von Helvellyn wird für die Leitung in Anspruch genommen. Der über Thäler, Eisenbahnen und Flüsse gehende Aequadukt ist 95 englische Meilen lang und der längste, den es überhaupt giebt. Die Baukosten haben 2 500 000 Pfd. Sterl. betragen.
- Der Lieblingssport der englischen Königsfamilie ist das Fischen. Die Herzogin von Fife ist eine berühmte Lachsfängerin und hat jüngst bei einem Wettfischen in Mar Lodge 40 Lachse gefangen. Die Prinzessin Mand und Victoria begnügen sich mit dem weniger aufregenden Karpfen= und Schleienfang. Die Prinzessin von Wales ist auch eine große Fischerin und hat ein Angelgeräth das die Kleinigkeit von 24 500 Mark gekostet hat. Prinzessin Louise aber übertrifft alle an Geschicklichkeit und setzt selbst bewährte Fischer in Erstaunen. So fing sie einst im Princeß Pool in Canada vier Lachse im Gesammtgewicht von 100 Pfund.
- Wie wird man mager? Diese Frage beantwortet Prof. Dr. Schweninger, den bekanntlich Fürst Bismarck zu seinem Leibarzte erkoren hat, in einer besonderen Schrift, die in einem Verlage in Wien erschienen ist. Kurz gefaßt, lauten die Vorschriften: Reibe dich ganz oder theilweise täglich wiederholt kalt oder warm ab, lasse deine dicken Fettmassen kneten, drücken und zwacken, je kräftiger und tiefer, desto besser, und freue dich bei den Schmerzen der ersten Tage auf das Vergnügen der späteren. Iß oft und jedesmal wenig, denn große Mahlzeiten begünstigen die Fettbildung und den Fettansatz, kleine dagegen den Fettverbrauch u. die Entfettung; iß Fleisch und Wurst jeder Art, soviel du ,magst, auch kalt und warm; iß Austern, Caviar und Hummern, du verträgst das, ob auch dein Geldbeutel - zeigt dir ein Blick hinein; iß Fische, gekocht, gebraten, gesalzen, geräuchert, Krebse, Eier, Käse, iß Spinat, Sauerkraut, Gurken, Kopfsalat und Obst, letzteres roh und geschmort. Doch meide: Suppen, Kartoffeln, Mehlspeisen, (Nudeln, Maccaroni, Reis, Hülsenfrüchte, Rüben, sowie Butter und Fette, wenn sie nicht zur Zubereitung von Speisen erforderlich sind. Trink Wasser und Mineralwasser, "mit" oder "ohne", Weiß= und Apfelwein; doch meide: Bier, Rothwein, Kaffee, Thee, Kakao, Chokolade, Milch und - Schnaps. Befolgst du diese Regeln gut, dann wird diese Wirkung nicht ausbleiben, das überschüssige, faule Fett wird schwinden. Allerdings hängt dir dann die Haut in Falten am Körper und in Runzeln im Gesicht, du siehst "elend" aus . . . aber das macht nichts; ängstige dich nicht! Die Haut kann nur dem Fettschwund nicht folgen; bald aber glättet sie sich über den zusammengeschrumpften Stellen und Zügen und herrlich bist du anzuschauen. Versuchts!


Anzeigen.

In der Nacht vom 18.-20. September d. Js. ist vom Güterboden in Schönberg ein Ballen mit baumwollenem Gewebe im Gewicht von 45 kg gestohlen worden. Der Ballen war gezeichnet G S 81 885, die Verpackung bestand aus grauer Packleinwand. Um Vigilanz und Benachrichtigung wird gebeten. - S. 452 : 94 -
Neustrelitz, 19. October 1894.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.
                                                    Seyberlich.


Gestohlen am Abend des 22. d. Mts. auf dem Wege von Schönberg nach Selmsdorf von einem Handelswagen 10 Pfund Butter nebst einem weißen Tuche, in dem das gestohlene Gut sich befand.
Ich ersuche um Vigilanz und Benachrichtigung zu den Akten 142-94.
Schönberg i. Meckl., 24. October 1894.

Der Amtsanwalt.
A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die zu Neschow sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des minorennen Rudolph Baars daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte in dem auf

Sonnabend, den 3. November 1894,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl

[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 3]

gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludiert sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 15. August 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Dr. Roth,
Lübeck, Königstr. 7.
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zurückgekehrt.


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[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 4]

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Am Sonntag, den 28. d. M. ist unser Geschäft
Morgens von 7 bis 10 Uhr
Nachmittags von 2 bis 6 Uhr
geöffnet.
                                   Gebrüder Burchard.


Am Sonntag den 28. ds. Mts. ist mein Geschäft bis 6 Uhr Nachmittag geöffnet.

                                                    Wilh. Oldenburg.


Kösters Saal.
Freitag, den 26. Oktober, Abend 8 Uhr:
Einmalige große Naucke=Vorstellung.

Vorzügliches Künstler=Ensemble (10 Herren).
Hochinteressantes, höchstelegantes Programm.
Einlaß 7 Uhr. Billetts: I. Platz I Mk., II. Platz 60 Pf. sind ab 2 - 6 1/2 Uhr im Theaterlokal zu haben. An der Abendkasse: I. Pl. 1,25 Mk., II. Pl. 75 Pf., Kinder I. Pl. 60 Pf. II. Pl. 30 Pf.
NB. Es kann nur diese eine Vorstellung stattfinden.


Gr. Siemzer Schweinegilde.
Sonntag, den 28. October d. J.
Ball
im Vereinslokale (Stadt Lübeck).
Anfang 7 Uhr.
Einführungen durch Mitglieder sind gestattet.
                                                    Der Vorstand.


Tanzmusik
am Sonntag, den 28. d. M.
Menzendorf.                                                     H. Rebbin.


Die Abonnenten auf die 6 Fremden=Vorstellungen der Spielzeit 1894-95 im hiesigen Großherzoglichen Hoftheater werden hierdurch aufgefordert, die bestellten Theater=Abonnements= und Eisenbahnfahrkarten in den Tagen

vom 26. bis zum 28. d Mts.

bei den Fahrkarten=Ausgabestellen ihrer Eisenbahnstation gegen Bezahlung abzuholen.
Schwerin, 25. Oktober 1894.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Statt jeder besonderen Meldung.

Am 23. Oktober entschlief sanft nach kurzem aber schwerem Leiden unsere liebe Mutter, Schwieger= und Großmutter

Anna Hildebrandt geb. Ahrens

im 88. Lebensjahre.
Von uns auf's Tiefste betrauert

                                                    Hildebrandt u. Frau.

Schönberg i. M. 24. October 1894.


Am 23. d. M. Abends 7 1/2 Uhr entschlief nach langen schweren Leiden meine liebe Frau und meiner Kinder liebevolle Mutter und Großmutter

Catharina Kelling geb. Bade

im vollendeten 78. Lebensjahre.
Tiefbetrauert von den Hinterbliebenen.
Die Beerdigung findet am Sonnabend Nachmittag 2 3/4 Uhr statt.


Verloren am Sonnabend Abend auf dem Wege von Schönberg bis Lockwisch ein schwarzer Stock mit silbernem Handgriff. Abzugeben gegen gute Belohnung in Spehrs Hotel zu Schönberg.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 28. Oktober.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 52-54 M., Sauen 44-51 M., Kälber 65-75 M. per 100 Pfund.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammt=Auflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten Bankhauses Philipp Fürst in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrl. Leser besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 42.
sowie eine Beilage des
Ersten Special=Reste=Geschäft Louis Grand
zu Lübeck.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 84 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 26. Oktober.


- Schönberg. Der Lehrer Duncker in Mannhagen, der viele Jahre hindurch die Schulstelle in Palingen verwaltete, feierte am 18. d. M. unter großer Betheiligung seiner Collegen sein 25jähriges Dienstjubiläum. - Ein Büdner Ollmann in Hoheleuchte, der sich seit vielen Jahren mit Imkerei beschäftigt hat und im Besitz einer großen Bienenwirthschaft ist, unternahm in diesem Jahre mit seinen Bienen eine Wanderung nach der Lüneburger Heide. Er will dort eine Honigernte mit einem Reinertrag von über 2000 M. gemacht haben. Es ist dies jedenfalls das günstigste Resultat, das von den Imkern des Fürstenthums erzielt ist. - Im Dorfe Gr. Grönau soll am 21. d. ein großer Tagelöhnerkathen, der von mehreren Familien bewohnt wurde, ein Raub der Flammen geworden sein.
- Vor einigen Tagen fand man beim Einmiethen von Kartoffeln auf der Feldmark Lewitzow bei Teterow etwa 2 Fuß unter der Erde ein menschliches Skelett, das vielleicht schon einige Jahre dort gelegen. Es stammte von einer männlichen Leiche.
- Von der Regierung ist für die Stadt Ratzeburg folgende Verfügung erlassen worden. Da in letzter Zeit bei öffentlichen Tanzlustbarkeiten Schlägereien vorgekommen sind, bei denen es sich gezeigt hat, daß den Polizeibeamten seitens der Tanzwirthe nicht immer die Unterstützung zu theil wurde, die man von ihnen erwarten mußte, so wird angeordnet, daß da, wo anläßlich der Tanzbelustigungen Schlägereien stattgefunden haben, künftig 1 Jahr keine Tanzbelustigungen genehmigt werden sollen.
- Die Großherzogin von Mecklenburg=Schwerin erläßt einen allgemeinen Aufruf zu Beiträgen für kostenlose Verabfolgung von Berings Heilserum gegen die Diphtheritis an arme Kranke Mecklenburgs.
- Fremden=Vorstellungen. Wie aus dem uns soeben zugegangenen Repertoir Entwurf hervorgeht, scheint die Hoftheater=Intendantur in diesem Winter den Vorstellungen für auswärtige Besucher eine ganz besondere Bevorzugung in der Auswahl der aufzuführenden Schauspiele und Opern zu Theil werden zulassen. Außer "Kaufmann von Venedig" von Shakespeare und "Wallenstein's Tod" von Schiller sollen die Opern "Lohengrin" von Wagner und neu einstudiert, "Der Maskenball" von Verdi gegeben werden. Ferner ist eine einaktige Oper in Aussicht genommen, welche zusammen mit dem neu einzustudierenden Lustspiel "Der Geizige" von Moliere zur Aufführung gelangen wird.
Endlich will die Intendantur noch die neue, überaus reizvolle Oper "Hänsel und Gretel" von Humperdink, welche soeben erworben wurde und welche zur Zeit in Berlin, Hamburg und Wien großes Aufsehen macht, ebenfalls schon in dieser Spielzeit den auswärtigen Abonnenten geben, ein Entgegenkommen, welches gewiß große Anerkennung finden wird. - Etwaige Abänderungen in diesem vorläufigen Entwurf bleiben natürlich für alle Fälle vorbehalten.
Die bereits für den 31. d. M. in Aussicht genommene Vorstellung für die Abtheilung I ist wegen des Beginns der in Rostock stattfindenden Lutherfeier auf Mittwoch den 7. November verschoben worden.


- In Berlin verlieren jährlich etwa 1000 Menschen in gewaltsamer Weise ihr Leben. Vielleicht ein Drittel davon entfällt auf die Rubrik "Selbstmord."
- Welche Summen für die Berliner Gemeindeschulen aufzubringen sind, dafür giebt eine jetzt veröffentlichte Aufstellung Zeugniß; danach hat Berlin zur Unterhaltung der Berliner Gemeindeschulen, der Taubstummen= und Blindenanstalt die Summe von 9 383 386 Mk. 99 Pfg. aus dem Stadtsäckel zu bestreiten gehabt.
- An die Vorsitzende des Lette=Vereins, Frau Schepeler=Lette, gelangte ein Schreiben des Kaisers, worin er seine Anerkennung und seinen Dank für die vom Lette=Verein besorgten Stickerei=Arbeiten an den neuen Fahnen ausspricht und besonders hervorhebt, daß dieser Dank auch den Stickerinnen übermittelt werden solle.
- Die Bonner Studentenschaft beschloß soeben, auf Antrag der Burschenschaft "Alemania", die gesammte deutsche Studentenschaft aufzufordern, dem Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburtstage eine Ehrengabe darzubringen. Eine Vertreterversammlung aller Hochschulen, welche in Berlin tagen soll, wird über die Art der Huldigung näher beschließen.
- An den Folgen einer Hühneraugenoperation starb in Berlin der im Nordosten wohnhafte sehr bekannte Gastwirth H.
- In Radau, Kreis Rosenberg O.=Sch., erblickte eine junge Dame beim Spaziergange im Walde einen Wilddieb. Sie machte sich an ihn heran, entriß ihm das Gewehr und zwang ihn mit vorgehaltener Waffe, ihr bis zum nahen Gutshofe zu folgen. Gott gnade dem künftigen Gatten da, wenn er den Stammtisch einmal zu spät verläßt!
- Als kürzlich mehrere Bauern auf der Schranne zu Ingolstadt ihr Getreide nicht verkaufen konnten, jedoch darauf rechneten, mit dem Erlös ihre Steuern zu zahlen, fuhren sie ihr Korn vor das Rentamtsgebäude, damit es ihnen an Zahlungsstatt abgenommen werde!
- In der Nacht zum Freitag auf Sonnabend sind in Buschau im Kreis Angeln der Einwohner Callsen nebst Dienstmagd von einem unbekannten Mann getötet worden.
- Als der Kaiser am Dienstag Abend um 11 Uhr von Wiesbaden abreiste, brachten ihm auf dem Bahnhofe mehrere Gesangvereine eine Huldigung dar, indem sie das "Deutsche Lied" von Kalliwoda sangen. Der Kaiser sagte zu den Sängern: "Ich danke Ihnen sehr, Sie haben schön gesungen, es hat mir sehr gefallen. Pflegen Sie das deutsche Lied weiter, es ist ein ausgezeichneter Träger unserer Einigkeit."
- Die Lese der weißen Trauben ergiebt am ganzen Mittelrhein nur mäßigen Ertrag. Höchstens kann man auf einen halben Herbst rechnen. Der Preis ist sehr niedrig; das Pfund wird mit 8-12 Pfg. bezahlt.
- Auf dem Hunsrück gab es in der Nacht zum vorigen Sonnabend starken Frost. Gegen 6 Uhr waren dort noch 3 Grad Kälte. Das Laub der Bäume ist verschwunden. Große Züge Kraniche, wie man sie dort selten gesehen hat, kamen von Nordosten und zogen nach Südwesten. In Hennweiler bei Kirn waren die Bäche mit Eis überzogen.
- Im September 1894 waren in der Provinz Sachsen 104 Zuckerfabriken im Betriebe; die Menge der daselbst verarbeiteten Rüben betrug 258 024 800 kg. Die Provinz steht damit an erster Stelle in Preußen, an zweiter kommt Schlesien mit 38 Fabriken, in denen 86 442 300 kg Rüben verarbeitet wurden. Weiter interessieren hier noch die folgenden Ziffern: Herzogthum Anhalt 27 Fabriken mit 61 395 000 kg, Herzogthum Braunschweig 28 Fabriken mit 62 951 600 kg und

[ => Original lesen: 1894 Nr. 84 Seite 6]

Thüringen 4 Fabriken mit 7 032 500 kg. Im ganzen Reiche verarbeiten 323 Fabriken 836 313 900 kg Rüben; in ganz Preußen 247 Fabriken 643 771 400 kg.
- In den Synagogen von Paris und in ganz Frankreich wurden Gebete für die Genesung des Czaren gesprochen. In die Listen, die auf der russischen Botschaft aufliegen, haben sich viele Persönlichkeiten eingeschrieben, unter anderem auch Marschall Canrobert und mehrere Minister.
- Für den horrenden Preis von 200 000 M. wurde in London eine australische Briefmarkensammlung von dem Vizepräses der London Philatelic Society verkauft. Die Sammlung war 1872 begonnen worden und enthält außer Marken auch gestempelte Kouverte, Korrespondenzkarten und Kreuzbänder.
- Im Krystall Palast zu London wurde am Dienstag die 26. Londoner Katzenausstellung eröffnet. Die Engländer sind große Katzenfreunde. Alle Gattungen Katzen aus aller Herren Länder sind vertreten. Zu bemerken ist, daß die Hauskatze in England, Dank der guten Behandlung, viel zahmer ist als in Deutschland.
- Im nördlichen Schweden ist der Winter bereits eingekehrt. Wie aus Lulea gemeldet wird, hat dort ein starker Schneesturm geherrscht, dem schönes Winterwetter bei 5 Grad Kälte gefolgt ist.
- Die vielbesprochene Dichtung und Komposition des Kaisers "Sang an Aegir" ist am 15. d. in Wilhelmshaven in einem von den Musikkorps der 2. Matrosendivision und des 2. Seebataillons veranstalteten Wohlthätigkeitskonzert zum ersten Mal öffentlich zum Vortrag gelangt. Die Dichtung hat folgenden Wortlaut:
          O Aegir, Herr der Fluten,
          Dem Nix und Neck sich beugt;
          In Morgensonnengluten
          Die Heldenschar sich neigt.
          In grimmer Fehd' wir fahren
          Hin an den fernen Strand,
          Durch Sturm, durch Fels und Klippe
          Führ uns in Feindes Land!
          Will uns der Neck bedräuen,
          Versagt uns unter Schild,
          So wehr Dein flammend Auge
          Dem Ansturm, noch so wild,
          Wie Frithjof auf Ellido
          Getrost durchfuhr das Meer,
          So schirm auf diesen Drachen
          Uns, Deiner Söhne Heer!
          Wenn in dem wilden Horste
          Sich Brünn auf Brünne drängt,
          Den Feind, vom Stahl getroffen,
          Die Schildesmaid umfängt,
          Dann töne hin zum Meere
          Mit Schwert und Schildes Klang
          Dir, hoher Gott, zur Ehre
          Gleich Sturmwind unter Sang!
Die Komposition enthält 55 Takte, als Tempo ist maestoso vorgeschrieben.
- Vom Schwager des Kaisers, dem Prinzen Adolf zu Schaumburg, der bei den diesjährigen Manövern auch Garzweiler berührte, erzählt man sich dort folgendes Stückchen: Der Prinz trat mit den Worten: "Können Sie mir einige Eier kochen?" in ein Bauernhaus. "Sehr gern, Herr Lieutenant," erwiderte die Frau, "wenn ich nur jemand zur Hand hätte, welcher die Wiege schauckelte, damit ich die Eier aus dem Neste holen kann." "Das könnte ich ja besorgen," antwortete der Prinz und setzte die Wiege in Bewegung, während die Frau die Eier herbeischaffte. Man kann sich das Erstaunen der Frau denken, als sie hörte, daß der Schwager des Kaisers es gewesen war, der die Wiege geschaukelt hatte.
- Eine lustige Gaunergeschichte wird aus Paris berichtet. Kommt da vor einigen Tagen ein Officier, eine ältere, schneidige Kriegergestalt, die Officiersrosette der Ehrenlegion im Knopfloch, zu dem großen Weinhändler Moreau. "Capitaine Duhamel", stellt er sich vor und erklärt dann, er sei der Chef der Weinabtheilung im Casino seines Regiments und wolle einmal einige Rothweine probiren. Herr Moreau ist sehr erfreut, die Aussicht auf eine so gute Kundschaft zu bekommen, und bedient den alten Haudegen, der von Algerien und Tongking spricht wie vom Boulevard des Italiens, aufs beste. Der Capitän hat eine feine Zunge. Er probirt und probirt, ist sehr wählerisch, bestellt aber schließlich doch vier Faß Bordeaux ein Fäßchen Cognac, ein Fäßchen Rum und vier Körbe Champagner. "Morgen Nachmittag 2 Uhr bei der Lobau=Caserne vorfahren! Aber pünktlich! Quittierte Rechnung beifügen!" Mit einer tiefer Verbeugung geleitet der erfreute Weinwirth den Hauptmann bis zur Thür. "Feine Zunge!" denkt er, "der Mann versteht was. Und wie stramm! Hat doch mindestens seine vier Flaschen im Leibe und geht so gerade einher, wie bei der Parade. Famoser Kerl! Ja, unsere alten Officiere!" Am nächsten Nachmittag um 2 Uhr fährt der Wagen vor der Lobau=Caserne vor. Eine Schildwache geht auf und ab. Im großen Casernenthor steht der Capitän, diesmal in Civil, aber die rothe Rosette im Knopfloch. "Brav, mein Sohn, Du bist pünktlich!" sagt er dem Kutscher. "Wo ist die Rechnung?" "Hier, mein Kapitän!" "So ist's recht, aber Himmelkreuzdonnerwetter millionen bomben und granaten elementschockschwerenothnocheinmal! das ist ja nur ein Exemplar! Die Rechnung muß doppelt ausgefertigt werden! Diese Schafsköpfe in Eurem Bureau! Na, lauf schnell zurück und hole das zweite Exemplar, der Posten und ich wollen Deinen Wagen schon so lange bewachen!" "Sehr wohl, mein Capitän!" sagt der Kutscher und eilt zurück. Als der Kutscher mit der zweiten Rechnung wiederkam, waren Wein, Capitän, Wagen und Pferde spurlos verschwunden. Man hat sie auch bis zur Stunde noch nicht wiedergefunden. Die Schildwache wurde zu Protokoll vernommen, wußte aber von dem Zusammenhang der Geschichte nichts. Der alte Herr, sagte der Soldat, sei kurz vor Ankunft des Wagens an das Thor der Caserne gekommen und habe sich sein losgegangenes Schuhband wieder festgeknüpft. In diesem Augenblick sei der Wagen vorgefahren, der Kutscher habe mit dem alten Herrn gesprochen und sei dann wieder fortgelaufen. Nach der Art und Weise der Unterredung habe der Soldat angenommen, der alte Herr sei der Brotherr des Kutschers gewesen und habe diesen wegen irgend einer Nachlässigkeit ausgeschimpft. Denn als der Kutscher fortgewesen sei, habe der alte Herr noch immer weiter geschimpft und gesagt: "Jetzt muß ich selbst fahren! Ach, diese Schafsköpfe! Nichts machen sie recht." Dann habe er sich auf den Bock gesetzt und sei ganz flott fortgefahren. Wohin? Darüber zerbrechen sich Polizei und Weinhändler jetzt ihre Köpfe.
- Das vielgenannte Behring'sche Heil=Serum, das so ziemlich von allen Seiten gegen die Diphtheritis empfohlen wird, ist in einer Festsitzung eines medizinischen Klubs in Berlin durch folgende Zusatz=Strophen zur alten Burschenherrlichkeit" (wenn nur nicht wieder einmal zu früh!) verherrlicht worden:

"Herr Behring flickt sein morsches Haus,"
Höhnt man die Mediziner,
Doch weisen sie sich täglich aus
Als treue Menschendiener.
Ein Thor ist, der die Heilkunst schimpft,
Selbst Diphtheritis wird geimpft:
   O Serum, Serum, Serum,
   O quae mutatio rerum!
Doch leider ist der Andrang stark,
Der Vorrath klein dagegen.
Die Impfung kostet sechzehn Mark,
Das ist ein theurer Segen.
Drum Menschenfreunde kommt zu Hauf
Und bringt die nöth'gen Mittel auf!
   O Serum, Serum, Serum,
   O quae mutatio rerum!
- Eine praktische Jungfrau hat in Berlin eine ganz neue Art von Visitenkarten ausfindig gemacht, die voraussichtlich bald unter den heiratsfähigen Töchtern des Landes große Verbreitung finden wird. Hier ein Exemplar dieser Gattung:

Agnes Schultze (30 000).


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