No. 55
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 18. Juli
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 1]

            Es wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das III. Bataillon des 2. Hanseatischen Infanterieregiments Nr. 76

am 29. und 31. d. Mts., 1., 2., 3. und 7. k. Mts.
von 6 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags Schießübungen mit scharfen Patronen auf der Palinger Haide abhalten wird.

            Zur Vermeidung von Unglücksfällen wird das Betreten des Terrains, das durch Warnungstafeln deutlich gemacht bezw. durch eine Postenkette abgesperrt werden wird, hiemit bei Strafe verboten.
            Den Anordnungen der das Terrain absperrenden Posten ist unbedingt Folge zu geben.
            Schönberg, den 11. Juli 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


             Die Sonntägliche Beschäftigungen in den Handelsgewerben, die bisher auf dem platten Lande des Fürstenthums überall von 7 1/2-9 1/2 Uhr Vormittag und von 12-3 Uhr Nachmittags festgesetzt war, wird hiermit für die Kirchdörfer auf die Zeit von 8-10 Uhr Vormittags und 11 1/2-2 1/2 Uhr Mittags verlegt.
             Schönberg, den 24. Juni 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Das deutsche Kaiserpaar beging am Freitag den Geburtstag seines drittem Sohnes, des Prinzen Adalbert, und machte am Nachmittag einen Ausflug nach der Pfaueninsel. - Der Kaiser hat sich, da der Reichstag am Sonnabend geschlossen ist, bereits am Sonntag abend nach Kiel begeben und wird dann anfangs dieser Woche die Fahrt in die Ostsee antreten. Mitte August etwa würde die Rückkehr erfolgen. - Dem preußischen Ministerpräsidenten Graf Eulenburg verlieh der Kaiser den Schwarzen Adlerorden und überreichte ihm denselben am Donnerstag persönlich bei dem Frühstück, zu dem er sich bei dem Dekorirten eingeladen hatte.
- Der Kaiser gedenkt die erste Hälfte des Monats August den großen Kavallerie=Manövern, die in der Nähe von Salzwedel stattfinden werden, beizuwohnen. Die von Karlsruhe aus verbreitete Nachricht, daß die Kaisermanöver in Süddeutschland ganz ausfallen sollen, ist unrichtig. Dagegen heißt es jetzt, es werde die Heranziehung von Kavallerie beschränkt werden, da gerade in dortiger Gegend der Futter= und Wassermangel groß ist.
- Der Reichstag hat am Sonnabend die Militairvorlage mit 201 gegen 185 Stimmen angenommen. Der Kaiser ließ dem Reichstage für die Annahme der Militairvorlage seinen Dank sagen. Der Reichskanzler erklärte darauf im Namen der verbündeten Regierungen die Sitzungen des Reichstages für geschlossen.
- Von der entscheidenden Abstimmung über die Militärvorlage im Reichstage bringen wir noch folgende Einzelheiten: Mit dem Moment der Abstimmung trat im Sitzungssaale jene lautlose Stille ein, die sich bis zur Peinlichkeit steigert und die stete Begleiterin wirklich großer historischer Vorgänge zu sein pflegt. Kein Platz ward leer, kein Blatt raschelte, kein Wort wurde geflüstert. Nur das gleichmäßige, geschäftsmäßige Aufrufen von Namen, das laute, schnelle Antworten "Ja" - "Nein." Nicht nur die Schriftführer oben auf der Präsidententribüne führten die Listen; auch im Sitzungssaale und oben auf den Gallerien gab es Ungeduldige, die den Abstimmungen mit dem Bleistift in der Hand folgten. Erst als der letzte Name aufgerufen und die Abstimmung geschlossen war, löste sich der Bann. Nun brauste es durch den Saal in lebhaftem Meinungsaustausch, und ehe noch das officielle Resultat verkündet worden, sah man am Bundesrathstische den Reichskanzler Grafen Caprivi von Glückwünschenden umgeben. Der bayerische Gesandte und Bundesrathsbevollmächtigte Graf Lerchenfeld schüttelte ihm die Hand. Er selbst blieb ernst, keine Miene verrieth, daß er eine Schlacht gewonnen. Und nun erhob sich der Präsident von Levetzow, das den Bericht enthaltende Blatt in der Hand. Länger als sonst blickte er auf das Resultat, ehe er abermals es unter lautloser Stille verkündete. 16 Stimmen Mehrheit, das war das Wichtigste, und mit Windeseile verbreitete es sich Straß' auf, Straß' ab. In offenem Wagen begab sich Graf Caprivi in das Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße zurück. Er hatte die Militärvorlage glücklich unter Dach gebracht. "Klein, aber mein!" mochte er mit Bezug auf die Mehrheit denken.
- Für die wirthschaftliche Vereinigung im Reichstag liegt jetzt ein Statutenentwurf vor. Die "Vereinigung" soll nach § 1 der Statuten die Interessen der Landwirthschaft, der Industrie und des Handwerks wirksam vertreten. Die "Wirth=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 2]

schaftliche Vereinigung" soll die Aufgabe haben, die Vorlagen der Regierung, die in ihren Wirkungskreis fallen, zu begutachten und eigene Anträge und Gesetzentwürfe einzubringen. Giltige Beschlüsse können nur mit zwei Drittel=Mehrheit gefaßt werden. Mitglieder, die sich solchen Beschlüssen nicht unterwerfen wollen, haben das in der Sitzung zu erklären oder dem Vorsitzenden schriftlich mitzutheilen. Thun sie weder das Eine noch das Andere, so sind sie verpflichtet, im Plenum nach den Beschlüssen der Mehrheit zu stimmen.
- S. M. der Kaiser gedenkt nach Schluß des Reichstags mit der Kaiserin und großem Gefolge auf der "Hohenzollern" eine Seereise in die Ostsee zu unternehmen, bei der voraussichtlich Bornholm und Gothland berührt werden sollen.
- Das österreichisch=ungarische Ausfuhrverbot soll für Heu, Klee, Stroh, Oelkuchen und getrocknete Schlempe Anfang dieser Woche in Kraft treten.
- Der Kronprinz von Italien hat endgiltig die Einladung zur Beteiligung an den deutschen Kaisermanövern im Herbst angenommen.
- Die dem Nachtragsetat beigefügte Uebersicht der Etatsstärke des deutschen Heeres für das zweite Halbjahr des Etatsjahres 1893/94 ergiebt folgende Zahlen: Officiere 22,458 (+ 1796), Unterofficiere: Zahlmeister=Aspiranten 1201 (+ 208), Spielleute 6064 (+ 369), Lazarethgehilfen 1922 (+ 190), sonstige 68,677 (+ 10,145), überhaupt Unteroffiziere 77,864 (+ 10,912); Gemeine: Spielleute 15,645 (+ 1549), Unter=Lazerethgehilfen 1926 (+ 273), Oekonomie=Handwerker 7243 (- 1076), Capitulanten und Gemeine 454,415 (+ 58,452), insgesammt 479,229 (+ 59,198); Militärärzte 2068 (+ 228), Zahlmeister, Militärmusikinspicienten, Luftschiffer 1102 (+ 207), Roßärzte 578 (+ 20), Büchsenmacher und Waffenmeister 1060 (+ 206), Sattler 93, Dienstpferde 76,382 (+ 3094).
- Dem Reichskanzler haben einige besondere Fälle neuerdings Veranlassung gegeben, sich grundsätzlich dahin auszusprechen, daß die Offizierstellen bei den deutschen Schutztruppen in Afrika fortan ausschließlich mit Offizieren des stehenden Heeres besetzt werden sollen. Dieselben werden nach vorangegangener freiwilliger Meldung zu diesem überseeischen Dienst sorgfältig ausgewählt; sie müssen von sehr guter Führung, energisch, umsichtig und vor Allem von untadelhafter Gesundheit und erprobter körperlicher Widerstandsfähigkeit sein. Sie sollen immer zunächst für die Dauer von 3 Jahren kommandirt, beziehungsweise zur Schutztruppe versetzt werden und dann wieder in den Dienst ihrer Waffe zurückkehren.
- Nachdem die hellgrauen Paletots für die Generale bereits eingeführt sind, ist deren Einführung nun auch für die übrigen Offiziere des preußischen Heeres in Aussicht genommen, sobald die bei einzelnen Truppentheilen angeordneten Tragversuche mit grauen Mänteln zum Abschluß gelangt sind. Als ungefährer Zeitpunkt für die Einführung dieses veränderten Bekleidungsstückes soll der März n. J. bekannt gegeben worden sein.
- Große Freude hat in dem Bezirk Oehringen eine hochherzige Handlung des Fürsten Hugo von Hohenlohe=Oehringen hervorgerufen. Derselbe hat der Amtskörperschaft Oehringen ein unverzinsliches Darlehen von 25 000 Mark zur Verfügung stellen lassen, um den ärmeren Viehbesitzern des Bezirks den Ankauf von Futtermitteln in weitgehendem Maße zu erleichtern.
- Sämmtliche Wiener Morgenblätter begrüßen mit Freude die am Sonnabend stattgefundene Abstimmung im deutschen Reichstage und bestätigen fast übereinstimmend, daß jetzt die Freunde Deutschlands von einem schweren Drucke, welcher fast neun Monate auf ihnen geruht, befreit seien. Die Presse richtet an die Centrums=Fraktion die Anfrage, wie lange sie sich noch von einem Manne wie Lieber werde führen lassen.
- Die Kaiserin von Oesterreich machte soeben zu ihrem Testament ein Kodizill, in welchem sie verfügt, daß sie auf Korfu, am Ufer des Meeres begraben sein wolle, und daß ihr Leichenbegängniß so einfach wie möglich sein soll. Am Wiener Hofe wird über diese neue Verfügung, aus welcher die Kaiserin kein Geheimniß macht, viel gesprochen.
- Die Heereskommission des französischen Senats hat, wie aus Paris gemeldet wird, das Cadresgesetz angenommen.
- Ein neuer Studentenstreik ist in Königsberg ausgebrochen. Dem Vorgehen der Marburger Studenten sind die Königsberger gefolgt. Wie von dort gemeldet wird, haben die Hörer der Universitäts=Augenklinik den Besuch derselben bereits eingestellt, weil sie durch Prof. Kuhut nicht höflich genug behandelt worden seien.
- Anfangs dieses Monats stieß man in dem neuen Stollen im Höllenthal (Baden) am Erzkasten endlich nach langer Arbeit auf Silber=, Blei= und Blendeadern, die sich in einer solchen Mächtigkeit zeigten, daß zwei Mann in einem Tage 30 Zentner zu Tage förderten
- In Rheinhessen haben sich die Reben infolge der überaus günstigen Witterung bereits derarten entwickelt, daß in vielen Weinbergen günstiger Lage reife Trauben angetroffen werden. Man hat dort das seltene Jahr, daß wohl das erste und das letzte Obst - Kirschen und Trauben - gleichzeitig auf dem Markt erscheint.
- Der Haide= und Moorbrand bei Barmstedt hat so bedenklich zugenommen, das jetzt ein ganzes Bataillon des 31. Infanterie=Regiments, feldmarschmäßig ausgerüstet, mit einem Extrazug zur Hilfeleistung von Bremen dorthin befördert werden mußte. Die Nachbardörfer sind sehr gefährdet.
- Die andauernde Trockenheit hat für die ausgedehnte Industrie in einem Theil von Westfalen große Unzuträglichkeiten im Gefolge. Da mancher Wasserlauf fast gänzlich ausgetrocknet ist, können die Fabriken ihre Dampfkessel nicht mehr genügend mit Wasser versorgen; so mußten in Gronau vier der größten Etablissements ihren Betrieb bereits auf halbe Tage einschränken.
- Die Wassernot nimmt, so wird aus Brüssel gemeldet, in dem Hennegauschen Becken Vorinage einen immer bedrohlicheren Umfang an. Zahlreiche Brunnen und Quellen sind versiegt; ein Eimer Wasser kostet 5-10 Pfg. Viele Haushaltungen sind gezwungen, das von den Ausschöpfungsmaschinen aus den Gruben herausgetriebene Wasser, das sie mittels Aufkochens von den Mikroben zu befreien suchen, zu verwenden. Die Zechen selbst beziehen das für sie erforderliche Wasser zu teuren Preisen aus den Wasserbehältern der Eisenbahn bei Varquignies. Die bei Elanges belegene große Theer= und Amoniakfabrik ist niedergebrannt, da man kein Wasser zum Löschen auftreiben konnte. Die Dampfschiffahrt zwischen Namur und Dinant ist infolge des niedrigen Wasserstandes der Maas eingestellt.
- Die Nachrichten über den Stand der Cholera in Frankreich lauten recht verworren und scheinen den Thatsachen nicht ganz zu entsprechen. Private Meldungen bezeichnen das ganze südliche Küstengebiet bis herauf nach Paris als ziemlich stark verseucht und die getroffenen Maßregeln als unzureichend.
- Die Cholera nimmt im russischen Reiche zu. Dieselbe grassiert in 15 Gouvernements; in Podolien wurden in der letzten Woche amtlich 400 Todesfälle konstatiert.
- Das tragikomische Ende des berühmten Koch Vate, welcher sich einen Spieß durch den Leib rannte aus Verzweiflung darüber, daß ihm ein großes Festdiner mißrathen war, hat jetzt eine Art Seitenstück in London gefunden. Am Sonnabend erschoß sich daselbst der kgl. Kammerdiener George Amordse. Er hatte einen Tadel erhalten, weil er seine Pflichten bei der Hochzeit des Herzogs von York nicht in gehöriger Weise erfüllt hatte.
- In Pest hat sich am Freitag der Zigeunerprimas Ignaz Erdelyi durch einen Revolverschuß getötet. Mit Erdelyi ist einer der berühmtesten ungarischen Volksmusiker ins Grab gesunken. Er war unter dem Namen Szegedi Erdelyi Naczi weit über die Grenzen Ungarns bekannt. Einen Ruf als Geiger hatte er schon als 11jähriger Knabe in Szegedin erworben. Seit einigen Jahren kränkelnd hatte er sich dem Morphium=Genusse hingegeben und verfiel zusehends. Den Selbstmord dürfte Erdelyi infolge von Geistesstörung bangen haben.
- In Monte Carlo im Fürstentum Monako ist die Cholera nun auch ausgebrochen; in Folge dessen sind alle Fremden abgereist.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 3]

- Beim Zusammenstoß der "Victoria" mit dem "Camperdown" wurde, wie erst jetzt bekannt wird, allein durch die Geistesgegenwart eines maltesischen Heizers der "Camperdown" vor dem Untergang gerettet. Ein Heizer, der gerade keinen Dienst hatte, sah, daß das Schiff mit der "Viktoria" zusammenprallen mußte und schloß sofort die wasserdichten Wände. Das Wasser kam ihm dabei an den Hals. Es heißt, daß die Admiralität ihn vorrücken ließ und ihm eine lebenslängliche Pension aussetzte.
- Der am 7. Juli von Newyork in Queenstown um 8 Uhr 29 Min. eingetroffene Cunard Dampfer "Campia" legte die Fahrt von Amerika in 5 Tagen 19 Stunden und 7 Minuten zurück. Dieses ist die schnellste jemals vorgekommene Reise. Die "Campia" hat 4 Stunden 48 Minuten weniger gebraucht als irgend ein Schiff früher.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Zwangsversteigerung der dem Maurer Heinrich Kleinfeldt zu Lüdersdorf gehörigen und daselbst sub Nr. 3 belegenen Büdnerei c. p. stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an,
1. der Verkaufstermin auf

Dienstag, den 15. August 1893,
Vormittags 11 Uhr,

2. der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 19. Septbr. 1893
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück c. p. und an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Dienstag, den 15. August 1893,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermine auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht der Betheiligten aus.
Dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen zu dem Zwecke einer endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an das Grundstück c. p. bestimmten Termine und in dem Verkaufstermine zu erscheinen, sowie innerhalb 8 Tagen vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 15. Mai 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


In der Testaments= und Nachlaßsache des früheren Drechslers zu Boitin=Resdorf späteren Rentiers Johann Heinrich Gaeth zu Blüßen werden die zu den Acten legitimirten Erben resp. deren Vertreter zur Inempfangnahme ihrer Antheile an die verschiedenen Erbmassen und Quittirung über dieselben auf

Sonnabend, den 22. Juli d. J.
Vormittags 10 Uhr

zur Registratur hiermit geladen, eventuell aufgefordert, soweit dies etwa nicht schon geschehen, vorher einen Miterben zum Geldempfang und zur Quittungserteilung zu den Acten zu legitimiren.
Schönberg, den 11. Juli 1893.

Der Gerichtsschreiber
des Großherzogl. Amtsgerichts.
Actuar E. Breuel.


Oeffentliche Versteigerung.
Donnerstag, den 20. Juni d. J.

Vormittags 11 Uhr, sollen aus der Feldmark zu Palingen:

ca. 80 Schffl. Aussaat Roggen
u.   6 Schffl. Aussaat Weizen

auf dem Halme in größeren Stücken öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Versammlung der Käufer beim Krüger Oldenburg in Palingen.
Schönberg, d. 15. Juli 1893.

                                                    C. Staffeldt.
                                                    Gerichtsvollzieher.


Die Herren Arbeitgeber werden hiermit höflichst ersucht, ihre etwaigen Aufträge auf auswärtige Dienstboten resp. Arbeiter für den Herbst möglichst bald an mich gelangen zu lassen, da anderen Falls ein rechtzeitiges Eintreffen derselben nicht garantirt werden kann.

                                                    Der Geschäftsführer
                                                    F. Becker.


Gestern empfing von dem ersten diesjährigen                          
Sommerfang Flohm=Hering
und empfehle denselben à Stck. 6 und 7 Mark (Lübeck).                                                    
                                                    Max C. Sass,
                                                    Siemzerstraße u. Schlauentrift.


Neu !!!
Carl Wasmuth's
Hamburger
Caffee-Mischung

besitzt doppelte Ausgiebigkeit und dadurch unerreichte Billigkeit.

1 Loth = 7 Tassen !!! à Pfd. 60 Mark (Lübeck). und 90 Mark (Lübeck).

käuflich in allen Colonialwaarengeschäften.

Carl Wasmuth, Hamburg,
Uhlenh.


Hochfeinen Matjeshering
empfiehlt                          
                                                    A. Wigger Nachfolger.


Das älteste und grösste
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfd.) gute reine,
Bettfedern für 60 Pfg. das Pfund,
vorzüglich gute Sorte 1 M. 25 Pfg.
prima Halbdaunen nur 1,60 M. und 2 M.
reiner Flaum nur 2,50 M. und 3 M.
Bei Abnahme von 50 Pfd. 5% Rabatt.
Umtausch bereitwilligst.

Fertige Betten (Oberbett, Unterbett und 2 Kissen) prima Inlettstoff auf's Beste gefüllt.

einschläfig 20, 25, 20 u. 40 M. 2schläfig 30,40, 45, u. 50 M.


Verloren am Mittwoch Abend eine goldene Damenuhr mit kurzer Kette auf dem Wege vom Bahnhofe in die Stadt. Gefl. Abzugeben gegen Belohnung in der Exped. d. Bl.


Zugelaufen

ein schwarz=weißer Hund (Terrier). Gegen Erstattung der Insertionsgebühr abzuholen.

                                                    H. Ollrogge.
                                                    Kalter Damm 6.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 4]

Mit dem heutigen Tage übernimmt Herr Paul Buchholz das von meinem seligen Manne, dem

Buchbinder C. Sievers,

seit 30 Jahren betriebene Geschäft, und sage ich Allen für das dem Verstorbenen bewiesene Wohlwollen und Vertrauen meinen herzlichsten Dank.

                                                    Marie Sievers geb. Bohnhoff.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Auf Obiges bezugnehmend, bitte ich das meinem verstorbenen Prinzipal bewiesene Vertrauen auch auf mich zu übertragen, indem ich reelle und prompte Arbeit verspreche.

Schönberg, den 1. Juli 1893.              Hochachtungsvoll
Paul Buchholz, Buchbinder.


Restaurant Deutscher Kaiser, Lübeck.
Grösster Garten in der Stadt.
Münchener Bürgerbräu.             Lübecker Adler-Bräu.
Anerkannt gute Küche.


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag den 23. Juli d. J. Nachm. 4 Uhr.

Tagesordnung:
1.) Bericht über den Delegirtentag in Malchin und
Bericht über die Feier der goldenen Hochzeit unseres hohen Fürstenpaares.
2) Beschlußfassung über die diesjährige Sedanfeier und die Feier des Geburtstags Sr. K. H. des Großherzogs.
3) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

Der Vorstand.


Hafer
hat noch abzugeben                                                    Kaiser-Stove.


Ein möbliertes Zimmer

ist an einen oder zwei Herren zu vermiethen sogleich oder später.

                                                    Marie Ohls Ww.
                                                    Wallstraße 114 e.


Gesucht zum 24. Oktober                          
ein Mädchen.
                                                    Schulze Lohse-Törpt.


Lehrlings=Gesuch

Zu sofort oder Michaelis d. Js. suche ich für mein Colonial= und Manufactur=Geschäft einen mit den nöthigen Schulkenntnissen versehenen Lehrling

unter günstigen Bedingungen.

Ratzeburg.                                  D. Jürgens.


Dr. Roth,
Specialarzt für Chirurgie und Orthopädie,
Lübeck, Königstrasse 7
verreist.


Von der Reise zurück
Dr. Ahrens, Augenarzt,
Lübeck, Johannisstraße 11.


In den Gerichtsferien werde ich während des Augustmonats verreist sein.
Schönberg, den 15. Juli 1893.

Rechtsanwalt Dr. jur. Ch. Lange.


Scheibenschießen.

Am kommenden Sonntag den 23. und Montag den 24. d. M. findet bei mir ein Scheibenschießen nach guten Gewinnen statt, wozu ich ein geehrtes Publikum von Stadt und Land ganz ergebenst einlade. Schießbedarf wird von mir geliefert, und fällt auf einen Satz von drei Schüssen nur ein Gewinn.

Petersberg.                                                     Raesenhöft, Gastwirth.


Avis für Damen!

Beabsichtige, Anf. August einen 4 wöchentl. Lehrkursus in Damenschneiderei zu geben, enthaltend: Maßnehmen, Musterzeichnen, Zuschneiden und Anfertigen eigener Garderoben. Preis 30 M.
Erkundigungen können bei meinen gewesenen Schülerinnen a. d. Gegend: Frau Maaß Ollndorf, Frl. Haagen=Ollndorf, Frl. Wendland=Selmsdorf Frl. Oldenburg=Selmsdorf, Frl. Lehmkuhl=Rüschenbeck u. s. w. eingezogen werden. Rechtzeitige Anmeldungen erbeten.

Hochachtungsvoll
                                                    Fanny Hornickel,
                                                    Modistin, Lübeck,
                                                    Holstenstraße 21.


Am Dienstag, den 18. und Mittwoch, den 19. Juli 1893 auf dem Schützenplatze das berühmte Mecklenburger

Fritz Reuter'sche
Casperle=Theater.

Entrée im Kreise 20 Pfg., außerhalb des Kreises à Person 10 Pfg.

Anfang 9 Uhr Abends.
                                                    Franz Strauschild.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 50-52 M., große Schweine 50-52 M., Sauen 35-43 M., Kälber 70-95 M. per 100 Pfund.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 55 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 18. Juli 1893.


- Neustrelitz. II. KK. HH. der Großherzog und die Großherzogin sind am 16. Juli Vormittags aus London zurückgekehrt.
- Eingesandt. Am 13. Juli nachmitttags zwischen 5-6 Uhr ist bei mir ein schwerer Einbruchsdiebstahl verübt worden; gestohlen wurde an 40 M. Geld, 2 goldene Uhrketten mit Medaillon, 1 goldene Brosche, ein Hut, Rock, Weste, Hose, 1 Paar Stiefeletten. Ich machte dem hier in Selmsdorf stationirten Districts=Husaren Kliege die Anzeige. Der Verdacht lenkte sich auf den bei mir seit einigen Tagen bediensteten angeblichen Paul Schultz aus Breslau, der gegen Lübeck zugegangen sein sollte. Der Districts=Husar Kliege nahm auch sofort mit mir die Verfolgung gen Lübeck zu auf; dort telegraphirten wir nach allen Richtungen hin, um den Betreffenden bei seiner Ankunft dort festzunehmen. Nach dem erbaten wir uns einen Schutzmann, um die Gastwirthschaften und Herbergen zu revidiren. In der Central=Herberge Lederstraße Nr. 3 fanden wir den Dieb, der in meinen Anzug gekleidet war; wir erkannten ihn und der Districts=Husar Kliege nahm ihn sofort fest. Bei sich hatte er noch alle Gegenstände und an Geld 32 M. 91 Mark (Lübeck). Hierauf wurde er von oben erwähntem Districts=Husaren geschlossen und nach Schönberg transportirt. Für die großen Bemühungen des Herrn Kliege spreche ich diesem hiermit meinen herzlichsten Dank aus. Hauswirth H. Lohse. Selmsdorf, den 16. Juli 1893.
- Der Verbandstag norddeutscher Erwerbs= und Wirthschafts=Genossenschaften wird am 30. und 31. Juli in Schwerin stattfinden. Der Versammlung wird u. a. der Genossenschaftsanwalt Schenk beiwohnen.


- Die offizielle vervollständigte Fraktionsliste ist im Reichstag jetzt ausgegeben worden. Danach zählen die Deutschkonservativen 68 Mitglieder (darunter 8 Hospitanten), die Reichspartei 27 Mitglieder (darunter 5 Hospitanten), die deutsche Reformpartei 10, das Centrum 99 (darunter 4 Hospitanten) die Polen 19, die Nationalliberalen 52, (darunter 7 Hospitanten), die freisinnige Vereinigung 13, die freisinnige Volkspartei 22 (darunter 1 Hospitant), die süddeutsche Volkspartei 11, die Sozialdemokraten 43 Mitglieder. Keiner Fraktion gehören 28 Mitglieder an.
- Fürst Bismarck empfing am Montag in Friedrichsruh die Sekretäre der deutschen Handelskammer und hielt bei dieser Gelegenheit eine längere Rede, worin er ausführte, Handel und Gewerbe gehörten nothwendig zusammen. Eine Trennung von Handel, Gewerbe und Landwirthschaft zu beabsichtigen, beruhet auf Irrthum. Die früheren billigeren Preise stellten keineswegs einen Wohlstand dar; ein durch ungeschickte Gesetzgebung und Handelsverträge verarmendes Land könne einen potenten Kaufmannsstand nicht ernähren. Es sei falsch, wenn die Landwirthe auf die Förderung der Industrie schimpfen; ein Beweis des Gegentheils seien die eigenen Güter des Fürsten. Der beste Absatz sei immer im Inland, ein prosperirender Landwirth nehme die Erzeugnisse der Industrie bereitwilligst auf. Das Verhältniß des Handels zur Industrie sei ähnlich. Millionäre müsse man nicht mit einer gewissen Bitterkeit betrachten, denn dieselben förderten den Luxus, die Kunst und deren Zubehör Wenn man den Luxus abschaffte, zerstöre man eine Menge Existenzen. Eine Einigung aller produktiven Stände sei durchaus zu empfehlen.
- Eine Erbschaft von 5 bis 6 Millionen Mk. fiel soeben der Stadt Berlin zu. Vor Kurzem starb dort der Rentier Arthur Kube im 38 Lebensjahre am Magenkrebs. Sein Vater, der Inhaber einer Vorbereitungsanstalt für Offiziere, hatte ein ungeheures Vermögen hinterlassen. Der Erblasser vermachte nun sein ganzes Vermögen der Stadt Berlin mit der Aufgabe, daraus eine Stiftung für alte Berliner Lehrer und Lehrerinnen christlichen Glaubens zu gründen, einschließlich derjenigen, welche pensionirt sind, deren Pension aber zum Lebensunterhalt nicht ausreicht.
- Viel Verwegenheit zeigte in Graudenz vor einigen Tagen der halbwüchsige Bursche Franz Schaefer, ein alter Bekannter der dortigen Polizei. Während seiner Vernehmung auf dem Polizeibureau sprang er plötzlich zum Fester hinaus auf den 28 1/2 Fuß tiefer gelegenen Hof. Nach einem Augenblick raffte er sich auf und war, ehe jemand die Treppe hinuntereilen konnte, schon über die Hofmauer geklettert und von dort weiter geflüchtet. Anscheinend hat der Sprung aus dem zweiten Stockwerke dem Burschen nichts geschadet.
- In Elbing erhielt kürzlich ein Mädchen für seine Neugierde einen gehörigen Denkzettel. Sie hörte von der damals bevorstehenden Doppel=Hinrichtung und hatte nun keinen sehnlicheren Wunsch, als das schaurige Schauspiel mit eigenen Augen zu sehen. Die Neugierige, deren Herrschaft in ummittelbarer Nähe des Gefängnisses wohnt, verschaffte sich am Morgen des Hinrichtungstages eine Leiter und kletterte auf ein Häuschen, von welchem aus sie durch eine kleine Oeffnung einen freien Blick auf den Richtsplatz hatte, ohne daß sie selbst bemerkt wurde. Als sie nun die erste Enthauptung (der Rosalie Schnal) gesehen, wurde sie ohnmächtig, fiel von der Leiter herab und blieb auf dem Boden liegen. Erst im Laufe des Nachmittags wurde das Mädchen in fast leblosem Zustande aufgefunden. Es bedurfte vieler Mühe, es wieder zum Bewußtsein zu bringen.
- In einer Fabrik an der Baumstraße zu München wurde ein lediger Arbeiter, als er über ein Maschinenrad einen Transmissionsriemen legen wollte, von der Welle erfaßt und mehrere Minuten lang im Kreise umhergeworfen. Da sein Körper fast gänzlich zerschmettert wurde, trat der Tod sofort ein.
- In Ratibor ist der wegen Ermordung seiner Frau und seines Sohnes zum Tod verurtheilte ehemalige Gutsbesitzer Wanjekt am Donnerstag Morgen durch den Scharfrichter Reindel enthauptet worden.
- Dem "Rhein. Kur." zufolge wurde der erste Reblausheerd bei den diesjährigen Untersuchungs=Arbeiten in einem Weinberge der Gemeinde Patersberg bei St. Goarshausen entdeckt und zwar bei 10 stark verseuchten Weinstöcken.
- Die Bienenwirthschaft erleide in diesem Jahre in der Lüneburger Haide infolge der anhaltenden Dürre schwere Nachtheile, der Buchweizen kommt nicht weiter, die Haide ist nicht fähig, Blüten zu treiben, und so steht eine totale Mißernte bevor. War schon im vorigen Winter der Futterhonig knapp, weil der Buchweizen durch Nachtfröste geschädigt worden, so ist für diesmal gar keine Aussicht auf Gewinnung des Futterhonigs vorhanden; die Bienenstände werden ganz bedeutend vermindert werden müssen.
- Auf der Strecke zwischen Neukirch und Lissa fielen Funken aus der Lokomotive eines Güterzuges und entzündeten das Stroh eines Waggons, welcher mit Schweinen beladen war; sieben Schweine verbrannten. In Lissa gelang es, das Feuer zu löschen.
- Nicht viele Städte unseres deutschen Reichs wird es geben, in denen die Bewohnern wie in Haltern (Münsterland) nicht allein keine Kommunalsteuern zahlen, sondern sogar alljährlich von der Steuerkasse sich Geld holen können. So können sich vierhundert Bürgerfamilien in diesem Jahre wieder in 14 000 M. theilen. Diese rühren von den Holzverkäufen her, welche die Stadtverwaltung alljährlich in den umfangreichen städtischen Waldungen vornehmen läßt.
- Das Blei= und Silberbergwerk in Ems mußte 200 Arbeitern kündigen, da infolge des niedrigen Standes des Silberpreises eine Betriebseinschränkung nötig geworden ist.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 55 Seite 6]

- Als Minimalalter für den Eintritt in das demnächst ins Leben tretende Berliner Gymnasium für Frauen und Mädchen ist das vollendete 16. Lebensjahr angesetzt worden, doch wünscht das Komitee, daß die Zöglinge nicht vor dem 18. Lebensjahr die Studien beginnen. Eine weitere Aufnahmebedingung ist das Bestehen einer Prüfung, in welcher das Vorhandensein der Kenntnisse nachzuweisen ist, die eine höhere Mädchenschule nach ihrem Programm erstrebt. Wer diese Kenntnisse nicht mehr in vollem Umfange besitzt, hat zunächst die sogenannte Uebergangsklasse durchzumachen. Das Schulgeld soll 250 Mark pro Jahr betragen Anmeldungen sind schon zahlreich, auch aus verschiedenen Teilen des Reiches, eingegangen; auch viele der in Berlin lebenden Ausländerinnen, namentlich Amerikanerinnen, interessieren sich lebhaft für das Unternehmen. Der Unterricht wird von 3-8 Uhr nachmittags abgehalten werden. Der Gesammtkursus umfaßt 6 Semester.
- Vor einigen Tagen ist am Strand von Duhnen (unweit Hamburgs) eine wundervolle Luftspiegelung beobachtet worden: das äußerst getreue Bild der Insel Helgoland schwebte umgekehrt fast zwei Stunden lang in der Luft vor den staunenden Augen der am Strand Lustwandelnden.
- Jetzt fangen auch die Negerjungen an, auszureißen! Ein in Berlin wohnender Beamter, Herr Z., der mehrere Jahre im Verwaltungsdienst in unserer Kolonie Kamerun thätig gewesen ist, erhielt dieser Tage von einem noch daselbst weilenden Kollegen einen Brief, worin der Letztere mittheilt, daß der Sohn eines Dorfhäuptlings bei Kamerun, ein 14jähriger Knabe, der den Namen William King Bell trägt, ohne Wissen der Seinigen auf einem nach Deutschland bestimmten Transportdampfer ausgerückt ist. Der junge Neger, der geläufig deutsch sprechen und schreiben kann, jedoch völlig mittellos ist, dürfte sich nach Berlin begeben haben und Herr Z. wird gebeten, sich, falls der Knabe, der ihn genau kennt, bei ihm vorspricht, seiner anzunehmen und den abenteuerlichen kleinen Afrikaner, bis weitere Verfügungen getroffen sind, in Verwahrung zu behalten.
- Die Unterrichtsfreiheit wegen großer Hitze ist vom preußischen Minister dahin geregelt worden, daß an den Tagen, an welchen des Morgens um 10 Uhr das hunderttheilige Thermometer 25 Grad zeigt, der Unterricht ausfallen muß und am Morgen nicht über vier Stunden dauern darf. Bei überfüllten Klassen und bei engen Klassenzimmern kann auch bei geringerer Temperatur eine Aussetzung des Unterrichts erfolgen. Kinder, welche einen weiten und schattenlosen Weg zu machen haben, sollen an heißen Tagen von einem zweiten Gang zur Schule befreit werden. Es kann auch angebracht sein, den Unterricht an solchen Tagen durch Jugendspiele angemessen zu unterbrechen. Die Ausführungen dieses Erlasses sollen angeordnet und überwacht werden, entweder von dem Vorsteher der Schule, von dem Ortsschulinspektor oder in Filialen von dem Ortsschulvorstand.
- Eine recht erbauliche Statistik veröffentlicht die Chicago Tribüne; nach ihr sind in den letzten sieben Jahren in Amerika nicht weniger als 1163 Personen gelyncht worden. Die Zahl der gesetzlich gebotenen Hinrichtungen (legal execution) ist weit kleiner, als die Zahl der Lynchmorde. Im Jahre 1877 fanden 79 Hinrichtungen und 123 Lynchmorde statt. 1888 waren es 87 Hinrichtungen und 144 Lynchmorde und 1889 zählte man 123 gesetzliche Hinrichtungen und 175 Lynchmorde. Fast alle gelynchten Individuen waren Neger.
- Die Ernte in England. Im Süden Englands hat die Ernte begonnen, und in den nächsten Tagen wird man das Getreide auch in den Mittel= und den südöstlichen Grafschaften einzuheimsen beginnen. Die diesjährige Ernte ist eine der frühesten dieses Jahrhunderts. Nur die Ernten von 1826 und 1869 waren ebenso frühzeitig. Eine frühe Ernte bedeutet meistens guten Weizenertrag. Das trifft dieses Jahr aber nicht ein. Wegen der billigen Preise wurden im letzten Herbst nicht viele Felder mit Weizen besäet, so daß der gute Stand des Weizens der gedrückten Landwirtschaft nicht zu gute kommt. Außerdem ist es schlimm mit dem Heu bestellt, so daß die Viehpreise niedrig stehen. Man hofft jedoch, wenn es noch mehr regnet, etwas Winterfutter für das Vieh einzuheimsen.
- Im Deefluß in England haben zwei Fischer einen jungen 2 1/2 Fuß langen Haifisch in ihren Salmnetzen gefangen. Als sie den Haifisch aufschnitten, zeigte sich, daß er einen 3/4 Pfund wiegenden Salm im Magen hatte. Es ist noch niemals ein Haifisch im Dee gefangen worden.
- Einige praktische Vorschriften über die Anfertigung von Fruchtlikören. Fruchtliköre können im Haushalte sehr leicht hergestellt werden. Sie sind ebenso wohlschmeckend, als die käuflichen und kosten die Flasche nicht mehr als 40-50 Mark (Lübeck)., also kaum ein Viertel so viel als diejenigen aus den Delikatessengeschäften. Dabei ist der Genuß derselben ein angenehmer, dem Körper wohlbekömmlicher.
Auch eignen sie sich in weißer Flasche, die mit hübscher Etikette versehen ist, vorzüglich zur Verzierung des Serviertisches und gelten selbst in feinsten Gesellschaftsreisen zum Präsentieren bei Besuchen als ebenso zulässig, wie der Wein.
Die nachstehend aufgeführten Recepte sind dem soeben im Verlage von Eugen Ulmer in Stuttgart erschienenen Büchlein: "H. Timm, Die Fruchtliköre" (Preis M. 1.20) entnommen:
1. Rother Johannisbeerlikör. Rothe Johannisbeeren werden abgebeert und ausgepreßt. Dem Saft setzt man die gleiche Maßmenge Cognak (oder in Ermangelung desselben Kornschnaps) zu und versüßt mit gemahlenem Zucker. Auf 1 Liter Flüssigkeit rechnet man 175-250 g Zucker. Dann wird durch Fließpapier filtriert.
2. Himbeerlikör. Man nimmt: 2 Liter Alkohol, 2 Liter Wasser, 1 1/4-1 1/2 kg Zucker und 4 Liter reinen klaren Himbeersaft. Der Zucker wird im Wasser aufgekocht und dem abgekühlten Sirup der obige Alkohol und dann der klare Himbeersaft zugesetzt.
3. Erdbeerlikör. Man füllt eine große Flasche fast ganz mit Erdbeeren (Walderdbeeren sind am besten), gibt feinen französischen Cognak darauf und läßt die Flasche am warmen Orte einige Zeit stehen. Die Flüssigkeit wird dann abgegossen, filtriert und mit geläutertem Zuckersirup versüßt. Um letzteren herzustellen, kocht man 1 kg Hutzucker mit 1/2 Liter Wasser auf, schäumt ab und verwendet den Sirup kalt. Man darf jedoch kein hartes (kalkhaltiges) Wasser nehmen, weil der Likör dadurch trübe würde. Regenwasser ist am passendsten.
4. Preißelbeerlikör. Preißelbeeren eignen sich wegen ihres gewürzig bittren Beigeschmacks vorzüglich zur Likörfabrikation. Die Früchte werden durchgesucht, wenn nöthig, gewaschen, dann mit wenig Wasser aufgekocht und abgepreßt, worauf der abgekühlte Saft mit Cognak und Zucker vermischt wird. Auf 1 Liter Saft rechnet man 1 Liter Cognak und 300-400 g Zucker. Das Filtrieren geschieht durch Fließpapier.
5. Nußlikör. Man zerquetscht 30 Stück Walnüsse die Ende Juni und Mitte Juli gepflückt sein müssen, giebt 30 Stück Gewürznelken, 2 g guten Zimt hinzu, thut alles in eine Flasche und gießt 1 Liter Cognak darauf. Die Flasche bleibt an warmem Orte einige Wochen stehen und wird häufig geschüttelt. Nach dieser Zeit gießt man die Flüssigkeit möglichst klar ab, filtriert sie und versüßt mit klar gekochtem Sirup (1 kg Zucker und 1/2 Liter Wasser). Nußliköre werden grün gefärbt.
Wer sich für diesen sehr nutzbringenden und interessanten Zweig der Obstverwerthung interessiert, den verweisen wir auf das obige Büchlein: "H. Timm, Die Fruchtliköre". Dasselbe ist soeben bei Eug. Ulmer in Stuttgart erschienen, Preis eleg. geb. 1.20 M. Dasselbe kann von jeder Buchhandlung oder auch direkt vom Verleger bezogen werden. Es ist durchaus praktisch abgefaßt.
Nicht unerwähnt mag hier bleiben, daß zur Herstellung von feinen Likören nur ganz fuselfreier Alkohol gewählt werden darf. In Ermangelung von Cognak ist wirklich reiner Kornschnaps gut zu benutzen.
Das Filtrieren geschieht durch weißes Filtrierpapier oder auch durch Filz oder Flanell. Der Likör muß ganz klar werden. Setzt er beim Stehen dennoch etwas Bodensatz ab, so muß er behutsam in eine andere Flasche gegossen werden.


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