No. 29
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. April
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 1]

Bekanntmachung.

          Das diesjährige hiesige Musterungsgeschäft wird in folgender Weise

in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe

abgehalten werden:

1. Montag, den 16. April,
Morgens präcise 10 1/2 Uhr.

Musterung der Militairpflichtigen aus den Ortschaften:

Bäck, Bardowiek, Bechelsdorf, Blüssen, Boitin=Resdorf, Gr. Bünsdorf, Kl. Bünsdorf, Campow mit Hoheleuchte, Carlow, Cronscamp, Demern (Hof und Dorf nebst Röggeliner Ziegelei), Dodow, Domhof Ratzeburg, Duvennest, Falkenhagen, Grieben, Hammer, Herrnburg, Horst, Kleinfeld, Klocksdorf, Kuhlrade, Lankow, Lauen, Lenschow, Lindow, Lockwisch (Hof und Dorf), Lübseerhagen, Lüdersdorf, Mahlzow, Mannhagen, Mechow (Hof und Dorf Wietingsbäck), Menzendorf (Hof und Dorf), Gr. Mist, Kl. Mist, Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Neschow mit Maurin=Mühle, Neuhof, Niendorf, Ollndorf, Palingen, Panten, Papenhusen, Petersberg, Pogez, Rabensdorf (Hof und Dorf), Raddingsdorf, Retelsdorf, Rieps, Rodenberg, Römnitz, Rottensdorf, Gr. Rünz, Kl. Rünz, Rüschenbeck, Rupensdorf.

2. Dienstag, den 17. April,
Morgens präcise 9 Uhr

Musterung der Militärpflichtigen aus den Ortschaften:

Sabow, Samkow, Schaddingsdorf, Schlagbrügge, Schlag=Resdorf mit Perückenkrug, Schlagsdorf (Hof und Dorf mit Heiligeland), Stadt Schönberg, Bauhof Schönberg, Schwanbeck, Selmsdorf (Hof und Dorf mit Hohemeile), Gr. Siemz, Kl. Siemz, Stove (mit Meierei Röggelin), Schbrg.=Sülsdorf, Schlag=Sülsdorf, Teschow, Thandorf, Törpt, Torisdorf, Wahlsdorf, Wahrsow (Hof und Dorf), Walksfelde, Wendorf, Westerbeck, Zarnewenz (Hof und Dorf), Ziethen.

3. Mittwoch, den 18. April,
von Morgens präcise 8 Uhr an,

Loosung der Militairpflichtigen des Jahrgangs 1874.
          Das Nichterscheinen zur Loosung hat keine Nachtheile zur Folge, für die dazu nicht Erscheinenden wird durch ein Mitglied der Ersatzkommission geloost.
          Zur Musterung haben sich bei Vermeidung der im § 26. 7, der Wehrordnung angedroheten Strafen zu gestellen:

alle im Jahre 1874, sowie alle in früheren Jahren geborenen Militairpflichtigen ohne endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht, sofern sie nicht von der Gestellung ausdrücklich entbunden sind:
          Sämmtliche Militairpflichtige haben ihre Geburtsscheine, sowie die Militairpflichtigen der älteren Jahrgänge außer den Geburtsscheinen ihre Loosungsscheine mitzubringen.
          Die im hiesigen Fürstenthum gebürtigen und außerhalb ihres Geburtsortes sich aufhaltenden Militairpflichtigen haben sich mit den Militairpflichtigen ihres Geburtsorten zu stellen.
          Wer durch Krankheit am Erscheinen verhindert ist, hat ein beglaubigtes ärztliches Attest einzureichen.
          Reklamationsgesuche auf Zurückstellung vom Militairdienst wegen häusliche Verhältnisse pp. sind rechtzeitig bei dem unterzeichneten Civilvorsitzenden anzubringen. Behauptete Erwerbsunfähigkeit muß durch ärztliche Untersuchung im Musterungstermin bestätiget werden; es sind daher die aus der angeführten Veranlassung reclamirenden Angehörigen eines Militairpflichtigen zum persönlichen Erscheinen vor der Ersatzcommission verpflichtet.
          Etwaige zur seemännischen oder halbseemännischen Bevölkerung gehörende Militairpflichtige (§ 23 der Wehr=Ordnung) haben sich im Musterungstermine über ihre gewerbliche Qualification durch Vorlegung von Seefahrtsbüchern u. s. w. zu legitimiren.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 2]

          Die Beorderung der Militairpflichtigen zur Musterung ist Sache der Ortsvorsteher. Die mit Führung der Rekrutirungsstammrollen betrauten Personen haben zum Musterungsgeschäft mitzuerscheinen. Die Stammrollen werden von hier aus im Musterungstermin zur Vorlage gebracht werden.
          Die Ortsvorstände werden noch besonders auf ihre Verpflichtung hingewiesen, die nach Aufstellung der Stammrollen zuziehenden fremden, sowie die das hiesige Fürstenthum verlassenden Militairpflichtigen zwecks Berichtigung der Listen sofort hierher namhaft zu machen oder dieselben zur persönlichen Anmeldung oder Abmeldung hierherzuweisen.
          Im Anschluß an das Musterungsgeschäft und zwar am Mittwoch, den 18. April wird die Classificirung der für einen Mobilmachungsfall auf Zurückstellung Anspruch erhebenden Mannschaften der Reserve, Marine=Reserve, Landwehr, Seewehr, Ersatzreserve und Marine=Ersatzreserve, sowie des ausgebildeten Landsturms II. Aufgebots stattfinden, die gemäß §. 123 der Wehrordnung ihre Gesuche rechtzeitig vorher eingebracht haben müssen. Die betreffenden Mannschaften haben zu dem bezeichneten Termin zu erscheinen.
          Schönberg den 13. März 1894.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission
des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
                                                    Köppen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Falkenhagen sub Nr. IV belegene Vorstelle c. p. des Hauswirths Franz Heinrich Kröplin daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Mittwoch, den 2. Mai 1894,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie gesetzlich nicht von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Ansprüchen gegen das proclamirte Grundstück präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 10. Februar 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die Grundstücke des Käthners Heinrich Lange zu Ziethen, als:

1. die daselbst sub Nr. X belegene Käthnerstelle c. p. und
2. die eben daselbst sub Nr. XI belegene Käthnerstelle c. p.
- welche einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden - ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Mittwoch, den 2. Mai d. Js.,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proklamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 7. Februar 1894.

Großherzogliches Amtsgericht
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 31.

Am Donnerstag den 19. April Morg. 9 Uhr in Stadt Lübeck hieselbst.

1. Aus dem Rupensdorfer Holze.

31 Rmtr. Buchen Kluft u. Knüppel.
12 Fuder Buchen Pollholz.
  4 Rmtr. birken Knüppel.
  1 Rmtr. Ahorn Kluft.
13 Rmtr. Eichen Knüppel.
1/2 Fuder Eichen Pollholz.
  3 Rmtr. Ellern pp. Knüppel.
84 Rmtr. Nadelholz Kluft u. Knüppel. Beginn mit Nr. 362.

2. Aus dem Niendorfer Holze.

52 Rmtr. Nadelholz Kluft u. Knüppel.

Beginn mit Nr. 109.
Schönberg, den 12. April 1894.                                                    
                                                    Der Oberförster: C. Hottelet.


Die Schulgelderhebung

findet in den nächsten beiden Wochen, vom 16. - 28. April, statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

                                                    J. Wegner.


Zu Michaelis suche ein sauberes, einfaches, sehr ordentliches

Stubenmädchen

bei leichter Arbeit.

Gr. Molzahn.                                                     Röper.


Gesucht auf Hof Wahrsow zum 24. Okt. einen Deputatknecht und eine Tagelöhnerfamilie (Drescher).


Zu verkaufen: 2 Zugänger.
Siemzerstr. Nr. 108.


Weide.

Auf der früher Menze'schen Stelle in Palingen werden Füllen und Rindvieh auf Weide genommen und sollen hierauf Reflektirende sich gefälligst am Sonntag, den 22. April, Nachmittags 2 Uhr, an Ort und Stelle einfinden.

                                                    Heinr. Thies.


Lieben Sie

einen schönen, weissen, zarten Teint, so waschen Sie sich täglich mit:

Bergmann's Lilienmilch-Seife
von Bergmann & Co., in Dresden-Radebeul
(Schutzmarke: Zwei Bergmänner).

Bestes Mittel gegen Sommersprossen, sowie alle Hautunreinigkeiten. à Stück 50 Pfg. bei:

Apotheker Montag.


Thonwaaren
billigst bei                                                     H. Brüchmann.


Klee= und Grassämereien

unter Controlle der Landwirthschaftl. Versuchsstation in Rostock empfiehlt zu den billigsten Preisen

                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 3]

Mehr als jedes zweite Loos gewinnt.

Ohne Loos kein Gewinn.

Planmässige Gewinne.
Grösster Gewinn im glücklichsten Falle
500,000 Mk.
    1 Prämie à 300,000 M. = 300,000 M.
    1 Gew. à 200,000 M. = 200,000 M.
    1 Gew. à 100,000 M. = 100,000 M.
    1 Gew. à 50,000 M. = 50,000 M.
    1 Gew. à 40,000 M. = 40,000 M.
    1 Gew. à 30,000 M. = 30,000 M.
    2 Gew. à 20,000 M. = 40,000 M.
  18 Gew. à 5000 M. = 90,000 M.
204 Gew. à 3000 M. = 612,000 M.
300 Gew. à 1000 M. = 300,000 M.
u. s. w. u s. w.
    Grossherzogl. Schwerin'sche
237. Landeslotterie.
65,000 Loose mit 32 600 in 6 Classen vertheilten Gewinnen.
Nächste Ziehung schon 4. u. 5. Mai
Original-Loose zur 1. Klasse.
1/8 à 1,60 Mk. 1/4 à 3,15 Mk. 1/2 à 6,30 Mk. 1 ganzes 12,60 Mk. Der Portoersparniss halber empfiehlt es sich alle Klassen im Voraus zu zahlen und kostet 1/8 für alle 6 Klassen 15,75 Mk., 1/4 31,50 Mk., 1/2 63,- Mk.
Für Porto und Gewinnliste sind für jede Klasse 25 Pfg. extra zu entrichten.
Gefl. Aufträge p. Anweisung erbeten.

J. Scholl, Neustrelitz, Zierkerstr. 57.

Ohne Loos kein Gewinn.

Für gezogene Loose werden Ersatzloose geliefert.


Verlag von J. F. Schreiber in Esslingen bei Stuttgart.

Dr. C. H. v. Schuberts
Naturgeschichte der drei Reiche mit der Anatomie des Menschen.

2500 Abbildungen auf 205 Farbdrucktafeln und 375 Folio-Seiten Text.

I. Abteilung.
Das Tierreich.
91 Tafeln mit 850 farbigen Abbildungen.
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II. Abteilung.
Das Pflanzenreich.
54 Tafeln mit 650 farbigen Abbildungen.
     Löwenkopf      III. Abteilung.
Das Mineralreich.
42 Tafeln mit 683 farbigen Abbildungen.
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IV. Abteilung.
Der Bau des menschlichen Körpers.
10 Tafeln mit 100 Abbildungen.

Unübertroffenes Werk für Schule und Familie.
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Besondere Vorzüge dieser Naturgeschichte sind die naturgetreuen farbigen Illustrationen. Bilder und Texte stehen auf der Höhe der Zeit. Autoren ersten Ranges haben daran mitgearbeitet.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
Jede Buchhandlung ist im Stande das Werk zur Ansicht vorzulegen.

Vollständig in 96 Lieferungen à 50 Pfennig.


Eine große Partie unsortirter und Ausschuß=
Cigarren
vorzüglich schön in Geschmack u. Brand a Stück 4 1/2 Pf.
empfiehlt                                                     Aug. Spehr.


Goldfische
sind wieder vorräthig bei                                                    
                                                    Klempner W. Wieschendorf.


Dachschächte, sowie ein gr. Tausend=Dachreht
hat abzugeben                                                    
Hof Lauen.                                                     J. Prüß.


Runkelrübensaat,
Rigaer Leinsaat
empfiehlt billigstens                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Wohnungs=Veränderung.

Den Bewohnern Schönbergs und der Umgegend die ergebenste Anzeige, daß ich nicht mehr Lübeckerstraße, sondern in meinem Hause, Am Markt 34, neben Schlachtermeister H. Ladendorf wohne.

                                                    H. Fick jun.,
                                                    Barbier u. Friseur.


Kriegerverein in Carlow.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag, den 15. April d. J., Nachmittags um 4 Uhr,

im Vereinslokal.

                Tagesordnung:
1. Wahl eines Deligirten zum Landeskriegerfest am 2. und 3. Juni d. J. in Grevesmühlen.
2. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Tanzmusik
am Sonntag d. 15. d. M.
Menzendorf.                                                     H. Rebbin.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 4]

Vom 1. Januar d. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserm Vereine angemeldet:

  1. Vom Mühlenpächter C. Franck hier 1 Pferd 600 M.
  2. Vom Eigenthümer Busch hier 1 Kuh 135 M.
  3. Vom Büdner Ollmann=Hoheleuchte 1 Kuh 150 M.
  4. Vom Hauswirth Voß in Thurow 1 Pferd 450 M.
  5. Vom Förster von Linstow=Carlow 1 Kuh 180 M.
  6. Vom Hauswirth Kröger in Lockwisch 1 Pferd 150 M.
  7. Vom Ackerbürger Boye hier 2 Kühe à 180 M. = 360 M.
  8. Vom Hauswirth Oldenburg in Neschow 1 Pferd 300 M.
  9. Vom Ackerbürger Maack hier 1 Kuh 180 M.
10. Vom Kaufmann Brüchmann hier 1 Kuh 135 M.
11. Vom Bürgermeister Bicker hier 1 Kuh 135 M.
12. Vom Schulzen Kooß in Lindow 1 Pferd 400 M.
13. Vom Schulzen Dräger in Lauen 1 Kuh 180 M.
14. Vom Büdner Lehmann=Duvennest 1 Kuh 135 M.
15. Vom Vogt Peters zu Hof Selmsdorf 1 Kuh 150 M.
16. Vom Kaufmann Schwedt hier 1 Pferd 450 M.
Zur Deckung dieser Schäden vernothwendigt sich ein Beitrag von 1 M. pro 100 M. Versicherungssumme und werden unsere Mitglieder ergebenst ersucht, solchen Beitrag am

Freitag, den 27. April, Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.

Schönberg, den 12. April 1894.
Direction des Viehversicherungs-Vereins.


Streichfertige Malerfarben, Pfund 40 Pfg., sowie alle Sorten fein geriebene Farben zu äußerst billigen Preisen, Fußbodenglanzöl, in 6 bis 8 Stunden trocken, doppelt gekochten Firniß und holl. Leinöl, Copallack, Damarlack, Asphaltlack, Bernsteinlack, Fußbodenlack, schwarzen und braunen Hutlack, Siccativ und die verschiedensten Bronzen nebst Tinktur billigst bei

                                                    H. Brüchmann.


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.

Unser Kamerad Lenschow aus Schönberg ist heute gestorben. Die Beerdigung findet am Sonntag, den 15. d. Mts., Nachmittags 3 Uhr in Schönberg statt.
Angetreten wird Nachmittags 1/2 3 Uhr vor dem Vereinslokale.
Schönberg, den 12. April 1894.

                                                    Der Vorstand.


Reisfuttermehl,
von M. 3. - an nur waggonweise.
G. & O. Lüders, Dampfreismühle, Hamburg.


Mache hierdurch die Anzeige, daß ich von jetzt an kräftige

Blumenkohl=, Sommer= und Winterkohlpflanzen nebst verschiedenen Blumenpflanzen,
sowie später
Sellerie, Porre, wirsig, rosen, grünen und rothen Kohl, Oberkohlrabi, Steckrüben, rothe Beet und Runkelrüben empfehle.

                                                    H. Brüchmann.


Boye's Etablissement.
Sonntag, d. 15. April 1894
Letztes Gastspiel der Mitglieder des Lübecker Stadt=Theaters.
Neu!!    Das gelobte Land.    Neu!!
Lustspiel in 3 Akten
von Franz und Paul von Schönthan.

Vor und nach der Vorstellung sowie während der Zwischenakte Concert.

Preise: Wie bekannt.
Billetverkauf bei den Herren Emil Hempel und Gastwirth J. Boye.
Kassenöffnung 7 Uhr.               ; Anfang 8 Uhr.
                                                    Die Direktion.


Mast= und Freßpulver
für Schweine. Vorteile: Große Futterersparnis, rasche Gewichtszunahme, schnelles Fettwerden, erregt Freßlust, verhütet Verstopfung und schützt die Tiere vor vielen Krankheiten, per Schachtel 50 Pfg., nur ächt, wenn dieselbe den Namenszug Geo Dötzer trägt. Erhältlich bei Apotheker Montag in Schönberg.


Heute morgen gegen fünf Uhr entschlief sanft nach langem, schwerem Leiden unser geliebter Vater und Schwiegervater

der Bienenwirt A. Lenschow,

tief betrauert von den

                                                    Hinterbliebenen.

Die Beerdigung findet am Sonntag Nachmittag 3 Uhr vom Trauerhause aus statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 15. April.

Frühkirche: Consistorialrath Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 48-50 M., große Schweine 48-50 M., Sauen 33-44 M., Kälber 69-91 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 14.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 29 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 13. April 1894.


        - Nr. 7 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1894 enthält:
    I. Abtheilung.

Verordnung, betreffend die Obliegenheiten und die Gebühren der Schornsteinfeger.
III. Abteilung. Dienst= etc. Nachrichten.


- Schönberg. Die Mühle zu Lockwisch, dem Hauswirth Voß zu Wahlsdorf gehörig, ist an den Mühlenpächter Haacker zu Selmsdorf gegen eine jährliche Entschädigung von 1800 Mk. verpachtet worden. Mit der Mühle sind verbunden eine große Bäckerei, etwas Land und Wiesen. Auf der Mühle ruhte früher ein Kanon von 1800 Mk. jährlich, der nach einem jahrelangen Prozeß abgelöst worden ist.
- Nachdem der Domorganist Ehlers zu Ratzeburg sein Probejahr beendet, ist derselbe von Ostern d. J. ab definitiv als Organist an der Domkirche angestellt worden.
- In Plau stürzten am Freitag Morgen im Gänsepfuhl drei zusammenhängende Häuser ein, die erst etwa 20 Jahre standen. Es war nur schlechtes Material zum Bau verwandt. Menschen sind bei dem Einsturz nicht verunglückt, obgleich mehrere in den Wohnungen weilten.
- Als Exerzierplatz für die 34. Inf.=Brigade (Großherzogl. Mecklenb. Grenadier=Regim. Nr. 89 und Großherzogl. Mecklenb. Füsilier=Regiment Nr. 90) ist in diesem Jahre die Roggentiner Feldmark bei Rostock in Aussicht genommen. Auch sollen die späteren Detachements=Uebungen, eventuell auch die Manöverübungen in größeren Verbänden (Divisionsübungen etc.) in dem Gelände bei Rostock abgehalten werden.
- Die Kreuzotter tritt gegenwärtig in den mecklenburgischen Forsten so zahlreich auf, daß wir eine ernste Warnung an dieser Stelle für dringend geboten erachten. Sind doch allein im städtischen Walde von Waren unter Buchen binnen wenigen Tagen 13 Exemplare dieses Reptils gefangen worden. Diese gefährliche Schlange hat gerade jetzt ihren Winterschlaf beendet und beginnt jetzt unmittelbar nach dem Erwachen die Paarung. Im August und September legt dann das Weibchen je nach seinem Alter 5-14 Eier, aus welchen alsbald die Jungen auskriechen. Diese sind etwa 20 Centimeter lang, häuten sich schon wenige Minuten nach dem Ausschlüpfen und leben sogleich völlig selbstständig. Der Biß dieses Reptils ist sehr gefährlich und der Tod erfolgt entweder in einer Stunde oder erst nach zwei bis drei Wochen. Durch die Stiefel vermögen die Giftzähne der Kreuzotter nicht durchzudringen. Sehr zu beachten ist, daß die abgeschlagenen Kopfe noch fast eine Stunde lang beißen. Zehn Prozent aller von dieser Schlange Gebissenen verfallen unrettbar dem Tode. Als bestes Mittel gegen die Folgen des Bisses haben sich Branntwein, Cognac und Rum, in sehr starken Dosen genossen, bewährt. Dabei spüren die Gebissenen nichts von dem Rausche. Außerdem kann man die Wunde aussaugen (wenn man keine offenen Wunden im Munde oder an den Lippen hat), ausschneiden, ausbrennen oder auch, um die Blutcirculation zu hindern, einen kleinen glatten Stein bis zur Erlangung ärztlicher Hülfe sehr fest aufbinden.
- Von der landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft für das Großherzogthum Mecklenburg=Strelitz sind im Jahre 1893 für Unfallentschädigungen gezahlt worden (einschließlich der Kosten der Fürsorge für Verletzte während der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfalle) insgesammt 21 432,98 Mk. Davon sind Kosten des Heilverfahrens 496,45 Mk., Renten an Verletzte 16 875,85 Mk., Beerdigungskosten 188,50 Mk., Renten an Wittwen Getödteter 1245,53 Mk., Renten an Kinder Getödteter 475,44 Mk., Renten an Ehefrauen von in Krankenhäusern untergebrachten Verletzten 139,26 Mk., Renten an Kinder solcher Verletzter 157,95 Mk., endlich Kur= und Verpflegungskosten an Krankenhäuser gezahlt 1924 Mk. Die erstmalig im Jahre 1893 bewilligten laufenden Renten (an Verletzte und Wittwen oder Kinder Getödteter repräsentiren einen Rentenkapitalwerth von rund 80 000 Mk. Laufende Renten erhielten am Schluß des Jahres 1893 205 Personen, davon 182 Verletzte, 15 Wittwen und 8 Kinder Getödteter.
- Gemäß den Veröffentlichungen des kaiserlichen Gesundheitsamtes stieg die Zahl der deutschen Orte mit günstiger Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer 15,0 bis 20,0 pro Mille), die im Vormonat 35 betrug, auf 87, unter diesen Orten befinden sich auch Schwerin und Rostock.
- Wie verlautet, suchen die preußischen Staatsbehörden dem Contraktbruch ländlicher Arbeiter, über den seit Jahren in landwirthschaftlichen Kreisen Klage geführt wird, dadurch zu steuern, daß sie contraktbrüchig gewordene ländliche Arbeiter nicht mehr beschäftigen. So haben die Eisenbahndirectionen die Anordnung getroffen, daß keine Arbeiter mehr angenommen werden, die nicht durch ein Zeugniß nachweisen können, daß sie im Wege gesetzlicher Kündigung ihr früheres Arbeitsverhältniß aufgegeben haben. Dies ist auf eine Anweisung des Ministers der öffentlichen Arbeiten zurückzuführen, da schon häufig die bei Eisenbahnbauten beschäftigten Unternehmer contraktbrüchig gewordene ländliche Arbeiter angenommen und trotz Einspruchs nicht sofort entlassen haben.


- Am Montag Vormittag hat Kaiser Wilhelm mit König Humbert Venedig wieder verlassen. Die Abreise der Monarchen war von denselben begeisterten Ovationen begleitet, wie sie ihnen während der ganzen Dauer ihres Aufenthalts in der alten Lagunenstadt dargebracht worden waren. Nachdem Kaiser Wilhelm dem Bürgermeister seinen Dank für den großartigen Empfang ausgesprochen hatte, bestiegen die beiden Monarchen und der Herzog der Abruzzen unter den Zurufen einer großen auf der Riva Schiavoni angesammelten Menge das Boot des "Moltke" und fuhren mit dem Gefolge unter den Salutschüssen der Artillerie und den Klängen der deutschen Nationalhymne an Bord des im Hafen Malamocco ankernden "Moltke". Der "Volturno" gab dem "Moltke" bei der Abfahrt das Geleit. Sogar der Pariser "Figaro" hat in einem Spezialbericht zugegeben, daß der von der Bevölkerung Venedigs während der Anwesenheit des deutschen Kaisers an den Tag gelegte Enthusiasmus außerordentlich gewesen ist.
- Der König von Dänemark reist gegen Ende des Monats nach Wiesbaden, wo Kaiser Wilhelm ihn besuchen wird.
- Aus Kiel verlautet in Marinekreisen, daß der Kaiser seine Nordlandsreise bereits im Mai antreten werde. Die Kaiseryacht "Hohenzollern" wird bereits fleißig auf der Werft repariert.
- Der Kaiser hat, wie Berliner Blätter mittheilen, den Vorschlag, das Denkmal für den Fürsten Bismarck vor dem Säulenvestibule der Königsplatzfront des neuen Reichstagsgebäudes aufzustellen, vollständig gebilligt. In wenigen Tagen dürfte die Genehmigung von Abbazia eintreffen und alsdann das Preiskonkurrenzschreiben ohne weiteres erfolgen. Als Bedingung gilt, daß sich daran hauptsächlich deutsche Bildhauer beteiligen sollen und daß die Arbeiten innerhalb sechs Monaten fertig zu stellen sind.
Mit Rücksicht darauf, daß der vorhandene Raum oberhalb der Rampe die Aufstellung eines Reiterstandbilds nicht zuläßt, daß sogar, wenn das spätere Denkmal monumental nach allen Seiten hin entsprechend wirken soll, die ganze Treppenanlage verändert werden muß, werden Entwürfe von Statuen in erster Linie bevorzugt. Ueber die Frage, ob die Ausführung in Bronze oder in Marmor erfolgen solle, sind die Ansichten beim Comité selbst noch getheilt. Baurath Wallot, der darüber befragt

[ => Original lesen: 1894 Nr. 29 Seite 6]

wurde, hat geäußert, daß sich eine steinerne Statue den architektonischen Verhältnissen des Baues am besten einfügen würde. Die Mehrheit des Comités steht auf demselben Standpunkt, so daß wohl bei Auswahl eines Entwurfs hierauf Rücksicht genommen werden dürfte.
- Reisedispositionen des Kaiserpaares. Die früheren Bestimmungen über die Abreise des Kaisers von Abbazia sind nicht geändert worden. Der Monarch begiebt sich demgemäß nach Wien, wo die Ankunft am Freitag erfolgt. Die Weiterreise nach Karlsruhe findet am Sonnabend statt. Die Kaiserin dürfte, wie verlautet, mit den kaiserlichen Kindern noch vor Ende dieses Monats aus Abbazia im Neuen Palais bei Potsdam wieder eintreffen. Nachrichten aus Abbazia wollen wissen, daß die Abreise von dort voraussichtlich am 26. oder 27. April erfolgen werde.
- Die Einweihung der Lutherkirche in Berlin ist auf Sonnabend, den 5. Mai, anberaumt. II. MM. der Kaiser und die Kaiserin gedenken, dem Vernehmen nach, der Feier beizuwohnen.
- Der Empfang des Kaisers Wilhelm bei seiner heute, Freitag, folgenden Ankunft in Wien wird sich überaus festlich gestalten. Schon jetzt wird der Südbahnhof, auf welchem der kaiserliche Sonderzug eintrifft, mit Teppichen, Fahnen und Blattpflanzen aufs Prächtigste geschmückt, alle Straßen, welche der Kaiser bei der Fahrt vom Bahnhof nach der Hofburg passiert, werden reichen Flaggenschmuck tragen.
- Der "Reichsanzeiger" meldet die Verleihung des Kreuzes der Großkomthure des Hausordens von Hohenzollern an Caprivi.
-- Nachdem nunmehr eine vollständige Einigung der beteiligten deutschen, österreichischen und belgischen Eisenbahnverwaltungen erzielt worden ist, tritt ein neuer Eilzug London=Ostende=Wien am 1. Juni d. J. ins Leben. Die Strecke Ostende=Wien wird in 24 Stunden 25 Minuten, die Strecke London=Ostende=Wien in 29 Stunden 20 Minuten zurückgelegt. Es wird somit eine Kürzung der Fahrzeit um volle zwei Stunden erreicht. Dieser Eilzug hat Anschluß an den nach Bukarest und Konstantinopel gehenden Orient=Eilzug.
- Nach Wunsch der Königin Victoria soll der Prinz von Wales bei seinem Regierungsantritte den Namen König Albert annehmen. Dieser Wunsch wird jedoch an dem Herkommen scheitern und es wird der nächste König von England den Namen Eduard VII. führen.
- Die von Kissingen aus verbreitete Nachricht, der Czar werde eines Magen= und Darmleidens wegen diesen oder einen andern deutschen Kurort aufsuchen, bestätigt sich, nach den neuesten Nachrichten aus St. Petersburg, nicht. Die amtlichen Meldungen lauten vielmehr dahin, daß Kaiser Alexander sich demnächst nach der Krim begeben werde.
- Zu den Nachrichten verschiedener Blätter über eine bevorstehende Reform der Invaliditäts= und Altersversicherung wird jetzt von officiöser Seite bemerkt, daß von prinzipiellen Aenderungen des bisherigen Versicherungssystems nicht die Rede sein könne. Es sei von vornherein der Grundsatz aufgestellt worden, an den Grundlagen nichts zu ändern, sondern die Umgestaltung auf die Abstellung der Mißstände zu beschränken, welche sich bei der Ausführung des Gesetzes vom 22. Juni 1889 gezeigt haben. Was insbesondere dabei die Methode der Ausbringung der Beiträge betreffe, so gedenke man einmal Beitragsmarken für längere Zeiträume auszugeben und sodann die Quittungskarte durch ein Pensionsbuch für längere Zeiträume zu ersetzen.
- Die Meldung, daß 15 Officiere wegen der Rollen, die sie im Hannoverschen Spielerprozeß übernommen gehabt haben, entlassen worden sind, bestätigt sich, wie der "Kölnischen Zeitung" geschrieben wird, insoweit, als in der That gegen eine größere Anzahl jener Officiere auf verschiedene Arten der Entlassung erkannt worden ist, je nach dem Grad der Verschuldung, der sie trifft. Abgesehen von diesen Officieren, die jetzt das Heer verlassen müssen, sind auch gegen die meisten anderen an dem Prozeß Betheiligten, die weniger belastet waren, Strafen geringeren Grades verhängt worden, sodaß kein einziger, der sich an jenen Glücksspielen betheiligt hat, straffrei geblieben sein dürfte. Wenn die endliche Regelung dieser Angelegenheit erst jetzt erfolgt ist, so ist das dem Umstand zuzuschreiben, daß, wie bereits vor einiger Zeit bekannt wurde, nicht alle ehrengerichtlichen Erkenntnisse, angeblich wegen zu großer Nachsicht, die kaiserliche Bestätigung erhalten hatten, und daß deshalb die Abhaltung neuer Ehrengerichte nöthig wurde. Unter den verabschiedeten Officieren befinden sich, wie das "Volk" mittheilt, die Lieutenants v. Schierstädt von den 17. Dragonern, v. Clave=Bouhaven von den 17. Husaren, Graf v. Francken=Sierstorpff und v. Schierstädt von den 2. Garde=Dragonern. Gegen die beiden Erstgenannten soll auf schlichten Abschied erkannt worden sein. Ob eine Veröffentlichung der ergangenen Verabschiedungen im "Militär=Wochenblatt" erfolgen wird, scheint fraglich, da wenigstens nach der bisher befolgten Praxis solche Verabschiedungen nicht veröffentlicht zu werden pflegen.
- Auf die Nachricht von der Meuterei in Kamerun ist zu Anfang Januar zur Berichterstattung über die dortigen Verhältnisse der Regierungsrath Rose, Hilfsarbeiter in der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amts, dorthin gesandt. Er ist jetzt von Kamerun zurückgekehrt. Man wird also in kurzer Zeit erfahren, zu welchem Ergebniß die amtliche Untersuchung geführt hat. Der stellvertretende Gouverneur von Ostafrika, Major v. Wrochem, verläßt seinen Posten, den er seit dem vorigen Herbst inne hatte und tritt in die Armee zurück.
- Der Antrag des Grafen Kanitz, der übrigens in der konservativen Partei nicht ohne Widerspruch geblieben sein soll, ist jetzt im Reichstag eingebracht worden und lautet, wie folgt: Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach: 1) der Einkauf und Verkauf des zum Verbrauch im Zollgebiet bestimmten ausländischen Getreides mit Einschluß der Mühlenfabrikate ausschließlich für Rechnung des Reichs erfolgt. 2) Die Verkaufspreise im Mindestbetrage wie folgt festsetzt: a) für Weizen auf 215 Mk. pro Tonne, b) für Roggen auf 165 Mk. pro Tonne, c) für Gerste auf 155 M. pro Tonne, d) für Hafer 155 M., e) für Hülsenfrüchte 185 M., f) für Lupinen 180 M., g) für Malz 175 M., h) für Mais 155 M. pro Tonne, i) für Mehl und Mühlenfabrikate entsprechend den für das Getreide festgesetzten Mindestpreisen nach dem gesetzlich fixirten Ausbeuteverhältniß. Dieser Antrag würde, sofern er angenommen werden sollte, wozu aber keine Aussicht vorhanden ist, einem Getreide=Monopol gleichkommen. Gleichzeitig hat der Abg. v. Vloetz von der konservativen Partei nachstehenden Antrag im Reichstag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf betreffend die Einführung eines Ausfuhrzolls auf alle aus dem deutschen Zollgebiet ausgeführten Kali= und Magnesiumsalze vorzulegen.
- Russische Kundgebungen für den Handelsvertrag mit Deutschland. Die Kundgebungen der Befriedigung über den Abschluß des russisch=deutschen Handelsvertrages häufen sich in Rußland immer mehr. An den Finanzminister Herrn Witte gelangen täglich von Gemeindevertretungen, Finanzinstituten und den verschiedensten Körperschaften Telegramme, die ihn beglückwünschen und ihren Dank für den Abschluß des Vertrages ausdrücken. Der Gemeinderath von St. Petersburg hat mit Einstimmigkeit beschlossen, dem Zaren den Dank der Hauptstadt für diesen Vertrag aussprechen zu lassen.
- Der "Reichsanzeiger" theilt mit: Nachdem die Redaction des dem Sachenrechte gewidmeten dritten Buchs des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches zweiter Lesung Anfangs dieses Monats vollendet worden ist, liegen nunmehr die drei ersten Bücher - Allgemeiner Theil, Recht der Schuldverhältnisse, Sachenrecht - in der aus den Beschlüssen der Redactionscommission hervorgegangenen Fassung vor. Wenngleich die so fertig gestellten Theile noch der Genehmigung der Gesammtcommission bedürfen, so werden sie doch erhebliche Aenderungen voraussichtlich nicht mehr erfahren. Unter diesen Umständen beabsichtigt das Reichs=Justizamt, die fertig gestellten Theile des Entwurfs schon jetzt allgemein zugänglich zu machen. In den nächsten Tagen wird eine handliche Ausgabe der

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drei ersten Bücher im Buchhandel erscheinen Das vierte Buch - Familienrecht - wird im Laufe des Herbstes 1894, das fünfte Buch - Erbrecht - vor Mitte 1895 veröffentlicht werden.
- In Berlin ist am Montag in einer Stärke von mehr als 1000 Delegierten ein Deutscher Innungs= und Allgemeiner Handwerkertag zusammengetreten, dessen Aufgabe es ist, über die Vorschläge des Handelsministers für die Organisation des Handwerks und die Regelung des Lehrlingswesen S zu beraten und Beschluß zu fassen. Der ersten Sitzung wohnten Vertreter des Reichskanzlers, des Staatssekretärs des Innern, des Handelsministers und des Polizeipräsidenten bei und sprachen namens ihrer Chefs die wärmste Sympathie für das deutsche Handwerk, das lebafteste Interesse für die Berathungen und die besten Wünsche für den Erfolg derselben aus. Obermeister Beutel=Berlin referirte über die Organisation des Handwerks und die Regelung des Lehrlingswesens, Wagler=München über die Errichtung von Handwerkskammern, Voß=Hamburg über Gesellenausschüsse und die Regelung des Lehrlingswesens.
- In Stettin trägt das Königsregiment seit den 1. d. M. die neuen Waffenröcke, die bekanntlich von verschiedenen Truppentheilen probeweise angelegt werden sollen. An die Stelle des stehenden Kragens ist ein Umlegekragen getreten, der vorn ein rothes Tuchstück trägt. Die blanken Metallknöpfe sind durch Hornknöpfe ersetzt. Die Achselklappen, in der blauen Farbe des Rockes, tragen den Namenszug des Regiments in Gelb. Die Aermel sind im Handgelenk enger wie die bisherigen Waffenröcke und nach Belieben enger und weiter durch Hornknöpfe zu schließen. Das neue Kleidungsstück ist joppenartig gehalten und bei Weitem bequemer wie der bisherige Waffenrock. Statt der Tressen am Kragen tragen die Chargierten auf dem Aermel im spitzen Winkel stehende goldene Streifen, wie sie in der französischen Armee üblich sind.
- Die Promenadentoiletten der deutschen Kaiserin für Abbazia sind echt deutsche Moden und "im Hause," d. h. im kaiserlichen Schlosse verfertigt worden. Die Kaiserin hat selbst bei Berliner Modewaren=Geschäften die Einkäufe der Stoffe gemacht und 14 Schneiderinnen hatten unter Aufsicht einer Direktrice eines bekannten Modewaren=Bazars in den letzten Wochen die gesammte Reisetoilette der hohen Frau hergestellt. Bisher waren es stets Pariser Moden, nach denen für die Kaiserin von Berliner Modistinnen gearbeitet wurde, ebenso wurden die dazu verarbeiteten Stoffe von Pariser Lieferanten bezogen. Diesmal hat sich die Landesmutter bei der Hausschneiderei lebhaft beteiligt u. die Moden zu den einzelnen Kostümen selbst angegeben.
- Glückliches Oesterreich! Der Finanzminister Dr. v. Plener hat im Abgeordnetenhaus gelegentlich der Budgetdebatte am vorigen Sonnabend ein sehr angenehmes Bild der Finanzlage entrollt. Der Finanzminister ist aber nicht nur mit der jetzigen Finanzlage zufrieden, er sieht auch noch für die nächsten Jahre Ueberschüsse voraus, und zwar trotz der steigenden Bedürfnisse für die gemeinsamen Angelegenheiten, namentlich für Heer, Lokalbahnen, Valutaregelung u. s. w. , welche eine Erhöhung der Einnahmen nöthig machen werden, die hauptsächlich auf dem Gebiet der Branntweinsteuer zu suchen sein würde.
- Im Reichsbankgebäude und zwar im Comptoir für Werthpapiere sind am Freitag kurz vor mittag 12 500 Mk. in 3 1/2prozentiger deutscher Reichsanleihe abhanden gekommen.
- Für die durch das Brunnenunglück in Schneidemühl geschädigten Bürger sind 113 773 M. Geldspenden eingegangen.
- Als am Freitag ein jüngerer Offizier in Oels seinen Hund mit Strychnin vergiften wollte und das Gift bereits in einem Glase zurechtgemacht hatte, wollte er selbst gegen Kopfschmerzen ein Antipyrinpulver nehmen. Infolge einer unheilvollen Verwechslung trank er aber von der Strychninlösung. Als sich Vergiftungserscheinungen bei ihm zeigten, erkannte er zwar seinen Irrthum und ließ zwei Oberstabsärzte zu seiner Hülfe herbeirufen; doch war Rettung nicht mehr möglich, nach etwa zwei Stunden trat der Tod ein.
- In Stettin wollte der Hauptsteueramts=Assistent Voß eine unter das Dach eines Schuppens in eine Balkenspalte geratene Katze befreien und bestieg zu diesem Zweck eine sehr steil gestellte Leiter. Die Katze wollte ihn jedoch in's Gesicht kratzen. Voß lehnte daher den Kopf zurück und stürzte hierauf 30 Fuß hinunter. Er hatte, um eine Katze zu retten, den Schädel gebrochen und war nach 15 Minuten tot. Der Verunglückte war unter seinen Kollegen sehr beliebt, unter seinen Kameraden, den Reserveoffizieren, als vorzüglicher Turner und unter seinen Sportsfreunden als kühner Reiter, Schwimmer und Segler bekannt. Er gehörte dem Yachtklub an und hat mehrfach in einer winzigen Jolle Fahrten weit in die Ostsee, bis zur Insel Rügen unternommen. Er war 27 Jahre alt und wurde kurz nach seinem Unfall seiner Mutter tot ins Haus getragen.
- Die vor einigen Tagen im Alter von 93 Jahren in Blasewitz bei Dresden verstorbene Karoline v. Bandel, war die Gattin des Schöpfers des Hermannsdenkmals. Sie hatte sich 1827 mit B. verbunden und mit ihm 49 Jahre in glücklichster Ehe gelebt, die im Jahre 1876 durch den Tod des Gatten gelöst wurde.
- Kapitän Rettern vom deutschen Dampfer "Helgoland" von Newyork, in Hamburg eingetroffen, meldete: am 23. März mitternachts auf 42 Grad 42 Fuß Norden, 48 Grad, 43 Fuß Westen sahen drei große Eisberge; der größte davon 600 Fuß lang und 200 Fuß hoch.
- Eine junge Frau in Mainz, die am Freitag abend im Familienkreise herzlich lachte, hielt im Lachen plötzlich inne und klagte über furchtbaren Schmerz in der Seite. Der Schmer nahm überraschend zu und die herbeigerufenen Aerzte konstatierten Bluterguß in die Lunge, hervorgerufen durch Platzen einer Arterie infolge heftigen Lachens. Am Sonnabend morgen starb die unglückliche Frau.
- Aus Neusohl in Ungarn wird berichtet, daß in der dortigen staatlichen Mädchenschule infolge des Einsturzes einer Mauer vier Mädchen getötet und neun schwer verletzt worden sind.
- Unter dem Verdachte, ein Kind geraubt, getötet und die Leiche verzehrt zu haben, wurden in der Umgegend von Saint=Etienne drei ungarische Zigeuner verhaftet.
- Eine jüdische Gastwirthsfamilie unweit der russischen Grenze wurde, einer Tilsiter Meldung zufolge, in der Nacht von Räubern überfallen und dabei Mann, Frau und Tochter erschossen. Ein 9jähriges Kind und eine alte Frau von 92 Jahren blieben beim Gemetzel verschont. Das Kind mußte den Geldversteck zeigen. Der Mörderbande fielen tausend Rubel in Papier und Silber in die Hände.
- Der junge Afrikaforscher Fürst Ruspoli, Sohn des römischen Bürgermeisters, wurde in Sansibar durch einen Elefanten getötet.
- Das am Freitag von San Francisco in Queenstown eingetroffene Liverpooler Schiff "Fulwood" ist im südatlantischen Ozean unter dem 54 Gr. südl. Br. einer Menge von Eisbergen begegnet. Einzelne derselben waren ungefähr 10 Km. lang und 500 bis 600 Fuß hoch. Vier Tage lang mußte das Schiff mit diesen Eismassen kämpfen und es grenzt fast an ein Wunder, daß der "Fulwood" nicht gegen die Eisberge anrannte. Einmal überragte ein Eisberg das Hintertheil des Schiffes. An einem Tag zählte der Capitän nicht weniger als 415 Eisberge, die man vom Mast aus sehen konnte.
- Ackerbauschulen in Rußland. Von ungleich größerer Wichtigkeit als der Handel ist für Rußland der Ackerbau, und die Hebung desselben wird dort mit einem Eifer betrieben, von dem man im Auslande kaum eine Ahnung hat. Auf den Gütern des Adels findet man zum Teil die ausgezeichnetsten Ackermaschinen und in der That stellt sich die Anwendung von Ackerbaumaschinen für Rußland um so mehr als Notwendigkeit heraus, als es hier an Händen fehlt, um die weiten Strecken des trefflichsten Landes zu bearbeiten. Um aber auch die bäuerlichen Wirtschaften zu heben, bestehen in Rußland zahlreiche Unterrichtsanstalten. Namentlich sind für die Kronbauern großartige Ackerbauschulen bestimmt, wie sie in gleicher Vollkommenheit kein andres Land besitzt; die größte derselben ist

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bei Petersburg. Vortrefflich eingerichtete prächtige Gebäude nehmen darin Lehrer und Zöglinge auf; die ganze Gutswirthschaft vereinigt in sich alle nur möglichen Zweige des Ackerbaubetriebs und seiner Nebenfächer. Der Zögling tritt gewöhnlich im 15. Lebensjahre in die Anstalt ein; hier erhält er sofort die übliche Tracht und einen Führer aus der Reihe der älteren Zöglinge. Dieser führt ihn gleich nach dem Eintritt zum Geistlichen, der dem Neuling den Segen erteilt, hierauf zeigt er demselben die ganze Anstalt und stellt ihn seinen neuen Kameraden vor. Dieser Führer ist es denn auch, der bei dem Neuling, bis er erstarkt ist, Bruderstelle vertritt. Die Zöglinge sind in 3 Klassen geteilt und die Dauer des ganzen Lehrplans ist auf 5 Jahre berechnet. Während derselben werden sie nicht allein mit allen vorkommenden praktischen Arbeiten hinreichend vertraut gemacht, sondern auch in der Theorie genügend eingeführt.
- Auch aus Berlin wird berichtet: Große Besorgnis verursache die anhaltende Trockenheit den Landwirten. Feld und Flur bedürfen dringend Regen, der Wasserstand der Flüsse und Bäche ist ein so niedriger, daß der Müllereibetrieb bald wieder beschränkt werden muß. Am meisten macht sich der Wassermangel in jenen Gegenden bemerkbar, die schon im vergangenen Jahr von der Dürre heimgesucht wurden: die Mark Brandenburg, Thüringen und Bayern, Schlesien und Königreich Sachsen werden vom Wassermangel nicht betroffen. Dort hält noch immer der viele Schnee vor, den der letzte Schneesturm aufgehäuft hat. Im Riesengebirge hat es sogar am Mittwoch das erste Frühlingswetter mit reichlichem Regen gegeben.
- Futtermangel - wie oft klagt der Landwirt hierüber, und doch giebt es neuzeitliche Errungenschaften, die den Weg zur Abhilfe zeigen, aber leider noch zu wenig angewandt werden. Da ist an erster Stelle Lathyrus sylvestris, die echte Waldplatterbse, mit der man sogar Land, welches sonst keinen Wert hat, zum größten Futterträger machen kann. Sie wächst in jeder trockenen Lage und Bodenart, selbst in steinigem Geröll, bildet sie sich im zweiten Jahre Schon zu dichten Pflanzenbeständen aus und liefert auf ein Menschenalter hinaus, selbst in trockensten Jahren zwei sichere und hohe Erträge, welche als Grün= wie als Trockenfutter mit wahrer Gier genommen werden. Es ist das proteinreichste Futter, das ich kennen gelernt habe und wirkt als Heu gefüttert zur Erzeugung von Milch ersten Ranges. Da jetzt zur Aussaat gerade noch Zeit ist, so ist J. C. Schmidt in Erfurt gerne bereit, Näheres über Kultur etc. mitzuteilen.
- Die Heizkraft der verschiedenen Holzarten. Die ungefähre Heizkraft unverdorbener Holzarten sind, wenn man die des weißbuchenen Holzes gleich 1000 setzt, etwa folgendes:

Weißbuchenholz = 1000.
Ahornholz = 1011.
Rothbuchenholz = 996.
Eschenholz = 960.
Holz d. Wintereiche = 886.
Holz d. Sommereiche = 867.
Birkenholz = 855.
Rüsternholz = 764.
Tannenholz = 697.
Fichtenholz = 690.
Erlenholz = 600.
Espenholz = 570.
Weidenholz = 508.
Guter Torf = 665.
Schlechter Torf = 490.
Steinkohlen       (3120)
verschieden, je nach der Art.
Hierbei ist blos trockenes Stammholz angenommen; ist aber das Holz feucht, so wird seine Heizkraft in hohem Grad vermindert; denn es wird dann ein großer Theil der beim Verbrennen desselben sich entwickelnden Wärme von der Feuchtigkeit absorbiert, um solche in Dämpfe zu verwandeln, welche alsdann für die Heizkraft verloren geht. - Hieraus ist leicht ersichtlich, daß man nur vollkommen trockenes Holz als Heizmittel verbrauchen soll, da der fünfte, zuweilen sogar der vierte Theil des Holzes erspart werden kann.
- Hühnerfutter. Die verschiedenen Körnerarten haben als Futter für die Hühner ganz eigenthümliche Bedeutung. Für fleißiges Eierlegen ist der Hafer und Buchweizen am günstigsten. Verabreicht man viel Gerste, so bewirkt man, daß die Hühner vielfach anfangen zu glucken, also brutlustig werden. Weizen, Spelz und Mais, namentlich letzterer einseitig stark verabreicht, bewirken Träge= und Fettwerden. Roggen ist zu schwer verdaulich und den Hühnern nicht gedeihlich. Keine Körnerart enthält die zur Ernährung und Förderung der Eierproduktion nöthigen Nährstoffe im richtigen Verhältniß, namentlich fehlt das Eiweiß. Die eiweißreichen Körner der Hülsenfrüchte aber sind für Hühner zu schwer verdaulich. Sie sind als Taubenfutter geeigneter. Man hat also alle Ursache, neben dem Körnerfutter den Hühnern noch eiweißreiches Weichfutter, wie Kleie, Malzkeime, Milch, Oelkuchen, Fleischmehl, Würmer u. s. w. vielleicht mit gekochten Kartoffeln und Rübenstückchen vermengt zu geben und zwar muß dies in steifbreiiger, besser krümliger Form geschehen. Ein derartiges Futter ist auch billiger als Körnerfutter.
- Das Hellerbrennen des Petroleums erzielt man durch einen Zusatz von wenig Kampfer. Ein Stückchen von der Größe einer Haselnuß reicht für zwei Wochen. Man stößt den Kampfer fein und thut ihn in den Ballon. Dies bewirkt, daß die Flamme heller, nicht zuckend und ihren Rauch verzehrend gleichmäßig fortbrennt.
- Die letzten Augenblicke des Kaisers Max von Mexiko schildert Professor Dr. Samuel Ritter v. Basch, der als Leibarzt bei dem unglücklichen Herrscher bis zur letzten Stunde ausgeharrt hatte, folgendermaßen: "Noch sehe ich den grauenden Morgen, der den Tag bringt, welcher der letzte sein soll im Leben Kaiser Maximilians von Mexiko. Noch sehe ich den Kirchendiener, der Kruzifix und Leuchter auf den Altar stellt, an dem der Priester die letzte Messe liest. Dann tiefe Stille. Es wird lichter, der Tag beginnt. Ich werde zum Kaiser gerufen. Mit anscheinend heiterer, lächelnder Miene begrüßte er mich und ertheilt mir noch einige Aufträge, die Versorgung seiner Diener betreffend. "Das Amulet gab mir mein Beichtvater, es soll gegen Unheil schützen. Bringen Sie es meiner Mutter und sagen Sie ihr, ich sei als guter Christ gestorben." Dann trat er hinaus auf den Corridor. Es war ein schöner Tag. Das Stückchen Himmel, das den Hofraum überwölbte, in den man vom Corridor aus blickte, war rein und wolkenfrei. "Ein herrlicher Tag", sagte er, "ich habe mir immer gewünscht, an einem schönen Tag zu sterben, nur", setzte er wehmüthig lächelnd hinzu, "hätte es später sein können, ich bin doch noch etwas zu jung." Es war die einzige Klage, die ich während der letzten sechs Wochen, so lange dauerte die Gefangenschaft, von ihm hörte. Noch sehe ich ihn an der Thüre meines Zimmers, das auf den gleichen Corridor mündete, gelehnt, ungebeugt, wohl bleichen Angesichts, aber sanft lächelnd dastehen. "Doktor", sagte er mit einem Mal zu mir, auf seine Brust deutend, "ich werde bitten, daß nur auf meine Brust geschossen werde. Die Kugeln sollen mein Gesicht nicht entstellen. Was glauben Sie, soll ich meine Weste - er trug einen dunklen Anzug - öffnen oder nicht? Zielt man sicherer auf Weiß oder Schwarz?" Die Wache erscheint, welche die drei Verurtheilten zum Richtplatz auf den Cirro de las Campanas, den "Glockenhügel", führen soll. General Mejia, der bisher unsichtbar gewesen, schreitet stumpfen Angesichts, gerade so wie die vielen Indianer, die ich, obwohl schwer verwundet, habe auf den Verbandplatz kommen sehen, einher und reicht mir die Hand. General Miramon zündet sich noch rasch eine Zigarette an und umarmt mich, meine Wange küssend. Der Kaiser hatte unterdessen von seinen beiden Dienern Grill und Tudor Abschied genommen. Sein letzter Gruß auf dem Corridor des Gefängnisses galt mir, der zitternde Druck seiner kühlen Hand. Es sind nun mehr als fünfundzwanzig Jahre seit jenem Morgen. Und trotz dieser langen Zeit steht dieses erschütternde Bild lebendig vor meinen Augen, und während ich es in Worten male, fühle ich wieder all das mit, was ich am 19. Juni 1867 fühlte. Mir ist, als ob ich diese Zeilen mit meinem Herzblut niederschriebe."


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ZVDD