No. 71
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. September
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 1]

          Den Einwohnern des Fürstenthums Ratzeburg wird hiermit die Aufnahme von Personen aus Hamburg oder anderen von Cholera befallenen Ortschaften verboten. Solche Personen werden, falls die Isolirung nicht anderweitig garantirt wird, Zwecks ärztlicher Beobachtung in die hierselbst vor dem Bahnhofe eingerichtete Quarantäne=Station (Schützenhaus) internirt werden und werden für ihren Lebensunterhalt während mindestens 3er Tage daselbst die Kosten selbst zu tragen haben.
          Zugleich machen wir hiermit in Gemäßheit der §. 9. 3 der V. O. vom 21. Juli 1886 bekannt, daß die Krankheit der aus Hamburg hergereisten und am 1. Sept. im Seuchenhause verstorbenen Frau nachträglich als cholera asiatica festgestellt ist.
          Schönberg, den 5. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.                           v. Blücher.


1. Es wird hierdurch verboten, Wasser aus der Maurine, dem Oberteich, dem Wasserloch vor der Wallstraße u. s. w. zu irgend welchen Zwecken, außer zur Viehtränke, zu holen.
2. Es wird hierdurch verboten, in den Bäckerläden und Conditoreien das Backwerk zu befühlen und so selber auszusuchen; es sind vielmehr die Besitzer der Bäckereien, insbesondere auch die Brotfrauen verpflichtet, strengstens darauf zu achten, daß das Backwerk von Niemand berührt wird, nur sie allein dürfen dasselbe den Käufern aussuchen und reichen.
3. Die Aborte sind bis auf Weiteres täglich gründlich zu reinigen und zu desinficiren.
4. Zuwiderhandlungen gegen obige Vorschriften werden nöthigenfalls mit einer Geldstrafe bis zu 60 RM. oder mit einer Haftstrafe bis zu 14 Tagen geahndet.
          Schönberg, den 3. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
v. Blücher.


              Den Gastwirthen und Krügern des Fürstenthums Ratzeburg wird hiermit die Führung eines Fremdenbuches zur Pflicht gemacht. In dasselbe ist der Name, der Stand jedes Fremden= sowie der Ort, von welchem er kommt, einzutragen. Wie den Gendarmen jederzeit Einblick in das Fremdenbuch zu gewähren ist, so ist am letzten jeden Monats Abschrift der Eintragungen des Monats der Großherzoglichen Landvogtei zuzustellen.
              Zuwiderhandlungen werden in jedem einzelnen Fall mit Geldstrafe bis zu 60 M. oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
              Schönberg, den 7. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.                           v. Blücher.


              SSämmtliche Abflüsse und Abflußgräben in hiesiger Stadt (namentlich auch auf den Wiesen) sind schleunigst gründlich aufzuräumen resp. so offen zu halten, daß das Wasser abfließen kann.
              Schönberg, den 7. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
v. Blücher.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 2]

              Das Betreten des Perrons auf hiesigen Bahnhofe bei Herannahen der Züge wird hiemit bis auf Weiteres jedem verboten, der nicht dort zu thun hat oder abreisen will.               Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 M. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
              Schönberg, den 8. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


              Der Schlachter H. Beckmann hieselbst beabsichtige in dem an der Marienstraße allhier sub Nr. 52 belegenen Hause Schlächterei zu betreiben und hat bei Einreichung eines bezüglichen Situationsplanes die obrigkeitliche Erlaubniß hierzu beantragt.
              Indem solches in Gemäßheit von § 17 der Gewerbeordnung zur allgemeinen Kenntniß gebracht wird, ergeht hierdurch die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen 14 Tagen bei uns anzubringen.
              Schönberg, den 7. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Der Kaiser soll beschlossen haben, am 17. September noch eine zweite Flottenschau in der Bucht von Heringsdorf stattfinden zu lassen.
Von unseren Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland läßt sich nur so viel sagen, daß sie zur Zeit ins Stocken gerathen sind. Rußland wird ein weit größeres Entgegenkommen zeigen müssen, wenn es in Deutschland Gehör finden will. Auch rückt die Frage des russischen Getreideexportes immer mehr in den Hintergrund. Gerade die Gouvernements der schwarzen Erde stehen vor einer neuen Mißernte und die reichen Erträge, die der Kaukasus in Sicht stellte, können nicht gehoben werden, weil die Feldarbeiter vor der Cholera die Flucht ergriffen haben. So ist ein irgend namhafter Export kaum zu erwarten und Stimmen wie die der Moskauer "Russkija Wjedomosti", welche für Konzessionen russischerseits in Eisen und Kohle plaidieren, werden daher wohl wirkungslos verhallen.
Wo ist der Feind, den man mit dem ewigen Staubaufwirbeln täuschen will? Die "Norddeutsche Allg. Ztg." meint, daß auch in den jüngsten Mittheilungen über die Militärvorlage Falsches und Wahres gemischt sei. Der Umstand, daß ein richtiges Urtheil erst möglich sei, wenn man ihren Inhalt kenne, müsse der Presse der zu positiver Mitarbeit bereiten Richtungen Zurückhaltung umsomehr auferlegen, als Ende dieses oder Anfang nächsten Monats eine für die Oeffentlichkeit bestimmte autorisirte Darlegung der Zwecke und Ziele und damit des Inhalts der Militärvorlage in Aussicht stehe.
Auf dem Mainzer Katholikentag ist wieder einmal der Satz, daß dem Papst die weltliche Herrschaft zurückgegeben werden müsse, so laut und mit solcher Betonung in die Welt hinausposaunt worden, daß man fast glauben möchte, die Centrumsmänner seien selbst von dieser Nothwendigkeit überzeugt. Und doch ist alles eitel Spiegelfechterei. Niemand ist heute einfältig genug, um nicht zu wissen, daß unser Bundesverhältniß zu Italien die ernsthafte Erörterung dieser Frage an maßgebender Stelle vollständig ausschließt. Und was hätte schließlich der Papst durch die Wiederaufrichtung seiner weltlichen Macht zu gewinnen? Man bedenke nur zwei Dinge: 1) Das italienische Garantiegesetz nimmt den Papst ebenso vom Gesetz aus wie den Monarchen. Nicht die territoriale Unabhängigkeit, die sich kaum von seiner jetzigen Rechtslage unterscheidet, sondern die weltliche Macht über andere ist es also, warum es den Ultramontanen zu thun ist. 2) Der Papst hat als Souverän mit so viel Aufständen, Empörungen, Bedrohungen seines Lebens zu kämpfen gehabt wie kein anderer Fürst. Sogar aus seinem Land zu flüchten ist er schon gezwungen gewesen. Im italienischen Königthum genießt er einen gesetzlichen und polizeilichen Schutz, den es in seinem Staat gegeben hat, auch für ihn selbst nicht. Daß eine etwaige Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes die Gefahr einer Verschlimmerung einschließt, und daß der jetzige Zustand der ungleich gefahrlosere für den Papst ist, wissen die Herren vom Centrum natürlich eben so gut, wie jeder mit gesunden Sinnen Begabte. Nur leere Phrase, nichts als Phrase ist ihre Forderung der Wiederherstellung der weltlichen Papstherrschaft.
Fürst Bismarck läßt in der "Münch. Allg. Ztg." verkünden, daß er streng an der gesetzlichen dreijährigen Dienstzeit festgehalten wissen will. Man möge auf dem Verwaltungswege jedes mit der Qualität des Heeres vereinbarliche Zugeständniß machen, aber nicht die gesetzlich festgelegte Prinzipienfrage berühren und Bestimmungen dauernd preisgeben, um Anforderungen von vielleicht temporärer Natur eine parlamentarische Mehrheit zu sichern.
Nachdem das preußische Kriegsministerium zur Herstellung eines neuen Schießplatzes bei Münster und Wietzendorf im Kreise Soltau nahezu eine Quadratmeile Haideländerei zum Preise von 1 230 000 Mk. angekauft hat, werden künftig Schießübungen in dem Gelände bei Kästdorf unweit Gifhorn nicht mehr abgehalten. Die jetzt angekaufte Fläche vertheilt sich auf 7 Gemeinden, der Morgen Haide ist mit 33 Mk., der Morgen Moorboden mit 85 Mk. bezahlt worden, welche Preise denjenigen entsprechen, die von der für die Provinz Hannover und das Herzogthum Braunschweig bestehenden Arbeiterkolonie Kästorf bei den Grundstücksankäufen in den letzten Jahren angelegt wurden. Auf der ganzen angekauften Fläche befand sich nicht ein einziges Haus.
Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand d' Este verlobte sich nach einer Meldung aus Wien mit der Prinzessin Clementine von Belgien. Die Braut ist die jüngste Tochter des belgischen Königspaares und vollendete am 30. Juli ihr zwanzigstes Lebensjahr, ihre älteste Schwester, Prinzessin Luise, ist die Gemahlin des Prinzen Philipp von Sachsen=Coburg=Gotha, des ältesten Bruders des Prinzen Ferdinand von Bulgarien, während die zweite Tochter des Königs Leopold II. von Belgien, Prinzessin Stephanie, mit dem verstorbenen Kronprinzen Rudolf von Oesterreich vermählt war. Der Erzherzog Franz Ferdinand, der als ältester Sohn des Erzherzogs Carl Ludwig, ältesten Bruders des Kaisers Franz Josef, nach dem Tode des Kronprinzen Rudolf der Nächste am Throne der österreichisch=ungarischen Monarchie ist, steht im 28. Lebensjahre.
Nach einer Londoner Meldung sind nach Indien 70 000 Magazingewehre und 5 Millionen Patronen unterwegs. Das 1. indische Armeekorps soll Mobilisirungsordre erhalten haben.
Bei einem am Sonntag in Chambéry von der Muncipalität veranstalteten Festmahl erwiderte der dort eingetroffene Präsident Carnot auf eine Ansprache des Bürgermeisters, der die Einmüthigkeit der Gesinnung der Bewohner Savoyens betont hatte, folgendes: "Die Republik habe keine treueren Bürger als die Savoyarden, welche die Interessen des Landes über die Parteikämpfe stellten. Die Parteien müßten jetzt vor dem Willen der Nation die Waffen strecken und sich vereinigt unter den Fahnen der Republik scharen. Darin liege der wahre Patriotismuß, welcher bedeute, Frankreich glücklich zu machen und der Welt Vertrauen zu der Republik einzuflößen." Präsident Carnot schloß mit einem Hoch auf das einige Frankreich und Frankreichs

[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 3]

Söhne. Die Rede des Präsidenten wurde mit großem Beifall aufgenommen.
Der Rücktritt des russischen Ministers des Auswärtigen, v. Giers, soll nach einer Petersburger Depesche des Londoner "Daily Telegraph" im November in aller Form erfolgen. Geheimrat Schischkin, der während der Abwesenheit des zur Kur in Aix les Bains weilenden Ministers v. Giers provisorisch die Geschäfte des Ministeriums leitet, soll alsdann definitiv das Portefeuille des Auswärtigen erhalten.
Bei dem soeben stattfindenden italienischen Korpsmanöver in Umbrien gab es einen aufregenden Zwischenfall. Der König und der Kriegsminister stürzten nämlich infolge plötzlichen Scheuens der Pferde gleichzeitig zu Boden, glücklicherweise ohne Schaden zu erleiden.
Daß die Schwarzen des Kilimandscharo=Gebietes wesentlich durch die Mithilfe unserer englischen Freunde zu ihrer Auflehnung gegen die deutsche Herrschaft ausgerüstet worden sind, darüber kann jetzt ein Zweifel nicht mehr herrschen. Wie einem Berliner Blatt aus Sansibar darüber geschrieben wird, ist es eine Thatsache, daß über englisches Gebiet 2000 Hinterlader in das Kilimandscharogebiet eingeführt sind und zwar durch die dortigen englischen Missionare, die während des Gefechts auf dem Hügel, auf dem ihre Station liegt, standen und zusahen.


- Neustrelitz. S. K. H. der Großherzog, der seit 4 Wochen in Homburg v. d. H. zur Kur weilt und wie jedes Jahres eine Nachkur in Ostende genommen hat, wird in diesem Jahre von dieser Nachkur absehen und in der nächsten Woche hierher zurückkehren. - Am 6. Sept., am Sterbelage des im Jahre 1860 verstorbenen Großherzogs Georg, ist dessen Statue auf dem Marktplatze mit Kränzen geschmückt worden.
- Neustrelitz. I. K. H. die Erbgroßherzogin ist nach vierwöchigem Aufenthalt in Heringsdorf Dienstag Abend mit dem Erbprinzen von dort hierher zurückgekehrt.
- Ueber den Stand der Cholera in Hamburg ist leider noch immer nichts Erfreuliches zu berichten, die Seuche wüthet dort unverändert weiter und wirft täglich Hunderte von Menschen frühzeitig in's Grab. Zum erstenmale veröffentlicht das statistische Bureau die Erkrankungen und Sterbefälle an Stelle des Medicinal=Collegiums und dadurch erscheinen die Ziffern erheblich höher, wie die früheren Meldungen besagten. Von Montag Mitternacht bis Dienstag Mitternacht kamen 702 Erkrankungen und 333 Todesfälle vor, Ziffern, die bisher noch nie erreicht wurden. In Hamburg sollen seit vorigem Sonntag bis letzten Sonntag gut 5000 Leichen beerdigt sein, alle Leichen, ohne Ausnahme, sind in Särgen beerdigt worden. - Einem Hamburger Privatbriefe entnehmen wir das Folgende: "Es steht hier in Hamburg wirklich schlimm mit dieser "Pest" und jetzt muß gar Mancher ins Gras beißen. Ich habe von authentischer Seite gehört, daß seit vorigen Sonntag bis zum letzten Sonntag gut 5000 Leichen beerdigt worden sind, was gegen die gewöhnliche Sterblichkeit von ca. 50 pro Tag, oder pro Woche 400, schon ein Plus von 4600 ergiebt, was in acht Tagen doch ganz bedeutend ist. Ich glaube, daß wir die Cholera nicht vor dem Eintritt starker Kälte los werden, da hier wirklich viel zu wenig zur Bekämpfung der Seuche gethan wird. Der Hamburger Staat müßte meiner Meinung nach noch ganz andere Summen hergeben, um die entfesselte Seuche nach Möglichkeit zu bekämpfen. Die neu erbauten Baracken sind bereits alle wieder voll, ebenso die Militär=Baracken, es wird jetzt Tag und Nacht an dem Bau neuer Baracken gearbeitet; aber das hätte früher geschehen müssen. Der Schaden, welcher Hamburg erwächst, wird in die Hunderte von Millionen gehen, da wir ja noch lange nicht wieder frei von der Seuche sind." - In Altona nimmt die Seuche erheblich ab. In Mecklenburg treten auch jetzt noch glücklicherweise nur sehr vereinzelt Fälle auf, die alle auf Einwanderer aus Hamburg zurückzuführen sind. In Lübeck sind bisher im Ganzen 6 Fälle vorgekommen, die ebenfalls Einwanderer aus Hamburg betroffen hat, von denen bisher einer tödtlich verlaufen ist, seit Montag ist dort kein neuer Fall amtlich gemeldet. Ueberall suchen sich die Städte möglichst gegen jeden Zuzug aus Hamburg zu schützen durch eine wenigstens 6tägige Beobachtungszeit in dazu bestimmten Locale und durch Desinfection den Reisenden, Maßregeln, durch welche viele Reisende aus Hamburg abgeschreckt werden.
- Allgemeine Rentenanstalt zu Stuttgart. Der Rechenschaftsbericht dieser Anstalt für das Jahr 1891 weist durchaus befriedigende Geschäftsergebnisse nach. Der erzielte Reingewinn betrug M. 468,583. - gegen M. 378,155. - im Vorjahre und das Gesammtvermögen ist auf M. 68,242,490. - gestiegen. Die Reserve= und Sicherheitsfonds (Extrareserven) haben sich auf M. 4,715,204. - und die Prämienreserven sämmtlicher Versicherungsformen auf M. 33,393,208. - erhöht. Der Gesammtversicherungsstand bezifferte sich am 31. Dez. 1891 auf 39,896 Policen über M. 54,049171. - versichertes Kapital und M. 1,641,293. - versicherte Rente. Bei der Lebensversicherung war der Neuzugang ein erheblich größerer als im Vorjahre, der Aufwand für Sterbefälle blieb hinter dem rechnungsmäßig zu erwartenden um Mk. 142,831. - zurück. Die Verwaltungskosten betrugen einschließlich der Agentenprovisionen und Steuern M. 435,746. - d. h. nur 0,64 Proz. des Gesammtvermögens. Die Dividende für die Lebensversicherung konnte auf 30 Proz. der Prämien und diejenige für die Rentenversicherung auf 5 Prozent der Rente festgesetzt werden.


Seiden=Damaste schwarze, weiße und farbige v. Mk. 2.35 bis Mk. 12.40 pr. Meter. (ca. 35 Qual.) - versendet roben= und stückweise porto= und zollfrei das Fabrik=Dépôt G. Henneberg (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muster umgehend. Doppeltes Briefporto nach der Schweiz.


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der in Folge desfallsigen Antrags beschlagnahmten, dem Heinrich Ollmann gehörigen zu Schlagsdorf sub No. X. belegenen Halbstelle c. p. steht vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an,
1, der Verkaufstermin auf

Dienstag, den 25. Oktober 1892
Vormittags 11 Uhr

2, der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 22. November 1892,
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist ein Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück, an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör) soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Dienstag, den 25. Oktober 1892,
Vormittags 11 Uhr

angesetzt.
Dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulierung der Verkaufsbedingungen, deren Entwurf zwei Wochen vor dem Verkaufstermine auf der Registratur I zur Einsicht der Betheiligten ausliegen wird, in dem letztgenannten Termin zu erscheinen sowie innerhalb 8 Tagen vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 25. Juli 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


Torf=Auction.

Am Montag den 12. Sept. d. J., auf meinem Moore am Lübseer Wege über:

150 Mille Preßtorf.

Versammlung und Verlesung der Verkaufsbedingungen des Morgens 9 1/2 Uhr.
Roduchelstorf, September 1892.

                                                    P. Grevesmühl.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 4]

Allgemeine Renten-Anstalt
Gegründet 1833                           zu Stuttgart.                           Reorganisirt 1855.
-------------------------
Gesammtvermögen Ende 1891: 68 Millionen Mark, darunter außer 33 Millionen Mark Prämienreserven noch über 4 1/2 Millionen Mark Extrareserven.
Versicherungsstand: ca. 40 Tausend Policen über 54 Millionen Mark versichertes Kapital und über 1 1/2 Millionen Mark versicherte Rente
Aller Gewinn kommt ausschließlich den Mitgliedern der Anstalt zu gut.
-------------------------
Lebensversicherung.
Einfache Todesfall=Versicherungen. Abgekürzte, bei Erreichung eines bestimmten Lebensalters oder im Falle früheren Todes zahlbare Versicherungen, sowie Versicherungen zweier verbundener Personen, zahlbar nach dem Tode der zuerst sterbendem Person.
--------------------- Dividenden Genuß schon nach 3 Jahren. ---------------------
Dividende zur Zeit 30% der Prämie.
Bei Einstellen der Prämienzahlung Reduktion der Versicherung auf einen dem Deckungskapital entsprechenden prämienfreien Betrag. Belehnung der Policen.
-------------------------
Rentenversicherung.
Jährliche oder halbjährliche Leibrenten, zahlbar bis zum Tode des Versicherten oder bis zum Tode des längst lebenden von zwei gemeinschaftlich Versicherten, sowie aufgeschobene für späteren Bezug bestimmte Renten. Alles dividendenberechtigt.
-------------------------
Die von der Anstalt betriebenen Versicherungsformen bieten dem Publikum Gelegenheit zur nützlichsten und sichersten Kapitalanlage und zur besten Altersversorgung bei niederen Prämiensätzen und höchst möglichen Rentenbezügen. Nähere Auskunft, Prospekte und Antragsformulare kostenfrei bei dem Vertreter:
In Schönberg i. M. Joh. Neumann, Lehrer.


Torf=Auction

Am Donnerstag, den 15. September d. J. Morgens 9 Uhr sollen auf dem Kuhlrader Moore (Molzahner Seite)

66 Mille Formtorf

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Carlow, 6. September 1892.

A. v. Linstow.


Morgenthau-Parfüm
von der Parfümerie Union, Berlin
ist lieblich und zart, erfrischend, belebend und der beliebteste Wohlgeruch der Haute-volèe
Flasche Mk. 1,00 und 1,50 zu haben bei                          
                                                    C. Schwedt.


Professor Liebreich

hat durch Entdeckung des Lanolin der Menschheit einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Lanolin-Crême-Seife von der Reviera Parfümerie, Berlin, ist daher wegen ihrer wohlthätigen Wirkung die beste Kinder-Seife der Welt.
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Meinen Nachbarn erlaube ich gern aus meinem artesischen Brunnen Wasser zu holen, doch verbiete Ausgießung von schmutzigem Wasser und Feldfrüchtewaschen, widrigenfalls ich sofort die Hofpforte schließen werde.

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Sapokarbol II = Creolin Fl. 1.00 u. 60.
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Erbtheilungs halber ist das sub No. 30 an der Sabower=Straße hieselbst belegene, geräumige massive

Wohnhaus nebst Ländereien,

welche in ca. 1000 []Ruthen Weizenboden u. einer vorzüglich guten 300 []Ruthen großen Wiese bestehen, entweder im Zusammenhange, oder Haus u. Ländereien getrennt von einander bei geringer Anzahlung preiswerth zu verkaufen. Gefl. Offerten hierauf nimmt entgegen

                                                    J. H. Böckmann.


Die diesjährige Umfahrt der zweiten Pfarre findet statt: am Montag den 12. Sept. in den Dörfern Gr. Bünsdorf bis Sabow, am Mittwoch den 14. Sept in Petersberg, Bechelsdorf und Niendorf, am Donnerstag den 15. Sept. in Kl. Siemz bis Resdorf, am Montag den 19. Sept. in den übrigen Dörfern.

Im Auftrag: H. Schulze, Küster.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 11. Sept.

Frühkirche: Pastor Krüger.
    Vormittaskirche: Consistorialrath Kaempffer.
     Amtswoche: Consistonalrath Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 37.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 71 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 9. September 1892.


- Ein in einer Cholera=Baracke beschäftigter Arzt schildert in einem Briefe an seine Eltern die erschütternden Zustände in Hamburg, wie folgt: "Hier geht es bunt zu. Es ist so viel zu thun, daß auch die Stationsärzte, zu denen ich stellvertretend gehöre, an den Nachtwachen theilnehmen müssen. So habe ich heute nacht von 3 bis 9 Uhr morgens meine erste Nachtwache in drei Cholera=Baracken gehabt. Was man da sieht, spottet jeder Beschreibung. Die wildeste Phantasie kann es sich nicht ausdenken. Dieses mit dem Tode ringen, diese Qualen - und dann wieder diese dankbaren Augen, wenn man Einem etwas aushilft! Für je 10 Kranke müßte ein Arzt disponibel sein, dann könnte man doch wohl etwas machen. Geradezu vom Tode wieder ins Leben zurückrufen kann man die Leute durch ein hier neu eingeführtes Verfahren. Die Cholera trocknet den Körper nämlich quasi aus und dickt das Blut ein. Nun wird auf chirurgischem Wege eine Vene bloßgelegt, eröffnet und bis vier Schoppen (2000 g) einer 1/2prozentigen Kochsalzlösung eingegossen. Heute nacht habe ich 4 solcher Infusionen und Operationen bei Stearinlichtgeflacker machen müssen und habe überraschende Erfolge gehabt. An einer Person muß das zuweilen dreimal gemacht werden, wenn wieder Zustände von Pulslosigkeit eintreten. Aber wer hat dazu die Zeit! Zur Zeit liegen hier an 400! Gestern mußte ich eine (nicht Cholera=) Sektion an einem bei mir auf der Station machen. Als ich in das betreffende Gebäude kam, die sogen. Anatomie, prallte ich trotz Abhärtung zurück. Da das Begräbniß der Leichen nicht so schnell geht, lagen in allen Gängen aufgestapelt über 200 Leichen. Bekanntlich muß jeder in das Krankenhaus, ohne Unterschied der Person. In den droschkenartigen Krankenwagen liegen bisweilen vier übereinander - tot und lebendig - meist genügen zwei bis drei Stunden, wenn keine Hülfe kommt, und die Leute sterben dahin. Kein Angehöriger sieht die Seinen wieder, wenn sie hier eingeliefert sind und nicht genesen. Sterben sie, so kommen sie unverzüglich ins Leichenhaus. Von Feierlichkeiten kann dabei keine Rede sein. In Möbelwagen werden sie fortgeschafft und in einem Massengrab beerdigt. Unsere Tischlerei fertigt fortwährend schwarz angestrichene Kästen an. Aus der Stadt werden auch Särge geliefert; heute mittag kam ein großer Frachtwagen voll an! Und diese erschütternden Scenen, wenn die Angehörigen sich morgens am Thor erkundigen, und man ihnen nicht einmal Nachricht sagen kann, da sehr Viele bewußtlos aufgenommen werden, sterben und namenlose Leichen bleiben."
- Der Gesundheitszustand in Berlin ist immer noch ein guter. Seit Sonnabend ist kein neuer Fall von cholera asiatica in Berlin festzustellen gewesen.
- Im hamburger allgemeinen Krankenhaus war Sonnabend Nachts ein Bestand von 2226 Cholerakranken vorhanden.
- In Hamburg sind verschiedene Krankenkassen und Sterbekassen durch die kolossale Zahl der Erkrankungen und Todesfälle in Bedrängniß gerathen. Mehrere größere Kassen werden wahrscheinlich ihre Insolvenz erklären. Der Hamburger Senat soll beabsichtigen, mit Rücksicht auf die ungünstigen Verhältnisse ein Moratorium für Schuldner zu erklären.
- Nach der letzten Volkszählung befanden sich unter der Bevölkerung von Mecklenburg=Strelitz 96 773 Evangelische (Lutheraner, Reformirte, Unirte), 654 Römisch=Katholische, 13 Baptisten, 11 Mitglieder der englischen und schottischen Hochkirche, 4 Deutsch=Katholische, 2 Freireligiöse, 3 Dissidenten, 10 sonstige Christen, 489 Israeliten, 19 ohne nähere Religionsangabe Mecklenburg=Schwerin zählte 570 703 Evangelische, 5039 Römisch=Katholische, 26 Griechisch=Katholische, 5 Menoniten, 43 Baptisten, 64 Mitglieder der englischen und schottischen Hochkirche, 3 Methodisten und Quäker, 214 Irvingianer, 24 Freireligiöse, 13 Dissidenten, 7 sonstige Christen, 2182 Israeliten, 16 mit unbestimmter und 3 ohne Angabe des Religionsbekenntnisses.
Nach den neuesten Zusammenstellungen können im Falle eines Krieges in Europa über 18 Mill. Menschen unter Waffen gestellt werden.
- Bei dem letzen Vulkanausbruch auf Groß=Sangir ist nach einem aus Menado an das "Amsterd. Handelsbl." gerichteten Briefe die Anzahl der Toten viel größer gewesen, als man vermutete, sie beträgt nach den neuesten Untersuchungen mehr als 2000. In der Negorei Bahn kamen sämtliche Einwohner um. Eingeschlossen von zwei Feuerströmen, konnten sie an keine Flucht denken und wahrscheinlich sind sie durch dicken Schwefeldampf und andere Gasentwickelungen erstickt. Von einem förmlichen Feuermeer umgeben, von oben von einem glühenden Aschen= und Steinregen überschüttet, müssen sie einen entsetzlichen Todeskampf gehabt haben. Bei den meisten Leichen waren die Finger, als Folge gräßlicher Schmerzen krumm gebogene eine Mutter fand man, die zwei Kinder in ihren Armen fest umschlossen hielt und sie mit ihrem Körper noch zu schützen suchte. In der Kirche, welche gänzlich eingestürzt ist, lag eine große Anzahl Leichen; die Unglücklichen hatten gehofft, dort sicher zu sein; die Leiche des inländischen Predigers stand noch aufrecht auf der Kanzel, er hat den Unglücklichen in dieser furchtbaren Stunde vielleicht noch Muth eingesprochen. In der letzten Zeit regnete es in Sangir heftig, was insofern sehr erwünscht war, als dadurch von den Bäumen die Asche und der Schlamm entfernt wurden.
- Die Cholerafurcht veranlaßt mitunter ergötzliche Vorkommnisse. In einem Hotel in Hamburg wohnt eine Amerikanerin. Kürzlich läuft, wie der dortige "Korrespondent" erzählt, mitten in der Nacht ein Kabeltelegramm ein von ihrem besorgten Gatten aus Amerika, das einen sehr gewichtigen Inhalt hatte, nämlich der Gattin den Rath ertheilte, in dieser gefährlichen Zeit . . . nur Hammelfleisch zu essen.
- In Mainz und Umgegend sind wieder verschiedene Eisenbahndiebstähle verübt worden; so wurden auf der Fahrt von Heidelberg nach Mainz zwei bedeutende Taschendiebstähle verübt, indem 2 Reisenden die Brieftaschen, von welchen die eine 200 Pfund Sterling, die andere 400 Mark in Papierscheinen enthielt, aus den Kleidern gestohlen wurden. Die Bestohlenen haben auf die Ergreifung der Thäter eine Belohnung von 200 Mk. gesetzt.
- Aus allen Theilen Oesterreichs laufen Nachrichten über einen bedeutenden Temperatursturz in den Alpen und starken Schneefall ein. In Ischl und Aussee blieb der Schnee liegen, die Hochthäler sind in Winterlandschaften verwandelt.
- Starke Nachtfröste beschädigten in den nördlichen und östlichen Theilen von Finnland das Sommergetreide auf verschiedenen Stellen auch den auf dem Felde stehenden Roggen sehr schwer. Es wird eine allgemeine Mißernte am Sommergetreide befürchtet.
- Nicht weit von Ramsen im bayerischen Bezirksamt Kirchheimbolanden wurden kürzlich beim Pflügen 800 Stück römische Silbermünzen, meist mit dem Gepräge der Kaiser Hadrian und Antonius Pius, unter einem Stein gefunden. Die Münzen sind sehr gut erhalten.
- Dieser Tage war ein dreister Bittsteller im Marmorpalais bei Potsdam bis ins Vorzimmer des Kaisers eingedrungen und mußte dort gewaltsam entfernt werden. Derselbe ist ein vorbestrafter Zuchthäusler. Wegen dieses Exzesses ist er in Untersuchungshaft genommen worden und sieht dort seiner Bestrafung entgegen.
- Der Geheime Rechnungsrath Liebenow im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu Berlin, ein berühmter Kartenzeichner, wurde zum Professor ernannt. Liebenows große Karte des preußischen Staates ist eine mustergiltige Arbeit.

[ => Original lesen: 1892 Nr. 71 Seite 6]

- Der Stallmeister des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, Wagner, hat im Auftrag des Prinzen, der sich an dem Distanzritt Berlin=Wien betheiligen wird, einen Proberitt auf demselben Pferd innerhalb 6 Tagen zurückgelegt. Reiter und Pferd sind in Wien in bester Verfassung angelangt.
- Als am 1. d. Mts. auf der Hudson River Eisenbahn in der Nähe von New=Hamburg eine Zugbrücke nach der Durchfahrt eines Bootes geschlossen wurde und noch eine Lücke von einigen Fuß vorhanden war, fuhr der Zeitungszug aus Newyork mit einer Geschwindigkeit von 90 km in der Stunde über die Brücke. Die Lokomotive übersprang die Lücke, allein der Tender brach ein und hinderte so die Fortbewegung des Zuges. Die Wagen schoben sich übereinander und wurden vollständig zerschmettert. Der Lokomotivführer, der Heizer und der Postbeamte wurden getötet, der Zugführer und ein Bahnbeamter verletzt. Dieselbe Zugbrücke ist schon vor 20 Jahren der Schauplatz eines furchtbaren Eisenbahnunglücks gewesen.
- Laut einer aus Newyork eingelaufenen Depesche sank der nach Cleveland Ohio, bestimmte große Dampfer "Western Reserve" auf offener See; 26 Personen ertranken, darunter viele Frauen und Kinder. Die "Western Reserve" war einer der größten Dampfer, welche den oberen See befahren, 300 Fuß lang. Der Eigenthümer des Schiffes war der Kapitän selbst.
- Nicht Vielen dürfte es bekannt sein, daß die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich einen Juwelenschatz ihr eigen nennt, der in Europa vielleicht nur von den Schätzen der Kaiserin von Rußland übertroffen wird. Wir meinen damit nicht, so schreibt das wiener Salonblatt, den werthvollen habsburgischen Familienschmuck, welcher als Fideicommiß=Besitz von einer Kaiserin auf die andere übergeht und in der k. k. Schatzkammer aufbewahrt wird, sondern jene Schätze, welche veräußerliches und vererbliches Eigenthum der jetzigen Kaiserin sind. Das Tragen dieser Juwelen steht ihr nach Gutdünken frei, während sie, so oft sie Stücke des Familienschmuckes entlehnt, jedesmal einen Revers unterfertigen muß. Dieser Privatschmuck nun, welcher hauptsächlich aus Geschenken des Kaisers und fremder Fürstlichkeiten besteht, wurde vor beiläufig 26 Jahren durch einen Kammerjuwelier inventirt und geschätzt. Das Inventar, welches auf sechs Pergamentblättern geschrieben wurde, erforderte eine Arbeit von sechs Tagen. Die Juwelen wurden auf einen Realwerth von 2 1/2 Mill. Gulden geschätzt; der eingebildete Werth derselben, wenn man die Fassung, die Facon und den Schliff in Anschlag bringt, dürfte wohl die Summe von vier bis fünf Mill. erreichen. Besonders schön ist eine Perlenschnur aus drei Reihen kostbarster Perlen, welche die Kaiserin nach der Geburt des Kronprinzen Rudolf von ihrem Gemahl zum Geschenk erhielt und die auf 75 000 Gulden geschätzt wurde. Heute repräsentiren diese Perlen wohl einen Werth von 300 000 Gulden; bekanntlich nimmt der Ertrag der Perlenfischereien in Ceylon und Malabar von Jahr zu Jahr ab und die ergiebigen Fundplätze von Eimeo und Tahiti können den gesteigerten Bedarf an Perlen nicht mehr decken. Kaiserin Elisabeth ist heute nicht mehr im Besitze des ganzen, 1866 inventirten Schatzes; sie hat zahlreiche Schmuckgegenstände im Laufe der Jahre ihren Töchtern und Verwandten zum Geschenke gemacht.
- Die Leiche des Bankiers Brock aus Berlin, welcher am 18. August bei einer Besteigung des Monte Grivola mit zwei Führern von dem Felsen abstürzte, wurde auf der Seite von Cuorgé in einer Höhe von 3969 m aufgefunden. Die zwei Führer fanden ebenfalls den Tod. Brocks Leiche wird nach Berlin übergeführt
- Der Mt. Blanc hat wieder ein Opfer gefordert. Prof. Nettleship aus Oxford wurde bei einer Besteigung des Mt. Blanc über die Aiguille du Gouter mit seinen Führern von einem Schneesturm überrascht; die Männer konnten die Schutz=Hütte nicht erreichen und mußten im Freien übernachten. Der Professor starb vor Ermüdung und Kälte, obgleich die Führer alles thaten, um ihn warm zu halten.
- 52 000 Mk. Miete sind für die Räume zu zahlen, welche das neue Cafe Friedrichshof in dem Prachtbau an der Ecke der Koch= und Friedrichstr. zu Berlin annehmen wird.
- In Bessarabien stehen 26 Gemeinden in den Kreisen Ackerman und Bender etwa 100 000 Menschen bereits wieder vor der Hungersnoth, wie der dortige Gouverneur bei der Eröffnung der Landschaftsversammlung erklärte.
Undank ist der Welt Lohn! Das muß jetzt auch der reiche Baron Hirsch erfahren, trotz der Millionen, die er bereits für die Lösung der russischen Judenfrage geopfert hat. Eine Warschauer Zeitung bringt einen längeren Artikel über das Kolonisationsprojekt des Barons, worin, gestützt auf vielseitige Erkundigungen in polnisch=jüdischen Kreisen, dargethan wird, daß die Juden selbst dieses Unternehmen jetzt als ein völlig verfehltes betrachten. Die Zumuthung, Ackerbauer zu werden, werde von ihnen mit Gelächter aufgenommen. Sämmtliche russisch=jüdischen Zeitschriften warnen jetzt vor dem Unternehmen, rathen von der Auswanderung ab, und bezeichnen das Projekt als "reine Utopie".
- In Chicago ist der Werth des Grundeigenthums in den letzten Wochen außerordentlich gestiegen. Ein Grundstück an der neuen Hochbahn ist für 20 000 Dollar mehr verkauft worden, als es vor einem Jahr erzielt hätte. Ein anderes wurde für den Preis von 200 Dollar den Fuß der Straßenfront verkauft, d. h. 61% mehr, als es früher werth war. Die Grundstücke in der Nähe des Weltausstellungsplatzes sind um 300-400% und mehr in die Höhe gegangen. Die Bevölkerung Chicagos vermehrt sich reißend. Die Häuser werden immer höher. In dem "Ashland"=Geviert haben sie 17 Stockwerke. Das Bauen geht in Chicago unglaublich schnell. In 55 Tagen sind die Ashland=Häuser einschließlich der inneren Einrichtung fix und fertig geworden und dieses mitten im Winter. Die Arbeit wurde Tag und Nacht fortgesetzt. 100 kleine Oefen lieferten die nötige Wärme, damit die Maurer bei der Kälte arbeiten konnten und ausgespannte Leinwand schützte sie vor dem schneidenden Wind. Immer mehr Eisen und Stahl wird bei den Bauten verwandt. Es ist dadurch eine neue Industrie entstanden und es giebt einen eigenen Gewerk=Verein, der sich der Verein der "technischen Architektur=Eisen=Arbeiter" nennt. Die Fundamente bestehen aus Stahlbalken, die in "Concrete" gebettet sind. Die Balken reichen 10 bis 12 Fuß weit unter die Straße, weil der Boden in Chicago so unsicher ist. Diese zu Fundamenten dienenden Balken werden in den Illinois Stahlwerken angefertigt und kommen von Pennsylvanien. Die neue Bauart vermindert die Feuersgefahr bedeutend.
- Originelle Vogelscheuche. Eine eigenthümliche Vogelscheuche hat, nach der "Hausfrauen=Ztg." ein Weingartenbesitzer erfunden. Die Herstellung derselben ist sehr einfach. Man nimmt einen ziemlich großen Kork, etwa von der Größe einer Kinderfaust, und bringt an jeder der entgegensetzten Seiten ein Spiegelstück an. Den unbedeckten Theil des Korkes hingegen spickt man mit bunten Federn. Das Ganze wird mittelst zweier gedrehter Roßhaare frei aufgehängt. Die in steter Bewegung befindliche glitzernde Vogelscheuche hält die Vögel in respektvoller Entfernung, Uebrigens trifft man im Gebirge nicht selten zwischen den Bäumen Spiegelstücke angebracht, welche gleichfalls den Zweck haben sollen, Raubvögel vom Hühnerhof fern zu halten.
- Pferdehüte. Anläßlich der tropischen Hitze, die kürzlich in Frankreich ihre Verheerungen anrichtete, geht man in Paris mit dem Gedanken um, nach dem Vorbilde südlicher Städte, Nizza, Bordeaux etc., den armen Pferden, die am meisten unter der sengenden Temperatur zu leiden haben, Erleichterung zu verschaffen. Dort setzt man nämlich den edlen Vierfüßlern regelrechte Hüte aus Strohgeflecht auf, die den Kopf des Thieres vor der Sonne schützen. Die Ohren schauen durch zwei kreisrunde Oeffnungen darüber hinaus. Im Innern der Kopfbedeckung ist ein Schwamm angebracht, der von Zeit zu Zeit mit etwas Weinessig angefeuchtet wird und dem Thiere die Stirne kühlt. In südlichen Gegenden tragen die Rosse jeden Schlags solche Hüte, die mit ihren blauen, roten oder grünen Bändern einen eigenartigen Anblick gewähren.


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