No. 67
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. August
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 1]

            Das Impfgeschäft im Impfbezirk Schönberg I (östlich) findet in diesem Jahre in nachstehender Weise statt

1. für den Impfdistrict Schönberg

im Boyeschen Gasthofe hieselbst

a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder in Schönberg, Sabow, Rabensdorf (Hof und Dorf) Kl. und Gr. Bünzdorf

am Dienstag, den 1. September d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Dienstag, den 8 September d. J.,
Vormittags 10 Uhr.

b. Wiederimpfung der Zöglinge aus der Knaben und Mädchenschule zu Schönberg, sowie der Kinder aus der Schule zu Sabow

am Freitag, den 4. September d. J.,
Nachmittags 1 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 11. September d. J.,
Nachmittags 1 Uhr.

2. für den Impfdistrict Gr. Siemz

bestehend aus den Ortschaften:

Gr. Siemz, Kl. Siemz, Falkenhagen, Lindow und Törpt
im Schulhause zu Gr. Siemz
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Gr. Siemz, Falkenhagen und Lindow

am Dienstag, den 1. September d. J.,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Dienstag, den 8. September d. J,
Nachmittags 3 Uhr.

3. für den Impfdistrict Carlow

bestehend aus den Ortschaften:

Carlow, Cronscamp, Klocksdorf, Kuhlrade, Neschow mit Maurinmühle, Ollndorf, Pogez, Raddingsdorf, Samkow und Stove (Hof und Dorf)
im Krellenbergschen Gasthofe zu Carlow
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Carlow, Cronscamp, Kuhrade, Klocksdorf und Neschow

am Donnerstag, den 3. September d. J.,
Nachmittags 2 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Donnerstag, den 10. September d. J.,
Nachmittags 2 1/2 Uhr.

4. für den Impfdistrict Demern

bestehend aus den Ortschaften:

Demern (Hof und Dorf), Gr. und Kl. Rünz, Röggelin und Schaddingsdorf
im Schulhause zu Demern

[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 2]

a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Demern und Gr. Rünz

am Donnerstage den 3. September d. J.,
Nachmittags 5 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Donnerstag, den 10. September d. J.,
Nachmittags 5 Uhr.

5. für den Impfdistrict Menzendorf

bestehend aus den Ortschaften:

Menzendorf (Hof und Dorf), Blüssen, Grieben, Lübseerhagen, Papenhusen, Retelsdorf, Rodenberg, Rottensdorf und Rüschenbeck
im Schulhause zu Lübseerhagen
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Grieben und Lübseerhagen

am Sonnabend, den 5. September d. J.,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 12. September d. J.,
Nachmittags 3 Uhr.

            Den Ortsvorständen wird hierdurch aufgegeben, für die rechtzeitige Bekanntmachung der obgedachten Termine und für die Zuführung der Impflinge durch Ansage der Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder Sorge zu tragen.
            Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.
            Diejenigen Betheiligten, welche von der Impfung durch den Impfarzt keinen Gebrauch machen wollen, werden hierdurch aufgefordert, dem bestellten Impfarzte bis zum Jahresschluß den Nachweis der geschehenen Genügung der Impfpflicht zur Vorbemerkung in der Impfliste zu geben.
            Schönberg, den 15. August 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Bekanntmachung.

               Die ordentliche Sitzungsperiode des Schwurgerichts beim Großherzoglichen Landgericht zu Güstrow für das III. Quartal dieses Jahres wird am

Montag, den 21. September d. J.

eröffnet.
               Rostock, den 26. August 1891.

Der Präsident
des Großherzoglichen Oberlandesgerichts.
Dr. Budde.


Bekanntmachung
wegen Ausreichung neuer Zinsscheine zu den Schuldverschreibungen der Reichsanleihe
vom Jahre 1883.
--------------------------------

Die Zinsscheine Reihe III. Nr. 1 bis 20 zu den Schuldverschreibungen der deutschen 4prozentigen Reichsanleihe von 1883 über die Zinsen für die zehn Jahre vom 1. Oktober 1891 bis 30. September 1901 nebst den Anweisungen zur Abhebung der folgenden Reihe werden von der Königlich preußischen Kontrolle der Staatspapiere hierselbst, Oranienstraße 92/94 unten links, vom 1. September d. J. ab, Vormittags von 9 bis 1 Uhr, mit Ausnahme der Sonn= und Festtage und der letzten drei Geschäftstage jeden Monats, ausgereicht werden.
Die Zinsscheine können bei der Kontrolle selbst in Empfang genommen oder durch die Reichsbankhauptstellen, die Reichsbankstellen und die mit Kasseneinrichtung versehenen Reichsbanknebenstellen, sowie durch diejenigen Kaiserlichen Oberpostkassen, an deren Sitz sich eine der vorgedachten Bankanstalten nicht befindet, bezogen werden.
Wer die Empfangnahme bei der Kontrolle selbst wünscht, hat derselben persönlich oder durch einen Beauftragten die zur Abhebung der neuen Reihe berechtigenden Zinsscheinanweisungen mit einem Verzeichniß zu übergeben, zu welchem Formulare ebenda unentgeltlich zu haben sind. Genügt dem Einreicher der Zinsscheinanweisungen eine numerirte Marke als Empfangsbescheinigung, so ist das Verzeichniß einfach, wünscht er eine ausdrückliche Bescheinigung, so ist es doppelt vorzulegen. In letzterem Falle erhält der Einreicher das eine Exemplar, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, sofort zurück. Die Marke oder Empfangsbescheinigung ist bei der Ausreichung der neuen Zinsscheine zurückzugeben.
In Schriftwechsel kann die Kontrolle der Staatspapiere sich mit den Inhabern der Zinsscheinanweisungen nicht einlassen. Wer die Zinsscheine durch eine der obengenannten Bankanstalten oder Oberpostkassen beziehen will, hat derselbe die Anweisungen mit einem doppelten Verzeichniß einzureichen. Das eine

[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 3]

Verzeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, sogleich zurückgegeben und ist bei Aushändigung der Zinsscheine wieder abzuliefern. Formulare zu diesen Verzeichnissen sind bei den gedachten Ausreichungsstellen unentgeltlich zu haben.
Der Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Erlangung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die Zinsscheinanweisungen abhanden gekommen sind; in diesem Falle sind die Schuldverschreibungen an die Kontrolle der Staatspapiere oder an eine der genannten Bankanstalten und Oberpostkassen mittelst besonderer Eingabe einzureichen.
Berlin, den 6. August 1891.

Reichsschuldenverwaltung.
Mücke.


Die diesjährige Impfung in hiesiger Stadt wird im Gastwirth Boye'schen Lokale hieselbst und zwar an den nachfolgenden Terminen vorgenommen werden:

a. Impfung der im Jahre 1890 zu Schönberg geborenen Kinder

am Dienstag, den 1. September d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Dienstag, den 8. September d. Js,
Vormittags 10 Uhr.

b. Wiederimpfung der Zöglinge aus der Knaben= und Mädchenschule zu Schönberg

am Freitag, den 4. September d. Js.,
Nachmittags 1 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 11. September d. Js.,
Nachmittags 1 Uhr.

Der bevorstehende Impftag wird hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß an demselben nicht nur alle im Jahre 1890 geborenen Kinder, sondern auch alle früher geborenen Kinder, welche bisher nicht, oder ohne Erfolg geimpft wurden, dem Impfarzte zuzuführen sind, während die im Laufe dieses Jahres geborenen Kinder gesetzlich erst im künftigen Jahre impfpflichtig sind.
Schönberg, den 20. August 1891.

Der Magistrat.


Am Sonnabend, den 29. d. M., Vormittags 10 Uhr werden auf der Hoffeldmark Lockwisch

Rappsschooten verbrannt.

Hof=Lockwisch, den 26. August 1891.

                                                    G. Dierking.


Tilsiter Fettkäse
à Pfund 50 Pfennig (Mecklenburg). empfiehlt                                                    
                                                    H. Brüchmann.


Zwei u. dreischaarige Pflüge
zum Schälen und Tiefpflügen aus der Pflugfabrik von
Ed. Schwartz & Sohn, Berlinchen
empfehle zu Fabrikpreisen.                                                    
Schönberg.                                                     Joh. Bockwoldt,
                                                                        Schmiedemeister.


100,000 Säcke

für Kartoffeln, Getreide, einmal gebraucht, groß, ganz u. stark à 25 u. 30 Pfg. Probeballen von 25 Stück versendet unter Nachnahme und bittet Angabe der Bahnstation

Max Mendershausen, Coethen i. Anh.


In der Meierei zu Torisdorf sind                          
Fasel=Schweine
zu verkaufen.                                                    


Eine erste Hamburger Importfirma in Futtermitteln, besonders Kleie, Malzkeime, getr. Biertreber, Schlempe etc., wünscht noch mit größeren Händlern des Inlandes in Verbindung zu treten. Adr. gefl. u. H. o. 6666 an Haasenstein & Vogler A.-G. Hamburg.


Eine kleine Wohnung

bestehend aus Stube, Kammer, Küche, Keller, Abseite und Stall ist zu Michaelis zu vermiethen.
Zu erfragen in der Expd. d. Bl.


Gesucht wird zum Herbst ein

Mädchen für Küche u. Hausarbeit,

welches schon gedient hat, und ein jüngeres

Stubenmädchen,

welches erfahren in Handarbeit ist, von

                                                    Frau Amtsrichter Horn.
                                                    Schönberg.


Grosser
Inventur-Ausverkauf.

Mit dem heutigen Tage eröffne ich meinen diesjährigen Inventur-Ausverkauf, um sämmtliche bei der Inventur zurückgelegten Reste vor Eintreffen der neuen Herbst= und Winter=Waaren zu räumen, verkaufe ich selbige zu und unter Einkaufspreisen.
Zum Verkauf kommen nur Reste von Kleiderstoffen, Buckskin, Bettinlett, Bettbezügen u. s. w. ferner der Rest meiner Damen-Confection

Jaquetts sonst 4 Mk., jetzt 1,50 Mk.
Jaquetts sonst 8 Mk., jetzt 4,-- Mk.
Regenmäntel sonst 6 Mk., jetzt 3 Mk.
Regenmäntel sonst 12 Mk., jetzt 6 Mk.
einzelne vorjährige Wintermäntel
sonst 12 Mk., jetzt 6 Mk.
sonst 18 Mk., jetzt 10 Mk.
                                                    Heinrich Meyer.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 4]

Programm
zur Sedanfeier in Schönberg 1891.
1. Dienstag, den 1. September:

Abends 6 1/2 Uhr: Unterhaltungsmusik vor dem Vereinslocal.
Abends 7 1/2 Uhr: Beginn des Fackelzuges vom Siemzerthore aus.
Abends 8 Uhr: Bekränzung des Kriegerdenkmals.
Abends 8 1/2 Uhr: Freudenfeuer (Abbrennung eines Holzstoßes), Festrede u. patriotische Gesänge.
Abends 9 Uhr: Commers und Concert im Schützenhause - Eintrittsgeld 20 Pfg.

2. Mittwoch, den 2. September:

Morgens 6 Uhr: Weckruf durch die Stadt.
Morgens 9 1/2 -11 Uhr: Concert auf dem Markte.
Nachmittags 1 Uhr: Festzug durch die Stadt vom Siemzer Thore aus bis zum Schützenhause.
Nachmittags 2 Uhr: Beginn des Schießens nach Silber= und Alfenide=Gewinnen sowie der Kinderbelustigungen auf dem Baubrink
Nachmittags 2 Uhr: Concert im Schützenhause. - Eintrittsgeld 20 Pfg.
Nachmittags 7 Uhr: Einmarsch.
Nachmittags 8 Uhr: Beginn der Festbälle im Schützenhause und im neuen Boye'schen Saale.
Eintrittsgeld für Herren à 1 M. 50 Pfg., für Damen 50 Pf.

Um recht rege Betheiligung an dieser nationalen Feier bittet                          
Das Sedan=Comité
des Kriegervereins f. d. Fürstenthum Ratzeburg.


Ratzeburger Sedanfeier

Der Festzug bewegt sich am 2. September Vormittags 10 Uhr vom Palmberge aus in die Kirche. 1 Uhr Nachmittags Festessen auf dem Schützenhofe. Am 3. September Nachmittags 4 Uhr Tombola=Verloosung daselbst. Alles Weitere aus dem Fest=Programm, welches in allen Wirthschaften und Kaufläden der Stadt und Umgegend aushängt, zu ersehen.

                                                    Das Festcomité.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Den Kameraden theilen wir hierdurch mit, daß unser Verein auch in diesem Jahre von dem Kriegerverein zur Theilnahme an der Sedanfeier eingeladen, und uns dieselben Entrée=Ermäßigungen wie den Mitgliedern des Kriegervereins gewährt sind.
Die Kameraden werden zu zahlreicher Betheiligung aufgefordert.
Angetreten wird vor dem Vereinslocal:
1) zum Fackelzug den 1. Septbr., Abends 7 Uhr,
2) zum Festzuge den 2. Septbr., Mittags 12 1/2 Uhr.

                                                    Der Vorstand.


Stadt Lübeck.
Sonntag, den 30. August
zur Vorfeier des Sedanfestes
Tanzmusik.


Verreise auf ca. 3 Wochen. Herr Dr. Dethloff wird die Güte haben, mich wieder zu vertreten.

                                                    Dr. Marung.


Gesucht zum 24. October d. J. ein                          
Kindermädchen
gegen guten Lohn von                                                    
                                                    Frau L. Burmeister geb. Krohn.


Zum 24. October werden zu Neuhof
2 Knechte u. 1 verheirath. Kuhhirte
gesucht.                                                    Städing.


Danksagung.

Allen denen, die unsern lieben Vater, Schwiegervater und Großvater zu seiner letzten Ruhestätte geleitet, sowie für die Kranzspendung sagen ihren herzlichen Dank

                                                    H. Voss u. Frau.

Rabensdorf, den 27. August 1891.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 30. August.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
   Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 35.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 67 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. August 1891.


Die Parade des Gardekorps auf dem Tempelhofer Feld ist auf's Glänzendste verlaufen. Der Kaiser und die Kaiserin ritten zunächst die Front der in zwei Treffen aufgestellten Truppen ab und ließen dieselben hierauf zwei Mal an sich vorbeipassieren. Sämtliche in Berlin anwesenden Fürstlichkeiten und eine glänzende Suite haben der Parade beigewohnt. Der Kaiser hat gelegentlich der Parade eine große Anzahl Auszeichnungen, Beförderungen etc. angekündigt. Dem kommandirenden General des Gardekorps, Frhrn. v. Meerscheidt=Hüllessem, ist der Schwarze Adlerorden vom Kaiser persönlich überreicht worden und das Garde=Jäger=Bataillon hat ein Säkularfahnenband verliehen erhalten. Der Kaiser, der, wie bereits berichtet, jetzt einen Vollbart trägt, erfreute allgemein durch sein gesundes Aussehen. Auf dem Paradefeld ritt er im Schritt, aber anscheinend mühelos. Bei der Rückkehr ins Schloß wurde dem Monarchen vom Publikum eine stürmische Begrüßung zu Theil. Nach Beendigung der Parade hat der Kaiser längere Zeit im Zeughaus geweilt, um die ausgestellten Entwürfe für das Kaiser Wilhelm=Denkmal eingehend zu besichtigen. Die Parade hat in dem Gala=Diner im kgl. Schloß und der Gala=Vorstellung im Opernhaus ein glänzendes Nachspiel gehabt, das wiederum eine große Menschenmenge in die Umgebung des Schlosses gelockt hatte.
Der Kaiser wird, wie man jetzt hört, am 7. September abends um 9 Uhr in München von den österreichischen Manövern eintreffen. Bis zum 11. September früh wird seine Anwesenheit in Bayern dauern; die große Parade findet am 8. September, die Manöver finden am 9. und 10. statt.
Kaiser Wilhelm nahm bekanntlich bei seiner Anwesenheit in London von der dortigen Fischhändlergilde eine Bewillkommnungsadresse entgegen. Das Kästchen, welches der Adresse als Aufbewahrungsort dienen soll, ist nunmehr nach Berlin abgeschickt worden. Es ist ein herrliches Kunstwerk, ganz aus 18karätigem Golde verfertigt, mit Diamanten und Emaille verziert und mit einer Widmung in englischer Sprache versehen.
Ueber die Zollverhandlungen Deutschlands und Oesterreich=Ungarns mit Italien wird der Wiener "Montagsrevue" aus München von wohlunterrichteter Seite geschrieben, daß dieselben voraussichtlich Mitte September beendet sein werden. Die deutsch=italienischen Verhandlungen bieten verschwindend geringe Schwierigkeiten, die österreichisch=italienischen beziehen sich hauptsächlich auf Wein, Leinen und Seide; die Italiener legen auf die Begünstigung ihrer Weineinfuhr den größten Werth. Was die Verhandlungen mit der Schweiz betrifft, hat man sichere Kunde, daß die Schweizer nach dem 18. Oktober, dem Tag der Volksabstimmung über ihren autonomen Zolltarif, sofort wieder mit Deutschland und Oesterreich Fühlung suchen werden, um die Verhandlungen befriedigend zu beenden.
Die "Wiener Presse" meint, die Agitation für Aufhebung der Getreidezölle in Deutschland werde bald, wenigstens für einige Zeit, verstummen. Die Versorgung mit Getreide werde ohne große Schwierigkeiten bewerkstelligt werden. Gelange erst die ruhige Ueberlegung zum vollständigen Durchbruch, dann werde die Festigkeit der deutschen Regierung nicht nur keinem Tadel begegnen, sondern sogar Anerkennung finden, zumal der gedeihliche Fortschritt der Handelsvertragsverhandlungen die Vortheile der neuen Handelsverträge klarer hervortreten lassen werde. Der Entschiedenheit der deutschen Regierung sei es zu danken, daß durch die letzte Maßregel der russischen Regierung die Interessen der deutschen Volkswirthschaft nicht geschädigt würden.
Von der russisch=deutschen Grenze wird berichtet, daß dort Tag und Nacht fieberhaft gearbeitet wird, um bis zum 27. d. M. noch möglichst viel Roggen zu exportiren. Die Roggenausfuhr ist kolossal, alle Häfen laden, was immer bewältigt werden kann, und unsere Grenzstationen sind mit den angesammelten Roggenwaggons überfüllt. In Wirballen allein sind am Freitag 3-400 Waggons eingetroffen und warten auf deutsche Wagen zur losen Schüttung und Ueberführung nach Deutschland. Bis zum 27. d. M. werden Eydtkuhnen allein sicher 1000 Waggons passiren.
Die Theilnahme fremdländischer Officiere an unseren Herbstmanövern wird sich so umfangreich gestalten wie in früheren Jahren. Einladungen sind diesseits dazu an alle europäischen Großstaaten ergangen. Ein spanischer General und sechs Officiere verschiedener Waffen sind zu diesem Besuche bereits in Berlin eingetroffen. Die Herren, welche die Kruppschen Fabriken in Essen genau besichtigt hatten, nahmen auch in Berlin mehrere militärische Einrichtungen, besonders eingehend die Waffenfabriken von Ludwig Löwe & Co. in Augenschein.
Einige Personen stimmten am Sonntag Abend auf dem Quai Voltaire in Paris ohne ersichtliche Veranlassung den Ruf an: "A bas la Russie!" Sofort sammelten sich etwa 100 andere um sie und stimmten in den Ruf ein. Als die Polizei einschritt, kam es zu einem kleinen Krawall. Schließlich wurden die Schreier auseinander getrieben.
Wie aus Paris mitgetheilt wird, liegt General Trochu, der Vertheidiger von Paris, in Tours, wo er zurückgezogen lebt, in den letzten Zügen. Mit ihm verschwindet wieder einer der hervorragendsten Acteure des großen Krieges von der Weltbühne.
Der internationale Sozialistenkongreß in Brüssel ist am Sonnabend, nachdem es vor Thoresschluß noch zu einer ziemlich heftigen Auseinandersetzung zwischen Herrn Bebel und dem Holländer Nieuwenhuys über den "Chauvinismus" gekommen war, mit Absingung der Arbeiter=Marseillaise und den Rufen "Hoch die Sozialdemokratie!" "Hoch die soziale Revolution!" geschlossen worden. Der nächste Kongreß soll im Jahr 1893 in der Schweiz abgehalten und die Bestimmung des Ortes den Schweizer Genossen überlassen werden. Die Amerikaner gedenken außerdem im Jahr 1893 in Chicago einen Kongreß abzuhalten.
Die Franzosen erwarten schon wieder einen russischen Gast. Großfürst Wladimir, heißt es, werde Anfang September nach Paris kommen, um Herrn Carnot zu besuchen und dann mit General Saussier den Manövern beizuwohnen.
Die Königin Viktoria dankte dem Präsidenten Carnot telegraphisch für den Besuch des französischen Geschwaders in Portsmouth und sprach ihre Anerkennung für dasselbe aus. - Pariser Zeitungen behaupten schon wieder einmal, die Kaiserin von Rußland und der Thronfolger würden nach Frankreich kommen, und zwar soll die Reise von Kopenhagen über Cherbourg erfolgen. Möglich ist ja Vieles, aber wahrscheinlich klingt die Sache nicht.
Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind am Sonnabend mit dem Großfürsten=Thronfolger und den übrigen Mitgliedern der kaiserlichen Familie, sowie mit der Königin von Griechenland und deren Kindern auf dem Seeweg nach Dänemark abgereist. Die Prinzessin von Wales ist bereits am Sonnabend in Schloß Fredensborg eingetroffen.
Das russische Kaiserpaar ist am Montag Nachmittag in Kopenhagen eingetroffen. Der Empfang soll wie das Wetter gewesen sein - sehr kühl.
Auch Dänemark hat unter dem russischen Getreideausfuhr=Verbot zu leiden. Der dänische Kriegsminister hat die Militärbäckerein jetzt angewiesen, versuchsweise große Weizenbrote zu backen. Es wird beabsichtigt, für den Fall, daß das Ergebniß ein günstiges sein sollte, so lange die Roggenpreise höher als die Weizenpreise stehen, Weizenbrote zur Verpflegung der Armee zu verwenden.


- Schönberg. Fremden=Vorstellungen des Großherzoglichen Hoftheaters in Schwerin. Wie uns mitgetheilt wird, beabsichtigt die Intendantur des
[ => Original lesen: 1891 Nr. 67 Seite 6]Hoftheaters, zur gleichmäßigen Vertheilung der Vorstellungen und um vielen dahin gehenden Wünschen zu entsprechen, von den 6 Fremden=Abonnements=Vorstellungen der Spielzeit 1891/92 je eine derselben in den Monaten October bis 1. April zu veranstalten, und wird auf das Weihnachtsfest und auf den Antoni=Termin entsprechende Rücksicht genommen werden. Ausgeschlossen ist natürlich nicht, daß die erste Vorstellung durch die Verhandlungen mit den betreffenden Eisenbahn=Directionen eine Verzögerung erleidet, und daß auch die Witterungs=Verhältnisse etc. es der Intendantur zur Unmöglichkeit machen, die beachsichtigte strikte Eintheilung einzuhalten.
- Schönberg. Gestern Nachmittag riß sich eine von Lübeck verladene, auf der hiesigen Eisenbahn=Viehrampe angebundene Kuh los, setzte über die Einfriedigung und lief einem ankommenden Güterzuge entgegen, der sie niederstieß und sofort zermalmte. Die Kuh war für eine hiesige Schlachterei bestimmt.
- Gelbensande, 27. August. Das Befinden Sr. K. H. des Großherzogs war gestern weniger gut. Der hohe Patient fühlt sich sehr angegriffen, da häufige, wenn auch weniger starke Anfälle von Athemnoth sowie Schmerzen in den gelähmten Körpertheilen ihn nicht zu ruhigem Schlafe kommen lassen. Die Nahrungsaufnahme ist genügend.
                                                                              Müller.      Martius.      Schmick.
- Die Roggenernte. (Aus dem Reichs= und Staatsanzeiger.) Nach der Statistik der Ernteaussichten wird Preußen im Winterroggen 82% einer Mittelernte haben. Eine Mittelernte wird nach Berechnung des statistischen Bureaus für das Hektar auf 1313 kg angenommen, folglich würde bei 82% der Ertrag des Winterroggens sich auf 1076 kg für das Hektar belaufen. Nehmen wir an, daß für ganz Deutschland gleichfalls 82% einer Mittelernte zu erwarten sind, und ferner, daß die Anbaufläche für Roggen in diesem Jahre nicht erheblich in ihrem Umfange von derjenigen des Jahres 1888 abweicht, wo sie für Deutschland 5 814 253 ha betrug, so wurde der Ertrag der jetzigen Roggenernte auf 6 256136 t zu schätzen sein, d. h. nahezu so viel, wie im Jahre 1887. Eine solche Menge würde zum Verbrauch nebst Aussaat genügen und einer Einfuhr würde es nicht bedürfen. In den Jahren 1880/81, 1881/82, 1885/86 und 1889/90 war sogar unter Hinzurechnung der Importe weit weniger zum Verbrauch nebst Aussaat vorhanden.
- Am Donnerstag Morgen gegen 6 Uhr sah man in Berlin bei klarem Wetter und etwa 8 Grad Wärme in der Gegend des Oranienplatzes hoch oben in den Lüften eine große Anzahl Störche - etwa 3 bis 400 - in der Richtung von Norden nach Süden langsam über Berlin dahinziehen. Diesem Zuge pflegen sich, je weiter er nach den südlichen Ortschaften vorrückt, desto mehr der langbeinigen Gesellen anzuschließen. Im vorigen Jahre konnte man den Storchenzug am 23. August, einen Tag vor dem Stralauer Fischzug beobachten.
- In Spandau wurde am Montag kurz vor zehn Uhr der Kaufmann Hirschfeld in seinem Laden durch 6 Revolverschüsse ermordet, die Tageskasse beraubt, der Geldschrank ausgeräumt. Der Geldschrank war mit dem richtigen Schlüssel des Hirschfeldt geöffnet und seines Inhalts an barem Gelde im Betrage von etwa 3000 Mark beraubt. Der Räuber nahm außerdem die Tageslosung und Talons und Kupons von Werthpapieren in Höhe von 80= bis 90 000 Mark mit, desgleichen eine goldene Remontoir=Uhr mit schwerer goldener Panzerkette. Die Werthpapiere selbst lagen im Geldschrank, der Räuber hatte sie jedoch wohl deshalb nicht gefunden, weil sie in Papier eingeschlagen waren. Die Kupons und Talons dagegen trug der Ermordete in seiner Brusttasche bei sich. Bei der Leiche fand sich ein Revolver und ein Schraubenschlüssel, mit welch letzterem der Mörder wahrscheinlich noch seinem Opfer den Schädel eingeschlagen hat. Der Thäter ist vermuthlich ein früherer Commis.
- In der Nähe von Deggingen bei Göppingen wurden dem "Schw. M." zufolge zwei angebliche Handwerksburschen verhaftet, die den Lehrer Reichert von Heiningen am letzten Sonntage auf offener Straße niederschossen und beraubt hatten. Der Zustand des Lehrers, dem eine Kugel aus dem Kinnbacken genommen wurde, während eine andere noch im Kopfe sitzt, ist bedenklich.
- Am Sonnabend trafen der Fürstbischof Gruscha von Wien und der Bischof Wahl von Dresden in Trier ein. Bis am Abend desselben Tages verehrten 90 000 Wallfahrer den heiligen Rock.
- Der Andrang der Fremden in Trier, welche den heiligen Rock verehren wollen, ist ein ganz ungeheuerer. Wenn dieser starke Besuch die ganzen sechs Wochen, während welcher die Ausstellung stattfinden soll, so anhält, dann wird die geschäftliche Spekulation der Trierer Einwohnerschaft sicher nicht getäuscht. Das Ausland, besonders England, Amerika und Frankreich, stellt gleichfalls eine überaus große Besucherzahl.
- Aus der Erzdiözese Köln sind bereits über 100 000 Pilgeren Trier angemeldet.
- Am Sonnabend verschwanden in Koblenz die Kellner in einigen größeren Restaurants. Ein Agent hatte dieselben heimlich nach Trier engagirt. Auch in einem Restaurant in Ems waren alle Kellnerinnen nach Trier engagirt und eines Morgens waren alle verschwunden.
- In der französischen Kolonie am Senegal hat man Fälle von Menschenfresserei festgestellt: Vier Neger haben zwei Sklaven getödet, gebraten und aufgegessen. Sie sind jetzt vor Gericht zitiert.
- Wie ein Telegramm aus Chamounix, Italien, meldet, wurde ein Deutscher, der braunschweigische Großgrundbesitzer Hermann Rothe, welcher mit dem Grafen Favernay den Mont Blanc bestiegen hatte, beim Abstieg in einer Höhe von 3655 Metern mit dem Bergführer Michel Simond von einer Lawine in einen Gletscherspalt geschleudert; die übrigen Theilnehmer an der Expedition verdankten ihre Rettung nur dem Reißen des Seiles. Die Leichen der beiden Verunglückten konnten bisher nicht aufgefunden werden.
- In Rom trat endlich nach dreimonatlicher Dürre der erste Regen ein.
- In der Provinz Bari gerieth infolge der großen Hitze ein an die Steppe angrenzender Wald in Brand, durch welchen die Grundbesitzer einen bedeutenden Schaden erleiden.
- Zwei Flamingos von schöner rosigrother Färbung, wie solche sonst nur in Afrika und Amerika vorzukommen pflegen, wurden in den letzten Tagen auf dem Gardasee (Italien) erlegt.
- In Prag ordnete die Polizei die Ausweisung des größten Theiles der russischen Ausstellungsbesucher wegen russophiler Kundgebungen an.
- In Kärnthen ist nach einem schweren Gewitter, welches am Mittwoch Abend niedergegangen ist, starker Schneefall eingetreten. Im Gebirge liegt fußhoher Schnee und die Schutzhäuser sind von Touristen.
- Man schreibt aus Innsbruck vom Mittwoch: Die Katastrophe der vorletzten Nacht hat einen unermeßlichen Jammer in Kollmann in Süd=Tirol erregt. Der Ganderwildbach vom Rittnerhorn war infolge eines Wolkenbruches riesig angeschwollen und stürzte um Mitternacht mit gewaltigen Erdmassen zu Thal, wobei er ganze Häusercomplexe fortriß. Von 44 Häusern wurden 16, die meisten ganz fortgerissen, 39 Personen sind todt, darunter beim Obergander die Müllerin, 4 Kinder, der Müllerknecht; beim Mühlacker alle Insassen, das Besitzer=Paar, 5 Kinder und 2 Dienstboten; beim Pseller und Metzger 9 Personen. Metzgers waren in der Sommerfrische gewesen und fanden, auf ihren Hof zurückkehrend, ihre 4 Kinder und die Dienstmagd todt. Ein breiter Schuttstrom durchzieht das Dorf. Die Reichsstraßenbrücke im Dorf wurde auf den ersten Anfall weggerissen. Die Größe des Unglücks wurde erst am Morgen bei der Auffindung der Leichen ermessen. Die Leichen wurden in der Eisack bis Bozen abwärts aufgefischt, ihre Beerdigung erfolgt im Massengrab. Die Schuttmassen stauten die Eisack und drangen zu dem bis Waidbruck reichenden See. Die Bahnstrecke wurde 500 Meter weit zerstört. Der aus dem Süden kommende Nachtzug wurde vom Bahnwärter, dem selbst sein Häuschen zerstört war, rechtzeitig aufgehalten. Die zerstörte Reichsstraße wurde wieder hergestellt, den Reisenden ist es möglich gemacht, die Unterbrechungsstelle zu durchfahren.


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