No. 60
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. August
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 1]

      Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das dritte Bataillon des 2. Hanseatischen Infanterie=Regiments Nr. 76

vom 6. - 11., 13. und 14. August d. J.
Vormittags von 6 bis 12 Uhr

Schießübungen mit scharfen Patronen auf der Palinger Haide abhalten wird.
            Zur Vermeidung von Unglücksfällen wird das Betreten des Terrains nach Anweisung der zur Auskunftsertheilung angewiesenen Sicherheitsposten hiermit bei Strafe verboten.
                Schönberg, den 29. Juli 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        In Gemäßheit der Bestimmung im §. 13, aI. 3 der Verordnung vom 2. October 1876, betreffend die Musterung und Aushebung der Mobilmachungspferde, wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß im Musterungsdistrict der Vogtei Stove der Schulzenanerbe J. Hartmann zu Demern an Stelle des wegen vorgerückten Alters ausgeschiedenen Hauswirths Joach. Robrahn daselbst zum Vorstandsmitglied für den Zeitraum bis zum 31. December 1894 ernannt und in Pflicht genommen ist.
                Schönberg, den 27. Juli 1894.

Der Großherzoglicher Bezirkscommissarius für die Musterung und Aushebung der Mobilmachungspferde.
Cl. v. Oertzen.


        Das Verbrennen von Rapsstroh ist vorher in den Wöchentlichen Anzeigen bekannt zu machen, in Grenzgemeinden, auch den benachbarten, nicht zum Fürstenthum gehörigen Gemeinden speciell anzuzeigen.
            Zuwiderhandlungen werden in Gemäßheit von § 368, 8 des St. G. B. mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bestraft, und haben die Zuwiderhandelnden außerdem einer etwa allarmirten Feuerwehr für alle Kosten aufzukommen.
                Schönberg, den 2. August 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Der Kaiser ist am 1. August in Wilhelmshaven von der Nordlandsreise wohlbehalten wieder eingetroffen.
- Der Fürst und die Fürstin Bismarck haben am vorigen Sonnabend in Varzin die 47. Wiederkehr ihres Vermählungstags gefeiert. Der Kaiser hatte zu dieser Feier ein Glückwunschtelegramm gesandt.
- Der Generalfeldmarschal Graf Blumenthal trat am Montag ins 85. Lebensjahr ein. Unter den aktiven Generalen nimmt der greise Generalfeldmarschall die erste Stelle ein; er ist am 30. Juli 1810 zu Schwedt a. O. geboren und konnte am Sonnabend auf eine Dienstzeit von 67 Jahren zurückblicken, Den Rang eines Generalfeldmarschalls bekleidet er seit dem 15. März 1888.
- Reichsschatzsekretär Graf Posadowsky ist mit den Vorarbeiten für die neuen Steuer= und Finanzvorlagen dermaßen beschäftigt, daß er, wie es heißt, auf jede Ruhepause verzichten wird.
- Die Getreideeinfuhr in das deutsche Reich betrug im Juni im Vergleich zum Vorjahr 999936 (gegen 667357 im Juni des Vorjahres) Doppelzentner Weizen, 317238 (110617) Doppelzentner Hafer, 528067 (247 649) Doppelzentner Roggen, 528305 (452315) Doppelzentner Gerste, 183878 (114858) Doppelzentner Raps und Rübsaat und 595005 (606939) Doppelzentner Mais und Dari. Vom Januar bis Ende Juni wurden eingeführt 4093580 (3249129) Doppelzentner Weizen, 1878550 (915539) Doppelzentner Roggen, 8931514 (457780) Doppelzentner Hafer, 4310410 (2853346) Doppelzentner Gerste, 512774 (425314) Doppelzentner Raps und Rübsaat und 8846041 (2281893) Doppelzentner Mais.
- Die Offiziers=Schärpe soll, wie verlautet für Subalternoffiziere und Hauptleute in Fortfall kommen. Sie soll nur den Stabsoffizieren verbleiben, von diesen jedoch nach Art der Adjutantenschärpe, von der rechten Schulter nach der linken Hüfte hängend, getragen werden, während für die Adjutanten ein Abzeichen, ähnlich den Schützenfangschnüren, beabsichtigt ist. Den Subalternoffizieren und Hauptleuten wird an Stelle der Schärpe ein

[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 2]

silberner Gürtel nach dem Vorbilde des Gürtels der Marineoffiziere gegeben werden, der zugleich zur Befestigung des Fernglases und des Revolvers dienen Soll.
- Durch Kgl. Kabinetsordre ist die Brunnenlotterie in Schneidemühl zum Besten der durch das bekannte Brunnenunglück Geschädigten genehmigt worden. Nach dem aufgestellten Plan wird dem Unterstützungsfonds der Betrag von 300 000 Mk. zufließen. Die Lose können im ganzen deutschen Reiche eingeführt werden. Ein Berliner Bankhaus hat sich bereit erklärt, den Losevertrieb zu übernehmen.
- Am Sonnabend hat am dänischen Hof die Feier der silbernen Hochzeit des Kronprinzenpaares stattgefunden, zu der sich eine Reihe ausländischer Fürstlichkeiten, unter ihnen der König von Schweden, in Copenhagen eingefunden hatten. Bei dem Empfang der Mitglieder des Reichstages sagte der Kronprinz in seiner Dankrede, er und seine Gemahlin erblickten in der Beglückwünschung des Reichstages ein gutes Omen für ihr künftiges Leben und eine Nachwirkung der erfreulichen Gegebenheiten des letzten Frühlings, durch welche den traurigen, seit langer Zeit das Volk entzweienden politischen Zwistigkeiten ein Ende bereitet sei. Bei der großen Galatafel im Residenzschloß sprach der König für die Anwesenheit der fürstlichen Gäste seinen Dank aus, worauf Prinz Heinrich von Preußen erwiderte, er werde einen Gruß von dieser glücklichen Stätte an seinen Bruder, den Kaiser überbringen, er leere sein Glas auf das Wohl der dänischen Majestäten, auf das Glück des dänischen Volkes und besonders auf das Wohl des hohen Jubelpaares. Um 7 1/2 Uhr abends fuhren sämmtliche fürstliche Herrschaften unter der Eskorte von Husaren durch die Stadt, um die Festillumination und das großartige Feuerwerk beim Hafen, wobei auch die fremden Kriegsschiffe mitwirkten, zu besichtigen. Der König von Schweden, Prinz Heinrich und der Großfürst=Thronfolger von Rußland sind am Sonntag bezw. in der Nacht zum Montag von Copenhagen wieder abgereist.
- Erzherzog Wilhelm, der in letzter Zeit in Baden bei Wien geweilt hatte, ist dort vom Pferd gestürzt, als dieses vor der electrischen Straßenbahn gescheut hatte. Schwerverletzt ist der Erzherzog nach der von ihm bewohnten Villa gebracht worden, wo er am Sonntag zwischen 5 und 6 Uhr verschieden ist. - Das Pferd, auf dem der Erzherzog ritt, gehörte zu seinen Lieblingen. Der Erzherzog hatte in der letzten Zeit wiederholt Versuche unternommen, welche Wirkung die ungewohnte Erscheinung und das Geräusch der Motorenwagen auf seine Pferde ausübe. Vor einigen Tagen ritt der Erzherzog mit seinem Stallmeister, als plötzlich dessen Pferd vor einem Wagen der electrischen Bahn scheute, worauf der Erzherzog dem Stallmeister zu halten befahl, dessen unruhig gewordenes Thier bestieg und, nachdem er es mit seiner Meisterhand gebändigt, dem electrischen Zuge nachritt. Vor ungefähr einer Woche ritt der Erzherzog wieder neben einem Zuge der electrischen Bahn, als sein Pferd scheute und den Reiter abzuwerfen drohte, sodaß Passanten zur Hilfe eilten. Doch gelang es dem Erzherzog auch damals wieder, das Pferd zu beruhigen. Um so unglücklicher sollte der Versuch werden, den der Erzherzog Sonntag vormittags unternahm, als er, über die Brücke reitend, den zur Abfahrt bereiten Zug der electrischen Bahn gewahrte. "Jetzt läuten Sie erst recht tüchtig!" rief der Erzherzog dem Zugführer zu und lenkte sein Pferd ganz dicht an den Wagen heran. Der Machinist that wie ihm geheißen und ließ einige Male kräftig die Signalglocke ertönen. Das Pferd blieb anfangs ruhig, erst später bäumte es auf, worauf der Unglücksfall erfolgte. Die Aerzte erklärten, daß der Erzherzog eine Gehirnerschütterung erlitten habe. Während er Eisumschläge erhielt, lispelte er zwei Mal: "Ruhe, nur Ruhe!" Der ans Krankenlager berufene Professor Weinlechner konnte nur den hoffnungslosen Zustand des Verletzten feststellen. Inzwischen trafen viele Mitglieder des Kaiserhauses in Baden ein. Der Erzherzog erkannte niemanden mehr. Die Leiche des Erzherzogs Wilhelm wird mit dem Ordenskleide des Hoch= und Deutschmeisters bekleidet, nach Wien überführt und in der Hofburgkapelle auf dem Paradebette ausgestellt werden. - Erzherzog Wilhelm Franz Karl war als das jüngste Kind des Erzherzogs Karl, des berühmten Feldmarschalls und Reorganisators der österreichischen Armee, am 21. April 1827 geboren. Er lebte als Großmeister des deutschen Ordens in Oesterreich unvermählt. Seit seinem Eintritt in die Armee gehörte er der Artillerie an. In der deutschen Armee war er Chef des preußischen Feldartillerie=Regiments Prinz August von Preußen (Ostpreuß.) 1.
- Der Banca Romana=Prozeß in Rom, das würdige Seitenstück zum Panama=Skandal, hat mit der Freisprechung sämmtlicher Angeklagten geendigt. In Italien herrscht über dieses Urtheil allgemeine Entrüstung, der "Capitale" nennt die Entscheidung eine "Schande Italiens", ein anderes Blatt spricht von einem "moralischen Bankerott" u. s. w. Das Urtheil ist geeignet, auch außerhalb Italiens großes Aufsehen zu erregen; man begreift nicht, daß das Schwurgericht notarisch geständige und überführte Betrüger, die ihr unsauberes Gewerbe Jahre lang in großem Stil und mit noch größerer Frechheit betrieben haben, hat freisprechen können!
- Der franz. Senat nahm das in der Deputiertenkammer acceptierte Anarchistengesetz mit 205 gegen 34 Stimmen an. Darauf wurden die Sitzungen des Senats und der Kammer, letztere jedoch nicht, ohne daß es zu lauten Szenen gekommen wäre, durch Verlesung eines bezüglichen Regierungsdekrets geschlossen und auf unbestimmte Zeit vertagt.
- Donnerstag mittag starb in Prag der in Deutschland bekannte Liederkomponist Ed. Tauwitz im 84. Lebensjahre.
- Der Verband deutscher Kriegsveteranen von 1870/71 wird am 18. und 19. August in Leipzig eine allgemeine Versammlung abhalten, hauptsächlich um zur Frage der dauernden Staatsunterstützung der Veteranen Stellung zu nehmen. Sämmtliche Krieger, die den Feldzug 1870/71 mitgemacht haben, sind zu diesem Tag eingeladen.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Arbeiter Albert Brückert aus Gr. Küdde, Kreis Neustettin, zuletzt in Raddingsdorf i. M. ca. 24 bis 25 Jahre alt, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Diebstahls verhängt.
Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts=Gefängniß in Schönberg i. M. abzuliefern.
Neustrelitz, den 23. Juli 1894.

Der Großherzogliche Erste Staatsanwalt.


Die unterzeichnete Kasse ist bis zum 27. August d. J. geschlossen.
Schönberg, den 28. Juli 1894.

Großherzl. Mecklenb. Hauptkasse.
H. Spieckermann.


Oeffentliche Versteigerung.

Sonnabend, den 4. August d. J. Vorm. 11 1/2 Uhr sollen zu Herrnburg

1 Decimalwaage, 1 Kleiderschrank, 1 Wagen und 1 Schwein
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Versammlung der Käufer beim Schulzen Grieben zu Herrnburg.
Schönberg, den 31. Juli 1894.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Oeffentliche Versteigerung.

Dienstag, den 7. August d. J. Vorm. 10 Uhr sollen in Schlagbrügge

15 Kiepenhölzer und 3 Meter
Tannen Brennholz

öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Versammlung der Käufer im Kruge zu Schlagbrügge.
Schönberg, den 2. August 1894.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 3]

Aus dem Rupensdorfer und Kleinfelder Zuschlage werden

Bauholzspäne,

soweit der Vorrath reicht, freihändig abgegeben.
Schönberg, den 29. Juli 1894.

                                                    Der Oberförster:
                                                          C. Hottelet.


Am 30. v. Mts. ist mir

eine 1jährige rothbunte Starke

von der Koppel entlaufen. Falls sich dieselbe irgendwo angefunden, bitte ich um Mittheilung.
Zarnewenz, den 1. August 1894.

                                                    Schulze Sterly.


Für meine neu gekaufte Büdnerei in Kl. Siemz suche ich zu Michaelis d. J. eine ordentliche Arbeiterfamilie in Wohnung und zu dauernder Arbeit.

                                                    Hauswirth Wigger,
                                                    Kl. Siemz


Gesucht zum 1. Nov. ein nicht ganz unerfahrenes Mädchen für einen kleineren Haushalt in Hamburg.
Nähere Auskunft erteilt Cantor Hempel, Schönberg.


Sofort eine kräftige Amme sucht Otto Reinhardt Lübeck, Holstenstraße 5.


Ein starkes                          
Saugefüllen "Fuchsstute"
mit Stern 16 Wochen alt, soll preiswerth verkauft werden                                                    
                                                    F. Lundwall.


Zur Einmachezeit halte bestens empfohlen:

Ia. engl. Kochtöpfe, garantirt säurebeständig,
polirte und gehämm. Messingkessel,
Fruchtpressen, Kirschentkerner,
Glashäfen, Gelégläser,
Conservegläser mit Verschluß
Steintöpfe in allen Grössen.

                          Rud. Tietgen.


Anfang August erwarte ich eine größere Partie

bester engl. Anthracitkohlen,

die ich ab Bahnhof zu liefern zu billigsten Preisen empfehle.

                                                    Aug. Spehr.


Fein polirte                          
messingne Kessel
zum Einkochen,
prima emaillierte Kochtöpfe
in reicher Auswahl
empfiehlt                                                     W. Wieschendorf, Klempner.


Zu Neujahr 95 lasse ich mich in Schönberg als prakt. selbstständiger Arzt nieder; bis dahin führe ich die Vertretung des Herrn Landphysikus Dr. Marung fort.

Max Girschner,
prakt. Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer.


Zurückgekehrt von meiner militairischen Uebung führe ich von jetzt ab meine Praxis wieder selbst.

Zahnarzt Schleicher
Lübeck, Breitestraße 59 I.
Sprechstunden: v. 9-1 Uhr Vorm. 2-5 Uhr Nachm.


Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich das Geschäft meines Schwiegervaters, des Tischlermeisters J. Flügge, in unveränderter Weise fortsetze.
Es wird mein Bestreben sein durch reelle Arbeit und solide Preise mir das Zutrauen zu erhalten.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Th. Petersen, Tischler.


Grätzer Bier
empfiehlt                                                     Aug. Spehr.


Zur Jagdsaison
halte bestens empfohlen:
Ia geladene Jagdpatronen                          
                          aus der Pulverfabrik Rottweil,
Patronenhülsen                          
Lefauch. und Lancaster in allen Calibern,                          
exttrabestes Jagdpulver                          
                          (Rottweil Körnung Nr. 4)
exttrabestes Büchsenpulver                          
                          
(Naßbrand)
Ia Schrote in allen Nummern,                          

Filzpfropfen, Fettpfropfen, Pappscheiben, Ladeapparate, Umrandmaschinen,
Zündhütchenzangen,
Patronenzieher, Zündhütchen

in allen Sorten.
Rud. Tietgen.


Petroleum=Kocher
in den verschiedenen Größen, bester Konstruktion,
empfiehlt                                                     W. Wieschendorf, Klempner,


Zum Einkochen empfehle ich                          
ff. doppelt raffinirten Zucker
ohne Blau.
                                                    Aug. Spehr.


        Vom 12. April d. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:

  1. Vom Hauswirth Oldörp in Petersberg 1 Pferd 700 M.
  2. Vom Hauswirth J. Lühr in Lüdersdorf 1 Kuh 135 M.
  3. Vom Bäckermeister Retelsdorf hier 1 Pferd 50 M.
  4. Vom Hauswirth Lenschow in Zarnewenz 1 Pferd 300 M.
  5. Vom Schulzen Kähler in Kl. Siemz 1 Pferd 100 M.
  6. Vom Hauswirth Eckmann in Lübseerhagen 1 Pferd 450 M.
  7. Vom Hauswirth Boye in Bechelsdorf 1 Pferd 200 M.
  8. Vom Hauswirth Wieschendorf in Pogez 1 Pferd 100 M.
  9. Vom Pächter Dittmann in Kleinfeld 1 Pferd 600 M.
10. Vom Müller Arp in Carlow 1 Pferd 100 M.
11. Vom Bezirks=Thierarzt Reimer hier 1 Pferd 350 M.
12. Vom Pächter Pumplün in Carlow 1 Kuh 150 M.
13. Vom Hauswirth Jürgens in Lüdersdorf 1 Pferd 250 M.
14. Vom Hauswirth Gothknecht in Teschow 1 Pferd 500 M.
        Zur Deckung dieser Schäden vernothwendigt sich ein Beitrag von 1 Mark pro 100 M. Versicherungssumme und werden unsere Mitglieder ergebenst ersucht, solchen Beitrag

am Freitag, den 24. August, Morgens 19 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
        Schönberg, den 1. August 1894.

Direction des Viehversicherungs-Vereins.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 4]

Einem geehrten Publikum Schönberg's und Umgegend zur gefl. Nachricht, daß ich zum 15. September d. J. anderer Unternehmungen halber mein

PHOTOGRAPHIE-ATELIER

hier am Platze aufzugeben beabsichtige.
Bitte daher meine geehrten Kunden, welche die Absicht haben, sich noch photographieren zu lassen, höflichst, recht baldigst bei mir vorzukommen.
Sämmtliche Bilder werden in bekannter sauberster Ausführung unter Garantie geliefert.

Landschafts=Gruppen= und Gebäude=Aufnahmen billigst.
Schönberger Ansichten sowie Schützenbilder von der Aufnahme am Königschußtage sind bei mir zu haben.
                          
Hochachtungsvoll
Th. Liebert, Photograph.


Travemünder Rennen
Freitag 3. und Sonntag 5. August 1894.

Anfang:      Freitag 3 1/2 Uhr
Sonntag 3 1/4 Uhr
     nachmittags.


Vorläufige Anzeige.
Nur 4 Tage
in Schönberg neben dem Schützenhause (Landreiterkoppel)
Grosser Norweg. Circus.

Wirklich einzig großartiger Circus der Gegenwart trifft in diesen Tagen ein und giebt am hiesigen Orte

nur 4 Vorstellungen.
50 Personen.           39 Pferde.
Alles Nähere durch weitere Anzeigen und Placate.
                                                    Die Direction.
Bitte diesen Circus nicht mit dem vorher hier gewesenen zu vergleichen.


<
Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Sonntag, den 5. August d. Js., Nach. 4 Uhr, Versammlung im Vereinslocale.
                          Tagesordnung:
            1. Bericht über den Deligirtentag;
            2. Berathung betr. Geburtstagsfeier Sr. K. Hoh. des Großherzogs;
            3. Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Leere Fässer
in allen Größen für Obstwein
empfiehlt                                                     Aug. Spehr


Undine
die billigste Luft=Waschmaschine
à 5,00 Mk.
empfiehlt                                                     J. Ludw. D. Petersen.


Travemünder Rennen.

Bei genügender Betheiligung fährt mein Omnibus am Sonntag, den 5. August Morgens

9 1/2 Uhr nach Travemünde.

Anmeldungen erbitte ich bis Sonnabend den 4. d. M. Mittags 12 Uhr.

                                                    F. Lundwall.


Nach Gottes unerforschlichem Rathschluß entschlief heute Morgen 7 Uhr sanft, nach langem, schwerem Leiden unsere einzige innigst geliebte Tochter

Marie.

Um stille Theilnahme bitten die tiefbetrübten Eltern

                                                    H. Burmeister u. Frau.

Kleinfeld, den 31. Juli 1894.
Die Beerdigung findet am Sonnabend, den 4. August Mittags 12 Uhr statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 5. August.

Frühkirche: Consistorialrath Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 30.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 60 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 3. August 1894.


- Schönberg. Die Schwiegereltern des Bäckers Lenschow zu Selmsdorf, die Aufkäufer Grevesmühl'schen Eheleute daselbst, beide gebürtig aus Kl. Bünsdorf, feierten am 2. August ihre goldene Hochzeit. S. K. H. der Großherzog ließ denselben durch den Ortsgeistlichen Allerhöchstsein Bild überreichen. Am Abend vorher hatte der Selmsdorfer Gesangverein den Jubilaren ein Ständchen gebracht.
- Schönberg. (Cirkus Kolter=Malmström.) Morgen trifft der bereits seit einiger Zeit avisirte Cirkus Kolter=Malmström hier ein, um auf dem Schützenplatze hierselbst einige Vorstellungen zu geben. Dem Cirkus geht ein guter Ruf voraus, wie nachfolgender Bericht, welchen wir der "Ribn. Ztg." entnehmen, zeigt: Ribnitz, 15. Juni. Gestern Morgen rückte der s. g. Norwegische Cirkus des Herrn Direktor Malmström, eines Enkels des in den dreißiger Jahren und noch später so berühmten Kolter, hier ein und schon am Abend fand in dem geräumigen Zeltcirkus die erste Vorstellung statt. Das Programm war ein sehr reichhaltiges und verschiedenartiges, wobei auch besonders zu loben war, daß die einzelnen Nummern in ununterbrochener Folge vorgeführt wurden. Nicht bloß Kunstreiterei und Pferdedressur bot das Programm, auch Jongleur=Künste, welche Ricardo mit bewundernswerthem Geschick und staunenswerther Sicherheit vorführte, trefflich dressirte Hunde, deren Leistungen ihrem Meister Mr. Oskari verdienten, großen Beifall eintrugen, der auch seinem vorzüglichen Turnen am dreifachen feststehenden Reck zu Theil ward; Kraftleistungen des Athleten Windson, die bei weit anziehender Gestalt nicht hinter denen eines Naucke zurückstanden, und die geschickte Kugel=Equilibristin Miß Ella. Die Clowns waren überaus schneidig und erregten durch ihre Späße, die sich stets in den Grenzen des strengsten Anstandes hielten, und ihre oft launigen Witzworte allgemeine Heiterkeit. Die Gebrüder Malmström zeigten sich dabei zugleich als tüchtige Musiker, der Orsia genannte Herr bewies sich auch als vorzüglicher Springer. Die Dressur der in Freiheit vom Direktor vorgeführten schönen Pferde, zumal die zweier russischer Schecken und eines galizischen Fuchshengstes war bewundernswerth. Sehr gut waren auch die Leistungen der Kunstreiter, sowohl des Herrn Hoffmann, wie der verschiedenen Damen. Von besonderem Reiz, bei vollkommener Decenz, war zumal das Pas de deux des genannten Herrn und Elise Malmströms auf zwei prächtigen Schimmeln. Die Kostüme waren sehr geschmackvoll. Reicher verdienter Beifall lohnte alle Nummern. Wer der Vorstellung beigewohnt, wird sicher die folgenden gerne besuchen und Bekannte und Freunde dazu auffordern.
- Neustrelitz, 30. Juli. Am heutigen zweiten Tag des Vogelschußfestes beehrte Abends Se. K. H. der Großherzog, der nebst Gefolge eine Spazierfahrt nach Prillwitz unternommen hatte, auf der Rückfahrt den Festplatz und unternahm einen Rundgang über den Festplatz. Bei der Abfahrt brachte ein Mitglied des Schützenvorstandes ein von dem Publikum lebhaft aufgenommenes Hoch auf den Landesherrn aus, worauf Se. Königliche Hoheit huldvollst dankend nach dem Schlosse weiterfuhr. - Am Dienstag nächster Woche wird Se. K. H. der Großherzog nach Homburg zur Cur reisen. Von dort begiebt der Großherzog sich nach Ostende und später nach Paris. - Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin, die gegenwärtig noch auf ihrer Besitzung Keppschloß bei Planitz weilt, wird von dort erst Anfangs Oktober zurückkehren.
- Bei der diesjährigen Herbstentlassung der Reservisten werden auch die letzten derjenigen Mannschaften in die Heimath entlassen werden, die noch im dritten Jahre ihrer Dienstpflicht genügt haben. Im Durchschnitt befinden sich bei jeder Compagnie eines Regiments etwa 12 bis 15 solcher Leute, denen aber das dritte Dienstjahr eine Gewähr dafür bietet, daß sie in 2 Jahren zu keiner Reserveübung eingezogen werden. Gleichzeitig mit diesen kommen die ersten nach zweijähriger Dienstzeit ausgebildeten Mannschaften zur Entlassung, womit alsdann der regelmäßige Turnus in der neuen militärischen Ausbildung beginnt.
- Die Berliner Abdeckerei machte am Mittwoch auf dem Schweinemarkt in Rummelsburg reiche Ernte. 45 fette Schweine lagen an der Ausladerampe tot da. In Folge zu engen Ladens waren die Thiere bei der Hitze erstickt. Ein einziger Händler hatte 1200 Mk. Verlust.
- Dem Frühschoppen abgeschworen haben die Corps "Lusatia", "Saxonia", und Guestphalia" in Leipzig; mit Einstimmigkeit haben sie beschlossen, den sog. offiziellen, für alle Mitglieder verbindlichen Frühschoppen aufzuheben, weil er einem regelmäßigen fruchttragenden Besuche der Vorlesungen leicht Abbruch thun kann. Abgesehen von der Verminderung der Ausgaben, wird dieser Schritt von vielen gebilligt werden müssen, und deshalb doppelt, weil er von festgegliederten studentischen Körperschaften ausgeht, die naheliegende Frage, ob er Nachfolge finden wird, läßt sich zwar noch nicht mit Sicherheit beantworten, aber manches scheint für dessen Bejahung zu sprechen.
- Der "Bund der Ritter des eisernen Kreuzes in Deutschland" tritt in diesem Monat zu einem Delegiertenkongreß in Karlsruhe zusammen. Es wird sich hauptsächlich darum handeln, die innere Organisation des Bundes weiter auszubauen, der Vertretung nach außen hin festere Formen zu geben und für Ansammlung eines Grundkapitals zu sorgen, um hilfsbedürftige Kameraden unterstützen zu können.
- Paris plant jetzt ein umfassendes unterirdisches Bahnnetz durch die ganze Millionenstadt. Der Stadtrath von Paris genehmigte bereits das Project eines Unternehmers, der eine electrische Bahn in Eisenröhren bauen soll, und der Seinepräfect wurde aufgefordert, die staatliche Conzession zu betreiben. Die Linie hat innerhalb der beiden Endpunkte noch 15 Haltestellen und eine Gesammtlänge von gegen 12 Kilometern.
- Ist Essig gesund? In kleinen Mengen genommen, unterstützt guter reiner Essig - es kommt aber viel verfälschter im Handel vor - die Verdauung der eiweißhaltigen Nährstoffe, wie Fleisch und Eier. In größeren Mengen stört er aber nicht nur den Verdauungsprozeß, sondern zerstört auch die roten Blutkörperchen und erzeugt Blutarmuth und Bleichsucht. An diesen Krankheiten leidenden Personen muß er entzogen werden.
- Petroleum als Heilmittel gegen Diphtheritis. Der in Cassel erscheinende "Hessische Landwirth" enthält in seiner neuesten Nummer folgende beachtenswerthe Notiz: "Von französischen medizinischen Blättern wird Petroleum als Heilmittel gegen Bräune von diphtheritischem Charakter angelegentlichst auf Grund günstiger Erfahrungen empfohlen. In einer Anzahl solcher Diphtheritis=Fälle, bei denen Petroleum angewendet wurde, lösten sich die diphtheritischen Beläge im Rachen leicht ab und zerrannen förmlich unter den Augen. Die Pinselungen wurden stündlich oder zweistündlich mit nicht tropfenden Wattebäuschchen gemacht. Die unmittelbaren Wirkungen waren nicht schmerzhaft, selbst nicht an wunden Stellen, sondern mild, beruhigend. Außer dem schlechten Geschmack traten

[ => Original lesen: 1894 Nr. 60 Seite 6]

keine unangenehmen Nebenwirkungen auf." Die rasche Unterdrückung der noch ansteigenden Seuche durch diese Behandlung wird als besonders bemerkenswerth erwähnt.
- Läuse an Hühnern. Als Mittel gegen das Ungeziefer bei Hühnern, sowie zur Entfernung desselben hat sich folgendes Mittel bewährt: Die Sitzstangen der Hühner werden stark mit Petroleum angestrichen; dadurch kommt das Oel an die Füße und Federn der Thiere, und die Läuse verschwinden in kürzester Zeit. Das Verfahren sollte drei oder vier mal während des Jahres wiederholt werden. Auch Wanzen, die sich gern in Hühnerställen einnisten, die Hühner des Nachts quälen und sehr leicht in Wohnhäuser verschleppt werden, können durch einen Anstrich der Wände u. s. w. mit Petroleum vertilgt werden.
- Das Conserviren der Gemüse. Die verschiedenen Gemüsearten sind nicht allein eine sehr schmackhafte, sondern auch gesunde Speise, da dieselben nicht unwesentliche Mengen von Eiweiß, Zucker, Gummi und anderen Stoffen enthalten. In ihren mineralischen Bestandtheilen finden sich namentlich große Mengen des zur Fleischbildung so nöthigen Kalis und der Phosphorsäure. Der Wassergehalt ist allerdings ein sehr hoher und beträgt durchschnittlich 90 Prozent. - Beim Conservieren des Gemüses für den Winter haben wir hauptsächlich Gewicht darauf zu legen, den Nährwerth desselben möglichst zu erhalten. Daß dies bei verschiedenen alten Methoden nicht möglich ist, werden unsere strebsamen Hausfrauen längst anerkannt haben. Daß beispielsweise Bohnen, die den Prozeß des Einsalzens und später bei der Bereitung denjenigen des Auswässerns durchgemacht haben, nicht mehr nahrhaft und wohlschmeckend sein können, leuchtet wohl Jedem ein. Wir lassen im Nachfolgenden eine Beschreibung folgen, wie man Gemüse auf eine leichte Art conservieren kann; der Nährwerth bleibt dem Gemüse auf diese Weise erhalten und dasselbe ist so schmackhaft wie frisches. Um grüne Erbsen zu conservieren, enthülst man gepflückte, frische Erbsen, entfernt behutsam jeden kleinen Keim und legt das Gemüse auf einen großen Tisch, auf dem man ein Tischtuch gebreitet hat. Nach einigen Stunden füllt man die Erbsen in ganz trockene Flaschen, legt neue Korken in kochendes Wasser, trocknet sie gut, verkorkt die Flaschen, verbindet die Korken mit Bindfaden, wickelt Heu um dieselben, stellt sich aufrecht in ein tiefes Geschirr, gießt kaltes Wasser darauf, so daß die Flaschen bis zum Halse im Wasser sind und läßt dasselbe nun, von dem Augenblick, in dem es anfängt zu sieden, eine Stunde kochen. Dann zieht man das Geschirr behutsam vom Feuer und läßt die Flaschen so lange darin, bis das Wasser total kalt geworden ist, nun stellt man dieselben bis oben mit feuchtem Sand umgeben, in den Keller. In derselben Weise kann man geschnittene Bohnen, Brechbohnen, Wachsbohnen etc. präpariren.
- Das Conservieren abgeschnittener Blumen. Abgeschnittene Blumen halten sich 14 Tage länger frisch, wenn man dem Wasser in der Vase auf 1 l je 3 g Ammoniak und Hirschhornsalz zusetzt. Ganz selbstredend ist es, daß dann aber auch die Blütenstiele in das Wasser niederreichen müssen. Im übrigen halten sich am frühen Morgen geschnittene Blumen länger als die mittags oder abends gepflückten.
- Das Wachsthum der Pflanzen zu fördern. Alle Gewächse, besonders aber Gemüsepflanzen, werden zu dem üppigsten Wuchse gebracht, wenn sie nach dem Verpflanzen, bis sie halb erwachsen sind, dreimal täglich mit Wasser begossen werden, das mit einem Gramm Schwefelsäure auf 1 Liter Wasser vermischt ist. Selbst das Ungeziefer, namentlich die Schnecken und Erdwürmer werden durch diesen Guß vertilgt. In Mistbeeten hält es alle kleineren Thiere ab und befördert den Wuchs der Pflanzen um 14 Tage früher.
- Dem aufmerksamen Beobachter verkünden Bienen das Herannahen eines Gewitters mit Sicherheit. Schon stundenlang vor dessen Ausbruch, selbst wenn noch kein Wölkchen am Himmel ist, zeigen sich die Bienen außerordentlich gereizt und stechlustig, während bei drohenden Gewitterwolken, wenn sich das Unwetter nicht in der betreffenden Gegend entladen wird, die Bienen vollkommen ruhig bleiben und ihrer gewöhnlichen Beschäftigung nachgehen. Jahrelange und vielfache Beobachtungen haben erwiesen, daß weder Barometer noch Hygrometer in der Vorausbestimmung von Gewittern dieselbe Sicherheit bieten, wie das Verhalten der Bienen.
- Die Stallungen des Königlichen Marstalls in Berlin bergen zur Zeit 330 Pferde, meist Rappen, zu deren Pflege und Führung 200 Kutscher und Reitknechte angestellt sind. 8 Sattelmeister, 2 Betriebsstallmeister und 2 "Dirigenten" haben unter der Oberleitung der Oberstallmeisters Grafen Wedei die Aufsicht. Zwei Roßärzte und ein Oberroßarzt sorgen für die Gesundheit der Pferde, die vier Mal des Tages gefüttert werden. Das älteste Pferd im Stall ist 19 Jahre alt. Das Reitpferd des Kaisers "Eckstase", ein prächtiger Trakehner Brauner, ist 19 Jahre alt. In der Charlottenstraße und in der Stallstraße befinden sich außerdem königliche Ställe mit 90 und 98 Pferden.
- Ueber das Leben an Bord der "Hohenzollern" während der Nordlandsreise des Kaisers berichtet die "Kölnische Volkszeitung" folgende interessante Einzelheiten: Der Verkehr des Kaisers mit den Herren seiner Begleitung ist durchaus zwanglos. Von Ceremoniell ist nicht die Rede. Bei den um 1 Uhr und 6 Uhr eingenommenen Hauptmahlzeiten herrscht stets die lebhafte Unterhaltung einer fröhlichen Tafelrunde und voller Freimuth der Rede. Wenn der Kaiser nicht durch Regierungsgeschäfte beansprucht ist, und auch die Landschaft keine Reize bietet, dann wandelt er, bald allein, bald in lebhafter Unterhaltung mit einem Herrn aus dem Gefolge oder einem Schiffsofficier auf Deck auf und ab, oder er besichtigt den inneren Schiffsdienst oder läßt kleinere Manöver ausführen; auch mit Lachsfang, Pistolenschießen und Malen werden manche Stunden ausgefüllt, zumal wenn es regnet. Des Abends finden zuweilen "Künstler=Soiréen" statt. Graf Philip Eulenburg, seit kurzem unser Gesandter am Wiener Hof, spielt dabei die Rolle eines Skalden, indem er von ihm selbst gedichtete und componirte Balladen nordischen Inhalts vorträgt und zugleich auf dem Pianino begleitet. Der Hauptvertreter des heiteren Genres ist dagegen der ebenfalls sanges= und musikkundige Flügeladjutant Major von Hülsen. "Nichts komischer", schreibt Güßfeldt, "als wenn er abends als Schwarzkünstler vor Sr. Majestät im Salon erschien, im Frack und großkarrirten, hellen Beinkleidern, den schwarzen Zauberstab in der rechten Hand haltend und das weißgekleidete Medium "Onkel Hermann" an der linken führend." Unterstützt wird er in seinen zum Theil sehr schwierigen Kunststücken durch den in jüngster Zeit viel genannten Diplomaten v. Kiderlen=Wächter, den jetzigen Gesandten in Hamburg. Den "Onkel Hermann" spielt der Marinemaler Karl Saltzmann. Derselbe tritt bei den Soiréen auch als Concert=Maler auf, indem er, gehüllt in ein phantastisches Künstlergewand, auf dem ausgespannten Papier seiner Staffelei durch wenige Pinselstriche gelungene Zerrbilder seiner Reisegefährten entstehen läßt. An jedem Sonntag vereinigt der Kaiser die Officiere und Mannschaften seines Schiffes, sowie die Herren seiner Begleitung auf dem Verdeck zum Gottesdienst. Im Dienstanzug des deutschen Admirals tritt er vor den mit der Kriegsflagge bedeckten Altar, liest ein Eingangsgebet, darauf eine durch Kürze und Verständlichkeit zum Herzen sprechende Predigt und endlich ein Schlußgebet, worauf ein Vaterunser die Feier schließt. Die Predigten sind bekanntlich zum Theil im Druck erschienen. Der Geburtstag jedes Herrn der Begleitung wird auf Befehl des Kaisers gleich einer Familienfeier festlich begangen. Dieser selbst bringt an der Tafel den Trinkspruch auf das Wohl des an seiner Seite sitzenden Geburtstagskindes aus, worauf Herr v. Hülsen ein zu Ehren des Gefeierten verfaßtes und dessen Tugenden und Schwächen launig schilderndes Gedicht vorträgt.


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