No. 70
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. September
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 1]

Nachstehende Hohe Regiminal=Verordnung wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht:

Wegen der drohenden Choleragefahr
1) wird hierdurch landespolizeilich verboten, die Stellen, von welchen Wasser zum Trinken oder zum Hausgebrauch entnommen wird, und deren nächste Umgebung zu Verunreinigen und an den Wasserentnahmestellen oder in deren Nähe Gefäße oder Wäsche zu spülen;
2) wird hierdurch landespolizeilich verordnet, daß, soweit solche ausführbar ist, diejenigen Personen, welche aus einem von der Asiatischen Cholera befallenen Ort kommen, an demjenigen Ort, wo sie Wohnung oder Unterkommen nehmen, in einer sie thunlichst wenig belästigenden Weise durch die Ortspolizeibehörde während der ersten 6 Tage von Zeit zu Zeit ärztlich beobachtet werden und insbesondere ihre gebrauchte Wäsche und ihr benutztes Bettzeug desinficirt wird. (S. die Desinfectionsordnung, Anl. B. Officieller Anzeiger 1892 No. 20)
                  Jeder, welcher einer solchen Person Wohnung oder Unterkommen seit dem 25. d. M. gegeben hat bezw. künftig giebt, hat hiervon ohne Verzug der Ortspolizeibehörde, bezw. auf den Dörfern und Höfen, wo Ortsvorsteher sind, dem Ortsvorsteher Anzeige zu machen;
3) werden die Ortspolizeibehörden aufgefordert in Gemäßheit des §.2 Ziffer 3 der Verordnung vom 21. Juli 1886 die Markt= und Victualienpolizei mit Nachdruck zu handhaben.
Neustrelitz, den 30. August 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landesregierung.
Im Auftrage:
Dr. Selmer.


          Den Einwohnern des Fürstenthums Ratzeburg wird hiermit die Aufnahme von Personen aus Hamburg oder anderen von Cholera befallenen Ortschaften verboten. Solche Personen werden, falls die Isolirung nicht anderweitig garantirt wird, Zwecks ärztlicher Beobachtung in die hierselbst vor dem Bahnhofe eingerichtete Quarantäne=Station (Schützenhaus) internirt werden und werden für ihren Lebensunterhalt während mindestens 3er Tage daselbst die Kosten selbst zu tragen haben.
          Zugleich machen wir hiermit in Gemäßheit der §. 9. 3 der V. O. vom 21. Juli 1886 bekannt, daß die Krankheit der aus Hamburg hergereisten und am 1. Sept. im Seuchenhause verstorbenen Frau nachträglich als cholera asiatica festgestellt ist.
          Schönberg, den 5. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.                           v. Blücher.


1. Es wird hierdurch verboten, Wasser aus der Maurine, dem Oberteich, dem Wasserloch vor der Wallstraße u. s. w. zu irgend welchen Zwecken, außer zur Viehtränke, zu holen.
2. Es wird hierdurch verboten, in den Bäckerläden und Conditoreien das Backwerk zu befühlen und so selber auszusuchen; es sind vielmehr die Besitzer der Bäckereien, insbesondere auch die Brotfrauen verpflichtet, strengstens darauf zu achten, daß das Backwerk von Niemand berührt wird, nur sie allein dürfen dasselbe den Käufern aussuchen und reichen.
3. Die Aborte sind bis auf Weiteres täglich gründlich zu reinigen und zu desinficiren.
4. Zuwiderhandlungen gegen obige Vorschriften werden nöthigenfalls mit einer Geldstrafe bis zu 60 RM. oder mit einer Haftstrafe bis zu 14 Tagen geahndet.
          Schönberg, den 3. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
v. Blücher.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 2]

              Da nicht allerorts Arzt und Apotheke sofort erreichbar sind, wird jeder Dorfschaft empfohlen, Ricinusöl und Opiumtropfen vorräthig zu halten. Ersteres wird gegen Magenschmerzen eingenommen. Sodann folgt erforderlichen Falls die Behandlung des Patienten im Bett und in warmer Verpackung mit Opiumtropfen (3 Tropfen auf Zucker.) halb= bis zweistündlich je nach Wirkung.
              Auf Desinfektion der Ausleerung ist strenge zu achten.
              Schönberg, den 1. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


              Unter den Kühen des Hufners Schmidt, des Fischers Städing wie des Zimmergesellen Kähler zu Lankow ist die Maul= und Klauenseuche, sowie unter den Schafen der Dorfschaft Lankow die Klauenseuche ausgebrochen.
              Schönberg, den 30. August 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        No. 21 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" enthält:
        II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung betreffend Formulare zu Anzeigen und Bekanntmachungen, betreffend die Cholera.
(2.) Bekanntmachung, betreffend Maßregeln gegen die Verbreitung der Cholera.


        Nr. 22 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" enthält:
        I. Abtheilung.

(1.) Revidirte Verordnung, betreffend die Bestrafung der Dienstvergehen.
        II. Abtheilung.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Mühlenversicherungsgesellschaft in Osnabrück.
(3.) Bekanntmachung, betreffend die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittpreise von Naturalien pro Monat Juli 1892.
(4.) Bekanntmachung, betreffend die Beförderung von Postkarten und Postkarten mit Antwort nach der Kap=Kolonie.


        Nr. 23 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" enthält:
        II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betreffend die Desinfection der aus Choleraorten kommenden Betten etc.


Der Kaiser ist am Freitag Nachmittag 4 Uhr zur Besichtigung der Flotte in Swinemünde eingetroffen. Das gesamte 51 Schiffe zählende Manövergeschwader kam vormittags 1/2 10 Uhr in Sicht. Die Kaiseryacht "Meteor" traf vorher ein und lief in den Hafen. Die großen Panzer ankerten in Divisionsformation drei Kilometer von der Küste.
Der Kaiser soll sich wiederholt sehr tadelnd über die nachlässige Haltung ausgesprochen haben, welche die Hamburger Behörden der Einschleppung und Verbreitung der Cholera gegenüber eingenommen haben.
Das Gerücht von einer beabsichtigten Erhöhung der Tabaksteuer beziehungsweise des Tabakzolls erhält sich. Im Zusammenhange damit steht, daß, wie süddeutsche Blätter melden, die Zollbehörden mit der telelegraphischen Berichterstattung über den derzeitigen Stand des Tabakanbaues telegraphisch beauftragt worden sind.
Nach einer Meldung der "Allg. Ztg." soll die Organisation der Armee, welche die neue Militärvorlage beabsichtigt, vom 1. April 1894 an geplant sein. Dieselbe soll eine dauernde Erhöhung der Militärlasten um jährlich 80 Millionen Mk. bringen.
Die Religionsverhältnisse in der deutschen Bevölkerung stellten sich nach einer Mittheilung im 3. Vierteljahrsheft zur Statistik des deutschen Reiches folgendermaßen: Am 1. Dezember 1890 wurden im deutschen Reich gezählt: Evangelische 31 026 810, Katholische 17 674 921, andere Christen 145 540, Israeliten 576 884, Bekenner anderer Religionen 562, ohne oder mit unbestimmter Angabe des Religionsbekenntnisses 12 753, Gesamt=Bevölkerung 49 428 470.
Bismarcks bei der Kaiserin Friedrich. Graf Wilhelm Bismark wollte Dienstag mit seiner Gemahlin Homburg verlassen und ließ seine Karte bei der Kaiserin Friedrich abgeben. Darauf erhielt das gräfliche Paar auf Dienstag mittag eine Einladung zum Diner bei der Kaiserin Friedrich, welcher man Folge leistete. Auch die Fürstin Bismarck erhielt gleichzeitig eine Einladung und erschien ebenfalls.
Zum Präsidenten des gegenwärtig in Mainz stattfindenden deutschen Katholikentages wurde Abg. Dr. Porsch=Breslau gewählt. Der Besuch ist sehr Zahlreich. Eingebracht ist wieder die alljährlich gestellte Resolution zu Gunsten der weltlichen Herrschaft des Papstes.
Die österreichische Währungsfrage kommt in Fluß. Der ungarische Finanzminister Weckerle trifft anfangs September in Wien behufs Abschlusses endgiltiger Vereinbarungen mit seinem österreichischen Kollegen Steinbach betreffs der Valutareform ein.
Er geht, er geht nicht - er geht. Der ungarische Bethlen theilt dem "Budapestii Hirlap" mit, daß der Botschafter Fürst Reuß wegen der Bismarckaffaire seine Entlassung erbeten habe und gleichzeitig mit dem Botschafter Szechenyi gehen werde. Die Fürstin Reuß habe seiner Zeit erklärt, daß der Kaiser selbständige Menschen nicht ertrage. Ihr Mann sei aber eben so Diener des Vaterlandes wie der Kaiser selbst. Vorschriften über ihr privates Verhalten lasse sie sich nicht machen und habe darum Bismarck trotz Gegenbefehl empfangen.
Aus Rom verlautet, daß zu der dort stattfindenden Jubiläumsfeier des Papstes 15 000 italienische, 18 000 spanische, 14 000 französische, 3000 österreichische, 3000 deutsche und 4000 belgische Pilger kommen werden. Die Zahl der englischen Pilger ist noch unbekannt.
Die russische Kaiserfamilie ist am Dienstag zu Schiff nach Finnland abgereist.
Als schwerkranker Mann ist Herr v. Giers durch Berlin gereist. Bei seiner Ankunft war er so schwach, daß er zum nahen Hotel Continental getragen werden mußte. Mit leitenden Persönlichkeiten hat Herr v. Giers in Berlin keine Unterredung gehabt und sein Besuch ermangelt daher jeden politischen Beigeschmacks. Trotzdem die Zurückgezogenheit des russischen Staatsmannes einzig in dem persönlichen Befinden desselben ihren Grund hat, werden die Franzosen nicht verfehlen, das Unterbleiben einer Zusammenkunft zwischen dem Grafen Caprivi und Herrn v. Giers zu ihren Gunsten auszulegen. Lassen wir ihnen das billige Vergnügen.
Der Norddeutsche Lloyd, welcher Auswanderer nach New=York und Baltimore von jetzt ab bis auf Weiteres nur mit Extradampfer befördert, hat die Preise für Zwischendecks=Passagiere auf 150 Mark erhöht.
Die Beschlagnahme britischer Schiffe und die grausame Behandlung ihrer Schiffsmannschaften in Sibirien erweckte in London und in Kanada einen Sturm der Entrüstung gegen Rußland. Man verlangt die Absendung von Kriegsschiffen an die sibirische Küste, um die Freilassung der gefangenen Matrosen zu erzwingen und die bedrohte Schifferflotte im Beringsmeer zu schützen. Der Zwischenfall gilt als ernst, und man erwartet von der Regierung ein energisches Vorgehen.
Der Anschauung, wonach Deutschland in Bezug von Roggen auf Rußland angewiesen sei, tritt die

[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 3]

"Norddeutsche Allgemeine Ztg." in einer offenbar offiziösen Auslassung entgegen: Rußland, so heißt es in dem Artikel, habe thatsächlich eine Art Monopol für Roggen bis zum vorigen Jahre gehabt, allein die Erfahrungen, die inzwischen nach dem Ausfuhrverbot gemacht worden seien, hätten bewiesen, daß es noch andere Bezugsquellen für Roggen, so aus Amerika, dem Balkangebiete und Kleinasien gebe. Inzwischen erlebe die Welt, nachdem der Roggenpreis noch 50 Mark seit dem Juni gefallen sei, das Schauspiel, das im Augenblick der Aufhebung des Ausfuhrverbots die ausländische Nachfrage nach russischem Roggen erloschen sei und daß sogar das angeblich abhängige Deutschland russischen Roggen, der in den Rheinhäfen, in Stettin und in Königsberg als Konsignationswaare lagert, nach Rußland zurückstoße, weil er nicht absetzbar ist. So bedauerlich der Anlaß zum russischen Ausfuhrverbot gewesen sei, so habe es doch die Ansichten in Betreff einer Ueberschätzung Rußlands für die Versorgung des deutschen Roggenmarktes geklärt.


- Schönberg. Die durch das Ableben des Gerichtsdieners Banneckow beim Großherzoglichen Amtsgerichte hieselbst freigewordene Gerichtsdienerstelle wird von Michaelis d. J. an dem Hülfsgerichtsdiener Wilhelm Frehse in Neustrelitz übertragen werden.
- Schönberg. Die hier am l. September im Seuchenhause verstorbene, aus Hamburg zugereiste Frau ist, wie nachträglich festgestellt wurde, an der Cholera verstorben. Gleich zu Anfang der Krankheit wurde von ihren Ausscheidungen zur mikroskopischen Untersuchung nach Rostock gesandt, von wo die Nachricht eintraf, daß Komma=Bacillen nicht gefunden seien. Auf eine zweite Einsendung kam alsbald die Nachricht, daß allerdings asiatische Cholera vorliege. Nach dem Tode der Frau wurden die von ihr benutzten Betten und Wäschestücke verbrannt und in dem Seuchenhause die sorgfältigste Desinfektion vorgenommen.
- Schönberg. Zu unserer Notiz über das Unglück in Boitin=Resdorf können wir weiter berichten, daß erfreulicherweise beide durch den unglücklichen Schuß verwundeten Schwestern in der Besserung befindlich sind, wenngleich bei der älteren derselben das eine Auge als verloren angesehen wird. Die Flinte, ein Vorderlader, war mit Hühnerschrot Nr. 7 geladen, und hing neben 2 ungeladenen Hinterladern auf der Diele, von wo die Husaren dieselbe eigenmächtig nahmen und besahen, der Hauswirth war nicht zugegen, sondern saß mit dem Wachtmeister in der Stube, als der verhängnißvolle Schuß fiel. Der betr. Husar wurde sofort verhaftet und zu Protokoll verhört.
- Ziethen, 3. September. Auf der hiesigen, sowie auf der benachbarten Städtischen Feldmark entwickelte sich gestern nach beendetem Brigade=Manöver ein lebhaftes kriegerisches Treiben. Infanterie (86. Reg.), Artillerie (9. Reg.) und Cavallerie (Wandsbecker Husaren) hatten dort ihr Lager aufgeschlagen. Heftiger Sturm, zu dem sich gegen Abend mehrstündiger Regen gesellte, diente nicht dazu, die Annehmlichkeiten des Bivouacs zu erhöhen. - Heute Morgen ereignete sich hier ein trauriger Unglücksfall. Zur Fortschaffung des Gepäcks und der Mundvorräthe waren mehrere Fuhrwerke requirirt. Zu 3 Uhr Morgens bestellt, hatten dieselben bereits bis 6 Uhr auf dem Platze gehalten. Während nun einer der Knechte seinen in Folge des langen stehens etwas unruhig gewordenen Pferden Brod gab, zogen dieselben plötzlich an, rissen ihn um, und die Räder des Wagens gingen ihm über Brust und Beine, sodaß er todt vom Platze getragen wurde. Der Verunglückte war der einzige Sohn eines hiesigen Tagelöhners.
- Ueber den Stand der Cholera in Hamburg ist zu berichten, daß die Seuche daselbst noch immer in gleicher Weise wüthet und eine Abnahme leider nicht zu bemerken ist. Es erkranken täglich circa 600 Menschen und sterben ca. 250. In Mecklenburg tritt die Krankheit, Dank der sorgfältigsten Desinfektion, nur sehr vereinzelt auf und sind die vorkommenden Fälle auf Reisende aus Hamburg zurückzuführen. In Lübeck sind keine weiteren Cholerafälle in den letzten Tagen vorgekommen, auch dort wird überall auf peinlichste Sauberkeit und Desinfektion gesehen, als einziges Mitte gegen die Weiterverbreitung der Seuche. Am 3. Septbr. soll daselbst ein Todesfall unter choleraähnlichen Erscheinungen vorgekommen sein, doch ist es nicht festgestellt, ob wirklich Cholera vorlag, der Betreffende war aus Hamburg zugereist.


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Anzeigen.

Auf den Antrag des Tischlermeisters August Arndt zu Schönberg soll über sein allhier an der Marienstraße sub Nr. 36 belegenes Wohnhaus c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 28. November d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen Besitzer als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen Vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 2. September 1892.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    A. Dufft.


Auf den Antrag des Hauswirths Peter Lohse in Selmsdorf soll über seine daselbst sub Nr. V belegene Vollstelle c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 17. October d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 3. August 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Torf=Auction.

Am Montag den 12. Sept. d. J., auf meinem Moore am Lübseer Wege über:

150 Mille Preßtorf.

Versammlung und Verlesung der Verkaufsbedingungen des Morgens 9 1/2 Uhr.
Roduchelstorf, September 1892.

                                                    P. Grevesmühl.


Die Ausstellung ist auf den 16. u. 17. Oktober verlegt und bei der Behörde der Antrag gestellt, die Lotterieziehung auf denselben Termin zu verschieben.

[Fehlstellen in der Originalseite]

[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 4]
Ph. Mayfahrt u. Co's.
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Am Donnerstag, den 8. Sept., Nachmittags 2 Uhr beabsichtige ich folgende Gegenstände:

1 Kleiderschrank, Spiegelschrank, Bettstelle mit Matraze, Garderobe, einige Tische und was sich sonst noch vorfindet
beim Gastwirth H. Schreep öffentlich zu verkaufen.

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Gute u. sichere Ausbildung. Bisher bestanden Elfhundert meiner Schüler die Prüfung. Es ist die älteste und größte Anstalt in Deutschland. Die Aufnahme geschieht unter den bekannt günstigen Bedingungen. Näheres durch

                                                    J. H. F. Tiedemann, Director.


wird am Mittwoch den 7. September nicht gefeiert werden, sondern ist vorläufig bis auf Weiteres verschoben worden.

                                                    Der Vorstand.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 70 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 6. September 1892.


Der Kommabacillus und die Cholera.

In einem für weitere Kreise der Gebildeten beachtenswerthen Werkchen, betitelt: "Die Bakterien", das als 2. Band von "Weber's Naturwissenschaftlicher Bibliothek" von Dr. W. Migula in Karlsruhe im Verlage von J. J. Weber in Leipzig herausgegeben ist, beschäftig sich ein Capitel eingehender mit der unter dem Namen "Kommabazillus" jetzt allgemein bekannten Bakterienart. Wir theilen daraus folgende Einzelheiten, die ohne die dem Buche beigefügten Illustrationen allgemein verständlich sind, zur Aufklärung und Beruhigung mit: "Der Erreger der asiatischen Cholera ist trotz seines Namens kein eigentlicher Bacillus, sondern ein Spirillum, also ein Bakterium, kein gerades, sondern ein schraubig gekrümmtes Stäbchen. Er wurde im Jahre 1884 durch Robert Koch in Aegypten und Indien entdeckt und ist seither allgemein als die Urfache jener mörderischen Krankheit anerkannt, die, im östlichen Asien heimisch, zuweilen auch anderen Welttheilen einen Besuch abstattet und thatsächlich die gefürchtetste Krankheit der Gegenwart ist.
Man hat nun zwar wohl ein Recht, diese Krankheit zu fürchten, und ihre Art, glücklicherweise nur in Zeiträumen von mehreren Jahren bei uns zu erscheinen, trägt dazu bei, die Furcht noch zu steigern. Es sterben an ihr heute noch ungefähr die Hälfte aller Ergriffenen, während in früheren Jahren die Sterblichkeit eine bei weitem größere war.
Der Kommabacillus stellt sich meist in Form eines kleinen, leicht gebogenen Stäbchens dar, was ihm zu seinem Namen verholfen hat. Unter gewissen Bedingungen bleiben jedoch mehrere Stäbchen zu einer Schraube vereinigt. Die Stäbchen sind auf dem Höhepunkt ihrer Entwickelung sehr beweglich. Die Kommabacillen lassen sich durch ihre Form und durch ihr Wachsthum auf oder in Nährgelatine auch von den ähnlichen Bakterienarten, wie Spirillum Finkleri, Spirillum tyrogenum und den in unserm Munde häufigen Spirillen gut unterscheiden.
Die Kommabacillen wachsen bei gewöhnlicher Zimmertemperatur, besser freilich bei höheren Wärmegraden. Sie kommen auf den meisten Nährböden sehr gut fort und vermehren sich, wenn ihnen die Bedingungen zusagen, in außerordentlicher Weise, so daß sie selbst die Fäulnißbakterien anfangs zu überwuchern vermögen. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, daß sie auch außerhalb des thierischen Körpers zuweilen sich entwickeln können, doch wird diese Entwicklung meist von begrenzter Dauer sein. Sie sind nämlich außerordentlich empfindlich und können auf die Dauer den Kampf mit den Fäulnißbakterien nicht aushalten, da die Stoffwechselprodukte der letzteren die Entwickelung der Kommabacillen bald hemmen.
Trockenheit ist der größte Feind der Kommabacillen, schon die Austrocknung weniger Tage genügt, um sie zu vernichten, ebenso reicht halbstündiges Erwärmen auf 60 Grad zu ihrer Abtötung hin. Die gleiche Empfindlichkeit zeigen sie den Desinfectionsmitteln gegenüber; schon die Einwirkung einer zweiprozentigen Carbolsäure genügt zu ihrer Vernichtung. Es ist dies leicht verständlich, wenn man annimmt, daß die Kommabacillen keine Sporen bilden, und man hat auch in der That noch keine Zellen gefunden, die man als Dauerzustände ansprechen könnte. In seltenen Fällen sind Gebilde gefunden worden, die vielleicht als Sporen hätten gedeutet werden können, aber jedenfalls, wenn es welche waren, sind sie außerordentlich selten.
Was nun die Ansteckung bei Cholera=Epidemien anbetrifft, so ist es zunächst sehr wahrscheinlich, daß sie ganz ausschließlich durch Aufnahme der Kommabacillen in den Verdauungscanal erfolgt. Nur im Darm vermögen sich die Bakterien zu entwickeln und nur aus dem Darmkanal werden sie von dem erkrankten Individuum wieder entfernt. Findet also eine Ansteckung statt, so muß eine Verbindung zwischen den Dejectionen eines Cholerakranken und dem inficirten Individuum bestanden haben. Dies ist aber weit leichter und öfter der Fall, als man im Ekel vor dieser Thatsache glauben möchte. Denn die Personen, welche um einen Cholerakranken beschäftigt sind, bringen nur zu oft ihre Hände mit der durch Dejektionen beschmutzten Wäsche desselben, ohne es zu ahnen, in Berührung und führen sie zum Munde, oder greifen ein Stück Brod an, um es zu essen, und bringen damit die Keime der schrecklichen Krankheit in ihren Körper. Auch wird ein einfaches Abwaschen der Hände nicht immer alle Cholerakeime von diesen entfernen, sie setzen sich mit besonderer Vorliebe - wie alle Bakterien - an den Nägeln fest, und gerade diese Theile der Finger kommen ja am leichtesten mit dem Munde in Berührung. Ebenso mögen Fliegen oder andere Insecten, die sich auf der schmutzigen Wäsche Cholerakranker niedergelassen, die Keime auf Nahrungsmittel tragen, von wo sie in dem menschlichen Körper aufgenommen werden. Denn es kann leicht auf Nahrungsmitteln eine Vermehrung der Cholerabacillen erfolgen; wir wissen beispielsweise, daß Milch ein ganz vorzüglicher Nährboden für sie ist.
Der allgemein verbreitete Glaube, daß Cholera durch die Luft übertragen wird, ist falsch; die Kommabacillen sind so empfindlich gegen Trockenheit, daß sie eine Luftreise nicht antreten können, ohne dabei zu Grunde zu gehen. Nur wenn sie auf kleinen Wassertröpfchen durch die Luft segeln, wo ihnen also die nöthige Feuchtigkeit geboten ist, bleiben sie am Leben und können Ansteckung bewirken. Dies ist z. B. beim Waschen der Cholerawäsche leicht möglich, wo immer Wasser herumspritzt, das Cholerabacillen enthält. Es sollte daher niemals die Wäsche von Cholerakranken undesinficirt gewaschen werden; überhaupt müßte die Wäsche sofort nach dem Wechseln in fünfprocentige Carbolsäure gebracht und desinficirt werden, damit nicht durch Insecten die Keime verschleppt werden können.
Die Cholerabacillen können auch durch das Trinkwasser verbreitet werden, wie dies Koch an einem indischen Wassertümpel nachgewiesen hat. Daß durch Wasser oft geradezu Epidemien hervorgerufen werden können, ist ebenso wie beim Typhusbacillus sehr wahrscheinlich. Aber die Cholera ist eine sehr viel schlimmere Krankheit, die Ansteckung erfolgt leichter und die Incubationszeit ist jedenfalls eine sehr viel kürzere. Das bewirkt denn auch, daß eine Cholera=Epidemie, abgesehen von den ersten Erkrankungen, auf sehr verschiedene Ursachen wird zurückgeführt werden müssen. Der eine steckt sich vielleicht durch Trinkwasser an, ein anderer durch Milch, in welche Fliegen den Kommabacillus getragen, ein dritter bei dem Waschen von Cholerawäsche, ein vierter, indem er seine nicht desinficirten Finger mit seiner Nahrung in Berührung bringt - unmöglich ist es, alle die Wege aufzuzählen, auf denen der Krankheitskeim in den Verdauungscanal des Menschen gelangt.
Indessen darf man nicht glauben, daß jeder Kommabacillus, der in unseren Körper gelangt, auch nothwendiger Weise die Krankheit erzeugt. Bei einer einigermaßen ausgebreiteten Epidemie dürften wohl mehr oder weniger alle Einwohner einmal unbewußt Kommabacillen zu sich genommen haben, und doch ist nur ein Theil von ihnen erkrankt. Wir haben auch einige Anhaltspunkte dafür, den Sachverhalt zu erklären. Zunächst müssen wir uns ins Gedächtnis rufen, daß der Kommabazillus sehr empfindlich ist und den normal functionirenden Magen schwerlich lebend passirt. Da er aber nur vom Darmkanal aus seine Angriffe auf den Menschen richten kann und da er keine Sporen bildet, die ihn vor der Verdauung und vor der Magensäure schützen, so muß man annehmen, daß er in solchen Personen festen Fuß zu fassen vermag, deren Verdauung aus irgend einem Grunde gestört war. Wir sehen daher auch, daß die meisten Erkrankungen

[ => Original lesen: 1892 Nr. 70 Seite 6]

auch Festtagen erfolgen, wo sich der Magen vieler Personen infolge von Excessen in Bezug auf geistige Getränke oder Speisen in einem geschwächten Zustande befindet und die Arbeit nicht leisten kann, die ihm zugemuthet wird. Ebenso leicht mag ein chronisches Magenleiden die Entwickelung der Bakterien fördern. Alle diese Fehler im menschlichen Organismus, die entweder dauernd sind oder nur vorübergehend gerade zu der Zeit, als Kommabacillen in den Körper eingedrungen waren, bezeichnet man mit Bezug auf diese Krankheit als individuelle Disposition. Bei anderen Krankheiten wird dieselbe durch andere Momente bedingt. Man spricht auch von einer zeitlichen und örtlichen Disposition, und manche berühmte Aerzte, die ein Vorurtheil gegen die Bakteriologie gefaßt haben, aber immer an Zahl abnehmen, legen den Nachdruck auf diese beiden Punkte. Bei der Cholera spielt hingegen unzweifelhaft die individuelle Disposition eine Hauptrolle. Mäßige Lebensweise, peinlichste Reinlichkeit und unbedingte Vermeidung des Genusses ungekochter Dinge sind der sicherste Schutz gegen die Epidemie. Die Desinfektion ist bei der Cholera verhältnißmäßig leicht durchzuführen und wird, energisch und umfassend durchgeführt, in der Regel eine Epidemie nicht aufkommen lassen, wie das Beispiele aus der letzten Choleraepidemie in Oesterreich beweisen, wo mehrfach Cholerakranke nach Breslau und Wien kamen und dort starben. Die Seuche verbreitete sich aber nicht weiter, weil alle Gegenstände, die mit jenen in Berührung gewesen sein konnten, selbst die Droschke, mit der sie zum Hospital gefahren worden waren, sofort vernichtet wurden.
Die Cholera ist eine dem Menschen eigenthümliche Krankheit, Thiere sind dafür nicht empfänglich, wenn sie nicht durch gewisse Mittel in einen empfänglichen Zustand versetzt werden. Indessen wirken in diesem Falle auch einige andere Bakterien ganz ähnlich, so daß das Thierexperiment keine besonders günstigen Aufschlüsse geliefert hat. Erwähnt mag noch werden, daß die Cholera in einigen Gegenden Indiens, namentlich in größeren Städten, epidemisch ist und niemals völlig erlischt.


- Das Dienstmädchen einer in Barmbeck (bei Hamburg) wohnenden Herrschaft, von der die Frau und ein Sohn an der Cholera gestorben, sprang am Mittwoch Abend ins Wasser, wurde jedoch gerettet und ihrem Dienstherrn überliefert. Bald darauf stellten sich bei ihr Spuren von Geistesgestörtheit ein und mußte ihre Ueberführung in die Irrenanstalt erfolgen. Das furchtbare Schicksal seiner Herrschaft hatte das noch sehr jugendliche Mädchen so sehr erschüttert, daß es darüber den Verstand verlor.
- Die Bismarckhuldigung der Oldenburger muß der Cholera wegen unterbleiben, da der Herzog einstweilen in das dem verseuchten Hamburg nahe Friedrichsruh nicht zurückkehren wird.
- Mit Rücksicht auf die Choleragefahr findet der von Berlin aus stets zahlreich besuchte Strelitzer Pferdemarkt, der für den 1. September angesetzt war, nicht statt. Eine Verfügung der großherzoglichen Regierung hat die Abhaltung des Marktes untersagt.
- Die Cholera tritt in England ziemlich mild auf. Es sind im Wesentlichen bisher nur Hamburger Schiffer und Flüchtlinge, welche der Seuche erlagen; getroffenen sanitätspolizeilichen Vorsichtsmaßregeln sind recht streng.
- Charakteristisch für die Pariser Zustände ist, daß Tausende und aber Tausende von Fischleichen, die an den Seineufern im Schilf verwesen, nicht fortgeschafft werden. Halbtote an der Oberfläche schwimmende Fische werden den Fischern massenhaft als lebendige "friture de Seine" zu 2 Sous das Pfund, sowie große Karpfen zu 4-6 Sous das Stück in Clichy und den ärmeren Stadtvierteln verkauft. Und das zu Cholerazeiten!
- Die Gesammtzahl der Choleraerkrankungen und Todesfälle in Rußland hat eine Abnahme noch immer nicht erfahren. Die Epidemie hat in einzelnen Bezirken nachgelassen, dafür aber neue in ihren Kreis gezogen. Besonders heftig tritt sie im Gouvernement Nowgorod auf, wo bis zum 31. Aug. viele Todesfälle vorkamen.
- Die Cholera ist in New=York, Boston, und der Havannah aufgetreten.
- Einer der bemerkenswerthen Umstände dieses Monats wird das Unterbleiben fast aller der wissenschaftlichen, gemeinnützigen und anderen Wanderversammlungen sein. Die Naturforscher und Aerzte haben mit der Abbestellung ihres Kongresses eine Pflicht erfüllt, da die zahlreichen ärztlichen Theilnehmer desselben jetzt in der Heimat unabkömmlich sind. Der Gustav Adolf=Verein, der Verein für öffentliche Gesundheitspflege, die Chemiker, die Dermatologen, der evangelische Bund u. A. haben ebenfalls für dieses Jahr auf ihre Versammlung bereits verzichtet. Mit Recht wird überall nach dem Grundsatz verfahren, daß es in einer derartigen Lage besser ist, zu viel, als zu wenig Vorsicht zu üben; und so wird denn auf die mannigfache Anregung, welche die Wanderversammlungen zu gewähren pflegen, für dieses Jahr verzichtet werden.
- Am 24. d. M. verschied zu Dolzig bei Sommerfeld nach längerein Leiden im 80. Lebensjahre die Frau General Luise Vogel von Falckenstein, geborene Gärtner, Wittwe des 1885 verstorbenen Generals der Infanterie z. D. Eduard Vogel von Falckenstein, des bekannten Kommandeurs der Mainarmee von 1866.
- In einem Frankfurter Gasthof hat ein junges Liebespaar durch freiwilligen Tod geendet.
- Die deutsche Armee hat im Monat Juni 138 Mann durch den Tod verloren. Davon verunglückten 16; durch Selbstmord endeten 25.
- Durch den Stich einer Fliege hat der Mechaniker Bela in Berlin einen Arm eingebüßt. Als B. vor einigen Tagen an einer Müllabladestelle vorüberging, wurde er von einer großen Fliege in die Hand gestochen. Er beachtete den Stich nicht, als er aber zu Hause angekommen war, empfand er so heftige Schmerzen, daß er schleunigst einen Arzt zu Rathe ziehen mußte. Dieser erkannte die Verwundung durch das Insekt alsbald als eine sehr bösartige und ordnete schleunige Aufnahme in ein Krankenhaus an. Dort wurde eine Blutvergiftung konstatiert, sodaß der Unglückliche, um nicht das Leben zu verlieren, in die Amputation seines Armes willigen mußte.
- Im Freihafen zu Bremen wütete am Mittwoch im vierten Speicher Großfeuer. 800 Baumwollenballen der Speditionsfirma Friedr. Neumann sen. sind verloren oder beschädigt. Als Ursache des Feuers bezeichnet man Selbstentzündung der Baumwolle. Gegen 9 Uhr wurde der Brand auf seinen Herd beschränkt.
- Die älteste Helgoländerin, die Wittwe Stienje Lorenzen starb vor einigen Tagen in ihrem 93. Lebensjahre. Das Gefolge bei der Beerdigung war ein sehr großes, weil die Verstorbene bei allen Helgoländern und auch bei vielen Badegästen geehrt und geliebt war. Sie war unter dänischer Flagge geboren, verbrachte den größten Theil ihres Lebens unter englischer Regierung und ist jetzt unter deutscher Herrschaft gestorben.
- Dieser Tage kam ein Landwirth von Oberhausen in Baden beim Pflügen an ein Hornissennest. Die Hornissen kamen sogleich heraus auf Roß und Mann zu. Letzterer floh, aber er vergaß dabei, dem Pferde die Strenge zu durchschneiden, weshalb das arme Thier von den wütenden Insekten geplagt wurde, bis der Tod es von den Qualen erlöste.
- Dem Gänsereichthum, der in diesem Jahr in Thüringen, namentlich in den nördlichen Theilen, herrscht, steht der große Futtermangel gegenüber, so daß viele Landleute genötigt sind, schon vor der eigentlichen Gänsebratenzeit die begehrenswerthen Vögel zu verkaufen. Den Handelsleuten sind selten so viele Angebote zugegangen wie in diesem Jahr.
- Nach dem "Neuen Wiener Tagebl." wird die Wiener Theater und Musikausstellung mit einem Fehlbetrag von mehr als 200 000 Gulden abschließen.
- In Paris wurden einem Juwelier aus seinem Schankasten von seinen eigenen Aufsichtsbeamten für 250 000 Franks Juwelen gestohlen.
- Auch ein Desinfektionsmittel. Lehrer: "Wir kommen jetzt zu den fäulnißwidrigen Mitteln. Kann mir einer von Euch ein solches Mittel nennen!" (Alles schweigt.) - Lehrer: "Nun, eines kennt ihr doch alle, besinnt Euch nur. Nun, Karlchen, Du weißt's? - Karlchen: "Der Rorstock, Herr Lehrer."


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