No. 69
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. September
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 1]

      Die Inhaber sämmtlicher auf dem hiesigen Amtsgebiet belegenen Grundstücke, sowohl der mit Gebäuden bestandenen als auch der als Acker, Gärten, Wiesen u. s. w. genutzten Flächen, werden hierdurch aufgefordert, zwecks Aufstellung der Anbaustatistik im Laufe der mit heute beginnenden Woche dem Landvogtei=Pedellen Wienck hieselbst über die Größe und die Bebauung der von ihnen genutzten Flächen schriftlich Mittheilung zu machen.
                Schönberg, den 28. August 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Französische Hinterlist.

Wie sehr den Franzosen der Appetit beim Essen kommt, zeigt sich jetzt wieder in Siam. Von der französischen Uebermacht gedrückt und von England, auf dessen Beistand man gezählt hatte, im Stich gelassen, hat sich bekanntlich das hinterindische Königreich dem Ultimatum der französischen Regierung, wonach das linke Mekongufer an Frankreich abgetreten wird, rückhaltlos unterworfen. Man hätte denken sollen, daß sich die französische Begehrlichkeit mit diesem großen territorialen Zuwachs, sowie mit der erpreßten Kriegsentschädigung für eine zeitlang begnügen würde, statt dessen wird die Welt in den letzten Tagen mit Nachrichten über neue Forderungen überrascht, die der französische Unterhändler Le Myre de Villers dem König von Siam gegenüber aufstellt. Dieser gewandte und rücksichtslose Diplomat geberdet sich in Bangkok, trotz des Versprechens der Pariser Regierung, die Unabhängigkeit des Königs respektiren zu wollen, wie ein Fürst gegenüber einem Beamten. Anstatt die Hauptstadt zu verlassen, wo er eigentlich gar nichts mehr zu suchen hat, ist Herr Le Myre unerschöpflich in der Erfindung von Winkelzügen, und seine neueste Forderung besteht darin, daß den Franzosen seitens Siams ein Monopol auf die Ausführung von öffentlichen Arbeiten, wie Eisenbahnen und Kanälen, in den Gebieten rechts vom Mekong bewilligt werde. Für dieses Vorgehen giebt es keinerlei Rechtfertigung. Man konnte es erklärlich und auf einem Schein historischen Rechts basirend finden, daß Frankreich das linke Mekongufer beanspruchte, um eine bessere Verbindung zwischen seinen Besitzungen in Tongking und Kombodscha herzustellen; jene gemeldete neue Forderung trägt jedoch den Charakter eines unritterlichen Gewaltaktes. Frankreich will, das erscheint jetzt sicher, Siam völlig in seine Gewalt bringen und mit seinem hinterindischen Territorialbesitz, der schon jetzt einen gewaltigen Umfang erreicht hat, ein Gegengewicht gegen das englische Ostindien schaffen. Ruhig läßt sich das Cabinet Gladstone dies alles gefallen, man sieht in London nicht oder will es nicht sehen, wie Ostindien von den verbündeten Mächten Frankreich und Rußland mehr und mehr eingeschnürt wird. Einzig und allein durch die kraftlose Haltung Englands konnte Frankreich seine leichten Siege in der siamesischen Frage erringen, und leider deutet noch nichts darauf hin, daß sich England zu einer energischeren und würdigeren Haltung aufrafft. Man scheint jetzt im Inselreich nur noch für eine Sache Zeit und Kraft zu haben: für die Homerule=Bill, und gerade dafür ist beides vielleicht recht schlecht angewendet.
Die wohlwollenden Absichten, die Frankreich hinsichtlich Siams hegt, treten immer klarer zu Tage. Man strebt nicht mehr und nicht weniger an, als sich häuslich daselbst einzurichten. Während der wichtige Hafen von Tschantabun nur als Pfandobjekt für die inzwischen bereits erfolgte pünktliche Zahlung der Kriegsentschädigung sowie für die friedliche Räumung des rechten Mekongufers dienen sollte, fangen jetzt die Franzosen an, sich dort zu verschanzen und Erdwerke aufzuwerfen.


- Der Kaiser hat das Abschiedsgesuch des Kriegsministers von Kaltenborn=Stachau nicht genehmigt.
- Der Kaiser wird sich, wie die "Post" erfährt, in Straßburg nur deshalb verhältnismäßig kurze Zeit aufhalten, weil die Manöverdispositionen seine Anwesenheit in Metz alsbald wieder erheischen.
- Für Besserungen an einem neuen, jetzt in der Herstellung begriffenen Geschoßzünder hat die Artillerie=Prüfungskommission einem Meister des königl. Feuerwerkslaboratoriums 8000 Mk. und einem Ingenieur des Instituts 4000 Mk. als Prämie aus Staatsmitteln zuerkannt.
- Am 13. September d. Js. werden die auf dem Durchmarsch befindlichen Manövertruppen, etwa 4000 Mann, in Neubrandenburg auf dem vor dem Friedländer Thore belegenen Pferdemarktplatze durch einen Unternehmer, welcher einen Vertrag mit der Militärverwaltung abgeschlossen hat, gespeist werden. Hinter dem Pferdemarktplatz soll in den nächsten Tagen ein Küchengebäude errichtet werden.
- Es ist bereits auf die höchst auffällige Thatsache hingewiesen worden, daß den Beisetzungsfeierlichkeiten in Coburg kein Vertreter des russischen Kaiserhauses beigewohnt hat, obschon die neue Herzogin eine Schwester des Zaren ist. Dieses Fernbleiben mußte um so seltsamer berühren, als Tags zuvor noch drei russische Großfürsten, zwei Brüder und ein Vetter des Zaren, in Berlin anwesend waren, sodaß eine Vertretung sich unschwer hätte ermöglichen lassen. Es muß also irgend ein besonderer Grund vorgelegen haben, der das gänzliche Fernbleiben des russischen Kaiserhauses von der Beisetzungsfeier veranlaßt hat, und man wird nicht fehl gehen, wenn man denselben in der Anwesenheit des Prinzen Ferdinand von Coburg, des offiziell noch nicht anerkannten Fürsten von Bulgarien, sucht.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 2]

Unter diesem Gesichtspunkt versteht man auch eine in der Sonntagsnummer der "Post" erschienene Meldung, welche es als ungewiß verzeichnete, ob der Kaiser nach Coburg reisen werde, was man nach allem Vorangegangenen für ganz selbstverständlich gehalten hatte. Offenbar, meint die "Allg. Ztg.", lag hier eine Einwirkung aus oder Rücksichtnahme auf Petersburg vor. Die Reise des Kaisers ist ja schließlich doch erfolgt, aber es scheint, bevor man den Entschluß faßte, dem Prinzen Ferdinand bedeutet worden zu sein, daß seine Teilnahme an der Trauerfeier in der Eigenschaft eines Fürsten von Bulgarien eine völkerrechtliche Unmöglichkeit sei, worauf er dann lediglich als coburgischer Prinz und ohne jedes Abzeichen seiner Herrscherwürde an den Feierlichkeiten sich beteiligt hat.
- Ueber die Aufnahme des Prinzen Ferdinand von Coburg bringt die "Frankf. Ztg." unter anderen folgende Mitteilung: "Während der Prinz bei der Familientafel im Frack erschienen war, trug er am nächsten Abend bei der Tafel, an welcher der König von Sachsen und der Großherzog von Baden teilnahmen, die bulgarische Uniform mit sämmtlichen Orden." Ferner erfährt das genannte Blatt von gut unterrichteter Seite, daß der Kaiser beim Diner in Coburg mit dem ihm gegenüber sitzenden Fürsten von Bulgarien eine lebhafte Unterhaltung in deutscher Sprache geführt habe; es wurde aber weder politische Dinge noch Familienangelegenheiten berührt. Der Kaiser stieß mit dem Fürsten auf dessen Wohl an. Mit dem Herzog Alfred wurde die Unterhaltung englisch geführt.
- Innerhalb der souveränen Familien Europas nahm dem Lebensalter nach der verstorbene Herzog Ernst II. die fünfzehnte Stelle ein. Am 21. Juni 1818 geboren, stand er zwischen der verwitweten Königin Marie von Hannover geboren den 14. April, und dem Großherzog Karl Alexander von Sachsen=Weimar, geboren am 24. Juni desselben Jahres. Von fürstlichen Herren sind nur noch 5 älter, und zwar König Christian von Dänemark, der Erzherzog Albrecht von Oesterreich, der Großherzog Adolf von Luxemburg, der Prinz Wilhelm zu Schleswig=Holstein=Sonderburg=Glücksburg und als ältester fürstlicher Herr der Prinz Ludwig von Orleans, Herzog von Nemours.
- Als Großherzog Ernst Ludwig von Hessen kürzlich beim Lavn=Tennisspiel einen Unfall erlitt, hieß es offiziös, die Wiederherstellung werde binnen Kurzem erfolgen. Aber inzwischen sind mehrere Wochen vergangen und der junge Fürst kann noch immer nicht Schloß Wolfsgarten verlassen. Wie die "Darmstädter Ztg." berichtet, wurde jetzt der feste Schienenverband abgenommen und konnte der Großherzog auf einem Tragstuhl nach dem Hof getragen und dort herumgefahren werden. Der Zustand des Kniegelenkes ist in stetig fortschreitender Besserung begriffen. So das offiziöse Blatt, aber es werden voraussichtlich noch Wochen vergehen, ehe der Großherzog vollkommen wiederhergestellt ist.
- Bei den am 1. Oktober beginnenden handelspolitischen Conferenzen mit Rußland wird den drei daran betheiligten deutschen Commissaren für die Dauer der Verhandlungen ein ständiger Beirath zur Seite gestellt werden, welchem die im Lauf der Verhandlungen entstehenden Fragen zu prüfen und die Beschlußfassung vorzubereiten haben wird. Dieser Baurath wird aus Commissaren der betheiligten Reichs= und königlich preußischen Ressorts, sowie der übrigen bei dem Handel mit Rußland vorzugsweise betheiligten Bundesstaaten zusammengesetzt sein. Außerdem ist vorgesehen, daß mehrere dem Handels= und Gewerbestand angehörige Sachverständige, welche vorzugsweise über unsere Verkehrsbeziehungen zu Rußland praktische Erfahrungen sich erworben haben, an den Verhandlungen des Beiraths theilnehmen. Zu diesem Zweck ist man regierungsseitig mit dem Zentralverband Deutscher Industrieller und dem Deutschen Handelstag in Verbindung getreten.
- Falsche 50=M.=Scheine sind wiederum in Berlin aufgetaucht. Sie sind so vorzüglich nachgeahmt, daß selbst öffentliche Kassen sie anstandslos angenommen haben. - In Wesenberg wurde auf dem Postamte von einem Kaufmann ein falsches Einmarkstück eingeliefert. Es war kaum von den echten zu unterscheiden, nur wog es 1 1/2 Gr. weniger als das echte.
- Sein 50jähriges Lieutenantsjubiläum feiert am 13. September Hofrath v. Moser! Im Jahr 1825 zu Spandau geboren, trat er frühzeitig ins Kadettenhaus ein und ward 1843 dem Heer überwiesen. Unter Anderem ist er auch Offizier im 1 Schlesischen Jägerbataillon Nr. 5 gewesen und hat als solcher in Görlitz gestanden. Bemerkenswert ist, daß schon vor dem Lieutenant der Bühnendichter sich geltend machte. Bereits als Kadett hat Gustav v. Moser ein Stück geschrieben, welches in seinem ersten Lieutenantsjahr auf der Bühne erschien. Herr v. Moser kann also mit Recht gleichzeitig mit dem militärischen Dienstjubiläum sein 50jähriges Schriftstellerjubiläum begehen. Seit 1843 ist die Zahl seiner Bühnenwerke der Zahl 100 sehr nahe gekommen.
- Ein gewisser Gervais, ein Franzose, der Weingeschäfte in Deutschland machen will, schrieb in das Album der Schiffergesellschaft in Lübeck die Worte ein: "Die Kartoffel, das Bier, die Pfeife und die plumpe Unbeholfenheit, sind die Kennzeichen der deutschen Rasse." Ob der Mann in Deutschland viel Geschäfte machen wird?
- Von dem Abbê Wathelet, dem früheren Feldgeistlichen des französischen Heeres in Dahomey, der vor einigen Tagen gestorben ist, erzählt das "Echo dl'Armée", nachdem es sein Lob in hellen Tönen gesungen, folgende Geschichte: Eines Tages fehlte es den Truppen gänzlich an Tabak, worüber sich einige Leute beklagten. Der Abbe, der immer einigen Vorrath in seinen Taschen hatte, rief die Unzufriedenen zu sich und sagte zu ihnen, er habe noch einige Cigarren, da sie aber so selten seien, müsse er sie verkaufen. Auf die Erwiderung der Legionäre, daß sie kein Geld hätten, entgegnete er: "Geld? Das will ich nicht. Ich gebe jedem eine Cigarre, der mir den Kopf eines Feindes bringt!" Am Abend hatte der Abbé viele Cigarren auszutheilen. Als er fertig war, kam noch ganz außer Atem ein Legionär auf ihn zugelaufen und schrie: "Herr Abbé, Sie sind mir zwei Cigarren schuldig!" "Und warum?" "Hier sind zwei Köpfe von Dahomeyern!" Die Geschichte muß wohl wahr sein, sonst würde sie das militärische Blatt nicht erzählen.
- Das Projekt der Durchquerung des Harzes durch eine Eisenbahn wird nach Jahrzehnte langem vergeblichen Mühen nun endlich zur Ausführung gelangen. Der Unternehmer ist Kaufmann Rudolf Schulze in Nordhausen. Erbauer die Firma Lenz und Co. in Stettin, finanzielle Träger sind einige Berliner Bankfirmen. Die Bahn wird 48 km lang werden, 34 auf braunschweigischem und 14 auf preußischem Gebiete, sie wird den Namen Nordhausen=Thale führen und den Weg zwischen den nördlich und den südlich vom Gebirge gelegenen Städten um durchschnittlich 50 km abkürzen. Da sie nach dem gemischten Systeme Zahnrad und Adhäsion erbaut werden soll, wird sie zu den interessanten Bahnen Deutschlands zählen.
- Zugthiere gegen Fliegen zu schützen. Erstere bleiben in der größten Wärme von Fliegen verschont, wenn man ihre Haut mit dem Safte oder der Abkochung von Polygonum hydropiper, Knöterich, Wasserpfeffer, Mückenkraut u. s. w., wäscht.


Anzeigen.

Am 26. ds. Mts. Vorm. 9 Uhr ist bei den Niendorfer Tannen bei Schönberg an einem Arbeiter von 2 unbekannten Männern, anscheinend Handwerksburschen, ein Raub verübt worden, wobei ihm von denselben 2 Zwanzigmarkstücke und 2 Einhundertmarkscheine (Reichsbanknoten) weggenommen worden sind.
Der eine der Räuber ist von schlanker und kräftiger Gestalt, ca. 1,80 m groß, im Alter von 35-40 Jahren, hat eine große spitze Nase und bleiche Gesichtsfarbe, sowie einen Voll= und Schnurrbart von hellblonder Farbe - er trug bei der That einen alten grauen Anzug - der Rock war mit Schößen versehen - einen ebensolchen Hut und ein roth= und weiß gestreiftes Hemd. Der andere ist 1,63 m groß, hat ein rundes volles Gesicht, gesunde Gesichtsfarbe und einen schwarzen Schnurr=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 3]

bart; derselbe trug eine weiße englisch lederne Hose, einen schwarzen abgetragenen Tuchrock und einen schwarzen weichen Hut mit großer Krempe.
Es wird um Vigilanz, ev. Festnahme und Benachrichtigung gebeten.
Neustrelitz, den 27. August 1893.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Die Lieferung des Bedarfs an bestem Petroleum für die Straßenlaternen in hiesiger Stadt und auf dem Amte während der bevorstehenden Wintermonate soll event. dem Mindestfordernden übergeben werden. Reflectanten werden hiedurch aufgefordert, ihre Preisofferten

bis zum 6. September cr.

schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 29. August 1893.

Der Magistrat.


Am Sonnabend den 9. Sept. c. Nachmittags 5 Uhr soll der im Schlauen belegene, in 25 Parcellen getheilte, städtische Acker, sowie das im Galgenmoor belegene städtische Moor auf zehn aufeinander folgende Jahre bis Michaelis 1903, öffentlich an Ort und Stelle dem Meistbietenden verpachtet werden. Die Verpachtungs=Bedingungen werden vor der Verpachtung verlesen und fordern wir Pachtliebhaber auf, sich recht zahlreich einzufinden.
Schönberg, den 4. Sept. 1893.

Der Magistrat.


Oeffentliche Versteigerung.
Mittwoch, den 6. September d. J.
Vormittags 11 Uhr,

werde ich auf der Hofstelle des Hauswirths Menz in Palingen öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkaufen lassen.

1 Arbeitspferd (Fuchs), 3 Kühe, 5 bis 6 Fuder Vormathheu, etwas Roggen im Stroh, die Nachmath von 2 Wiesen auf dem Halme, Kartoffeln und Rüben im Felde, Obst u. a. m.

Palingen, den 1. September 1893.
Der Sequester
P. Maass.


Bekanntmachung.

Zur Bestreitung der Verwaltungskosten, Unterhaltung der Spritzen und Deckung der Brandschäden ist für das laufende Jahr ein Beitrag von Cl. Ia 15 Pf., Cl. Ib 18 Pf., Cl. II 24 Pf., Cl. III 30 Pf. für 100 M. der Versicherungssumme erforderlich.
Der Zahltag wird den einzelnen Ortschaften noch besonders bekannt gemacht.
Schönberg, den 1. September 1893.

Direktion der Feuer=Versicherungs=Gesellschaft
für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.


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Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und 1 Lustspiel oder Posse) in der Spielzeit 1893/94, für welche ein Platz in der Fremdenloge 18 Mk., im ersten Range 12 Mk., im Parkett und in der Parkettloge 10 Mk., im II. Rang Balkon und Mitte 6 Mk., im II. Rang Seite 5 Mk. kostet. Für diejenige Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und demselben Tage zurück bei genügender Betheiligung Rückfahrkarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 8. September d. Js. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr in Schönberg Abonnements=Anmeldungen freundlichst entgegen.
Die Ausgabe der Karten erfolgt im September.
Schwerin, den 22. August 1893.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


St. Marienkirche.
Mittwoch den 6. d. M. 5 Uhr
6. Orgelkonzert.
7. Jahrgang. 1893.

1. J. Thiele (1816-48, Organist in Berlin).
                Konzertsatz in Es-moll.
2. F. Mendelsohn (1809-47).
                Andante tranquillo a. d. III Sonate.
3. J. Rheinberger (geb. 1839, Hofkapellmeister in München.)
                Sonate op. 148. I. Satz.
4. a) Jak Gallus (1550-91, Kaiserl. Kapellmeister in Prag).
                Motette: Ecce quomodo.
     b) Ph. Nikolai (um 1599 in Hamburg).
                Choral: Wachet auf.
5. A. Guilmant (geb. 1837. lebt in Paris).
                Sonate D-moll. I. Satz.
Nr. 4 vorgetragen von der Vereinigung für kirchl. Chorgesang.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 4]
Am 20. und 21. October 1893.
Grosse
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10 000
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4 000
3 000
2 000
1 000
500
300
200
100
50
20
10
5
45 000 M.
23 500 M.
9 000 M.
9 000 M.
10 800 M.
10 300 M.
9 000 M.
9 000 M.
9 000 M.
13 500 M.
18 000 M.
18 000 M.
13 500 M.
9 000 M.
9 000 M.
18 000 M.
-----------------------------------------
6 197 = 259.000 baar 233 100 M.


Gladbacher
Feuerversicherungs=Gesellschaft.
Wir bringen hiermit zur Anzeige, daß wir dem Herrn                          
Heinrich Ratzeburg, Kommissionär in Schönberg
eine Agentur unserer Gesellschaft übertragen haben.                                                    
Schwerin, den 29. August 1893.                          
Die General=Agentur.
Hermann Schröder.
-------------------

Bezugnehmend auf obige Annonce halte ich mich zur Vermittelung von Feuer=, Explosions= und Glasversicherungen bestens empfohlen und erkläre mich zu jeder Auskunft gern bereit.

Heinrich Ratzeburg.


Zu dem am 10. und 11. September bei mir stattfindenden

Scheibenschiessen

nach guten Gewinnen lade ich hierdurch ergebenst ein.

                                                    Oldenburg=Lockwisch.


Am Sonntag, den 10. und Montag, den 11. September d. J. findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach vorzüglichen Gewinnen statt, wozu ich mir erlaube, meine Freunde und Gönner ergebenst einzuladen.

                                                    Gastwirth Kohs,
                                                    Menzendorf.

Am Montag den 11. September Ball.


Theater in Schönberg.
Im Saale des Herrn Boye.
Dienstag, den 5. Septbr.
9. Vorstellung im Abonnement
Debüt des jugendlichen Liebhabers
         Herrn Bruno Gaston
Muttersegen
Schauspiel mit Gesang in 5 Acten v. W. Friedrich.
Pierrot:                                                     Bruno Gaston.
Donnerstag, den 7. September 1893.
Die Ehre.
Schauspiel in 4 Acten von Herrmann Sudermann.
Robert Heinike                                             Bruno Gaston.
Freitag, den 9. September 1893.
Die Grille.
Ländliches Charactergemälde in 5 Acten von Charlotte Birch=Pfeiffer.
Sonntag, den 10. September 1893.
Nachmittags 4 Uhr Kinder=Vorstellung.
Tischlein deck' dich, Eselein streck' dich, Knüppel aus dem Sack.
Abends 8 Uhr.
Der Trompeter von Säkkingen.
Werner Kirchhofer                                                     Bruno Gaston.
                                                    Die Direction.


Die über den Zimmermann Herrn Heinrich Dusenschön in Hamburg in der Versammlung der Herrnburger Kuhgilde am 30. Juli d. J. gemachte beleidigende Aeußerung nehme ich hiermit zurück und erkläre, daß es mir leid thut, diese Aeußerung in der Uebereilung gethan zu haben.
Herrnburg, den 4. Sept. 1893.

                                                    Wiebeck.


Für die mir bei der Beerdigung meiner verstorbenen Frau erwiesene Theilnahme sage ich hiemit Allen meinen herzlichsten Dank.
Kl. Mist, d. 2. September 1893.

                                                    Aug. Badstein.


Umfahrt der II. Pfarre.

Montag, den 11. September: Gr. Bünsdorf, Kl. Bünsdorf, Rottensdorf, Retelsdorf, Rabensdorf, Torrisdorf, Sabow.
Mittwoch, den 13. September: Petersberg, Bechelsdorf, Niendorf.
Donnerstag, den 14. September: Kl. Siemz, Gr. Siemz, Lindow, Törpt, Olndorf, Raddingsdorf, Resdorf.
Montag, den 18. September: Malzow, Kleinfeld, Rupensdorf, Wahlsdorf, Lockwisch.

Im Auftrag: H. Schulze.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 54-55 M., große Schweine 54-57 M., Sauen 40-46 M., Kälber 67-73 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 69 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 5. September 1893.


- Schönberg. Der Sedantag wurde hier am Sonntag gefeiert und verlief dem vorher veröffentlichten Programm entsprechend ohne Störung. Nach dem Auszug hielt Herr Dr. Latendorf vor den zahlreich erschienenen Festtheilnehmern die folgende Rede:

Liebe Landsleute und Festgenossen!

Fast ein Vierteljahrhundert ist seit dem herrlichen Sieges= und Ehrentage unseres Volkes vergangen, dessen Gedächtniß wir heute feierlich begehen, und noch lebt in unserer aller Brust das tiefe Gefühl des innigen Dankes für den durch Gottes Gnade nach blutigen Kämpfen dem Vaterlande beschiedenen Segen und das Bewußtsein der Pflicht, diesen Dank auch öffentlich mit Herz und Mund zu bekunden. Die Erinnerung drängt sich heute unmittelbar auf, daß im nächsten Monat achtzig Jahre seit der großen Völkerschlacht bei Leipzig verflossen sind, die die Macht des vermessenen Welteroberers in ihrer Wurzel erschütterte, und deren Andenken weit über ein Menschenalter hinaus in unserem Volke privatim und öffentlich gefeiert wurde. In jenen Tagen sang der ehrwürdige Dichter des Vaterlandsliedes, dessen ehernes Bild an dem deutschen Strome mit dauernder Mahnung zu unserm Gewissen redet:
                So lange rollet der Zeiten Rad,
                So lange scheinet der Sonne Strahl,
                So lange die Ströme zum Meere reisen
                Wird noch der späteste Enkel preisen
                          Die Leipziger Schlacht

und er bezeugte zugleich dankbar, daß Gott der Helfer der Freiheit war und des Tyrannen Macht zerstob.
In jener gewaltigen Schlacht standen unserm Volke fremde Bundesgenossen zur Seite und die Frucht des endlichen Sieges in den Befreiungskriegen ist uns Deutschen vom Ausland verkümmert und verkürzt worden.
Wie ähnlich und doch wie verschieden, wie ungleich glücklicher hat sich unser Schicksal zwei Menschenalter später gestaltet.
Auch in den Kämpfen von 1870 lebte dasselbe Gottvertrauen, dieselbe Kraft und männliche Demuth wie in den Helden von 1813; dem Tage von Sedan gilt insbesondere die Jubelhymne des in der nahen Hansastadt geboren und entschlafenen frommen Sängers:
                Nun laßt die Glocken von Thurm zu Thurm
                Das Land durchhallen im Jubelsturm;
                Des Flammenstoßes Geleucht facht an,
                Der Herr hat Großes an uns gethan,
                Ehre sei Gott in der Höhe!
Im Vertrauen auf Gott nahm König Wilhelm von Preußen den ihm muthwillig aufgezwungenen Kampf auf, und sein Vertrauen theilten die Fürsten und Völker des ganzen Deutschlands, theilten die tapferen Schaaren, die, weise und kraftvoll geleitet, Sieg auf Sieg errangen, bis als Frucht der blutigen Kämpfe die Einheit des Vaterlandes in dem glorreich erneuten Kaiserthum entstand. Der glänzende Mittelpunkt aller jener Erfolge und Thaten aber war und ist der Tag von Sedan, der eine ganze feindliche Armee und den Kaiser der Franzosen selbst in deutsche Gefangenschaft überlieferte. An den Sturz des welschen Kaiserthums knüpfte schon damals das deutsche Gemüth ahnungsvoll die Hoffnung auf die deutsche im Schlachtfeld wiederzugewinnende Kaiserkrone, das geheiligte Symbol unserer nationalen Einheit und Kraft. Uns Deutschen aber war es vergönnt, in diesem letzten und entscheidenden französischen Kriege, wie die Weltgeschichte keinen ruhmvolleren kennt, durch eigene Kraft zu siegen und nach eigenem Ermessen den Frieden zu schließen.
                Es stand mit uns im Gliede
                Niemand als Gott allein.
                So sollte auch der Friede
                Ein deutscher Friede sein.

Dem Danke gegen Gott hat das tiefe Gemüth unseres Kaisers den treuesten Ausdruck in den schlichten Worten gegeben, die fort und fort in den Herzen des deutschen Volkes wieder klingen: welch eine Wendung durch Gottes Fügung!
Mit dem Danke gegen Gottes gnädiges Walten verbinden wir unmittelbar den Dank gegen die auf dem Felde der Ehre gebliebenen, gegen die seitdem entschlafenen und gegen die in unserer Mitte lebenden, in friedlichem oder kriegerischem Berufe wirkenden Streiter und nicht minder gegen die Fürsten und Berather, deren Weisheit das deutsche Reich gründen und sichern half.
Es ist eine gute und treue Sitte, daß die Sedanfeier zuerst der abgeschiedenen Brüder gedenkt und an ihrem Ehrenmale Kränze wehmütiger und dankbarer Erinnerung niederlegt. Auch wir sind willigen Herzens und gerechter Weise dem frommen Brauch gefolgt und haben uns an der von dem deutschen Adler gekrönten Ehrensäule in feierlichen Klängen aufs neue zu den Tugenden des deutschen Mannes, zu Beharrlichkeit, zu Tapferkeit, zu Treue, zu unerschütterlichem Gottvertrauen mahnen lassen.
Wie viele theure Häupter sind schon den Gefallenen von 1870 und 71 gefolgt und zum letzten Schlafe hineingegangen in unmittelbarer Nähe und in weiter Ferne, in alten und in jüngsten Tagen. Keinem zu lieb und keinem zu leide ziemt es sich, zuerst das geheiligte Haupt des Heldenkaisers Wilhelm und seinen ihm so rasch folgenden ruhmgekrönten Sohn Kaiser Friedrich III. zu nennen; ich nenne weiter den anderen siegreichen Feldherrn aus dem Hohenzollernstamme, den kühnen und ritterlichen Prinzen Friedrich Karl und vor allen andern den unserm Herzen so nahe stehenden unvergeßlichen Fürsten Großherzog Friedrich Franz II., der den seiner Führung befohlenen Schaaren und unter ihnen den Söhnen seines eigenen und unseres Mecklenburger Landes und dieses Fürstenthums in allen Tugenden des Mannes und Kriegers als Muster voranleuchtete.
Wie manchem unter euch Kampfgenossen und Kriegern, die hier gesammelt vor mir stehn, war das Herz in diesen Tagen von wehmüthiger, treuer Erinnerung erschüttert und bewegt, wo das dem Vater seines Landes und deutschem Helden errichtete und verdiente Ehrenmal feierlich enthüllt wurde.
Allen Abgeschiedenen, Fürsten, Feldherrn, Führern, wie schlichten Kriegern, bleibt unsere treue dankbare Erinnerung; den lebenden Begründern und Festigern der deutschen Einheit der schuldige Zoll dankbarer Verehrung; in uns Deutschen allen, soweit wir noch des Namens werth sind, lebt das Bewußtsein der unter schweren Opfern und Kämpfen durch Gottes Gnade gewonnenen köstlichen und unveräußerlichen Güter, der Ehre, Einheit und Freiheit des Vaterlandes.
Aber was tapfer und treu errungen ist, muß auch tapfer und treu bewahrt werden.
So mahnt der Sedantag, woran ich die Theilnehmer eines Kriegerfestes nicht zu erinnern brauche, an die erste und ernste Pflicht, auf den errungenen Lorbern nicht träge und stolz und in vermessener Selbstüberhebung und Sicherheit, die schon früheren Geschlechtern verderblich war, auszuruhn, sondern vielmehr der gewonnenen vaterländischen Güter werth zu bleiben und an ihre Bewahrung Gut und Blut und alles zu setzen; es mahnt uns weiter eindringlich, aller Zwietracht, die sonst unser Leben spaltet, zu vergessen, und des gemeinsamen Besitzes, des geliebten Vaterlandes uns brüderlich zu erfreuen. Noch heute wie vor 80 Jahren gilt die Mahnung des Sängers:
                Haß und Argwohn müßt ihr dämpfen,
                Geiz und Neid und böse Lust:
                Dann nach schweren langen Kämpfen
                Kannst du ruhen, deutsche Brust.
                    Ihr in Schlössern, ihr in Städten:
                Welche schmücken unser Land,
                Ackersmann, der auf den Beeten
                Deutsche Frucht in Garben band,
                Traute deutsche Brüder höret
                Meine Worte alt und neu:
                Nimmer wird das Reich zerstöret,
                Wenn ihr einig seit und treu.

Dieser eindringlichen Mahnung des Sedantages getreulich nachzuleben wird uns um so leichter

[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 6]

und sicherer gelingen, wenn wir uns das erhabene Beispiel der ersten Männer des Vaterlandes und der Heimath, des .deutschen Kaisers und unseres geliebten Großherzogs vor Augen stellen.
Des Kaisers Majestät ist von Anfang seiner Regierung an bedacht gewesen, die Macht und Ehre des deutschen Vaterlandes und seine Unabhängigkeit mit Weisheit und Kraft in Eintracht mit den Fürsten und den Vertretern des deutschen Volkes zu schützen und zu sichern.
Unser geliebter Großherzog aber gehört einem Herrschergeschlechte an, das, um der würdigen Ahnen zu geschweigen, in unserem Jahrhundert in Krieg und Frieden drei Generationen hierdurch zu des deutschen Vaterlandes Segen und Ehre gewaltet hat und unter Gottes gnädigem Beistand zu walten fortfährt. Mit dem bevorstehenden Weihnachtsfeste läuft zugleich ein Jahrhundert zu Ende, seit die edle Tochter unseres Fürstenhauses, Prinzessin Luise mit ihrer Schwester in das preußische Könighaus eintrat.
Ihr Andenken lebt fort und fort im deutschen Volke. Das Wort des Heldenjünglings, der auf Mecklenburger Erde sein frühes Grab fand, ist zur Wahrheit geworden. Der Tag der Vergeltung ist gekommen, der "Tag der Rache". Das Bild der verklärten Königin, "des guten Engels für die gute Sache", hat die ihrem Blute entsprossenen und nahverwandten Fürsten und Helden, hat die gesammte deutsche Wehrkraft geleitet und begeistert.
Ihr Sohn aber hat in treuer Kindesliebe an demselben Tage, an dem er Worte deutschen Muthes, deutscher Ehre und gläubigen Gottvertrauens an den Reichstag gerichtet hatte, am Sterbetage der geliebten Mutter den Orden des eisernen Kreuzes erneuert, den einst sein in Gott ruhender Vater am Geburtstage der früh entschlafenen Gemahlin gestiftet und womit er die Brust des siebzehnjährigen Sohnes für den auf Frankreichs Boden bewiesenen Heldenmuth am ersten Jahrestage der Stiftung geschmückt hatte.
Uns späten Enkeln ist das Heil erworben, als freie Männer im deutschen Lande zu leben und zu sterben. Diesen mit Gottes Hülfe im schweren und ernsten Ringen erworbenen Siegespreis in Ehren für das jetzige und für die künftigen Geschlechter fest zu halten mahnt uns das deutsche Gewissen, mahnt uns das erhabene Beispiel des deutschen Kaiser= und des heimischen Fürstenhauses.
Wir rufen in deutscher Treue:

      Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II.,
      Sr. Königl. Hoheit Großherzog Friedrich Wilhelm
sie leben hoch, hoch, hoch!


- Die Kaiserjagden in Bellye. Ueber die Vorbereitungen für die Jagden der Kaiser Franz Josef und Wilhelm auf der erzherzoglich Albrechtschen Herrschaft Bellye in der Baranya wird der Wiener "R. Fr. Pr." von dort berichtet: Der Bellyer Urwald, in der Dimension von mehr als 30 000 Joch, ist in 7 Reviere eingeteilt, und jedem Revier steht ein Oberförster vor, der wieder dem in Bellye im erzherzogl. Kastell wohnenden Forstmeister Feningsberger untergeordnet ist. Herr Feningsberger hat bereits die Jagdprojekte fertig gestellt und der Erzherzogl. Albrechtschen General=Direktion nach Wien zur Genehmigung übersendet. Es wurde bis in die kleinsten Details ausgearbeitet, in welchem Revier Kaiser Franz Josef, Kaiser Wilhelm, der König von Sachsen und der Herzog von Connaught pürschen werden. Das zu erlegende Wild, in erster Reihe wohl Hirsche und Adler, befindet sich im InundationsTerritorium der Donau und der Drau, und bei kleinem Wasserstand oder gänzlicher Trockenheit, sowie bei einer eventuellen Ueberschwemmung des Jagdterrains wird selbstverständlich die Pürschstelle eine Veränderung erfahren. Wie verlautet, war es der Entschluß des Kaisers Wilhelm selbst, das Baranyaer Jagdterritorium aufzusuchen, da ein ähnliches in ganz Europa nicht mehr vorhanden ist. Der deutsche Kaiser sah nämlich jene herrlichen Achtzehn und Zwanzigender im Gewichte von 10 bis 12 Kilogramm, welche Kronprinz Rudolf in den Bellyer Forsten geschossen hatte, und äußerte schon vor Jahren den Wunsch, wenn er einmal nach Ungarn komme, in den Bellyer Forsten jagen zu wollen Kaiser Wilhelm benutzte die erste Gelegenheit, um dieses längst gehegte Projekt zu verwirklichen; und auch Kaiser Franz Josef, der noch nie auf dem 120 000 Joch großem Gute seines Oheim Erzherzogs Albrecht geweilt, wird sich an diesen Jagden beteiligen.
- Die ziffernmäßige Darstellung der Ernte von 1893 ergiebt nach den Aufstellungen der Commission des internationalen Saatenmarkts in Wien, wenn eine Mittelernte gleich 100 gesetzt wird, für die einzelnen Länder Europas folgendes Resultat; Oesterreich: Weizen 90, Roggen 89, Gerste 94, Hafer 83; Ungarn: Weizen 98-100, Roggen 85 bis 92, Gerste 83-118, Hafer 79-97; Deutschland: Weizen 75 -105, Roggen 80-109, Gerste 75-105, Hafer 45-82; Dänemark: Weizen 100, Roggen 100, Gerste 70, Hafer 50; Schweden: Weizen 100, Roggen 90, Gerste 85, Hafer 85; Norwegen: Weizen fehlt, Roggen 95, Gerste 99,
Hafer: 101; Italien: Weizen 100, Roggen fehlt, Gerste 90, Hafer 90; Schweiz: Weizen 80, Roggen 70, Gerste fehlt, Hafer 65; Holland: Weizen 87, Roggen 92, Gerste 77, Hafer 72: Belgien:
Weizen 87, Roggen 95, Gerste 77, Hafer 50;
Frankreich: Weizen 82, Roggen 85, Gerste 86, Hafer 86; Großbritannien: Weizen 90, Roggen fehlt, Gerste 75, Hafer 80; Rußland: Weizen 75 bis 150, Roggen 70-120, Gerste 70-115, Hafer 75-130; Rumänien: Weizen 111, Roggen 130, Gerste 100, Hafer 130; Serbien: Weizen 80, Roggen 75, Gerste 90, Hafer fehlt; Bulgarien: Weizen 74, Roggen 61, Gerste 77, Hafer 80 - Das Proviantamt in Spandau liefert einen bestimmten Teil der in der Provinz Brandenburg im Manöver befindlichen Truppen die Fourage, damit die Landwirte selbst davon entbunden sind. In Spandau sind zu diesem Zweck große Vorräte aufgespeichert worden.
- Im Berliner Aquarium sind jetzt 10 Arten von Giftschlangen vertreten, eine noch nie bisher erreichte Zahl.
- Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete für den dritten Hamburger Wahlkreis, Metzger ist am Montag vom Landgericht in Hamburg wegen Beleidigung des Senats und der Bürgerschaft daselbst zu einer Gefängnißstrafe von 5 Monaten verurteilt worden.
- Das Landgericht in Hamburg verurteilte den Inhaber des Vergnügungs=Etablissements "Universum" zu St. Pauli, Jacoby, wegen jahrelang betriebener Bierpantsche zu 3 Monaten Gefängnis und 1500 Mark Geldstrafe.
- Eine eigenthümliche Todesart wählte nach der "Schl. Ztg." ein alleinstehendes und nicht unbemitteltes älteres Fräulein in Bolkenhain in Schlesien, indem es am vorigen Freitag eine größere Menge Cognac - wie es heißt 1/2 Liter - in der Absicht zu sich nahm, sich dadurch zu töten. Ihren Zweck hat sie auch erreicht, denn in der Nacht zum Sonntag ist sie, ohne wieder zum Bewußtsein zurückzukehren, verstorben.
- Die "Kattowitzer Ztg." erfährt von verschiedenen Seiten, ein preußischer Grenzbeamter habe bei Milowice einen russischen Soldaten, der eine entlaufene Kuh zurückholen wollte, auf preußischem Gebiet erschossen. Der Beamte habe dreimal vergeblich Halt gerufen.
- Vor einigen Tagen wurde in Stubenberg in Bayern der Kaufmann Franz Schremk mit Fräulein Josefine Getter getraut. Als der Hochzeitszug sich aus der Kirche entfernen wollte schlug der Blitz in den Ableiter des Thurmes, sprang etwa drei Meter vom Boden entfernt, durch einen Eisenhaken in die Mauer und erhellte mit seinem blendenden Lichte den Raum unter dem Chore. Die Trauungsgäste waren vor Schrecken förmlich gelähmt. Eine Frau wurde ohnmächtig.
- Gruson aus Magdeburg hat sich am Dienstag nach Helgoland begeben, um im Verein mit Krupp die Geschütze Helgolands einer näheren Prüfung zu unterziehen.
- Dem Revierjäger Obenhaus zu Salzmünde im Mansfelder Seekreis ist vom Deutschen Jagdschutzverein ein vergoldeter Ehrenhirschfänger und ein Jagdwandkalender für Abfassung von 8 Wilddieben und Schlingenstellern verliehen worden.
- Die Kronprinzessin=Witwe Stefanie von Oesterreich, die seit diesem Frühjahr von Wien abwesend war, ist am Montag dorthin zurückgekehrt. Sie hat Schweden, Norwegen und Belgien besucht.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 7]

- Die ehemalige "Reitende Artilleriekaserne" in Berlin am Oranienburger Thore hat in Breslau ein würdiges Gegenstück gefunden. Die dortige elektrische Straßenbahn giebt Fahrscheine aus, die auf der Rückseite folgenden Vermerk tragen: "Dieser Fahrschein ist giltig von der durchlochten Einsteigestation des Fahrgastes nach" u. s. w. Da darf man sich über die "gedörrte Aepfelfrau", die "kleingehackte Holzhandlung" und den "Stählernen Geldschrankfabrikanten", die zeitweilig in den Zeitungen auftauchen, nicht mehr wundern.
- Der Rhein soll etikettiert werden. Da man nicht bequem genug mit dem Reisehandbuch beim Vorüberfahren sich orientieren kann, sollen nach dem Vorschlag einiger Reisender die Ortschaften usw. durch riesige Aufschriften kenntlich gemacht werden. Dazu wird es hoffentlich nicht kommen.
- In Gastein ist in den letzten Tagen das Thermometer auf - 4° gesunken. Der erste Schnee fiel Montag Morgen um 6 Uhr.
- Der Wasserstand des Rheins geht derart zurück, daß bei weiterem Fallen des Wassers der größte Teil der Schiffahrt, nicht allein für den Güter=, sondern auch für den Personenverkehr eingestellt werden muß.
- Von dem Kriegsgericht in Brücke ist am Dienstag ein belgischer Hauptmann, der bei einem Diebstahl in einer Badekabine in Ostende auf frischer That ertappt worden war, trotz Leugnens zu einem Monat Gefängnis, 26 Frks. Geldbuße und zur Ausstoßung aus dem Heere verurteilt.
- Eine Lemberger Zeitung schildert das Auftreten der Cholera im Nadvornaer Bezirke (Oesterreich) als viel bösartiger wie das im vorigen Jahre in Hamburg. Fast alle Erkrankten seien gestorben. Das Gerücht sei verbreitet, die Aerzte vergifteten die Kranken. Deshalb weigern Juden und Bauern sich, die vorgeschriebenen Medikamente zu nehmen, an Krankenpflegern herrsche der größte Mangel.
- Eine schwere Erkrankung Clevelands, des Präsidenten der Vereinigten Staaten, wird aus New=York gemeldet. Die "Frankfurter Zeitung" erfährt von ihrem New=Yorker Korrespondenten, die Umgebung des Präsidenten Cleveland bestätige, daß der Präsident an einem schweren Leiden und zwar am Krebs im Munde erkrankt sei. Es sei bereits ein Theil des Kinnbackens auf operativem Wege entfernt worden.
- Der Senator Stancord in New=York beschloß, sein ea. 100 Millionen Dollars betragendes Vermögen zur Gründung einer Universität zu verwenden. Die Universität soll den Namen seines vor Kurzem gestorbenen Sohnes tragen.
- Von einer Skorpionplage wird gegenwärtig Mexiko heimgesucht. In der Stadt Durango ist diese so groß geworden, daß der Stadtrat Belohnungen für die Tötung der Thiere ausgeschrieben hat. Auf diese Weise wurden 80 000 vernichtet. Für 100 getötete Skorpionen zahlt die Stadt 60 Cents. Angestellte Skorpionentöter dürfen jede Wohnung betreten, um ihren gemeinnützigen Beruf auszuüben.
- Im Repräsentantenhaus in Washington wurde die Vorlage wegen Aushebung des berüchtigten Silberankaufsgesetzes in erster Lesung angenommen. Damit ist der Bruch mit der bisherigen Währung in Nordamerika eingeleitet. Der Schatzsekretär Carlisle befahl den Münzstätten in Philadelphia und San Francisko den vollen Betrieb mit vollzähligen Angestellten zur Prägung von Goldmünzen aufzunehmen, wofür 85 bis 90 Millionen im Schatzamt vorhanden sind.
- Der beschwerliche Dienst der Lokomotivführer hat jetzt insofern eine Erleichterung erfahren, als ihnen allgemein gestattet worden ist, während der Fahrt kleine Stühle oder Drehschemel zum Sitzen zu benutzen. Bisher war ihnen das Sitzen auf der Fahrt verboten. Die Führer machen denn auch schon von dieser Neuerung ausgiebigen Gebrauch. Meistens benutzen sie federnde Sitze, weil hierdurch das während der Fahrt sonst recht empfindliche sogenannte Stauchen der Lokomotiven nicht auf den Körper des Führers übertragen und so dessen schädliche Einwirkung auf das Nervensystem vermieden wird.
- Durch Tätowierungen der Arme ist der Berliner Polizei die Persönlichkeit eines Verbrechers verraten worden. Am Sonntag Abend nahmen Kriminalbeamte am Bahnhof Zoologischer Garten einen Mann fest, der dort die Dienste eines Zuhälters verrichtete. Nach der Wache gebracht, legitimierte er sich als der Arbeiter Schulz. Trotz der den Beamten vorgelegten Papiere witterte man in ihm eine andere Persönlichkeit. Auf dem linken Arm trug der Festgenommene eine Menge Tätowierungen. Der angebliche Schulz hatte nicht nur die Abbildungen eines Akrobaten, einer Sängerin das Konterfei von Müller und Schulz und verschiedene Städtenamen dort eingegraben, sondern auch sein politisches Glaubensbekenntniß mit den Worten: "Hoch lebe die Sozialdemokratie!" unauslöschlich durch eine Tätowierung niedergelegt. Unter diesen Worten las man weiter: "Franz Setzer ist mit Anna=Kraatz am 3. Juli 1888 verbunden." Ein Schuhmacher Franz Setzer, der als Strafgefangener von Spandau nach Templin im Juni d. Js. transportiert wurde, entsprang seinem Begleiter auf dem Bahnhof in Löwenberg. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß der Verhaftete mit dem Flüchtling identisch ist. Die Legitimationspapiere auf den Namen Schulz lautend hat Setzer sicher gestohlen.
- Eine äußerst interessante Wette, die das Interesse der weitesten Kreise der Sportwelt wachzurufen geeignet ist, ist, wie das "Berl. Tageblatt" berichtet, am Dienstag voriger Woche zum Austrag gekommen. Die Herren Pferdehändler Wulff in Neuhamm bei Nordenham und Gutsbesitzer Harxen im Unterland haben nämlich folgende Wette abgeschlossen: Wulff war der Meinung, daß ein tüchtiges Rennpferd auf längeren Strecken mit einem Radfahrer nicht konkurriren könne, auf kürzeren Entfernungen diesem jedoch überlegen sei; Herr Harxen dagegen stellte die Behauptung auf, daß ein Radfahrer stets und auf allen Entfernungen von einem tüchtigen, leistungsfähigen Pferd überholt werde. Das Werthobjekt beträgt 1000 Mark, die von dem Radfahrer und dem Renner zurückzulegende Bahn liegt zwischen Weddewarden und Cuxhaven, und ist dieselbe 35,5 Kilometer lang. Herr Harxen, welchem ein vorzüglicher Renner, Vollblutrace, zur Verfügung stand, ritt selbst, während es der Partei des Herrn Wulff gelungen war, in der Person eines der besten Radfahrer Norddeutschlands, Herrn Fr. Grundmann, Fahrwart des Radfahrclubs "Wanderlust", Oldenburg, einen bewährten Gegner zu stellen. Das Resultat war, daß der Radfahrer glänzend gesiegt hat, indem er die Strecke in 62 Minuten durchfuhr.
- Eine eigenartige Verwechselung ereignete sich vor Kurzem in einem Haus in Berlin, aus dem in Irrsinniger nach der Charite übergeführt werden sollte. Als dazu auf polizeiliche Veranlassung ein Wagen vorgefahren war, kam dem Begleiter des Krankentransportes auf der Treppe eine Schaar flüchtige Burschen entgegen, die von einem Mann mit einer Klopfpeitsche heruntergetrieben wurden. Dieser mußte der abzuholende Irrsinnige sein; der Begleiter bemächtigte sich seiner, um ihn in den Wagen zu stecken. Dabei schimpfte der Ergriffene und verlangte Aufschluß über das, was man mit ihm vorhabe, so daß der Transporteur den Ausbruch der Tobsucht für unmittelbar bevorstehend hielt und um so fester zupackte. Dem in dieser Weise Ueberfallenen schien plötzlich ein Licht über die Situation aufgegangen zu sein, denn er brach in lautes Lachen aus und fragte, ob man ihn denn für den abzuholenden Geisteskranken halte. Als der Transporteur darüber etwas verblüfft wurde, fügte der Festgenommene hinzu, der Irrsinnige befinde sich eine Treppe höher, und er habe nur die Neugierigen fortgejagt, die sich vor dessen Thür angesammelt hatten, um Zeugen der Wegführung zu sein. Damit war der Mißgriff aufgeklärt, und der richtige Irre wurde in den Wagen geschafft und nach der Charité gebracht.
- Zur Nachahmung eines besonderen Zirkuskunststückchens, des sog. Sprungs über die irische Bank, hatte sich im Zirkus Renz in Berlin der Sportschriftsteller Franz Eberhardt gemeldet, der in Sportkreisen als geübter Reiter hinlänglich bekannt ist. Der genannte Herr absolvierte auch mit

[ => Original lesen: 1893 Nr. 69 Seite 8]

seinem Pferd, einer prächtigen sechsjährigen Vollblutstute, alle Sprünge, welche der irischen Bank voraufgehen, in tadelloser Weise. Bei diesem letztgenannten Hindernis indessen sollte es sich zeigen, daß ein gutes Springpferd und ein tüchtiger Reiter allein nicht genügen, um diesen Zirkustric auszuführen. In stürmischer Pace kam die Stute herangejagt, sprang auch willig mit mächtigem Satz auf die Bank, kam aber sofort, weil in falschem, regellosem Galopp befindlich, auf die Knie nieder und überschlug sich in einem Salto mortale. Der Reiter flog sofort aus dem Sattel und blieb, da er mit dem Kopf gegen die Bank schlug, bewußtlos liegen, während sein Pferd selbst sekundenlang auf dem Kopf stand. Es hatte sich das linke Knie und den linken Schenkel zerschmettert und mußte getötet werden. Im Zirkus herrschte eine ungeheure Aufregung, welche sich erst einigermaßen legte, als man sich überzeugt hatte, daß der Reiter mit dem Leben davongekommen war. Herr Eberhardt erschien nach einiger Zeit in der Manege, um das Publikum durch sein Erscheinen zu beruhigen.
- In einer Restauration zu Stendal fand kürzlich ein Trompeter in einem "warmen Würstchen", daß er von einem fliegenden Wursthändler für zehn Pfennige erworben, ein Fingerglied. Auf erstattete Anzeige gegen den betreffenden Wursthändler stellte sich heraus, daß diesem tags vorher beim Anfertigen der Würstchen das Teilglied eines Fingers abgequetscht worden war. Er selbst hatte die Arbeit sofort eingestellt und einem Gesellen Auftrag gegeben, nach dem Fingerglied zu suchen. Dieser will aber zwischen dem "Gehackten" nichts gefunden haben. Das Schöffengericht Stendal hat jetzt den Wursthändler wegen groben Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt.
- Eine Sommervilla der Königin von Italien. Die Königin von Italien hat sich am Rosa=Gletscher in einer Höhe von mehr als 3000 Meter, ein Sommerhäuschen bauen lassen. Die Arbeiten die bereits seit 3 Monaten im Gange sind, schreiten nur langsam vorwärts, da die Arbeiter täglich nur wenige Stunden arbeiten können und am frühen Morgen genötigt sind, die Eiskruste, die sich während der Nacht auf dem Mauerwerk bildet, zu brechen. Das Sommerhäuschen wird zwei Stockwerke haben und im Innern ganz mit Lärchenholz bekleidet sein. Die Arbeiten stehen unter der Leitung des Barons de Peccaz, dessen Gast die Königin seit 6 Jahren in jedem Sommer in seiner Alpenvilla zu Gressoney ist. Das Sommerhäuschen der Königin wird nach seiner Vollendung eine der höchstgelegenen herrschaftlichen Wohnungen in ganz Europa sein.
- Als das englische Fangschiff "Viktoria" versunken war, sah man zwei Gegenstände, die zuvor in der Kabine des Admirals Tryon lagen, schwimmen, fischte sie auf, und brachte sie nach England. Der eine dieser Gegenstände war das Teleskop des Admirals, der andere seine Depeschenbüchse. Mit dieser Büchse hat es eine besondere Bewandnis; sie war nach ganz bestimmten dienstlichen Vorschriften konstruiert, um als Behälter für den Signalcodex zu dienen. Es ist nämlich wichtig, daß dieser im Fall eines Unglücks nicht in feindliche Hände fällt. Die Büchse ist daher mit Blei belegt und am Boden durchbohrt, um so augenblickliches Sinken zu sichern, falls sie über Bord geworfen wird. Was trat aber ein? Das große Schiff, für dessen Flotthaltung die moderne Wissenschaft ihren ganzen Scharfsinn aufgeboten, sank wie ein Stein. Die bleibelegte Büchse, extra zum Sinken konstruirt, schwamm und liegt nun in Whitehall als Denkmal des ewigen "errare humanum".
- Seemannsleiden. Wie man aus Marseille berichtet, erblickte der Dampfer "Burgundia", von der Kompagnie Favre, im atlantischen Ocean unter 35 Gr. nördlicher Breite und 30 Gr. westlicher Länge eine Brigg, welche Notsignal gab und die deutsche Flagge hißte. Der Kapitän der "Burgundia" fuhr auf die Brigg zu. Ein trauriger Anblick bot sich seinen Blicken. Auf dein Deck lag die fast leblose, magere und kraftlose Mannschaft. Die Unglücklichen starben vor Hunger. Die Brieg heißt "Hansa;" sie war vom La Plata mit einer für Falmuth bestimmten Ladung von ungesalzenen Häuten abgegangen und hatte eine vollständige Windstille von 86 Tagen zu erdulden. Während dieser Zeit waren alle Lebensmittel aufgezehrt worden. Als die Brieg gesehen wurde, hatte die Mannschaft schon drei Tage nichts zu sich genommen. Ungeachtet der großen Zahl der Fahrgäste half der Kapitän Dulac vom Dampfer "Burgundia" den Unglücklichen sofort und erneuerte die Lebensmittel der "Hansa", ohne irgend eine Bezahlung anzunehmen. Der deutsche Kapitän grüßte aus Dankbarkeit und als man sich trennte, grüßte die deutsche Flagge dreimal die der "Burgundia", während die Matrosen Hurrahs für Frankreich ausbrachten
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- Vertilgung der kleinen Feldmaus. Man vermischt 1 Maaß Gerstenmehl mit 1 Pfd. weißer Nieswurz und 8 Lot Läusekraut (in jeder Apotheke zu erhalten), welches gepulvert und durch ein Haarsieb geschlagen wird, und verwandelt dieses mit 1/2 Pfund Honig und 1/2 Pfund Milch in einen Teig. Hiervon macht man Kügelchen von der Größe einer Erbse und wirft diese in die Mäuselöcher oder oben auf das Feld hin. Die Mäuse fressen die Speise mit Begierde, werden davon blind und sterben. Das Rezept ist probat und kostet ungefähr 1 Mark.
- Spulwürmer des Pferdes. Vom Juli bis Oktober beobachtet man bei Saugfüllen im Alter von 4-7 Monaten häufig die Spulwurmkrankheit, welche dieselben sehr schwächt und nicht selten tötet. - Kennzeichen: verminderter unregelmäßiger Appetit; bald Verstopfung (Kolikanfälle), bald Durchfall; Abmagerung und glanzloses, rauhes Haar; Flehmen mit der Oberlippe; Reiben des Maules und des Schweifes. Das sicherste Zeichen ist das Vorhandensein von Würmern im Koth. Es können auch Würmer vorhanden sein, ohne daß diese Zeichen auftreten. - Behandlung: 5-6 Monate alte Füllen erhalten zwei Tage nacheinander täglich dreimal 1 g Brechweinstein in warmem Wasser gelöst und dem Getränk zugesetzt. Jüngere Füllen erhalten kleinere Gaben. - Wo die Spulwurmkrankheit heimisch ist, muß diese Behandlung in jedem Jahre regelmäßig vorgenommen werden, und zwar sobald man Verdacht auf Würmer schöpft. - Man unterlasse nie, die abgegangenen Würmer durch Feuer zu vernichten; ein geschlechtsreifes Weibchen beherbergt unzählige Mengen Eier. Neben der medizinischen Behandlung achte man auf gute Ernährung, damit die Füllen nicht zu sehr abmagern. Man gebe junges Kleegras, Möhren, guten Hafer und Heu mit Kochsalz und auch Kuhmilch und bespritzt mit dieser Lösung die Pflanzen. Als kein Räuchern und Einstreuen von Tabakstaub geholfen, habe sich doch das Spirituswasser bewährt, nur müsse man auch die Blätter umdrehen und die Unterseite gleichfalls mit bespritzen.
- Das Einmachen der Früchte mit Saccharin. Schon seit mehreren Jahren findet der neue Süßstoff Saccharin im Haushalt eine sehr ausgedehnte Anwendung, weil er wesentlich billiger als Zucker ist, den damit versüßten Nahrungs= und Genußmitteln einen angenehmen Geschmack und große Haltbarkeit verleiht, und insofern gesünder als Zucker ist, als er nicht wie dieser im Magen Säure bildet, die namentlich für Magenkranke und andere Patienten belästigend und gefährlich sein kann. Ganz besonders dient Saccharin im Sommer und Herbst als Versüßungs= und Konservierungsmittel zur Herstellung von Dunstobst, Kompott, Pflaumen= und Apfelmus usw. Man verwendet in diesen Fällen das leicht lösliche raffiniere Saccharin (450 mal so süß wie Zucker), und zwar an Stelle von 1 Kilogramm bester Raffinade nur um 2 1/4 Gramm leicht lösliches raffiniertes Saccharin. Dasselbe wird in etwas Wasser gelöst, die in Gläser gefüllten Früchte damit übergossen und in der bekannten Weise im Wasserbad gekocht. Derartig hergestelltes Kompott ist äußerst haltbar und säuert nicht. Vorzüglich bewährt hat sich das leicht lösliche raffinierte Saccharin zum Einkochen von Pflaumenmus. Mann löst auch in diesem Fall Saccharin in etwas warmem Wasser auf, setzt die Lösung dem Mus zu, wenn dasselbe ziemlich fertig ist, und kocht unter starkem Umrühren so lange, bis das mit Saccharin zugeführte Wasser verdampft ist.


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