No. 50
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. Juni
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 1]

Zur goldenen Hochzeitsfeier
Ihrer Königlichen Hoheiten des Grossherzogs Friedrich Wilhelm und der Grossherzogin Augusta Caroline
von Mecklenburg-Strelitz.

            Am 28. Juni 1843 wurde in London im Kreis der Königlichen Familie von Groß=Britannien und Irland und hoher fürstlicher Gäste die Vermählung des damaligen Erbgroßherzogs von Mecklenburg=Strelitz mit der ältesten Tochter des Herzogs von Cambridge, vormaligen Vice=Königs von Hannover, Sohnes des Königs Georg III. von England und der Königin Sophie Charlotte, geb. Prinzessin von Mecklenburg=Strelitz, gefeiert. Auch von mütterlicher Seite bestanden bereits nahe Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den hohen Vermählten, da die verewigte Großherzogin Marie von Mecklenburg=Strelitz, geb. Prinzessin von Hessen=Kassel, eine Schwester der Herzogin von Cambridge war.
            Wenn jetzt nach Verlauf eines halben Jahrhunderts das Großherzogliche Haus und mit ihm das mecklenburgische Volk das Gedächtniß jener fürstlichen Vermählung feiert, so geschieht dies vor allen Dingen mit Dank gegen Gott, welcher diese fürstliche Ehe an den hohen Vermählten, an dem ganzen Großherzoglichen Hause und dem Lande Mecklenburg reich gesegnet hat.
            Wohl traten zunächst während der Regierungszeit des unvergeßlichen Großherzogs Georg die hohen Vermählten in kindlicher Pietät und Verehrung für die fürstlichen Eltern überall namentlich im öffentlichen Leben, hinter dieselben zurück, aber nur zu bald sollte in den politischen Stürmen welche das Revolutionsjahr 1848 auch über Mecklenburg herführte, sich zeigen, wie sehr die junge Erbgroßherzogin ihres hohen Gemahls würdig und demselben auch in Gesinnung, Geist und Charakter verwandt war. Schon ist durch manche Veröffentlichungen über die Geschichte jener stürmischen Jahre bekannt geworden, welchen bedeutenden Antheil der damalige Erbgroßherzog und sein früh hingeschiedener Bruder, der Herzog Georg, an den Bestrebungen hatten, die zur Wiederherstellung des durch die Revolution gebrochenen Landesrechts in Mecklenburg führten, und wie dabei die junge Erbgroßherzogin mit ungebrochenem Muthe und lebhafter Sympathie die Schritte der hohen Herren an ihrem Theile zu fördern suchte. "Ich muß doch anerkennen", - schrieb damals der geistvolle General=Adjutant des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Leopold von Gerlach, in sein kürzlich veröffentlichtes Tagebuch -, "daß diese Herren sich sehr auszeichnen Vor den meisten übrigen Prinzen".
            Aber nicht nur in jenen Sturmesjahren, auch später noch als regierender Herr hat S. K. H. der Großherzog Friedrich Wilhelm oftmals durch die That bewiesen, mit wie tiefem Verständniß und charaktervoller Festigkeit er das Recht seines Landes und Volkes überall und selbst da zu wahren und zu schützen wußte, wo es altbegründete Schranken auch gegen die Gerechtsame der Landesherren aufrichtet. Und das ist der schönste Ruhmeskranz, den Mecklenburg heute zu den Füßen seines erlauchten Fürsten=Paares niederlegen darf, - das in tiefster Dankbarkeit dargebrachte Bekenntniß, daß unser hochverehrter und geliebter Landesherr in inniger Geistes= und Gesinnungs=Gemeinschaft mit seiner hohen Gemahlin als einer der hervorragendsten Beschützer und Vertreter des Rechts dasteht.
            Wohl hat sich unser hoher Landesherr während seiner bereits mehr als 30jährigen Regierung auch als ein Landesvater auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens seinen Unterthanen erwiesen, und nicht minder hat seine hohe Gemahlin Befriedigung darin gesucht und gefunden, wohlthätige Bestrebungen der verschiedensten Art zu schützen und zu fördern, insbesondere auch künstlerischen Bestrebungen, namentlich auf dem Gebiete der Musik, verständnisvolles Interesse und Förderung zuzuwenden. Das alles wird ohne Zweifel mit gebührendem Danke gewürdigt und anerkannt, und ganz besonders an dem Tage, welcher, ohnehin von vielen treuen mecklenburgischen Herzen als ein Festtag gefeiert, sich durch die besonderen huldvollen Anordnungen des hohen fürstlichen Paares zu einem Freudentage für unser ganzes Volk gestaltet hat; wobei das tiefe Bedauern, das hohe Jubel=Paar an diesem Tage nicht in der Heimat begrüßen zu dürfen, zurücktreten muß vor der ehrfurchtsvollen Achtung des unter den obwaltenden Umständen völlig verständlichen Wunsches der hohen Herrschaften, diesen für ihr Leben so bedeutungsvollen Tag in stiller Zurückgezogenheit an demselben Orte mit einander zu feiern,

[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 2]

wo vor fünfzig Jahren im Kreise vieler bereits dahingeschiedener hoher Anverwandten der Bund ihrer Herzen den Segen der Kirche empfing.
            Vor diese durchaus wahren und berechtigten Empfindungen tritt aber für alle, die es verstehen, was für Mecklenburg und für Deutschland unsere rechtmäßigen Fürsten und Herren zu bedeuten haben, am heutigen Jubelfest in die erste Reihe der Dank gegen Gott dafür, daß Er in schwerer Zeit und großer Gefahr uns unser uraltes angestammtes Fürstenhaus erhalten und auf den Thron unseres Landes ein Fürsten=Paar berufen hat, welches sowohl in den Tagen des Glückes, als in gemeinsamer schwerer Trübsal auf das innigste vereint, es verstanden hat, das Bewußtsein von dem Recht und der Pflicht der Fürsten von Gottes Gnaden in hohen und niederen Kreisen, auch wo es fast erloschen schien, wieder zu wecken und mit fürstlichem Mute zu vertreten.
            Und wie in dem stürmischen Jahre 1848 mitten in den schwersten Sorgen und Nöten durch die Geburt Sr. K. H. des jetzigen Erbgroßherzogs Adolf Friedrich ein trostreiches und Segen verheißendes Zeichen der Gnade Gottes dem erlauchten Paare geschenkt wurde, und wie Hochdemselben später in der glücklichen Vermählung ihres geliebten Sohnes und in seiner fröhlich aufblühenden Kinderschaar eine Quelle vieler Freude und unserm Lande eine fröhliche Hoffnung erwachsen ist, sie vereinigen an dem Jubelfeste ihres hochverehrten Fürsten=Paares viele treue Mecklenburger ihre Gebete zu Gott, daß Er auch inmitten aller Sorgen der Gegenwart dem vielgeprüften und vielbewährten Fürsten und seiner hohen Gemahlin immer wieder das Licht seiner Gnade leuchten lasse, auch so fernerhin mit Kraft, Mut und Trost erfülle.


              Das Hineinschütten von Steinen, Schutt, Abfall und Erde, wie jegliches Hineinwerfen von Steinen, Holz, Reisern pp. in die Maurine und in den Oberteich wird bei Strafe bis zu 60 M. oder 14 Tagen Haft untersagt.
              Die Gendarmen und Diener werden jede Contravention unnachsichtlich zur Anzeige bringen. Auch wird das Publikum ersucht, mit Rücksicht auf die vielen Mißstände, welche durch Stauungen in der Maurine veranlaßt werden, jeden Unfug oben bezeichneter Art von Kindern thunlichst zu untersagen, beziehungsweise anzuzeigen.
              Schönberg, den 23. Juni 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Bekanntmachung.

                  Das diesjährige Ober=Ersatzgeschäft zur Aushebung der Militairpflichtigen des hiesigen Aushebungsbezirks findet statt

in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe
am
Mittwoch, den 5. Juli.

                  Zu demselben haben sich diejenigen Militairpflichtigen, welche nach Ausweis ihrer Loosungsscheine eine endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht zu gewärtigen haben, und denen besondere Ladungen zugehen werden, Morgens präcise 9 Uhr einzufinden.
                  Es steht jedoch jedem Militairpflichtigen, der in den Grundlisten des Aushebungsbezirks verzeichnet ist, frei, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober=Ersatz=Commission etwaige Anliegen vorzutragen.
                  Die bei der Musterung für diensttauglich befundenen Mannschaften gelangen zuerst zur Vorstellung.
                  Im Anschluß an das Ober=Ersatzgeschäft findet die Superrevision der Temporair=Invaliden statt.
                  Militairpflichtige, welche im Termin nicht pünktlich erscheinen, haben, insofern sie nicht dadurch eine härtere Strafe verwirkt haben, auf Grund des §. 26, 7 der Wehr=Ordnung eine Geldstrafe bis zu 30 M. oder Haft bis zu 3 Tagen zu gewärtigen, auch können denselben die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist diese Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so werden sie dem Befinden nach als unsichere Dienstpflichtige zur sofortigen Einstellung gebracht werden.
                  Die Ortsvorsteher haben für die pünktliche Gestellung der betreffenden Militairpflichtigen aus ihrer Ortschaft Sorge zu tragen.
                  Schönberg, den 20. Juni 1893.

Der Cilvilvorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzenburg.
Cl. v. Oertzen.


- Das Gesammtergebniß der Reichstagswahlen sind nunmehr bis auf 11 Stichwahlen bekannt. Bis auf diese 11 Stichwahlen sind gezählt nach dem "Wolffschen Tel.=Bur.": 75 Conservative, 23 Freiconservative, 51 Nationalliberale, 13 freisinnige Vereinigung, 25 freisinnige Volkspartei, 11 süddeutsche Volkspartei, 98 Centrum, 2 bayerischer Bauernbund, 7 Deutschhannoveraner, 19 Polen, 1 Däne, 8 Elsässer, 17 Antisemiten, 44 Sozialdemokraten. An den noch ausstehenden 11 Stichwahlen sind betheiligt: 7 Nationalliberale, 1 freisinnige Vereinigung, 3 freisinnige Volkspartei, 6 Centrum, 2 bayerischer Bauernbund, 1 süddeutsche Volkspartei, 1 Welfe, 1 Sozialdemokrat.
- Dem preußischen Landtag soll, wie verlautet, noch eine die Abhilfe des Futternotstandes betreffende Vorlage und eine solche wegen Gewährung eines Zuschusses zu dem in Lübeck geplanten Elb=Trave=Kanal zugehen.
- Dem Reichstag soll, dem Vernehmen der "Kreuz=Ztg." nach, eine Vorlage zugehen, betreffend das Ausfuhrverbot von Futtermitteln aus dem

[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 3]

Deutschen Reiche. Allem Anscheine nach ist in den Nachbarländern, namentlich im Westen, die Futternoth in Folge Wassermangels eine noch größere als in Deutschland, und man sucht dort nach Mitteln, um der Noth abzuhelfen. Das Nächstliegende würde wohl sein, daß Ankäufe bei uns gemacht würden. Dem soll rechtzeitig entgegen getreten werden, und das läßt sich nur durch ein Ausfuhrverbot erreichen.
- Als der Kaiser Kunde von dem Untergange des englischen Panzerschiffes "Viktoria" erhalten hatte, befahl er zum Ausdrucke der Teilnahme der deutschen Marine, allen im Hafen liegenden Kriegsschiffen die englische Flagge zu setzen und mit der deutschen halbstocks zu flaggen. Zugleich richtete er an den Admiral Commerell ein Telegramm, in welchem der Kaiser aus Anlaß des Unterganges des Panzerschiffes "Victoria" seinem tiefsten Beileid und seinem tiefsten Mitgefühl mit der Lady Tryon und deren Kindern Ausdruck giebt.
- Wie der "Köln. Ztg." aus London gemeldet wird, steht es nunmehr endgültig fest, daß der russische Großfürst=Thronfolger anfangs Juli zur Teilnahme an der Hochzeit des Herzogs von York in London eintreffen wird.
- Die Witwe Breßel zu Altvorkarbe (Friedeberg in der Neumark) wurde wegen Ermordung ihres Mannes vom Schwurgericht zum Tod verurtheilt; Werkführer Wegwitz erhielt wegen Beihilfe 15 Jahre Zuchthaus.
- Die Auftritte, die sich bei dem letzten Auftreten der Cholera in Rußland zutrugen, wiederholen sich in geringerem Maßstabe in Frankreich. Im Gard=Department, wo mehrere Seuchefälle bemerkt worden sind, widersetzten sich die Bauern den hygienischen Maßregeln, die von der Behörde angeordnet wurden. Sie empfingen die Aerzte mit Steinwürfen und beschuldigten dieselben der Quellenvergiftung.
- Dr. Fridhof Nansen hat am Dienstag, den 20. Juni, an Bord des "Fram" (Vorwärts) seine Nordpolexpedition angetreten. Das Schiff segelte von Christiania ab und wird auf seiner Fahrt gen Norden verschiedene norwegische Küstenstädte anlaufen.
- Wie aus Honolulu gemeldet wird, hat die Königin von Hawai am 2. Juni freiwillig abgedankt. Dieselbe empfängt künftig auch eine Jahresrente von der Regierung der Vereinigten Staaten. Die Abdankung erfolgte ohne Störung.
- In das Kapitel des Wahlhumors gehört wohl auch, was aus Clausthal i. H. nachträglich berichtet wird. Dort ist eine Wählerversammlung, in der der freisinnige Kandidat Quensel sprechen wollte, von der Polizei verboten worden, da in dem betreffenden Gebäude der Mauerschwamm aufgetreten sei!
- Die Fleischfrage gestaltet sich auch in Paris immer brennender und verwickelter. Auf allen Märkten kommt es zu heftigen Auftritten zwischen den Fleischern und Hausfrauen. Die ersteren behaupten, daß die Journale das Publikum durch eine falsche Darstellung der Sachlage gegen sie aufgehetzt hätten. Sie erklären sich bereit, das Fleisch geringerer Sorte sehr wohlfeil zu liefern, und wirklich bieten sie dasselbe weit unter gewöhnlichen Preisen an. Aber es ist eben sehr unansehnliches Fleisch. Die Hausfrauen verschmähen also diese Ware und verlangen gutes Fleisch zu billigem Preise, da sie in den Zeitungen gelesen haben, daß alle Viehpreise gewaltig gesunken sind, und wenn die Fleischer schwören, daß sie das gute Vieh teurer bezahlen müssen, als gewöhnlich, so schenkt man ihnen im Publikum keinen Glauben. Ueberdies hat der Gemeinderat entschieden gegen sie Partei ergriffen. Sein Ausschuß für die Hallen und Märkte hat den Vorstand des Fleischersyndikats vor sich beschieden und ihm gedroht der Gemeinderat werde die Fleischtaxe wieder einführen, falls man nicht dem Publikum Genugthuung gebe.
- Ein furchtbares Schiffsunglück hat die englische Flotte betroffen. "Wollfs Bureau" meldet: Das zum englischen Mittelmeer=Geschwader gehörige Panzerschiff "Viktoria" ist infolge eines Zusammenstoßes mit dem Panzerschiff "Camperdown" bei Tripolis in Syrien untergegangen. Der kommandierende Admiral Tryon und 425 Mann Besatzung fanden ihren Tod.
Eine bei der englischen Admiralität in London aus Tripolis in Syrien eingelaufene Depesche vom Donnerstag meldet hierüber weiter, daß der Zusammenstoß nachmittags während des Manöverierens erfolgte. Die "Viktoria" sank nach 15 Minuten in eine Tiefe von 150 Metern, den Kiel nach oben. Außer dem Admiral Tryon sind der Schiffsgeistliche, der Chef=Ingenieur, ein Leutnant und acht Marine=Aspiranten ums Leben gekommen. Die "Victoria" wurde von dem "Camperdown" an der rechten Seite gerammt. Der "Camperdown" selbst ist sehr schwer beschädigt und wird zur Ausbesserung in Dock gehen müssen. Von den 650 Mann an Bord der "Victoria" konnten nur 255 gerettet werden.
- Daß sich Vorräthe von Backstein= und Rahmkäse nicht gut dazu eignen, in Konkursfällen mit Beschlag belegt zu werden, davon lieferte der Renksche Conkurs in Schwabach einen recht deutlichen Beweis. In voriger Woche mußten nämlich auf polizeiliche Anordnung 21 Kisten solcher Käse, die mittlerweile gänzlich verdorben und ungenießbar geworden waren, wegen des scheußlichen Geruches in die Dungstätte geworfen werden.
- Regeln beim Baden. Bei heftigen Gemütsbewegungen bade nicht. - Bei plötzlich eintretenden Unwohlsein oder dauerndem Uebel bade nicht. - Nach durchwachten Nächten, übermäßigen Anstrengungen bade nicht, bevor Du einige Stunden geruht hast. - Nach reichlichein Genusse von Speisen und besonders geistigen Getränken bade nicht. - Den Weg zur Badeanstalt lege in mäßigem Tempo zurück. - Entkleide Dich langsam, gehe dann aber sofort ins Wasser. - Springe mit dem Kopf voran ins Wasser oder tauche wenigstens schnell unter, wenn Du das erste nicht magst oder kannst. - Bleibe nicht zu lange im Wasser, zumal wenn Du nicht sehr kräftig bist. - Nach dem Baden reibe den Körper zur Beförderung des Blutumlaufs, kleide Dich rasch an und mache Dir dann eine mäßige Bewegung.
- Ein neues Ersatzmittel für die Kartoffel. Die Kartoffel, deren Einführung in Europa als Volksnahrungsmittel für eine der großen wirthschaftlichen Errungenschaften gilt, hat schon vielfache Anfeindungen zu erdulden gehabt, weil sie zahlreichen Krankheiten unterworfen sei, weil ihr Nährstoffgehalt ein minderwerthiger sei, nicht zum mindesten aber auch deshalb, weil sich aus ihr der verderbliche Branntwein bereiten lasse. Es sind deshalb in Europa seit Jahren Ersatzmittel für die Kartoffel angepriesen und erprobt worden, in den fünfziger Jahren z. B. die Batate und die Maniokwurzel, dann auch der Reis; keins dieser Ersatzmittel aber hat der Kartoffel ihr Herrschaftsgebiet streitig zu machen vermocht. Die Gegenwart hat, wie in der Zeitschrift "Gesundheit" berichtet wird, wiederum einen Versuch in dieser Richtung zu verzeichnen. Verschiedene Reisende haben schon lange auf die Vorzüge eines in China und Japan als Volksnahrung dienenden Wurzelgewächses, einer Art Jamswurzel (Dioscorea sativa), hingewiesen. Nach dem Gutachten namhafter Gelehrter soll dieselbe an Geschmack und Nahrhaftigkeit der Kartoffel überlegen sein, einen sicheren und reichlicheren Ertrag liefern, sich länger halten und eine kürzere Zubereitungszeit wie die Kartoffel erfordern. Die wichtigste Frage nun, ob nämlich dieses angeblich so vorzügliche Gewächs auch in unserem Klima überhaupt und bezw. in derselben Güte gedeiht, soll durch praktische Versuche in landwirthschaftlichen Stationen gelöst werden. Zu diesem Zweck finden sowohl in England an verschiedenen Orten, als auch in Deutschland, z. B. im botanischen Garten zu Dresden, Versuche mit dem Anbau des vielverheißenden Wurzelgewächses statt. Wir erwähnen die Thatsache als einen Beweis für den Eifer, mit dem man in Europa daran geht, die Naturschätze fremder Erdtheile mit Hinblick auf den Nutzen für die eigene Heimath zu erproben. Ob die Jamswurzel zu den passenden Volksnahrungsmitteln für Europa und speziell für Deutschland zu rechnen ist, muß die Zukunft ergeben.
- In Newyork herrscht fortgesetzt eine außerordentliche Hitze; der 20. Juni war der heißeste Tag in den letzten 20 Jahren. Das Thermometer zeigte 98° F = 30° R im Schatten.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 4]

Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Selmsdorf sub Nr. 31 belegene Büdnerstelle c. p. des Schuhmachers Heinrich Jacobs daselbst ein niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 3. Juli d. Js.,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proklamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 6. April 1893.

Großherzogl. Amtsgericht
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Ersparniß= u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Johannistermines
vom 24. Juni bis 1. Juli d. Js.,
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
am Sonntag, den 25. Juni,
von 7 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 17. Juni 1893.                          
                                                    Das Directorium.


Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniss, dass unser diesjähriger

Königschuss
am Montag, den 10. und
Dienstag, den 11. Juli

abgehalten wird.
Loose zur Tombola à 30 Mark (Lübeck). sind schon jetzt zu haben.
Schönberg, den 1. Juni 1893.

                                                    Der Vorstand der Schützenzunft.


In Torisdorf wird zum 24. Oktober                          
1 Stubenmädchen
gesucht. Lohn 150 M.                                                    


Gartenbauverein.

Versammlung Sonnabend den 1. Juli abends 8 U. in Hotel "Stadt Lübeck". Beschluß über Anschaffung einer Obstpresse und über Veranstaltung einer Rosenschau.

                                                    Der Vorstand.


Vorläufige Anzeige.
Koester's Garten.
Im Juli großes                          
Militair-Concert
ausgeführt von der gesammten
Musikcapelle des Meckl. Jäger=Bat.
Nr. 14 aus Colmar.
Missive wird demnächst circuliren.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 2. Juli.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
    Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Das Missionsfest

im Fürstenthum Ratzeburg wird am Mittwoch, den 5. Juli in der Kirche zu Carlow gefeiert werden.
Der Gottesdienst beginnt pünktlich 10 1/2 Uhr. Festpredigt: Pastor Löwe-Ratzeburg Bericht: Propst Ohl. Mittagessen im Krellenberg'schen Gasthofe um 1 Uhr. Nachmittagsfeier 3 Uhr. Ansprachen: Missionsdirektor von Schwarz aus Leipzig und Pastor Hunzieger aus Roggendorf.

                                                    Der Vorstand.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 51-53 M., Sauen 38-45 M., Kälber 80-95 M. per 100 Pfund.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 24.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 50 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 30. Juni 1893.


- Schönberg 28. Juni. Das heutige Fest ist programmmäßig verlaufen. Hervorzuheben ist, daß die Stadt, beziehungsweise die Einwohner das beste gethan hatten, Straßen und Häuser festlich zu schmücken, daß die Musik schon früh Morgens uns wahren und schönen Kunstgenuß bot, und daß der Festzug von einer Ausdehnung war, wie Schönberg solches überhaupt nie sah. Der Festzug ordnete sich ohne officielle sog. Festordner, ohne jegliches laute Commando und ohne jegliche Störung programmmäßig am Petersberger Wege. Etwa 200 Kinder aus Landschulen mit ihren Lehrern gingen zwischen Bürgerschule und Realschule. Den Beamten folgten beide landwirthschaftliche Vereine des Landes. Mit wunderbarer Ordnung gruppirte sich der Zug, dessen Spitze schon am Festplatz war, als die queue noch nicht den kalten Damm erreicht hatte, vor der Rednertribüne. Dieselbe bestieg Herr Dr. Latendorf und hielt in begeisterter und begeisternder Weise die Festrede, die wir weiter unten bringen. Ein heraufgezogenes schweres Gewitter zwang leider den Redner zur Kürzung. Nach einer kleinen halben Stunde, während deren alle Festtheilnehmer Schutz gefunden hatten, klärte sich jedoch der Himmel, und es entwickelte sich auf dem schönen durch Freigabe des sog. Obstgartens vergrößerten Festplatz das schönste Volksfest. Noch sei erwähnt, daß die Schulkinder nach beendetem Preisspielen und mit Kaffee und Kuchen erquickt noch auf dem Festplatz sangen und von Herrn Pastor Fischer aus Demern durch patriotische Erzählungen unterhalten wurden.
Gegen Abend brachten die einzelnen Korporationen ihre Fahnen mit Musik wieder zu Hause. Nach Beendigung der gemeinschaftlichen Feier haben die einzelnen Vereine wie Schützenzunft, Kriegerverein pp. noch unter sich gefeiert. Bei Spehr, bei Boye und bei Wieschendorf fanden um 6 Uhr Festtafeln statt, und Abends ist bei Boye wie bei Kösters flott getanzt.
Das Fest wird lange in der Erinnerung der Schönberger bleiben.
Von Auszeichnungen verlautet, daß aus Anlaß des Tages Herr Amtsrichter Horn zum Gerichtsrath sowie Herrn Domainenpächter Kaiser zum Amtmann Allerhöchst ernannt sind.

Die von Herrn Dr. Latendorf gehaltene Festrede lautete folgendermaßen:

Deutsche, liebe Landsleute,
Einwohner und Kinder des Fürstenthumes Ratzeburg!

Ein Fest seltenster Art, wie es nur wenigen deutschen Stämmen im Laufe der Jahrhunderte zu feiern vergönnt war, vereinigt uns heute nach alter Sitte unter Gottes freiem Himmel. Wir feiern mit herzlichem Dank und Segenswünschen das goldene Ehejubiläum unseres allverehrten und geliebten Herrscherpaares, II. KK. HH. des Großherzogs und der Großherzogin, ein Fest, das die fast 1000jährige Geschichte des mecklenburgischen Fürstenhauses noch nie zuvor in ihren Annalen verzeichnet hat.
Das erste Gefühl, das unser aller Herzen bewegt, ist das des innigen Dankes gegen Gottes gnädiges Walten, der die geliebten hohen Häupter mit seinem Segen gekrönt und durch sie eine Fülle des Segens auf Tausende in der Nähe und in der Ferne hat herabströmen lassen. Dies Gefühl des Dankes, das wir äußerlich durch den glänzenden Schmuck unserer Häuser, Straßen, und öffentlichen Plätze und namentlich durch den unter reger Betheiligung von Jung und Alt und unter fröhlichen Klängen veranstalteten Festzug bekundet haben, hat unsere Schritte heute vormittag zum Gotteshause geleitet, und von heiliger Stätte heimgekehrt, dürfen wir auch für unsere gemeinsame öffentliche Feier den rechten, von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Ausdruck zu finden hoffen. Das sind wir insbesondere auch dem frommen Ehepaar schuldig, zu dessen Ehren wir hier versammelt stehn. Wir wissen, wie unser Großherzog und seine Gemahlin Gottes Wort lieben und die Stätte in Ehren halten, wo es verkündet wird. Sie folgen damit der von den Urvätern her ererbten frommen Sitte und ihres Herzens eigenstem innerem Bedürfniß. Schon Gottschalk, ein nicht ganz sicher bekundeter Ahnherr, Fürst der Obotriten, Wagrier und Polaben, der in dieser Gegend zuerst ein Bisthum gründete, hat seinen Glauben mit dem Märtyrertode besiegelt; wir stehn aber auf festem geschichtlichen Boden, wenn wir des urkundlich erwiesenen ersten christlichen Ahnherrn unseres Regentenhauses, wenn wir des deutschen Reichsfürsten Pribislav gedenken, der, nachdem er seinen starren Sinn freiwillig dem Christenglauben gebeugt hatte, gemeinsam mit seinem edlen Ueberwinder und Schutzherrn, Heinrich dem Löwen, Herzog von Baiern und Sachsen zum gelobten Land gepilgert ist.
Mit dem hohen in der Weltgeschichte, in der Geschichte deutscher christlicher Bildung und Gesittung, in der Geschichte des Ratzeburger Landes unvergeßlichen Namen Heinrichs des Löwen nenne ich zugleich den gemeinsamen Ahnherrn beider großherzoglicher Gatten. Unsere Frau Großherzogin stammt in direkter Erbfolge von dem Gründer des Bisthums Ratzeburg ab, dessen Wahrzeichen, den ehernen Löwen, wohl die meisten unter uns mit eigenen Augen in der Vorhalle des von unserm frommen Landesherrn stattlich erneuerten ehrwürdigen Domes zu Ratzeburg gesehn haben. Aber auch unser theurer Großherzog heißt mit Recht ein direkter Nachkomme des großen Welfen, von dem die deutsche christliche Bildung und Gesittung dieses Landes ihren Ursprung herleitet. Unter den Ahnfrauen der mecklenburgischen Regenten wird neben der frommen nordischen Fürstin Woizlava, der Gemahlin Pribislavs, auch die Gemahlin seines Sohnes, Heinrich Borwins, Mechtild, die Tochter Heinrichs des Löwen stets mit Ehren genannt werden.
Und soll ich noch andere fromme Vorfahren unserer Großherzoglichen Familie, soll ich noch besondere Erweise ihrer frommen Gesinnung nennen?
Wer wüßte nicht, wie Herzog Johann Albrecht glorreichen Angedenkens mannhaft für die Freiheit des evangelischen Glaubens eingetreten ist, und in der Reihe seiner gleichgesinnten Brüder ist der erste evangelische Bischof von Ratzeburg, Herzog Christoph nicht zurückgeblieben. Das Herrscher=Geschlecht, das nach göttlichem Rath das milde Walten des bischöflichen Regiments in diesem gesegneten Lande abzulösen und fortzusetzen bestimmt war, unsre mecklenburgischen Herzoge und Großherzoge haben sich immerdar als fromme christliche Fürsten erwiesen, haben Kirche und Schule und christliche Zucht und Sitte gefördert und gepflegt, und nicht zuletzt unser theures Jubelpaar: ich brauche nur noch auf die in unserer Nähe neu erbauten Gotteshäuser zu Carlow und Selmsdorf hinzuweisen, um für diese meine Worte Eurer aller freudigen und dankbaren Zustimmung gewiß zu sein.
In der Frömmigkeit aber, in seinem Verhalten zu Gott beruht das innerste Wesen des Menschen; seine ganze Lebenshaltung, sein Thun und Lassen ist davon bedingt. Das könnte ich des weiteren an dem von Gott in Glück und Leid gesegneten Lebensgange des Jubelpaares darthun; ich fasse mich füglich kürzer; ich halte mich an den Spruch unseres durchlauchtigsten Herrn, an die Inschrift des von ihm gestifteten militärischen Ehrenkreuzes "tapfer und treu" in welchen beiden Worten auch die Tugenden eines Regenten und zumal eines deutschen Regenten zusammengefaßt sind.
            Der Mensch hat Nichts so eigen, so wohl steht ihm Nichts an,
            Als daß er Treu erzeigen, und Treue wahren kann.
Das Sehen wir an unserem Jubelpaare.
Das stille segensreiche Wissen einer getreuen Hausfrau, auch das einer Fürstin im engeren und weiteren Kreise soll nicht mit lautem Wort an die

[ => Original lesen: 1893 Nr. 50 Seite 6]

Oeffentlichkeiten gezogen werden. Unser Gemüth aber empfindet es dankbar, wie unsere theuere Großherzogin dem geliebten Gemahl über ein Menschenalter hindurch treu zur Seite gestanden hat, doppelt tröstlich, seit Gottes Fügung ihn mit schwerem körperlichen Verluste heimsuchte, der ihn doch niemals an der gewissenhaften Erfüllung seiner Regentenpflichten hat hindern können.
Das Walten der Großherzogin im eigenen Hause, in dem beglückten Hause des geliebten, allein am Leben gebliebenen wackeren Sohnes, in der blühenden Schaar der Enkel, und zugleich ihr stilles Wohlthun an Armen und Bedrängten, ihre Wirksamkeit in bleibenden Stiftungen - Alles zeugt von der Treue ihres warmen Gemüthes.
Noch beredter sollte ich von unserem theuren Landesherrn sprechen, dessen Wirken vornehmlich der Oeffentlichkeit angehört. Aber Thaten bedürfen der Worte nicht. Wir erinnern uns des ehrenden Vertrauens das der in Gott ruhende Großherzog GEORG, dem so Mancher unter uns mit mir eine dankbare Erinnerung über das Grab hinaus zollt in guten und trüben Tagen den jungen Fürstensohn gewürdigt und der hingebenden Treue, mit der unseres jetzt regierenden Großherzogs K. Hoheit dem väterlichen Vertrauen entsprochen hat. Der Segen des Elternhauses ruht auf ihm und seiner hohen Gemahlin und begleitet beide, in der Treue aller Ihrigen, in der Treue des Volkes und in der des einzigen Sohnes, der wiederum dem väterlichen Vertrauen in ernster Pflichterfüllung und Thätigkeit entgegenkommt.
Wie im eigenen Hause, so waltet unser Großherzog über alle seine Unterthanen als ein treuer Herr und Vater, hier im Fürstenthum wie in dem von Alters her seinem Stamme unterthanen und gehorsamen Stargarder Lande, in allen Richtungen des öffentlichen Lebens, in Kirche und Schule, in Recht und Sitte, in Kunst und Wissenschaft, in Handel und Gewebe, und was ich zuletzt nenne, was aber in unserer Heimath billig den ersten Rang beansprucht, in Land= und Forstwirthschaft. Wie die Wohlfahrt des ganzen Landes unter seinem milden und gerechten Scepter sich sichtlich gehoben hat, so trägt unser allergnädigster Herr - das empfinden und sprechen wir dankbar aus - das Wohl eines Jeden von uns auf treuem landesväterlichem Herzen.
Sein Sinnen und Sorgen aber gilt nicht allein de Seinigen und unserer Heimath; sein treues und tapferes Herz schlägt warm für das Wohl des ganzen deutschen Vaterlandes, das er in friedlichen und stürmischen Tagen an äußeren und inneren Gütern zu fördern bedacht ist.
Als deutscher Fürst wandelt unser theurer Großherzog auch hier auf den glorreichen Pfaden seiner Ahnen: deß zum Zeichen hat er dem wackeren Kämpfer für Deutschlands Befreiung, seinem trefflichen Oheim Herzog Carl in dem denkwürdigen Jahre 1863 ein Ehrenmal errichtet und ebenso seinem verehrten Großvater, dem Großherzog Carl, dem ein vaterländischer Dichter und Geschichtsschreiber das ehrende Zeugniß gab, daß
                    unter den Fürsten im deutschen Land
                  sein suchend Auge keinen gleichen fand.
Wir werden es nie vergessen, daß der erste Großherzog unseres Landes wie sein jüngerer Vetter von Schwerin unter allen deutschen Fürsten - auch auf die Gefahr eines ehrenvollen Untergangs - zuerst sich vom Rheinbund losgesagt und sein seinem Rufe willig folgendes Volk zum Kampf für des Vaterlandes Befreiung aufgerufen hat. Seine vaterländische Gesinnung theilte seine Königliche Schwester Sophie Charlotte von England, die Ahnin unserer Frau Großherzogin, und noch unmittelbarer tritt vor unser geistiges Auge das Bild seiner unvergeßlichen Tochter, der Königin Luise, die die tiefsten und innigsten Empfindungen ihres Gemüthes in den herrlichen Briefen an ihren edlen Vater und an ihren Lieblingsbruder Georg offenbart hat.
Diese nationale Gesinnung ist für immer im mecklenburgischen Fürstenhause heimisch. Als es in unsern Tagen galt, des deutschen Vaterlandes Freiheit gegen welschen Uebermuth zu retten und zu sichern: da entsandte unser Großherzog seinen einzigen geliebten Sohn inmitten der treuen Krieger seines Landes. Jeder von ihnen hat, wer fiel, und wer als Sieger heimkehrte, seine Schuldigkeit als deutscher Mann gethan, auch die Söhne des Fürstenthums Ratzeburg, von denen ich so manchen ehrenhaften Mitkämpfer als glorreichen Krieger vor mir sehe, und die Namen der gefallenen Brüder zeigt in dieser unserer Stadt die von dem deutschen Adler gekrönte Denk= und Ehrensäule. Unser theurer Landesherr hat noch unlängst für seine Gesinnung, für die seines Hauses und seines Landes ein bleibendes Zeugniß in den feierlichen Worten abgelegt die er an seinen Kaiserlichen Gast gerichtet hat.
Uns aber mahnt der heutige Tag, was wir im Herzen empfinden, dankbar und treu bis zum Tode zu bethätigen. Der Mund eines edlen Feindes, eines Römers hat einst unseren Vorfahren das glänzende Zeugniß ausgestellt, daß es für die Deutschen keine höhere Pflicht gegeben, als bis zum Tode treu zu ihren Fürsten zu stehen. Gott gebe, daß diese deutsche Treue in unserem Volke und im ganzen Vaterlande stets heimisch bleibe, und daß wir niemals des theuren Kleinodes unserer Vorfahren uns entäußern mögen. Unsere Gedanken, unsere Herzen wenden sich heute in die Ferne, über das Meer, in das stammverwandte Land und Fürstenhauses, wo das Jubelpaar einst für das Leben den Bund der Liebe und Treue schloß und sein Gedächtniß heute feierlich erneuert. Gott kröne ihr Leben mit seinem reichsten Segen, an dem Jubelpaar selbst mit Gesundheit und Wohlergehen, an Kindern und Enkeln, an Stadt und Land, an allem, was ihrem Herzen theuer ist. Wir rufen mit Herz und Mund II. KK. HH. der Großherzog und die Frau Großherzogin, sie leben hoch!!!


- Im ganzen Elsaß ging am Sonnabend und Sonntag ein ergiebiger Regen nieder, wodurch nun die Gefahr des Verdorrens für Hopfen und Trauben verschwunden ist.
- In der Nacht zum 22. ds. Mts. wurde das Großherzogthum Luxemburg von einem furchtbaren Cyklon heimgesucht. Große Hagelsteine fielen nieder und zerstörten die Ernte. Zahlreiche Personen wurden verletzt.
- In der Vorderpfalz ist der Futtermangel so groß, daß das Pfund Rindfleisch jetzt nur 17 Pfennig kostet.
- Der aus Glasgow in New=York eingetroffene Dampfer "Pruvian" berichtet, daß er in 48,50 nördlicher Breite und 48,43 westl. Länge nicht weniger als 28 Eisbergen begegnet sei, von denen einige bis 100' hoch gewesen. Er habe 10 Stunden gebraucht, um sich von dem Eise frei zu halten.
- Man schreibt aus Bingen, daß unter dem Einfluß ergiebiger Regengüsse am Oberrhein und Main sich der Wasserstand des Rheins etwas zu bessern beginnt.
- Die Herzogin Amalie von Urach, Tochter des Herzogs Karl Theodor in Bayern, wurde am 22. Juni in Stuttgart von einer Prinzessin glücklich entbunden.
- Präsident Carnot, der nunmehr völlig wiederhergestellt ist, wird sich demnächst zu kurzem Aufenthalte nach Marly begeben.
- In der Umgegend von Mainz zirkulieren gegenwärtig viele falsche Fünfzig=Markscheine. Dieselben sind nach dem "Frf. G.=A." derart gut nachgeahmt, daß sie sogar an den öffentlichen Kassen, ja selbst bei der Mainzer Reichsbankstelle unbeanstandet vereinnahmt wurden. Ein etwas kräftigeres Papier und die um eine Nuance dunklere Färbung sind die einzigen Kennzeichen.
- Die Cholera macht in Frankreich weitere Fortschritte. Innerhalb der Stadt Toulon ist ein Choleratodesfall vorgekommen und innerhalb der Bannmeile der Stadt wurden drei Cholerafälle festgestellt.
- Zwei Touristen aus Magdeburg, eine Dame und ein Herr, verunglückten bei Interlaken. Die Dame stürzte von einer Felswand und verstarb, während der Herr lebensgefährlich verletzt wurde.
- Aus Christiania wird unter dem 20. ds. berichtet, daß im Värda in der Nacht zum 17. ds. ein neuer Erdrutsch stattfand, in dem unter großem Lärm eine hoch gelegene Fläche von einem Morgen Land blitzschnell bis ins Thal abglitt. Die Bewohner der umliegenden Höfe eilten erschrocken ins Freie; größere Erdrutsche sind glücklicherweise nicht zu befürchten.


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ZVDD