No. 79
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. Oktober
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 1]

Auf Befehl hoher Landesregierung wird hierdurch zur Kenntniß gebracht, daß das Commando der 18. Division gebeten hat, für die den Truppen, welche während der diesjährigen Herbstübungen im hiesigen Fürstenthume dislocirt waren, zu Theil gewordene außerordentlich entgegenkommende und gute Aufnahme den Quartiergebern den aufrichtigsten Dank sowohl des Commandos als auch der betreffenden Truppentheile auszusprechen.
Schönberg, den 28. September 1889.

Großherzogl. Mecklb. Landvogtei des Füstenth. Ratzeburg.
U. Frhr. v. Maltzan.

H. Spieckermann.       


Antragsmäßig soll über das neu erbaute, zu Schönberg an der Schlauentrifft sub Nr. 20 b belegene Wohnhaus c. p. des Maurergesellen Heinrich Grevsmühl allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 14. December 1889,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 30. September 1889.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Im Zwangsversteigerungs=Verfahren der früher dem Büdner und Bäcker Ollrogge zu Lüdersdorf gehörigen und daselbst sub. Nr. 3 belegenen Büdnerei c. p. ist zur Erklärung über den Theilungsplan sowie zur Vertheilung der Masse vor dem unterzeichneten Amtsgerichte Termin auf

Montag, den 7. October 1889,
Vormittags 11 Uhr

angesetzt, zu welchem die Betheiligten mit dem Bemerken geladen werden, daß der Theilungsplan 14 Tage vor dem Termin auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht niedergelegt sein wird und daß gegen einen in dem Termin nicht erschienenen Gläubiger angenommen werden wird, daß er mit der Ausführung des Planes einverstanden ist.
Schönberg, den 16. September 1889.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

H. Diedrich.       


In Sachen, betr. die Zwangsversteigerung der dem Halbhufner Hans Joachim Christian Benn zu Mannhagen gehörigen, daselbst sub Nr. VIII belegenen Halbhufnerstelle, stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1. der Verkaufstermin auf

Freitag, den 20. Dezember 1889,
Mittags 12 Uhr,

2. der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 21. Januar 1890,
Mittags 12 Uhr.

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück c. p. an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Freitag, den 20. December 1889,
Mittags 12 Uhr,

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermin auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht der Betheiligten aus.
Dem Schuldner und den bei der Zwangsvollstreckung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen, in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an das Grundstück c. p. bestimmten Termin und in dem Verkaufstermine zu erscheinen, sowie innerhalb 8 Tagen vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 30. September 1889.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

W. Wetzel.       


Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1889/90 der Forst gegen Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 1. Oktober cr. hierher anzuzeigen.
Schönberg, den 19. September 1889.

Großherzogl. Mecklb. Domainen=Amt.
U. Frhr. v. Maltzan.


Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Urliste für die Stadt Schönberg in der Zeit vom 1. bis 8. October d. J. in hiesiger Rathsstube ausliegt. Gegen die Richtigkeit und

[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 2]

Vollständigkeit dieser Urliste können Einsprachen von Jedermann innerhalb einer Woche (vom 1. October d. J. angerechnet) erhoben werden, und sind solche schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 24. September 1889.

Der Magistrat.


In der Nacht vom 26/27. d. Mts. sind aus einem Wohnhause im Samkow drei Seiten Speck gestohlen worden.
Um Vigilanz und Benachrichtigung wird gebeten.

Neustrelitz, den 30. September 1889.
Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Holz=Auction Nr. 1.

Am Donnerstag, den 10. October cr., Morgens 10 Uhr, sollen in "Stadt Lübeck" hieselbst aus dem Niendorfer Zuschlage nachstehende Hölzer meistbietend verkauft werden.

60 Stück fichten Bauhölzer (in einem Loose),
ca. 25 Stück tannen Kiepenhölzer.
Das Holz liegt am Dienstag, den 8. October cr. zur Ansicht fertig.
Schönberg, den 2. October 1889.

Der Oberförster.       
C. Hottelet.            


Am Sonntag, den 6. October d. J., Nachmittags 4 Uhr, werde ich auftragsmäßig das den Erben des verstorbenen Rentier Joh. Eckmann hieselbst gehörende im Langencamp belegene Ackerstück in Parcelen von 20 []Ruthen an Ort und Stelle verpachten.
Schönberg, den 30. September 1889.

                                                    Chr. Buschow,
                                                    Privatcopiist.


Es wird hiermit wiederholt bekannt gemacht, daß mit Genehmigung des Försters, Herrn von Linstow, die Carlower Jäger auf dem Stover und Röggeliner Hoffelde den Forstschutz ausüben.

                                                    Kaiser-Stove.


Statt besonderer Meldung.

Nach Gottes unerforschlichem Rathschlusse entschlief heute Morgen 8 1/2 Uhr nach schwerem Leiden mein geliebter Mann der

Zimmermeister August Westphal

Mit mir beweinen 9 Kinder diesen für uns unersetzlichen Verlust. Dieses zeigt allen Freunden und Bekannten mit der Bitte um stille Theilnahme an

                                                    die tiefgebeugte Wittwe
                                                    Johanna Westphal
                                                    geb. Spehr.

Schönberg, den 1. October 1889.
Die Beerdigung findet am Sonnabend, den 5. October, Nachmittags 3 Uhr, statt.


Montag Nachmittag 3 Uhr starb nach kurzer Krankheit meine liebe Frau und meiner Kinder liebevolle Mutter Louise geb. Wigger in ihrem 64. Lebensjahre, tief betrauert von mir und meinen Kindern.
Schönberg, den 1. October 1889.

                                                    J. Nevermann, Landbriefträger.

Die Beerdigung findet am Freitag Nachmittag 3 Uhr statt.


Uhren=Handlung
von W. Heincke
empfiehlt Uhren aller Art, besonders goldene und silberne Herren- und Damenuhren zu ausserordentlich billigen Preisen unter 2 jähriger Garantie. Reparaturen aller Art, sowie Gläser u. s. w. zu ganz billigen Preisen.


Gesucht zum 1. November ein                          
Mädchen
vom Lande für Küchen= und Gartenarbeit.                          
Bertramshof bei Lübeck.                                                    Buck.


Hamburgische
Gewerbe=
und
Industrie=
Ausstellung
1889.
Schluß:
Montag,
den 7ten
October.


Marder-, Fuchs-, Hasen-,
schwarze und bunte
Katzen=Felle
kauft                                                    B. Gartz.


Phosphorpillen,

bestes und billigstes Mittel zum Vertilgen der Feldmäuse, empfiehlt

                                                    die Apotheke zu Schönberg.


Engl. Mützen.
für Damen und Kinder empfiehlt
                                                    Hugo Heincke.


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren
für Herren, Damen und Kinder

besuchen werde.

Mein Stand ist vor der Apotheke.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                    J. Schleuß, Lübeck.


Ländliche Dienstboten
besorgt in kurzer Zeit und unter günstigen Bedingungen                          
                                                    F. Becker.


Eine Arbeiterfamilie
findet zu Ostern Wohnung bei                          
                                                    Kaiser-Stove.


Ein verheiratheter Kuhfütterer
zum 1. November bei gutem Lohn wird gesucht auf dem Hofe Brandenbaum bei Lübeck.


Gesucht zu sofort ein                          
Hausknecht,
der mit Pferden umzugehen weiß.                                                    
                                                    Stadt Lübeck, Schönberg.


Suche bis zum 24. October d. J. einen
Klein-Knecht, der mit Pferden umzugehen versteht.                          
                                                    W. Wieschendorff,
                                                    Neu=Pogetz bei Carlow.


Gesucht zu Michaelis oder 24. October cr. ein
Kuhfütterer
und kräftiger Halbknecht.
                                                    Frau M. Hagen,
                                                    Rupensdorf b. Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 3]

Wintersaison 1889.
Das Tuch-, Manufactur-, Mode- & Damen-Confections-Geschäft
von
Heinrich Meyer
empfiehlt sein reich sortirtes Lager

Kleiderstoffe
von den einfachsten bis zu den feinsten Nuancen. Abgepaßte Roben, sowie einzelne Kostüme in nur hervorragenden Neuheiten.
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Tricot=Taillen, Tricot=Blousen, Corsetts, Echarps, Tücher und Schulterkragen. ---------------------------------
Handschuhe in Tricot mit und ohne Pelzbesatz, sowie bunt gestrickte Handschuhe (Neu) in allen Größen.
2 knöpfige Glacé
von 1 Mark an.
Buckskinstoffe
zu Anzügen, Paletots, Kaisermänteln, etc. etc.
welche ich direkt aus den ersten Fabriken beziehe, halte in großer Auswahl stets vorräthig und empfehle solche zu sehr billigen Preisen.
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Jagd=Westen
in allen Größen und Preislagen.
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Wäsche, Cravatten und Unterzeuge.
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Damen-Confection.
Paletots, Manteletts,
Pellerin, Räder, Visites und Jaquets
in gut sortirter Auswahl.
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Mantel-Besätze.
Pelz, Plüsch=Raye und Krimmer.
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Möbel=Stoffe.
Damast, Rips, Fantasie und Fantasie=Brocat
in hochfeinen Mustern.
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Leinen, Lein-Gedecke, Bettzeuge, Bett-, Schlaf-, Pferde-, Tisch- und Reise-Decken.

Gaschenzeuge und Flanelle
Bettfedern das Pfund von 50 Pfg. an, sowie
Lager von sämmtlichen Kurzwaaren. Streng reelle Bedienung! -- Streng reelle Bedienung!
Proben stehen gerne zu Diensten.


Gutmann's Corsets Gutmann's Corset's. (Patent angem.)
Mit neuen garantiert unzerbrechlichen elastischen Einlagen als Ersatz für Fischbein u. Stahl.
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Sämmtliche Einlage, auch die Hüftfedern sind rostfrei und unzerbrechlich.
Nur echt, wenn gestempelt
Gutmann's Corset!
Hugo Heincke
empfiehlt zu sehr billigen Preisen:
Wäsche, Kopfhüllen, Schulterkragen, Handschuhe, gestrickte Strümpfe, Socken, Unterröcke u. Westen, Strickwolle, Barchend, Flanelle und Hemdentuche.


Peitschen u. Peitschenstöcke
Messer, echt Solinger, in allen Sorten,
Hosenträger in Gummi und Gurt,
Uhrketten für Herren und Damen, über 400 verschiedene Muster, in echt Nickel, echt Talmi und gewöhnliche Sorten.
Pfeifen in kurz, halblang, und lang.
Kämme, Spiegel, Portemonnais, Spazierstöcke, Cigarrenspitzen und Taschen
empfiehlt zu sehr billigen Preisen

                                                    H. Brüchmann.


Reife, süße ungarische
Weintrauben,

5 Kilo Mk. 2,70 franco sammt Korb gegen Postnachnahme. Gute Ankunft garantirt.

                                                    Anton Thor. Weinbergbesitzer.
                                                    Werschetz (Süd=Ungarn).


Agenten
für Trichinen- und Vieh-Versicherung
ohne Nachschußerhebung

gut eingeführt, gesucht. Hohe Provision. Offerten unter L. 997 an die Annoncen=Expedition von

                                                    Haasenstein & Vogler, A.-G., Cassel.


Schmucksachen
als Broschen, Armbänder, Zopfnadeln, Halsketten, Fingerringe und dergleichen                          
empfiehlt billigst                                                                              
                                                    H. Brüchmann.


Aufbürstfarben

womit man verblichene Kleider und Möbelstoffe auf das Schönste wieder herstellt, in Flaschen à 25 Pfennig (Mecklenburg). und sämmtliche echte Zeugfarben empfiehlt

                                                    H. Brüchmann.


Baugewerkschule Eckernförde.
Wintersemester: 30. Oct. - Vorcursus Oct.
Kostenfr. Auskunft. Die Direction O. Spetzler.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 4]

Geschäfts-Verlegung.
Justus Meyer,
Lübeck.
Magazin für Herren-Moden
jetzt
Nr. 67. Breitestrasse Nr. 67.
Haus Beutin,
dem Kanzleigebäude gegenüber.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

Die Vereinskameraden werden ersucht, am Sonnabend, den 5. October, dem verstorbenen Kameraden Westphal das Trauergeleite zu geben und Nachmittags 2 1/2 Uhr vor dem Vereinslocale anzutreten.

                                                    Der Vorstand.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.

Am Sonntag, den 6. October d. J., Nachm. 4 Uhr, im Vereinslocale

IV. Allgemeine Versammlung.
Tagesordnung:

1. Besprechung der diesjährigen Feier des Geburtstags S. K. H. des Großherzogs.
2. Bericht über die Sedanfeier.
3. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt

Der Geschäftsbericht mit Bilanz= und Gewinn= und Verlust=Conto für das 20. Geschäftsjahr, sowie der Revisionsbericht etc. liegen vom 9. October d. Js. ab in unserm Geschäftslocale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 3. October 1889.

                                                    Das Directorium.


Diätenverein für Geschworene beider Mecklenburg.
Anmeldungen zum Eintritt nimmt bis zum 1. November d. J. entgegen

                                                    L. Spehr.


Concert=Anzeige.
Am Sonntag, den 13. d. M.:
Concert
im Boye'schen Saale, ausgeführt von der
Berg-Kapelle Albrecht aus Böhmen.
Anfang halb 8 Uhr.      Entrée à Person 50 Pfg.
Hierzu ladet ergebenst ein                                                    
                                                    Josef Albrecht.
Nach dem Concert Ball.


Am Sonntag, den 6. und Montag, den 7. October und während der Markttage

Musikl. Unterhaltung
ausgeführt von der Gesellschaft Kamm aus Altona.
Um zahlreichen Besuch ersucht ergebenst
                                                    Johs. Krüger.


Am Sonntag, den 6. und Montag, den 7. d. M. findet beim Gastwirth Böttcher in Rieps ein großes

Scheiben=Schießen

nach vorzüglichen Gewinnen statt.

Preis pro Satz 1 Mk.
Am Sonntag, den 6. d. M.:                          
grosser Ball
bis über Mitternacht hinaus.                                                    


Zu dem am Sonntag, den 13. u. Montag, den 14. October bei mir stattfindenden

Scheibenschiessen
nach guten Gewinnen ladet freundlichst ein                          
                                                    Wittwe Schröder, Gr. Mist.
Am Montag! Ball und Musik.


Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 6. October.

Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Langbein


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck.
9,30 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 10,56 Nachts.
Nach Kleinen:
7,27 Morg. 10,13 Vorm. 12,46 Nachm. 8,30 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 40.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 79 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 4. October 1889.


Nr. 15 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1889 enthält in der

II. Abtheilung:
(1.) Bekanntmachung, betr. die Liquidationen über Vergütung für an Truppentheile verabreichte Fourage.
(2.) Bekanntmachung, betr. die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pr. Monat August 1889.
(3.) Bekanntmachung, betr. die Denaturirung von Bestellsalz.
(4.) Bekanntmachung, betr. die am 1. October 1889 im Reichspostgebiet zur Einführung gelangenden Postwerthzeichen.
(5.) Bekanntmachung, betr. die Versendung von Postpacketen nach Tasmanien.
(6.) Bekanntmachung, betr. Postanweisungen aus Deutschland nach Hawaii.


- Schwerin. Unter dem brausenden Jubel der freudig erregten Bevölkerung haben gestern S. M. der deutsche Kaiser und I. M. die Kaiserin ihren Einzug in Schwerin gehalten. Pünktlich 2 1/2 Uhr fuhr der Kaiserliche Sonderzug vor dem Bahnhof vor. Dem Zuge entstieg zuerst I. M. die Kaiserin, einen Blumenstrauß in der Hand. Se. K. H. der Großherzog eilte auf Ihre Majestät zu und küßte derselben die Hand. Dem Großherzog folgte I. Kais. H. die Großherzogin. Die fürstlichen Damen umarmten sich. Aus dem Zuge war inzwischen auch S. M. der Kaiser herausgetreten, welcher S. K. H. den Großherzog herzlich begrüßte und küßte. Se. Majestät schritt nun zuerst die Ehren=Compagnie ab unter Begleitung S. Königl. Hoheit und gefolgt von der Generalität und den Adjutanten. Vor der Freitreppe stehend nahm Se. Maj. den Parademarsch in Zugcolonne ab. Demnächst schritt Se. Majestät noch in Begleitung Sr. Königl Hoheit die Front der Reserve= und Landwehr=Offiziere ab, welche gegenüber der Ehren=Compagnie Aufstellung genommen hatten. Se. Majestät befahl dann trotz des strömenden Regens offenen Wagen und der Zug setzte sich in Bewegung. In einem zweiten geschlossenen Galawagen fuhren Ihre Majestät die Kaiserin und Ihre Kaiserl. Hoheit die Frau Großherzogin Anastasia. Der Zug wurde eröffnet durch den Stadtcommandanten Generalmajor Baron v. Stenglin, den Platzmajor Premier=Lieutenant v. Guretzky=Cornitz und den Rittmeister v. Arnim vom 17. Dragoner=Regiment. Herauf folgte der Premier=Lieutenant v. Katzeler mit einem Zug des 17. Dragoner=Regiments. Vor dem hochfürstlichen à la Daumont bespannten Wagen ritt der Hofstallmeister Kammerherr v. dem Knesebeck. Der Zug ging durch die vielfach bekannt gegebene Feststraße, überall vom brausenden, nicht endenwollenden Jubel der aufgestellten Spaliere und des dichtgedrängten Volkes begrüßt. Unter dem prächtigen Doppel=Triumphbogen vor dem Rathhaus machten die Wagen mit den allerhöchsten Herrschaften Halt. Auf der Estrade trat Bürgermeister Geh. Hofrath Bade vor und hielt an Se. Majestät eine Ansprache, welche mit einem Hoch auf die Kaiserl. Majestäten endigte. Se. Majestät der Kaiser reichte dem Herrn Oberbürgermeister huldreich dankend die Hand und erwiderte ungefähr Folgendes: "Ich bin schon einmal, leider in trauriger Veranlassung in Schwerin gewesen. Mein seliger Herr Großvater hat viel von Schwerin gehalten und ist gern hierher gekommen. Ich freue mich, die Stadt wiederzusehen, ebenso freue ich mich über den schönen mir bereiteten Empfang. Ich bitte Sie, Allen, die zu demselben beigetragen haben, meinen Dank zu sagen." Vor dem zweiten Bogen hatten die Ehrenjungfrauen Aufstellung genommen. Sobald der Wagen mit den fürstlichen Damen hielt, richtete Fräulein Lisbeth Büsing an I. M. die Kaiserin einen poetischen Gruß. Ihre Majestät sprach in huldvollster und freundlichster Weise der jungen Dame, welche ein Rosenbouquet überreichte, Ihren Dank aus. Auf dem Schloßhofe war eine Ehrencompagnie unter Führung des Hauptmanns Freiherrn v. Stenglin aufgestellt. Se. Maj. der Kaiser verließ auf dem Schloßhofe den Wagen und schritt die Front der Compagnie ab, letztere verließ den Schloßhof nach einem Vorbeimarsch durch das Portal nach dem Schloßgarten zu. Ihre Maj. die Kaiserin stieg an der schwarzen Treppe ab, wohin inzwischen sich auch Se. Maj. der Kaiser begeben hatte. Im Vestibül vor derselben hatten Aufstellung genommen alle Oberhof= und Hofchargen der anwesenden Höfe, die Anwesenden wurden dem hohen Kaiserpaar vorgestellt. Unter Vortritt des Oberhofmarschalls Kammerherrn Freiherrn v. Stenglin, des Hofmarschalls Kammerherrn v. Hirschfeld und des dienstthuenden Kammerherrn begaben sich die Kaiserl. Majestäten in die Gemächer Ihrer Kaiserl. Hoheit der Frau Großherzogin Anastasia, wo Allerhöchstdieselben begrüßt wurden von I. K. H. der Frau Großherzogin=Mutter, I. Hoh. der Frau Prinzessin Reuß XVIII. und den hochfürstlichen Kindern. In den Zimmern hatten sich auch versammelt die Oberhofmeisterin Gräfin v. Bassewitz, die Staatsdame Frau v. Lützow, sowie die Hofdamen I. K. H. der Frau Großherzogin Marie und der hier anwesenden Prinzessinnen. Die Begrüßung vollzog sich in den herzlichsten Formen. Durch die Gemächer des Großherzogs und durch den mit Ahnenbildern geschmückten Kirchgang wurde das erlauchte Kaiserpaar alsdann nach den Königszimmern geleitet. Ueberall wo der Kaiserliche Wagen die Straßen passirt hatte, rollte das Spalier sich auf zu einein großartigen Festzuge. In demselben war ganz Mecklenburg vertreten. Die Galatafel im Thronsaale begann Abends 6 Uhr. Um 8 Uhr war große Galavorstellung im Hoftheater; man spielte die Einleitung und den ersten Aufzug zu Wagners "Lohengrin". Die Rolle des Königs Heinrich lag in den Händen des Herrn Drewes, den Lohengrin sang Herr Dierich, Elsa von Brabant Frl. Klaffsky, die an Stelle des erkrankten Frl. Möllering aus Hamburg herbeigeholt worden war. Frl. Minor war eine prächtige Ortrud. Sie bildeten ein künstlerisches Ensemble, das dem Rufe, dessen sich das Großherzogliche Hoftheater unter der Leitung seines Intendanten Freiherrn v. Ledebur erfreut, in vollem Maße entsprach. Dem Corso und Feuerwerk auf dem See war das Wetter leider nicht günstig. Die Fürstlichen Herrschaften hatten sich nach Schluß des Theaters in das Großherzogl. Schloß begeben, um im Thronsaal den Thee einzunehmen und den Wassercorso in Augenschein zu nehmen. Bald nach 10 Uhr zeigte eine vom Stiermonument im Burggarten aufgelassene Signal=Rakete den Beginn des Corsos an. Vom Musikkorps wurde ein Hornsignal gegeben und brachte Bankdirector Büsing hierauf ein Hoch auf II. MM. den Kaiser und die Kaiserin aus. Die Musik intonirte "Heil Dir im Siegerkranz", während die ganze Menge in den Booten mitsang. Im Verlaufe des Corsos sangen noch die vereinigten Männergesangvereine unter Leitung des Musikdirektors Becker die Hymne "Heil Dir Kaiser" und "Das treue deutsche Herz". Die Majestäten und Allerhöchsten und höchsten Herrschaften hatten dem bunten imposanten Schauspiel bis zum Schluß von den Fenstern des Thronsaales aus zugesehen.


Die Abreise des Kaisers und der Kaiserin nach Italien und Griechenland erfolgt nach den neuesten Bestimmungen am 17. Oktober.
Der Reichstag ist, wie der Reichsanzeiger mittheilt, durch kaiserliche Verordnung auf den 22. October d. J. nach Berlin einberufen.
In Rußland soll man wieder einmal die Absicht haben, Europa mit einer großen militärischen Anleihe zu beglücken; ferner heißt es, Rußland werde in Frankreich 500 000 Lebelgewehre kaufen und diese aus der Anleihe bezahlen. Wenn nun aber niemand Geld hergiebt! Die Meldung von

[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 6]

einer Dynamitexplosion auf dem Bahnhof in Peterhof wird von St. Petersburg aus in Abrede gestellt.
Der Prinz von Wales ist mit seinen Söhnen am Sonnabend Abend von London nach Kopenhagen abgereist und wird sich von dort aus dann mit seiner ganzen Familie zu den Hochzeitsfeierlichkeiten nach Athen begeben. Der Kronprinz von Italien nimmt an den Feierlichkeiten in Athen nicht Theil.
Auf das kleine Serbien blickt wieder einmal ganz Europa. Frau Natalie ist am Sonntag Nachmittag in Belgrad angelangt und von Tausenden jubelnd empfangen worden, besonders von dem weiblichen Theil der Bevölkerung, der die Gefühlsseite bei dem Empfang stark hervorgekehrt hat. Dagegen war beim Empfang kein Mitglied der Regentschaft oder der Regierung, auch keine andere officielle Persönlichkeit vertreten. Die Straßen und Häuser waren wundervoll geschmückt, ein reicher Kaufmann aus Schabaz, Kurtovic heißt der Brave, hat der Königin sogar einen Galawagen geschenkt, in dem diese sofort ihren Einzug bewerkstelligt hat. Sie wohnt in Belgrad bei der Gemahlin ihres Staatsrathes Butschavic; als sie am Königskonak und an der Kathedrale vorbei fuhr, waren die Thore geschlossen. Ihren Sohn, den König Alexander, scheint Frau Natalie noch nicht gesehen zu haben, dagegen hat ihr der russische Gesandte Persiani in großer Galauniform am Sonntag Abend bereits seine Aufwartung gemacht. Ob die Zusammenkunft der Königin mit ihrem Sohn erfolgt ist, muß fraglich erscheinen, jedenfalls wird dieselbe genau nach den Weisungen König Milans im Beisein des Gouverneurs Dr. Dockics und eines Adjutanten des Königs Alexander erfolgen.
König Milan bleibt in Karlsbad; er hat seine Kur nicht unterbrochen und keinerlei Reisevorbereitungen getroffen. Auf seine nach Belgrad gerichtete Anfrage, ob seine Gegenwart nothwendig sei, antwortete die Regentschaft, er möge nur ruhig bleiben, sie sorge schon für das Nöthige.
Vom Reichskommissar Hauptmann Wißmann ist an den Reichskanzler Fürsten Bismarck ein vom 29. August datirter offizieller Bericht über die Vorgänge in Ostafrika eingelaufen, der sich im "Reichsanzeiger" veröffentlicht findet. Es wird in diesem Bericht der günstige Fortgang der Expedition beschrieben, auch zählt Hauptmann Wißmann die kleinen aus den Blättern bereits bekannten Scharmützel einzeln auf und verspricht, die ihm vom Reichskanzler empfohlene Sparsamkeit auch ferner zu üben, soweit das deutsche Ansehen unter derselben nicht leide.
Mit dem 1. October erlischt, wie schon gemeldet, die Sklavenblokade an der ostafrikanischen Küste. An ihre Stelle tritt die Bestimmung, daß die deutschen und englischen Kriegsschiffe das Recht haben, alle unter arabischer Flagge fahrenden Schiffe in den Gewässern von Sansibar nach Sklaven zu durchsuchen und im gegebenen Fall aufzubringen.


- Schönberg. Die hiesige Schützenzunft, welche Anfangs die Einladung aus Schwerin, an den Einzugsfeierlichkeiten des deutschen Kaiserpaares sich zu betheiligen, abgelehnt hatte, hat sich nachträglich doch noch entschlossen, sich an derselben zu betheiligen und ist am Dienstag Morgen nach Schwerin abgereist. - Die hiesigen Kampfgenossen= und Kriegervereine hatten eine Einladung dorthin nicht erhalten.
- Schönberg. Der Maurermeister H. Burmeister hierselbst verkaufte sein in der Hinterstraße belegenes Wohnhaus für die Summe von 14 500 M. an den Handelsmann Schleuß hieselbst.
- Schönberg. Bei der Unfallversicherung ist im Monat September der Arbeiter Krakow zu Hof Selmsdorf angemeldet, welcher beim Verladen eines Hengstes auf dem Ratzeburger Bahnhofe durch einen Hufschlag am rechten Oberschenkel eine starke Quetschung erlitt.
- Güstrow, den 29. September. Am Abend des 17. April d. Js. begab sich um 7 1/4 Uhr, der seit October v. Js. zu Alt=Fresenbrügge wohnende Stationsjäger Albrecht von der Wohnung des Lehrers Guthke in Alt=Karstädt zwecks Ausübung des Forstschutzes fort zu einem Tannenstreifen, welcher etwa 1/4 Meile von Alt=Karstädt entfernt und seinem Schutze unterstellt war. Albrecht trug Dienstkleidung, einen Handstock in der Hand und ein mit Schrot geladenes doppelläufiges Gewehr über dem Rücken. Als er etwa 300 Schritt von dem Tannenstreifen entfernt war, sah er einen Mann schräg über das freie Feld in der Richtung auf Neu=Karstädt zu gehen, der ihm verdächtig vorkam. Er verfolgte denselben und erkannte in ihm, und zwar an seiner Kleidung, Haltung und an seinem Bart den Angeschuldigten, den er schon öfter beobachtet hatte. Derselbe trug ein Gewehr und setzte, obwohl er sah, daß Albrecht auf ihn zukam, unbekümmert seinen Weg fort. Als Albrecht etwa auf 17 Schritt an ihn herangekommen war, rief er ihm zu: "Hal! Gewehr ab!" Da drehte sich Kruse plötzlich nach Albrecht um und feuerte einen Schuß auf ihn ab. Albrecht fühlte, daß das Geschoß ihm in die Brust unterhalb des Herzens drang und seinen Weg dem Unterleibe zu nahm. Nunmehr feuerte auch Albrecht auf den Kruse, der im Anschlage geblieben war. Fast zugleich mit Albrechts Schuß krachte auch der zweite Schuß aus dem Gewehr des Kruse. Auch das Geschoß dieses zweiten Schusses drang fast auf derselben Stelle in Albrechts Brust. Während dann der Kruse seinen Weg fortsetzte, schleppte Albrecht sich zu der ausgebauten Tiedemann'schen Büdnerei zu Alt=Karstädt, wo er nach 8 Uhr ankam. Er veranlaßte den Büdner Tiedemann, dem Forstmeister v. Stenglin=Ludwigslust von dem Vorgefallenen zu benachrichtigen. Derselbe kam sofort und beorderte zunächst die Ueberführung des verletzten Albrecht ins Stift Bethlehem. Bei der Untersuchung der Wunden in Bethlehem fand Dr. Willemer, daß die Geschosse Rehposten gewesen seien, von welchem der erste Rehposten die Bauchhöhle durchdrungen, der zweite aber die Brust durchdrungen, dicht am Herzen vorbeigegangen sei und die Lunge verletzt habe. Mehrere Tage hat Albrecht in der größten Lebensgefahr geschwebt, die sorgsamste Pflege aber, und seine sonstige körperliche Kräftigkeit haben es möglich gemacht, daß er nach 83tägigem Krankenlager wieder gesund geworden und das Stift Bethlehem hat verlassen können. Der Arbeiter Heinrich Kruse ist noch in derselben Nacht vom 17.=18. April inhaftirt. Bei seiner Inhaftirung ward gefunden, daß er am rechten Unterarm zwei frische Wunden hatte. Dr. Mechert in Grabow erklärte, daß diese Wunden Schußwunden seien, verursacht durch Schrot von demselben Kaliber, wie Albrecht auf Kruse abgeschossen. Auch fand man entsprechende Löcher in dem Rocke und in der Jacke, mit denen Kruse an dem Abende bekleidet gewesen. Die weitere Untersuchung ergab, daß Fußspuren vom Thatorte im Bogen nach der Kruse'schen Wohnung führten, welche der Stadtförster Glandt und der Stationsjäger Lück als Kruse'sche Fußspuren rekognoszirten. Der Gendarmerie=Wachtmeister Pladdaratz erfuhr von dem Stiefsohn des Angeklagten, daß der Vater am Abend des 17. April zur Mutter heimlich gesagt, er Sei mit dem Jäger Albrecht zusammengetroffen, sie hätten beide auf einander geschossen, er sei nur wenig verwundet, der Jäger aber habe sein Theil weg. Wie von Anfang an, so leugnete auch heute der Angeklagte das ihm zur Last gelegte Verbrechen. Er sagte, er sei am Abend des 17. April gegen 6 Uhr von Neu=Karstädt fortgegangen nach dem Bahnhofe zu Grabow, um mit dem Zuge nach Hamburg zum Besuch seines Bruders zu reisen. Die Fußspuren seien nicht seine, denn in demselben seien Abdrücke von Riestern, welche auf seinen Stiefeln nicht vorhanden gewesen. Die Wunde am Arm habe seine Frau ihm mittelst einer Forke beigebracht, mit deren Zinken sie ihn versehentlich in den Arm gestochen. Auf Grund ihres geleisteten Eides dagegen erklärten die Zeugen Thatsachen, welche die Aussagen des Angeklagten völlig entkräftigten. Der Stationsjäger Albrecht behauptet auf das Entschiedenste, den Kruse erkannt zu haben, zunächst an seinen Kleidungsstücken und seinem Gange, vor Allem aber an seinem Gesichte, als sie sich auf 17 Schritt Entfernung gegenüber standen. Der Arbeiter Wiedow und der Maurer Stieglitz haben auf ihrem Wege von Grabow nach Neu=Karstädt gegen 8 Uhr drei Schüsse fallen hören und darauf einen Menschen von dem bezeichneten Tannenstreifen im Bogen nach Neu=Karstädt eilen sehen. Auf diesem Bogen sind dann die erwähnten Fußspuren gefunden. Der Untersuchungsrichter, Herr Landgerichtsrath Sohm, hat

[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 7]

gefunden, daß in die Fußspuren die vorhandenen Stiefel des angeklagten Kruse gepaßt; daß aber auch wahr sei, daß solche Riester, welche in den Spuren abgedrückt, nicht vorhanden gewesen seien. Dagegen aber sind Stiefelschäfte gefunden worden, die erst ganz frisch abgeschnitten waren und von dem Schuster Stroth als des Angeklagten Stiefelschäfte bezeichnet worden und deren abgeschnittener Untertheil den Spuren entspricht. Andere Zeugen behaupten, gesehen zu haben, daß der Angeklagte am Abend des 17. April um 6 Uhr aus Neu=Karstädt gegangen sei, jedoch nicht nach Grabow, sondern nach dem genannten Tannenstreifen. Allerdings steht fest, daß der Angeklagte in Grabow gewesen ist an dem erwähnten Abend; aber die Zeugen bekunden, daß er dort erst zwischen 9 1/4 und 9 1/2 Uhr eingetroffen, wenigstens ist er um 9 1/2 Uhr beim Kaufmann Maaß in den Laden getreten und dazu in großer Erregung, welche dem Kaufmann so sehr aufgefallen, daß er zu seinen Kunden geäußert: Der hat etwas geschossen, oder will heute Abend noch etwas schießen. Der Gendarmerie=Wachtmeister Pingel hat durch Nachforschungen festgestellt, daß der Angeklagte nicht auf dem Bahnhofe in Grabow gewesen ist. Der Staatsanwalt, welcher den Angeklagten auf Grund des erdrückenden Beweismaterials des Mordversuches für schuldig erklärte, nimmt an, daß Kruse nachdem er um 7 3/4 Uhr die tötlichen Schüsse auf Albrecht in der Absicht, ihn zu töten, abgegeben, in seine Wohnung geeilt, sich schnell umgezogen, seine Wunden verbinden und nun nach dem eine Stunde entfernt liegenden Grabow geeilt zur Verdeckung seiner That. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage nach dem Mordgesuch und nach der Ueberlegung. Das Gericht verurtheilte den Angeklagten in das Maximum des zulässigen Strafmaßes, zu 15 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust. (M. N.)
- Der Kaiser hat dem Vertreter von Mr. Edison, Wangemann, eine kostbare Busennadel verliehen. Dieselbe zeigt auf blauer, von Brillanten eingefaßter Emaille ein W aus Diamanten, überragt von der Kaiserkrone, die aus Brillanten und Rubinen sich zusammensetzt.
- Der auf Befehl des Kaisers angefertigte Denkstein für den am 14. August d. J. im Berliner Thiergarten vom Blitze erschlagenen Ulanen Wille ist unmittelbar am Fuße des Baumes, von welchem der Blitzstrahl herabsprang, aufgestellt worden. Es ist ein rothbrauner, felssteinförmiger Granit, in dessen Mitte eine runde glatte ausgeschliffen ist, welche in goldenen, in den Stein gemeißelten Buchstaben die Inschrift trägt: "Im königlichen Dienst fand hier am 14. August 1889 den Tod durch Blitzschlag der Gefreite Wille vom 2. Garde=Ulanen=Regiment."
- Mit dem 1. Oktober ist das neue Genossenschaftsgesetz in Kraft getreten. Dasselbe gestattet die Bildung von Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht. Bei dieser Gelegenheit sei übrigens erwähnt, daß die deutschen Vorschuß=Vereine, System Schulze=Delitzsch, in Paris den großen Preis erhielten.
- Ein schreckliches Unglück ereignete sich am Donnerstag in Berlin in einem Hause der Naunynstraße. Dortselbst neckte auf dem Hofe der 10jährige Knabe Sch. einen größeren Hund, der einem in demselben Hause wohnenden Herrn gehörte und mit dem der Knabe stets zu spielen pflegte. Das Thier aber packte den Knaben ganz unvermuthet im Gesicht und zerfleischte ihm die Nasenflügel und die Oberlippe derart, daß dieselben nur als unkenntliche Fetzen noch am Gesicht hingen.
- Ein Maurerarbeitsmann aus Wandsbek, der angeklagt war, gelegentlich eines Auflaufs zwei Wächter mehrere Messerstiche versetzt zu haben, wurde von der Strafkammer zu Altona zu 18 Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Falsche Fünfzigmarkscheine sind in Bremen aufgetaucht. Das zu denselben verwendete Papier ist gewöhnliches weißes Schreibpapier, die weibliche Figur auf der Vorderseite ist schlecht gezeichnet, die Strafbestimmung ist sehr undeutlich und ebenso wie das Wort "Reichskassenschein" mangelhaft ausgeführt. Die Wilkosfasern auf der Rückseite sind mit feinen Pinselfasern nachgemacht.
- In Braunschweig ist in mehr als 30 Orten die Maul= und Klauenseuche ausgebrochen.
- Der Preisaufschlag für Fleisch führt zu allerlei seltsamen Verhältnissen. So rechnet ein Blatt in Annaberg in Sachsen seinen Lesern vor, daß es heutigentags rentabel sei, sich mit einem Tagesbillet dritter Klasse auf der Eisenbahn über die Grenze nach Weipert zu begeben, um dort vier Pfund Speck einzukaufen, ein Quantum, welches im Grenzverkehr zollfrei eingeführt werden darf. Vier Pfund Speck kosten nämlich in Weipert 2,40 Mk., in Annaberg aber zur Zeit 4,80 Mk. und da ein Tagesbillet 3. Klasse nach Weipert nur 1,10 Mk. kostet, so bleibt dem Importeur immer noch ein Nutzen von 1,30 Mk.
- Eine Hörner=Schlittenfahrt im September gehört zu den Seltenheiten. Am Mittwoch voriger Woche war es, wie die "Post aus dem Riesengebirge" berichtete, einer aus 6 Personen bestehenden Gesellschaft vergönnt, in Folge des starken Schneefalles auf dem Hochgebirge eine solche Fahrt unternehmen zu können. Die Fahrt ging von der Petersbaude fast nach Agnetendorf. Tags vorher hatten einige Mitglieder dieser Gesellschaft den Weg von der Schneegrubenbaude mit einem von Pferden gezogenen Schlitten zurückgelegt.
- Der in Rotterdam ausgebrochene Strike der Dockarbeiter hat zu höchst bedauerlichen, geradezu revolutionären Ausschreitungen geführt. Am Freitag Abend begann ein Theil der Aufständigen das Straßenpflaster aufzureißen und mit Steinen auf Polizei und Bürgergarde zu werfen, so daß diese sich wiederholt genöthigt sahen, von der Waffe Gebrauch zu machen. Mehrere Personen wurden durch Säbel und Bajonnet verwundet, die Ordnung aber wiederhergestellt. Im Laufe des Tages hielten etwa 500 Strikende eine Versammlung ab und beschlossen, die Sozialisten von der Bewegung auszuschließen, Ruhe und Ordnung zu bewahren und diejenigen, welche weiter arbeiten wollten, nicht daran zu hindern. Trotzdem kam es aber am Sonnabend zu neuen Skandalen. Die Strikenden verübten zahlreiche Gewaltthaten, zerrissen die Kabel mehrerer Dampfer, rissen das Straßenpflaster auf und schleuderten Steine gegen Polizisten, von denen mehrere verwundet wurden. Die Regierung hat Befehl ertheilt, mit aller Strenge gegen die Tumultuanten vorzugehen und Ausschreitungen um jeden Preis zu unterdrücken.
- Auf allen Märkten des pester Komitats ist nunmehr die Maul= und Klauenseuche unter dem Vieh festgestellt worden. Der Auftrieb von Vieh aller Art ist deshalb von der ungarischen Regierung verboten worden.
- Ueber das entsetzliche Unwetter, welches am Mittwoch in Neapel gewüthet hat, werden folgende Einzelheiten berichtet: Gegen 10 Uhr vormittags entfesselte sich ein von einem Wolkenbruch begleiteter Orkan. Von überall her wälzten sich, Alles überschwemmend, kolossale Wassermassen gegen die Stadt. Die Verwirrung war unbeschreiblich, da über 150 Häuser an verschiedene Stellen der Stadt vom Einsturz bedroht wurden. Allein in der Cavourstraße waren 37 Häuser völlig überschwemmt. Die Feuerwehr wurde fast gleichzeitig nach 97 verschiedenen Stellen der Stadt zur Hilfeleistung gerufen. Die Bewohner flüchteten; einige Kinder, die sie in den Häusern zurückgelassen hatten, wurden von Feuerwehrleuten schwimmend gerettet. Ein Kind jedoch ist in den Fluten umgekommen. Schwer betroffen war die Villa Crispis. Hätten dort nicht entschlossene Männer das Gartenthor eingerissen und dadurch den Fluten Abfluß verschafft, so wäre die Villa von abstürzenden Wassermassen unterwühlt und zum Einsturz gebracht worden. Crispi selbst betheiligte sich an den Rettungsarbeiten, die zumeist von Bersaglieris ausgeführt wurden. Trotzdem wurde an dem Besitzthum Crispis großer Schaden angerichtet; die Bäume des Gartens sind entwurzelt und die Parkanlagen völlig zerstört. Verschiedenen großen Palästen droht der Einsturz, weshalb sie von den Bewohnern geräumt wurden. An einem vom Wasser unterwaschenen Haus stürzte ein Balkon herab und erschlug zwei Personen. Auch in den Vororte Neapels ist der angerichtete Schaden enorm.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 79 Seite 8]

Reinherz.
Historische Erzählung von W. Egbert.
                          (Nachdruck verboten.)


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