No. 80
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 11. Oktober
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 1]

Der Kaiser reiste am Freitag nach Weimar zur Theilnahme an den dortigen Hochzeitsfeierlichkeiten ab.
Zu der Enthüllung des Kaiser=Friedrich=Denkmals in Spandau, welche auf den 18. d. M. festgesetzt ist, sagte der Kaiser seine Anwesenheit zu.
Der Bundesrath nahm am Freitag seine Thätigkeit mit einer Ausschußsitzung auf. An dieselbe schloß sich eine Plenarsitzung, deren Tagesordnung bedeutungslos ist. Die Militärvorlage wird im Bundesrat einen Widerstand nicht finden. Man rechnet sogar auf ihre einstimmige Annahme.
Die vor Kurzem in Berlin zusammengetretene Kommission zur Begutachtung der Grundlagen eines Reichs=Seuchengesetzes beendete am Sonnabend ihre Arbeiten und sind nunmehr die auswärtigen Theilnehmer in die Heimath zurückgekehrt.
Das Marine=Verordnungsblatt veröffentlicht folgende kaiserliche Kabinettsordre betreffs der Maschinengewehre: Auf den Mir gehaltenen Vortrag genehmige Ich die Einstellung des 8 mm Maxim=Maschinengewehrs in die Marineartillerie.
Marmorpalais, den 19. September 1892. Wilhelm.
Durch verschiedene Zeitungen ging die Mittheilung, die Regierung beabsichtige, die Präsenzziffer des Heeres unter der Einführung der zweijährigen Dienstzeit um 95 000 Mann zu vermehren, so daß alsdann eine stehende Armee von benahe 600 000 Mann herauskäme. Die Richtigkeit der ersteren Ziffer zugegeben, liegt eine irrthümliche Auffassung insofern vor, als es sich nicht um die Erhöhung des Friedenszustandes um diese Ziffer handelt, sondern des jährlichen Kontingents. Die Gesammtziffer von 95 000 Mann würde sich aus dem ausfallenden 3. Jahrgang, sowie aus den Rekruten ergeben, welche wegen der Neuaufstellung von Kadres und Truppentheilen außerdem noch notwendig würden. Die Friedenspräsenzziffer würde sich darnach auf etwa 520 000 Mann stellen. - Die Mehrkosten der neuen Militärvorlage sind auf 60-65 Millionen festgestellt und ist zur Deckung in erster Reihe eine Erhöhung der Tabaksteuer in Aussicht genommen. Die Beratungen hierüber, zu welcher zahlreiche Interessenten und Sachverständige hinzugezogen worden sind, haben in Berlin im Reichsschatzamt begonnen. - Die Reichskommission für Reform des Börsenwesens nahm am Donnerstag ihre Arbeiten wieder auf.
Die Kreuzztg. setzt ihren Widerstand gegen die neue Militärvorlage fort und bringt folgende Aeußerungen: "Aus militärischen Gesichtspunkten ist die Einführung der zweijährigen Dienstzeit ein Rückschritt und deshalb zu verwerfen. Es ist dies auch die Meinung unserer großen Heerführer, welche durch weltbewegende Thaten bewiesen haben, daß sie die Kriegskunst aus dem Grunde verstanden. Haben nicht auch hohe Stimmen in unserer Armee, ja, selbst Führer der besten Milizarmee dieses Jahrhunderts in den schwersten Krisen des amerikanischen Bürgerkrieges wiederholt den Wunsch ausgesprochen, ihren Truppen auch "preußische Durchbildung" einhauchen zu können; jenen reichen Schatz, den wir jetzt selbst auf den Markt tragen wollen. Denn es drängt sich unwillkürlich die Ueberzeugung immer mehr auf, daß es hauptsächlich politische Motive sein müssen, welche dieses Kleinod auf den Tisch der Parteien schieben. Für uns ist der Vorgang besonders schmerzlich, weil die Regierung, das erste Mal seit der Reorganisation, uns zwingt, an Militärvorlagen, welche wir bisher vertrauensvoll in die Hände der Heeresverwaltung gelegt, und denen wir stets aus vollem Gewissen freudig zustimmen konnten, nicht nur Kritik zu üben, sondern ihnen sogar entgegenzutreten."
Das kann gut werden! Dr. Sigl, der vielgenannte Redacteur des bayrischen "Vaterlands" in München, ist im Reichstagswahlkreis Kelheim dem offiziellen Zentrumskandidaten gegenüber als Kandidat aufgestellt worden. Ob er, wenn er gewählt werden sollte, überhaupt nach dem verhaßten Berlin geht?
Der vom österreichischen Parlament eingesetzte Ausschuß zur Vorberatung des neuen Strafgesetzbuch=Entwurfs hat jetzt mit 9 gegen 7 Stimmen die Beibehaltung der Todesstrafe beschlossen.
Für Marinebauten in Frankreich verlangte der französische Marineminister Burdeau eine Krediterhöhung von 9 Millionen. Angeblich soll die Erhöhung aus Ersparnissen bei anderen Posten des Marine=, sowie des Kriegsbudgets gedeckt werden.
Die Anfertigung des neuen kleinkalibrigen russischen Repetiergewehrs soll schon in den nächsten Wochen in russischen und französischen Fabriken beginnen und in rascher Folge derart fortgesetzt werden, daß sämtliche 19 Armeekorps im europäischen Rußland bis Ende 1894 im Besitz der neuen Waffe sein werden. Auf zwei ungestörte Friedensjahre hätten wir demnach mindestens noch zu rechnen.
Vom neuen Jesuitengeneral Martin, der im Jahre 1846 in Melgar, Provinz Burgos geboren worden ist, wissen die spanischen Blätter, was folgt, zu berichten: Sein Vater wollte anfangs nicht zugeben, daß er in den Jesuitenorden einträte, trotzdem that es der junge Mann im Jahre 1865. Nach der Revolution von 1868 wurde er mit seinen übrigen Ordensbrüdern aus Spanien vertrieben, kehrte jedoch unter der Restauration zurück und leitete dann in Bilbao die Zeitschrift "Das heilige Herz". Bald darauf wurde er Rektor der Universität Salamanla und führte einen langen Federstreit mit dem Bischof Jzquierdo, der mit der Erklärung seines Gegners endete, daß Pater Martin "der erste Theologe des Landes" sei. 1885 wurde er Provincial von Castilien und ging er 1891 als Generalvikar nach Rom. Er soll außer seiner Muttersprache italienisch, französisch und englisch beherrschen. Der neue General ist vor kurzem als Anhänger einer abwartenden, neutralen Haltung des Ordens geschildert worden, dem widerspricht jedoch, daß die österreichische und spanische Regierung sich geeinigt hatten, einen anderen Kandidaten, den Pater Uraburu, als den Vertreter des Princips der Nichteinmischung des Ordens in die Politik vorzuschlagen.
Wie aus Newyork gemeldet wird, hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Grovar Cleveland ganz vortreffliche Aussichten. Besonders die Deutschen wollen ihm ihre Stimme geben, um der

[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 2]

Mißwirthschaft des gegenwärtigen Präsidenten Harrison ein Ende zu machen.


- Zum Distanzritt Berlin=Wien. Der letzte der österreichischen Theilnehmer an dem Dauerritt ist am Freitag früh 4 Uhr 30 Min. in Berlin durch's Ziel gegangen. Die Zahl der in Wien eingetroffenen deutschen Distanzreiter betrug bis Donnerstag Abend 50. Die Reihenfolge der Sieger gestaltet sich nunmehr wie folgt (die deutschen Reiter sind mit einem Stern kenntlich gemacht):

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Premierlieutenant Frhr. v. Reitzenstein, der Beste unter den deutschen Theilnehmern am Distanzritt und der zweite in dem großen Wettstreit überhaupt, gehört dem in Münster garnisonirenden 4. Kürassier=Regiment an, ist jedoch zur Kriegs=Akademie in Berlin kommandiert. Er gilt als einer der besten unter unseren jungen Herrenreitern. Früher im 7. Feld=Artillerie=Regiment in Wesel stehend, hat er erst vor wenigen Jahren "umgesattelt" und ist zur Kavallerie übergetreten. Der schneidige Reiter ist in Wien der Held des Tages. Er erhält fortwährend Glückwünsche, die Blätter bringen spaltenlange Berichte über seine Reiterlebnisse. Reitzenstein erzählt, er habe das Pferd "Lippspringe" vor etwa 5 Wochen in Genf für 1500 Franken gekauft. Bis dahin sei "Lippspringe" fast immer als Wadenpferd verwandt worden. Bis Korneuburg hat Reitzenstein weder Sporn noch Reitpeitsche gebraucht. Dort drohte das Pferd zufolge der Uebermüdung bei Verirrung und Umweg zusammenzubrechen. Unter größten Mühen gelang es ihm, das Pferd von Korneuburg bis kurz vor das Ziel führend, Florisdorf zu erreichen, wo das Pferd zusammengestürzt ist. Seither hat es sich jedoch gut erholt und Donnerstag Abend wieder Futter genommen. Als echter Reitersmann hat sich Frhr. v. Reitzenstein auch seinem Pferd gegenüber gezeigt. Er war weder von einem Diener begleitet, wie sehr viele der anderen Herren, noch hatte er außer den allernothwendigsten Reitutensilien irgend etwas mit sich geführt. Sein Pferd besorgte er stets eigenhändig. In Iglau, welches er in 54 Stunden reicht hatte, gedachte der vierte Kürassier, wie es den Anschein hatte, sich und seinem Pferd eine kurze Ruhepause zu verstatten, doch als er dort vernahm, welch' grandiösen Rekord Graf Starthemberg geschaffen, da gab es für ihn nur noch einen Gedanken: Weiter nach Wien!
Der schwarzbraune Wallach "Athos", der den Grafen Starhemberg siegreich an das Ziel getragen hat, ist leider am Donnerstag Abend in Berlin verendet. Die Nachrichten, die über den Zustand der siegreichen Pferde eingetroffen sind, haben überhaupt die Stimmung für das Unternehmen sehr herabgedrückt und machen bei allen Vernünftigen den Wunsch rege, daß sich das wirklich grausame Spiel niemals wiederholen möge! Unser Zeitalter ist zum Glück zu human, als daß die Nachrichten über die furchtbaren Strapazen, denen Roß und Reiter ausgesetzt wurden, nicht mit einer Empfindung der Trauer und der Erbitterung zugleich vernommen werden sollten. Zu Ehren der deutschen Officiere hat in Wien am Donnerstag Abend ein Festmahl im Hotel Bristol stattgefunden, an welchem 68 Herren theilnahmen. Den Ehrenplatz nahm Herzog Ernst Günther zu Schleswig=Holstein; ihm zur Seite saßen Kavallerie=Inspektor Baron Gagern und Feldmarschallieutenant Loehneysen. Premierlieutenant Freiherr v. Reitzenstein wurde von allen Seiten äußerst herzlich begrüßt und beglückwünscht. Die Stimmung war eine sehr animirte. Nach Aufhebung der Tafel wohnten sämmtliche Theilnehmer im Hofburgtheater der Aufführung des Lustspiels "Die Wilddiebe" bei.
- Bertha Rother, bekannt aus dem Prozeß des Berliner Malers Gräfe, wurde in Prag wegen unsittlichen Lebenswandels und Hochstapelei festgenommen; sie wird wahrscheinlich aus allen österreichischen Kronländem ausgewiesen und nach Berlin abgeschoben werden.
- Der Mörder des am Mittwoch in St. Pauli (Hamburg) getöteten Seemanns Rubow ist in der Person eines Schiffsheizers ermittelt und verhaftet.
- Leutnant Coqui, Adjutant des zweiten Battaillons in Hildesheim, wurde vor zwei Tagen auf einem Spazierritt von seinem plötzlich scheuenden Pferde aus dem Sattel geworfen und, da er mit einem Fuß im Steigbügel hängen blieb, von dem Thier in rasendem Laufe auf dem Boden geschleift. Kurze Zeit darauf ist er infolge der schweren Verletzungen gestorben.


Anzeigen.

In dem Konkursfahren über das Vermögen des Tischlers Johann Jahns zu Cronscamp, steht zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichniß und eventuell zur Vertheilung der Masse, ein Schlußtermin auf

Donnerstag, den 20. October 1892
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an.
Bemerkt wird, daß das Verzeichniß der zu berücksichtigenden Forderungen auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht ausliegt.
Schönberg, den 24. September 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
(gez.) Dr. jur. E. Hahn.
                                                    Veröffentlicht:
                                                    H. Diederich
                                                    Gerichtsschreiber.


In Zwangsversteigerungssachen, betreffend die zu Cronscamp belegene, seither dem Tischler Jahns gehörige Büdnerei Nr. VI. nebst Zubehör ist zur Erklärung über den Theilungsplan, so wie zur Vornahme der Vertheilung Termin auf

Donnerstag, den 20. October 1992
Vormittags 11 Uhr

bestimmt, zu welchem die Betheiligten mit dem Hinweis darauf geladen werden, daß gegen einen Gläubiger, welcher in dem Termine nicht erschienen ist, angenommen wird, daß er mit der Ausführung des Planes einverstanden ist. Der Theilungsplan wird vom 13. October d. Js. an auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht der Betheiligten niedergelegt werden.
Schönberg, den 24. September 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


In Zwangsversteigerungssachen, betreffend die zu Selmsdorf belegenen, seither dem Müller Heinr. Leppin gehörigen Grundstücke nebst Zubehör ist zur Erklärung über den Theilungsplan, sowie zur Vornahme der Vertheilung Termin auf

Freitag, den 21. October 1892
Vormittags 11 Uhr

bestimmt, zu welchem die Betheiligten mit dem Hinweis darauf geladen werden, daß gegen einen Gläubiger, welcher in dem Termine nicht erschienen ist, angenommen wird, daß er mit der Ausführung des Planes einverstanden ist. Der Theilungsplan wird vom 14. October 1892 an auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht der Betheiligten niedergelegt werden.
Schönberg, den 3. October 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 3]

Steckbrief.

Gegen den Knecht Johann Hundt geboren zu Schönberg, zuletzt in Dienst auf der Lockwischer Mühle, welcher der Unterschlagung resp. Untreue verdächtig und der flüchtig ist, ist der richterliche Haftbefehl erlassen. Es wird um Vigilanz event. Festnahme und Benachrichtigung an den Herrn Ersten Staatsanwalt in Neustrelitz gebeten.
Schönberg, d. 8. Oktober 1892.

Der Amtsanwalt.
v. Blücher.

Personalien des Hundt: Statur schlank und kräftig. Größe ca. 1,70 m. Alter: 27 Jahre. Gesunde Gesichtsfarbe. Dunkelblondes Haar u. Schnurrbart. Das vordere Glied des Ringfingers der rechten Hand ist steif. - Kleidung: Grauer Hut, schwarzer Rock, graue Hose, grauer Winterpaletot, Vorhemd mit Stehkragen, Stiefeletten.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Sonnabend, den 15. Oktober d. J. Vorm. 11 Uhr sollen in Herrnburg

bis 40 Mille Torf

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden. Versammlung der Käufer im Gasthaus Lohse in Herrnburg.
Schönberg den 10. Oktober 1892.

                                                    Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Versteigerung.

Am Mittwoch den 19. October d. J. sollen beim Herrn Gastwirth Roxin Bahnhof Grieben von Vormittags 10 Uhr an ca. 20-30 Stück Mutterschafe und Lämmer öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.


Bekanntmachung.

Die Hebung einer Armensteuer zum halben Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistrikts hiermit aufgefordert, ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, d. 10. October 1892.

Die Armenbehörde.


Zur Deckung der Wegebesserungskosten für die Zeit vom 2. Mai 1891 bis heute vernothwendigt sich ein Beitrag von 30 Pfennig für 100 []Rth. Ackerland.
Wir ersuchen unsere Mitbürger, solchen Beitrag am

Sonnabend, den 15. October
Nachmittags 4 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen. -. Beiträge, welche am Zahlungstage nicht eingehen, werden durch einen Boten gegen 15 Pfennig Botenlohn von den Interessenten abgeholt.
Schönberg, den 10. October 1892.

Die Städtische Wege=Commission.


Die Restauration auf dem Bahnhofe zu Schönberg soll vom 1. November d. J. ab anderweitig verpachtet werden.
Die Pachtbedingungen liegen in dem Haupt=Bureau der unterzeichneten General=Direction aus und können von dort gegen Kopialgebühren von 1,50 M. pro Exemplar bezogen werden. Pachtofferten sind von den Reflectanten unter Anschluß ihrer Zeugnisse bis zum 18. ds. Mts. einzureichen.
Schwerin, den 6. October 1892.

Großherzogliche General=Direction
der Mecklenburgischen Friedrich=Franz=Eisenbahn.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Zur Geburtstagsfeier Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs

Commers

in Herrn Wieschendorf's Hotel Abends 8 Uhr, wozu alle patriotisch Gesinnten von Stadt u. Land freundlichst einladet

                                                    Der Vorstand.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.

Vorbehältlich behördlicher Genehmigung, wird der Kriegerverein hies. den diesjährigen Geburtstag Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs am Montag, den 17. October ds. Js. durch Festaufführungen - Theater u. lebende Bilder - und einen nachfolgenden

Festball

im Gastwirth Boye'schen neuen Saale feiern. Nichtmitglieder können gegen Erlegung eines Eintrittsgeldes an der Feier theilnehmen. Dasselbe beträgt zu den Festaufführungen für den I. Platz 75 Pf., für den II. Platz oder Gallerie 50 Pf. à Person. Kinder unter 10 Jahren zahlen für den I. Platz 40. für den II. Platz 20 Pf.
Herren, welche am Festball theilnehmen wollen, haben außerdem eine Tanzschleife a 1 M. 50Pfennig (Mecklenburg). zu lösen.
Die Kameraden des Vereins zahlen für die Festaufführungen ein Eintrittsgeld von 25 Pf. à Person für den II. Platz und können ihre Frauen und nicht erwerbsfähigen Kinder unentgeltlich einführen. Den Festball haben die Kameraden frei.
Kassenöffnung um 7, Anfang des Theaters um 7 1/2 Uhr Abends. Die möglichst vorher zu lösenden Eintrittskarten sind bei den Kameraden Vogel und Kaufm. Oldenburg hies., auch Abends an der Kasse zu haben.

                                                    Der Vorstand.


Gartenbau-
und
Geflügelausstellung
am Sonntag den 16. u. Montag den 17. Oct.
im hiesigen Schützenhause, Eröffnung 12 Uhr.
Eintrittsgeld 20 Pfg.       Kinder 10 Pfg.
Dauerkarten 50 Pfg.

Zur Prämierung zugelassen werden nur selbstgezogene Gartenprodukte von Vereinsmitgliedern u. Anwohnern des Fürstentums. Standgeld wird nicht erhoben. Annahme der Gegenstände Sonnabend d. 15. Oct. Geflügel muß jedoch bis zum 12. Oct. angemeldet werden.
Im Anschluß daran findet wie im vorigen Jahre ein

Obstmarkt

statt. Marktzettel sind zu haben bei Herren Lundwall und Wieschendorf. Auch wird eine Verkaufsausstellung eingerichtet, in der jeder gegen ein Standgeld von 20 Pf. pro Sorte und Ctr. sein Obst selbst verkaufen kann. In dieser Abtheilung können auch Kartoffeln und Gemüse und zwar ohne Standgeld verkauft werden.
Ziehung der Lotterie am 19. Oktober 3 Uhr Nachmittags.

                                                    Der Gartenbauverein.


Hierdurch mache ich bekannt, daß ich für meines Mannes Schulden nicht haffte.
Thandorf, d. 7. October 1892.

                                                    Frau Retelsdorf.


Allen, die mich an meinem 25jährigen Jubiläum mit Glückwünschen und Geschenken so sehr erfreut haben, sage ich hierdurch meinen herzlichsten Dank.
Schönberg den 8. Oktober 1892.

                                                    Carlau.


Wohnungsveränderung.

Meinen werthen Kunden sowie einem hochgeehrten Publikum von Schönberg und Umgegend hiermit die ergebene Anzeige, daß ich mein Geschäft nach meinem Hause Marienstraße Nr. 36 verlegt habe.

Hochachtungsvoll
        Schönberg,                                                            August Arndt,
den 10. Oktober 1892.                                                     Tischlermeister.


Farben aller Art bei H. Brüchmann.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 4]

Allgemeine Renten-Anstalt
Gegründet 1833                           zu Stuttgart.                           Reorganisirt 1855.
-------------------------
Gesammtvermögen Ende 1891: 68 Millionen Mark, darunter außer 33 Millionen Mark Prämienreserven noch über 4 1/2 Millionen Mark Extrareserven.
Versicherungsstand: ca. 40 Tausend Policen über 54 Millionen Mark versichertes Kapital und über 1 1/2 Millionen Mark versicherte Rente
Aller Gewinn kommt ausschließlich den Mitgliedern der Anstalt zu gut.
-------------------------
Lebensversicherung.
Einfache Todesfall=Versicherungen. Abgekürzte, bei Erreichung eines bestimmten Lebensalters oder im Falle früheren Todes zahlbare Versicherungen, sowie Versicherungen zweier verbundener Personen, zahlbar nach dem Tode der zuerst sterbendem Person.
--------------------- Dividenden Genuß schon nach 3 Jahren. ---------------------
Dividende zur Zeit 30% der Prämie.
Bei Einstellen der Prämienzahlung Reduktion der Versicherung auf einen dem Deckungskapital entsprechenden prämienfreien Betrag. Belehnung der Policen.
-------------------------
Rentenversicherung.
Jährliche oder halbjährliche Leibrenten, zahlbar bis zum Tode des Versicherten oder bis zum Tode des längst lebenden von zwei gemeinschaftlich Versicherten, sowie aufgeschobene für späteren Bezug bestimmte Renten. Alles dividendenberechtigt.
-------------------------
Die von der Anstalt betriebenen Versicherungsformen bieten dem Publikum Gelegenheit zur nützlichsten und sichersten Kapitalanlage und zur besten Altersversorgung bei niederen Prämiensätzen und höchst möglichen Rentenbezügen. Nähere Auskunft, Prospekte und Antragsformulare kostenfrei bei dem Vertreter:
In Schönberg i. M. Joh. Neumann, Lehrer.


C. Praefke,
Rechtsanwalt und Notar,
Neustrelitz, Markt Nr. 4.


Jeden Sonntag                          
frisches Kaffeebrod
empfiehlt                                                    L. Jähnig,
                                                                      Conditor.


Landwirthschaftl.
Winterschule
zu Lübeck.

Am 19. October beginnt der Unterricht; baldige schriftliche Anmeldungen nimmt der Unterzeichnete entgegen.
Das Schulgeld beträgt 10 M. für das Halbjahr.
Der Unterricht behandelt im 1. Kursus die landwirthschaftl. Geschäftslehre, Raumlehre, Zeichnen, Feldmessen, Chemie, Physik, Bodenbearbeitung und allgemeine Thierzucht; im 2. Kursus dagegen wird landwirthschaftl. Buchführung und Betriebslehre, Physik, Chemie, Wetterkunde, Pflanzenbaulehre, Düngerlehre, spec. Thierzucht und das Molkereiwesen gelehrt.
Der Unterricht ist Mittwochs und Sonnabends von 9-12 und von 2-4 Uhr Nachm.

                                                    Der Director der Gewerbeschule:
                                                    Walther Lange.


Allen sparsamen Hausfrauen
empfehlen sich als beste u. billigste Bezugsquelle von                          
gebrannten Caffee
Groth & Diedrichs Caffee=Rösterei u. Lager
Rostock i. M.
10 verschiedene Sorten, von M. 1.20 bis M 2.10 Pfennig (Mecklenburg). per Pfund
Röstung durch Dampfbetrieb.
Bei Bezug von Postcolli frco. gegen Nachnahme oder vorherige Einsendung.
Niederlagen werden errichtet.
Lohnender Verdienst.


Meinen geehrten Kunden zeige hiedurch ergebenst an, daß ich von jetzt an sämmtliche Futtersachen Knöpfe, Borden etc. vorräthig halte, und um Irrthümer zu vermeiden und dadurch entstehende Unannehmlichkeiten, was mir bei den zahlreichen Aufträgen, wofür ich hiedurch meinen besten Dank ausspreche, mehrfach vorgekommen ist, zu vermeiden, von jetzt an zur Verarbeitung solche nicht mehr annehme, und bitte mir wegen dieser Einrichtung auch ferner Ihre geschätzten Aufträge zukommen zu lassen, da es mein eifrichstes Bestreben sein wird, vorher bezeichnete Sachen so preiswerth wie möglich zu berechnen.

Hochachtungsvoll                          
                                                    H. H. Meier,
                                                    Schneidermeister.


Geschäfts=Verlegung.

Einem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß sich meine Conditorei jetzt Lübecker Straße Nr. 7 befindet.

Um geneigten Zuspruch bittet                                                    
Hochachtungsvoll
                                                    L. Jähnig,
                                                    Conditor.


Der Weg von Gr. Rünz nach Demern ist von jetzt an wieder für Fuhrwerke passirbar.

Gr. Rünz,                                                    Hr. Rieckhoff,
den 11. October 1892.                                               Ortsvorstand.      


Es starb nach achttägigem Leiden mein lieber unvergeßlicher Mann und meiner Kinder sorgsamer Vater J. Voß in seinem 58. Lebensjahr, tief betrauert von den Hinterbliebenen. Um stille Theilnahme bitten

Frau Voss, geb. Ahrendt, u. Kinder.
Lockwisch.

Die Beerdigung findet am Freitag, d. 14. Oct. 2 Uhr Nachmittags auf dem alten Kirchhofe statt.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 80 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 11. October 1892.


- Der Kaiser ist auf seinen Pürschgängen in Rominten auch während der letzten Tage vom Glück begünstigt gewesen. Er hat noch drei starke Hirsche, einen Zwölf=, einen Vierzehn= und einen Sechzehnender erlegt.
- Die preußische Regierung beabsichtigt ihre Einnahmen aus dem Lotteriewesen beträchtlich zu vermehren. Es soll nämlich beabsichtigt sein, die Zahl der Loose der preußischen Klassenlotterie um 30 000 zu vermehren.
- Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Kunert wurde in Berlin wegen Gotteslästerung zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Man schreibt aus Mannheim: Der flüchtige Sozialistenführer Hänsler, der nun verhaftet worden ist, hatte 6 falsche Pässe bei sich. Bei seiner Verhaftung lebte der Flüchtling unter dem Namen Silvan Keller.
- Ein neuer großer Bankbruch wird aus Berlin gemeldet. Die seit 40 Jahren bestehende und in allen Kreisen angesehene Wechselfirma Ang. H. F. Schultze ist am Freitag Nachmittag geschlossen worden und die Firmen=Inhaber haben sich selbst der Staatsanwaltschaft gestellt. Der Betrag der veruntreuten Gelder wird auf 300 000 Mk. angegeben.
- Der Nestor der deutschen Aerzte, Geh. Sanitätsrath Dr. Martin Steinthal in Berlin, ist am Sonnabend Abend im Alter von fast 94 Jahren gestorben.
- Der Hamburger Centralschlachtviehhof ist fertiggestellt und seine Eröffnung auf Ende Oktober festsetzt.
- Wie man aus Karlsruhe vom 4. d. M. meldet, nimmt die deutsche Reichsfechtschule sieben durch die Cholera in Hamburg zu Waisen gewordene Kinder in ihre Waisenhäuser zu Lahr, Schwabach und Magdeburg auf, was einem Kapitalaufwand von 20 000 Mark gleichkommt. Um mehr Waisen aufzunehmen fehlen die Mittel.
- Der norddeutsche Lloyd hat der Schiffsbauwerft von Schichau in Elbing und Danzig den Auftrag zum Bau eines Doppelschraubendampfers für die Reichspostdampferlinien ertheilt. Der Dampfer soll die Länge von 456 Fuß englisch, eine Breite von 51 Fuß und eine Raumtiefe von 33 Fuß erhalten, die Geschwindigkeit des Dampfers soll 14 1/2 Meilen betragen.
- Mit der Errichtung der Moltke=Gedenktafel an dem Hause "am alten Schrangen" zu Lübeck, in dem Moltke mit seinen Eltern einige Jugendjahre verlebte, wird in nächster Zeit vorgegangen werden.
- In Mainz fiel am Sonntag beim Gottesdienste in der Emmauskirche der Musiklehrer Laufer während er die Orgel spielte, vom Schlag getroffen, zusammen. Am Montag verstarb der liebenswürdige alte Herr, der schon 43 Jahre lang den Organistendienst auf derselben Stelle versehen hatte.
- In Liegnitz starb am Sonntag ein Leutnant des dortigen Regiments infolge Cocainvergiftung. Derselbe hatte das Mittel, vermutlich in zu starker Dosis, gegen Zahnschmerzen angewendet.
- Der Distanzritt hatte in Wien mehrfache Distanzfahrten von Wien nach Berlin zur Folge. Nachdem am Sonnabend ein Fiaker mit einem Berichterstatter des Extrablattes die österreichische Kaiserstadt verlassen hat, folgte ein Viererzug mit dem Berichterstatter des Neuen Wiener Tageblatts. Das mit vier ungarischen Pferden bespannte Gefährt sollte in längstens fünf Tagen in Berlin eintreffen. Der Eigenthümer schloß eine Wette über 5000 Gulden ab.
- Zum Distanzritt Wien-Berlin. Ein Officier, der an dem großen Distanzritt von Wien nach Berlin theilnahm, veröffentlicht in einem Wiener Blatte das Programm, wie er dasselbe für sich entworfen, um in 4 Tagen die Strecke von 600 Kilometern zu bewältigen. Der Tag hat bekanntlich 24 Stunden = 1440 Min. Der Distanzreiter will nun vormittags im Trab 38 Kilometer (den Kilometer auf 4 Minuten gerechnet = 152 Min.) zurücklegen, dann 36 Minuten kleine Rast halten und hierauf abermals 38 Kilometer im Trab und 2 Kilometer im Schritt reiten, was abermals 152 Minuten, zusammen also 340 Minuten oder 6 Stunden 20 Minuten erfordern würde. Die Mittagsrast ist auf 120 Min. = 2 Stunden berechnet. Nachmittags nimmt der Reiter eine Tour von 38 Kilometer Trab (= 152 Minute), 2 Kilometer im Schritt (= 20 Min.) eine kleine Rast von 36 Minuten, sodann 28 Kilometer Trab (= 12 Min.) und 2 Kilometer im Schritt in Aussicht, was zusammen 340 Min. = 5 Stunden 40 Min. ausmacht. Wenn nun die Nachtruhe mit 600 Minuten, = 10 Stunden, bemessen wird, so ergiebt eine simple Addition, daß der Reiter vorausgesetzt, daß er den Voranschlag einzuhalten vermag, 150 Kilometer in 1440 Min. oder 24 Stunden (die Nachtruhe mitinbegriffen) zurücklegen wird, sodaß er das Ziel in 4 Tagen erreichen könnte. Der Rennungsschluß für die am Distanzritt theilnehmenden österreichisch=ungarischen Reiter hat auch für diese eine überraschend hohe Ziffer ergeben.
- Wie aus Tarbes in den Hautes Pyrénees gemeldet wird, ist daselbst am Sonntag während eines Kinderfestes der Fußboden eines Schulsaales durchgebrochen. Es soll dadurch eine größere Anzahl Kinder zu Schaden gekommen sein.
- Die in Brüssel verbreiteten Gerüchte von einer Verschlimmerung des Zustandes der Kaiserin Charlotte, der Witwe des unglücklichen Kaisers Maximilian von Mexiko, werden von unterrichteter Seite für unbegründet erklärt.
- Die Weltausstellung in Antwerpen ist für das Jahr 1895 nunmehr beschlossen worden. Der Organisationsausschuß wird binnen Kurzem einen Aufruf an die Belgier erlassen, in welchem zur Sammlung von 1 500 000 Frks. aufgefordert werden soll.
- Aus London wird berichtet, daß Lord Tennyson, der berühmte Dichter, gefährlich erkrankt ist.
- Gegen den Achtstundentag nahm der Kongreß der englischen Eisenbahnarbeiter am Mittwoch einen Beschluß mit 42 gegen 15 Stimmen an, befürwortet dagegen die Einführung des Zehnstundentages.
- Liverpools Wasserversorgung. Das großartige Werk zur Zuführung von Quellwasser aus Wales nach Liverpool wurde am 12. Juli dem Betriebe übergeben. Dies veranlaßt zu einigen Angaben über den interessantesten Theil der Anlage: die Thalsperre von Vyrnwy und den dadurch gebildeten künstlichen See. Wir entnehmen dieselben der Zeitschrift "Industries." Durch die Thalsperre wurde ein See aufgestaut, dessen Länge 7630 Meter und dessen durchschnittliche Breite 800 Meter beträgt. Der zu dem Zwecke gebaute Damm hat an der Basis eine Dicke vor 35 Meter, und er erhebt sich zu einer Höhe von 40,8 Meter. Der See aber hat eine größte Tiefe von 25,2 Meter. Erstaunlich sind die Zahlen über die Menge des aufgestauten Wassers. Das Becken enthält, wenn gefüllt, 13 Milliarden Gallonen oder etwa 59 Milliarden Liter. Die Leitungen von 2,16 Meter Durchmesser sind derart berechnet, daß Liverpool täglich 40 Mill. Gallonen oder etwa 172 Millionen Liter Wasser erhalten kann. Damit dürfte dem größten Bedarf auf längere Zeit entsprochen sein.
- Aus Madrid wird vom 28. v. M. gemeldet: Der Kapitän W. Andrews fuhr gestern unter endlosem Jubel der Bevölkerung in den Hafen von Huela ein. Er hat auf seinem 15 Fuß langen Boote Savolis die Fahrt über den Atlantischen Ozean in 68 Tagen zurückgelegt. Die Menge trug ihn auf den Schultern im Triumph nach dem

[ => Original lesen: 1892 Nr. 80 Seite 6]

Gouverneursgebäude und von dort, nachdem Begrüßungsreden ausgetauscht worden waren, nach seinem Hotel. Kapitän Andrews wird während der Columbusfeier in Huelva verweilen.
- Ein mehrere Tage andauernder Regen verursachte ein außerordentliches Steigen der Flüsse im südlichen Norwegen. Das Mandal und das Undai sind überschwemmt. In der Stadt Mandal stehen alle Brücken und viele Straßen unter Wasser. Aus Christiansand wird gemeldet, daß eine große Fabrik von den Fluten bedroht ist; die Turbine und die Laderinne, große Holzbestände sowie ein Schooner wurden fortgerissen. Von der Insel Husö flüchten die Bewohner, da das Wasser schon bis zum ersten Stockwerk der Häuser gestiegen ist. Viele Bauern müssen ihre Höfe verlassen.
- Ein interessantes Pürscherlebniß eines bayr. Offiziers wird in der Jagd=Zeitung "St. Huburtus" wie folgt erzählt: In den ersten Tagen des August steuerte ich, einen dienstfreien Tag zum Waidwerk benutzend, dem R . . . Revier zu, um dort einen alten schlauen Sechserbock, dem ich schon manchen Schweißtropfen erfolglos geopfert habe, wieder einmal einen Besuch abzustatten. Zwar hatte ich den alten Herrn, den ich an seinem kapitalen, weit ausgereckten Gehörn kannte, öfter zu Gesicht bekommen, jedoch hatte er mir noch nie die Gelegenheit gegeben, meine Begrüßung anbringen zu können. Diesmal hoffte ich jedoch, vertrauend auf die Wahrheit des Spruches "Alter schützt vor Thorheit nicht", ihn durch die "Sirennengesänge" meines Rehblatters, dem ich so Sehnsucht verratende Töne zu entlocken wußte, in den Bereich meiner Büchsflinte zu bringen, um ihm den schon längst zugedachten Gruß zuzusenden. Geräuschlos pürschte ich mich in ein lichtes Stangenholz, das an einem Dickicht angrenzt. Es ist nicht leicht, einen passenden Platz mit genügender Freiheit zum Schießen hier zu finden; um aber nicht lange zu suchen und vielleicht durch ein verräterisches Geräusch mir das Resultat zu verderben, bleibe ich hinter einigen kleinen Fichten stehen. Vorsichtshalber lasse ich 5 bis 10 Minuten verstreichen, um dann erst meine musikalischen Produktionen loszulassen. Nichts rührt sich, nur das Summen der unzähligen Mücken und Schnaken dringt an das lauschende Ohr; vielleicht steht er auf der anderen Seite? Kaum habe ich eine Bewegung gemacht, um mich zu entfernen, da - rumpelts in der Dickung, und der Schlaumeier, der hinter meinem Rücken vorsichtig herangeschlichen war, ist fort! Himmel sakra - ! Was thun? Nach kurzem Ueberlegen entscheide ich mich, den Weg durch das Hochholz zu nehmen, den lichten Schlag zu durchschreiten, um dann an der Bergwand mein Glück auf's Neue zu versuchen. Beim vorsichtigen Heraustreten aus dem Walde sehe ich in dem Schlage sich etwas bewegen - ein Fuchs - trotz der Entfernung von ca. 70 Schritt lasse ich den Schrotlauf meiner Büchsflinte los und sehe, daß der Fuchs getroffen ist, aber doch noch die Bergwand annimmt und im Walde verschwindet. Lange wird es mit ihm nicht dauern. - Infolge dieses unerwarteten Zwischenfalles war mein ursprünglicher Plan, wenn auch nicht gescheitert, so doch hinausgeschoben; um an dem beabsichtigten Platze, wo ich auch den Fuchs hatte verschwinden sehen, zu blatten, mußte ich erst einige Zeit vorübergehen lassen, um etwa geängstigte Rehbockgemüter sich wieder beruhigen und den Schuß vergessen zu lassen; eine Zigarre im Schatten einer Buche geraucht, hilft am besten über diese Pause hinweg. Dann ergreife ich das neben mir liegende Gewehr und schlendere jener Bergwand zu. Nach einiger Zeit höre ich plötzlich mir ganz fremde, unerklärliche Laute, fast wie die Schmerzenslaute eines jungen Hundes, untermischt mit eigenthümlichem Keckern; vorsichtig umherpürschend wird mir ein ganz eigenartiger Anblick. Der von mir schwer angeschossene Fuchs, immer kränker und schwächer werdend, wird von einem starken Rehbock wütend geforkelt! Mit rollenden Lichtern, schnaubend und stampfend attaquirt der Bock den sich nur schwach wehrenden Fuchs mit derartiger Wuth, daß er alle Vorsicht außer acht läßt und es mir leicht macht, auf Schußnähe heranzukommen und die Scene genau zu beobachten. Ich erkenne jetzt auch in dem Bock den vor wenigen Minuten entkommenen alten Bekannten, und was vorher nicht durch die Hilfe der Liebe gelungen ist, gelingt jetzt durch seinen Haß; er wird ein Opfer seiner ungezügelten Wuth. Meine Kugel sitzt gut Blatt, er bricht neben seinem Feinde zusammen, der von mir noch durch einen Schrotschuß von seinem Leiden erlöst wird.
- Das Ende eines Geizhalses. Ein schreckliches Ende hat ein alter Rentier gefunden, der seit einer langen Reihe von Jahren in einer kleinen Dachwohnung in Pankow bei Berlin hauste und als menschenscheuer Geizhals bekannt war. Es ist dies der Rentier Johl, der aus Oesterreich stammt. Vor einer Reihe von Jahren ist Johl nach Berlin eingewandert. Durch glückliche Grundstücksspekulationen und später durch Börsenspekulationen gewann er ein Vermögen, welches die Steuer=Einschätzungs=Kommission auf 240 000 Mark fixirte und demgemäß zur Besteuerung herangezogen hat. Fama erzählt sich aber von einem mehrfach größeren Vermögensbestand. Trotz seines Vermögens lebte Johl schlechter als der ärmste Kesselflicker. Nur zweimal in der Woche ging er aus, um auf dem Wochenmarkt jedesmal für 20 Pfennige Suppenknochen zu kaufen, neben trockenem Brot war die aus diesen Knochen bereitete Brühe seine einzige Nahrung. Sonst verließ er seine Wohnung nur, wenn er einmal persönlich zum Bankier mußte. In diesem Fall trug er seinen einzigen alten, abgeschabten schwarzen Rock, an dessen Kragen und Aermeln als Wäsche Kragen und Manschetten eingenäht waren, die im Lauf der Jahre so dunkel geworden waren wie der Rock. Seine Wohnung durfte Niemand betreten, er hielt der Kurse halber drei Zeitungen, erhielt auch oft Briefe von seinen Bankiers, doch niemals durfte der Briefträger die Wohnung betreten. Derselbe mußte vielmehr Briefe vor der Thür niederlegen, dann klopfen und sich schleunigst entfernen. Vom 18. September an wurden die Postsendungen nicht mehr von der Thür fortgenommen, was sonst stets sofort nach dem Klopfen zu geschehen pflegte. Am Donnerstag, den 15. September, ist der Schornsteinfeger, die einzige Person, welche eingelassen wurde, zum letzten Mal in der Wohnung gewesen, am jüngsten Donnerstag hat auch er keinen Einlaß mehr erhalten. Die Hausbewohner entschlossen sich endlich am Freitag Abend, den Amtsvorsteher zu benachrichtigen. Als die verriegelte Thür geöffnet wurde, da wichen Beamte und Hausgenossen entsetzt zurück. Ein pestilenzialischer Luftstrom wehrte zunächst den Eintritt, bis sich ein Beherzter zum Fenster wagte und durch Oeffnung desselben dem Gestank Abzug schaffte. In dem ersten Raum befand sich nur eine alte Kiste, in welcher Johl auf Lumpen und Papier zu schlafen pflegte. Mitten im Raum lag ein Haufen Lumpen, und als man diesen mit den Füßen auseinanderschob, stieß man auf die Leiche des alten Mannes. Während ein Arzt geholt wurde, durchsuchten die Hausgenossen auch den zweiten Wohnungsraum. In diesem befanden sich nur ein Haufen von alten Lumpen und Papier, doch so sorglich aufgeschichtet und durch fußbreite Gänge getrennt, wie die Beete eines wohlgepflegten Gartens. Einen trieftraurigen Anblick gewährte ein an der Wand hängendes großes Heckgebauer, in dem sich zwanzig Kanarienvögel befanden. Dieselben waren bis auf drei verhungert und verdurstet. An dem Umherliegen der Federn und an äußeren Verletzungen, abgefressenen Zehen etc., ließ sich erkennen, daß sich die armen Tierchen gegenseitig angefressen hatten. Der Arzt fand die Leiche bereits in weit vorgeschrittener Verwesung, vor dem Mund lag ein Haufen vertrockneten und verfaulten Blutes, Mund und Augen standen offen, der arme Reiche hatte in seiner letzten Stunde keine Menschenseele gehabt, die ihm die Augen zugedrückt hätte. Der Körper war nur mit alten Beinkleidern und einer Jacke bekleidet, wie sie Sträflinge tragen müssen. Das Hemd fehlte, der Mann hatte nie eins getragen. Da sich in der Wohnung kein Tisch oder sonstiges Möbel befand, so konnte der Arzt eine genauere Untersuchung nicht vornehmen, er konnte nur konstatiren, daß die Leiche schon mindestens eine Woche gelegen haben muß und Blutsturz mit Herzlähmung als wahrscheinliche Todesursache ist. Mit der einzigen Pferdedecke, welche sich in der Wohnung vorfand, wurde die Leiche umhüllt und vermittelst eines Kohlenwagens nach der Leichenhalle gebracht.


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