No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. August
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 1]

- Der Kaiser hat bei seinem Aufenthalt in England die Königin von England eingeladen, zum nächsten Frühjahr dem deutschen Hof einen Besuch abzustatten. Die Königin soll unter der Bedingung eingewilligt haben, daß der Besuch nicht in Berlin, sondern in Coblenz oder auf Schloß Stolzenfels stattfinde.
- Bei der Yachtwettfahrt am Dienstag um den Pokal der Königin erhielt den Preis die Yacht des Admirals Montague "Carina", welche als erste in Cowes einlief; als zweite folgte die Yacht des Prinzen von Wales, "Britannia", und sodann die Yacht des Kaisers "Meteor". Dienstag abend fand zu Ehren des Kaisers ein von der Royal Yacht Squadron veranstaltetes Festmahl statt, dem der Prinz von Wales präsidirte. Die Capelle der "Hohenzollern" spielte während des Mahles. Auf dem Bankett hielt der Kaiser in vorgerückter Stunde eine Rede, worin der Monarch unter Anspielung auf die Yacht des Prinzen von Wales die Hoffnung aussprach, Britannia werde fortfahren, über die Wogen zu herrschen.
- Der Kaiser verabschiedete sich am Sonntag von der Königin Victoria in Osborne und reiste am Montag früh nach dem Truppenlager von Aldershot, wo er der Gast des Herzogs von Connaught sein wird. Die "Hohenzollern" dampft inzwischen nach Gravesend, um die Ankunft des Monarchen daselbst abzuwarten, die voraussichtlich am Dienstag abend erfolgen wird.
- Die Rückkehr des Kaisers nach Potsdam wird dem Vernehmen nach am Freitag den 17. d. erfolgen. Am darauffolgenden Tag, den 18. August, wird von dem Kaiser die Herbstparade auf dem Tempelhofer Felde stattfinden.
- Der Kaiser hat bestimmt, daß die von Theilen der deutsch=ostafrikanischen Schutztruppe im Jahre 1893 gelieferten Gefechte, 12 an der Zahl, im Sinne des Militär=Pensions=Gesetzes als Feldzüge gelten, welche den daran betheiligt gewesenen Deutschen in Anrechnung zu bringen sind.
- Der Reichskanzler Graf Caprivi wird am 26. d. M. zu einer mehrwöchentlichen Kur in Karlsbad eintreffen.
- Die königl. bayerische Civilliste ist nunmehr, nach einer 8jährigen "Sanierungsperiode," in ihren Verhältnissen wieder vollständig geregelt. Das heißt wohl soviel, daß die Schulden des unglücklichen Königs Ludwig II. jetzt sämmtlich heimbezahlt sind. Den Abschluß dieser Regelung hat das neuliche Geschenk des Prinzregenten an den Finanzminister Dr. v. Riedel gebildet.
- Die Verwendung von Brieftauben bei der Marine hat in diesem Jahre eine beträchtliche Erweiterung erfahren. Bei der letzten Nordlandreise der "Hohenzollern" sind verschiedene Versuche mit Brieftauben gemacht worden. So wurde u. a. der Befehl des Kaisers an das Stationscommando in Wilhelmshaven zur Bereitstellung eines Hofzuges vor dem Einlaufen der "Hohenzollern" von hoher See aus durch eine Brieftaube übermittelt derart, daß die Ausführung ohne Weiteres stattfand.
- Der Minister des Innern beabsichtigt demnächst eine Arbeitsstatistik zu schaffen, die namentlich über Angebot und Nachfrage Aufschluß geben soll, um die Ausstandsbewegung besser überwachen und nötigenfalls überflüssige Arbeitskräfte nach Punkten leiten zu können, die daran Mangel haben.
- Der bayrische Minister des Innern hat eine Verordnung erlassen, in welcher die Zulassung der Feuerbestattung in Bayern ohne Ergänzung der einschlägigen Gesetzgebung für unmöglich erklärt wird; ein diesbezügliches Bedürfniß bestehe in Bayern nicht.
- Zur Hebung der Kornpreise wird Angesichts der gegenwärtigen Roggenpreise in der "Deutschen Landw. Presse" geschrieben: Den gesammten Landwirthen Deutschlands ist dringend zu rathen, so wenig Futtermittel wie möglich zu kaufen und statt dessen wieder Roggen zu verfüttern; deßgleichen den Weizenbau einzuschränken und dafür mehr Roggen, Gerste, Hafer, Bohnen oder Erbsen zu bauen, Fruchtarten, die alle sehr gut verfüttert werden können. Die Kornpreise werden in Deutschland nur dann besser werden, wenn so viel selbst gebautes Korn als möglich verfüttert wird, und nicht mehr die unglaublichen Summen für irgend welche ausländischen Futterartikel ausgegeben werden.
- In den Tagen vom 29. September bis einschließlich 1. Oktober veranstaltet der "Deutsche Doggenklub Berlin" eine Hundeausstellung in der Hasenhaide (Neue Welt). Anfragen, Anmeldungen usw. sind an Herrn Otto Mahrhold, Berlin, Lindenstraße 56, zu richten.
- Im Jagdgelände Kästorf bei Gifthorn wurde ein Schreiadler im Fluge erlegt, der einen jungen Hasen in den Fängen abführte. Der Adler hatte seine Fänge so fest in sein Opfer geschlagen, daß er dieses auch nach erhaltenem Schusse nicht losließ.
- In Deutschland giebt es z. Z. 397 Freimaurerlogen mit 44 705 ordentlichen Mitgliedern und 681 milden Stiftungen. Es zählen die deutschen Logen 172 Mitglieder mehr als im Vorjahre.
- Die Versuche mit der Seefischmenage bei den Truppen des Gardekorps haben dahin geführt, daß das erste Bataillon des Alexanderregiments in Berlin von jetzt ab in verschiedenen Zwischenräumen regelmäßig Seefische zur Mahlzeit erhält. Bis jetzt hat die neue Speise bei den Mannschaften ungetheilten Beifall gefunden.
- Der Reichspostdampfer "Reichstag" verließ am 1. d. M. den Hafen von Hamburg. Derselbe wird zum ersten Male an der Westküste entlang um das Kap herum nach der ostafrikanischen Küste fahren. Bei Brunshausen hat das Schiff eine Quantität Dynamit an Bord genommen. In Antwerpen übernimmt der "Reichstag" eine ebensolche Ladung, während ein dritter Posten Dynamit in England an Bord gebracht werden soll. - Der von Ostafrika kommende Reichspostdampfer "Bundesrath" wird auf seiner Heimreise die entgegengesetzte Route einschlagen.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 2]

- Der Waldschütze Göltenboth von Michelfeld fand am Sonnabend, unter Stroh und Moos versteckt, bei Schwäbisch Hall zwei vergoldete Abendmahlkelche, eine Hostienkapsel und viele andere Werthgegenstände, die wahrscheinlich aus einer Kirche gestohlen worden sind. Die Gegenstände wurden dem Schultheißenamt übergeben.
- Die Ernte in Bayern ist heuer eine ganz vorzügliche. Körnerertrag und Stroh sind sehr ergiebig. Man darf annehmen, daß etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahr gewonnen wird.
- Der große 14 000 Kilogramm schwere Granitblock, der zum Andenken an die Leitung der Schlacht von Gravelotte durch Kaiser Wilhelm I. auf dem Schlachtfelde aufgestellt worden ist, soll am 18. August, dem Tag der Schlacht feierlichst eingeweiht werden. In goldener, weithin sichtbarer Schrift zeigt der Stein die Worte "Von dieser Stelle aus leitete König Wilhelm am 18. August die Schlacht."
- Beim Aufziehen der neuen Glocke auf dem Kirchthurm der Michaelkirche in Graz riß plötzlich die Aufzugsvorrichtung; die Glocke stürzte mit dem daraufsitzenden Baumeister Cinate herab und zerschmetterte Letzteren.
- Die gräflich Zichysche Familie in Pest ist in den Besitz einer unverhofften Erbschaft gelangt. Der Wirthschaftsbeamte Szabo, der lange Jahre im Dienste der gräflichen Familie stand, vermachte sein 80 000 Gulden betragendes Vermögen der gräflichen Familie mit der Begründung, sein erworbenes Vermögen soll dahin zurückfließen, woher es genommen; die gräfliche Familie werde die Erbschaft besser zu schätzen wissen als lachende Erben.
- Wegen der anhaltenden Dürre sind in Ungarn die Aussichten für Mais, Futterstoffe, Kartoffeln und Tabak schlecht. Weizen und Roggen ist an Qualität vorzüglich. Der Weizenertrag wird auf 38-39 Millionen Meterzentner, Roggen auf 14-15 Millionen, Gerste auf 12 Millionen, Hafer auf 10 Millionen Zentner geschätzt. Die Qualität der Gerste ist größtenteils gut. In einigen Landestheilen wird Futtermangel befürchtet.
- Die Hinrichtung Caserios soll, wie es heißt, schon zu Anfang dieser Woche stattfinden. Der Richtplatz ist schon ausgewählt, und zwar fiel die Wahl auf die Cour Souchet in Lyon, zwischen der Gendarmeriekaserne und dem St. Pauls=Gefängniß. Es ist dies ein Ort, wo nicht viel Zuschauer Raum finden. - Der Vicar von Motta=Visconti, Don Grassi, veröffentlicht in dem clericalen Blatte "Lega Lombarda" seine Eindrücke von Caserio, den er, wie bekannt, besucht hatte, um ihn zur Buße zu bewegen. "Ich unterließ nichts", erzählte der Priester, "um diese verstockte Seele zu erweichen, allein alle meine Worte prallten an der eisenharten Kruste ab, welche die anarchistische Lehre um sein Herz gezogen hatte, als ich endlich ausrief: "Du hast recht daran gethan, den Dr. Podreider als Vertheidiger zurückzuweisen, denn dieser irrt nicht, wenn er Dich einen Narren nennt!" Ueber das Memoriale Caserios, das dieser dem Geistlichen vorlas, war Don Grassi ganz entsetzt, er wollte es ihm wegnehmen, allein Caserio erklärte es als seinen einzigen Schatz und versprach sich Wunder von der Vorlesung vor den Geschworenen. Als Caserio erklärte, er freue sich, angesichts der Menge für seine Lehre zu sterben, sagte Don Grassi: "Nur die verdammte Eitelkeit spricht aus Dir, denn Du glaubst ein Held zu sein und willst wie zu einer Schaustellung gehen. Ganz anders aber wäre es, falls die Hinrichtung heimlich stattfinden würde, da würdest Du vor der Execution aus Furcht sterben." Hierauf antwortete Caserio zusammenschaudernd: "Jawohl, heimlich möchte ich nicht hingerichtet werden. Hoffentlich läßt man mich nicht mehr lange warten." Don Grassi schließt sich der Meinung Derjenigen an, die Caserio ein moralisch absolut verkommenes und stumpfsinnig gewordenes Individuum nennen. Schließlich erzählt dieser Geistliche ein bisher nicht bekanntes Detail. Carnot habe nämlich seit längerer Zeit auf der Brust ein Panzerhemd aus Stahlgeflecht getragen (?). Als er in Lyon nach dem Diner für den Theaterbesuch seinen Anzug wechselte, habe er erklärt, das Panzerhemd wegen der Hitze, die im Theater herrschen würde, nicht tragen zu wollen. "Wer soll mir denn auch Böses zufügen in dieser festlich und sympathisch bewegten Menge?" habe der Präsident zu der ihn warnenden Umgebung gesagt. Dieses Panzerhemd aber hätte wahrscheinlich Caserios That unschädlich gemacht. - Caserio bewahrt sein cynisches Verhalten; er ißt für Zwei und ärgert sich nur darüber, daß er in der Verhandlung bei Erwähnung seiner Mutter geweint hat.
- Luigi Caserio, der Bruder des Präsidentenmörders, wird durch den Advokaten Famati die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera" verklagen, weil sie über ihn und seine Verwandten falsche Nachrichten verbreitet hat, durch die er sich beleidigt fühlt. Auch behauptet er, durch jene Nachrichten geschäftlich schwer geschädigt zu sein.
- Im Schweiße seines Angesichts spielte jüngst in Mailand der Pianist Gravagni in Folge einer Wette 25 Stunden Klavier, ohne aufzuhören. Er gewann die Wette glänzend. Die Hände waren wohl angeschwollen, Gravagni aber so wenig ermüdet, daß er eine weitere Wette zu tausend Lire anbot, das Spiel noch 6 Stunden fortzusetzen. Das muß ein Ohrenschmaus gewesen sein.
- Der König von Griechenland wird bei seiner Rückreise aus Aix=les=Bains über Paris reisen und dort mit dem Präsidenten Casimir=Perier eine Begegnung haben.
- Auch der Monat Juli hat in England keine Besserung im Geschäftsleben gebracht. Im Handelsverkehr Großbritanniens ist für den verflossenen Monat eine Abnahme der Ausfuhr um 6 1/4 und eine Abnahme der Einfuhr um 4 1/4 Proz. zu verzeichnen.
- Als das neuvermählte großfürstlich=russische Paar Alexander Michaelowitsch und die Großfürstin Xenia nach der Hochzeit nach dem Ropschinsker Palais fuhr, wurde der Kutscher des großfürstlichen Dreigespanns durch das Feuerwerk geblendet. Die Pferde geriethen in einen Graben, der Wagen schlug um, die Großfürstin wurde herausgeschleudert, erlitt dabei aber nur unbedeutende Abschürfungen im Gesicht und eine Verstauchung der rechten Hand; der Großfürst ist unverletzt geblieben, der Kutscher aber ist schwer verletzt. Das Kaiserpaar hat sich sofort auf die Nachricht von dem Unfall in das Ropschinsker Palais begeben.
- Die Amerikaner sind fixe Leute. In aller Eile hat ihr Repräsentantenhaus eine Bill angenommen, durch die den Anarchisten und anderen unliebsamen Persönlichkeiten das betreten des amerikanischen Bodens unmöglich gemacht werden soll. Alle Einwanderung soll an die Genehmigung der amerikanischen Inspektoren (Konsuln) in den Auswanderungshäfen gebunden werden, Personen, die keinen Ausweis über die erhaltene Genehmigung zur Landung in einem Hafen der Vereinigten Staaten vorzeigen können, sollen auf Kosten der Union zurückbefördert werden, kommen sie zum zweiten Mal, so sollen sie mit Gefängnis bestraft werden. Ob die Bill in der jetzigen Tagung des Kongresses schon Gesetz werden wird, erscheint noch zweifelhaft.


- Die neueste Erfindung auf dem Gebiete des Sports ist die des Motorzweirades, welches der äußeren Form nach dem jetzt gebräuchlichen Niederrad sehr ähnlich ist. Das Motorzweirad wird durch Gas oder Petroleum fortbewegt, braucht also nicht getreten zu werden. Der ohne besonderen Reserve=Behälter mitgeführte Vorrat an Petroleum reicht für eine Strecke von 200 Kilometer und kann dann leicht ersetzt werden. Der Bedarf an Betriebsmaterial beziffert sich auf nicht über 3/4 Pfg. per Kilometer also per 100 Kilometer ca. 75 Pfg. Für die Landstraße dürfte das Maximaltempo 30 und 40 Kilometer pro Stunde liegen, für Versuche auf Rennbahnen läßt sich die Geschwindigkeit bis zu 90 Kilometer die Stunde steigern. Eine besondere und auch vorteilhafte Eigentümlichkeit des für Herren und Damen geeigneten Motorzweirades besteht in dem Aufhören des Funktionierens des Motors bei Entlastung des Fahrzeuges. Der Verkauf des Motorzweirades für Pößneck ist der Firma Marzodko & Reisler übertragen worden. Herr Marzodko hat von München aus auf einer Tour in die Alpen die Leistungen des Motorzweirades bereits geprüft.
- Mästung des Geflügels mit Holzkohle. Vier Truthühner wurden in einem Stalle mit Mehl, ge=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 3]

kochten Kartoffeln und Hafer gefüttert. Vier andere derselben Zucht erhielten in einem anderen Stalle, worin zerbröckelte Holzkohle ausgestreut war, die gleiche Nahrung, jedoch war den Kartoffeln fein gepulverte Holzkohle beigemengt Bei der Schlachtung der acht Hühner am gleichen Tage zeigte sich daß die letzteren um 1 1/2 Pfund schwerer, fettreicher und wohlschmeckender waren. Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß man an vielen Orten dem Gänsefutter kleine Mengen gröblich zerstoßener Holzkohle beimischt, indem man die Erfahrung gemacht hat, daß das Fleisch der Gänse dadurch weit zarter und wohlschmeckender wird, und daß selbst das Fleisch der mit Oelkuchen gefütterten Gänse den üblen Geruch und Geschmack verliert. Es scheint demnach wünschenswerth, daß man auch bei der Mästung anderer Thiere, namentlich der Enten (und auch Schweine), von dem Holzkolenpulver Gebrauch mache.
- Was kostet ein Kanonenschuß! Die fortschreitenden Verbesserungen im Artilleriewesen und namentlich in der Fabrikation der Kanonen, haben zur Herstellung von Feuerschlünden geführt, die enorme Projectile zu werfen im Stande sind. Hauptsächlich sind es die Schiffsgeschütze, deren Durchschlagskraft so progressiv vermehrt wurde, wie die Stärke des Panzers der Kriegsschiffe wuchs. Es ist deshalb von großem Interresse, zu erfahren, was ein Schuß aus einer so riesenhaften Kriegsmaschine kostet. Aus jedem Schiffsgeschütz von 110 Tonnen kostet jeder Schuß:
    Pulver .... 400 kg circa 1900 Mark
    Projectil ... 900 kg circa 2175 Mark
    Seide für die Patrone circa 85 Mark
        --------------------------------------------
        Zusammen 4160 Mark.
Diese Ziffern repräsentiren zu 4% die jährlichen Zinsen eines Kapitals von 104 000 Mark. Was den Gebrauch dieser furchtbaren Zerstörungswerkzeuge noch kostspieliger macht ist der Umstand, daß solch ein Geschütz nicht über 90 Schüße abgeben kann, ohne bedeutender Reparaturen zu bedürfen, oder in den meisten Fällen überhaupt nicht mehr gebrauchsfähig ist. Das Geschütz hat dann nur noch den Werth alten Metalles. Nachdem nun das Geschütz circa 400 000 Mark kostet, so kommen zu obiger Summe der Kosten eines Schußes noch 4444 Mark Abnutzungskosten per Schuß hinzu, so also jedesmal Ladung und Schuß einen Werth von 8604 Mark repräsentiren.
Ein Schuß kostet jedoch Millionen, wenn durch denselben ein Kriegsschiff sinkt, und auf diese Weise verloren geht. Trotzdem wird rastlos weitergearbeitet um die Verheerungen noch fürchterlicher zu machen.
- Wie die Völker schlafen. Der Europäer oder Amerikaner schläft nur dann angenehm, wenn er ein weiches Kopfkissen unterm Kopf hat, doch der Japaner streckt sich auf einer Matte auf den Boden hin und schiebt einen hatten, viereckigen Holzblock unter seinen Kopf; ohne denselben würde er schlecht schlafen. Der Chinese hält viel auf sein Bett, welches sehr niedrig, öfter aber fein aus Holz geschnitzt ist. Er bettet sich jedoch nie weicher, als Matten dies erlauben. Während die Leute nördlicher Länder nicht schlafen können, ohne genügenden Raum zu haben, um ihre Beine auszustrecken, rollen die Bewohner der Tropen wie die Affen sich zusammen und schlafen auch in dieser Lage gut. Der Engländer bedeckt sich mit ein paar Decken, schläft oft bei offenem Fenster im kalten Winter. Der Russe dagegen schläft nirgends lieber als auf dem großen Ofen seiner Behausung. Kriecht er am Morgen aus diesem heißen Bett, so nimmt er ein kaltes Bad, sollte er auch die Eisdecke von dem Wasser entfernen müssen. Der Lappländer kriecht mit dem Kopf in einen Sack aus Renntierfell und schläft darin warm und bequem. Der am andern Ende der Welt lebende Ostindier hat auch einen Schlafsack, doch ist dieser luftiger, als der des Lappen und hat den Zweck, die Moskitos fern zu halten. Der Engländer hat sein Federkopfkissen, doch liebt er Stroh= und Haarmatratzen. Viele Deutsche schlafen auf und unter einem Federbett. Es ist für den Fremden oft ein Rätsel und eine Kunst, sich die ganze Nacht hindurch in einem solchen Bett bedeckt zu halten.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Lüdersdorf sub Nr. XI belegene Büdnerstelle c. p. des Arbeitsmanns Heinrich Werner daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Montag, den 24. September 1894
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermine anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen. Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 7. Juli 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die Grundstücke des Tischlermeisters August Kelling zu Schönberg, als:

1. das allhier an der Sabower Straße sub Nr. 25 belegene Wohnhaus c. p. und
2. dem auf der Schönberger Stadtfeldmark im Galgenmoor belegenen Garten nebst Wiese
- welche zwei Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden - ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hierdurch aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Montag, den 17. September d. J.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer der Grundstücke präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gericht versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 25. Juni 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Gesucht wird ein
Vorarbeiter,
der selbstständig wirthschaften kann und alle landwirthschaftlichen Arbeiten versteht. Zu melden bei
G. Krümmel, Enger Krambuden Nr. 2,
Lübeck.


Zu Hof Schlagsdorf wird zum 1. Octbr. ein ordentliches Kindermädchen gesucht. Zum Herbsttermin (24. Octbr.) wird daselbst bei Haltung eigener Kuh ein verheiratheter Kuhhirte gesucht, der einen Hofgänger zur Hilfeleistung im Kuhhaus hält.

                                                    Ledeboer,
                                                    Hof Schlagsdorf bei Ratzeburg.


Braunkohlen
ab Bahnhof erwarte und empfehle billigst.                          
                                                    C. Schwedt.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 4]
Verlag von FR. EUGEN KOEHLER, Gera-Untermhaus, Reuss j. L.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
M. Schulze's   |   Prof. Thome's   |   Unsere
Orchidaceen   |   Flora   |   Heilpflanzen,
Deutschlands,   |   von   |   ihr Nutzen und ihre
Oesterreichs u. d. Schweiz.   |   Deutschland, Oesterreich   |   Anwendung im Hause.
Demnächst vollständig in 12
Lieferungen a 1 M.
  |   und der Schweiz   |   92 Chromobilder m. Text v. Schimfky.
5,50 M., geb. 6,50 M.
In eleg. Orig.-Einband 15 M.   |   45 Lieferungen a 1 M.   |   --------------------
Einzig neueres Werk, unt. Mitwirkung
hervorragender Kenner herausgegeben.
  |   od. 4 eleg. Halbfranzbande 54 M.
Stark verbreitetes geschätztes Werk.
  |   Die wichtigst. Giftgewächse
Mit 100 Chromotafeln.   |   Mit 646 Chromotafeln.   |   27 Chromotafeln u. Text, v. demselben
2,25 M., geb. 2,75 M.


Ich habe mich in Lübeck als Specialarzt für
Ohren= und Nasenleiden
niedergelassen.                                                    
Wohnung Mühlenstraße 38
Sprechstunden von 9 - 12 und 3 - 4 Uhr.
                                                    Dr. Karutz.


R. Jatzow, Augenarzt.
Lübeck,                                                     Beckergrube 41.
zurückgekehrt.


Habe zu Michaelis noch eine Wohnung zu vermiethen.

                                                    W. Grevsmühl,
                                                    Schlauentrifft.


Geladene                          
                          Jagdpatronen

mit gewöhnl. Pulver und rauchschwachem Pulver, Patronenhülsen, Zündhütchen, Papp= und Filzpfropfen, Jagdpulver und Naßbrand, Patentschrot und Hartschrot empfiehlt billigstens

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Theater in Schönberg.
Im Saale des Herrn J. Boye.
Direction: Alexander Weymann.
Freitag, den 17. August 1894
Eröffnungs=Vorstellung
Der Herr Senator.
Lustspiel in 3 Acten von Gustav Kadelburg und Franz von Schönthan.

Mein Unternehmen dem hochverehrten Publikum von Schönberg und Umgegend nochmals ans Herz legend, zeichne ich, zu recht zahlreichem Besuch höflichst einladend,

Hochachtungsvoll
                                                    Alexander Weymann,
                                                    Theaterdirector.

NB. Abonnements=Karten, das Dtzd. Num. Sperrsitz Mk. 12,00, Erster Platz Mk. 8,40 u. Zweiter Platz Mk. 5,40 sind bis auf Weiteres im Theaterlokal des Herrn Boye zu haben.

                                                    Alex. Weymann.


Lieben Sie

einen schönen, weissen, zarten Teint, so waschen Sie sich täglich mit:

Bergmann's Lilienmilch-Seife
von Bergmann & Co., in Dresden-Radebeul
(Schutzmarke: Zwei Bergmänner).

Bestes Mittel gegen Sommersprossen, sowie alle Hautunreinigkeiten. à Stück 50 Pfg. bei:

Apotheker Montag.


Bringe meine Böttcherei in empfehlende Erinnerung; halte auch fertige Arbeiten aller Art auf Lager, desgl.

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in allen Größen zu den billigsten Preisen.

                                                    H. Vitense,
                                                    Böttchermeister.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 54-56 M., große Schweine 50-53 M., Sauen 38-48 M., Kälber 69-91 M. per 100 Pfund.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 14. August 1894.


- Schönberg. Nach den bei der landwirthschaftl. Unfallversicherung gemachten Erfahrungen darf als festgestellt gelten, daß eine größere Zahl von Unfällen nur deshalb so nachtheilige Folgen für die Betroffenen hat, weil es versäumt ist, rechtzeitig eine sachkundige, d. h. ärztliche Behandlung der Verletzungen herbeizuführen. Naturgemäß gilt dies, da in schwereren Fällen nur selten die Nothwendigkeit der Zuziehung, bezw. sofortigen Zuziehung eines Arztes verkannt wird, besonders von den an sich leichteren und einfachen Verletzungen. Ist nun auch anzuerkennen, daß in vielen derartigen Fällen die gewöhnliche Erfahrung, bei entsprechendem Verhalten des Verletzten, ausreichen wird, eine regelrechte Heilung zu erzielen, so giebt es doch andererseits auch unter den an sich leichteren und einfachen Verletzungen eine ganze Reihe solcher, die eine möglichst sofort einsetzende, kunstgerechte Behandlung durch den Arzt erfordern. Dahin gehören beispielsweise alle Fälle von Verstauchungen und einfachen Verrenkungen der Gliedmaßen resp. Gelenke; ferner solche Wundverletzungen, besonders an Fingern, Händen und Armen, bei welchen die Befürchtung begründet ist, daß gleichzeitig eine Verunreinigung (Infection) der Wunde stattgefunden hat; endlich und ganz besonders aber alle, selbst die geringfügigsten, Verletzungen der Augen. Die Versicherten sollten sich zur Regel machen, in allen diesen Fällen stets, bei sonstigen leichteren Verletzungen aber wenigstens dann, wenn ungewöhnliche und Bedenken erregende Erscheinungen aufzutreten anfangen (!), ungesäumt einen Arzt zu Rathe zu ziehen. Je früher der Fall in Sachkundige (ärztliche) Behandlung kommt, desto größer die Wahrscheinlichkeit des Heilerfolges; je später, desto größer die Gefahr dauernden, nicht wiedereinzubringenden Schadens.
Die Kosten der ärztlichen Behandlung können für die Versicherten nicht in Betracht kommen, da Jeder, der in der Eigenschaft als Arbeiter durch Unfall beim land= oder forstwirtschaftlichen Betriebe zu Schaden kommt, nach § 10 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 vom ersten Tage ab Anspruch auf freie Kur hat und solche ihm von der Gemeindebehörde seines Beschäftigungs= oder Wohnortes auf seinen Antrag gewährt wird.
Andererseits ist es durchaus notwendig, daß die Betriebsunternehmer ihrer Verpflichtung, von jedem in ihrem Betriebe vorkommenden Unfalle die alsbaldige, vorschriftsmäßige Anzeige bei der Behörde und dem zuständigen Organ der Berufsgenossenschaft zu machen, pünktlicher, als es bisher im Allgemeinen geschehen, nachkommen. Nur wenn dies geschieht, ist die Berufsgenossenschaft in der Lage, eine sichere Controle darüber, ob die nöthige ärztliche Behandlung der Verletzten stattfindet, auszuüben, und erforderlichenfalls ihrerseits die Behandlung herbeiführen zu können. Die Anzeigepflicht erstreckt sich, was insonderheit die nicht tödtlich verlaufenden Unfälle betrifft, auf alle Unfälle, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen zur Folge haben, und nicht bloß, wie vielfach angenommen wird, auf diejenigen, welche voraussichtlich eine Erwerbsunfähigkeit von über dreizehn Wochen zur Folge haben werden. - Zuwiderhandlungen und Versäumnisse können mit Ordnungsstrafe (bis zu 300 Mark) geahndet werden.
Die obigen Hinweise verdienen bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern in gleichem Maße Beachtung, da Beider Interesse auf das Engste damit verknüpft ist: das der Arbeitgeber um der Erzielung thunlichster Verringerung der Entschädigungslast willen, die so wie so noch von Jahr zu Jahr zunehmen wird, - das Interesse der Arbeitnehmer um der Erhaltung ihrer Arbeits= und Erwerbsfähigkeit willen, deren Verlust oder Schmälerung ihnen die Unfallrente nur theilweise (zu zwei Dritteln) ersetzt.
- Schönberg. Das heftige Gewitter, welches sich am Freitag Mittag in der Ratzeburger Gegend entlud, hat daselbst an 5 Stellen gezündet, u. A. auch auf der diesseitigen Domaine Neuhof, wo der Blitz in eine Scheune fuhr, die vollständig eingeäschert wurde. In derselben lagerten bereits 48 Fuder eingefahrener Weizen, der vollständig verbrannte, auch 3 beladene Erntewagen, sowie einige Holz= und Steinkohlen=Vorräthe wurden ein Raub der Flammen.
- Schönberg. Für die am 8. August vor hiesigem Amtsgericht im Zwangsverfahren zum Verkauf gestellte Woisin'sche Vollstelle zu Lindow blieb der Landmann Oldenburg aus Boitin=Resdorf mit 22 620 M. am Meistgebot. Die Stelle ist ca. 20 000 []Ruthen groß und ist mit ungefähr 50 000 M. belastet.
- Schönberg. Die Ehefrau des Kaufmanns Heincke zu Hamburg, geb. Fick, hat ihr hierselbst belegenes Grundstück in der Siemzerstraße an den Buchbinder Buchholz zum Preise von 15 000 Mark verkauft.


- Der Berliner "Börsen=Courier" schreibt: Das Reichstags=Gebäude nähert sich mehr und mehr seiner Vollendung. Zur Ergänzung früherer Maßangaben dürften folgende Flächenmaße des Reichstagsgebäudes von Interesse sein: Die Länge des gewaltigen Baues mißt 131,80 Meter und die Breite 88,30 Meter, so daß eine Fläche von rund 11,368 Quadratmetern herauskommt. Von dieser Fläche nehmen jedoch 889 Qu.=Meter zwei innere Höfe von 28,38 Meter zu 15,66 Meter ein, so daß thatsächlich bebaut sind rund 10,750 Quadratmeter. Von dieser bebauten Fläche entfallen etwa 626 Qu.=Meter auf den etwa 29 Meter langen und 21,58 Meter breiten Parlamentssaal. Die vor dem Parlamentssaal gelegene Halle, welche durch das Hauptportal in der Front am Königsplatz zugänglich ist, besitzt eine Fläche von 441 Quadratmeter. Sie bildet den Mittelraum der großen Wandelhalle, deren Gesammtlänge 92,60 Meter bei einer von 10,17 und 13,20 Meter beträgt. Im Obergeschoß ist der größte Raum der im Mittelrisalit an der Sommerstraße belegene Sitzungssaal, der 24,06 Meter Breite und 16,34 Meter Tiefe besitzt. In diesem Geschoß befinden sich überhaupt 12 Sitzungssäle. Im Ganzen besitzt der Reichstagsbau in seinem Haupt=, Zwischen= und Obergeschoß außer den Wandelhallen und Korridoren nach dem "Bär" etwa 100 Säle und Zimmer. Zu diesen treten noch etwa 40 Räume im Erdgeschoß hinzu.
- Benutzung von Schnellzügen mit Militärfahrkarten. Für die Folge wird beurlaubten Soldaten bei kürzerer bis achttägiger Urlaubstour die Benutzung der III. Wagenklasse aller Schnellzüge auf den Strecken der preußischen Staatsbahnen nach den Sätzen des Militärtarifs bis auf weiteres dann gestattet, wenn es sich um Entfernungen über 300 Kilometer und um Reisen handelt, die außer den Festzeiten - als nicht an dem Tage vor oder nach Weihnachten, Ostern und Pfingsten oder während dieser Festtage - angetreten werden. Bei Benutzung von D=Zügen sind Platzkarten zu lösen. Das Bedürfniß für die Benutzung von Schnellzügen wird seitens der Truppen auf den Urlaubspässen der Mannschaften durch den an in die Augen fallender Stelle angebrachten Vermerk "Benutzung von Schnellzügen" bescheinigt werden. Lautet der Paß auch über fremde Bahnen, so wird eine Militärfahrkarte nur bis zu der betreffenden Uebergangsstation verabfolgt.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 63 Seite 6]

- Das Fahrpersonal der preußischen Bahnen ist erneut angewiesen worden, alle unnötigen Störungen der Reisenden, namentlich zur Nachtzeit zu vermeiden und insbesondere Coupeethüren niemals heftig ins Schloß zu werfen, sondern thunlichst leise einzuklinken. Die Schaffner sollen Reisende mit Rundreiseheften möglichst in Ruhe lassen und die Fahrscheine sofort bis zu der Station durchlochen, an welcher ein Wechsel des Begleitungs=Personals eintritt.
- Der größte Mann der Welt ist seit einigen Tagen in Castans Panoptikum in Berlin zu sehen. Es ist ein Araber, Hassan Ali, der das bisher nicht erreichte Maß von 2 Metern und 40 Centimetern hat. Dabei ist der Riese erst 16 Jahre alt, wird also jedenfalls noch weiter wachsen.
- Die kleinste Frau der Erde ist gegenwärtig eine Mlle. Pauline aus Holland. Sie ist 18 Jahre alt, 20 Zoll hoch und wiegt 9 Pfund.
- Ueber den Aufenthalt des Fürsten Bismarck in Varzin, wo der Altreichskanzler bekanntlich seit etwa 3 Wochen weilt, bringen mehrere Blätter folgende, vom 5. d. M. datierte Schilderung: Der Fürst lebt hier jetzt außerordentlich regelmäßig. Früh bald nach 9 Uhr steht er auf, nimmt sogleich ein Bad, bei dem ihm sein Kammerdiener Pinnar der schon über 18 Jahre bei ihm im Dienst ist, die nötige Hülfe leistet und die ärztlich vorgeschriebenen Abreibungen besorgt. Dann frühstückt er. Von 11 3/4 bis 12 1/2 Uhr macht der Fürst einen Spaziergang in den Park, wobei er nur von seinen beiden Doggen Tyras und Rebecca begleitet ist, die gegen früher ihres Alters wegen kaum wieder zu erkennen sind, von denen aber Tyras noch wenig von seiner Bösartigkeit verloren hat. So hat er noch vor Kurzem den Gärtner, welcher der Fürstin eine entfallene Schere überreichen wollte, derb in die Hand gebissen. Auf seine Hunde deutend, sagte der Fürst wehmütig: "Sie sehen es wird alles alt um mich, meine Hunde, meine Pferde, und leider auch meine liebe, gute Frau!" Die Fürstin leidet seit längerer Zeit an Asthma, und hatte, jedenfalls Folge der Reisestrapazen, vor Kurzem einen großen besorgniserregenden Ohnmachtsanfall. Sie hat sich zwar hiervon wieder etwas erholt, muß aber noch immer das Bett hüten. Bei dem Spaziergang besichtigt der Fürst mit großem Interesse Sowohl die Neukulturen als auch die den Park begrenzenden resp. in denselben eingestreuten Wiesen und Felder. "Wie gefällt Ihnen hier das Korn?" frug er mich. Ich konnte nicht verhehlen, daß ich so manches fruchtbarere Feld gesehen hatte. "Es sind zu wenig Aehren!" schloß ich. "Ach nein", meinte Bismarck, "Aehren giebt es genug, aber es ist nichts darin!" In der That sind die Aehren infolge der ungünstigen Frühjahrswitterung in der Entwickelung sehr zurückgeblieben und theilweise nur halb so lang als sonst. Bismarck geht zwar etwas langsamer und gebückter als sonst, besonders wenn ihn sein Weg bergan führt, aber sonst ist ihm von Altersbeschwerden wenig anzumerken. Die Furchen im Gesicht sind etwas tiefer geworden, aber der unter den schneeweißen, buschigen Brauen hervorblitzende Blick ist noch ebenso scharf und durchdringend als sonst. Von Zeit zu Zeit nimmt der Fürst auf einer der zahlreich im Park vorhandenen Ruhebänke Platz, um dann entweder, beide Hände auf die Krücke seines Stockes gestützt, nachdenklich in die Ferne zu schauen oder mit dem Stock Figuren in den Sand zu zeichnen. Nach der Ruhe pflegt der Altreichskanzler den Stock zwischen Rücken und Arme zu schieben und dergestalt, tief ein= und ausatmend, Lungengymnastik zu treiben. Mit dem Ende des Spaziergangs ist die Besuchsstunde herangekommen, von der jedoch in diesem Jahre kein Gebrauch gemacht werden soll. Während des Spaziergangs des Fürsten soll das Publikum den nach allen Seiten offen stehenden Park allerdings nicht betreten, indessen wird dieses Verbot nicht selten übertreten. In früheren Jahren erließ der Fürst auch stets in den ersten Tagen nach seiner Ankunft in Varzin Einladungen an die benachbarten Gutsbesitzer und einige befreundete Landräthe zum Diner; auch dies mußte in diesem Jahr unterbleiben. Nach Schluß des Spazierganges nimmt der Fürst ein Frühstück ein und zieht sich dann in sein Schlafgemach zurück. Nachmittags wird bei günstiger Witterung eine Spazierfahrt in offenem Wagen unternommen, und abends, nachdem der Fürst zurückgekehrt ist, das Essen aufgetragen. An diesem nimmt außer der Bismarck'schen Familie, soweit sie in Varzin anwesend ist, der Sekretär des Fürsten, Dr. Chrysander, teil, sowie Herr Oberförster Westphal, der bei dem Fürsten die Stelle eines Güterdirektors für Varzin vertritt. Varzin ist nämlich nicht ein einzelnes Gut, sondern ein ungefähr 2 Quadratmeilen umfassender Komplex von 7 Gütern, die Bismarck im Jahre 1868 von der Witwe eines Herrn von Blumenthal gekauft hat. Der Ackerbau tritt auf ihnen hinter die Forstwirthschaft zurück. Um das Holz, soweit dasselbe nicht auf der Wipper geflößt wird, besser zu verwerthen, hat der Kanzler große industrielle Etablissements errichtet, Sägemühlen, eine Papierfabrik usw. sowie eine Anzahl hübscher Wohnhäuser für Beamte und Arbeiter. Für sich selbst hat der Fürst sehr wenig gebaut. Er hat das alte, kaum den Namen eines Schlosses verdienende, gelbangestrichene, zweistöckige Herrenhaus nur um einen in weiß gehaltenen Flügel bereichert, in dem er selbst seine Gemächer hat, während die Fürstin und die Gräfin Rantzau in dem alten Herrenhause wohnen. Um 11 Uhr regelmäßig geht der Fürst zu Bett. Sein Schlaf ist jetzt im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen der Fürst in Folge von Ueberarbeitung an Schlaflosigkeit litt und außerdem noch von neuralgischen Schmerzen geplagt wurde, meist ein recht guter.
- Ein sehr sonderbarer Heiliger! Am vorigen Sonntag, so erzählt der "Wendelsteiner", ist beim Einsiedler "Bruder Petrus" in Kirchwald eingebrochen worden. Bei dieser Gelegenheit wurden dem frommen Mann zwei goldene Herren=Remontoir=Uhren, eine goldene Damen=Zylinderuhr, eine goldene Uhrkette, 13 goldene Ringe, 2 Dutzend silberne Eß= und Kaffeelöffel, eine silberne Tabaksdose, ein Feldstecher, ein sechsläufiger Revolver und mehrere goldene und silberne sonstige Schmuckgegenstände im Gesammtwerth von 590 Mk. entwendet. Mit Verlaub", fragt das "Bayrische Vaterland" des Herrn Dr. Sigl mit Recht, "wie kommen denn diese Sachen in die Klause eines Eremiten?"

Gebote der Ernährung.

        Man lebt nicht von dem, was man ißt, sondern von dem, was man verdaut.

    Richtiges Kochen bringt Kraft in die Knochen,
    Und gut gekaut ist halb verdaut.

        Man genieße die Speisen nicht zu kalt und nicht zu warm.

                  Heiß gegessen, heiß getrunken,
                  Heißt dem Zahnweh hergewunken,
                  Heißes Trinken heißt Verzehren,
                  Heißt den Magen schnell zerstören.

        Abwechselung in den Speisen.

                  Alle Tag den gleichen Tisch,
                  Wär's auch Wildpret oder Fisch,
                  Macht dem Magen Langeweile,
                  Darum wechsle und vertheile.

        Würzen und Salzen.
                  Salz und Würze nach Bedarf,
                  Niemals aber allzuscharf.

        Man esse mäßig.
            Des Morgens klein mit mäß'gem Krug,
            Des Mittags reichlich, das ist klug,
            Des Abends wenig ist genug.

        Hauptmahlzeiten ohne Zwischenmahlzeilen.
              Der Magen ist ein fleiß'ger Knecht,
              Doch wenn er ruht, so ruh' er recht.

        Kaffee, Wein und Bier sind keine Nahrungsmittel.
      Gieb nicht zu viel für Bier und Wein,
      Laß die gebrannten Wasser sein.
      Was zur Stärkung Dir gedeiht,
      Und die Gesundheit Dir verleiht,
      Ist Brot, Gemüse, Milch und Fisch
      Und ein mit Kraut besetzter Tisch.
      Und wenn Ihr sitzt bei Speis' und Trank:
      So saget unserm Herrgott Dank!


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