No. 95
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. November
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 1]

Bekanntmachung.

        Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1889 stattfindet

am Dienstag, den 10. December d. Js.,
Morgens 10 Uhr,
in Wismar

im Alde'schen Gasthofe "Zur Insel" vor dem Lübschen Thore.
        Zu dem gedachten Termin haben sich bei Vermeidung der im §. 26, 7 der Wehr=Ordnung angedroheten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung aus dem hiesigen Aushebungsbezirk, welche im Jahre 1869 und früher geboren und mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
        Es wird bemerkt, daß nach §. 23,2 der Wehrordnung zu rechnen sind:

1. zur seemännischen Bevölkerung.
a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind,
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben,
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind,
d. Maschinisten, Maschinistengehülfen und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.
2. zur halbseemännischen Bevölkerung:
e. Seeleute, welche als solche auf deutschen oder außerdeutschen Fahrzeugen mindestens 12 Wochen gefahren sind;
f. See=, Küsten= und Hafffischer, welche die Fischerei zwar weniger als ein Jahr aber gewerbsmäßig betreiben.
        Schönberg, den 18. November 1889.

Der Civilvorsitzende der Ers.=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
U. Frhr. v. Maltzan.

Koeppen.       


In Sachen betreffend die beantragte Mortification des über das ad Fol. I der zweiten Hauptabtheilung des Hypothekenbuchs über die zu Hammer belegene Büdnerstelle des Maurergesellen Heinrich Wilms für die Sparkasse zu Mölln i/L. eingetragene Kapital des 600 M. sprechenden Hypothekenscheins wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusiv=Abschied erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 23. November 1889.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Holz=Auction Nr. 7.

Am Sonnabend, den 30. November, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente aus den Duvenest-Wahrsower Tannen meistbietend verkauft werden.

  64 Stück tannen Klassenbäume und Stangen für Kiepenmacher,
  45 Stück tannen Stangen (Leiter= u. Wesebäume),
136 Rmet. tannen Kluftholz.
  34 Rmet. tannen Rodestämme.
Schönberg, den 24. November 1889.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Holz=Auction
im Vitenser Forste,
Revier: Töber und Volkshäger Holz,

am Freitag, den 6. December 1889, unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:

loheichen Rundhölzer zu Nutz= u. Pahlholz,
      do. Wagendeichsel,
      do. Knüppelholz,
      do. Zweigholz,
   buchen Knüppelholz,
      do. Zweigholz,
  allerlei Zaunbusch.
Die Auction beginnt Morgens 9 Uhr im Volkshäger Holze und wollen Käufer sich daselbst auf dem Landwege einfinden.
Vitense, den 27. November 1889.

L. Wiegandt,
Großherzoglicher Revierförster.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 2]

Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1890 ist erschienen und an den bekannten Verkaufsstellen zum Preise von 25 Pf. pro Exemplar zu haben.


Hagelschaden=Versicherungs=Verein für Mecklenburg=Schwerin und Strelitz zu Grevesmühlen.

In diesem Jahre sind versichert 2 243 243 Centner Getreide nach den Preisen vom 15. August und 15. October d. J. zum Werthe von 18 729 096 M. 20 Pfennig (Mecklenburg). - Die beitragspflichtige Summe beträgt nach Vorschrift des § 35 der Statuten 13 201 786 M. 20 Pfennig (Mecklenburg). Für die in diesem Jahre stattgefundenen 35 Hagelschäden sind mit Einschluß der Tax= und Administrationskosten, abzüglich des Cassenbestandes aus letzter Rechnung, aufzubringen 68 770 M. und ist hiernach in heutiger Directorial=Versammlung der diesjährige Beitrag auf 55 Pfennig pro 100 M. von der beitragspflichtigen Summe festgesetzt. - Nach der Versicherungssumme stellt sich der diesjährige Beitrag auf 38 Pfennige und nach den verschiedenen Gefahr=Klassen zwischen 27 1/2 Pfennig und 55 Pfennig pro 100 M.
Nach Vorschrift der Statuten wird solches mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß jedem Mitgliede über die Höhe des zu zahlenden Beitrags eine besondere Abrechnung zugehen wird.
Grevesmühlen, den 15. November 1889.

Die Direction.


Die
großartigsten Gewinnchancen

bietet unbedingt die neue 297. Hamburger Geld=Verloosung. Schon in erster Klasse beträgt der Hauptgewinn

50,000 Mark.

In den ferneren Ziehungen befinden sich solche von eventuell
500 000=300 000, 200 000, 100 000, 75 000, 70 000, 65 000, 2 à 60 000, 55 000, 40 000, 30 000, 8 à 15 000, 26 à 10 000 M. etc.
Bekanntlich ist unser Geschäft ganz besonders von Fortuna begünstigt, als Beweis mag gelten, daß wir außer vielen andern Haupttreffern, in kurzer Zeit 3 mal die Hauptprämie von je circa 30 000 Mark unsern Kunden ausgezahlt haben.
Zu der obigen ersten Ziehung empfehle daher:
Ganze Original-Loose à 6 M.
Halbe do. à 3 M.
Viertel do. à 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).
Indem wir Aufträge recht bald erbitten, bemerken wir noch, daß wir solche unter Nachnahme ausführen, auch amtlichen Verloosungsplan beifügen und sofort nach Ziehung jedem Kunden unaufgefordert die amtliche Gewinnliste übersenden.

                                                    Mindus & Marienthal
                                                    Hauptcollecteure
                                                    Hamburg.


Weiße Bohnen gelbe, grüne und Victoriaerbsen, Linsen, Hafer, Gerste, Buchweizen, Grütze und Graupen, in allen gangbaren Sorten.
Reis, Buchweizen und Kartoffelmehl, Kartoffelgraupen, Sago, Gries, Manngrütze und gestoßenes Brod, Mais, ganz und gemahlen, sowie sämmtliche Mühlenfabrikate empfiehlt zu Tagespreisen

                                                    H. Wolgast,
                                                    Bäckerei und Mehlhandlung.


Thonröhren
Portland=Cement, Kalk, Gyps, Bauholz, Bretter
empfiehlt                                                    
Ratzeburg.                                                     Chr. Vollmar.


          Tisch- und Gestell-Wäschemangel,
          Wäschewringer,
          Reibmaschinen,
          Wurststopfmaschinen,
          Fleischhackmaschinen in allen Größen,
          Dampfkochtöpfe, Patent,
          Dampfwaschtöpfe mit kupfernen Böden,
          Zinkeimer u. Balgen mit Patentböden,
          Eimer und Balgen, emaillirt,
          Grapen, roh und emaillirt,
          Tonnenkessel zum Einmauern,
          Kochtöpfe,
empfiehlt in großer Auswahl

J. Ludw. D. Petersen.


Ich bin befreit

von den lästigen Sommersprossen durch den täglichen Gebrauch von

Bergmann's Lilienmilch-Seife.
Vorräthig: Stück 50 Pf. bei                                                    
                                                    Apotheker A. Montag.


Christbaum-Confect!
(delicat im Geschmack und reizende Neuheiten für den Weihnachtsbaum)

1 Kiste enthält ca. 440 Stück, versende gegen 3 Mark Nachnahme. Kiste und Verpackung berechne nicht.

Wiederverkäufern sehr empfohlen.
Hugo Wiese, Dresden, Pillnitzerstr. 47b.


Den geehrten Einwohnern hiesiger Gegend zeige ich hierdurch ergebenst an, daß ich mich in Ziethen als

Maurermeister

niedergelassen habe.
Zur Uebernahme von Bauarbeiten, Anfertigung von Zeichnungen, Anschlägen, sowie aller anderen in mein Fach schlagenden Arbeiten, bin ich jederzeit bereit und verspreche den mich mit ihrem Vertrauen beehrenden sachgemäße Ausführung bei billigster Preisberechnung.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Carl Hiltmann.

Ziethen, im November 1889.


Englisches Salz,
sowie gelbe und grüne Erbsen
leicht brechend, empfiehlt                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 3]

Haupt-Niederlage
von

Löhnholdt-Oefen,
Junker-& Ruh-Oefen,
Rolloefen Husqvarna,
Säulenofen Pat.-Reg.-Säulenoefen,
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Regulir-Sparherden,

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Heinr. Pagels, Lübeck.
Gefl. Anfragen finden umgehend Erledigung.


Maschinenabbildungen A. Lehnigk
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Vetschau N.-L., Berlin-Görlitzer Eisenbahn
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verschiedener Construction auf Holz= u. Eisengestell v. M. 36 - 400.
Patentirte Drillmaschinen   mit weitgehenden Verbesserungen. Göpel=Dreschmaschinen,   Schlagleisten und Stiften=System
Patentirte zwei-, drei- u. vierschaarige Pflüge.
Rübenschneider, Schrotmühlen u. s. w.
Ausführliche Kataloge gratis und franco.

General-Vertreter f. Mecklenburg: Herr Joh. Witt, Schwerin.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

in Schönberg.
zur Feier des Gedenktages von Linguy
am 2. December 1889.
im großen Saale des Herrn Boye.

1. Aufführung des neuen, plattdeutschen Festspiels: "Kameraden"
2. Vorführungen von Nebelbildern.
3. Nach den Vorstellungen:

Ball

Kameraden und deren Frauen sind frei. Einführungen sind gestattet gegen ein Ball=Entree von

1,20 M. für Herren und 60 Pfennig (Mecklenburg). für Damen.
Kinder zahlen 10 Pfennig (Mecklenburg). Eintrittsgeld.
Kassenöffnung 7 Uhr.           Anfang 7 1/2 Uhr.
                                                    Der Vorstand.


Am Sonntag, den 1. Dezember cr.:
Tanzmusik
im großen Saale                                                    J. Boye


Pantoffel Cordpantoffel Frauengrösse à Dutz Paar m. gesteppt. Filzsohl. M. 3.90, m. imit. Lederaufl. M. 4.75 m. Rinderspaltleder M. 5, mit holzgenagelten Tuchsohlen M. 6.50 bis M.10, Tuchschuhe, Cordschuhe m. holzgenagelten Tuchsohlen M. 11 Holzsohlenschuhe liefert G. Engelhardt, Zeitz.


Christbaum-Confect.

Wie seit 12 Jahren, versende auch diesmal mein überall beliebtes delicates Confect für den Weihnachtbaum in den reizendsten, neuesten Mustern, die Kiste, 500 Stück enth. für nur 3 Mk. unter Nachnahme. Kiste u. Verpackung gratis.

                                                    R. O. Dietrich, Dresden.
                                                    Güterbahnhofstraße 11.


Engl. Salz
empfiehlt                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Rothe-Kreuz-Lotterie Berliner Rothe Kreuz- (Geld) Lotterie.
Ziehung 20/21. December.
150 000, 75 000, 30 000, 20 000, 5 à 10 000, 10 à 5000 etc. etc. baar Geld.
Ganze Loose 3,75 M., Halbe 2 M., Viertel 1 M. (Porto und liste 30 Pf.), bei Entnahme von 1/1, 2/2 oder 4/4 gratis empfiehlt und versendet das Bankhaus von

Rob. Th. Schröder. Stettin.


Englisches Salz,
grobe Gerstgrütze, gemahlene garant. reine Gewürze                          
empfiehlt                                                    A. Zander.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 4]

Geschäftsprinzip: Grosser Umsatz mit geringem Nutzen!
Eigene grosse Werkstätten!
Eigener Möbel. Transportwagen! Zur Herstellung der Mobilien verwende nur beste Materialien!

Carl Meyer's
Ausstattungs-Magazin
Lübeck, Fleischhauerstr. 40/42.

Erste Bezugsquelle für gut gearbeitete Mobilien jeder Art, vom Einfachsten bis zum Elegantesten.

Complete Braut-Ausstattungen,
sowie einzelne
Salons-, Wohn-, Speise- und Schlaf-Zimmer.
Hôtel- und Restaurations-Einrichtungen

Ganze Ausstattungen nach eigenen Zeichnungen resp. Modellen werden schnellstens und sauber angefertigt.
Jedem, der gut und billig kaufen will, empfehle mein Etablissement.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Carl Meyer.


Unsere diesjährige Herbst=Versammlung findet am

Mittwoch, den 4. December 1889,
Nachmittags 3 Uhr,

im Boye'schen Gasthofe statt, zu welcher Namens des Vorstandes ergebenst einladet.

                                                    Der Secretair des Vereins:
                                                    Wilh. Heincke.


Von heute ab

verkaufe ich alle in meinem Geschäft befindlichen Waaren zu Einkaufspreisen und darunter, um ganz damit zu räumen. Auch habe ich zu Ostern eine Wohnung mit Laden zu vermiethen.

                                                    Achtungsvoll
                                                    H. Bohnhoffs Wwe.


Als ehelich verbunden empfehlen sich
Wilhelm Tretow
Ida Tretow, geb. Zeising.
Berlin, im November 1889.                                                    
Gneisenaustraße 19.                                                    


Zu dem Feste unserer silbernen Hochzeit sind uns von nah und fern so zahlreiche Glückwünsche zugegangen, daß wir leider davon absehen müßen, jedem Einzelnen den Dank für diese Aufmerksamkeit auszusprechen. Wir bitten daher Alle, die unserer freundlich gedacht haben, in dieser Anzeige den Ausdruck unseres wärmsten Dankes entgegennehmen zu wollen.
Schönberg, den 26. November 1889.

                                                    Bürgermeister Bicker und Frau,
                                                    Sophie, geb. Hamann.


Für die vielen Glückwünsche zu unserer silbernen Hochzeit sagen wir unseren herzlichen Dank!
Schönberg, im November 1889.

                                                    Landbriefträger F. Kähler und Frau.


Allen denen, welche meinen lieben Mann und unseren guten Vater, den Pförtner Christian Schmöcker zu seiner letzten Ruhestätte begleitet und denen, welche seinen Sarg so reichlich mit Kränzen geschmückt haben, sagen wir hiermit unsern innigsten Dank.
Schönberg, den 28. November 1889.

                                                    Elise Schmöcker geb. Jabs
                                                    und Kinder.


Grab-Kränze und Kreuze
in schöner Auswahl empfiehlt                                                    
                                                    W. Wieschendorf, Klempner.


Statt besonderer Meldung.

Heute Mittag ist meine liebe, treue Mutter, die verwittwete Frau Konrektorin

Sophie Langbein, geb. Matthias,

im 79. Lebensjahre zu Neustrelitz sanft entschlafen.
Mit der Bitte um stille Theilnahme

                                                    C. Langbein.

Schönberg, den 28. November 1889.


Statt besonderer Meldung.

Heute Morgen 6 Uhr entschlief sanft nach langen schweren Leiden unsere innig geliebte Mutter

Frau Maria Drevs, geb. Callies,

im 74. Lebensjahre.

                                                    Die tiefbetrübten Kinder.

Hof Zarnewenz, den 26. November 1889.
Die Beerdigung findet am Sonnabend, den 30. d. M., Nachmittag 2 Uhr vom Sterbehause aus statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 1. December.

Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Rector Krüger.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des

Photographie=Ateliers Alice Bockmann

in Lübeck bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 48.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 95 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 29. November 1889.


Der Kaiser hat nach seiner Rückkehr von der Orientreise wiederholt im engeren Kreis begeisterte Schilderungen von der Großartigkeit der Eindrücke gegeben, die er auf dieser durch die Gunst der Witterung besonders bevorzugten Reise empfangen hat. Insbesondere hat der Kaiser, wie der "Köln. Ztg." berichtet wird, sich auch über die türkischen Truppen, die er zu besichtigen Gelegenheit gehabt hat, mit warmer Anerkennung ausgesprochen. Die Leistungen derselben hätten seine Erwartungen weit übertroffen, schon auf den ersten Blick falle die Vorzüglichkeit und die Brauchbarkeit des Soldatenmaterials auf; bei der Ausführung des unter den ungünstigen Terrainverhältnissen stattgehabten Parademarsches hätten die Soldaten sich durch stramme Haltung, scharfe Disciplin, große Ruhe und militärisches Aussehen ausgezeichnet. Bei den Exerzierübungen, denen er beigewohnt, hätten die Elitetruppen, die Militärschule und das Modell=Artillerie=Regiment, sich vorzüglich bewährt, obwohl auch hier die Enge der Kasernenhöfe große Schwierigkeiten geboten hätte. Auch die türkischen Schiffe, deren einige den Kaiser auf der Hin= und Rückfahrt begleitet hatten, haben die Aufmerksamkeit des Kaisers gefesselt und auch für sie hat er warme Worte des Lobes gehabt.
Das neue Repertiergewehr wurde am Sonnabend in der Budget=Kommission des Reichstages gezeigt. Das Gewehr hat ein Kaliber von 7,8 mm, doppelten Lauf zum Schutze gegen Erhitzung nach einer von Ming erfundenen Methode, ein Magazin für 5 Patronen und ist um 1 kg. leichter als das bisherige Gewehr. Es ist so zierlich, daß man meint, ein Kindergewehr vor sich zu haben.
Dem Reichstage ist der zweite Nachtragsetat, welcher die Forderung von 1 950 000 Mark für die Wißmannsche Expedition enthält, zugegangen.
In Hamburg ist das Gerücht verbreitet, daß Major Wißmann zum Frühjahr nach Europa zurückkehren und Lieutenant v. Gravenreuth die Leitung der Expedition übernehmen werde.
Zum Speisen der Truppen bei dem Transport auf der Eisenbahn im Mobilmachungsfalle wurden dieser Tage der hessischen Ludwigsbahn in Mainz neue Transportmittel, eisernen Schiebkarren ähnlich, übermittelt. Die Karren sind mit Kessel für Suppe, Kaffee etc. eingerichtet. Im Falle der Mobilmachung wird innerhalb des Bahnkörpers eine provisorische Küche errichtet. Trifft nun ein Zug Mannschaften ein, so werden in der Küche soviel Kessel gefüllt, als Eisenbahnwagen eingetroffen sind und die Kessel dann auf jenen Karren in die Waggons gefahren, wo die Mannschaften ihre Eßgeschirre füllen. Auf diese Weise wird viel Zeit erspart, weil die Truppen den Zug nicht zu verlassen brauchen.
Arge Skandalscenen haben sich im böhmischen Landtag zugetragen. Es handelte sich um die Anbringung einer Gedenktafel für Johann Huß am Museum. Die Jungtschechen regalirten die Feudalen und Klerikalen mit den Zurufen: "Schmach!" - "Schande!" - "Reactionäre Jämmerlinge!" -"Römlinge!" - "Niedertracht!" - "Klerikale Gemeinheit!" etc., während Prinz Karl Schwarzenberg die Hussiten eine "Bande von Räubern und Brandstiftern" und gleich darauf die Jungtschechen "Neuhussiten", gegen welche zu kämpfen er zu stolz wäre. Der Spektakel war fürchterlich, lange Zeit konnte die Ruhe nicht wieder hergestellt werden. In Prag herrscht große Bewegung. Die Hussitendebatte hat Oel ins Feuer gegossen. Die Jungtschechen beabsichtigen dieselbe agitatorisch auszubeuten.
Ueber die bekannte Verzichtleistung des Erzherzogs Johann auf alle Vorrechte seiner Geburt werden noch folgende interessante Einzelheiten berichtet: Der Erzherzog hatte den Wunsch, sich vollständig als bürgerlicher Privatmann zurückzuziehen, wiederholt und schon vor zwei Jahren geäußert. In Gmunden, wo er letzten Sommer zubrachte, machte er aus seinem Entschluß kein Hehl und sprach wiederholt seine Absicht aus, sich im Ausland als Schiffsrheder zu etablieren oder einen großen Antheil an einer Schiffswerft zu erwerben. In Gmunden verkehrte er viel im Haus des Grafen Prokesch. Es wurden dort Lese=Abende veranstaltet, bei denen ausschließlich die Familienmitglieder, der Herr des Hauses, die Gräfin Fifi Prokesch und die beiden anmuthigen Comtessen, mitwirkten und Dramen von Schiller und Goethe zum Vortrag kamen. Der Erzherzog hörte von diesen Abenden und bat, zu denselben eingeladen zu werden. Er selbst las oft 4 bis 5 Rollen an einem Abend, und zwar alle mit großem Verständniß und guter Betonung und hatte seine Freude daran, wenn "Don Carlos oder Götz" glücklich zu Ende gelesen war. Ueber die Vermögens=Verhältnisse des Erzherzogs lautet nach seinen eigenen Angaben Folgendes: Er hatte 600 000 Gulden als Depot bei Schweizer Banken liegen und verfügte außerdem über eine Summe von 50= bis 60 000 Gulden, die er immer bei sich trug, um für Reisebedürfnisse und seinen Lebensunterhalt bis zur Schaffung einer eigenen Existenz sorgen zu können. Auf seine Apanage hatte er selbstverständlich verzichtet. Außerdem besitzt er das Schloß Ort bei Gmunden, das er vor vielen Jahren nebst verschiedenen Grundstücken um einen verhältnißmäßig sehr billigen Preis erworben hatte, das ihm aber, da er das Schloß vielfach umbauen und renovieren ließ, ziemlich theuer zu stehen kommen dürfte.
Bei dem bekannten Widerwillen des Zaren gegen alle Reden wird die von ihm beim Artilleriejubiläum gehaltene Ansprache auch in Petersburg als doppelt bemerkenswerth angesehen und als ein neuer Beweis seiner entschiedensten Friedensliebe viel besprochen werden, denen hierdurch ein bedeutsamer Wink gegeben ist.
Der Großfürst=Thronfolger Nikolaus ist wieder in Petersburg angekommen. Die dortigen Blätter nehmen nun ebenfalls von der Mittheilung Notiz, der Großfürst habe sich in Athen mit der Prinzessin Margarethe von Preußen verlobt.
Der Gesundheitszustand des Kronprinzen von Italien scheint kein ganz befriedigender zu sein. In Folge einer ärztlichen Untersuchung, welche dieser Tage auf Anordnung des Königs Humbert stattgefunden hat, wird der Kronprinz vorläufig die Studien einstellen und sich dagegen vorzugsweise gymnastischen Uebungen hingeben.
Ob Boulanger selbst jetzt seine Sache verloren giebt? Es scheint so, denn aus Brüssel wird gemeldet, er habe nebst seinem Freund Dillon die englische Insel Jersey, seinen Beobachtungsposten der französischen Küste gegenüber, verlassen und sich nach Spanien begeben. Vielleicht hofft er dort auf ein Bischen Revolution, um nunmehr dort seinen Beruf, im Trüben zu fischen, nachgehen zu können.
In Lissabon werden großartige Vorkehrungen für den Empfang des Kaisers Dom Pedro getroffen. Der Dampfer Alagoas, der die Kaiserfamilie trägt, wird daselbst am 1. December erwartet. Dom Petro wird von Lissabon aus ein Manifest erlassen. Die New=Yorker "Sundaytimes" meldet, Kanada werde das Beispiel Brasiliens nachahmen und die Beziehungen zu England abbrechen.
Die am letzten Mittwoch schon von dem sansibaritischen Handlungshause Hausing und Comp. gebrachte Nachricht, daß Dr. Peters sich mit seinen Begleitern wohlbehalten am Kenia=Gebirge befinde, wird jetzt vom kaiserlichen Generalkonsulat in Sansibar, der "Nordd. Allg. Ztg." zufolge, amtlich bestätigt. Es sind Vorkehrungen getroffen, Peters von der Ankunft Emin Paschas auf dem deutscheu Gebiet in Kenntniß zu setzen. Das Gerücht von Peters Tod ist auf Lügen eines eingeborenen Trägers zurückzuführen, welcher auskniff, um nicht an dem Zuge theilnehmen zu müssen.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 95 Seite 6]

- Am Donnerstag Morgen machte in Schönfeld bei Gadebusch eine vor 14 Tagen verheirathete junge Tagelöhnerfrau ihrem Leben durch Ertrinken ein Ende.
- Den Kammerunteroffizier Sergeanten Kipke der 8. Compagnie des Neustrelitzer Bataillons hat man erhängt auf dem Boden vorgefunden. Ueber die Motive, welche den sonst tüchtigen Soldaten zu diesem Schritte getrieben haben, ist bisher nichts bekannt geworden.
- Ueber die Seefahrt des Kaisers nach Athen berichtet ein Gewährsmann, der an Bord des Panzerschiffes "Kaiser" sich befand, u. a. Folgendes. Das Meer ging so hoch, daß selbst Seetüchtigeren, als es der Kaiser ist, um den Magen herum bänglich zu Muthe wurde. Der Kaiser stand auf der Kommandobrücke und blickte unverwandt zu dem "Hohenzollern" hinüber, dem die Wellen allerdings noch böser mitspielten als unserem Panzerschiff. Als wieder eine Sturzwelle kam, welche in den Schornstein des "Hohenzollern" hineinschlug, rief der Kaiser: "Meine arme Frau! Die wird schon zu leiden haben." Aber auch er selbst mußte die Kommandobrücke bald verlassen. Er ging aufs Oberdeck und rief einen Matrosen heran. "Gieb mir einen Schiffszwieback," sagte er zu diesem. Der hatte keinen bei sich und lief, ihn herbeizuholen. Als Jemand aus der Umgebung fragte, ob Majestät nichts anderes zu essen wünsche, meinte der Monarch mit vielsagendem Lächeln : "Bewahre! Sollen denn die kostbaren Vorräthe unserer Küche mit aller Gewalt ins Meer geworfen werden?"
- Das "Hotel du Nord" in Lübeck, bisher Herrn Selig gehörend, ist in den Besitz eines Hamburger Consortiums übergegangen. Das Hotel wird neben seinen bisherigen Zwecken zu einem großen Restaurant umgebaut werden.
- Die Staatsschuld Hamburgs betrug nach der jüngsten Abmachung der Finanz=Deputation 247,5 Millionen Mark; die Zinsen belaufen sich auf rund 10 Millionen Mark.
- Im Auftrage der Reichsregierung ist in Altona eine zerlegbare Kirche aus Wellblech für Kamerun angefertigt und bereits dorthin verladen. Mit dem nächsten Dampfer folgt auch eine kleine Orgel nach.
- Ein glänzendes Schriftsteller=Honorar, nämlich 20 000 Mk. für eine Arbeit von zwei Octavseiten, hat Professor Lazarus in Berlin erhalten. Die Arbeit besteht aus fünfzehn Sätzen, welche als Grundlage der "jüdischen Ethik" gelten wollen. Der deutsch=israelitische Gemeindebund verbreitet die Arbeit und Ritter von Gutmann hat das Honorar gegeben. Die in Magdeburg erscheinende "Israelitische Wochenschrift meint zwar, daß die Arbeit Lazarus', welche im Voraus honorirt worden sei, nur eine magere Abschlagszahlung bilde, während Lazarus sich bezüglich der eigentlich erwarteten Arbeit für insolvent erklärt habe.
- Eine unglückliche Mutter, die ihrem Kinde irrthümlicherweise Salmiakgeist an Stelle von Medizin gereicht und dadurch den Tod herbeigeführt hatte, wurde von der Berliner Strafkammer zu 1 Tag Gefängniß verurtheilt.
- Die Polizei von Solingen legte in den letzten Tagen einer aus 5 Personen bestehenden Falschmünzerbande das verbrecherische Handwerk. Im Hause des einen Verhafteten zu Ibachsberg wurde die Arbeitsstätte der Bande aufgehoben, man fand noch eine große Menge Metall, Stempel, Stanzen und sonstiges Arbeitsgeräth. Die Bande hat sich hauptsächlich auf die Fabrikation von 10 Pfg.=, 1 Mk.= und 10 Mk.=Stücken verlegt. Trotz der Verhaftungen scheinen die Falschmünzer aber noch nicht ausgerottet zu sein, denn hie und da sind neuerdings falsche Geldstücke mancherlei Art -vom 1 Pfg.= bis zum 10 Mk.=Stück - aufgetaucht, über deren Herstellung noch nichts ermittelt ist.
- In Krefeld geriethen kürzlich in einem Restaurant zwei elegant gekleidete Herren beim Spiel in Streit, der eine wollte dem andern das Weinglas an den Kopf werfen, dieser bückte sich, das Glas flog in einen Spiegel und zertrümmerte denselben. Der Kellner verlangte 45 M. Schadenersatz, der "feine Herr" gab einen Hundertguldenschein in Zahlung, bekam den Rest heraus und entfernte sich grollend. Jetzt grollt der Kellner, denn der Schein war falsch.
- Wie man aus Spremberg in der Lausitz schreibt, sind dort in den letzten Tagen wiederholt Sträußchen duftender Veilchen im Schloßgarten an der Muskauerstraße gepflückt worden. An geschützten Lagen beginnen die Fliederbüsche und Hecken auszuschlagen und die Haselnußsträucher sind über und über mit "Kätzchen" bedeckt.
- In Neidenburg (Ostpreußen) wurde beim Torfstechen eine Steinkugel von der Größe eines Kinderkopfes ausgegraben. Dieselbe soll nach Angabe von Sachverständigen noch von der Belagerung der Schloßburg durch die Tartaren herrühren. Der Fund wird dem Museum in Königsberg überwiesen werden.
- Trockenes Schuhzeug für die Schule. Auf dem Gebiet der Schulgesundheitspflege hat ein kürzlich ergangener Erlaß der königlichen Regierung zu Köln eine willkommene Anregung gegeben. In der Verfügung wurde den Gemeinden gegenüber der Wunsch ausgedrückt, für die auswärtigen Schüler Filz= oder Holzschuhe zur Benutzung in der Classe anzuschaffen. Wie berichtet wird, ist diese Anregung in einigen Kreisen auf fruchtbaren Boden gefallen. Die Gemeinden haben die nöthige Zahl von Filzschuhen beschafft und damit den Kindern, die mit nassem Schuhwerk zur Schule kommen, Gelegenheit geboten, dafür trockene Fußbekleidung einzutauschen. Es wäre wünschenswerth, daß dieses Beispiel bei anderen Behörden und Schulverwaltungen Nachahmung fänden. Wo eine solche Fürsorge nicht von Seiten der Gemeinde eintritt, sollten die betreffenden Eltern veranlaßt werden, selbst für trockenes Schuhwerk zu sorgen, um den Kindern zum Wechsel der Fußbekleidung Gelegenheit zu bieten. Dadurch würde manche langwierige und gefährliche Erkrankung vermieden und manche Familie vor bangen Sorgenstunden bewahrt bleiben. Für die Schule selbst würde sich aus der Verminderung der Versäumnisse gleichfalls ein sehr handgreiflicher Vortheil ergeben.
- Der einfache schwarze Frack genügt als Kellneruniform nicht mehr. Der deutsche Kellnerbund, der vor kurzer Zeit schon mit dem Vorschlag eines Kellnerordens in Gestalt eines vergoldeten Sterns am silbernen Kettchen Aufmerksamkeit erregte, macht jetzt in seinem Organ, der "Hotelrevue", den Vorschlag, jeder Oberkellner solle an beiden Aermeln, "da wo auch das Militär seine Gradabzeichen trägt", eine feine Litze oder Schnur aus Gold tragen. Der Zahlkellner oder gleiche Rangstufen sollen dieselbe Auszeichnung in Silber tragen. Auf beiden Aermeln müsse das Abzeichen schon darum sein, weil die Serviette das eine oftmals verdecke. Als Grund zu dieser Neuerung wird u. a. auch angegeben, daß es häufig vorgekommen, daß Gäste und Kellner bei größeren Festlichkeiten, bei denen der Frack vorherrscht, mit einander verwechselt worden seien.
- Eine rührende Episode aus der Schlacht von Weißenburg findet sich in dem soeben erschienenen Werkchen: "Heldenthaten deutscher Offiziere und Mannschaften." Ein französischer Artilleriehauptmann erzählt: "Meine Batterie und ein Regiment Infanterie standen schon längere Zeit einem deutschen Truppentheil gegenüber, die Kugeln sausten herüber und hinüber, und mancher Brave auf beiden Seiten färbte schon das Gras mit seinem Blute, aber auf einmal wurde unsere Aufmerksamkeit auf ein so außergewöhnliches Ereigniß gelenkt, daß wir unsern Augen nicht trauten. Ein deutscher Soldat kam im dichtesten Kugelregen querfeldein im Laufschritt auf unsere Abtheilung zugerannt, eine Feldflasche hoch in die Höhe haltend. Vor Erstaunen über den Verwegenen hielt jeder der unsrigen mit Schießen ein, viel weniger noch fand man sich veranlaßt, auf ihn zu zielen. Endlich war er so nahe an uns herangekommen, daß er und zwar in ziemlich gutem Französisch uns zurufen konnte: "Kameraden, mein Hauptmann ist schwer verwundet, er leidet an Durst, wir haben kein Wasser und keinen Branntwein, helft ihm!" Die Bewunderung, die man dem braven

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heldenmüthigen Jüngling zollte, war eine allgemeine, manchem alten Soldaten standen Thränen in den Augen. Man füllte eiligst die Feldflasche mit Wasser und Branntwein. Nach kurzem Dank und militärischem Gruß machte er Kehrt und eilte schnellen Schritts, wie er gekommen, wieder den Seinen zu, um seinem Hauptmann den Labetrunk zu bringen.
- In dem Prozesse wegen der Explosion in der Patronenfabrik zu Antwerpen vom 7. September verurtheilte das Zuchtpolizeigericht den Eigenthümer Covilain zu 4 1/2 Jahren, den Director Delaunay zu 1 1/2 Jahren Gefängniß, 12 000 Frcs. Entschädigung und in die Prozeßkosten.
- Aus St. Petersburg wird gemeldet, daß auf der Wolga das Eis an verschiedenen Stellen zum Stehen gekommen und in Folge dessen die Schifffahrt auf dem Strom gänzlich geschlossen ist.
- Die Armen Londons sind dadurch, daß gegenwärtig nur geschlachtetes Vieh nach dem Markte von Deptfort kommt, schwer getroffen; denn von den eßbaren Abfällen des in Deptford selbst geschlachteten Viehes wurden jährlich nicht weniger als 180 000 000 billige Mahlzeiten für die verschämten Armen Londons bereitet.
- Sieben amerikanische Kaiser. Seit jener Zeit, in der die weißen Männer mit dem Schwert in der einen, dem Kreuzesbanner in der andern Hand Besitz genommen haben von dem durch den großen Genuesen Columbus entdeckten Welttheil, haben sieben Männer die Krone des einen oder anderen amerikanischen Reiches getragen. Alle herrschten in diesem Jahrhundert, alle trugen die Kaiserkrone, aber keiner von ihnen ist auf dem Thron gestorben. Drei von diesen waren Söhne der äthiopischen Race und sie schwangen ihr blutbesprengtes Szepter über dem Eiland Haiti. Der erste war jener furchtbare Jaques Dessalines, der von der afrikanischen Goldküste als Sklave nach Amerika gelangt war und am 8. Oktober 1804 sich als Jacob I. zum Kaiser von Haiti krönen ließ. Am 17. Oktober 1806 endete er unter den Säbelhieben einiger Verschwörer. Der Neger Cristophe folgte dem Beispiel seines Stammesgenossen unter dem Namen Kaiser Heinrich I. regierte er 9 Jahre, als er am 8. Oktober 1820, von Feinden umdrängt, in der Verzweiflung zur Pistole griff und sich selbst eine Kugel durch den Kopf schoß. Der dritte unter den dunkelhäutigen Kaisern war der grausame Souloque, der im Jahr 1849 sich zum Kaiser Haitis emporschwang und als Faustin I. zehn Jahre Schwarze und Weiße mit Scorpionen züchtigte, bis man den Wütherich ungesegnet per Schub nach Jamaika sandte. Mexikos Thron, den bis zu den Tagen des Conquistadoren Cortez eingeborne Kaiser inne hatten, deren beiden Montezuma und Quatemozin eines gewaltsamen Todes starben, nehmen zwei Kaiser ein, deren einer ein Abkömmling der indianischen Race, der andere ein Sprößling aus dem edlen Stamm der Habsburger gewesen; Augustin I., vor seiner Krönung Iturbide geheißen, war der eine, Maximilian I. der andere. Beide starben den Märtyrertod am Sandhaufen. Der sechste und der siebente unter den amerikanischen Kaisern waren die beiden Männer, die als Dom Pedro I. und Dom Pedro II. so lange den Thron Brasiliens inne hatten, von dem Tage an, da Brasilien aus einer portugiesischen Provinz ein selbständiges Reich geworden war. Dom Pedro dankte in Folge einer Revolution im Jahr 1831 ab und wandte sich nach seinem Heimathland, nach Portugal, das wohl auch das Reiseziel des siebenten und wahrscheinlich letzten amerikanischen Kaisers sein dürfte.
- Ueber einen seltenen Fall - den Angriff eines Königsadlers auf ein Kind - wird aus dem Dorfe Dalni Kamischi, 10 Werst von Feodossia, Folgendes berichtet: Einer Bäuerin, die eben aus ihrem Hause getreten, folgte ihr zweijähriger Sohn und blieb etwas hinter der sich beeilenden Mutter zurück. In demselben Augenblicke kreiste über dem Dorfe ein aus der Steppe verschlagener mächtiger Königsadler, welcher sich auf das Kind stürzte und seine Fänge in den Kopf des Kindes schlug. Die nur einige Schritte vorausgehende Mutter kehrte bei dem fürchterlichen Geschrei des Knaben um und eilte demselben zu Hülfe. Der Knabe muß dem Adler wohl zu schwer gewesen sein, denn er vermochte sich mit der Last nicht in die Höhe zu heben, und so gelang es der Mutter und den herbeieilenden Nachbarn, mit Knütteln und Steinen dem Räuber sein Opfer wieder abzujagen. Der ganze Kopf des unglücklichen Knaben ist mit tiefgehenden Rissen bedeckt und das Nasenbein gebrochen; jedoch hat er keine ernstlichen Wunden davongetragen und befindet sich außer Lebensgefahr.


- Vortrag des Dr. Giersberg im landwirthschaftlichen Verein kleinerer Landwirthe, gehalten zu Schönberg am 29. März 1889.
"Mehr und mehr scheint man den Schatz, welchen die Wiesen und besonders gerade die humusreichen sogenannten Moorwiesen bergen, zu erkennen, und hoffentlich säumt man bald allgemein nicht länger, denselben zu heben.
Es darf dies um so eher erwartet werden, als die Mittel zur Verbesserung solcher Wiesen -Phosphorsäure= und Kalidünger - heut in reichlicher Menge und zu billigen Preisen zur Verfügung stehen, uns als anderseits gewiß ist, daß, falls wir solchen Wiesen nur annähernd die Aufmerksamkeit zu Theil werden lassen, wie dem Felde, dies doppelt reiche Zinsen bringt.
Statt geringer Mengen schlechten Futters werden stets große Massen nährreichen Futters gewonnen, welches nicht nur direct größeren Nutzen aus der Viehhaltung zur Folge hat, indirect auch zur Kräftigung des Ackers sehr viel beiträgt.
Erste Bedingung jeder erfolgreichen Wiesenmelioration ist die entsprechende Regulirung der Feuchtigkeitsverhältnisse. Gerade die Humus=Erde hat die Fähigkeit, große Mengen von Feuchtigkeit aufzunehmen und festzuhalten, und es wirkt die vorhandene überschüssige Feuchtigkeit nach verschiedenen Richtungen schädigend ein.
So sei beispielsweise nur darauf hingewiesen, daß durch die überschüssige Feuchtigkeit jede Zersetzung, durch welche die vorhandenen Bestandtheile in Pflanzennahrung umgewandelt werden, erschwert; der Zutritt der Luft zum Boden verhindert die nöthige Erwärmung desselben und endlich daß dadurch die Bildung schädlicher Verbindungen gefördert wird.
Schon allein diese Verhältnisse lassen eine genügende Entwässerung des Bodens für nothwendig erscheinen, wobei allerdings zugegeben werden darf, daß auf moorigen Wiesen der Feuchtigkeitsgehalt gerne ein etwas höherer sein darf, wie auf jedem anderen Kulturboden. Es folgt dies schon daraus, daß Moorboden bei zu starker Entwässerung leicht die Fähigkeit verliert, genügende Feuchtigkeit wieder aufzunehmen. Wenn deßhalb die Regulirung der Feuchtigkeitsverhältnisse des Moorbodens mit Vorsicht vorgenommen werden muß, so gilt anderentheils auch hier, daß zu viel Feuchtigkeit stets nachtheilig ist, und daß also genügende Entwässerung die erste Bedingung der höheren Kultur sei. Da Moorboden zum weitaus größten Theil aus Humussubstanz besteht, sein Bestand an Mineralgehalt dagegen ein verhältnißmäßig sehr geringer ist, so ist man vielfach dazu übergegangen, denselben mit Sand oder Erde zu überfahren, und hat sich dies in vielfacher Beziehung als sehr vortheilhaft erwiesen.
Denn nicht allein wird dadurch ein großer Theil der fehlenden mineralischen Bestandtheile ersetzt; es wird besonders auch der zu starken Austrocknung des Moores sehr entgegengearbeitet, indem überall auf so überfahrenen Feldern die Verdunstung der Feuchtigkeit eine wesentlich geringere ist, wie auf einem Moor.
Durchaus fehlerhaft aber würde es sein, nur anzunehmen, daß auf so behandeltem Moor alles Erforderliche geschehen sei, was nöthig ist, um eine kräftige Vegetation zu erreichen.
Man berücksichtige stets, daß aller Moorboden arm an Phosphorsäure und Kali ist. Eine regelmäßig wiederholte reiche Zufuhr an diesen Düngbestandtheilen ist deshalb unbedingt erforderlich, und sind die sonstigen Verhältnisse günstig, so wird die Düngung mit Thomasschlacke und Kalisalzen sich stets als außerordentlich wirksam erweisen. Und man sollte die Düngung mit diesen Substanzen heute um so weniger unterlassen, als dieselben jetzt zu außerordentlich billigen Preisen zu beschaffen sind.
Um die Erträge der großen Moorflächen, die sich

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über all in Deutschland in Menge zerstreut finden, noch besonders zu heben, hat man in neuester Zeit und zwar mit großem Erfolge ein Kulturverfahren eingeführt, welches unter dem Namen "Moordammcultur" schon vielfach bekannt ist.
Bei demselben wird das Moor in Beete von ungefähr 15 Meter Breite getheilt und zwischen je zwei ein tiefer und breiter Graben gezogen.
Der Auswurf aus diesen Gräben wird über die Beete gebracht, sodaß dadurch eine etwa 10 bis 12 Cmt. dicke Sandschicht auf diese kommt.
Die Gräben erhalten, je nach Bedürfniß, eine Breite bis zu 5 Meter.
Der Sand wird nicht mit dem Moor vermischt, sondern bleibt obenauf liegen und es wird auch nie tiefer gepflügt, als eben die Sandschicht reicht.
Der Erfinder dieses Culturverfahrens ist der leider zu früh verstorbene Gutsbesitzer Hermann Rimpau auf Cunrau. - Die Entstehung dieses Kulturverfahrens kann als ein Beispiel dafür angeführt werden, wie große wirthschaftliche Fortschritte oft einfachen Beobachtungen tüchtiger Praktiker ihr Entstehen verdanken.
Herr Rimpau wurde nämlich zu seinem Kulturverfahren einfach durch die Beobachtung gebracht, daß auf allen Grabenwänden, wo zufällig der Moorboden mit Sand bedeckt war, und dann als Ackerland benutzt wurde, weit höhere und sichere Ernten erzielt wurden, als auf den übrigen Flächen.
Hieraus entstand dann der Plan, diese Ueberdeckung des Moors mit Sand in größerem Maaße durchzuführen, und erfolgte nun auch bald die Durcharbeitung in allen Details, wobei selbstverständlich die Rathschläge und Erfahrungen auf wirthschaftlichem Gebiete nicht unberücksichtigt blieben.
Wurde auf den Moordämmen zuerst nur mit Stallmist gedüngt, und glaubte man ohne solche Düngung nicht auskommen zu können, so zeigte die Analyse bald, daß im Moor Stickstoff für unzählige Ernten vorhanden ist, der nur durch richtige Düngung mit Kali und Phosphorsäure zur Wirksamkeit gebracht werden muß.
Als Kalidünger wurden die Staßfurter Kalisalze benutzt; die Phosphorsäure wurde zuerst in Form von theuerem Superphosphat; dann als Pracipitat, und endlich in Form der weit billigeren, aber sehr wirksamen Thomas=Schlacke gegeben.
Dabei war es eigenthümlich, daß überall, wo nur mit Kali oder nur mit Phosphorsäure gedüngt wurde, der Ertrag kaum ein merklich besserer war; während derselbe überall, wo die beiden Nährstoffe zugleich gereicht wurden, derselbe stets ein außerordentlicher war. - Die Thatsache, daß auf dem besandeten Moore die Zufuhr von Stallmist sich als vollständig unnötig, eher sogar, der zu großen Lockerheit wegen als schädlich erweist; während die richtige Düngung mit Kali und Phosphorsäure vollständig ausreichen, um hohe Erträge zu erzielen, giebt auch ein Bild von dem außerordentlichen Werth der Moordammcultur für die übrigen Ackerflächen. Denn für diese wird so eine Masse Stalldünger gewonnen, der ausreicht, auch sie zu höchster Ertragsfähigkeit zu bringen.
Für die Ertragsfähigkeit der Cunrauer Moordämme mag die eine Thatsache als Beweis dienen, daß auf denselben durchschnittlich über 800 Ctr. Zuckerrüben pro ha. erzielt wurden.
Diese hohe Fruchtbarkeit führte bald zu der Annahme, das überhaupt die mehrere Jahre hindurch in der angegebenen Weise gedüngten Dämme wie auf Moorwiesen etc. ohne Düngung gelassen werden dürften, ohne daß dadurch ein Rückgang in den Erträgen hervorgerufen werde.
Man hat mehrfach Versuche zur Beantwortung der Frage, wie stark die Düngung von Moorflächen sein soll ! angestellt und besonders geschah. dieses durch den Kultur=Ingenieur Arend zu Kobulten.
Einige Resultate mögen hier folgen:
Herr Arend ließ im Jahre 1887 1/4 ha einer im ganzen 2 ha großen Fläche, welche im Jahre 1885 mit je 12 Ctr. Kainit und 4 Ctr. Knochenpräcipitat gedüngt war ungedüngt, während der Rest der Fläche wiederum mit je, 8 Ctr. Kainit und 4 Ctr. Knochenpräcipitat per ha bestreut wurde. Die nicht gedüngte Fläche ergab 1887 per ha in zwei Schnitten 141,64 Ctr., während die gedüngte Fläche durchschnittlich 176 Ctr. Heu lieferten.
Die Differenz betrug sonach 34,36 Ctr. Im Februar 1888 wurde nun die im Jahre 1887 nicht gedüngte Fläche mit 8 Ctr. Kainit und 8 Ctr. Thomasschlackenmehl per ha bestreut; dagegen eine zweite Fläche die 3 Jahre hindurch ordnungsmäßig gedüngten Rest=Fläche nicht gedüngt; die anderen Flächen erhielten auch in diesem Jahre wiederum eine Düngung von 8 Ctr. Kainit und 8 Ctr. Thomasmehl per ha.
Das Ergebniß war folgendes:

1. Die 1887 ungedüngt gebliebene, 1888 umwieder gedüngte Fläche brachte in zwei Schnitten 119,60 Ctr.
2. Die 1888 ungedüngt gebliebene, in den Jahren von 1885 bis 1887 regelmäßig gedüngte Fläche brachte in gleichfalls zwei Schnitten 83,72 Ctr.
3. Ein ha der 1885 bis 1888 jährlich gedüngten Fläche trug in zwei Schnitten durchschnittlich 175,96 Ctr.
Heu. - Während also im Jahre 1887 nur ein Minderertrag von 34,36 Ctr. zu verzeichnen war, so ergab die 1888 Ernte ein Minus von 92,24 Ctr. auf einem ha.
Konnte man also 1887 in Anbetracht der immer hin erheblichen Geldersparnisse bei Unterlassung der Düngung über die Zweckmäßigkeit der jährlich zu wiederholenden Düngung noch zweifelhaft sein, so lehrte das 1888 Ernteergebnis daß eine Unterlassung der Düngerzufuhr unbedingt erhebliche Nachtheile im Gefolge hat, und zwar nicht nur in dem Jahre, in welchem man die Ausgabe für die Dungstoffe sparen wollte, sondern auch noch in den darauffolgenden Jahren.
Auch hinsichtlich der Frage, wie stark die jährliche Düngung auf einer Moorwiese sein solle ? haben die Versuche Arends sehr wenige Anhaltspunkte gegeben.
Arend hatte die Ansicht ausgesprochen, daß im ersten Jahre nach der Uebersandung eine Kalidüngung von 12 Ctr. Kainit pr. ha vortheilhaft sei; daß vom zweiten Jahre ab dagegen in den meisten Fällen 8 Ctr. genügen würden.
Zugleich hatte er 4 Ctr. Thomasschlackenmehl per ha als absolut unzulänglich und unrentabel bezeichnet; während z. . Herr Professor Fleischer=Bremen glaubte, daß die zuzuführende Menge des Kalisalzes zuerst nicht unter 12 Ctr. pr. ha sinken, besser noch 16 Ctr. betragen solle, während von 20=procentiger Thomasschlacke 4, höchstens 6 Ctr. pr. ha vollkommen genügen würden, um die höchsten Graserträge zu sichern.
Das Resultat der in dieser Richtung angestellten Versuche ist folgendes:
Die im Winter 1887/88 übersandeten, mit 16 Ctr. Kainit und 8 Ctr. Thomasschlacke pr. ha gedüngten Flächen lieferten durchschnittlich pr. ha 144,44 Ctr. Heu, während von einem ha der gleichfalls 1887/88 übersandeten und mit 16 Ctr. Kainit und nur 4 Ctr. Thomasmehl gedüngten Fläche nur 100 Ctr. Heu durchschnittlich geerntet wurden. Es hat sonach die Mehrdüngung von 4 Ctr. Thomasmehl einen Mehrertrag von 44,44 Ctr. Heu erbracht. Ein zweiter Versuch wurde auf einer bereits zweijährigen=Kulturfläche, welche im ersten Jahre nach der Besandung zur Hälfte mit 12 Ctr. Kainit und ca. 4 Ctr. Thomasschlacke, zur anderen Hälfte mit 12 Ctr. Kainit und 8 Ctr. Thomasschlacke pr. ha gedüngt worden, ausgeführt.
Im Winter 1887/88 wurden diese Hälften genau mit derselben Düngermenge versehen wie im Vorjahre.
Ein ha der mit nur 4 Ctr. Schlacke gedüngten Parzellen brachte durchschnittlich:
                im Jahre 1887 62,36 Ctr. Heu,
                im Jahre 1888 122,18 Ctr. Heu.
Dagegen brachte ein ha der mit 12 Ctr. Kainit und 8 Ctr. Schlacke gedüngten Parzellen durchschnittlich:
                im Jahre 1887 156,68 Ctr. Heu,
                im Jahre 1889 135,12 Ctr. Heu.
Aus diesen Versuchen geht wohl unzweideutig hervor, daß eine Düngung von 4 Ctr. Thomasmehl nicht ausreicht, um die höchsten Erträge zu sichern; während dieselben anderseits lehren, daß eine Kalidüngung von 16 Ct. Kainit nicht erforderlich ist, indem mit 12 Ctr. die gleichen Resultate erzielt wurden.
Und da die vorstehenden Erfahrungen durch neuere Erfahrungen aus der Praxis bestätigt werden,. kann den Besitzern von Moorflächen nur gerathen werden, alles zu thun, dieselben baldmöglichst einträglicher zu machen.


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