No. 61
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 08. August
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 1]

        Der Viceschulze Hauswirth Hans Heinrich Robrahn zu Pogez ist heute vereidigt und von neuem in seinem Amt bestätigt.
            Schönberg, den 4. August 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Die Segelwettfahrt bei Cowes am 1. Aug., bei welcher die Yacht des Kaisers, "Meteor", den Sieg davon getragen hat, bildet zur Zeit in England das Hauptthema des Gesprächs:
Es haben an der Fahrt 5 Yachten teilgenommen, und zwar hatte die "Britannia", dem Prinzen von Wales gehörig, vorzugeben: "Valkyrie" (Lord Dunraven) 28 Sek., "Meteor" (Kaiser Wilhelm) 15 Min., "Viking" (Lord Caledou 29 Min. 17 Sek., "Mohawk" (Godfroy Baring) 50 Min. 47 Sek. Die Yachten hatten von Cowes um die Ballock Stoje 3 engl. Meilen östlich nach dem Nah und zurück zu einem auf der Höhe von Yarmouth ankernden Flaggenboot, im Ganzen 50 engl. Meilen, zu fahren. Valkyrie errichte das Ziel mit 3 Stunden 56 Min., dann folgte Britannia mit 3
Stunden, 59 Min. 45 Sek. und Meteor mit 4 Stunden 13 Min. 4 Sek., allein das Segelkomitee erklärte nach einer zwei Stunden dauernden Sitzung daß "Valkyrie" zu disqualifizieren sei, weil es an der unrechten Seite des Nableuchtschiffes vorbeigefahren war und dadurch sich einen ungehörigen Vortheil verschafft habe. Der Kaiser hatte diese Unregelmäßigkeit sofort bemerkt und durch Signale protestiert.
Wie der "Frankf. Ztg." aus London telegraphiert wird, verursacht der Umstand, daß der Preis dem Kaiser zugesprochen worden ist, in den beteiligten Sportkreisen große Erregung, ja hat sogar vielfach böses Blut gemacht. Man gönnt dem Kaiser allseitig den Erfolg, auch tadelt Niemand den Kaiser, daß er sofort gegen die von "Valkyrie" verschuldete Abweichung vom vorgeschriebenen Kurse Protest erhoben hat, aber die Entscheidung des Komitees wird vielfach angefochten, insofern die Instruktionen nicht mit wünschenswerter Klarheit angegeben hätten von welcher Seite das Nableuchtschiff umfahren werden sollte. Die Mannschaft der "Valkyrie" weigerte sich am Mittwoch sogar, an einer andern Wettfahrt Teil zu nehmen. Der Preis, der Queens Capp, hat die Form einer umgestülpten kürbisartigen Pilgerflasche und geht in den Besitz des Deutschen Kaisers über, der ihn, wie ein Londoner Blatt bemerkt, gleich dem heiligen Gral nach Deutschland entführt.
- Nachdem Kaiser Wilhelm am 5. August nach Cowes zurückgekehrt war, fand an Bord der "Hohenzollern" ein Empfang statt, bei welchem auch der Herzog und die Herzogin von Connaught sowie die Prinzessin Heinrich von Battenberg erschienen. Inzwischen unternahm die Königin Victoria eine Rundfahrt um die Yachten und Kriegsschiffe, welche auf der Rhede lagen. Die deutschen Panzerschiffe gaben dabei den Ehrensalut ab, die Musikkapelle auf der "Hohenzollern" spielte die englische Nationalhymne. Nach der Rückkehr gab die Königin in Osborne ein Diner, bei welchem der Kaiser zur Rechten der Königin saß. Auch der Prinz von Wales und die übrigen Herrschaften nahmen an dem Diner Theil.
- Nach einer Meldung aus Helgoland beabsichtigt der Kaiser, am 7. August unter Begleitung eines Teils der Flotte dort einzutreffen und bis zum 13. August zu bleiben. Er wird auf der Yacht "Meteor" Kreuzerfahrten in der Nordsee unternehmen.
- Der "Kieler Ztg." zufolge wird der Kaiser am 8. d. Mts. in Kiel eintreffen, um am folgenden Tage mit der gesammten Flotte in See zu gehen und eine Flottenrevue abzuhalten.
- Ein Besuch des deutschen Kaisers beim König von Dänemarck auf Schloß Fredensborg und eine sich daran schließende Zusammenkunft mit dem Czaren wird neuerdings wieder in allerhand Gerüchten angedeutet. Dem gegenüber wird in Berlin erklärt, daß in dortigen unterrichteten Kreisen nichts davon bekannt ist, daß eine solche Einladung an den Kaiser ergangen und von diesem angenommen sei. - Angesichts des deutsch=russischen Zollkrieges würde eine solche Zusammenkunft auch ohnehin nicht anzunehmen sein.
- Heute Dienstag, mittags 1 Uhr, tritt die Steuer=Conferenz im Gebäude der Oberpostdirektion zu Frankfurt a. M. zusammen. Wie lange die Conferenz tagen wird, ist nicht vorher zu sagen. Acht Tage werden in den betheiligten Kreisen als wahrscheinlich angenommen. Der Geschäftsgang wird, wie die "B. B. Z." erfährt, der folgende sein: Zuerst wird eine allgemeine Diskussion über die größere oder geringere Zulässigkeit der Besteuerungs=Objekte stattfinden, nachdem die Höhe des Bedarfs an laufenden Abgaben klar gestellt sein wird. Hierauf werden die einzelnen Theilnehmer ihre Beschläge machen und begründen, woran sich eine Berathung schließen wird. Nachdem alle etwa zum Vortrage gebrachten aussichtslosen Vorschläge beseitigt sein werden, wird über die in Betracht zu ziehenden übrig gebliebenen abgestimmt werden. Diejenigen Steuer=Vorschläge nun, welche eine Majorität innerhalb der Conferenz erzielen, werden ausgearbeitet und vom künftigen Reichsschatzsekretär dem Reichstag unterbreitet werden - Gutem Vernehmen nach dürfte vor allem der Vorschlag auf Heranziehung der Tabaksfabrikatsteuer zur Befriedigung der vorübergehend gesteigerten Deckungsbedürfnisse in den Reichsfinanzen berathen werden.
- Die Reichsregierung geht, wie aus Berlin gemeldet wird, mit dem Gedanken um, die große Zahl der Schiedsgerichte, die über die Ansprüche

[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 2]

auf Invaliditäts= und Altersrenten zu befinden haben, zu verringern, indem man die Bezirke der Gerichte zu vergrößern beabsichtigt.
- Auch die Mannschaften der Armee sollen graue Mäntel erhalten. Nach einer Auskunft, die das preußische Kriegsministerium erteilt hat, dürfte voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres ein graues Manteltuch zur Einführung gelangen.
- Nach einer Meldung der "Post" wird im Kultusministerium eine Denkschrift über den polnischen Sprach= und den polnischen Religionsunterricht ausgewertet, die den späteren Berathungen des Gesamtministeriums als Unterlage dienen dürfte. Sehr interressant ist eine Meldung, die fast gleichzeitig aus Rußland kommt und auf das Drastischste beleuchtet, wie man dort mit den lieben Polen umspringt. Das Ersuchen des in Wilna tagenden Archäologen=Congresses um die Erlaubniß, alte polnische Dokumente auf dem Congreß in polnischer Sprache verlesen zu dürfen, ist vom Generalgouverneur abschlägig beschieden worden.
- In Ungarn zeigt man sich sehr erbittert über das Futterausfuhrverbot, das durch das ungarische Ernteergebniß keineswegs gerechtfertigt erscheint und lediglich Oesterreich zugute kommt. Die Verstimmung wird noch dadurch verschärft, daß die österreichische Regierung, einer bisher unbestrittenen Meldung zufolge, nach Erlaß des Ausfuhrverbots der württembergischen Regierung die Ausfuhr von dreihundert Waggons Heu gestattet hat. Der ungarische Börsenrath will vom Handelsminister Aufklärung verlangen, ob dies mit Wissen der ungarischen Regierung geschehen, oder ob Ungarn einfach dupiert worden sei.
- Der neuere in Wien eingetroffene offizielle ungarische Saatenstandsbericht macht einen deprimirenden Eindruck. Schon im Vorjahre hatte Ungarn keinen übrigen Roggen auszuführen. Die diesjährige Roggenernte ist aber nach den offiziellen Daten noch um 4 Millionen Meterzentner geringer als die vorjährige. Die Weinernte bleibt um 4 1/2 Millionen Metercenter hinter der vorjährigen zurück, Gerste und Hafer um je 1/4 Millionen Meterzentner. Die Exportaussichten sind also gering.
- Ueber die heutigen sanitären Verhältnisse in Hamburg bringt die dortige "Börsenhalle" nachstehenden bemerkenswerthen Artikel: Die Stadt Hamburg ist gegenwärtig vollständiger und sorgsamer gegen Cholera gerüstet als irgend eine andere Stadt der Welt. Ihre neue Wasserleitung, die das Werk einer erstaunlichen Kraftanstrengung bildet, hat die Möglichkeit einer Choleraheimsuchung auf ein weit geringeres Maaß reduzirt, als z. B. für London und die Mehrzahl der englischen Seehäfen, und während auch in mancher anderen Hinsicht die sanitären Zustände Hamburgs den englischen ganz entschieden überlegen sind, so hat man dort gleichwohl dieses Jahr nichts verabsäumt, um alle Vorbereitungen so zu treffen, daß sie gut und gern als mustergilitig angesehen werden können. Das Blatt zählt dann im einzelnen die in Hamburg getroffenen gesundheitlichen Maßnahmen auf und bemerkt dazu, daß Alles so vorgekehrt sei, um in jeder Hinsicht den etwa an die Behörden für den Fall eines Cholera=Ausbruchs herantretenden Anforderungen durchweg gewachsen zu sein.
- In Hamburg soll im nächsten Jahr gleichzeitig mit, einer staatlich in Aussicht genommenen großen Mastviehausstellung eine allgemeine deutsche Molkereiausstellung abgehalten werden.
- Das Schiffsunglück in der Kieler Bucht. Ueber die Geschützkatastrophe, die am Mittwoch bei Kiel auf einem deutschen Panzerschiff stattgefunden, bringt die Weserzeitung nachstehenden ausführlicheren Bericht: "Das Unglück ereignete sich nachmittags drei Uhr an Bord des Flaggschiffes der Manöverflotte, Panzerschiffes "Baden", welches in der strander Bucht mit Scharfschießübungen nach ausgebrachtem Ziel beschäftigt war. Als das 21=Centimeter=Geschütz Nr. 4, welches im Thurm des Schiffes steht, eben geladen hatte, um seinen Schuß voraus abzugeben, explodirte die Kartusche und ging zum Rohr hinaus, unter den bedienenden Officieren und Mannschaften eine entsetzliche Wirkung ausübend. Der Geschützcommandeur Lieutenant z. S. Oelsner aus Neuenwalde, welcher bei der Explosion hinten auf der Lafette stand, wurde von dem das Geschütz hinten schließenden Keil zerrissen und über Bord geschleudert: seine Leiche ist bisher nicht gefunden worden. Getödtet und zumeist schwer verstümmelt wurden außerdem der Unterlieutenant z. S. Zembsch aus Bremen, der Oberbootsmannsmaat Ratzzuweit aus Plauen, der Obermatrose Kniephoff aus Ueckermünde und die Matrosen Bräutigam aus Berlin, Goldbaum aus Albenort, Nehlihsen aus Leuta, Schönrock aus Trapöhnen und Höfner aus Jagelstedt, im Ganzen zwei Officiere und sieben Mann, von deren Leichen außer derjenigen des genannten Lieutenants noch die des Matrosen Nelihsen über Bord geschleudert wurde. Schwer verwundet, zumeist stark verbrannt, sind sechzehn Mann. Außerdem kamen mehrere Mannschaften mit leichteren Wunden davon. Der Anblick an Deck unmittelbar nach der Katastrophe war nach den Berichten von Augenzeugen ein schrecklicher. Die verstümmelten Körper und abgerissenen Glieder der Todten lagen zerstreut umher, theilweise ziemlich beträchtlich von der Unglücksstätte entfernt; ein Mann war über den Thurm hinweggeschleudert; zwischen den Todten lagen die brennenden Fetzen der explodirten Kartusche; die Kleidungsstücke der Leichen sowohl, wie der noch lebenden Bedienungsmannschaften standen zum größten Theil in Flammen. Sofort wurde Feuerallarm geschlagen, die Wasserspritzen in Thätigkeit gesetzt. Mannschaften und Officiere, unter letzteren auch Prinz Heinrich, der mit Admiral Schröder, dem Commandanten der "Baden" und anderen Officieren den Schießübungen auf der Commandobrücke zugesehen hatte, waren rastlos thätig, den brennenden Mannschaften die Kleider vom Leibe zu reißen, während gleichzeitig die ärztliche Hilfsthätigkeit an Ort und Stelle begann. Um 7 Uhr traf das Panzerschiff, die Flagge halbstock gehißt, im inneren Hafen ein, wo sogleich mit der Ausschiffung und Ueberführung der Todten und schwerverwundeten ins Marinelazareth begonnen wurde. Wie das Unglück entstanden ist, darüber ist bisher nichts verlautet. Das Geschoß sitzt noch vor der Mündung im Lauf des Geschützes.
- Die Gardetruppen im Lager bei Kraßnoje Selo sind bereits mit dem neuen Gewehr bewaffnet und machen Versuche mit einer neuen Felddienstvorschrift, wie sie die jetzigen Waffen erfordern. Dieselbe ist fast wörtlich dem bezüglich deutschen Vorbilde entnommen. Ihre Anwendung macht jedoch große Schwierigkeiten, denn den russischen Infanterieoffizieren, welche von jeher daran gewöhnt sind, in dichten Kolonnen anzugreifen, fällt es sehr schwer, sich an Angriffe mit Schützenschwärmen zu gewöhnen. Auch noch in anderer Beziehung hat man die deutschen Vorschriften nachgeahmt, indem man mehrere Gewehrgriffe wegfallen ließ, was ja die Ausbildung erleichtert. Die im Frontdienst groß gewordenen älteren russischen Offiziere ärgern sich darüber, daß abermals der "verfluchte Deutsche" zum Vorbild genommen wird, und erblicken in dem Fortfall der Griffe eine schwere Schädigung der Mannszucht und in der Ausbildung.
- Ein furchtbarer Cyklon ging am Montag über Rom nieder; alle Elemente waren entfesselt. In den niedrig gelegenen Stadtteilen, die vollständig unter Wasser stehen, sind mehrere Häusermauern eingestürzt. Zwischen der Porta Maggiore und der Piazza die Santa Croce stürzte ein etwa 100 Meter langes Stück der alten Stadtmauer zusammen.
- Zur Choleraepidemie in Italien lauten die Berichte italienischer Blätter ganz anders als die amtlich in die Welt hinaus telegraphierten Auslassungen. Nach italienischen Berichten grassiert die Cholera sehr stark in Neapel. Der Tod des Grafen Carracioli an der Cholera hat eine große Flucht in den Aristokratenkreisen verursacht. Auf dem Panzerschiffe "Umberto I " sind einige dreißig Erkrankungen unter den Matrosen vorgekommen.
- Augenblicklich beträgt in England nach einer Londoner Meldung einschließlich der Frauen und Kinder die Zahl der Ausständigen über vierhunderttausend. Diese Zahl vermehrt sich in nächster Woche noch um 30 000 Mann, die ordnungsmäßig gekündigt haben. In den großen Werken von Manchester, Bradford, Nottingham, stellt sich bereits Kohlenmangel ein. Man befürchtet, daß der Streik so allgemein werde, wie ihn die Welt noch nie gesehen.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 3]

- In Wien sollen in nächster Zeit mit einem Kostenaufwand von mehr als einer Million Rubel zwei russische Kirchen gebaut werden. Die russische Regierung hat hierzu bereits 400 000 Rubel flüssig gemacht.
- Ein großes Jagdgebiet wird jetzt von der Stadtverwaltung in Berlin ausgeboten, aber nicht an den Meistbietenden, sondern an den Mindestfordernden. Das Jagdrevier umfaßt die 14 städtischen Markthallen, die dazu gehörigen Vordergebäude, den Erweiterungsbau der Zentral=Markthalle nebst Kellern und Maschinenräumen, sowie Contore und Verkaufsmittel. Als jagdbare Tiere gelten für den neuen Pächter Ratten, Mäuse, Schwaben und dergleichen Ungeziefer.
- Strenger Winter. Auf den Aeckern trifft der Landmann in diesem Jahre verhältnismäßig viele Wespennester an, ein Anzeichen, das auf einen harten Winter schließen läßt.
- Die Augenmassage ist neuerdings durch Prof. v. Cederschiöld in Baden=Baden, wie es heißt, mit gutem Erfolge in die Augenheilkunde eingeführt worden. Es handelt sich bei dem in Rede stehenden verfahren darum, mittels Massage eine normale Blutvertheilung im Hintergrade des Auges (der Netzhaut) herzustellen bei gestörter Cirkulation daselbst. Als Folge dieser Behandlung soll eine ganz bedeutende Besserung der Sehkraft bestätigt worden sein.
- Viele Landleute trinken bei der Feldarbeit nicht, um dem heftigen Schwitzen zu entgehen. Das ist unzweckmäßig, ja oft gefährlich. Der Durst ist als Nahrung zum Ersatze der dem Körper verloren gegangenen Flüssigkeiten anzusehen. Bei Nichtbeachtung desselben erfolgt Blutverdickung, ja oft Sonnenstich. Man trinke also, aber langsam und mäßig. Für Feldarbeiter empfiehlt sich saure Milch und schwarzer Kaffee. Ein einziger Schluck genügt oft, um den Durst zu stillen.


Anzeigen.

Der Matrose Peter Joachim Heinrich Carl Stegmann, geb. am 18. November 1870 zu Rottendorf zuletzt daselbst

wird beschuldigt,
- als Wehrpflichtiger in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet verlassen oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten zu haben,
- Vergehen gegen § 140 Abs. 1 Nr. 1 St.=G.=B.
Derselbe wird auf

Dienstag den 3. October 1893
Vormittags 9 Uhr

vor die Strafkammer bei dem Großherzoglichen Amtsgerichte zu Schönberg i. Meckl. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach § 472 der Strafprozeßordnung von dem Herrn Civilvorsitzenden der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg zu Schönberg über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärung verurtheilt werden.
Neustrelitz, den 4. Juli 1893.

Der erste Staatsanwalt.
Beglaubigt Blank
L. G. Protokollführer.


Ein Unbekannter, der sich fälschlich als den Voigt Jacobs aus Suckow bei Güstrow bezeichnet, 50-55 Jahre alt, ca. 1,80 m groß, kräftig und, breitschulterig, mit schwarzem Haar und schwarzem Schnurrbart und einer Vene am rechten Auge, bekleidet mit braunem Filzhut, grauer Hose, grauem mittelst einer Gurte zusammengehaltenen Rock und Halbstiefel, hat nach der gestern gemachten Anzeige am 21. Juli ds. Js. von einem Hauswirthe in Blüßen unter dem Vorgeben, daß er mit dem Ankaufe von schwarzbunten Starken von seiner Herrin beauftragt sei, die Summe von 12 M. erschwindelt.
Es wird gebeten, auf den Schwindler zu fahnden, denselben festzunehmen, an das nächste Amtsgerichtsgefängniß abzuliefern und mich zu den Akten 112/93 zu benachrichtigen.
Schönberg i/Meckl., 5. August 1893.

Der Amtsanwalt:
A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die nachstehend bezeichneten Grundstücke, als:

1. die zu Schlag=Resdorf sub Nr. III belegene Vollstelle c. p.,
2. die auf Schlagsdorfer Feldmark im sogenannten Zehgen Jahrden belegene Koppel, auf der Karte mit Nr. 23 bezeichnet, und
3. die gleichfalls auf der Schlagsdorfer Feldmark im sogenannten Nehgen Dahlen belegene Koppel, auf der Karte mit Nr. 35 bezeichnet, des Hauswirths Hans Asmus Jabs in Schlag=Resdorf, welche Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden sollen, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 22. August d. Js.
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einein mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 31. Mai 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Gesucht zu Hof Stove zum 24. October:
1 Hausmädchen u. 1 Küchenmädchen und 1 Arbeiterfamilie.
Stove, 30. Juli 93.                                                    Kaiser.


Ges. f. Hamburg z. 1. September e. erstes,

tüchtiges Mädchen,

mit guten Zeugnissen versehen, bei gutem Lohn.

Zu melden b. Gastw. Wiencke, Sülsdorf.


Habe noch zum 24. Oktober d. J.                          
2 Wohnungen
zu vermiethen.                                                    
Lauen im August 1893.                                                     H. Dräger.


Auftragsmäßig verkaufe ich am Freitag, den 11. d. Mts. 12 Uhr mittags

1 junge Kuh

öffentlich meistbietend gegen sofortige Zahlung.

                                                    W. Holldorf.


Ratzeburger Actien-Brauerei
empfiehlt
ihre vorzüglichen Biere
auf Gebinden und Flaschen.


Am 20. ds. Mts. mußte eine meiner Kühe wegen Beinbruches getötet werden und bereits heute ist mein Schaden von der Norddeutschen Vieh=Versicherung zu Schwerin, wo ich mein Vieh versichert habe, prompt und coulant regulirt worden. Ich empfehle daher diese Gesellschaft allen Viehbesitzern aufs Beste.
Lankau b. Mölln, den 26. Juli 1893.

                                                    F. Basau.


Haben Sie Sommersprossen?

Wünschen Sie zarten, weissen, sammetweichen Teint? - so gebrauchen Sie:

Bermann's Lilienmilch-Seife
(Mit der Schutzmarke "Zwei Bergmänner")
von BERGMANN & Co. in Dresden. a Stück 50 Pf. bei
Apotheker Montag.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 4]

Mecklenbg. Vieh-Versicherungs-Gesellschaft a. G.
zu Güstrow.

Am 1. Januar a. c. waren in Kraft 11 817 Pol. m. M. 7 385 590 versich. Kapit.
hinzugetreten sind bis heute 2193 Pol. m. M. 1 808 830 versich. Kapit.
mithin sind 14 010 Pol. m. M. 9 194 420 versich. Kapit.
                                                    am heutigen Tage in Kraft.
In diesem Jahre bereits regulirte resp. Berechnete Schäden: Mark 214482.
Der Reservefonds. d. i. das Vermögen der Gesellschaft, hat sich um circa die Hälfte vergrößert, ist nämlich von Mk. 33 020,18 auf Mk. 50 076,15 angewachsen.
Die Verwaltungs=Unkosten an Löhnen und Gehalten haben sich seit April um circa die Hälfte verkleinert, sind nämlich von Mk. 2740,- auf Mark 1340,- per Monat gewichen.
Güstrow, den 31. Juli 1893.

Die Direction:
Rudel.


Bund der Landwirthe.

Diejenigen Mitgliedre, welche noch keine Zeitung bekommen haben, bitte ich, sich baldigst bei mir zu melden.

Stove, den 5. Aug. 1893.                                                    Kaiser.


Heu!                                                     Heu!

Schönes trockenes Wiesenheu zu kaufen gesucht. Preis frei Waggon nebst Probe erbittet

                                                    C. Wilh. Mohr, Coblenz.


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Uhlenh.


Dr. Roth
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von der Reise zurück.


St. Marienkirche.
Mittwoch, den 9. d. M. 5 Uhr
2. Orgelkonzert.
7. Jahrgang. 1893.

1. J. S. Bach (1685-1750) Passacaglia cmoll.
Das Hauptmotiv dieser Composition ertönt im Anfang als Pedalsolo und kehrt im Verlauf zu immer neuen Begleitungsfiguren als Baßmotiv wieder.
2. J. Rheinberger (1839 geb., Hofkapellmeister in München)
Cantilene aus op. 148 für Orgel
3. R. J. Lemmens (belgischer Orgelvirtuos, starb 1881 zu Mecheln.)
Prière für Orgel.
4. M. Brosig (1815-1887 Domorganist in Breslau.)
Larghetto a. d. fmoll Fantasie.

5. L. Thiele (1832-48, Organist in Berlin.)
Chromatische Fantasie f. Org.

                                                    K. Lichtwark.


Allen Freunden und Verwandten mache ich tiefbetrübten Herzens die Anzeige, daß mein lieber Neffe, der Hauswirth

Heinrich Meyer in Törpt

gestern Mittag durch einen sanften Tod von seinen langen, schweren Leiden erlöst wurde.
Falkenhagen, den 6. August 1893.

                                                    J. Meyer, Hauswirth.

Die Beerdigung findet Mittwoch d. 9. d. Mts. Mittags 12 Uhr vom Hause des Gastwirths Herrn Boye zu Schönberg aus statt.


Am Sonntag mittag 1 Uhr entschlief nach langen Leiden meine Mutter und unsere Großmutter

Ww. Dierck geb. Woitendorf.

Tief betrauert von

                                                    J. Dierck nebst Frau
                                                    und Kindern.

Schönberg, d. 6. August 1893.
Die Beerdigung findet Mittwoch, den 9. d. Mts. Nachmittags 4 Uhr vom Sterbehause aus statt.


Allen denen, welche meinen lieben Mann zu seiner letzten Ruhestätte geleiteten und sein Grab mit Blumen schmückten, sage ich hiermit meinen besten Dank.

Rüschenbeck.                                                     Frau S. Wigger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 51-53 M., Sauen 38-46 M., Kälber 75-85 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 61 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 8. August 1893.


- Ueber den Entschluß des Prinzen Max, sein Leben dem Dienste der katholischen Kirche zu widmen, bringt die "Köln. Ztg." eine Korrespondenz aus Sachsen, die folgendes enthält: "So schwer es auch ist, in Vorgänge einzudringen, die sich nur innerhalb der Familie abgespielt haben, so flüstert man sich doch innerhalb der Kreise, die sonst für eingeweiht zu gelten pflegen, die Mär zu, der junge Prinz habe eine tiefe Neigung zu einer dem deutschen Kaiserhofe sehr nahestehenden und mit ihrer Mutter in Dresden lebenden schönen und liebenswürdigen Prinzessin gefaßt, dürfe aber keine Hoffnung hegen, die aus konfessionellen Rücksichten sich ergebenden Schwierigkeiten zur Erfüllung seines Herzenswunsches zu überwinden, und dies habe seinen Entschluß, sich dem geistlichen Stande zu widmen, zur Reife gebracht."
- Wie es heißt, hat der Kaiser den Prinzen Rupprecht, ältesten Sohn des Prinzen Ludwig von Bayern, eingeladen, den großen Flottenmanövern dieses Herbstes zwischen Helgoland und Kuxhaven beizuwohnen. Die Einladung soll dankbar angenommen worden sein.
- Fürst Bismarck empfing am Sonntag den Kapellmeister der Kissinger Kurkapelle, Herrn Jul. Schreck, und dankte demselben herzlich für dessen neuen dem Fürsten gewidmeten Marsch. Dieser enthält das Trio: "Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte." - "Ja", sagte der Fürst, "Sie habens getroffen. Dieses Arndt'sche Lied ist mein Lieblingslied."
- Bei den neu zu errichtenden 4. Bataillon soll eine neue Trommel zur Einführung gelangen. Dieselbe ist 1 kg leichter als die jetzige und breiter, auch hat sie an Stelle der Stellschrauben verzinnte nicht rostende Schrauben, die sich mit der Hand leicht anziehen lassen.
- Seitens einer Berliner Antiquariatshandlung werden gegenwärtig um den enormen Preis von 105 000 Mk. Göthes sämtliche Briefe, 1748 Stck., an seine langjährige Freundin Charlotte von Stein, umfassend die Jahre 1776-1826, also ein halbes Jahrhundert, ausgeboten.
- Emin Paschas Töchterchen Ferida ist in Begleitung von Schwester Lies und Frau Schröder in München angekommen und im Hotel de l'Europe abgestiegen. In München friert die kleine Ferida ganz kläglich, am Freitag wollte sie mit samt ihren Kleidern zu Bette gehen. Aber alles das stört ihre kindliche Heiterkeit, gepaart mit einem entzückenden Mutwillen, nicht.
- Nun ist auch in Baden mit Rücksicht auf den landwirthschaftlichen Nothstand eine Aenderung der Herbstübungen verfügt worden. Das Generalkommando des 14. Armeekorps hat auf Ersuchen der badischen Regierung angeordnet, daß die Uebungen der Kavallerie und Artillerie, sowie die Brigadeübungen nicht auf dem Manöverfeld, sondern in der Umgebung der Garnisonorte stattfinden.
- In Lavesum bei Hattern in Westfalen erschoß ein siebenjähriger Knabe beim Spielen mit einer Salonbüchse sein 2 1/2jähriges Brüderchen. Die Kugel drang dem Kinde durch die Stirn in den Kopf, wodurch der Tod sofort eintrat.
- Nachdem durch die neue Verkehrsordnung auf den preußischen Staatsbahnen die Signale mit der Bahnsteigglocke fortgefallen sind, steht die Einrichtung einer elektrischen Signaleinrichtung für Zugabfahrtsmeldungen bevor, wodurch das oft überhörte Abrufen in den Wartesälen erübrigt wird. Die Neuerung besteht aus einem eisernen Schränkchen, über dem sich eine elektrische Uhr befindet. Unterhalb der letzteren wird die jeweilige Fahrtrichtung zugleich mit der Abfahrtszeit des nächsten Zuges sichtbar, und 15 Minuten vor Abgang desselben werden in Zwischenräumen von 5 Minuten drei Glockensignale gegeben. Fahrplanänderungen werden durch Einstellen entsprechender Tafeln angezeigt. Die Signale werden vom Stations=Telegraphenbureau mittelst eines Läuteindukors gegeben, der die Strömung durch elektrische Leitungen gleichzeitig zu sämmtlichen Apparaten sendet.
- In Bonn ist das 75jährige Universitäts=Jubiläum am Dienstag Abend durch einen von 1200 Studenten dem Rektor Sämisch dargebrachten Fackelzug eingeleitet worden.
- Stark gereift hat es in der Nacht zum Dienstag in der Umgegend von Berlin. In der Frühe waren Himbeeren, Erdbeeren und Pflanzen in ein weißes Reifkleid gehüllt.
- In Zopot bei Danzig wurde von Fischern aus Adlerhorst im Flundernetz ein junger Delphin, ca. 1 1/2 Meter lang und ca. 150 Pfund schwer gefangen. Der Fisch hatte sich mit dem Schwanz im Netz in einer Leine verwickelt, sodaß er aus dem Netz, welches er sonst unzweifelhaft durchrissen hätte, nicht herauskommen konnte.
- Guttenberger, der Mörder der Lehrerfamilie Brunner in Dietkirchen, wurde am Donnerstag in Amberg hingerichtet. Guttenberger bewahrte bis zuletzt seine Gemüthsruhe. In den letzten 24 Stunden wurde er sehr ernst, starb aber gefaßt.
- Auf der Schafbergbahn, die erst vor kurzem eröffnet wurde, ist bereits ein Unfall vorgekommen. In etwa 100 Meter Höhe versagte die Maschine auf einem 30 Meter hohen Damm. Der Zug hielt plötzlich an, unter den Reisenden, die aus den Wagen stürzten, entstand Verwirrung, wobei es ein Glück war, daß niemand über die blos einen halben Meter breite Böschung stürze. Einzelne behaupten, eine Explosion gehört zu haben, andere, daß die Maschine mehrere Zähne verloren habe.
- Aus dem ungarischen Ort Szent Gal sind Nachrichten in die Oeffentlichkeit gedrungen, die das Entsetzen des ganzen Landes erregt haben. Man ist dort nämlich zahlreichen Verbrechen auf die Spur gekommen, deren sich der weibliche Theil der Bevölkerung schuldig gemacht hat. Schon vor längerer Zeit hatten sich verschiedene Frauen ihrer Männer durch Gift entledigt, und sie waren auch vom Gericht wegen Giftmordes bestraft worden. Vor einigen Wochen wurde abermals die Anzeige erstattet, daß unter den Frauen von Szent=Gal Gift in Umlauf sei, worauf man mehren Frauen in Haft nahm. Unter ihnen befindet sich eine, die bereits dreimal Wittwe war und gegenwärtig in wilder Ehe lebt. Sie legte das Geständnis ab, aus den Wurzeln einer Pflanze das tödliche Gift bereitet und es an mehrere Frauen um den Preis von 20 Gulden verkauft zu haben. Eine junge Frau, die erst seit wenigen Wochen verheiratet war, gab an, daß das Gift nicht für ihren Gatten, sondern für ihren Vater bestimmt gewesen, daß aber jener "irrthümlich" den Giftbecher ausgetrunken hatte und daran gestorben wäre.
- Der erste internationale Samariter=Congreß wird in den Tagen vom 7. bis 11. September in Wien tagen. Die Anmeldungen zu demselben haben bereits die Anzahl von 400 überschritten, und zwar sind zahlreiche Vertretungen von Regierungen, Städtchen, ärztlichen Corporationen, Feuerwehren, Samariter=Vereinen und anderen Humanitätsvereinen offiziell angesagt. Außerdem sind noch eine Reihe hervorragender Persönlichkeiten der Wissenschaft und der Praxis dem Kongreß beigetreten.
- Der Sekretär der sozialistischen Krankenkasse von Morlanwelz in Belgien, Alexis Ledoux, hat sich erschossen. In einem hinterlassenen Brief erklärt er, der sozialistischen und anarchistischen Lehren und Wühlereien überdrüssig zu sein. Ledoux hat einen großen Einfluß auf seine Genossen besessen.
- Eine Anzahl israelitischer Kapitalisten in Amsterdam und Rotterdam haben den Plan aufgenommen, die Nordsee=Insel Schiemounikoog, die gegenwärtig durch den Eigner, einem Haager Advokaten, für 300 000 Gulden feilgeboten wird, anzukaufen und dort von Rußland ausgewanderte Glaubensgenossen anzusiedeln.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 61 Seite 6]

- Die Namen der letzten noch lebenden Veteranen aus den Befreiungskriegen hat der Vorstand des Bezirks 9 des deutschen Kriegerbunds in einer Liste zusammengestellt. Hiernach beträgt die Zahl dieser Veteranen noch 43; ihre Geburtsjahre fallen in die Zeit von 1786 bis 1797. Die ältesten sind Uhrmacher Göhring in Ottensen (Holstein), 1786 geboren, und Wygold in Velbert (Rheinland), 1789 geboren. Aus Schlesien sind verzeichnet: Lehrer Gitschmann in Seitendorf, 1797 geboren (inzwischen verstorben), Kugler in Wolmsdorf, 1794 geboren, Schneider Joseph Rose in Schreckendorf, 1796 geboren, Wilhelm Schütz in Warmbrunn, Friedrich Werner in Kainzen, 1794 geboren, Andreas Wyczik in Tarnowitz, 1790 geboren. Die meisten Veteranen weisen noch auf: Pommern 10, Hannover 8, Schlesien 6 und Rheinland 4. In Berlin wohnt noch ein Zeuge der Befreiungskriege, der 1795 geborene Christian Müller. Nur zwei Offiziere aus den Befreiungskriegen leben noch: Generallieutenant a. D. Müller=Hannover und Oberst a. D. v. Holtzendorf in Sachsen.
Ueber die Leistungen der französischen Reiterei bei der großen Parade auf dem Longchamps fällt ein französisches Fachblatt, "La France militaire", folgendes Urtheil: "Von der Cavallerie möchte der Berichterstatter lieber schweigen. Die Jäger kamen in einer tollen Gangart vorbei, die Reiter waren nicht Herr ihrer Pferde, die Schwadronen bildeten regellose wirre Massen. Bei den Dragonern ging es besser, einzelne Schwadronen zeigten sogar eine bemerkenswerthe Ordnung. Dagegen chargierten die Kürassiere wieder wie die Jäger. Drei reiterlose Pferde irrten auf dem Rasen umher; eines darunter, dessen Sattel nur ein Karabiner und ein Säbel behauptet hatten, bezeugte dem Präsidenten der Republik seine Ehrerbietung."
- Das erste Mädchengymnasium Deutschlands wird am 11. September d. J. in Karlsruhe eröffnet. Dasselbe beginnt mit einer Uebergangsklasse, die etwa der Untertertia des Knabengymnasiums entspricht und die den Zweck hat, die vorher auf einer höheren Töchterschule erreichten Kenntnisse soweit zu vertiefen und zu erweitern, daß in der folgenden Klasse der normale Lehrplan der Obertertia eintreten kann. Die wesentlichste Schwierigkeit liegt begreiflicherweise darin, die Schülerinnen in der ihnen bis dahin ganz unbekannten lateinischen Sprache während der Uebergangsklasse genügend vorwärts zu bringen.
- Ein glückliches Ländchen ist das Fürstentum Lichtenstein. Es hat keine Militärpflichten und keine Militärlasten, auch keine Staatssteuer und dem dortigen Landtag wurde in der letzten Woche von der fürstlichem Regierung und dem Landesausschuß erklärt, "die günstige Lage der Landesfinanzen macht eine Erleichterung der auf Grund und Boden haftenden Zinslast zur Pflicht." Natürlich war der Landtag gerne dabei, dieser angenehmen Pflicht so schnell, als es die Geschäftsordnung erlaubte, nachzukommen.
- Das Salz als Hausmittel. Kochsalz erweist sich in vielen Fällen als nützliches Hausmittel. In Spiritus, Branntwein oder Salmiakgeist aufgelöst, entfernt es Fettflecke. Will man irdene und gläserne Gefäße schnell abkühlen, so setze man sie in kaltes Salzwasser. Ein Theelöffel voll Salz in den Oelbehälter einer Petroleumlampe geschüttet, erhöht de Leuchtkraft des Petroleums. Zum Putzen von Messinggegenständen dient mit Essig angefeuchtetes Salz. Schwarzes Tuch bleibt bei der Wäsche in Salzwasser unbeschädigt in der Farbe und läuft nicht ein. Strohmatten und Korbwaren, auch geflochtene Stuhlsitze, nehmen nach dem Abbürsten mit Salzwasser ein neues Aussehen an. Zur Beseitigung von Rost= und Tintenflecken läßt man Salz in Citronensaft unter der Einwirkung voller Sonnenwärme zergehen und reibt damit die Flecken weg. Teppiche halten sich frisch in der Farbe, wenn man sie vor dem Kehren mit feuchtem Salz bestreut, oder sie nach dem Klopfen mit Lappen abwischt, die in Salzwasser angefeuchtet wurden. Aus diesen verschiedenen Beispielen sieht man, daß das Salz im Haushalt keineswegs einzig zum Würzen der Speisen dient.
- Eine Wundertaschenuhr. Aus Genf schreibt man: Eine wahre Wundertaschenuhr wird für den Preis von 15 000 Franks auf Bestellung gegenwärtig von der Firma Patek, Philipp & Co. gefertigt. Dieselbe hat einen Durchmesser von 6 cm, eine Stärke von 22 mm und bietet folgende Vorzüge: Die Zeit zweier verschiedener Länder anzeigend, hat sie zwei von einander unabhängige Zifferblätter, ferner eine Minutenrepetition; mit einem Druck auf ein Seitenknöpfchen repetiert sie Stunden=, Viertelstunden= und Minutenzahl; wenn je ein Stundenabschnitt zu Ende ist, klingelt sie von selbst. Ein Wecker soll den glücklichen Besitzer aus dem Bett scheuchen. Ein chronographischer Zeiger giebt die Sekunden bis auf 1/5 an. Ein springender Zeiger giebt die Sekunden an, ein anderer Stunden und Minuten. Ferner liegt ein kleines Thermometer auf dem Rande. Ein anderes Zifferblatt giebt Tag und Monatsdatum an, auch das Mondviertel. Ferner ist ein Barometer vorhanden. Ein besonderer Cadran (Zifferblatt) giebt noch die Differenz der wirklichen Zeit von einem bestimmten Meridian an!
- Im Alter von 101 starb am 27. Juli der Auszügler Stanczyk in Bielawy, Provinz Posen. Derselbe besaß eine außerordentliche Körperkraft bis in sein hohes Alter und mähete und drosch noch im Alter von 96 Jahren so flott, wie ein junger Mann.
- Versöhnung "in extremis". Eine heitere Scene spielte sich dieser Tage in einein herumziehenden Theater auf dem Meßplatze zu Lille ab. Der Zauberkünstler Sarbacan richtete am Schlusse einer seiner Vorstellungen folgende Ansprache an das Publikum: "Jetzt will ich die angekündigte sensationelle Enthauptung eines Zuschauers vornehmen. Ich fordere irgend einen Herren, der sich dieser Operation unterziehen möchte, auf, zu mir auf die Bühne zu kommen!" Sofort meldete sich ein junger Mann aus Armentières, der, von Eifersucht geplagt, mit seiner Braut Streit gehabt hatte, und stieg die zur Bühne führende Treppe hinan, mit dem ihm von der Verzweiflung eingegebenen festen Entschluß, sich den Kopf abschneiden zu lassen. Schon war alles zu der mit Spannung erwarteten Enthauptung bereit, als plötzlich die Braut des Deliquenten, laut weinend und jammernd, auf die Bühne stürzte, ihren Geliebten unter dem Rufe: "Nein Paul, Du darfst nicht sterben!" in die Arme schloß und ihn mit Gewalt aus der Meßbude schleppte. Man kann sich denken, welche erheiternde Wirkung diese rührende Scene auf sämtliche Zuschauer ausübte.
- Folgen des Sonntagsruhegesetzes. Folgendes hübsche Geschichtchen erzählt der "A. St.=A.": "Die Frau Fabrikant X. bekam am Sonntag Besuch von zwei bekannten Damen. Um die Gäste mit irgend etwas zu traktiren, schickt sie ihre beiden Jüngsten nach der A.schen Conditorei, um von dem so beliebten Kirschkuchen holen zu lassen. Nach einer Zeit langen Wartens kehren die kleinen Sendboten zurück. Als jedoch die Frau Mama dem Korbe die leckere Speise entnehmen will, findet sie diesen vollständig leer. Auf ihre erstaunte Frage, ob denn die kleinen keinen Kirschkuchen gekauft hätten, erfolgte die naive Antwort: "Ja, wir haben für das Geld Kuchen gekauft, aber der Herr Conditor hat gesagt, wegen der Sonntagsruhe dürfen wir ihn nicht mit über die Straße nehmen, wir müßten ihn gleich bei ihm aufessen, und das haben wir auch gethan." . . .
- Neues Wort. Die Ehre, die deutsche Sprache um ein Wort bereichert zu haben, gebührt entschieden dem Professor der oberen Abtheilung eines Stuttgarter Gymnasiums. Derselbe, ein glühender Hasser jeglichen Fremdwortes, verdeutscht den gefürchteten "Komma=Bacillus" in das fein klingende rein deutsche "Beistrichknirps".
- Ein lustiges Stücklein ereignete sich kürzlich in Gera. Fuhr da ein junges Ehepaar abends von einem Sommerfeste mit dem Kinderwagen nach Hause. Schon war man ziemlich an der Wohnung angelangt, als man die verblüffende Entdeckung machte, daß man einen falschen Kinderwagen und statt des Töchterchens einen Knaben mitgenommen hatte. Sofort wurde natürlich der Rückweg angetreten, wo schon lange die Eltern des mitgenommenen Knäbleins nach dem verschwundenen Kinderwagen suchten. Muß das Sommerfest aber schön gewesen sein.


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