No. 67
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. August
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 1]

      Die Inhaber sämmtlicher auf dem hiesigen Amtsgebiet belegenen Grundstücke, sowohl der mit Gebäuden bestandenen als auch der als Acker, Gärten, Wiesen u. s. w. genutzten Flächen, werden hierdurch aufgefordert, zwecks Aufstellung der Anbaustatistik im Laufe der mit heute beginnenden Woche dem Landvogtei=Pedellen Wienck hieselbst über die Größe und die Bebauung der von ihnen genutzten Flächen schriftlich Mittheilung zu machen.
                Schönberg, den 28. August 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Die neue Heeresorganisation.
II.

Die Feldartillerie=Regimenter, die bisher eine große Verschiedenheit ihrer Batterienzahl aufgewiesen, kommen durch den Hinzutritt von 3 neuen Batterien bei den meisten Armeekorps einander näher. Es wird noch 1 Regiment zu nur 8 Batterien geben, das 5. bayrische, zu welchem die rettende Abteilung des 3. Regiments übertritt; ferner 1 Regiment zu 9 Batterieen, das 3. sächsische Nr. 32; weiter 1 Regiment zu 10 Batterien, das großherzoglich hessische Nr. 25; alle übrigen Regimenter werden 11. oder 12 Batterien enthalten, mit Ausnahme des 1., 3., 5. und 35., welche 13 Batterien haben werden. Das 16 Armeekorps wird durch Zuteilung von 2 neuen Abteilungen (6 Batterieen) dieselbe Stärke an Artillerie erhalten, wie die übrigen, sonach auch mit seinen beiden Divisionen ins Feld rücken können. Nach der Mobilmachung führt das Armeekorps auch ferner nur 20 von seinen Batterien in's Feld; 20 überzählige reitende Batterieen treten alsdann zu je 2 zu den 10 selbständigen Kavallerie=Divisionen über. Die am 1. Oktbr. neu zu errichtenden Batterieen dagegen werden sich bei der Mobilisierung verdoppeln und als Reserve=Artillerie=Regimenter den Reserve=Divisionen beitreten. Ihre Mobilisierung wird durch das Vorhandensein eines starken Bestandes an Mannschaften und Pferden schon im Frieden (während dessen er bis jetzt gänzlich fehlte) wesentlich erleichtert und beschleunigt, so daß kein Hindernis mehr bestehen wird, nach Beendigung des Eisenbahn=Transportes der Feldarmee nach dem Kriegsschauplatze die Reservearmee sogleich folgen zu lassen. Beim Garde=, 15. und 16. Armeekorps fehlen die 3 für diesen Zweck bestimmten Batterieen, was sich wohl dadurch erklären läßt, daß das Reichsland keine mobilen Reserve=Divisionen stellen soll, während das Gardekorps für seine Reserve=Formationen die 6 Lehrbatterien verwenden kann. Mit der infolge der zweijährigen Dienstzeit verstärkten Aushebung wird in den kommenden Jahren der Mannschaftsstand an Reservisten auch bei der Feldartillerie schnell wachsen, sodaß sie ihre Ersatzbatterien durch vollkommen ausgebildete Leute ausfallen und die Batterieen=Zahl ihrer Reserveregimenter wird erhöhen können.
Eine erhebliche Verstärkung erhält die Fußartillerie, die bisher nicht ganz zur vollständigen kriegsmäßigen Besetzung der Festungen ausreichte. Nunmehr werden die Bataillone 9 und 14 durch Hinzufügung eines zweiten Bataillons auf die Stärke von Regimentern gebracht, ein neues Regiment Nr. 15 wird in Westpreußen errichtet, das 2. preußische und 2. bayrische Regiment erhalten ein drittes Bataillon, das sächsische Regiment erhält eine Kompagnie mehr. Die Neubildungen sind dadurch begründet, daß bei einem künftigen Feldzug die Fußartillerie sofort mit einer Anzahl schwerer Batterien zur Bekämpfung von Sperrforts und Feldbefestigungen die Feldarmee begleitet.
Die Kavallerie bleibt unverändert in 93 Regimentern zu 5 Eskadrons bestehen. Da ihre Mannschaften jedoch nach wie vor gleich jenen der reitenden Artillerie drei Jahre dienen müssen, werden dieselben künftig zwei Jahre früher zur Landwehr entlassen. Sie formieren bei derselben im Krieg für jedes Armeekorps zwei Reserve=Kavallerie=Regimenter (beim 11., 12. und beim 2 bayrischen wahrscheinlich je 3), im ganzen 43.


- Der Kaiser hat sich am Donnerstag von Schwerin aus nach Jagdschloß Friedrichsmoor zur Jagd begeben.
- Der Kaiser von Deutschland wird, wie die "Berlingske Tidende" meldet, nach den österreichisch=ungarischen Manövern über Kiel nach Schweden reisen, ohne Dänemark zu berühren.
- Die bei der Frankfurter Finanzminister=Konferenz in Aussicht genommene Beratung von Delegierten der Staaten, die an der thunlichst praktischen Ausgestaltung der neuen Tabak=, Wein= und Börsensteuer=Vorschläge am meisten interessiert sind, wird, wie die "M. P. C." meldet, im ersten Drittel des nächsten Monats in Berlin beginnen.
- Der neue Reichsschatzsekretär Graf Posadowsky=Wehner ist am Donnerstag bereits nach Berlin zum Antritt seines Amts abgereist. Der offizielle Amtsantritt des Grafen Posadowsky wird jedoch nach Angabe des "Reichsboten", wie ursprünglich festgesetzt war, erst am 1. September erfolgen.
- Die Heu= und Stroheinfuhr aus seuchenfreien Gegenden Rußlands wurde bis zum 2. September gestattet.
- Ueber die Erbfolge im Herzogtum Sachsen=Coburg=Gotha ist man nunmehr im Klaren. Der Herzog Alfred von Edinburg, der zweite Sohn des Prinz=Gemahls Albert hat die Regierung angetreten, womit alle Kombinationen über eine Regentschaft hinfällig werden. Die Annahme, daß er die Re=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 2]

gierung nur bis zur Großjährigkeit seines ältesten Sohnes (nach dem coburgischen Staatsgrundgesetz werden die coburgischen Prinzen erst mit dem 21. Lebensjahr großjährig) führen und dann zu dessen Gunsten abdanken werde, dürfte sich gleichfalls als irrig erweisen.
- Bezüglich des in deutschen Zeitungen verbreiteten Gerüchts von der Verheiratung eines Mitglieds des preußischen Königshauses (des 74jährigen Prinzen Alexander) mit einer Schauspielerin erklärt die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" unter dem Ausdruck des Bedauerns, daß die Unterstellungen auch in deutschen Blättern Aufnahme gefunden hätten, diese für völlig aus der Luft gegriffen.
- Die Kaiserin Friedrich ist am Montag Abend von Athen in Homburg vor der Höhe eingetroffen.
- Betreffs Wiederaufnahme der deutsch=russischen Handelsvertragsverhandlungen bringt der "Grashdanin" die Meldung, der russische Staatsrat Timiriarew reise in diesen Tagen von Petersburg nach Berlin, um als Delegierter Rußlands an der Conferenz zum Abschluß eines Handelsvertrags theilzunehmen.
- Französische Blätter haben wiederholt die Nachricht gebracht, Deutschland unterhandle mit Italien wegen Einräumung eines Mittelmeerhafens als Station für ein deutsches Geschwader. Die "Nordd. Allg. Ztg." hält es für nötig, diese "alberne Behauptung" durchaus "in das Gebiet der tendenziösen Erfindungen" zu verweisen.
- Allmählich treffen die hohen Herrschaften in Kopenhagen ein, die auf Schloß Fredensborg bei der "Schwiegermutter Europas" ihre Sommerfrische zu genießen pflegen. König Georg von Griechenland und Prinz Jean von Orleans sind bereits angelangt, der Herzog und die Herzogin von Cumberland werden diese Woche erwartet, und Königin Olga von Griechenland soll mit dem russischen Kaiserpaar auf der Yacht "Polarstern" ankommen.
- Nachdem am Donnerstag früh der Kaiser und die Kaiserin von Rußland in Libau eingetroffen waren, ist daselbst die feierliche Grundsteinlegung zum Bau des neuen Kriegs= und Handelshafens erfolgt. Der "Polarstern" ist sodann mit der Kaiserfamilie nach Kopenhagen in See gegangen, hat aber wegen starken Sturmes abends nach Libau zurückkehren müssen, sodaß die Ankunft erst Sonnabend erfolgen konnte.
- Uebereinstimmende Meldungen von der preußisch=russischen Grenze bestätigen nicht allein die ungeheure Zunahme der Schmuggelei infolge des Zollkrieges, sondern betonen auch, daß seitens der sonst sehr strengen und rücksichtslosen russischen Grenzwachen nichts geschieht, um den Schmuggel russischer Waaren nach Deutschland zu verhindern. Im Gegenteil, es gewinnt beinahe den Anschein, daß von dieser Seite alles geschieht, um diesen unrechtmäßigen Verkehr geradezu zu fördern. Eine Verstärkung des diesseitigen Grenzaufseherpersonals ist bereits im Gange und wird auf Grund der neuesten Wahrnehmungen wohl nach Möglichkeit beschleunigt werden. Daß man so lange als irgend möglich davon absieht, durch einen Truppenkordon dem russischen Schmuggel ein sicheres Ende zu bereiten, ist begreiflich. Aber schließlich wird man auch wohl zu diesem Mittel greifen müssen, das leicht zu bedenklichen Zusammenstößen führen könnte, falls auch ferner der russische Schmuggel eine fast behördliche Begünstigung erfahren sollte.
- Aus St. Petersburg wird der "National=Zeitung" geschrieben, daß die Getreidepreise im Süden Rußlands stark gefallen sind. Die Landwirte hatten lange Zeit Geschäftsabschlüsse zurückgehalten, sie versprachen sich Erfolg von einer glücklichen Getreidespekulation. Da hat der Ausbruch des Zollkrieges diese Hoffnungen zu Schanden gemacht, und unter den Getreideproduzenten hat jetzt eine förmliche Panik Platz gegriffen. Wer es kann, sucht seine Ernte zu verkaufen, man fragt nicht viel nach dem Preis; was der Händler bietet, wird angenommen. So hat man in Charkow in den letzten Tagen für das Pud Roggen 43 Kopeken gezahlt, und allgemein wird befürchtet, daß die Preise noch weit mehr zurückgehen werden.
- Am Dienstag früh sind die Kirchgänger von St. Moritz im Ultenthal in Tyrol auf dem Heimweg von einer seltsamen Begegnung überrascht worden. Nicht weit vom Weg trottete ein Bär daher. Die von den Burschen alsbald angestellte Jagd auf das Tier blieb jedoch erfolglos.
- In Prag wurden auf fast sämtlichen Briefkasten die kaiserlichen Adler schwarz überstrichen und ebenso die kaiserlichen Embleme an den Tabakfabriken beschmutzt.
- Wie aus Paris gemeldet wird, schweben seit kurzer Zeit zwischen dem russischen Finanzminister und einer Pariser Bankgruppe Verhandlungen wegen Abschlusses einer neuen russischen Anleihe.
- Gegen Soldatenmißhandlungen geht man in Oesterreich jetzt mit größerer Strenge vor. Infolge einer Mißhandlung, die einen Mann zur Desertion trieb und schließlich infolge der Entbehrungen, die derselbe zu erdulden hatte, seinen Tod zur Folge hatte, hat jetzt das österreichische Kriegsministerium angeordnet, daß bei Mißhandlungen von Soldaten in jedem einzelnen Falle, selbst wenn die Schuldtragenden nur Unteroffiziere sind, zu berichten sei.
- Die Vorarbeiten für eine vollständige Umgestaltung des Irrenwesens sind, wie mehrere Blätter melden, ziemlich weit vorgeschritten. Soweit diese wichtige Angelegenheit juristische Natur ist, wird sie von Reichswegen geregelt werden. Insbesondere soll § 598 der Zivilprozeß=Ordnung eine Umänderung dahin erfahren, daß auf jeden Fall eine Vernehmung des angeblichen Geisteskranken vor dessen Entmündigung zu erfolgen habe, damit sich der Richter unter der Beihilfe gerichtlicher Sachverständigen auch auf Grund eigener Wahrnehmungen ein Urteil bilden könne. Ferner soll das Rechtsmittel der Revision im Entmündigungsverfahren eingeführt werden. Man hofft so die bisher vielfach mangelnde Sicherheit vor Fehlgriffen zu erlangen.


Anzeigen.

Der von mir hinter den Arbeiter Johann Schell aus Niendorf=Weselsdorf wegen Betrugs unter dem 14. d. Mts. erlassene Steckbrief ist durch die Ergreifung des Schell erledigt.
Schönberg, den 24. August 1893.

Der Amtsanwalt.
A. Dufft.


Auktionsabkündigung.

Der von dem Unterzeichneten auf Mittwoch, den 30. August d. J. in Schlag=Resdorf angesetzte Verkauf von Pfandsachen findet nicht statt.

                                                    Staffeldt,
                                                            Gerichtsvollzieher.


Auktion in Lübeck.
Im Teespeicher, kl. Gröpelgrube Nr. 15.
am Mittwoch, den 30. d. M.
Vormittags 9 Uhr anfangend

verkaufe ich öffentlich meistbietend in bequemen Cavelingen zufolge des Feuers bei Otto Dräger teilweise beschädigte Waren als:

verschiedene Pöste Colonialwaren, Südfrüchte, Gewürze, Seifen, Fettwaren, Wein in Flaschen, Kirschsaft, in Gebinden und Flaschen etc., etc.
Schönberg, den 24. August 1893.

Emil Tesschau,
beeidigter Auktionator für Waren.


Staßfurter Kainit
empfiehlt billigstens                                                    
                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 3]

100,000 Säcke

einmal gebr., groß u. stark, für Getreide, Kartoffeln, à 30 u. 25 Mark (Lübeck). Probel. à 25 St. vers. gegen Nachnahme unter Angabe der Bahnstation

Max Mendershausen, Cöthen i./A.


Ia. engl. Anthracitkohlen

in 8 Tagen ab Bauhof zu liefern empfiehlt zu billigsten Preisen

                                                    Aug. Spehr.


4000 guterhaltene
Dachzungen
verkäuflich auch in kleinen Resten.                                                    
Herrnburg.                                                     W. Prüssmann.


Jagdpatronen
mit rauchlosem Pulver geladen empfiehlt                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Eidamer Käse mit Margarinzusatz à 1 M. Verkaufsstellen                          
Molkerei=Niendorf u. W. Maass-Schönberg.


Delicaten Flohm-Hering
à Stück 5 Pfg, empfiehlt                          
                                                    Max C. Sass,
                                                    Siemzerstraße u. Schlauentrifft.


Die Nachmaht von meiner Wiese will ich verkaufen.

                                                    L. Burmeister.
                                                              Marienstraße.


Zu verkaufen                          
5 Wochen alte Ferkel
                                                    Meierei Bauhof=Schönberg.


Thomasschlackemehl

unter Gehaltsgarantie empfiehlt zu billigsten Tagespreisen

                                                    Ratzeburg in Lauenburg.
                                               Ernst Rautenberg.


Umständehalber ist noch zu Michaelis oder später

eine Oberwohnung

von 3 Zimmern, Küche etc. zu vermiethen.

Näheres bei                                                     H. Schreep.


Gesucht wird ein Mädchen nach Lübeck sogleich oder zum 1. November bei guten Herrschaften.
Wo? zu erfragen bei

                                                    Frau Heinrich in Schönberg.


Gesucht zu Michaelis
zwei junge Mädchen
zur Erlernung der Damenschneiderei.                          
                                                                              von
                                                    C. Renzow geb. Tretow.


Festaufführung.

Zur Sedanfeier findet am

Sonnabend, den 2. September cr.

im Boye'schen Saale eine Festaufführung statt, wozu Kameraden und deren Angehörige à Person 30 Pf. Zutritt haben. Auch Mitgliedern der anderen, sich am Festzuge betheiligenden Vereine haben mit ihren Angehörigen dieselbe Vergünstigung. Kinder zahlen 20 Pfg.
            Zur Aufführung gelangen:
            1. Fest=Prolog.
            2. Das eiserne Kreuz.
            3. Das Versprechen hinterm Herd.
Billete sind beim Kaufmann Herrn W. Oldenburg, bei den Vorständen obiger Vereine und an der Kasse zu haben.
Zum recht zahlreichen Besuch werden alle Kameraden, sowie auch obengenannte Vereine ergebenst eingeladen.

Das Sedan=Komite.


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W. Maack. Schönberg.


Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und 1 Lustspiel oder Posse) in der Spielzeit 1893/94, für welche ein Platz in der Fremdenloge 18 Mk., im ersten Range 12 Mk., im Parkett und in der Parkettloge 10 Mk., im II. Rang Balkon und Mitte 6 Mk., im II. Rang Seite 5 Mk. kostet. Für diejenige Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und demselben Tage zurück bei genügender Betheiligung Rückfahrkarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 8. September d. Js. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr in Schönberg Abonnements=Anmeldungen freundlichst entgegen.
Die Ausgabe der Karten erfolgt im September.
Schwerin, den 22. August 1893.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


St. Marienkirche.
Mittwoch den 23. d. M. 5 Uhr
5. Orgelkonzert.
7. Jahrgang. 1893.

1. J. S. Bach Dorische Toccata.
2. J. Rheinberger Abendfriede.
3. Zwei Gesänge f. Sopran. (Frl. Eschenburg.)
4. H. Lux Konzertfantasie über O sanctissima.
5. A. Hesse Fantasie cmoll in 3 Sätzen.


Die Anweisung der Plätze für Buden findet am

Mittwoch, den 30. August
Abends 7 Uhr

auf dem Baubrink hieselbst, durch die Herren Steinmetz Busch und Sattlermeister Rindfleisch statt.

Das Sedankomitee des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzburg.


Sedanfeier
des Männergesangverein zu Rieps am 3. September.
Morgens 6 Uhr Reveille. Nachmittags 1 1/2 Uhr Concert von der ganzen Wittfoth'schen Musikkapelle. Schießen nach der Parierscheibe und Kinderbelustigung. 7 1/2 Uhr Fackelzug zum Freudenfeuer. 8 Uhr Festrede, Raketenfeuerwerk mit Kanonenschlägen. Abends 9 Uhr Ball; Entree für Herren 1 M., wofür freier Tanz, Damen 50 Pfennig. Kampfgenossen, welche ihre Medaille sichtlich tragen, haben freien Zutritt.
Hierzu ladet freundlichst ein                          
                                                    Das Fest=Comite.


Sedanfeier in Carlow.
Zu dem am Sonntag d. 3. Sept. stattfindenden
Balle
ladet ergebenst ein                                                    
                                                    Der Vorstand d. Kriegervereins Carlow.

NB. Mitglieder des Vereins haben freien Zutritt und das Recht, eine Dame frei einzuführen. Vereinsabzeichen sind anzulegen. Nichtmitglieder zahlen 1 Mk., nicht eingeführte Damen 30 Mark (Lübeck). Eintrittsgeld. Anfang 7 1/2 Uhr.

                                                    D. O.


Zu dem am 10. und 11. September bei mir stattfindenden

Scheibenschiessen

nach guten Gewinnen lade ich hierdurch ergebenst ein.

                                                    Oldenburg=Lockwisch.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 4]

Sedanfeier in Schönberg.

          Zu der am Sonntag den 3. September d. J. in üblicher Weise stattfindenden Sedanfeier laden wir hierdurch die Bewohner von Stadt und Land ergebenst ein.
           Schönberg, den 16. August 1893.

Das Sedan=Comité
des Kriegervereins für das Fürstentum Ratzeburg.

Programm.

Nachm. 1 Uhr:     Festzug durch die Stadt vom Siemzer=Thore aus bis zum Schützenhause. Beim Kriegerdenkmal Bekränzung desselben; Gesang der Teutonia.
Nachm. 1 1/2  Uhr:     Festrede auf dem Schützenplatze,
Nachm. 2 Uhr:     Beginn des Schießens nach Silber= und Alfenide=Gewinnen und Beginn des Concerts im Schützenhause (Entree a Person 20 Pf.)
Abends 7 1/2 Uhr:     Abbrennen des Holzstoßes auf der Landreiterkoppel. Gesang patriotischer Lieder.
Abends 8 Uhr:     Einmarsch und Abbringen der Fahnen.
Abends 8 1/2 Uhr:     Beginn der Festbälle im Boye'schen Saale und im Schützenhause (Eintrittsgeld für Herren 1 M. 50 Mark (Lübeck). für Damen 50 Mark (Lübeck). a Person.)


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.

Mit Bezug auf die diesjährige Sedanfeier wird den Kameraden das Folgende mitgetheilt:

1) für die Mitglieder des Vereins finden folgende Entree=Ermäßigungen statt:
a) zum Concert am 3. Sept. er. Nachmittags zahlen die Kameraden für sich, ihre Frauen, Töchter und nicht erwerbsfähigen Söhne (Schüler und Lehrlinge) kein Entree.
b) zu den Festbällen zahlen die Kameraden für ihre Person ein Eintrittsgeld von 50 Pfg. und für eine einzuführende Dame 25 Pfg. Für weiter einzuführende Damen ist ein Eintrittsgeld von 50 Pf. a Person zu entrichten Kameraden mit Familie zahlen indeß für die in ihrer Begleitung befindlichen Familienmitglieder, als Frau, Töchter u. nicht erwerbsfähige Söhne à Person 25 Pfg.
2) angetreten zum Festzug wird vom Verein um 1/2 1 Uhr Mittags vor dem Vereinslocal.

                                                    Der Vorstand.


Theater in Schönberg.
Im Saale des Herrn Boye.
Mittwoch, den 30. August
Auf vielseitigen Wunsch!
Robert und Bertram
oder
Die lustigen Vagabunden.
Große Posse mit Gesang in 4 Acten.
Donnerstag u. Freitag bleibt die Bühne geschlossen.
Sonnabend den 2. September 1893
Zur Sedan=Feier
Großes patriotisches Concert
Ouvertüre: "Das Nachtlager von Granada."
Festprolog. - Nationalhymne.
Hierauf
Das eiserne Kreuz.
Militairisches Potpourri.
Ouvertüre aus der Oper "Freischütz."
Hierauf
Das Versprechen hinterm Herd.
Das nähere die Zettel.
Die geehrten Mitglieder des Krieger= und Kampfgenossen=Vereins, des Gesang=Vereins Teutonia, des Turner= und Schützen=Vereins, sowie deren Angehörige, zahlen 30 Mark (Lübeck)., deren Kinder 20 Mark (Lübeck).
                                                    Die Direction.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Den Kameraden theilen wir hierdurch mit, daß unser Verein auch in diesem Jahre von dem Krieger=Vereine hies. zur Theilnahme an der Sedanfeier eingeladen ist und demselben die Eintrittsermäßigungen, wie sie den Mitgliedern des Krieger=Vereins zustehen, gewährt sind.
Um zahlreiche Betheiligung wird kameradschaftlichst gebeten. Antreten zum Festzuge vor dem Vereinslokale, Sonntag den 3. September d. J. Nachmittags 12 1/2 Uhr.

                                                    Der Vorstand.


Zur Theilnahme an der                          
am Sonntag, den 3. k. M.
stattfindenden                                                    
Sedanfeier
und speciell am Festzuge, werden hierdurch alle Patrioten - auch die Jugend -ergebenst eingeladen.
Schönberg, den 29. August 1893.                          
Das Sedan=Comite.


Für die vielseitige Theilnahme bei der Beerdigung meiner lieben Mutter sage im Namen meiner Geschwister meinen herzlichsten Dank.
Schönberg, den 28. Aug. 1893.

                                                    Johannes Eckmann,
                                                    Oeconom.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 54-55 M., große Schweine 54-56 M., Sauen 38-46 M., Kälber 75-85 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 67 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 29. August 1893.


        - Nr. 18 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1893 enthält
    II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betreffend Belehrung über das Wesen der Cholera und das während der Cholerazeit zu beobachtende Verhalten, sowie betreffend Anweisung zur Ausführung der Desinfection bei Cholera.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Beförderung von Postanweisungen nach dem Kongostaate.


        - Nr. 19 des "Offiziellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1893 enthält
    II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betreffend das Auftreten der Cholera in verschiedenen Gegenden Rußlands.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat Juli 1893.


- Bei herrlichem Wetter wurde das Denkmal des Großherzogs Friedrich Franz II. in Schwerin enthüllt. Der Kaiser, der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin, Prinz Albrecht, Regent von Braunschweig, der Herzog von Altenburg, der Großfürst Wladimir nebst Familie, die Herzöge Paul und Johann Albrecht von Mecklenburg, die Großherzogin Marie mit den Kindern, Prinz Heinrich XVIII. Reuß mit Gemahlin, die Herzogin Wilhelm, sowie der kommandirende General des IX. Armeekorps Graf von Waldersee wohnten der Enthüllungsfeier bei. Nach einer Rede des Grafen von Plessen=Ivenack fiel auf Befehl des Großherzogs die Hülle von dem Reiterstandbild. Darauf ritten der Kaiser und der Großherzog nebst der Suite die Front der Truppen und der Deputationen der Krieger= und Sängervereine ab. Hieran schloß sich ein Parademarsch. Der Kaiser nahm sodann bei dem Großherzog an dem Dejeuner theil und trat nachmittags die Rückreise an.
- In der Dynamitfabrik zu Doemitz ereignete sich eine Explosion, wobei vier Arbeiter getötet wurden.


- Die Rebhühner werden in diesem Jahre in großen Massen nach Berlin gebracht, und diese starke Zufuhr drückt im Verein mit dem Umstand, daß dieses wohlschmeckende Federwildpret sich bei dem herrschenden heißen Wetter nicht lange hält, so mächtig auf den Preis, daß das Stück bereits bis herab zu 50 Pf. losgeschlagen wird.
- Der nicht auszurottende Mißbrauch, Petroleum zum Feueranzünden zu benützen, hat in Manheim wieder ein Menschenleben gekostet. Die 30jährige Ehefrau des Mechanikers Brunner goß Petroleum in die matte Glut ihres Herdfeuers, die auflohende Flamme schlug in das Gefäß, sodaß dieses explodierte und die Frau von den Flammen erfaßt wurde. Sie erlitt am ganzen Körper schwere Brandwunden, denen sie noch in der Nacht im Krankenhause erlag.
- Die Petroleumlampen kommen an den länger werdenden Abenden wieder zu Ehren, zugleich aber erhebt sich auch das alte Klagelied, daß die Lampen nicht hell genug brennen. Wir wollen deshalb unseren Leserinnen ein einfaches Mittel in die Hand geben, den geschilderten Aergerlichkeiten aus dem Wege zu gehen, um täglich die Lampen so herzurichten, daß sie einen wirklich strahlenden Mittelpunkt der Zimmer abgeben. Mit einer Mischung von Soda, Seife oder Pottasche und heißem Wasser werden die Bassins sorgfältig alle 3-4 Wochen einmal gereinigt, alsdann recht gründlich getrocknet und hierauf mit Petroleum wieder gefüllt. In das Oelbassin der Lampe wirft man eine Hand von Kochsalz, welche die Unreinlichkeiten des Petroleums aufsaugt und die Explosionsgefahr vermindert. Auch der Docht muß bei der Gelegenheit gründlich gereinigt werden, ebenso müssen die Petroleumkannen mit der angegebenen Mischung gereinigt und wieder sorgfältig getrocknet werden. Bei genauer Innehaltung des angegebenen Verfahrens wird der Docht stets hell brennen und nicht rauchen.
- Den Feldzug 1870/71 hat der verstorbene Herzog Ernst von Coburg im Gefolge des Königs Wilhelm mitgemacht. Aus jener Zeit erzählt man sich folgenden Vorfall, der sich nach der Katastrophe von Sedan abgespielt haben soll. Der Kaiser der Franzosen hatte seinen Degen gestreckt und sich als Kriegsgefangenen erklärt. Im preußischen Hauptquartier, wo alle deutschen Fürsten sich versammelt hatten, war man in der größten Verlegenheit, was man mit dem gefangenen Kaiser anfangen und wo man ihn interniren sollte. Da soll Herzog Ernst plötzlich vorgetreten sein und mit der ihm eigenen Emphase ausgerufen haben: "Napoleon's Sturz - Wilhelm's Höhe!" Das erlösende Wort war gefallen, und der Kaiser wurde nach Schloß Wilhelmshöhe gebracht.
- Schloß Reinhardsbrunn, wo der Herzog Ernst II. Dienstag dahingeschieden, liegt ungefähr 20 Minuten von Friedrichroda entfernt. Ludwig der Springer, der Gründer der Wartburg, hat auch Reinhardsbrunn gebaut und hat auch dort im Jahre 1123 seine letzte Ruhestätte gefunden. Es war ein Kloster, in das Benediktiner einzogen; die Klosterkirche zu Reinhardsbrunn war die Begräbnißstätte der thüringischen Landgrafen. Hier ruht auch der letzte, Friedrich der Einfache, mit dessen im Jahre 1440 erfolgten Tode das thüringer Landgrafenthum erlosch. Im Bauernkriege ging 1525 das Kloster in Flammen auf und von der Abtei blieben nur Trümmer stehen. Die Güter wurden Kammergut. Nachdem schon 1601 und 1605 das Amtshaus und das hohe Haus wieder aufgebaut waren, fand eine abermalige Erweiterung und Erneuerung in den Jahren 1827 bis 1835 statt; Herzog Ernst I. ließ sie durch die Architekten Heideloff und Eberhardt ausführen. Von Herzog Ernst II. stammen noch einige Nebengebäude und die Kirche, Alles in romanischem Baustil ausgeführt. In herrlichen Parkanlagen liegt das Schloß in stattlicher Ausdehnung da, sein Inneres ist einfach ausgestattet, Prunkgemächer sucht man vergebens. Selbst die Zimmer des Herzogs sind schlichter gehalten als die Räume in vielen modernen Häusern. Den schönsten Schmuck der inneren Einrichtung bildet die Geweihsammlung, wie sie wohl in gleicher Reichhaltigkeit und Seltenheit in keinem Schlosse Europas anzutreffen ist. In der schön geschmückten Kirche kann man die Grabsteine der alten Landgrafen bewundern. Im Park, wo sich Kunst und Natur eng verschwistern, bilden die prächtigen alten Linden den schönsten Schmuck.
- Drei Husaren des Magdeburger Regiments haben sich im Manöver gegen einen Offizier, den Lieutenant von Helldorf, schwer vergangen, indem sie, vermuthlich stark angetrunken, den Wagen, in welchem genannter Offizier von Brehna nach Bitterfeld fuhr, anhielten und unter den gemeinsten Schimpfreden Herrn v. Helldorf zum Verlassen desselben veranlassen wollten. Derselbe hielt sich die Angreifer mit der Waffe vom Leibe und bewirkte ihre Festnahme. Eine ganz empfindliche Strafe wird die Unbesonnenen, von denen zwei nach dem Manöver zur Reserve entlassen worden wären, treffen.
- Die Durchschlagskraft der Infanterie=Geschosse ist geradezu erstaunlich. Bei einer Uebung auf Scharfschießen am Kugelfang bei Fröttmaning zog ein Soldat des Infanterie=Leibregiments falsch auf und brachte die Mündung seines Gewehrs gegen den Lauf des Gewehres seines Nebenmannes Die Kugel schlug an des letzteren Lauf, durchbohrte den Umhüllungslauf, drückte den innren gezogenen Lauf an einer Stelle ein und schlitzte den äußerem Lauf wie eine Baumrinde der Länge nach auf.
- Ueber die militärischen Verhältnisse, die in früheren Zeiten auf Helgoland geherrscht haben,

[ => Original lesen: 1893 Nr. 67 Seite 6]

ist, da an allgemein zugänglichen geschichtlichen Aufzeichnungen hierüber wenig vorhanden ist, nicht viel bekannt geworden. Die "Marine=Rundschau" ist indessen in der Lage, "einiges über die Wehrverhältnisse in früheren Zeiten" mitzuteilen. Wir entnehmen daraus, daß die Bewohner Helgolands, trotz des häufigen Besitzwechsels der Insel (sie war in ältesten Zeiten in friesischem, dann in herzoglich=schleswigschem, dänischem und englischem und jetzt in preußischem Besitz) nur höchst selten in kriegerische Aktionen verwickelt waren, obwohl die Völker des Festlandes oft in großen Kriegen begriffen waren. Es ist indessen anzunehmen, daß schon früh die Einrichtung einer Landwehr bestanden habe, die auch später unter der Herrschaft Dänemarks von Christian VIII. wieder eingeführt wurde. Ueber die Einrichtung der Landwehr giebt die im Wortlaut mitgeteilte Verordnung Christians VIII. Aufschluß. Als im Jahre 1807 die Insel an England fiel, wurde die Besatzung entwaffnet; die Insel erhielt erst wieder eine Garnison, als Helgoland dem preußischen Staat einverleibt wurde.
- Von der weittragendsten Bedeutung ist eine Erfindung der Umstellung von Glas, welches zwar die Lichtstrahlen, aber nur ganz wenig Wärme durchläßt. Dieses Glas soll durch Zusammenschmelzen von 70 Teilen Sand, 25 Teilen Kaolin (Porzellanerde) und 34 Teilen Soda erzeugt werden. Angestellte Versuche haben ergeben, daß eine Platte von 8 mm Stärke nur 11% der Wärme durchließ, welche von einer unmittelbar unter der Platte angebrachten Gasflamme erzeugt wurde. Bei rationeller Ausnutzung der Erfindung würde dieselbe überall ein ausgezeichnetes Mittel bilden, um die Hitze von Wohnhäusern u. s. w. fernzuhalten und Krankenzimmer, Keller und dergleichen kühl zu halten.
- Thermometer mit Schwefelsäurefüllung kommen in letzter Zeit viel zur Anwendung, weil sie höhere und niedere Temperaturen anzeigen können, wie die bekannten Quecksilber= und Alkohol=Thermometer. Quecksilber wird schon bei -40° C. fest, Schwefelsäure aber erst -112°. Weingeist dagegen entwickelt schon bei verhältnismäßig geringen Temperaturen Dämpfe, während Schwefelsäure diese störende Eigenschaft auch nicht besitzt und ihre Ausdehnung eine der Wärmezufuhr durchaus proportionale ist. Die Schwefelsäure=Thermometer können deshalb eine weit umfangreichere Anwendung finden.
- Für die Zeit der Obstreife wollen wir nicht unterlassen darauf hinzuweisen, daß das Werfen in Obstbäume, um dadurch Früchte von denselben zu erlangen, und das unerlaubte Betreten fremder Grundstücke strafgesetzlich verboten ist und Uebertreter dieses Verbotes schwere Geld= und Gefängnißstrafen zu gewärtigen haben. Es dürfte deshalb im Interesse von Eltern und Lehrherrn sein, wenn diesen ihre Kinder und Lehrlinge unter Hinweis auf die Gefahr der Strafe vor derartigen Uebergriffen rechtzeitig warnten.
- In Wien sind, wie das "Illustr. W. Extrablatt" berichtet, an einem Tag dreimal Drillinge zur Welt gekommen. Dem Blatt zufolge leben alle drei so reich gesegneten Familien in den dürftigsten Verhältnissen.
- Der erste neue Wein wurde am 12. Aug. in Kastel bei Mainz in Zapf genommen, dessen sich so frühzeitig die bekannten "ältesten Leute" nicht erinnern können.
- Vom 1. November an wird in Italien die mitteleuropäische Zeit zunächst im Bahnverkehr eingeführt werden.
- Was "Ferris' Rad" eigentlich ist? - Die Amerikaner sagen: Das größte Wunderwerk des Jahrhunderts, der Triumph des Erfindungsgeistes, das non plus ultra der Technik, die überwältigende Verwirklichung eines gigantischen Gedankens, das Neueste, bisher noch nicht Dagewesene, wodurch alles bisher in Ausstellungen Geschaute übertroffen, das Großartigste überflügelt und der Eiffelthurm der Pariser Exposition übereiffelt wird. Man denke sich zwei riesige Türme, jeder 140 Fuß hoch, beide verbunden durch eine 40 Zoll dicke und 45 Fuß lange Stahlwelle, welche die Achse eines eisernen Riesenrades bildet, das wie ein Wasserrad geformt ist, 245 Fuß im Durchmesser hat und 15 Fuß über dem Erboden hängt, so daß es also in seinem höchsten Punkt 260 F. über die Erde emporragt. Unten in dem Grund eingegraben befindet sich eine Dampfmaschine von 2000 Pferdekräften, welche das Rad=Ungeheuer in Drehung versetzt. An den Peripherie von "Ferris' Rad" hängen 36 Waggons, von welchen jeder Sitzplätze für 40 Personen enthält. Wenn sich das Rad dreht, steigen natürlich die Waggons auf einer Seite hinauf, während jene auf der anderen Seite hinabsinken, und mehr als 1400 Personen machen eine grandiose Luftreise.
Unter den Auffahrenden versinkt die Erde und ein großartiges Panorama thut sich auf. Da unten liegt, meilenweit hingestreckt, die Riesenstadt Chicago drüben der blaue Spiegel des Michigansees, mit dem Horizont zusammenstoßend. Im Westen Städte, Dörfer, Wälder, Hügel und dahinter die herrliche, schier endlose Prairie. Und drunter thut sich das Eldorado der Ausstellung auf mit seinen Palästen, seiner "Straße von Kairo," seinem "Alt=Wien", seinem "deutschen Dorfe", seinem "maurischen Palaste" und seiner großartigen "Midway=Plaisance," auf der ein Strom von Menschen umherwimmelt wie eine Riesenschar aufgescheuchter Ameisen.
Der Erfinder des Rades ist der Ingenieur George Ferris in Washington, welcher zum Zwecke der Fertigstellung eine Aktien=Gesellschaft mit einem Kapital von 2 400 000 M. gründete. Das Rad samt Waggons und Passagieren hat ein Gewicht von 1200 Tons. Der Umfang des äußeren Rades mißt 825 Fuß. Vierzig Fuß vom äußeren Kranze entfernt läuft ein zweiter, innerer Radkranz, der einen kleineren Kreis bildet. Jeder der Waggons ist 27 Fuß lang, 13 Fuß breit und 9 Fuß hoch, wiegt 13 Tons und hängt frei an einer zwischen den beiden oberen Radkränzen angebrachten, 45 Fuß langen Stahl=Axe, welche gleichzeitig wieder als "Versteifung" dient. Die beiden Türme haben in "Eiffelform" errichtete Füße, deren jeder auf einer 20 Kubikfuß starken Grundlage steht.
Und wenn man in das Rad hineinblickt! Welche wirre Gewebe sich kreuzender Eisenstangen, welche förmliche Netze von Stahlgebälke, welches Chaos von Stützpfeilern, welches Meer von Schrauben und Nieten!
Die Dampfmaschine, welche wir oben erwähnten, setzt, durch diverse Kraftübertragungen, ein Zahnrad von etwa 4 Fuß Durchmesser in Bewegung. Diese Bewegung wird auf drei andere, ganz gleiche Räder auf sehr einfache Weise übertragen. Die vier Räder stehen nämlich in einem Quadrat, und zwar so, daß je zwei unter jedem der beiden großen Haupträder in derselben Vertikalebene stehen. Das durch die Maschine selbst bewegte Zahnrad theilt seinem unter demselben Hauptrad stehenden Partner die Bewegung durch eine über den beiden Zahnrädern laufende Gliederkette - eine kolossale Vergrößerung der bei Velozipedes üblichen Gliederketten - mit.
Jedes dieser beiden Räder ist mit seinem Vis-à-vis durch eine Axe verbunden, welche die Bewegung dem Vis-à-vis mittheilt. Auch über den beiden Vis-à-vis läuft eine Gliederkette. Diese Gliederketten haben nun nicht nach unten Zähne, welche in die vier Bewägungsräder eingreifen, sondern auch nach oben Zähne, welche in die Zahnlöcher der beiden großen Haupträder eingreifen. Wenn nun die Maschine das eine der vier kleineren Räder bewegt, so laufen, vermittelst der unteren Zähne, die Gliederketten mit, vermittelst der oberen Zähne aber übertragen die Gliederketten mit die Bewegung in einem der Größe der Haupträder proportionell verlangsamten Tempo, resp. den großen Haupträdern rotieren infolge dessen langsam um ihre Axe, die Waggons schweben auf und nieder und die darin sitzenden Menschen haben etwas für ihr Geld. Die zweimalige Auf= und Niederfahrt kostet einen halben Dollar, etwas mehr als 1 M.
Ferris' Rad ist das Wahrzeichen der eben stattfindenden Weltausstellung in Chicago. Es ist das größte Spielzeug, das je von Menschenhänden gebaut wurde; aber die Idee ist nicht neu. Ferrys Rad ist nur eine in größere Dimensionen übertragene "russische Schaukel," wie sie auf den größeren Dulten und bei den Volksfesten in der Regel anzutreffen ist. Die üblichen russischen Schaukeln haben freilich nur eine Höhe von fünfzehn Fuß und vier Sitzkoupees für vier oder sechs Personen.


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