No. 68
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. August
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 1]

- Der Pariser "Gaulois" berichtet, es gehe das Gerücht, Kaiser Wilhelm, von Versöhnungsgedanken geleitet und um ein Element fortwährender Reizungen verschwinden zu machen, beabsichtige die Abschaffung der Sedanfeier. - Es wäre überflüssig, deutscherseits hierüber ein Wort zu verlieren.
- Auf Grund der amtlichen Berichte über die Heeresergänzung im Jahre 1893 ist eine Ueberschreitung der Rekrutirungsziffer um circa 11,000 Mann constatirt worden. - Der "Reichsanzeiger" giebt zu, daß in dem genannten Jahre ca. 11,000 Mann mehr eingestellt worden sind, als bei Berathung des Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenzstärke vom 3. August 1893, als Rekrutenbedarf in Aussicht genommen war.
- Die "Kreuztg." zieht aus den neuen Zeitungsgründungen, die alle eine antisemitische oder agrarische Tendenz verfolgen, sehr richtige Schlüsse auf den Curs der "öffentlichen Meinung." Wie man auch zu den neuen Unternehmungen steht: daß solche Blätter errichtet werden, giebt jedem zu denken. Und wenn behauptet wird, es spielten bei diesen Gründungen "geschäftliche Speculationen" stark mit, so würde das nicht minder symptomatisch sein, denn der geschäftliche Speculant hat "eine feine Nase" und kennt "den Geschmack des Publikums". Ein Millionär, der schnell sein Geld los werden wollte, brauchte nur noch ein großes liberales Blatt in Berlin zu gründen. Von allen Seiten hört man, daß die großen liberalen Blätter in letzter Zeit einen starken "Blutverlust" an Abonnentenschwund aufzuweisen haben. Wenn irgendwo neue Blätter ins Leben gerufen werden, sind sie fast immer antisemitisch oder agrarisch. Kann etwas bezeichnender sein für den Umschwung der "öffentlichen Meinung"?
- Zur Belebung des Berliner Bierboykotts, der eigentlich nur noch dem Namen nach besteht, sind am Freitag von den Sozialdemokraten wieder 37 Versammlungen abgehalten worden, die aber nur recht mäßig besucht waren. Gegen die "Herren vom Darrboden", die "Bierprotzen" donnerten und wetterten die Redner wieder ganz gewaltig, auch den Bauarbeitern wurde derb der Text gelesen, weil dieselben mit Vorliebe boykottiertes Bier trinken sollten. Die in einer Versammlung anwesenden Maurer wollten sich die in schärfster Form ausgesprochenen Vorwürfe nicht gefallen lassen und machten deshalb starken Lärm, der nur mit Mühe unterdrückt werden konnte. Schließlich ist folgende Resolution in den Versammlungen angenommen worden: "Da der Brauereiring bei seinen Feindseligkeiten gegen die organisirte Arbeiterschaft Berlins beharrt, erklären sich die am 24. August versammelten Arbeiter von Berlin und Umgegend einverstanden mit der Fortführung des Boykotts der Ringbrauereien und verpflichten sich, durch unablässige Agitation den Boykott in immer weitere Volkskreise zu tragen, sowie mit aller Kraft dahin zu wirken, daß kein Ringbier mehr von den Arbeitern und Arbeiterinnen Berlins getrunken wird. Die Versammlung erklärt ferner, energisch dahin wirken zu wollen, daß diejenigen Wirthe und Saalbesitzer, die sich zu Helfershelfern des Brauereirings hergegeben haben, jedweder Arbeiterkundschaft verlustig gehen."
- Ehrung eines Hundertjährigen. Dem am 28. d. seinen hundertsten Geburtstag feiernden Schuhmachermeister Prenzler in Berlin ist in aller Frühe eine kaiserliche Geburtstagsgabe überreicht worden. Das Geburtstagsgeschenk besteht aus einer Porzellantafel, welche das kaiserliche Porträt zeigt, und aus 300 M. Diese Huld gegen den greisen Jubilar ist der eigenen Initiative des Monarchen entsprungen. Weder das 100jährige Geburtstagskind, noch sonst Jemand hatte sich an den Kaiser gewandt, vielmehr hatte der Kaiser persönlich die über das bevorstehende 100jährige Geburtsfest des Schuhmachermeisters Prenzler durch die Blätter gehenden Mittheilungen gelesen und darauf beschlossen, dem alten Herrn diese freudige Ueberraschung zu bereiten. Vom königlichen Ministerium des Innern sind dem Meister Prenzler ferner 100 Mark als Geburtstaggeschenk übersandt worden.
- Ueber die bisher vorliegenden Ergebnisse der Invaliditäts= und Altersversicherung werden folgende Zahlen mitgetheilt: Es kommen gegenwärtig bereits rund 80 000 Invaliditätsrenten auf 225 000 Altersrentner. Weit mehr als ein Viertel aller auf Grund des Gesetzes vom 22. Juni 1889 bewilligten Renten entfallen also bereits auf die Invaliditätsversicherung. Dazu kommt, daß der Zeitpunkt, an dem die Wartezeit für die Invalidenrente abgelaufen ist, nicht mehr fern ist. Die Wartezeit ist auf 5 Beitragsjahre festgesetzt. Da ein Beitragsjahr sich aus 47 Beitragswochen zusammensetzt, die 5jährige Wartezeit demnach aus 235 Kalenderwochen besteht, so würde nicht mehr ein Jahr verfließen müssen, damit die Uebergangsbestimmungen über den Bezug der Invalidenrente den dauernd gültigen Vorschriften weichen. Von der Mitte des nächsten Jahres ab aber wird sich die Zahl der Invaliden=Renten stark vermehren, da dann die Forderung der Beibringung von Zeugnissen über die Beschäftigung vor dem 1. Januar 1891, dem Inkraftsetzungstermin des Gesetzes, wegfällt. Die Zahl der größeren Invalidenrenten könnte alsbald die der kleinen Altersrenten übersteigen.
- Geplante Aenderung im Markenkleben. Von der Invaliditäts= und Altersversicherungsanstalt für Ostpreußen wird eine anderweitige Regelung des Markenklebens geplant. Da bei dem bisherigen Verfahren fortwährend Unregelmäßigkeiten und Hinterziehungen von Beiträgen vorgekommen sind, so soll nun die Einrichtung getroffen werden, die Gemeinden= oder Krankenkassen mit der Einziehung der Beiträge zu betrauen und damit den Arbeitgebern die lästige Arbeit des Markenklebens abzunehmen. Die Gemeinden= oder Krankenkassen hätten dann auch das ordnungsmäßige Markeneinkleben zu besorgen, wodurch gleichzeitig eine genaue Kontrolle über letzteres zu ermöglichen wäre. In einigen größeren Städten soll diese Einrichtung

[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 2]

schon bestehen, und der Vorstand der Invaliditäts= und Altersversicherungsanstalt für Ostpreußen hat sich an diese mit der Anfrage gewendet, wie sich die fragliche Einrichtung bewährt, eventuell welche Abänderungen zu treffen wären.
- Der "Reichsanzeiger" meldet über den Saatenstand im deutschen Reiche Mitte August: Winter und Sommerweizen 2,5, Winterspelz 1,9, Sommerspelz 2,0, Winterroggen 2,1, Sommerroggen 2,4, Sommergerste 2,1, Hafer 2,2, Kartoffeln 2,7, Klee 2,5, Wiesen 2,1. Die Zahlen bedeuten 1 sehr gute, 2 gute, 3 mittlere Ernte. Die Erntearbeiten sind, abgesehen von den östlichen Gebietstheilen, durch das Wetter überall erschwert und verzögert worden. Der Roggen war bis August meist eingebracht, in Süddeutschland meist gut, in Norddeutschland theilweise nicht völlig trocken. Der Weizen ist teilweise geborgen, teilweise verlieren die Körner durch Auswachsen an Mahlfähigkeit. Dem Klee und den Wiesen gereichte die Feuchtigkeit zum Vortheil; der zweite Schnitt verspricht guten Ertrag. Der Roggenstrohertrag ist meistens überreich.
- Nach dem russischen Saatenstandsbericht vom 12. August wird insgesammt im russischen Reich eine etwas bessere Ernte als die vorjährige erwartet. Im Süden ist das Wintergetreide besser als das Sommergetreide, im Norden ist es umgekehrt. Der Ausdrusch geht langsam von Statten wegen der großen Vorräthe vom vorigen Jahr.
- An Cholera sind in Deutschland nach Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts vom 20. bis 27. August Mittags 32 Todesfälle und 78 Erkrankungen vorgekommen, davon in Ostpreußen 8 Todte und 16 Erkrankte; im Weichselgebiet 12 Todte, 24 Erkrankte; im Netzewarthegebiet 9 Todte und 24 Erkrankte; in Oberschlesien 1 Todter und 2 Erkrankte; im Regierungsbezirk Potsdam 1 Todter; im Rheingebiet 1 Todter, 2 Erkrankte. Letztere beiden sind eingeschleppt.
- Die Errichtung eines Denkmales auf dem Bismarckstein bei Blankenese wird geplant. Das Denkmal soll in erheblicher Größe in Gestalt eines burgartigen Aufbaues errichtet und mit dem Standbilde des Fürsten Bismarck gekrönt werden. Der Bismarckstein ist dem Fürsten am 1. April 1890 gewidmet und diese Benennung mit seiner Bewilligung am 1. Juni dess. Js. amtlich eingetragen und befindet sich unter diesem Namen bereits in der neuen Ausgabe der Generalstabskarte. Der Hügel erhebt sich von allen Seiten frei unmittelbar an der Elbe neben dem Süllberg.
- Die Königin von Italien traf am Montag mit einem Gefolge von 15 Personen in Zermatt ein; die Gesellschaft kam über den Monte Rosa. Beim Gletscher wurde Baron Pecco, einer der Begleiter der Königin, vom Herzschlag getroffen; er fiel tot zu Boden. Der Leichnam wurde nach Zermatt gebracht.
- Der amtlichen schwedischen "Postzeitung" zufolge ist in dem Befinden der Kronprinzessin eine Verschlimmerung eingetreten.
- Prinz Philipp von Orleans, Graf von Paris, der Chef des Hauses Orleans und seit dem Tode des Grafen Chambord für die legitimistische Partei der "Roy" Frankreichs, ist in seinem englischen Heim Stowe=House (Buckinghamshire) schwer erkrankt. Nach einer Meldung aus Buckingham ist die Nahrungsaufnahme bei dem Patienten sehr erschwert. Der Enkel Ludwig Philipp's und Sohn des Herzogs Ferdinand von Orleans hat am 24. August sein 56. Lebensjahr vollendet.
- Ein furchtbarer Orkan wütete am Sonnabend in ganz Spanien. Die Telegraphenleitungen sind unterbrochen in den Provinzen ist viel Schaden angerichtet.
- In zwei Wochen über sieben Alpenpässe geritten! Diese respektable Leistung haben zwei schweizerische Cavalleristen auf ihren Dienstpferden ausgeführt. Sie ritten von Zürich über Chur, Albula, Pontresina zum Berninahospiz, dann über Maloja durchs Bergell nach Chiavenna. Von da über den Splügen ins Hinterrheinthal und über den Bernhardin nach Bellinzona, dann über den Gotthard ins Reuß= und Schächenthal, auf der im Bau begriffenen Klaußenstraße nach Linzthal und zurück nach Zürich. Die ganze Tour beträgt 700 Kilometer, die in 12 Tagen mit einer durchschnittlichen Tagesleistung von 60 Kilometer bewältigt wurden.
- Im Alter von 99 Jahren ist in Columbus (Indiania) jüngst der Neger John Hardy gestorben, der insofern ein berühmter Mann geworden war, als er Vater von 41 (einundvierzig!), zumeist noch lebenden Kindern war.
- Eine eigenthümliche Sammlung hat sich ein Geistlicher in Birmingham angelegt. Er hat alle "fremden" Gegenstände gesammelt, die er in der Sammelbüchse seiner Kirche gefunden hat. Knöpfe stehen in dieser Sammlung oben an, dann folgen Münzen außer Kurs, falsche Münzen, Spielmarken, ein Verlobungsring, ein Ohrring, ein goldenes Kettchen, ein silbernes Herz und als Hauptstück - eine Dynamitpatrone.
- Papierne Telegraphenpfähle sind das neueste Erzeugniß der Papierindustrie. Um denselben die nöthige Härte zu verleihen, wird der Brei mit Borax, Salz und anderen Substanzen vermischt und dann zu hohlen Cylindern gepreßt. Die neuen Pfähle sollen manche Vortheile bieten. Sie sind nicht nur bedeutend leichter als Holz sondern sollen außerdem auch eine größere Widerstandskraft gegen atmosphärische Einflüsse haben.
- Die neuen Kochgeschirre aus Aluminium für das erste Bataillon des Alexander Garde=Grenadier=Regiments sind Ende voriger Woche beim Regiment eingetroffen und zur Vertheilung gelangt. Die Probe damit soll bekanntlich in der Manöverzeit gemacht werden.
- Eine neue Erfindung wird von Lauscha mitgetheilt, die geeignet sein soll, einen vollständigen Umschwung in der Glasindustrie herbeizuführen. Zunächst handelt es sich allerdings nur um einen Zweig der Industrie, um die Fabrikation von Glasflaschen. Bisher wurden diese nach alter Methode gefertigt, indem die Glasarbeiter lange eiserne Röhren in die flüssige Masse eintauchten und durch Blasen sodann die gewünschte Flaschenform erzeugten, was freilich nur langsam von statten ging. Alle Versuche zur Erreichung einer schnelleren Arbeitsmethode waren bisher ohne Erfolg geblieben. Jetzt soll nun die Sache auf andere Weise erreicht worden sein. Man hat eine neue Glasmischung hergestellt, welche nicht mehr geblasen werden muß, sondern die es gestattet, daß die Flaschen auf mechanischem Wege hergestellt werden. Die mit derselben gemachten Versuche sind von Erfolg begleitet gewesen, sodaß zwei Arbeiter mit dem neuen Verfahren in acht Stunden tausend Stück herstellen konnten.
- Wie viel Schritte macht der Mensch in einem Jahre? Ein schweizer Arzt hat die Idee gehabt, am Schrittmesser die Zahl der von ihm während 12 voller Monate gemachten Schritte zu zählen. Er fand, daß er 9 760 000 Schritte oder an jedem Tag durchschnittlich 26 740 Schritte gemacht habe. Unter diesen 10 Mill. Schritten befinden sich 700 000, die ebenso viele Treppenstufen darstellen; der Mann hat also täglich fast 2000 Stufen erstiegen. Nimmt man nun an, daß in jeder Schritte gemacht werden können, und daß 3 Schritte 2 Meter lang sind, so würde die Zahl der von dem Arzte täglich gemachten Schritte eine Strecke von 11,5 Kilometer gleichkommen.
- Der Renommierschmiß war vor Zeiten die Sehnsucht eines jeden forschen Studenten. Heute freilich denkt man ziemlich kühl über den Werth der Schmisse im Allgemeinen und den der Renommierschmisse im Besonderen. Er hat aber noch seine Liebhaber. Dafür als Beispiel folgende Geschichte, die das "Correspondenz=Blatt der ärztlichen Kreis= und Bezirksvereine im Königreich Sachsen" erzählt. Ein Arzt in Zittau erhielt jüngst eine Postkarte mit daranhängender Antwortskarte. Auf ihr war Folgendes zu lesen: "Geehrter Herr Doctor! Bevor ich Sie mit dem Zweck meiner Zeilen bekannt mache, ersuche ich Sie höflichst um strenge Discretion. Ich bin Student und halte mich hier einige Tage auf; ich bin das Opfer einer großen Eitelkeit. Trotz mehrfacher Mensuren habe ich außer Kopf= und Stirnhieben nie einen Renommierschmiß bekommen. Ich will gern alles dafür aufwenden, es ist mir nichts zu viel, wenn Sie mir in Narkose einen solchen Renommierer, wie gesagt

[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 3]

streng discret, beibringen würden. Falls Sie darauf eingehen, bitte ich um gefl. umgehende Antwort, wie viel Sie für Ihre Mühe liquidiren würden. Ich würde sofort hinkommen . . . ." Leider hatte der Arzt für die Leiden eines solchen Kranken kein Verständniß. Bruder Studio mußte von ihm die folgende Antwort einstecken: "Zittau u. s. w. Sie müssen doch ein ganz windiger, müßiger und hohler Patron sein! Halten Sie Ihr Gesicht nur hübsch hin und ziehen Sie es nicht zurück, wenn der Speer kommt, dann können Sie noch genug Renommierschmisse besehen. Einem Arzt so etwas zuzumuten, wie Sie es auf Ihrer Karte thun, dazu gehört die ganze geckenhafte Unverfrorenheit, an welcher Sie jedenfalls laboriren. Stecken Sie Ihr Gesicht lieber in die Pandecten u. s. w., als solche Albernheiten zu machen. Kommen Sie umgehend zu mir, und ich will gern den Dienstmann bezahlen, der Ihnen genügende Renommierschmisse beibringen soll."
- Heilwert der Zwiebel. Ganz besondere Aufmerksamkeit verdient die Zwiebel als Heilmittel. Ziemlich bekannt ist die Verwendung der Zwiebel zur Vortreibung der Warzen und Hühneraugen. Nachdem eine Zwiebel etwa 24 Stunden lang in Essig gelegen hat, schneidet man sie in der Mitte durch, löst die einzelnen Häute ab und bindet dann eine davon auf das Hühnerauge, sodaß sie fest aufliegt. Dies Verfahren wiederholt man täglich dreimal. Nach wenigen Tagen wird sich das Hühnerauge heben, und läßt sich dann mittelst eines Messers leicht und ohne Schmerzen herausheben. Auch Warzen verschwinden mitunter, wenn man sie täglich mehrmals mit einer durchschnittenen Zwiebel einreibt und des Nachts über ein Stück davon aufbindet. Ein probates und schnellwirkendes Mittel ist auch der Zwiebelsaft bei Insektenstichen. Sobald man von einer Biene, Wespe etc. gestochen worden ist, muß man die betreffende Stelle mit einer Zwiebel einreiben. Der Schmerz wird bald nachlassen und die Röte und Anschwellung verschwinden. Im Orient wendet man schon seit Jahrtausenden die Zwiebel gegen das Ausfallen der Kopfhaare an. Geht nämlich das Haar an einzelnen Stellen des Kopfes aus, wie es häufig bei Frauen vorkommt, so schneide man eine Zwiebel in der Mitte durch und reibe damit ein= bis zweimal die kahlen Stellen ein. Auch kann man gegen das Ausfallen der Kopfhaare ein Haarwasser anwenden, das auf folgende Weise hergestellt wird: Man nimmt 1 Liter Franzbranntwein, 1/4 Liter Klettenwurzelabkochung, schneidet drei große Zwiebeln in diese Mischung u. läßt dieselbe 1-2 Tage in der Wärme stehen und gießt dann die Flüssigkeit ab. Mit letzterer reibt man täglich zweimal die Kopfhaut ein. Zwiebelsaft allein oder mit Essig vermischt und in die Nase gezogen stillt das heftigste Nasenbluten. Zuweilen genügt schon das Riechen an einer geschnittenen Zwiebel, um die Blutung zu beseitigen. Selbst das Auflegen zerschnittener Zwiebel auf den Nacken soll sich bei Nasenblutungen hilfreich erweisen.


                          Die schlechten Zeiten.
          Kein Sträßlein so vereinsamt ist,
          Daß nicht drauf fährt ein Bicyclist,
          Es ist kein Berg zu steil und krumm,
          Es krakeln d'rauf Touristen 'rum!
          Es ist kein Bach so schmal und seicht,
          Daß nicht ein Ruderklub d'rauf streicht;
          Nicht Wüste giebt's, noch Bergesgrat,
          Wo nicht drei Männer spielen Skat.
          Kein Wirtshaus ist so unbeliebt,
          Daß nicht ein Klub d'rin Kegel schiebt.
          Ein Eisklub wird konstituiert,
          Wenn irgendwo ein Pfützchen friert.
          Kein Wäldchen liegt in stiller Ruh,
          Gleich singt's Quartett: Wer hat Dich du
          Und wo liegt denn ein Dörfchen klein,
          Das könnt ohn' Vereine sein?
          Kein Jüngling ist so grün und dumm,
          Er kriegt doch ein Präsidium.
          Es geht kein Tag im Jahr vorbei,
          Da's nicht giebt eine Fahnenweih'.
          Kein Sonntag ist im Zeitenlauf,
          So nicht Blaumontag folgte d'rauf,
          Und keine Seele weit und breit,
          Die nicht klagt über schlechte Zeit.


Anzeigen.

Bekanntmachung.

Als Vertrauensmann für den 20. Genossenschafts=Bezirk, zu welchem gehören Stadt und Vogtei Schönberg sowie das Gut Torisdorf, fungirt von jetzt ab, an Stelle des aus dem Amte geschiedenen Herrn Domänenpächters Drews=Zarnewenz, Herr Hauswirth H. Burmeister zu Rodenberg bei Grieben.
Neubrandenburg, d. 20. August 1894.

Der Vorstand der Mecklenburg=Strelitz'schen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
S. W. von Dewitz.


Torf=Auction.

Am Sonnabend, den 1. September Morgens 9 Uhr, werde ich auf meinem Moore

circa 130 Mille Preßtorf

öffentlich meistbietend bei gleich baarer Bezahlung, unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen verkaufen.
Roduchelsdorf, im August 1894.

                                                    P. Grevsmühl.


!!!Achtung!!!
Gutes Personal als: Diener, Kutscher, Hofmeister, Schweizer, Knechte, Jungen etc. sowie Küchen=, Stuben=, Kinder=, Haus= und Viehmägde empfiehlt zu vortheilhaften Bedingungen das Internationale und Thüringer Haupt=Platz=Comtoir von G. Gebsen, Apolda. Rückporto erbeten.


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Predigerwitwenhaus
oder ähnlich wird zu miethen gesucht. Postlagernd
Schwerin R. 15.


   Cigarren!   
In Kisten von 100 Stück und 50 Stück:
2 M. 50 Pfennig (Mecklenburg)., 3 M., 3 M. 50 Pfennig (Mecklenburg)., 4 M., 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg)., 5 M., 6 M. u. S. w. pr. 100 Stück.
pr. Dutzend: 35 Pfennig (Mecklenburg)., 40 Pfennig (Mecklenburg)., 45 Pfennig (Mecklenburg)., 50 Pfennig (Mecklenburg)., 55 Pfennig (Mecklenburg)., 60 Pfennig (Mecklenburg). 70 Pfennig (Mecklenburg). bis zu den allerfeinsten Qualitäten,
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Friedr. Eckmann,
Siemzerstraße 199.


Prima gebrannten Kalk

erwarte in den ersten Tagen und empfehle selben bei Ankunft loose ab Bahnhof oder in Tonnen ab Lager billigstens.

                                                    F. Heitmann.


Ia schwed.
Kronsbeeren

Lieferung Anfang September zum billigsten Tagespreise empfiehlt auf vorherige Bestellung

                                                    Aug. Spehr.


Pr. Braunkohlen,
Lieferung Anfang October=Monat,
empfiehlt billigst                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


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Paar 35 und 40 Pfg., dutzendweise billiger,
einzelne Gabeln per Stück10 Pfg.
Esslöffel per Stück 6 Pfg.
weiße Teller, flach und tief per Stück 10 Pfg.
halte zur Einquartierung empfohlen.
                                                    Rud. Tietgen.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 4]
Verlag von FR. EUGEN KOEHLER, Gera-Untermhaus, Reuss j. L.
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Zu Ostern k. J. habe eine                          
Wohnung
in der ersten Etage zu vermiethen.                                                    
Schönberg im August 1894.                          
                                                    J. Licht.


Für Zahnleidende!

Werde ich in Schönberg i./M. Spehrs=Hotel von Freitag, d. 31. August bis Sonntag d. 2. September zu consultiren sein. Schmerzl. Eins. künstl. Zähne, Plombiren etc.

                                                    A. Hahn, aus Lübeck.


Cristall-Zucker,
säure= und blaufrei,
billigst bei                                                     H. Brüchmann.


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in großer Auswahl
empfiehlt
W. Wieschendorf,
Klempner.


Vorläufige Anzeige.

Unterzeichneter, beehrt sich, den geehrten Bewohnern von Schönberg u. Umgegend ergebenst anzuzeigen, daß ich am 15. Sept. d. J. das photogr. Atelier des Herrn Weinrebe übernehme und soll es mein Bestreben sein, durch saubere und billige Arbeiten, das Wohlwollen der mich Beehrenden zu erwerben.

Hochachtungsvoll                          
                                                    P. Michael, Photograph.
Schönberg i. M.                                                    


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Antreten der Kameraden am Sonntag, den 2. Septbr. d. J. vor dem Vereinslocal

1) Zum Festgottesdienst Morgens 9 3/4 Uhr.
2) Zum Festzuge Mittags 12 Uhr.
Zu recht zahlreicher Betheiligung fordert auf

der Vorstand.


Theater in Schönberg.
Im Saale des Herrn J. Boye.
Sonnabend, den 1. September 1894
Zur Feier des Sedantages:
Königin Luise.
Großes patriotisches Schauspiel v. Carl Wilhelmy.
Dienstag den 4. September:
Ungeheure Heiterkeit,       Neueste Novität!
Repertoirstück nur guter Theater!
Heidelberger Studenten-Streiche.
Lustspiel in 4 Acten von A. Schreiber (J. Krüger.)
                                                    Alex. Weymann.


Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und ein Lustspiel oder Posse) in der Spielzeit 1894/95, für welche ein Platz in der Fremdenloge 18 Mk., im ersten Range 12 Mk., im Parkett und in der Parkettloge 10 Mk., im 2. Rang, Balkon und Mitte 6 Mk., im 2. Rang Seite 5 Mk. kostet. Für diejenigen Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und an demselben Tage zurück bei genügender Betheiligung Rückfahrtskarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 10. September d. J. nimmt Abonnements=Anmeldungen freundlichst entgegen:

in Schönberg: Herr Hotelbesitzer Spehr.
Die Ausgabe der Karten erfolgt im September.
Schwerin, den 29. August 1894.                          
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Am 26. Aug. ist in der oberen Lübeckerstraße Geld gefunden worden. Der Verlierer kann gegen Nachweis dasselbe zurückerhalten. Abzuholen gegen Inserationskosten. Zu erfragen in der Expedition der Zeitung.


Bei meinem Fortzuge von hier sage ich allen lieben Freunden, Kameraden und Bekannten ein

herzliches Lebewohl!
                                                    Julius Hill.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 2. September.
(Collecte für die lutherische Gemeinde in Metz, wie es schon am Sonntag von der Kanzel verkündet ist.)

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 34.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 68 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 31. August 1894.


Die Hungersnoth in Pullmanstadt.

Der große Ausstand in den Vereinigten Staaten, der schließlich zur Revolution ausgeartet war und in Wahrheit auch heute noch nicht vollständig beendet ist, hat ein trauriges Nachspiel, das zugleich eine bittere Lehre enthält. Die eigentliche Ursache des Streiks und zugleich der wahre Grund der Antipathie, welcher der Begründer der großen Pullmanwerke in Chicago in dortigen Arbeiterkreisen begegnet, war viel weniger die zeitweise Herabsetzung der Löhne, als das ganze patriarchalische System, das in den großen Pullman=Etablissements herrscht. Wie andere große Industrielle hat Pullman es sich zur Aufgabe gemacht, der Vater seiner Arbeiter zu sein, hat in diesem Sinne für sie gesorgt und eine ganze Reihe von Institutionen, Schulen, Hospitälern, Versorgungs=Anstalten, Bädern, Arbeiterküchen u. s. w. geschaffen. Sein Hauptwerk aber in dieser Beziehung war die Begründung von Pullmanstadt. Diese sollte eine Arbeitermusterstadt werden und bietet thatsächlich den in seinen Werken Beschäftigten eine Menge Vortheile. Aber Pullman wollte Eigenthümer seiner Anstalten und des Grund und Bodens der von ihm geschaffenen Stadt bleiben und hat alle Versuche seiner Arbeiter, Eigenthümer der von ihnen bewohnten Häuser und dazu gehörigen Gärten zu werden, prinzipiell abgewiesen. Nun aber ist der amerikanische Arbeiter im Gegensatz zu dem deutschen und englischen ein ausgesprochener Gegner aller väterlichen Fürsorge des Arbeitgebers, ja des Staates, eine Erscheinung, die zum großen Theil die bis jetzt so geringen Erfolge der Socialdemokratie dort erklärt. Die Arbeiter sahen in der Fürsorge Pullmans lediglich ein Mittel zu ihrer Unterdrückung und eine Freiheitsberaubung, die sie sich nicht gefallen lassen wollten. Anstatt ihn einen Arbeiterfreund zu nennen, gab man ihm den Namen eines Tyrannen. Diese Auffassung wurde zudem nicht nur von den Arbeitern, sondern auch von den Bürgerkreisen getheilt, und so kam es, daß Pullmans Name einer der unpopulärsten in den Vereinigten Staaten wurde. Die Bewohner von Pullmanstadt, etwa 6000 an der Zahl, wovon vier Fünftel Frauen und Kinder, nahmen sämmtlich an dem Ausstand theil und nach Beendigung des Streiks weigerte sich der größte Theil, zur Arbeit zurückzukehren. Aus den Wohnungen aber konnte man sie nicht vertreiben und so ist die ganze Stadt seit langen Monaten arbeit= und brotlos, während Pullman selbst eigentlich nur Besitzer des Grund und Bodens ist. In seinen Werken wurden seither neue Arbeiter angestellt und alle Versuche der dortigen Ausständigen, in den Werken später wieder Beschäftigung zu finden, sind fruchtlos geblieben. Drei Monate lang wurden die Bewohner der Pullmanstadt durch die Unterstützungsgesellschaft erhalten. Jetzt aber sind deren Mittel erschöpft und eine thatsächliche Hungersnoth hat ihren Einzug in die "Musterstadt" gehalten. Pullman mehrfach, zuletzt in scharfen Worten, vom Gouverneur des Staates Illinois aufgefordert, dem Elend ein Ende zu machen und seinen einstigen Angestellten wieder Arbeit und Lohn zu geben, hat dies abgelehnt. Auf den Brief des Gouverneurs von Illinois, worin dieser sagte: "Ihre Gesellschaft kann nicht zugeben, daß ich um das Leben Ihrer ehemaligen Angestellten an die Mildthätigkeit des Staates appelliere", antwortete er: "Die alten Arbeiter haben sich geweigert, zur Arbeit zurückzukehren, als sie dazu aufgefordert wurden, und jetzt sind ihre Plätze durch neue Leute besetzt". So hat denn der Staat sich gezwungen gesehen, offiziell zu intervenieren. Die öffentliche Meinung in Illinois selbst und in einem großen Theil der Vereinigten Staaten ergreift auch jetzt wieder Partei gegen den zweifellos arbeiterfreundlichen Großindustriellen, der so seine Bemühungen schlecht belohnt findet, dem aber auch der Vorwurf nicht erspart bleiben kann, daß er dem berechtigten Verlangen seiner Leute, ein eigenes Heim zu besitzen, wie den amerikanischen Verhältnissen überhaupt nicht hinreichend Rechnung getragen hat.


- Neustrelitz, 27. Aug. S. K. H. der Erbgroßherzog ist nach der "L.=Z." Freitag von Lüttenhagen zurückgekehrt und hat sich nach Prillwitz begeben. S. H. der Erbprinz wohnte dem heutigen Regimentsexercieren bei Adamsdorf bei.
- Schönberg. Auf dem Heimwege von der Tanzmusik ist kürzlich ein Dienstmädchen aus Lockwisch von mehreren Männern überfallen und vergewaltigt, auch so arg mißhandelt, daß es jetzt krank darniederliegt. Die Angehörigen haben hiervon der Polizei Anzeige gemacht und sind in Folge dessen mehrere Verhaftungen vorgenommen.
- Schönberg. Für die am 1. und 2. Oct. in Schönberg stattfindende XII. Versammlung des Meckl.=Strel. Landeslehrervereins ist folgende Festordnung festgesetzt worden: Montag, den 1. Oct., Nachm. 4 Uhr: Vorstandssitzung; Nachm. 5 Uhr: Versammlung der Abgeordneten der Ortsvereine; Abend 8 Uhr: Vorversammlung, gefolgt von einer geselligen Vereinigung. Dienstag, 2. Oct., Morgens 9 Uhr: Versammlung des Vereins zur Unterstützung von Lehrerwittwen und =Waisen, Vormittags 9 1/2 Uhr: Hauptversammlung des Landeslehrervereins. Vorträge: 1. Ist die Einführung der Lateinschrift und eine Vereinfachung der Rechtschreibung, etwa im Sinne Fricke's zu fordern? (Berichterstatter: Buddin=Mirow); 2. die Fortbildung des Lehrers im Amte, ihre Hindernisse und deren Ueberwindung (Berichterstatter: Saß=Palingen). An die Hauptversammlung schließt sich um 4 Uhr ein Festessen und gesellige Vereinigung. Für Mittwoch, den 3. Oktober, ist ein gemeinschaftlicher Ausflug nach Lübeck bestimmt. - Auf Antrag des Vorstandes des Landeslehrervereins hat sich die Generaldirection der Mecklenburg. Friedrich Franz=Eisenbahn bereit erklärt, den Vereinsmitgliedern (nicht aber deren Angehörigen), welche die Versammlung besuchen wollen, eine Fahrpreisermäßigung in der Weise zu gewähren, daß die in den Tagen vom 1. bis 3. Oktober d. J. auf den Stationen der F. F.=E. gelösten einfachen Fahrkarten 3. Wagenclasse nach Schönberg bis zum 5. October einschließlich zur freien Rückfahrt berechtigen. Freigepäck wird auf solche Fahrkarten nicht gewährt. Der Festausschuß in Schönberg vermittelt die Besorgung von Quartier, event. Freiquartier; man hat sich in dieser Angelegenheit an den Lehrer Schriever hieselbst zu wenden.
- Dassow. Die Vermessungsarbeiten der projectirten Eisenbahn Wismar=Damshagen=Dassow werden in den nächsten Tagen beschafft sein. Der Bahnhof für unseren Ort wird auf dem Gerichtsberg (östlich) zu liegen kommen, wenn nicht durch eine Petition die Verlegung nach dem Hofcamp (südlich) oder dem Mühlencamp (nördlich) erreicht wird. Auf dem Mühlencamp liegend würde der Bahnhof ohne große Kosten mit dem Hafen in Verbindung zu bringen sein, auf dem Hofcamp wiederum der Frequenz des Ortes am kräftigsten gedient werden.


- Zum Guß der Glocken für die Kaiser Wilhelm=Gedächtnißkirche in Berlin sollen 34 in Straßburg im Jahre 1870 eroberte Kanonenrohre im Gesammtgewicht von 500 Zentnern mit verwandt werden. Die größte der fünf Glocken mit einem unteren Durchmesser von 2,84 und einer Höhe von 2,70 Metern erhält ein Gewicht von 300 Zentnern.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 68 Seite 6]

- "An unsern lieben Herrn Kaiser" hat kürzlich ein achtjähriger Junge in Berlin heimlich einen Brief geschickt. Der Junge hatte sich die Sorgen seiner Eltern so zu Herzen genommen, daß er sich von dem Dienstmädchen einen Bogen Papier geben ließ und in aller Stille an den Kaiser ein Schreiben aufsetzte, worin er eine Anstellung für seinen Vater erbat. Dieser war nicht wenig überrascht, als er dann eines Tages eine Citation vors Polizeipräsidium erhielt.
- Das allerliebst vor Bergen liegende Murnau war am Sonnabend anläßlich der Enthüllung eines Denkmals für König Ludwig II. festlich geschmückt. Das Denkmal hat die Richtung gegen die Berge; es ist künstlerisch sehr schön ausgearbeitet. Die Büste in dreifacher Größe ist sprechend ähnlich mit idealem Gesichtsausdruck. Die Gebirgsbewohner schwärmen von dem König und behaupten heute noch durchweg, er sei nicht krank gewesen.
- Wir haben fortdauernd Niederschläge und Kühle; Nordamerika hat große Trockenheit und Hitze. Hören wir, was ein vor 22 Jahren in Ohio eingewanderter kleiner Bauer schreibt. "Die am 28. Juni begonnene Weizenernte war sehr gut. Welschkorn oder Mais werden wir nicht viel bekommen, denn die Hitze und Trockenheit ist unausstehlich. Das Vieh kann sich nicht mehr draußen ernähren, denn die Weide ist ausgebrannt. Wir haben jetzt (der Brief ist am 5. d. M. geschrieben) alle Tage 98 bis 104 Grad Fahrenheit. Auch über schlechte Zeit wird geklagt. Früher bekam der Taglöhner 1,50 Dollar pro Tag, jetzt 0,50 bis 0,75 Dollar. Ein Knecht erhielt 20 bis 25 Dollar pro Monat, jetzt 10 bis 15 Dollar. Der Weizen kostete früher 1,50 Dollar das Bushel (60 Pfd.), jetzt 0,43 Dollar, also ca. 1,70 Mk. u. s. w.
- In der Sitzung der Strafkammer in Essen ist es am Montag zu einer aufregenden Scene gekommen, indem ein Angeklagter bei Verkündigung des Urteils plötzlich einen Revolver zog und auf den Vorsitzenden schoß. Glücklicherweise ging der Schuß fehl. Hierauf gab der Angeklagte, der zu vierzehn Tagen Haft verurtheilt worden war, auf sich selbst einen Schuß ab, verletzte sich aber nur leicht.
- In Oberkrain haben im Verlauf der letzten Tage nicht nur arge, mit Hagelschlägen und Stürmen verbundene Gewitter, sondern auf den Höhen auch Schneefälle geherrscht. Die Almen Oberkärnthens zeigen sich dem Beschauer vom Mittagskogel oder der Roschiza aus gleichfalls im Winterkleid. Die Temperatur in den Thälern ist selbstverständlich sehr gesunken, und einige Viehtränken der Hochweiden waren vereist.
- Als "Abnormität und erstes Zugmittel für Restaurationen" in der letzten Nummer des "Artist" werden drei Kamerun=Neger im Nationalkostüm als Kellner angeboten.
- Eine Wette, welche die Gemüter der Stadt Pillkallen und Umgegend in nicht geringe Aufregung versetzt hatte, kam kürzlich zum Austrage. Nach dieser Wette wollte sich eine Dame aus Pillkallen in Begleitung des Löwenbändigers in den Löwenkäfig der, auf dem Markte aufgestellten Kronschen Menagerie begeben, was sie auch in der That zur Ausführung brachte. Die Dame wohnte, eine Peitsche in der Hand haltend, im Käfig der ganzen Vorstellung des Tierbändigers, ohne die geringste Furcht zu verraten, bei. Natürlich war die Menagerie an dem Tage bis auf den letzten Platz besetzt.
- Verhaftung einer französischen Spionin. Nach Meldungen aus Paris und Metz ist in Novéant (Deutsch=Lothringen) die Frau des in Pagny sur Moselle wohnenden ehemaligen französischen Grenzcommissars Isbert oder Ismer am Sonnabend Abend durch den deutschen Polizeicommissar unter Verdacht der Spionage verhaftet worden. Wie die "Frankf. Ztg." berichtet, fand man bei ihrer Durchsuchung im Strumpfe belastende Papiere.
- Die braven Einwohner von Stolp in Hinterpommern wurden am Mittwoch in aller Frühe durch die Feueralarmglocke auf dem Marienkirchthurm aus dem Schlafe gestört, und bald darauf ertönten die Signale der Feuerwehr=Hornisten durch die Straßen. Als die Leute zusammenkamen, wußte jedoch Niemand, wo das Feuer eigentlich wäre, denn ein bestimmtes Revier war nicht gemeldet worden. Es konnte also nur fälschlich die Alarmglocke in Bewegung gesetzt sein. Mechanikus Pila begab sich auf den Thurm und ertappte zu seinem Erstaunen den Missethäter in einer prachtvollen Schleiereule. Dieselbe hatte sich, wie die "Ztg. f. Hinterp." berichtet, durch das enge Loch für den Leitungsdraht gezwängt und auf den Ausheber des Läutewerks gesetzt, wodurch dasselbe in Thätigkeit geraten war. Da nun das Summen und Schnarren des Getriebes das Thier unruhig machte, fing es mit den Flügeln an zu schlagen, wobei der eine in das Räderwerk geriet und jämmerlich zerzaust und schließlich gebrochen wurde. Der Urheber der gestörten Nachtruhe wurde zwar aus seiner kritischen Lage befreit, mußte aber seine Missethat durch den Tod büßen und wird zur dauernden Warnung für anderes luftiges Gesindel ausgestopft werden.
- Neue Erhebungen über die näheren Umstände bei der Erschießung eines 4jährigen Knaben während des Gefechtschießens des 2. Infanterie=Regiments bei Simbach ergeben, daß der Junge unbeaufsichtigt im Gelände spielte und, da er sich in einem Hohlweg befand, von den Sicherheitsposten nicht gesehen wurde. Als er zum Vorschein kam, suchte man ihn durch Winken und Rufen aufmerksam zu machen auf die Gefahr, allein ohne Erfolg, so daß das Kind gerade auf die Scheiben zulief. Eine Kugel durchbohrte den ganzen Körper, so daß der Knabe nach wenigen Minuten in einem nahen Gehöft verschied.
- Das Hotel Viktoria auf dem Beatenberg bei Thun brannte in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag vollständig ab. Das Hotel war von 160 Fremden, meist Engländern, bewohnt; die Effekten der in dem oberen Stockwerke logirenden Gäste konnten nicht gerettet werden. Das Feuer ist in dem Zimmer des Portiers ausgebrochen und durch ungeschicktes Umgehen mit Benzin entstanden.
- Mit dem 1. August dürfen gewöhnliche Postkarten nicht mehr, wie bisher, unter Aufklebung einer zweiten 5 Pfg.=Marke für den Weltpostverkehr benutzt werden.
- Ein starker Konsument. Wie viel verbraucht der Norddeutsche Lloyd auf seinen Schiffen jährlich an Proviant? Diese Frage wird wie folgt beantwortet: "Es wurden im Jahre 1893 an die Schiffe des Norddeutschen Lloyd geliefert: Fleisch 3 994 442 Pfund, lebendes Vieh: Ochsen 658 Stück, Kälber 247 Stück, Schweine 193 Stück, Hammel 508 Stück, Fische 164 498 Pfund, Geflügel 142 045 Stück, Konserven 251 441 Büchsen und Gläser, Gemüse im Werte von 86 218 Mark, Hülsenfrüchte 366 051 Pfund, Reis 204 060 Pfund, Mehl 2 373 700 Pfund, Brot und Zwieback 1 187 052 Pfund, Kaffee, geröstet, 183 146 Pfund, Zucker 296 610 Pfund, Milch 225 738 Büchsen und Flaschen, Kartoffeln 10 008 570 Pfund, Butter 438 937 Pfund, Eier 1 583 210 Stück, getrocknetes Obst 140 354 Pfund, Käse 119 870 Pfund, Eis 13 408 753 Pfund. An Getränken: Champagnern 30 261 Flaschen, Sherry, Madeira, Portwein, 8619 Flaschen, Rotwein 145 689 Flaschen, Rhein= und Moselweine 76 975 Flaschen, Cognac 19 123 Flaschen, Rum und Genever 36 417 Flaschen, Mineralwasser 177 368 Flaschen, Flaschenbier 736 670 Flaschen, Faßbier 557 985 Liter."
- Bismarcks Augen. An Bismark ist offenbar ein Beichtvater verloren gegangen. Wenigstens hat der Posthalter von K. im Schwabenlande, nachdem er den Kanzler in Kissingen gesehen hatte, bei seiner Rückkehr seinen Landsleuten erzählt: "Ond i sag äch, an Aug' hot er, wenn mer en des nei guckt, so fallet oim älle alte Sende wieder ei."
- Ein Verein "nicht küssender Mädchen" hat sich in New=Jersey gebildet. Die Mitglieder, lauter junge Mädchen, verpflichten sich, sich niemals küssen zu lassen, auch von ihrem Bräutigam und späterhin ihrem Manne nicht, da das Küssen "unschön und nicht hygienisch ist!"


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