No. 68
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. September
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 1]

Bekanntmachung.

                       Die ordentliche Sitzungsperiode des Schwurgerichts beim Großherzoglichen Landgerichte zu Güstrow für das dritte Quartal d. J. wird am

Montag, den 25. September ds. Js.

eröffnet.

                       Rostock, den 28. August 1893.

Der Präsident
des Großherzoglich Mecklenb. Oberlandesgerichts.
Budde.


      Die Inhaber sämmtlicher auf dem hiesigen Amtsgebiet belegenen Grundstücke, sowohl der mit Gebäuden bestandenen als auch der als Acker, Gärten, Wiesen u. s. w. genutzten Flächen, werden hierdurch aufgefordert, zwecks Aufstellung der Anbaustatistik im Laufe der mit heute beginnenden Woche dem Landvogtei=Pedellen Wienck hieselbst über die Größe und die Bebauung der von ihnen genutzten Flächen schriftlich Mittheilung zu machen.
                Schönberg, den 28. August 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- S. M. der Kaiser wird sich nach den Kaiser=Manövern von Stuttgart aus unmittelbar nach Oesterreich=Ungarn zum Manöver und zur Jagd begeben, dann über Wien nach Berlin zurückreisen, hier einen Tag verweilen und dann direkt nach Gothenburg zur Jagd abreisen. Von da begiebt sich der Kaiser auf dem kürzesten Weg nach Rominten, wo er bis in die zweite Woche des Oktober zu verbleiben gedenkt.
- Im "Reichsanzeiger" wird ebenso wie im "Armee=Verordnungsblatt" bekannt gemacht, daß der Kaiser am 17. August bestimmt hat, daß die für diesen Herbst in Aussicht genommene "Uebung bei Thorn im Kampf um Festungen" ausfällt. Ob für diese neuerliche Entschließung des höchsten Kriegsherrn die Choleragefahr oder finanzielle Erwägungen maßgebend gewesen sind, wird nicht hinzugefügt.
- Der Kölnischen Volkszeitung zufolge soll der Kaiser den Papst zu seinem Namenstage am vorigen Sonntag durch ein langes Telegramm in der freundlichsten Weise beglückwünscht haben.
- Kaiser Wilhelm empfing am Sonnabend den Afrikareisenden Ehlers. Bei dieser Gelegenheit ließ er sich auch den 14jährigen Diener, der Ehlers auf seinen Reisen begleitet hat, vorführen. Der Junge ist ein Mischling aus afrikanischem und asiatischem Blut. Auf die Frage wie ihm Berlin gefalle, soll er der "Nordd. Allgem. Ztg." zufolge erwidert haben: "Die Stadt ist sehr schön, aber die Menschen sind nicht sehr intelligent, sonst würden sie nicht über mich lachen und sich auf der Straße über mich lustig machen."
- Wie aus Gotha berichtet wird, ist das Testament des Herzogs Ernst II. am Mittwoch in Gegenwart des Kaisers eröffnet worden. Es verlautet, daß die Finanzen, entsprechend den in der letzten Zeit laut gewordenen Gerüchten, nicht die besten seien, es sei außer einer nicht unbedeutenden schwebenden Schuld auch eine Anleihe aus der Staatskasse gemacht worden.
- Der "Reichsanzeiger" meldet heute amtlich die Ernennung des Hof= und Dompredigers Faber in Berlin zum General=Superintendenten von Berlin im Nebenamt.
Die russischen Grenzwachen an der ostpreuß. Grenze sind zum erstenmal zu den Herbstmanövern herangezogen, sie werden durch Dragoner während der Uebungszeit ersetzt.
- Ein Börsenblatt will erfahren haben, daß die Thorner Festungsübung namentlich wegen der großen, auf 4 Millionen Mark veranschlagten Kosten aufgegeben worden sei.
- Die Errichtung einer Marinestation an der Westmündung des Nordostseekanals ist endgiltig beschlossen und der ausgearbeitete Plan bereits im Prinzip genehmigt worden. Der Eingang der Schleuse wird durch ein Fort gedeckt, ein zweites Fort wird bei Westerdeich angelegt. Außerdem sollen bei Cuxhaven einige Strandbatterien errichtet werden.
- Dem "Temps" zufolge trifft die russische Flotte unter Führung des Großfürsten Alexis am. 27. September in Brest ein. Der Großfürst und die Offiziere werden auch nach Paris kommen, wo große Festlichkeiten stattfinden sollen.
- Bei der bevorstehenden Regelung des Giftverkehrs dürften, dem Vernehmen nach, auch besondere Vorschriften für den Verkauf von Ungeziefermitteln getroffen werden, da diese leicht in die Hände von Personen gelangen können, welchen ihre Gefährlichkeit nicht bekannt ist.
- Der neueste "Reichsanzeiger" meldet: Innerhalb der letzten 14 Tagen sind im Reiche 11 Cholerafälle vorgekommen, davon 8 mit tötlichem Ausgange; 3 haben sich in Berlin, 1 in Donau=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 2]

eschingen, 3 in Neuß, je einer in Duisburg, Homberg, St. Goarshausen und Neuwied ereignet. Von Seiten der beteiligten Behörden geschehe Alles, um der Seuche Halt zu bieten, und es dürfe gehofft werden, daß das deutsche Reich vor einer stärkeren Heimsuchung bewahrt werde.
- Aus Ersparnisrücksichten soll, der "Voss. Ztg." zufolge vom 1. Oktober ab in den Personenzügen der preußischen Staatsbahnen die erste Wagenklasse in Fortfall kommen, soweit nicht berechtigte allgemeine Interessen dadurch geschädigt werden. Es hat sich seit langer Zeit herausgestellt, daß in den Personenzügen die 1. Klasse so wenig benutzt wird, daß ein wirkliches Bedürfnis für diese Wagenklasse nicht als vorliegend erachtet werden kann.
- Die kaum verlassene Kaserne des Königin Augusta=Regiments in Spandau brannte am Montag ab.
- Am 12. August wurde das stark befestige Lager des Sultans Meli am Kilimandscharo nach vierstündigem, heftigem Kampf unter Führung des stellvertretenden kaiserl. Gouverneurs Scheele erstürmt. Lieutenant Axt und 7 Askaris sind gefallen, Feldwebel Mittelstädt und 23 Askaris verwundet.
- Ehebündnisse zwischen den Herrscherhäusern Bayern und Oesterreich, also zwischen den Familien Wittelsbach und Habsburg, sind von Alters her häufig gewesen. War doch auch der jetzige Regent von Bayern mit einer Habsburgerin und seine Schwester Adelgunde mit einem Habsburger vermählt. Desgleichen wählten seine beiden ältesten Söhne, der Thronfolger Prinz Ludwig und der jetzige Armee=Inspekteur Prinz Leopold, Gemahlinnen aus dem österreichischen Herrscherhause. Diesen bayrisch=österreichischen Ehebündnissen soll ein weiteres folgen durch die für den 15. November festgesetzte Vermählung der jetzt 18jährigen ältesten Tochter des Prinzen Leopold, die durch ihre Mutter eine Enkelin des österreichischen Kaisers ist, mit dem 21jährigen Erzherzog Joseph Augustin.
- Wie aus der Champagne gemeldet, hat man dort schon jetzt zu herbsten begonnen, während man sonst erst Ende September zu herbsten pflegt. Quantität und Qualität sind so gut wie schon lange nicht mehr. Zum Ernten werden vielfach belgische und luxemburgische Arbeiter verwendet, die täglich 3-4 Franken samt Kost bekommen und Trauben essen dürfen so viel sie wollen. Im letzen Jahre wurden 25 Millionen Flaschen Champagner verkauft.
- Während der Messe am Sonntag in der Kirche Sainte=Anne in Montpellier gab eine sechzigjährige Dame vier Revolverschüsse auf den Notar Jean ab. Er stürzte sofort tot nieder. Die Mörderin verweigerte jede Aufklärung. Als Grund der Mordthat wird angenommen, daß der Notar sich geweigert habe, der Mörderin Geld auszuhändigen, daß sie als ihr Eigentum beanspruchte.
- Oberhalb der Niagarafälle vergnügte sich dieser Tage Edward Brennan in einem Ruderboote. Dabei fiel er, als er sich von einem kleinen Dampfboot ein Seil verschaffen wollte, ins Wasser. Das Dampfboot folgte dem Verunglückten bis zu der sog. Todeslinie, über welche hinaus eine Rettung unmöglich ist, doch gelang es nicht, ihn zu fassen. Brennan wurde von dem Strudel ergriffen und über die Fälle geschleudert. Seine Leiche ist noch nicht gefunden worden.
- Es ist jetzt beschlossen worden, die Gebäude der Weltausstellung in Chicago nach dem Schluß derselben als altes Material zu verkaufen. Man glaubt, daß dieselben nicht mehr als 1 000 000 Dollars einbringen werden.
- Ueber Krupps große Kanone stellt die Züricher Zeitung folgende Betrachtungen an: In dem nicht weniger als 208 Druckseiten enthaltenden Ausstellungskatalog der Gußstahlfabrik Friedrich Krupp auf der Worlds Columbian Exposition in Chicago ist u. a. eine 24 cm Küstenkanone aufgeführt, welche ein Geschoß zu 215 kg auf eine Entfernung von 20 km wirft. Bei einer Elevation von 44 Grad würde dieses Ungethüm, bei Prést. Didier in den Alpen aufgestellt, 2730 m über den Montblanc (4810 m) hinwegschießen und das Geschoß mit der Schußweite von 20 206 m die Gegend von Chamounix erreichen. Was will man noch mehr?


Anzeigen.

Am 26. ds. Mts. Vorm. 9 Uhr ist bei den Niendorfer Tannen bei Schönberg an einem Arbeiter von 2 unbekannten Männern, anscheinend Handwerksburschen, ein Raub verübt worden, wobei ihm von denselben 2 Zwanzigmarkstücke und 2 Einhundertmarkscheine (Reichsbanknoten) weggenommen worden sind.
Der eine der Räuber ist von schlanker und kräftiger Gestalt, ca. 1,80 m groß, im Alter von 35-40 Jahren, hat eine große spitze Nase und bleiche Gesichtsfarbe, sowie einen Voll= und Schnurrbart von hellblonder Farbe - er trug bei der That einen alten grauen Anzug - der Rock war mit Schößen versehen - einen ebensolchen Hut und ein roth= und weiß gestreiftes Hemd. Der andere ist 1,63 m groß, hat ein rundes volles Gesicht, gesunde Gesichtsfarbe und einen schwarzen Schnurrbart; derselbe trug eine weiße englisch lederne Hose, einen schwarzen abgetragenen Tuchrock und einen schwarzen weichen Hut mit großer Krempe.
Es wird um Vigilanz, ev. Festnahme und Benachrichtigung gebeten.
Neustrelitz, den 27. August 1893.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Zur Ausloosung der Geschworenen, welche für die am 25. September 1893 bei dem hiesigen Landgerichte beginnenden ordentlichen Sitzungen des Schwurgerichts in die Spruchliste aufzunehmen sind, habe ich auf

Montag, den 4. September 1893
Mittags 12 Uhr,

eine öffentliche Sitzung des Großherzoglichen Landgerichts in dem Sitzungszimmer der Civilkammer I anberaumt.
Güstrow, den 29. August 1893.

Der Präsident
des Großherzoglichen Landgerichts.
gez. Burmeister.


Die Lieferung des Bedarfs an bestem Petroleum für die Straßenlaternen in hiesiger Stadt und auf dem Amte während der bevorstehenden Wintermonate soll event. dem Mindestfordernden übergeben werden. Reflectanten werden hiedurch aufgefordert, ihre Preisofferten

bis zum 6. September cr.

schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 29. August 1893.

Der Magistrat.


Bekanntmachung.

Zur Bestreitung der Verwaltungskosten, Unterhaltung der Spritzen und Deckung der Brandschäden ist für das laufende Jahr ein Beitrag von Cl. Ia 15 Pf., Cl. Ib 18 Pf., Cl. II 24 Pf., Cl. III 30 Pf. für 100 M. der Versicherungssumme erforderlich.
Der Zahltag wird den einzelnen Ortschaften noch besonders bekannt gemacht.
Schönberg, den 1. September 1893.

Direktion der Feuer=Versicherungs=Gesellschaft
für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.


Die weitaus größeste aller Hagel=Versicherungs=Gesellschaften, die Norddeutsche, hat auch in diesem Jahre wieder einen sehr vortheilhaften Geschäft=Abschluß zu erwarten. Bei nur 70,4 Pf. durchschnittlichen Mitgliederbeiträgen pro 100 Mark Versicherungs=Summe ist sie nicht nur, wie bereits im Vorjahre, in der Lage keinen Nachschuß erheben zu brauchen, sondern wird voraussichtlich noch ihrem Reservefonds die Summe von ca. 1 Million zuführen können, wodurch sich naturgemäß die Aussichten ihrer Mitglieder für die Folgezeit sehr günstig gestalten.


Von der Norddeutschen Vieh=Versicherung zu Schwerin ist mir eine verendete Kuh in coulantester Weise entschädigt, deshalb ich diese Gesellschaft allen Landwirthen aus eigener Erfahrung ganz besonders empfehlen kann.
Stove b. Carlow, den 19. August 1893.

                                                    Heinr. Schulz.


Suche zum 24. October einen jungen Knecht bei 2 Pferden.

Wahrsow.                                                     Johs. Nevermann.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 3]

Gesucht zu Michaelis
zwei junge Mädchen
zur Erlernung der Damenschneiderei.                          
                                                                              von
                                                    C. Renzow geb. Tretow.


Gesucht wird ein Mädchen nach Lübeck sogleich oder zum 1. November bei guten Herrschaften.
Wo? zu erfragen bei

                                                    Frau Heinrich in Schönberg.


Umständehalber ist noch zu Michaelis oder später

eine Oberwohnung

von 3 Zimmern, Küche etc. zu vermiethen.

Näheres bei                                                     H. Schreep.


Eidamer Käse mit Margarinzusatz à 1 M. Verkaufsstellen                          
Molkerei=Niendorf u. W. Maass-Schönberg.


Thomasschlackemehl

unter Gehaltsgarantie empfiehlt zu billigsten Tagespreisen

                                                    Ratzeburg in Lauenburg.
                                               Ernst Rautenberg.


800 Kett=Schöpfe
hat zu verkaufen                                                    
                                                    Fischer Dierck, Schönberg.


Hängelampe

Zur Herbstsaison empfehle ich mein gut assortiertes Lager von:
Hängelampen,
Tischlampen,
Kronen,
Ampeln,
Hand- u. Wandlampen
in billigsten und feinsten Mustern ganz ergebenst

                          W. Wieschendorf,
                          Klempner.

Ganz besonders empfehle hochelegante

Majolika-Lampen
a. passend. Hochzeitsgeschenke.


Wenn in Nr. 204 der Eisenbahnzeitung unter "Schönberg i./M., den 29. August" zu lesen ist, es habe hier äußerst unangenehm berührt, daß die Schulen ihre Betheiligung an der diesjährigen Sedanfeier verweigert - - und eine gewisse Opposition gegen die Schulen sich dadurch bemerkbar mache, daß die Leiter des Festes die Schuljugend zur Theilnahme an dem Festzug öffentlich durch Zeitungsinserat eingeladen hatten, so erwiedern wir darauf, und namentlich auf den letzten Theil dieser Notiz, daß die Schulen ihre Ablehnung zur Theilnahme an der diesjährigen Sedanfeier mit Recht durch die erst kürzlich in analoger Weise stattgehabte Feier der goldnen Hochzeit II. KK. HH. des Großherzogs und der Großherzogin motivirt haben, und dem unterzeichneten Comitee daher auch nichts ferner liegt, als gegen die Schulvorstände wegen solcher Beschlüsse Unzufriedenheit zu zeigen. - Wenn bei der von uns durch Zeitungsinserat erfolgten Einladung aller Patrioten zur Theilnahme an dem Festzug auch die "Jugend" genannt ist, so dürfte hierin eine Opposition, wie sie uns oben zugemuthet wird, wohl schwerlich zu finden sein.
Schönberg, den 31. August 1893.

Das Sedan Comite
des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzeburg.


Dr. med. Friedrich Uter
Spezialarzt f. Frauenkrankheiten und Geburtshilfe.
Lübeck, Parade 1.
Sprechstunden
vom 1. September an außer Sonntags
Vorm. 8 - 9 Uhr.
Nachm. 3 - 5 Uhr.


Stadt Lübeck.
Sonntag, den 3. ds. Mts., am Tage der Sedanfeier:                                                    
Tanzmusik
über Mitternacht hinaus.


Am Sonntag, den 10. und Montag, den 11. September d. J. findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach vorzüglichen Gewinnen statt, wozu ich mir erlaube, meine Freunde und Gönner ergebenst einzuladen.

                                                    Gastwirth Kohs,
                                                    Menzendorf.

Am Montag den 11. September Ball.


Zu dem am 10. und 11. September bei mir stattfindenden

Scheibenschiessen

nach guten Gewinnen lade ich hierdurch ergebenst ein.

                                                    Oldenburg=Lockwisch.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Den Kameraden theilen wir hierdurch mit, daß unser Verein auch in diesem Jahre von dem Krieger=Vereine hies. zur Theilnahme an der Sedanfeier eingeladen ist und demselben die Eintrittsermäßigungen, wie sie den Mitgliedern des Krieger=Vereins zustehen, gewährt sind.
Um zahlreiche Betheiligung wird kameradschaftlichst gebeten. Antreten zum Festzuge vor dem Vereinslokale, Sonntag den 3. September d. J. Nachmittags 12 1/2 Uhr.

                                                    Der Vorstand.


Zur Theilnahme an der                          
am Sonntag, den 3. k. M.
stattfindenden                                                    
Sedanfeier
und speciell am Festzuge, werden hierdurch alle Patrioten - auch die Jugend -ergebenst eingeladen.
Schönberg, den 29. August 1893.                          
Das Sedan=Comite.


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.

Mit Bezug auf die diesjährige Sedanfeier wird den Kameraden das Folgende mitgetheilt:

1) für die Mitglieder des Vereins finden folgende Entree=Ermäßigungen statt:
a) zum Concert am 3. Sept. er. Nachmittags zahlen die Kameraden für sich, ihre Frauen, Töchter und nicht erwerbsfähigen Söhne (Schüler und Lehrlinge) kein Entree.
b) zu den Festbällen zahlen die Kameraden für ihre Person ein Eintrittsgeld von 50 Pfg. und für eine einzuführende Dame 25 Pfg. Für weiter einzuführende Damen ist ein Eintrittsgeld von 50 Pf. a Person zu entrichten Kameraden mit Familie zahlen indeß für die in ihrer Begleitung befindlichen Familienmitglieder, als Frau, Töchter u. nicht erwerbsfähige Söhne à Person 25 Pfg.
2) angetreten zum Festzug wird vom Verein um 1/2 1 Uhr Mittags vor dem Vereinslocal.

                                                    Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 4]

Sedanfeier in Schönberg.

          Zu der am Sonntag den 3. September d. J. in üblicher Weise stattfindenden Sedanfeier laden wir hierdurch die Bewohner von Stadt und Land ergebenst ein.
           Schönberg, den 16. August 1893.

Das Sedan=Comité
des Kriegervereins für das Fürstentum Ratzeburg.

Programm.

Nachm. 1 Uhr:     Festzug durch die Stadt vom Siemzer=Thore aus bis zum Schützenhause. Beim Kriegerdenkmal Bekränzung desselben; Gesang der Teutonia.
Nachm. 1 1/2  Uhr:     Festrede auf dem Schützenplatze,
Nachm. 2 Uhr:     Beginn des Schießens nach Silber= und Alfenide=Gewinnen und Beginn des Concerts im Schützenhause (Entree a Person 20 Pf.)
Abends 7 1/2 Uhr:     Abbrennen des Holzstoßes auf der Landreiterkoppel. Gesang patriotischer Lieder.
Abends 8 Uhr:     Einmarsch und Abbringen der Fahnen.
Abends 8 1/2 Uhr:     Beginn der Festbälle im Boye'schen Saale und im Schützenhause (Eintrittsgeld für Herren 1 M. 50 Mark (Lübeck). für Damen 50 Mark (Lübeck). a Person.)


Sedanfeier in Carlow.
Zu dem am Sonntag d. 3. Sept. stattfindenden
Balle
ladet ergebenst ein                                                    
                                                    Der Vorstand d. Kriegervereins Carlow.

NB. Mitglieder des Vereins haben freien Zutritt und das Recht, eine Dame frei einzuführen. Vereinsabzeichen sind anzulegen. Nichtmitglieder zahlen 1 Mk., nicht eingeführte Damen 30 Mark (Lübeck). Eintrittsgeld. Anfang 7 1/2 Uhr.

                                                    D. O.


Festaufführung.

Zur Sedanfeier findet am

Sonnabend, den 2. September cr.

im Boye'schen Saale eine Festaufführung statt, wozu Kameraden und deren Angehörige à Person 30 Pf. Zutritt haben. Auch Mitgliedern der anderen, sich am Festzuge betheiligenden Vereine haben mit ihren Angehörigen dieselbe Vergünstigung. Kinder zahlen 20 Pfg.
            Zur Aufführung gelangen:
            1. Fest=Prolog.
            2. Das eiserne Kreuz.
            3. Das Versprechen hinterm Herd.
Billete sind beim Kaufmann Herrn W. Oldenburg, bei den Vorständen obiger Vereine und an der Kasse zu haben.
Zum recht zahlreichen Besuch werden alle Kameraden, sowie auch obengenannte Vereine ergebenst eingeladen.

Das Sedan=Komite.


Theater in Schönberg.
Im Saale des Herrn Boye.
Dienstag, den 5. Septbr.
Debüt des jugendlichen Liebhabers
              Herrn Bruno Gaston.
Auf vielseitigen Wunsch!
Muttersegen
oder
Die Perle von Savoyen.
Schauspiel mit Gesang in 5 Acten v. W. Friedrich.
Pierrot: Herr Bruno Gaston als Debüt.
Spieltage sind in der nächsten Woche:
Dienstag, Donnerstag, Freitag.
                                                    Die Direction.


Sedanfeier
des Männergesangverein zu Rieps am 3. September.
Morgens 6 Uhr Reveille. Nachmittags 1 1/2 Uhr Concert von der ganzen Wittfoth'schen Musikkapelle. Schießen nach der Parierscheibe und Kinderbelustigung. 7 1/2 Uhr Fackelzug zum Freudenfeuer. 8 Uhr Festrede, Raketenfeuerwerk mit Kanonenschlägen. Abends 9 Uhr Ball; Entree für Herren 1 M., wofür freier Tanz, Damen 50 Pfennig. Kampfgenossen, welche ihre Medaille sichtlich tragen, haben freien Zutritt.
Hierzu ladet freundlichst ein                          
                                                    Das Fest=Comite.


          Am 29. August Abends 7 Uhr entschlief sanft nach längerer Krankheit meine liebe Frau

Wilhelmine geb. Oldenburg

im 32. Lebensjahre.
          Tiefbetrübt zeige ich diesen Trauerfall allen Verwandten und Bekannten hiermit an.
          Kl. Mist, d. 30. August 1893.

                                                    Aug. Badstein.

          Die Beerdigung findet am Freitag Mittag 12 Uhr in Herrnburg statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 3. September.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
    Amtswoche: Pastor Krüger.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 54-55 M., große Schweine 54-57 M., Sauen 40-46 M., Kälber 67-73 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 34.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 68 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 1. September 1893.


Die Verhaftung der französischen Spione in Kiel.

Die Kieler Polizei ist bei Beobachtung und Verhaftung der beiden auf der englischen Yacht "Insect" wegen Verdachts der Spionage verhafteten Franzosen mit großer Vorsicht und Geschicklichkeit vorgegangen; sie hat die beiden Verdächtigen vom Tage ihrer Ankunft (Freitag) bis zum Tage ihrer Verhaftung in ihrem Thun und Treiben auf das Genaueste beobachten lassen. Dadurch ist festgestellt, daß die Franzosen in Kiel einzig und allein Interesse für die Kieler Hafenbefestigungen, für den Nordostseekanal und die Kriegsschiffe bekundet haben. Die Durchsuchung der Yacht hat die weitere Thatsache festgestellt, daß die Franzosen auch in der Nordsee den deutschen Befestigungen eine ganz besondere Aufmerksamkeit zugewandt haben. Es wird Sache des Reichsgerichts sein, zu entscheiden, ob die Franzosen sich durch ihre Handlungen eine Verletzung der Gesetze haben zu Schulden kommen lassen. Auf jeden Fall haben sie, wie die "Kieler Ztg." bemerkt, durch ihr Verhalten und durch ihre Aufzeichnungen ein so gravirendes Verdachtsmaterial geliefert, daß sie das Einschreiten der Behörde sich selber zuzuschreiben haben.
Das genannte Blatt erfährt noch folgende Einzelheiten: Der städtischen Polizeibehörde war gegen Ende der Woche bekannt geworden, daß ein Zollbeamter in Cuxhaven auf einer dort ankernden englischen Luftyacht "Insect" zufällig zwei Franzosen getroffen, und daß dem Beamten aufgefallen, daß auf dem Kajütentische sich zahlreiche Karten und Photographien befanden. Die Yacht ging von Cuxhaven durch den Eider= resp. Nord=Ostsee=Kanal nach Kiel, wo sie am Freitag eintraf. Die Yacht war in Cowes für die Dauer von 14 Tagen zu Fahrten in der Nord= und Ostsee gegen eine Entschädigung von ca. 2400 Mark gechartert. Der Kapitän und die aus fünf Mann bestehende Besatzung sind Engländer. Sie haben offenbar von den landesverrätherischen Unternehmungen der Franzosen keine Kenntniß gehabt.
Gleich nach Ankunft der Yacht hatte der Bürgermeister Lorey eine geheime und sehr sorgfältige Bewachung der Yacht und ihrer Passagiere angeordnet. Die beiden Franzosen wurden auf allen Exkursionen von Geheimagenten auf Schritt und Tritt beobachtet. Sie fuhren am Sonnabend mit dem Hafendampfer nach Friedrichsort, umgingen die Festung von der Landseite bis zum Fort Pries, wobei sie auch die Festungsanlagen betreten haben sollen. Am Sonntag fuhren sie nach Holtenau und begaben sich von dort wiederum zur genauen Besichtigung der Festungswerke nach Pries, Nachmittags fuhren Sie nach Laboe, um die Werke des östlichen Ufers zu besichtigen. Sie zeigten überall eine ganz überraschende Kenntniß des Terrains. Von Laboe gingen die Franzosen dann am Strande entlang bis Möltenort und kehrten Abends mit dem Dampfer nach Kiel an Bord der Yacht "Insect" zurück. Sorgfältige Maßregeln, um ein Entweichen der Yacht während der Nacht zu verhindern, waren getroffen.
Montag Vormittag um 9 Uhr schritt Polizeimeister Lorey zur Verhaftung der beiden Franzosen, indem er zugleich auf die Yacht Beschlag legte. Das sofort mit den beiden Franzosen vorgenommene Verhör führte zu keinem Resultat. Der Eine, Maurice Daguet, behauptete, Geschäftsreisender zu sein, der seinen Freund Raoul Dubois zu einer Vergnügungsfahrt eingeladen. Dubois giebt an, Proprietär zu sein. Er wird als der eigentliche Chef angesehen; Daguet ist eine stattliche Persönlichkeit von militärischer Haltung. Nach dem Verhör, bei welchem die Franzosen sich über die Vergewaltigung beklagten, - Daguet spricht etwas deutsch - fand eine amtliche Durchsuchung der Yacht statt, die mehrere Stunden in Anspruch nahm. Schließlich gelang es unserer findigen Polizei, wohlverborgen ein umfangreiches Convolut von Aufzeichnungen und Plänen, die während der Reise gemacht sind, zu finden.
Danach haben die Franzosen Wilhelmshaven, Borkum, Helgoland, Cuxhaven besucht, Beschreibungen und Skizzen von den Befestigungen gemacht, auch über die Ergebnisse ihrer Kieler Studien liegen Arbeiten vor, die Festungswerke sind nicht an Ort und Stelle, sondern Abends an Bord der Yacht aus dem Gedächtniß gezeichnet und genau beschrieben; selbst die Dimensionen der verschiedenen Anlagen sind ziffernmäßig geschätzt. Ueberdies sind sehr zahlreiche Photographien, Pläne und Briefschaften gefunden.
Nachmittags hatten die Franzosen ein zweites Verhör zu bestehen. Daguet behauptete darin, daß er ein Werk über Befestigungsanlagen herauszugeben beabsichtige, und daß dies der Nebenzweck seiner Seefahrt in den deutschen Meeren sei. Uebrigens hatten sie auf ihrer Fahrt auch Holland besucht, und unter den mit Beschlag belegten Papieren befinden sich auch Skizzen der Befestigung von Nienwerke. Dubois schiebt alle Schuld auf Daguet, er will nicht betheiligt sein, während der Verdacht auf ihm ruht, daß er der Vorgesetzte von Daguet sei. Nach Abschluß des zweiten Verhörs, welches feststellte, daß die Skizzen und Beschreibungen der deutschen Festungswerke von Daguet gemacht sind, wurde die Sache der Staatsanwaltschaft übergeben und die Ueberführung der beiden Franzosen in das hiesige Gerichtsgefängniß angeordnet.
Die Franzosen hatten vor ihrer Verhaftung die Absicht, Swinemünde, Saßnitz und Stralsund zu besuchen, um am 6. September auf einen Tag nach Kiel zurückzukehren, wahrscheinlich um die Rückreise durch den Kanal anzutreten. Die Beschlagnahme der Yacht "Insect" ist inzwischen wieder aufgehoben, dieselbe lag gestern noch am Eisenbahndamm, wo sie von zahlreichen Neugierigen besichtigt wurde. Sie trägt die Abzeichen des Royal=Thames=Yachtklub.


- (Eingesandt.) Wenn wir jemals eine abgerundete Vorstellung zu sehen Gelegenheit hatten, so war es am Montag die "Haubenlerche". Glatt und ruhig spielte sich dies schwierige Schauspiel ab. Nirgends war auch die geringste Stockung oder Störung zu bemerken. Die Darsteller wetteiferten mit einander, zum Gelingen des Ganzen beizutragen. Jeder von den Darstellern that vollauf seine Schuldigkeit, so daß wir es, um Keinem zu nahe zu treten, unterlassen wollen, auf die Einzelleistungen näher einzugehen. - Die alte Posse "Robert und Bertram" hat am Mittwoch wiederum die alte Zugkraft bewährt. Vor gut besetztem Hause ging diese tolle, aber doch immer gute Posse in Scene. Die Darsteller wurden wiederholt bei offener Scene durch Applaus ausgezeichnet. Das Publikum war in der besten Stimmung. Gespielt wurde vortrefflich, so daß das Stück ohne die geringste Störung verlief. - Nebenbei wollen wir noch auf das im Annoncentheil angezeigte Debüt des Herrn Gaston gebührend hinweisen!
- Neustrelitz. Für die Residenzstadt tritt mit dem 1. Oktober eine Verordnung in Kraft, wonach von allen öffentlichen Tanzvergnügen, für die nach der Verordnung vom 16. Februar 1854 die obrigkeitliche Erlaubniß erwirkt werden muß, eine Abgabe zu entrichten ist, die in der Regel 3 M. und bei größeren Tanzvergnügen 5 M. beträgt. Eine gleiche Abgabe ist auch von allen nicht öffentlichen Tanzvergnügungen, die in öffentlichen Lokalen stattfinden, zu entrichten. Von öffentlichen Schaustellungen und Belustigungen sind 1 bis 5 M. für jeden Tag zu zahlen. Straßenmusikanten und Drehorgelspieler zahlen 1 bis 3 M. für jeden Tag. Die Höhe der Abgabe bestimmt der Magistrat. - Vorgestern sind bei dem hiesigen 2. Bataillon 514 Gemeine der Reserve eingestellt worden; im Ganzen

[ => Original lesen: 1893 Nr. 68 Seite 6]

üben hier also 39 Unteroffiziere und 514 Mann die aus den Landwehrbezirken Neustrelitz, Waren Lübeck, Hamburg und Bremen I und II eingezogen worden sind. Sämmtliche Uebungsmannschaften rückten am Mittwoch ins Manövergelände, wo sie mit dem Bataillon vereinigt werden.       (L. Z.)
- Der Ratzeburger Dom bildet das Ziel vieler Ausflügler. Aeußerlich hat das Gebäude noch das gleiche Aussehen wie am Morgen nach dem Brande, dagegen läßt das Innere kaum mehr erkennen, daß vor wenigen Tagen ein verheerendes Flammenmeer auf seinem Gipfel gewüthet. Als wir am Sonntag uns der Kirchen=Ruine näherten, wallten gerade Andächtige in großer Zahl zu dem ersten nach dem Feuer abgehaltenen Gottesdienst. Die Kirche war im Mittelschiff und in den Seitengängen fast bis auf den letzten Platz besetzt. Propst Ohl predigte über das Evangelium "vom barmherzigen Samariter" und gedachte dabei mit Dank gegen den Allmächtigen der glücklichen Errettung der Kirche aus ernster Gefahr. - Im Innern der Kirche deutete nichts mehr auf das verheerende Feuer, nur die "Zum Besten der neuen Glocke ausgestellten Büchsen mahnten die Andächtigen zur Beisteuer für das neue Geläute. Wie verlautet, soll der Bau des Kirchendaches aus dem Kapitalfonds der Kirche bestritten werden, dagegen für die sämmtlich zu erneuernden Glocken es an Deckung fehlen. Die große Glocke liegt noch auf dem Gewölbe, es wird beabsichtigt, dieselbe bis an eine nach Westen, an der Stirnseite der Kirche belegene große Luke zu wälzen und von hier aus der Höhe herabzustürzen. Das Zerschlagen der Glocke auf dem Gewölbe soll der Vorsicht wegen unterbleiben, weshalb der bezeichnete Ausweg benutzt wird. Man erwartet, daß bei dem 20 Meter hohen Fall die Glocke zerschmettern wird. Die Stücke sollen dann aufgelesen und eingeschmolzen werden. Von den sorgsam in einer Kiste zusammen gesuchten Metallresten der kleinen (geschmolzenen) Glocken nehmen die zahlreich den Dom besichtigenden Fremden gern ein Stückchen als Andenken mit und sind zum großen Theil bereit, dafür ein anderes noch edleres Metall als Entschädigung und Beisteuer zur Beschaffung neuer Glocken zu hinterlassen. - Das Dach über dem Schiff der Kirche soll noch vor Winter wieder eingedeckt sein, während der Thurm zunächst nur ein Schutzdach erhält. Der Erdboden, besonders auf dem nach dem großen See belegenen Theil in der Nähe der Kirche ist noch mit Schieferresten übersät. - Die Beschaffung neuer Glocken mit gutem Klange wäre für Ratzeburg um so erwünschter, als die Glocken der Stadtkirche keinen besonders günstigen Klang haben.
- Ein "vereinfachtes Verfahren" des Fürsten Bismarck. Die junge Berliner Bildhauerin Lilli Finzelberg ist, wie die "Neue bayr. Landesztg." mitteilt, am 16. August in Begleitung einer älteren Schwester in der Familie des Fürsten Bismarck in Kissingen empfangen worden. Der Fürst interessierte sich für die Herkunft der beiden Damen. "Wir sind vom Rhein, in Anderuach geboren." "Ich hab' mir's gedachte sagte der Fürst, "am Rhein ist noch Poesie, ich hielt mich in jüngeren Jahren öfter dort auf, lieber als in späteren Jahren in Berlin." Auf die Frage der Gräfin Bismarck, woher sie ihre Modelle nehme, erwiderte Lilli: "Ich nehme meine Modelle aus dem Volk, zum Beispiel einen Buben mit verschlissener Hose von der Straße weg, es ist eben auch nicht leicht, in Berlin passende Modelle zu bekommen." Der Fürst meinte scherzend, ihm sei es als Politiker mit den Berlinern ebenso ergangen wie der Künstlerin, er habe auch seine liebe Not gehabt passende Modelle zu finden. Nach fast dreiviertelstündiger Unterhaltung erhob sich Fürst Bismarck, die beiden Damen bedankten sich für die ihnen zu Teil gewordene Ehre und Auszeichnung und wollten die Hand der Fürstin und des Fürsten küssen, aber beide lehnten das entschieden ab. Der Fürst, kurz entschlossen, sagte: "Das wollen wir einfacher machen", und küßte jedes der zwei Mädchen herzhaft ab. Als diese sich entfernt hatten, meinte er: "Zwei prächtige Mädchen das! Wenn ich noch Einjährig=Feiwilliger in Berlin wäre, würde ich bei der Künstlerin freiwillig ein Jahr und mehr Posten und meinetwegen auch Modell stehen."
- Von verlorener Liebesmüh' wird eine hübsche Geschichte berichtet. Ein Herr schritt vor einigen Tagen aus dem Wagen eines Eisenbahnzuges, als eine junge Dame auf ihn zuhüpfte, ihre Arme entzückt um seinen Nacken schlang, ihn vielmals küßte und sagte; "Ach, Papa, wie freue ich mich, daß Du gekommen bist!" Der alte Herr umschlang sie mit beiden Armen und hielt sie fest an seiner Brust. Das junge Mädchen blickte auf und alsbald malte sich der Ausdruck des Entsetzens auf ihrem Auge. "Aber Sie sind ja garnicht mein Papa!" stammelte sie und suchte sich seiner Umarmung zu befreien. "Doch", sagte der alte Herr und hielt sie fest umschlossen, "ich bin doch Papa, Du bist mein lang verlorenes Töchterlein, und ich lasse Dich nicht eher los, als bis ich einen Schutzmann zu sehen bekomme." Als der Schutzmann kam, fand er die Diamantnadel des alten Herrn in der Hand der Diebin.
- Zur Warnung für übermüthige Knaben mag folgender Unglücksfall mitgetheilt werden: 2 zehnjährige Knaben, darunter der Sohn des an der Wusterhausener Chaussee wohnenden Arbeiters V. in Berlin machten sich an einem Tage der vergangenen Woche ein besonderes Vergnügungen daraus, daß sie eine große Hauskatze mit Steinen bewarfen, auf sie Jagd machten und sie schließlich in eine sogenannte Bucht hineintrieben. Hier schlugen sie nun mit Knüppeln nach ihr. Plötzlich nahm das gequälte Thier einen Ansatz und sprang dem Knaben V. ins Gesicht. Dort biß sich das Thier so fest, daß es erst von einem hinzutretenden Hausbewohner mit Gewalt heruntergerissen und fortgejagt werden mußte. Der Knabe, dem das ganze Gesicht von der wütenden Katze buchstäblich zerfetzt worden war, wurde nun zunächst nach der elterlichen Wohnung getragen und von dort auf Veranlassung des herbeigerufenen Bezirksarztes schleunigst nach dem Krankenhause geschafft, wo er bald darauf unter unsäglichen Qualen an hinzugetretener Blutvergiftung gestorben ist.
- Daß Lotteriegewinne keinen Segen bringen, ist schon oft behauptet worden. Die Laibacher Ztg. berichtet von einem neuen Fall: Das Landesgericht in Graz hat über den aus Stein gebürtigen Handelsmann Cornelius Nastran wegen Wahnsinns die Kuratel verhängt. Nastran hatte im Frühjahr 1889 mit einem Theiß=Lose den Haupttreffer im Betrage von 100 000 Gulden und wenige Monate später auch mit einem Laibacher Lose einen nicht unbedeutenden Treffer gemacht. Der außerordentliche Glücksfall wurde viel besprochen. Nastran ließ sich in Graz nieder und eröffnete dort ein größeres Geschäft. Doch hatte er damit kein Glück. Das ansehnliche Vermögen, daß ihm Fortuna in den Schoß geschüttet, schwand sehr rasch, und nun hat der Wahnsinn seinen Geist umnachtet.
- Der Spezial=Korrespondent der "Pall Mall Gazette" in Newyork telegraphiert unter dem 18. d. M.: Gestern Nachmittag wurde der Leichnam einer schönen, jungen Frau von der Polizei auf einer Bank in dem Zentral=Park gefunden. Die Dame hatte eine leere Phiole, welche, wie sich herausstellte, Blausäure enthalten hatte, in der Hand. Die Dame war eine Gräfin Stolzberg aus österreichischer adeliger Familie. Ihre Lebensgeschichte ist eine traurige. Vor einigen Jahren verliebte sie sich in einen schönen Husarenlieutenant. Derselbe hatte kein Vermögen und die Eltern der Dame hielten ihn nicht für ebenbürtig. Sie verweigerten daher ihre Einwilligung zur Heirat. Das junge Paar entfloh nach Amerika, woselbst es im Herbst 1892 ankam. Alle Anstrengungen seitens des jungen Mannes, einen Lebensunterhalt zu gewinnen, schlugen, wie es scheint, fehl. Er erkrankte und starb bald darauf. Unter ihren Bekannten befand sich ein junger Oesterreicher, Namens Hilzmeier, ein Kommis. Derselbe bewies der Gräfin viele Aufmerksamkeit, und zuletzt willigte sie ein, ihn zu heiraten. Vorbereitungen zur Vermählung wurden getroffen. Die Dame besaß noch 3000 Dollars. Diese Summe vertraute sie ihrem Verlobten an. Derselbe verschwand darauf plötzlich damit. Das nahm sie sich zu Herzen; sie fand sich verlassen und einsam und vergiftete sich. Ihre Eltern sollen, wie es heißt, nahe bei Linz leben.


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