No. 24
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. März
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 1]

Des heiligen Osterfestes wegen erscheint die nächste Nummer der "Wöchentlichen Anzeigen" am Freitag, den 30. März ds. Js.



Der Kaiser verlieh dem Kriegsminister General der Infanterie Bronsart v. Schellendorff den Schwarzen Adlerorden und überreichte ihm denselben persönlich.
- Kaiser Wilhelm ist am Dienstag von Berlin nach Fiume, von dort nach Abbazia gefahren, wo er am Mittwoch eingetroffen ist, verbleibt jedoch dort nur über die Osterfeiertage und fährt dann nach Pola, woselbst er den Manövern des österreichischen Kriegsgeschwaders beiwohnt.
- Kaiser Wilhelm ist am 20. d. 11 Uhr 20 Min. in Wien und am 21. Nachmittags 4 Uhr in Abazzia eingetroffen.
- Der Kaiser verlieh dem Reichskanzler Graf v. Caprivi die Kette zum Hausorden von Hohenzollern, dem Staatssekretär Frhrn. v. Marschall das Großkreuz des Roten Adlerordens und dem Gesandten Frhrn. v. Thielmann den Kronenorden 2. Klasse mit dem Stern.
- Die Lebensweise der kaiserlichen Familie ist in Abbazia sehr einfach und unterscheidet sich kaum von jener einer wohlhabenden Bürgersfamilie. Man steht zeitig auf im Hause des deutschen Kaisers. Die Kaiserin frühstückt schon um 7 Uhr, und auch die Prinzen bekommen um diese Stunde ihre Frühstücksmilch. Dann haben die Prinzen ihre Unterrichtsstunden. Um 1 Uhr ist das Mittagsessen, welches die älteren Prinzen zumeist an der Tafel der Kaiserin nehmen, um 7 Uhr der Abendtisch, an welchem die Kaiserin hie und da fehlt. Die Speisenkarten werden vom Kammerdiener geschrieben und hektographisch vervielfältigt. Die Karte, welche das preußische und holsteinische Wappen, von der Kaiserkrone überragt, zeigt, ist durchweg in deutscher Sprache abgefaßt; fremdländische Bezeichnungen der Speisen sind streng vermieden. So lautete z. B. die Speisenfolge vom Sonnabend: "Königliche Mittagstafel. Suppe mit gerollten Kaiserfauzeln, Lachsbecher mit Kruste, englischer Braten mit Erdäpfelgasch, gefüllte Tauben mit Dunstobst, Schaumkoch, Butter und Käse, Nachtisch." Bald nach dem Abendtisch wird es in beiden Villen still. Die Kaiserin und die Prinzen begeben sich zeitig zur Ruhe.
- Der "Reichsanzeiger" erklärt die durch die Tagespresse gehende Mitteilung einer Lokalkorrespondenz für erfunden, wonach die Uniformierung der Armee von Grund auf umgeändert werden solle.
- Nach einer kriegsministeriellen Bestimmung sind die Bezirksfeldwebel der preußischen Armee mit dem neuen Infanterie=Offizierdegen bewaffnet worden. Das alte Offizier=Seitengewehr wird jetzt nur noch von Zeugoffizieren, Zahlmeistern und Zeugfeldwebeln getragen.
- Auf der Schichau'schen Werft in Danzig findet am Dienstag der Stapellauf eines neuen großen Schiffes des "Norddeutschen Lloyd" in Bremen statt, welchem feierlichen Akt voraussichtlich der Reichskanzler Graf v. Caprivi, die Staatssekretäre v. Marschall, Dr. v. Boetticher und der bayrische Gesandte v. Lerchenfeld beiwohnen werden.
- Ueber das Diner, das am Sonnabend der russische Botschafter Graf Schuwalow gegeben hat und dem der Kaiser und Reichskanzler beigewohnt haben, wird noch berichtet, daß zunächst der Botschafter folgenden Trinkspruch in deutscher Sprache ausgebracht hat: "Ich trinke auf das Wohl Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm mit echt russischem Hurrah!", worauf der Kaiser in russischer Sprache auf "das Wohl seines lieben Freundes, des Zaren Alexander" trank und dies mit einem dreimaligen Hurrah! begleitete. Beide Toaste wurden von der Musik mit der betreffenden Nationalhymne begleitet. Wie die "Köln. Ztg." meldet, hat der Kaiser aus Anlaß des deutsch=russischen Handelsvertrags noch dem russischen Finanzminister v. Witte das Großkreuz des Roten Adlerordens verliehen.
- In Hamburg erregt die Enterbung des 34=jährigen Freiherrn Oskar von Ohlendorff aus der bekannten alten Hamburger Patrizierfamilie, der vom Amtsgericht als Verschwender erklärt wird, großes Aufsehen. Dem ist noch hinzuzufügen, daß der Vater des Entmündigten, Freiherr Albertus v. Ohlendorff, in seinem jüngst eröffneten Testament seinen Kummer über die Verderbnis seines Sohnes, den er als das Opfer der Trunksucht schildert, zum Ausdruck bringt und erklärt, daß er leider deswegen sich genötigt sehe, diesen seinen Sohn zu enterben.
- Vor einigen Tagen verstarb in Hamburg eine der Hafengegend bekannte Persönlichkeit der Fettwaarenhändler Schuback, den man nach seinem äußeren Auftreten allgemein für arm hielt. Bei Feststellung seines Nachlasses fand sich an 500 000 M. in Wertpapieren und Gold vor. Die Erben sind Verwandte auf dem Lande, die ohnehin vermögend sind.
- Auf dem im Hamburger Hafen liegenden holländischen Dampfer "Hunze" ist am Montag das Dampfkesselrohr geplatzt. Der Kapitän Heitsemann wurde bei der Explosion getötet.
- Der 29jährige Mediziner Würtenberger ist am Freitag Nachmittag in Innsbruck durch den elektrischen Strom getötet worden. Er wollte einen abgerissenen Telephondraht, der oben mit Leitungsdrähten des Elekrizitätswerkes in Verbindung stand, vom Weg, auf den derselbe herabhing, entfernen und wurde vom Strom sofort erschlagen.
- Ferida Emin. Der Berliner Polizeipräsident hat der Kreuzzeitung zufolge gestattet, daß die hier in Berlin lebende Tochter Emin Paschas und der Abessynerin Farafan, Ferida, den Familiennamen "Emin" führen darf. Da für die Ehe zwischen Emin Pascha und Farafan die rectae nuptiae nicht nachzuweisen sind, konnte ihr der Name Schnitzer, welcher Familie ihr Vater angehörte, nicht zugewiesen werden.
- Kossuth ist am 20. d. Abends 10 Uhr 55 Minuten gestorben.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 2]

- In Folge sehr starker Schneestürme im Riesengebirge sind in ganz Niederschlesien viele Verkehrsstörungen verursacht worden. Wie aus Breslau berichtet wird, dauert der Schneefall im Gebirge bereits sechzig Stunden. Der Schnee liegt durchweg einen Meter hoch. Die Bahnzüge nach Hirschberg, Schmiedeberg, Sprottau und Sagan sind im Schnee stecken geblieben. Die Maschine eines Personenzuges von Liegnitz nach Goldberg ist entgleist, jedoch Niemand verunglückt. Der Schneepflug bemüht sich, die Wege passierbar zu machen, was ihm aber nur zum Teil gelingt. Das Thermometer zeigt Null Grad. In den Dörfern stecken die Häuschen tief im Schnee. In den Nadelwäldern sind große Schäden durch Schneebruch entstanden, die Telephonanlage im Hirschberger Thal ist teilweise gestört, desgleichen acht Telegraphenleitungen. Auch aus ganz Böhmen werden Schneestürme und Verkehrsstörungen gemeldet. Die Südnorddeutsche Verbindungsbahn hat den Verkehr eingestellt. Bei Reichenberg sind drei Personenzüge im Schnee stecken geblieben. Der Telegraphen u. Telephonverkehr ist größtenteils zerstört; die Landstraßen sind total unpassierbar. Auch die böhmische Nordbahn hat infolge andauernder Schneestürme auf vielen Linien den Verkehr eingestellt, ebenso die österreichische Nordwestbahn. Trotz der Verwendung von Hunderten von Arbeitern war es bisher nicht möglich, die Situation zu bessern, da der Orkan alle Arbeit zu Schanden gemacht hat. Auch im Königreich Sachsen herrscht nach Nachrichten aus Zittau seit Donnerstag Abend ein furchtbarer Schneesturm. Die dort einmündenden Bahnlinien sind fast sämtlich durch Schneewehen unfahrbar; mehrere Züge sitzen fest; das Oberlausitzer Telephonnetz ist zerrissen und auf mehrere Tage unbenutzbar. Die kgl. Eisenbahndirektion in Dresden macht bekannt: Von den durch Schnee verwehten Bahnlinien sind noch die strecken Bienenmühle-Moldau und Seifhennersdorf-Warsdorf für den Gesamtverkehr bis auf Weiteres unfahrbar.
- Ein königlicher Radfahrer. König Leopold II. von Belgien, der schon seit Jahren durch ein Fußleiden am Reiten verhindert ist, hat sich seit etwa sechs Monaten auf Rat seiner Aerzte aufs Radfahren verlegt. Er bedient sich dazu der Sicherheit halber eines Dreirades, auf welchem er täglich mehrere Stunden lang in den Alleen seines Parkes zu Laeken herumfährt. In der Oeffentlichkeit sieht man den König niemals auf dem Fahrrade, wohl aber seinen Neffen, den Thronfolger Prinzen Albert, der ein sehr eleganter Radfahrer ist und in Begleitung eines oder mehrerer Offiziere oftmals auf dem Zweirade größere Ausflüge in die Umgegend von Brüssel unternimmt.
- Auch das Taschentuch hat seine Geschichte, vom unscheinbarsten Leinenlappen wurde es zum feinsten Spitzentuch erhoben, welches als kostbarer Gegenstand in den Wäscheschränken der Damen ruht. Schon im 13. Jahrhundert findet man, daß Kaiser Friedrich II. (1215) dem Taschentuch seine Aufmerksamkeit zuwandte. Er befahl nämlich, daß die weibliche Dienerschaft und die Kinder auf seinen Besitzungen in Sizilien je zwei "Faccolos be pano lineo" (Taschentücher) zum Reinigen der Nase erhielten. Bis zum 16 Jahrhundert gebrauchten die Deutschen das dem Italienischen entnommene Wort Facolo, Fatzelin oder Fatzenlein für Taschentuch; es wird daher angenommen, daß das Taschentuch überhaupt aus Italien eingeführt wurde. Selbst heute noch hat man in einigen Gegenden Oberöstereichs und Bayerns kein anderes Wort hierfür als Fatzenlein. Im 16. Jahrhundert war das Taschentuch noch nicht im allgemeinen Gebrauch, denn der um diese Zeit lebende Erasmus von Rotterdam schrieb in seiner dem Prinzen von Burgund gewidmeten Schrift "Anleitung zur Wohlanständigkeit": Die Nase soll stets rein sein wie ein sauber Geschirr und niemals soll mit dem Barett oder dem Rock geputzt werden, sondern mit dem Facolettlein." Das Privilegium, die Taschentücher zum Luxusgegenstand erhoben zu haben, kann Frankreich für sich reklamieren. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts galt das Wort "Taschentuch" in der Gesellschaft als verpönt; ebensowenig durfte auf den Brettern, die die Welt bedeuten, dasselbe ausgesprochen werden. Ein französischer Schauspieler,
der es dennoch gewagt hatte, statt des Wortes "Gewebe" "Taschentuch" zu sagen, wurde derart angezischt, daß er nicht nur die Bühne, sondern auch die Stadt verlassen mußte. Selbst das bloße sichtbare Tragen des Taschentuchs war in den besseren Kreisen gegen die herrschende Etikette. Erst der Kaiserin Josefine blieb es vorbehalten, dem Taschentuch das Oeffentlichkeitsrecht zu erwerben. Kaiserin Josefine benutzte nämlich beim Sprechen stets ein feines Spitzentaschentuch, welches sie zu den Lippen führte, um damit ihre schlechten Zähne zu decken. Kaum war dies bekannt, als sich die Pariser Damen beeilten, ihre Garderobe mit den feinsten Taschentüchern zu vervollständigen. Auf allen Boulevards, in allen Salons sah man die Damen mit den Taschentüchern in den Händen oder dieselben wenigstens sichtbar tragen. Auf diese Weise erklärt es sich, daß das Taschentuch immer luxuriöser ausgestattet wurde und dieses einst in den tiefsten Falten verborgen gehaltene Toilettstück zu hohen Ehren gelangte. Dies hat Kaiserin Josefine gethan und Schuld daran waren die Zahnärzte jener Zeit; denn hätte es Zahnheilkünstler gegeben, würde es die Kaiserin nicht nötig gehabt haben, ihre schlechten Zähne mit dem Taschentuch beim Sprechen zu verdecken.
- Französische Stiefelwichse 2 Ltr. geschabte Seife, 1 Ltr. Eisenvitriol, 1 Ltr. Stärkemehl und 1 Ltr. Galläpfelpulver werden mit 2 Schoppen Wasser gekocht und dann 6 Ltr. holländischer Syrup eingerührt. Die Vorzüge sollen höherer Glanz, Wohlfeilheit und Unschädlichkeit für das Leder sein.
- Wie vertreibt man Warzen an den Händen? Durch Zwiebelsaft. Man nehme eine Zwiebel, höhlt dieselbe tief aus, streue alsdann eine dicke Prise feinstes Tafelsalz hinein, lasse dies eine Nacht stehen und bestreiche mit dem entstehenden Saft die Warzen drei= bis sechsmal. Ein etwa monatlanger Gebrauch dieses Mittels wird die Warzen vollständig vertreiben.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Falkenhagen sub Nr. IV belegene Vorstelle c. p. des Hauswirths Franz Heinrich Kröplin daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Mittwoch, den 2. Mai 1894,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie gesetzlich nicht von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Ansprüchen gegen das proclamirte Grundstück präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 10. Februar 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die zu Retelsdorf sub Nr. III belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Heinrich Will daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Sonnabend, den 5. Mai 1894,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen

[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 3]

Realrechte an dem proklamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 9. Februar 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Auctionsanzeige.
Dienstag, den 27. März d. J.
Vorm. 9 1/2 Uhr,

sollen im Locale des Gastwirths Boye hieselbst die Reiher'schen Nachlaßsachen als namentlich:

10 Bolzen Leinen, Leinenzeug 2 Stand Betten, Bettstelle mit Matratze, Sopha, Komode, Tische, Stühle, Schränke, Wanduhr, Bilder, Spiegel, Küchengeräthe, Koffer, 1 Prachtbibel und andere Bücher, Kleidungsstücke. Leibwäsche, Feuermaterial, ca. 2 Sack Kartoffeln, Schiebkarre, Zimmermanns= und Arbeitsgeräth u a. m.
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg, den 13. März 1894.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Schulanzeige.

Das neue Schuljahr für die

Bürger-Mädchenschule

beginnt am Montag, den 2. April. An diesen Tage findet morgens 9 Uhr die Aufnahme neuer Schülerinnen statt. Jede neu eintretende Schülerin hat einen Tauf= und Impfschein vorzulegen. Der Unterricht beginnt am Dienstag, den 3. April, morgens 8 Uhr.
Schönberg, den 23. März 1894.

                                                    Der Rektor: Schinn.


Zu Ostern wird auf Hof Kl. Rünz                          
ein Stubenmädchen
und Draußenmädchen gesucht.                                                    
                                                    L. Rusch.


Gesucht zum 1. Mai ein junges                          
Mädchen,
das die bürgerliche Küche erlernen will.                                                    
Lübeck.                                                     Jul. Burmeister.
                                                                  (Wilkens Gasthof.)


Gesucht wird noch zu Ostern oder 1. April in Schönberg ein Mädchen, welches Ostern die Schule verläßt oder schon ein Jahr verlassen hat.
Wo? zu erfragen in d. Exped. d. Blattes.


Gesucht zum 1. Mai ein                          
Kochlehrling
gegen Kostgeld.                                                    
                          Restaurant F. Siebels, Lübeck,
                          Johannisstraße 6.


Den geehrten Damen Schönbergs und Umgegend empfiehlt sich als

Schneiderin

in und außer dem Hause.

                                                    Hermine Wulf.
                                                    Lübeckerstraße 230 I.


Eine geräumige

Wohnung

ist zu Michaelis d. J. Sabowerstraße 21 zu vermiethen.


Für Imker.

Zu Kauf gesucht ein weiselloser Stock. Off. unter W. befördert die Exp. d. Bl.


Gesucht zu Ostern ein                          
Kuhfütterer
Lockwisch.                                                     J. Kröger.



Lasse meinen schweren Hengst, gefallen vom Nording, decken. Deckgeld 12 Mark.

Mechow.                                                     Stamer.


Wegen Kränklichkeit des jetzigen Pächters soll die

Windmühle

in Selmsdorf zu nächsten Johannis neu verpachtet werden.
Näheres bei

                                                    Krickhuhn in Lübeck.


Zur Beachtung für Eltern und Vormünder! Alle welche sich der Postgehülfen=Carriere zuwenden wollen, mögen vor ihrer Entschließung die wichtigen Winke beachten, welche der Prospekt von "Dr. Schrader's Wissenschaftliche Lehranstalt, Abtheilung für Subalternlaufbahnen," zu Kiel enthält.


Verzinkte Drathgeflechte,
verzinkt u. rohen Koppeldraht,
Stacheldraht,
verzinkten Dachdraht,
zum Binden und zum Nähen,                                                    
Schächtedraht,
Drahtstifte,
Krampen
empfiehlt zu äußerst billigen Preisen                                                    
                                                    Rud. Tietgen.


Doerresches Knochenweichpulver einzig wirksamst, außer dem Rindvieh auch bei Schweinen und Ziegen die nützlichste Verwendung findend; zugleich auch die Freßlust erregend, empfiehlt, wobei selbstverständlich der unsinnige Gebrauch des phosphorsauren Kalks ausgeschlossen, à Packet 50 Pfg., 10 Packete 4 M.

G. Doerre,
homöopath. Zentral-Apotheke in Greußen (Thür.)


Die Eisen= und Kurzwaarenhandlung
von J. Ludw. D. Petersen,
Schönberg,
empfiehlt zu der beginnenden Saison:                          
prima Gußstahlspaten in bekannter Güte,
Harken, Schaufeln,
Funk'sche Forken,
Drainspaten und Schaufeln,
verzinkten Einfriedigungsdraht,
verzinkten Stacheldraht,
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blanken Eisendachdraht,
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Pantoffelkrampen, besonders billig,
Drahtstifte und Nagel
in allen Größen.


Sehr schöne Zwiebeln, Sellerie, Porree, Petersilienwurzeln, rothe Wurzeln, rothe Beete, Rettig, Schwarzwurzeln verkäuflich auf der Flachsfabrik.


Eierfarbe
bei                                                     H. Brüchmann.


Beste böhmische Braunkohlen

erwarte ich im Juni oder Juli d. J und bitte meine geschätzten Geschäftsfreunde mir die Aufträge gütigst bis zu dieser Zeit aufzuheben.

                                                    A. Zander.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 4]

Sämmtliche                          
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                                                    Rud. Tietgen.


Auf Lieferung im Frühling empfehle:                          
Prima böhmische Stückbraunkohlen,

sowie zur Sommer= und Herbstlieferung:
              Prima Nuss- und Stückkohlen,
              Prima Cokes,
              Prima Harbcker- und Marie-Brikets

billigstens.                                                     F. Heitmann.


Sämereien der bekannten Samenhandlung Ernst u. v. Spreckelsen hält vorräthig und empfiehlt

                                                    H. Schreep,


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Forken,
Harken in allen Größen,
Hacker,
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Spargelstecher,
sowie                                                    
Spatenstiele
empfiehlt billigst                                                    
                                                    Rud. Tietgen.


                                                 Ein junger gelber                          
Arco   Affenpinscher,

auf den Namen "Fips" hörend, ist vor acht Tagen entlaufen. Rückgabe erbeten Kalter Damm Nr. 2.


Am 2. Ostertage:
Große Tanzmusik;
die Nacht durch.
Tanzbänder 50 Pf.
Hierzu ladet freundlich ein                          
                                                    F. Sterly, Gastwirth.


Der Sommer in Sicht.

Einem hochgeehrten Publikum von Stadt und Land besonders den werten Schönbergern, welche die Gemütlichkeit lieben und im Laufe des nahenden Sommers ausfliegen werden

- In der schönen Natur, -
- Durch Wald und Flur -

empfehle mein Lokal mit Garten als

gemütlichen Erholungsplatz.

Um das in meinem Betriebe begonnene Werk "Zur Gemütlichkeit" mehr zur Vollendung zu bringen, bitte auch die hochgeehrten Herren Lehrer und Vereinsvorstände mich durch den Besuch der Schulen resp. Vereine in meinen Arbeiten unterstützen zu wollen.

Ergebenst                          
J. Wienck.

NB. Bei großen Gesellschaften wird höfl. um vorherige Anmeldung gebeten.

                                                    D. O.


Stadt Lübeck.
Am 2. Ostertage:
Tanzmusik
über Mitternacht hinaus.
---:---
Am 1. Ostertage:
Anstich von
Marienthaler Schlossbräu.


Unterzeichnete werden am Sonntag nach Ostern, den 1. April, ein

Conzert mit nachfolgendem Ball

veranstalten im Locale des Herrn Gastwirth Boye und laden zu recht zahlreichem Besuch freundlichst ein

                                                    die Vereinsmusiker.

Schönberg, d. 22. März 1894.


Während der Festzeit:
Bock=Bier
vom Faß bei                                                     J. Boye.


Schützenhaus.
Am 2. Ostertage, den 26. März 1894.
Gr. Tanzkränzchen.
Anfang Abends 7 Uhr.      Eintritt frei
Tanzschleife für Herrn 50 Pf.
Einführung gestattet.
12 Uhr: Große Festpolonaise.
Hierzu ladet ergebenst ein                          
                                                    W. Hagen,
                                                    Schützenwirth.


Am 2. Osterfeiertage
Tanzmusik.
Carlow.                                                     Ad. Eduard Creutzfeldt.


Garten=Sämereien,
frisch und keimfähig bei                                                     H. Brüchmann.


Deutschen Oberländischen Rothklee,
(Seidenfrei)

98 % Reinheit, 97,4 % Keimfähigkeit; bei 10 Pfund 75 Pfennig (Mecklenburg)., 1 Pfund 78 Pfennig (Mecklenburg).

Nordamerikanischen Rothklee von Canada,
99 % Reinheit, 98 % Keimfähigkeit; bei mindestens 10 Pfund 60 Pfennig (Mecklenburg).,

sowie Thymothen, Weißklee, Gelbklee, Schwedischklee, Einmattigerklee, Rigaer Leinsaat und alle Sorten Grassaaten keimfähigst und billigst bei

                                                    H. Brüchmann.


Statt besonderer Meldung.
Bertha Sievers.
Friedrich Waldmann.
Verlobte.
Schönberg i. Mecklbg.                                                     Wustrow i. Hann.
Ostern 1894.


Für die Theilnahme bei der Beerdigung meines lieben Mannes, sage meinen herzlichsten Dank.

                                                    Sophie Hagemeister und Kinder.


Kirchliche Nachrichten.

Charfreitag.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Nachmittags 1/2 2 Uhr: Consistorialrath Kaempffer.

I. Ostertag.

Frühkirche: Pastor Krüger.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.

II. Ostertag.

Frühkirche: Consistorialrath Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
    Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 11.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 24 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 23. März 1894.


Schlitzäugige Salomos.
Weise Urteile chinesischer Richter.
1. Der gestohlene Knoblauch.

Ein armer Mann, der nur ein winziges Stückchen Land sein eigen nannte, bebaute es mit dem gangbarsten Artikel: Knoblauch. Er hütete und pflegte jedes Pflänzchen auf das sorgsamste und seine Mühe wurde belohnt, denn der Lauch gedieh prächtig. Als dieser schon so groß war, daß man ihn bald benutzen konnte, brachte der vorsichtige Mann sein Feldbett heraus und schlief im Freien, um sein Eigentum vor Dieben zu schützen. Mehrere Nächte hindurch that er dies, ohne daß sich etwas Verdächtiges gezeigt hätte; keine Menschenseele war weit und breit zu sehen und er folgerte daraus, daß es im Ort überhaupt keine Langfinger gäbe und daß er gemütlich und ohne Sorgen wieder daheim schlafen könne. Zur Vorsicht ließ er jedoch sein Feldbett zurück. Als er am nächsten Morgen kam, um das Feld zu gießen, fand er, o Jammer, all den schönen Knoblauch verschwunden. Verzweifelt und mit thränenden Augen eilte er zum Richter und klagte ihm sein Leid. "Warum hast Du den Dieb nicht gefangen und hergebracht?" fragte ihn der Richter. "Weil ich ihn nicht gesehen habe, Euer Gnaden." "Dann hättest Du einen Zeugen bringen sollen, der ihn gesehen hat." "Es hat ihn aber Niemand gesehen, ich habe keine Zeugen." "Warum hast Du also aus dem Knoblauchbeet nicht irgend etwas mitgebracht, das einen Anhaltspunkt für die Verfolgung des Diebes geben könnte?" "Weil der Dieb nichts zurückgelassen hat, als mein Feldbett, Euer Gnaden." "Das Feldbett war also der einzige Zeuge des verübten Diebstahls." Dann sei so gut, mein Sohn, es sofort herbeizuschaffen, es wird sich bei der morgen früh stattfindenden Gerichtsverhandlung als Angeklagter verteidigen müssen, während Du als Kläger zu erscheinen hast."
Der Diebstahl und die Besprechung des Klägers mit dem Richter verbreitete sich mit Lauffeuergeschwindigkeit im ganzen Ort. Jedermann wollte einer Gerichtsverhandlung beiwohnen, in welcher ein Feldbett des Diebstahls beschuldigt werden sollte. Ein derartig merkwürdiger Fall war noch nie dagewesen und derselbe wurde selbstverständlich von aller Welt besprochen und kommentiert. Jedes Plätzchen des Gerichtssaals war von Zuhörern dicht besetzt. Als die Gerichtsdiener das Feldbett hereinbrachten und es auf die Anklagebank stellten, machte sich ein mühsam unterdrücktes Kichern hörbar und die Zuhörer harrten gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Mit ernster Miene brachte der Richter die Anklage vor und da der Angeklagte stumm blieb und sich nicht verteidigte, ordnete der Richter an, daß er so lange geprügelt werden sollte, bis er seine Schuld eingestehe. Die Gerichtsdiener schlugen unbarmherzig auf das arme Feldbett los, bis es in Stücke ging. Das Publikum blickte erst eine Zeit lang verblüfft drein, das merkwürdige Vorgehen des Richters setzte es in Erstaunen, dieses verwandelte sich jedoch bald in Heiterkeit, die sich in einstimmigem Gelächter Luft machte. Der Richter schnitt ein grimmiges Gesicht dazu, klagte die Zuhörer der "öffentlichen Verspottung des Gerichtshofes" an, ließ alle Thüren schließen und verurteilte jeden Anwesenden zur Erlegung eines Pfundes Knoblauch und zu Haft, bis dieses erlegt sei. Die Gerichtsdiener mußten diejenigen Personen zu Markt begleiten, die sofort ausgehen wollten, um den Knoblauch zu kaufen, was auch die meisten in der heitersten Laune thaten. Im Lauf des Tages wurde nicht nur aller in der Stadt vorrätige Knoblauch aufgekauft, sondern es wurden auch die umliegenden Dörfchen in Anspruch genommen, um die ungewöhnliche Nachfrage zu befriedigen. Jeder einzelne Bestrafte mußte bei Uebergabe des Knoblauchs zu Protokoll geben, bei wem er denselben gekauft, und die einzelnen Büschel wurden in einem eigens dazu zur Verfügung gestelltes Zimmer des Gerichtsgebäudes in Reih und Glied aufgestellt. Nachdem alle Strafen eingeliefert waren, wurde der Kläger wieder vorgeladen und gebeten, die einzelnen Büschel zu untersuchen und auszusagen, ob er darunter seine eigenen erkenne. Ohne zu zögern bezeichnete er mehrere als aus seinem Feld stammend. Das Protokoll der Käufer wurde zu Rat gezogen und es ergab sich, daß alle betreffenden Büschel bei einem bestimmten Gemüsehändler erstanden worden waren. Der Richter ordnete sofort dessen Verhaftung an und stellte ein strenges Verhör mit ihm an. Der arme Teufel erklärte zitternd und bebend, daß er den Knoblauch von einem gewissen B. gekauft, der ihn für das Erzeugniß seines Feldes ausgegeben habe, er habe die Waare in gutem Glauben erstanden und nichts von dem Diebstahl gewußt. Nun ließ der Richter den bekannten Verkäufer verhaften, der zwar anfangs die That leugnete, aber, durch Kreuz= und Querfragen verwirrt, schließlich der Schuld überwiesen und zu vierzig Stockstreichen verurteilt wurde. Der Kläger erhielt als Ersatz für seinen Verlust allen als Strafe für die "öffentliche Verspottung des Gerichtshofs" eingelieferten Knoblauch und wurde somit reichlich entschädigt. Der weise Richter aber gelangte durch diesen Fall zu großem Ansehen und allgemeiner Beliebtheit.

2. Welcher von Beiden?

Ein Chinese, der in seiner Heimat auf keinen grünen Zweig zu kommen vermochte, wanderte aus, um sein Glück in der Fremde zu versuchen. Er fand thatsächlich bald eine gute Anstellung, so daß er in der Lage war, seiner alten Mutter und seiner Frau, die er daheim zurückgelassen hatte, alljährlich eine zum Lebensunterhalt genügende Summe zu senden. Der Vermittler, durch den er dies besorgen ließ, behielt aber das Geld für sich und fälschte die Antwortschreiben, in denen stets sowohl der Empfang der Sendung bestätigt, als auch von dem Wohlbefinden der Mutter und der Gattin Kunde gegeben war. Für unsern Chinesen waren diese Grüße aus der Heimat ein Balsam für sein Heimweh, das er tapfer überwand, um seinen Lieben eine Zukunft zu sichern. Durch Fleiß, Mäßigkeit und kluge Spekulationen gelang es ihm nämlich, sich in wenigen Jahren ein kleines Vermögen zu schaffen. Mutter und Gattin hörten in all der Zeit nichts von ihm. Kein Wunder, wenn sie sich von dem Treulosen vergessen glaubten. Die junge Frau verdiente durch Nähen und Weben den Lebensunterhalt für Beide, freilich mußte sie vom frühen Morgen bis zum späten Abend angestrengt arbeiten, aber sie that es gern, denn sie war ein pflichtgetreues Geschöpf und liebte überdies ihre Schwiegermutter. Eine Zeit lang ging Alles gut, aber in Folge einer Mißernte wurden alle Lebensmittel teuer, auch fing die alte Frau zu kränkeln an und bedurfte sorgfältiger Pflege, so daß ihr die Schwiegertochter viel Zeit opfern mußte. Das waren böse Tage. Noch schlimmer wurde es, als die Alte ihre Seele aushauchte und kein Geld im Hause war, um ihr einen Sarg zu kaufen und die Begräbniskosten zu bezahlen. In ihrer Verzweiflung wußte sich die Zurückgebliebene keinen anderen Rat, als einen Heiratsvermittler aufzusuchen. "Kennen Sie vielleicht einen ehrbaren Mann", fragte sie, "der ein Weib sucht und gewillt, mir im vorhinein ein Verlobungsgeschenk zu machen, das hinreichen würde, die Beerdigungskosten meiner Schwiegermutter zu decken, und der überdies hundert Tage warten wollte, bis die übrigen Trauerceremonien vorüber sind, ehe ich als Frau in sein Haus einzöge?" Da sie hübsch war, gelang es dem Heiratsvermittler bald, einen solchen Mann zu finden. Die Schwiegermutter wurde nach chinesischem Brauch bestattet, die junge Frau versperre nach hundert

[ => Original lesen: 1894 Nr. 24 Seite 6]

Tagen ihr altes Heim und zog in das Haus des neuen Gatten. Sie ward auch ihm ein treues, fleißiges und braves Weib und ehrte und liebte sie.
So verstrichen mehrere Jahre. Da geschah es, daß der erste Gatte mit Glücksgütern gesegnet, in seinem Geburtsort eintraf. Er hatte erst kürzlich günstige Nachrichten von seinen Lieben erhalten und hoffte, von ihnen freudig begrüßt zu werden. Wie groß war sein Erstaunen, als er seine Hütte versperrt und verlassen und im Hof kniehohes Gras gewachsen fand! Er trat bei einem Nachbar ein, um sich Auskunft zu holen und wurde, als er sich zu erkennen gab, ob seiner Treulosigkeit mit Vorwürfen überschüttet. Zu seiner Rechtfertigung erzählte er, wie ihn der betrügerische Agent hintergangen, und zeigte die Briefe vor; dann mußte er zu seinem Schmerz hören, daß seine Mutter gestorben sei und daß seine Frau, die er stets geliebt und die sich im Leben wie im Tod gegen seine Mutter so edel benommen hatte, nun einem Anderen angehörte. Er suchte sie in ihrem neuen Heim auf, erzählte auch ihr, wie sich Alles zugetragen habe, und beschwor sie, zu ihm zurückzukehren. "Nein, nein, das geht nicht!" entgegnete sie traurig. "Mein zweiter Gatte hat mich stets gut behandelt und mir, aus meiner verzweifelten Lage geholfen. Es wäre undankbar von mir, ihn zu verlassen." Der erste Gatte setzte sich nun darauf mit dem zweiten in Verbindung und bot ihm sein halbes Vermögen an, wenn er ihm sein Weib wiedergeben wolle. Der zweite Gatte erwiderte: "Ich habe Dein Weib auf ihr eigenes Verlangen in mein Haus aufgenommen und sie ist mein gesetzliches Weib, das mir mehr wert ist als dein ganzes Vermögen. Ich gebe sie nicht frei!"
Aber der erste Gatte ruhte nicht, bis alle drei Betheiligten vor dem Richter erschienen und jeder Einzelne den Fall vortrug. Nachdem der Richter sich mit allen Einzelheiten vertraut gemacht, mußte er gestehen, daß beide Gatten ein gleiches Recht auf die Frau hatten, und da keiner von ihnen wissentlich das Gesetz übertreten hatte, also keiner strafbar sei, müsse er dahin entscheiden, daß die Frau frei zwischen den Beiden wähle. Diese antwortete: "Herr Richter, die beiden Männer sind mir gleich lieb, beide sind gute, treffliche Menschen, die ein gleiches Recht an mich haben. Wenn ich den Einen wähle, kränke ich den Anderen und beide verdienen ein gutes Weib. Da ich aber nicht beiden angehören kann und Ursache dieses Zwistes bin, werde ich Beide zu Witwern machen und mir mit eigener Hand das Leben nehmen." Der Richter fand diesen Ausweg für gerechtfertigt und ordnete an, die Frau in eine für Selbstmörder bestimmte Zelle zu bringen, wo sie, nach chinesischer Sitte, fastend und betend bis zum nächsten Morgen bleiben sollte. Den beiden Gatten sagte er, sie möchten morgen zu dieser und dieser Stunde vorsprechen, um zu erfahren, ob die junge Frau bei ihrem Entschluß verharre. Zur anberaumten Zeit erschienen sie vor dem Richter und dieser schickte sofort einen Gerichtsdiener in die Zelle, um die Frau zu holen. Zitternd und bebend kam er zurück und meldete, daß sich die Aermste bereits am Fensterkreuz erhenkt habe. Die beiden Gatten begaben sich daraufhin unter Führung des Gerichtsdieners in die Zelle, warfen scheu einen Blick hinein, erkannten die Gestalt und die Kleider als die ihrer Frau und traten schleunigst den Rückzug an, um sich beim Richter nach ihrem weiteren Verhalten zu erkundigen. Dieser sagte: "Derjenige von Euch Beiden, der die Frau auch jetzt noch haben will, kann sie mitnehmen, nachdem er vorher dem Gegner eine Summe bezahlt hat, die genügt um sich ein anders Weib zu schaffen."
Der erste Gatte sank sofort aufs Knie nieder und flehte, sein totes Weib mitnehmen zu dürfen, um ihr die letzten Ehren erweisen zu können. Der zweite enthielt sich jeder Aeußerung, und als ihn der Richter fragte, ob er sich an den Beerdigungskosten und Ceremonien beteiligen wolle, antwortete er, daß er sich nur um die lebende Frau beworben, die tote überlasse er gern dem Gegner. Nun ließ der Richter die Thür öffnen und die vermeintliche Selbstmörderin trat munter und guter Dinge auf ihren ersten Gatten zu, ihn bittend, sie wieder bei sich aufzunehmen, nun sie sich von seiner wahren Liebe überzeugt habe. Der weise Richter, hatte sie gestern nach der seltsamen Verhandlung, mit den beiden Ehemännern verstohlen in die Gemächer seiner Frau geführt und sie dort versteckt gehalten. Sie zog erborgte Kleider an, während man ihre eigenen einer Strohpuppe von ihrer Gestalt anlegte und diese am Fensterkreuz der Zelle aufhängte. Der Gerichtsdiener, der nichts davon wußte und die Strohpuppe am Fensterkreuz hängen sah, untersuchte dieselbe nicht weiter, sondern beeilte sich, aus deren unheimlicher Nähe fortzukommen und meldete, was geschehen war. Die junge Frau hörte aus ihrem Versteck Alles, was sich im Gerichtssaal zutrug, mit an. Die selbstlose Liebe ihres ersten Gatten rührte sie und sie beschloß, am Leben zu bleiben und ihm in ihr altes Heim zu folgen. Dort lebten die Wiedervereinten noch viele Jahrzehnte in Liebe und Eintracht und beteten in Gemeinschaft mit ihren Kindern die Gräber ihrer Vorfahren an.


- Neustrelitz, 17. März. Die Frühjahrs=Control=Versammlungen werden im Landwehrbezirk Neustrelitz in diesem Jahre stattfinden am 3. April in Woldegk, in Friedland am 4. und 5. April, in Neubrandenburg am 5. und 6. April, in Stargard am 7. April, in Neustrelitz am 9. und 10. April, in Mirow am 11. April, in Wesenberg am 11. April, in Fürstenberg am 12. April, in Koldendorf am 13. April, in Feldberg am 14. April. Zur Abhaltung der Control=Versammlungen ist der Major Freiherr von Nordenpflycht vom Großh. Mecklenb. Grenadier=Regiment Nr. 89 commandirt worden. Im Control=Bezirk Schönberg wird die Control=Versammlungen der Major z. D. und Bezirksoffizier Stöcker abhalten und zwar am 6. April in Schlagsdorf und am 7. April in Schönberg.
- Ratzeburg, 17. März. Der durch Feuer u. Sturm schwer betroffene Dom zu Ratzeburg wird demnächst mit einem neuen Thurme versehen werden, der die Höhe des Schweriner Domthurmes erreichen soll. Ein von Oberbaurath Daniel in Schwerin entworfenes Projekt hat die allerhöchste Genehmigung gefunden. Danach werden die noch stehenden Ringmauern des alten Thurmes, die oben noch die colossale Stärke von 2 Meter haben, um zwei Meter höher gebaut, dann wird die Form des Vierecks in die eines Achtecks übergehen und ein schlanker Thurm in der beregten Höhe aufgesetzt werden. Die vier Ecken werden durch kleine Thürme verziert und als Baumaterial die besten Hölzer der Großherzoglichen Forsten benutzt werden.
- Auf Schloß Bothmer bei Klütz starb am 20. d. Graf Ludwig v. Bothmer im 47. Lebensjahre. Der Verstorbene hinterläßt außer der trauernden Gemahlin nur einen einzigen Sohn, auf den der Besitz der bedeutenden Grafschaft übergeht.
- Achtwöchentliche Reserve= und Landwehr=Uebungen: Am 4. k. M. beginnt bei sämmtlichen Infanterie=, Cavallerie= und Artillerie=Truppentheilen des 9. Armee=Corps die achtwöchentlichen Dienstleistungen der Reserve= und Landwehr=Offiziere, sowie der Reserve=Offizier=Aspiranten.
- Im verflossenen Jahre wanderten aus dem Großherzogthum Mecklenburg=Schwerin über deutsche Häfen aus 1046 Personen, in den fünf voraufgegangenen Jahren 1888-1892: 1144, 1226, 1133, 1536 und 1329 Personen. Aus Mecklenburg=Strelitz gingen nach überseeischen Ländern 116 Personen gegen 241, 262, 198, 333 und 175 Personen in den fünf voraufgegangenen Jahren 1888-1892.


- Nachdem der Kaiser das Todesurteil gegen den Doppelmörder "Am Winkel" bestätigt hatte, fand dessen Hinrichtung am Sonnabend früh in Köln durch den Scharfrichter Reindel mittelst Guillotine statt.
- Zum Geburtstag des Fürsten Bismarck wird auch von Bremen aus eine Huldigungsfahrt nach Friedrichsruh stattfinden.
- In Münden hat ein Bäcker im nördlichen Stadtteile unter seinen Kunden bekannt gemacht, daß er unter je 1000 Brotlaibe ein Zwanzigmarkstück, unter je 500 Semmeln ein Zehnmarkstück hineinbacke.


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