No. 95
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. Dezember
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 1]

            Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß

der Webermeister Joachim Wienck in Carlow

von der unterzeichneten Behörde als Fleischbeschauer für die Ortschaft Carlow und Umgegend angenommen und heute als solcher beeidigt worden ist.
                  Die Taxe für den Fleischbeschauer beträgt
                  a. für die Untersuchung eines Schweines jedesmal 75 Pfennig (Mecklenburg).
            b. für diejenige eines einzelnen Fleischtheiles, also auch einer Seite amerikanischen Specks 50 Pfennig (Mecklenburg).
            Schönberg, den 7. November 1888.

Großherzoglich Mecklb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.

H. Spieckermann.        


Kaiser Wilhelm hat gegen die "Kieler Zeitung" wegen des Abdrucks des Kronprinzlichen Tagebuchs von 1866 Strafantrag stellen lassen.
Am Freitag begann der Reichstag die zweite Berathung des Reichshaushalts und genehmigte bei schwach besetztem Hause die Etats des Reichstages, des Reichskanzlers und der Reichskanzlei, des Reichsamtes des Innern, des Reichs=Justizamtes und des Reichsschatzamtes unverändert. Die Debatte verlief sehr ruhig. Staatssekretär v. Bötticher theilte beim Etat des Reichstages mit, daß der Reichstag zum Herbst 1892 sicher in sein neues Heim übersiedeln könne. Beim Reichsamt des Innern, Kapitel Gesundheitsamt, entspann sich eine längere Debatte über die Wirkung des Kunstbuttergesetzes. Die meisten Redner und auch der Staatssekretär betonten, das Gesetz habe die gehegten Erwartungen nicht erfüllt. Der Konsum von Kunstbutter sei nicht gefallen, sondern gestiegen. Von anderer Seite wurde erwidert, die Landwirthschaft sei mit den bisher erzielten Resultaten zufrieden und erhoffe noch bessere Wirkungen. Beim Patentamt theilte Staatssecretär von Schelling mit, wann eine Vorlage über die Ermäßigung der Gerichts= und Anwaltkosten und das neue bürgerliche Gesetzbuch an den Reichstag kommen werde. Die Abgg. Hartmann (kons.), Struckmann (natlib.), Meyer (freis.) sprachen ihre Freude über die Fertigstellung des Zivilgesetzbuchentwurfes aus. Dann vertagte sich das Haus. Nächste Sitzung: Dienstag 1 Uhr. Etat.
Die Rechnung der Opposition, daß die Reichstagswahlen bereits im Herbst 1889 stattfinden könnten, scheint falsch zu sein. Es ist bereits aufgefallen, daß Herr v. Benningsen in seiner Etatrede von den 2 Sessionen gesprochen hat, welche der Reichstag noch vor sich habe, und jetzt hört man auch aus Kreisen die unterrichtet sein können, daß die Regierung nicht daran denkt, auf die Thätigkeit dieses bewährten Reichstags vor dem Ablauf seines Mandates zu verzichten. Man nimmt sogar an, daß die nächste Session im Herbst 1889 sehr früh beginnen werde und daß ihr noch wichtige Aufgaben bevorstehen, die sich wahrscheinlich als Parole für die unmittelbar darauf folgenden Neuwahlen eignen werden.
Die unerfreuliche Thatsache, daß trotz der großen Steuerbewilligungen der letzten Jahre noch immer ein Fehlbetrag im Reichshaushalt vorhanden ist, ja, daß derselbe von Jahr zu Jahr noch wächst, verursacht auch in maßgebenden Kreisen eingehende Erörterungen und darauf ist wohl folgender Vorschlag zurückzuführen, von dem man in der "Kölnischen Zeitung" liest. Das große, der Regierung nahestehende Blatt tritt für die alljährliche Einstellung von 1 Prozent der Reichsschulden in den Etat ein, um mindestens eine Verlangsamung in der Schuldensteigerung herbeizuführen. Sie schlägt vor, vom Ueberschuß der Reichspost= und Eisenbahnverwaltung ein Reichsschuldenprozent zu Tilgungen oder Abschreibungen zu überweisen. Dazu sei jetzt die geeignete Zeit.
Ernste Verhandlungen wird's im Reichstag über die Flotte geben. Es wird dem Reichstag ein Plan vorgelegt werden, nach welchem die Kriegsflotte binnen 6 Jahren um 28 Schiffe vermehrt werden soll, darunter 4 große Schlachtschiffe zum Dienst auf hoher See und 9 Panzerschiffe zur Vertheidigung der Küsten. Die anderen Schiffe bleiben für den überseeischen Kreuzerdienst, Stationsschiffe und Torpedoboote. Die Denkschrift entscheidet sich in der Streitfrage, ob immer größere Panzer mit einer ungeheuren Kraft oder lieber kleine Schiffe mit beweglich vertheilten Kräften gebaut werden sollen, für das letztere System.
Die Etatsstärke des deutschen Heeres stellt sich pro 1889/90 auf 19 404 Officiere, 55 518 Unterofficiere, 802 Zahlmeisteraspiranten, 5521 Spielleute=Unteroffiziere und 13 758 Spielleute=Gemeine 378 217 Gefreite und Gemeine, 3705 Lazarettgehilfen, 10 828 Oekonomiehandwerker, zusammen also 468 409 Unteroffizier etc. Ferner 1711 Mititärärzte, 841 Zahlmeister, Militärmusikinspicienten und Luftschiffer, 519 Roßärzte, 903 Büchsenmacher und Waffenmeister, 93 Sattler und 84 093 Dienstpferde.
Ein direkter Kurierdienst ist von Berlin nach Wien eingerichtet worden. Die Depeschen werden durch einen sogenannten reitenden Feldjäger in verschlossenen Mappen befördert. Der direkte Kurierdienst wurde deshalb eingerichtet, weil vor einiger Zeit eine Depesche, die vom Auswärtigen Amt zu Berlin nach Wien an die dortige Botschaft per Draht gesandt worden war, durch den Boten des dortigen kaiserlichen Telegraphenamtes angeblich verloren wurde.
Der im deutschen Konsulat zu Havre verübte Einbruch hatte nur den Diebstahl von Geld, nicht

[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 2]

von Dokumenten, zum Zweck und entbehrt demnach jeden politischen Charakters.
Pariser Blätter machen Lärm über die Ausweisung des Obersten Stoffel aus Straßburg. Er war angeblich dahin gekommen, um geschichtliche Untersuchung über Cäsars Krieg gegen die alten Germanen vorzunehmen. Marschall Mac Mahon arbeitet noch immer an seinen Memoiren.
Der Kaiser von Rußland hat den französischen Schriftstellern Doucet, Augier, Sardou, Dumas, Feullet und Meilhac, sowie den Journalisten Blavt und Salvayre Ordensauszeichnungen verliehen, worin die Pariser Zeitungen den Beweis erblicken, daß der Kaiser große Sympathien für Frankreich habe.
Der Czar erließ anläßlich der glücklichen Errettung aus Lebensgefahr einen Amnestieerlaß für politische und nihilistische Vergehen.
Eine holländische Gesellschaft hat der italienischen Regierung vorgeschlagen, den Tabakbau und die Fabrikation gegen eine Pauschalsumme von 400 Millionen zu pachten.
Auch in Italien sollen die Hauptlinien der Eisenbahnen, so Neapel=Rom, Neapel=Pisa und Mailand=Turin, um bei einer Mobilmachung mehr leisten zu können, mit zweiten Geleisen, die sie bis jetzt noch nicht haben, versehen werden.
Die englische Regierungspolitik hat einen bedeutsamen Erfolg davon getragen. Das Unterhaus nahm in dritter Lesung die irische Pachtankaufsbill an, welche bezweckt, durch allmählige Schaffung eines freien bäuerlichen Grundeigenthums die Quelle der irischen Unzufriedenheit endgiltig zu verstopfen.
Der deutsche und englische Admiral haben am Donnerstag im Namen des Sultan von Sansibar eine gemeinschaftliche Proklamation über den auf Sonntag Mittag festgesetzten Beginn der Blockade erlassen. Die deutschen Schiffe bewachen die Küste von Lindi bis Mange, die englischen von Wang bis Lamu. Die deutschen Schiffe "Sophie und Karola" haben bereits die Küste gegenüber Sansibar bombardiert. Auch wurden Mannschaften gelandet, welche die Aufständischen aus Lindi, einem Dorf südlich von Bagamoyo, verjagten und das Dorf zerstörten, wobei 1 Matrose leicht verwundet wurde. Dagegen soll ein anderer deutscher Matrose beim Kapern eines Sklavenschiffes tötlich verwundet worden sein. Der Sultan ist noch immer ernstlich krank.
Fürst Ferdinand hat sich bereit erklärt, 2 Millionen Franks zur Gründung einer bulgarischen Universität in Sofia herzugeben. Es sollen zunächst nur 3 Fakultäten (eine theologische, eine juristische und eine philosophische) errichtet werden. Augenblicklich giebt es in Bulgarien 2000 Volksschulen, welche dem Staate bedeutende Kosten verursachen.


- Ueber die Ergreifung des Mörders Dauth. Dauth war jener Minna Bloch, die er auf dem Dampfer "Hammonia" auf der Fahrt von New=York nach Hamburg kennen gelernt hatte, nach Karlsruhe gefolgt. Die Ergreifung und Verhaftung des Mörders ist einem Offizier zu danken, welcher Dauth damals auf dem Dampfer Hammonia gesehen hatte und ihn in Karlsruhe in dem Augenblick antraf, als er das Haus, in welchem jenes Frauenzimmer wohnte, betrat. Der Offizier machte hierauf der Polizeibehörde in Karlsruhe von seiner Entdeckung Mittheilung. Dauth war in Karlsruhe unter dem Namen Fischer aus Frankfurt a. M. im Hotel "Weißen Bär" abgestiegen. Den übrigen Bewohnern des Hotels und der Dienerschaft war sofort das scheue und finstere Wesen des Gastes aufgefallen. Die Verhaftung erfolgte durch die Karlsruher Polizeibeamten Schlich und Schweizer, welche in die Wohnung des Frauenzimmers eindrangen. Anfänglich leugnete Dauth auf das Entschiedenste, der Verfolgte zu sein. Es war auch vorerst nicht möglich, ihn genau zu rekognoszieren, denn Dauth hatte sich den Bart abnehmen und das Haar kurz scheeren lassen. Er wurde aus der Wohnung des Mädchens in das Untersuchungsgefängniß übergeführt, wo man sogleich ein Verhör mit ihm vornahm. Dabei verwickelte sich Dauth in so viele Widersprüche, daß er endlich zugeben mußte, der Verfolgte zu sein. Namentlich wurde er dadurch zum Geständniß gezwungen, daß man bei ihm die sämmtlichen, dem Ermordeten gestohlenen Sachen vorfand. Erst um 11 1/2 Uhr abends war Dauth mit Bestimmtheit rekognosziert und wurde dann in Begleitung der beiden Beamten gefesselt zum Bahnhof geführt. Tauth war sehr unruhig, seine Blicke waren unstät, seine Augen blickten finster. Man befürchtete einen Gewaltakt von ihm, und so wurde er zur besseren Sicherheit in Eisen geschlossen. Sein Gesicht hatte, abgesehen von den erwähnten Veränderungen, auch sonst ein ganz anderes Aussehen erhalten, es war stark geröthet und aufgedunsen. Allem Anschein nach hat Dauth während der Zeit seiner Verfolgung stark getrunken. Bei seiner Verhaftung trug Dauth einen schwarzen Jacket=Anzug. Dauth hat einen Reisekoffer bei sich geführt, in welchem man die dem Hülseberg geraubten Sachen vorfand. Außerdem befanden sich in dem Koffer mehrere Stücke Gardinen, welche er nach der Mordthat vom Fenster heruntergerissen hat, sowie eine Spreitdecke. Beides war mit Blut getränkt. Vermutlich hat er sich mittelst dieser Zeugstücke vom Blut zu reinigen versucht. Weshalb er diese ihn so leicht verrathenden corpora delicti aufbewahrt und mit sich geführt hat, erscheint unbegreiflich. Am Freitag Morgen traf er in Hamburg ein.
- Eine schlechte Gewohnheit. Lord Dudley hatte die fatale Gewohnheit, seine Gedanken immer laut zu äußern, was am englischen Hof, wo er sehr wohl gelitten war, häufig Anstoß erregte. Er glaubte nach Georgs IV. Tod eine Verschlechterung in der königlichen Küche zu bemerken und sagte eines Tages, dicht neben König Wilhelm sitzend, ganz laut: "Das ist eine schöne Bescherung, kalte Pasteten und warmer Champagner." Als einmal das Thronfolgerpaar bei ihm speiste, führte er die Kronprinzessin zu Tisch. Kaum hatte man sich niedergelassen, so sagte er, zu sich selber redend: "Was man mit solchen Königlichen Hoheiten auch für Umstände machen muß! Ob ich sie wohl, wie jede andere Dame, auffordern darf, ein Glas Wein mit mir zu trinken?" Gegen das Ende der Mahlzeit wiederholte er die Aufforderung und die Prinzessin erwiderte lächelnd: "Sehr gerne, Mylord, aber ich habe schon ein Glas Wein mit Ihnen getrunken." "Die Spitzbübin, das hat sie," war seine Antwort.
- Eine Herkulesarbeit hat der bekannte Baron Hirsch vor, der von den Hunderten von Millionen, die er sich durch große Bahnbauten und Spekulationen erworben hat, 12 Millionen Francs gestiftet hat, um seine Landsleute, die orthodoxen Juden in Galizien und in der Bukowina auf höhere Kultur zu bringen. Die Zinsen der Gründung sollen zum guten Theil auf Gründung von Ackerbau= und Gewerbeschulen verwendet werden. Wer die unglaublichen Zustände dort kennen lernen will, lese die neuen Schriften von Franzos: "Halbasien" u. s. w.
- Papst Leo XIII. hat wieder einmal eine Erbschaft gemacht. Bei der Eröffnung des Testaments eines vor ein paar Wochen verstorbenen Advokaten, eines Hagestolzen, fand sich, daß derselbe seinen ganzen Besitz im Betrage von etwa einer Million Lire Sr. Heiligkeit vermacht hatte. Außerdem hatte er seiner alten Wirthschafterin eine Rente von monatlich 45 Lire und seiner eigenen Schwester eine solche von monatlich 5 Lire ausgesetzt. Die so höhnisch behandelte Schwester hat die Gültigkeit des Testaments vor Gericht angefochten.
- Moderne Lebensläufe. Als kürzlich der 70jährige Buchbindermeister Anton Guldener in Budweis starb, entdeckte man, daß er ein Freiherr v. Lobes und der letzte seines einst berühmten Stammes war. In demselben Budweis bewarb sich ein junges hübsches Mädchen bei der Behörde um ein Arbeitsbuch, erhielt es und arbeitet als Fabrikmädchen. Sie ist eine geborene Gräfin Kecglevich aus Preßburg, 1874 geboren.
- In welchen Abgrund von Finsterniß der Aberglaube die Menschen sinken läßt, beweist folgender Fall. Zwei wegen Diebstahls und Raubes schon mehrfach bestrafte Bauern des Dorfes Trostjanzo in Südrußland hatten, wahrscheinlich in irgend einem Gefängniß, gehört, daß aus Menschenfett angefertigte Kerzen die Diebe und Räuber unsichtbar machen und ihnen gestatten, bei ihrem Schein unbe=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 3]

merkt in fremden Häusern nach Belieben zu schalten. Um sich Menschenfett zu verschaffen, wurde mit kaltem Blut ein Mord beschlossen. Zuerst kam ihnen im Wald ein Bauer ihres Dorfes in den Wurf, da derselbe aber ein Beil hatte und als ungemein stark galt, so ließen sie ihn unbehelligt und gingen weiter. So kamen sie zu einem Bienenstand und erblickten einen Dorfpriester, der ziemlich wohlgenährt war. Alsbald wurde dessen Tod beschlossen. In dem Augenblick jedoch, als sie über den Priester herfallen wollten, kam ein Bauer und holte den Priester zu einer Amtshandlung. Die Bauern setzten ihren Weg fort, bis ihnen ein Bauernmädchen entgegenkam. Die Bauern ermordeten das Mädchen, schnitten ganze Streifen Fleisch aus, kochten es aus und verwahrten das Fett in einem, dem Mädchen abgenommenen Tuch. Das Mädchen wurde wohl vermißt, aber Niemand wußte Auskunft über dasselbe zu geben, und so schien die Unthat ungestraft zu bleiben. Bei einer Haussuchung anläßlich eines Diebstahls fand man jedoch bei einem der Mörder das geraubte Tuch mit ausgelassenem Fett; das Verbrechen kam an den Tag und die beiden Unmenschen warten jetzt im Kursker Gefängniß ihrer Strafe Die Verhandlung dieses Falles soll in nächster Zeit stattfinden.
- Infolge der ungewöhnlich milden Witterung, welche die letzten Wochen in England geherrscht hat, blühen im Garten der Botanischen Gesellschaft in London eine Anzahl Schlüssel= und Gänseblumen.
- Auf der Insel Wight herrscht so milde Witterung, daß in Ventnor nicht nur Primeln, sondern auch Rosen, Geranien, Fuchsien und Heliotropen blühen und auf den Feldern die Lämmer weiden.
- An den Küsten von New=England. New=Jersey und Virginien haben durch den jüngsten Sturm 50 Schiffe gänzlich oder theilweise Schiffbruch gelitten. Dabei ist auch der Verlust von 45 Menschenleben zu beklagen.
- Der Yildiz Kiosk, die Residenz des Sultans, ist in der Nacht zum Sonntag schon wieder einmal der Schauplatz von stürmischen Auftritten gewesen, da ein Theil der anatolischen Truppen die sofortige Zahlung der Soldrückstände verlangte. Auf Befehl des Sultans mußte der Finanzminister die Soldaten noch in derselben Nacht befriedigen, gleich darauf erfolgte aber auch die Einschiffung sämmtlicher Beschwerdeführer auf 4 Regierungsdampfern, die alsbald nach verschiedenen anatolischen Häfen abfuhren. Auch der betreffende kommandierende General wurde unverzüglich gewechselt.

Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die nachstehend bezeichneten, auf der Herrnburger Feldmark belegenen Grundstücke des Gärtners Hans Heinrich Ludwig Retelsdorf als: [ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 0]

2. den Pfarrantheil im Dämmenmoor, groß 94 Ar. 66 qm. Nr. 173 Litt. A derselben Karte, und
3. den zwischen dem Dämmenmoor und der Bockhorst sich hinziehenden Pfarrantheil, groß 3 H. 75 Ar. 19 qm., Nr. 181 Litt. A der Karte, sowie die östlich von der Bockhorst gelegene Pfarrwiese, groß 35 Ar. 50 qm.,
welche Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 16. Februar 1889,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 27. November 1888.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.      


Am 15. d. M. ist aus einem Privathause in Schönberg eine goldene Damenuhr mit netzartiger Gravierung auf der Rückseite, sowie eine mattgolde s. g. Bismarck=Kette mit Knebel gestohlen worden. Um Vigilanz und Benachrichtigung wird gebeten.
Neustrelitz, den 24. November 1888.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Weiden=Auction.

Am Montag, den 10. Dezember d. J., von Vormittags 10 Uhr ab, sollen auf dem Bahnhofe Grevesmühlen

etwa 90,000 Stück Bandstöcke
in verschiedenen Stärken

und an demselben Tage, von Nachmittags 2 1/2 Uhr ab, auf dem Bahnhofe Kleinen

etwa 3000 Bund 1= bis 3jährige
grüne Korbweiden

öffentlich meistbietend gegen sofortige Baarzahlung verkauft werden.
Schwerin, den 29. November 1888.

Meckl. Friedrich Fanz=Eisenbahn.
Der Eisenbahnbaumeister.
Loycke.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Donnerstag, den 6. December d. J., Vormittags 10 Uhr sollen im Pfandlokale hieselbst
          ein Sopha,
          ein Eckschrank,
          ein Sophatisch,
          ein Schrank mit Glasthüren und
          ein tafelförmiges Clavier
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 29. November 1888.

Staffeldt. Gerichtsvollzieher.        


Am Mittwoch und Donnerstag habe ich eine Ladung

feiner Magnum bonum und Dabersche
Eßkartoffel
auf dem Bahnhofe, die ich billigstens empfehle.                          
                                                    Aug. Spehr.


Gold-Cream-Seife
von Carl John & Co., Berlin N u. Cöln a. Rh.
ist unübertroffen gegen rauhe und spröde Haut und namentlich Damen zur Erhaltung eines schönen Teints zu empfehlen,
à Packet (3 Stück) 50 Pfg.
                                                    W. Heitmann, Buchbinder.


Um ganz damit zu räumen!

verkaufe ich von heute ab alle von der Saison übrig behaltenen Hüte mit 20 % Rabatt.

                                                    Achtungsvoll
                                                    H. Bohnhoffs Wwe.


Brillant-Aufbürstfarben.

Verblichene Kleider= und Möbelstoffe lassen sich durch einfaches Ueberbürsten auf das Schönste wiederherstellen. Vorräthig in Flaschen à 1/2 Liter 25 Pfennig bei

                                                    H. Brüchmann.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 4]

Gr. Weihnachtsausstellung
bei Heinr. Pagels, Lübeck.
Das Neueste in practischen, hauswirtschaftl. Maschinen & Geräthen.


Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1889 ist erschienen und an den bekannten Verskaufsstellen zum Preise von 25 Pf. pro Exemplar zu haben.


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 9. d. Ms.:
Grosser Ball
mit doppelt besetztem Orchester.                          
Anfang 7 Uhr.
Entree für Herren 75 Pfg.         Damen frei.
Es ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Am Sonntag, den 16. d. M.,
Abends 8 Uhr, wird in Boye'schen Saale eine
Gesangs=Aufführung

von Schülerinnen der beiden ersten Klassen unserer Mädchenschule unter gefälliger Mitwirkung des Männergesangvereins "Teutonia" und einiger Dilettanten stattfinden, wozu hierdurch freundlichst eingeladen wird.
Eintrittsgeld nach Belieben, und soll die Einnahme zu einer Weihnachtsbescheerung armer Kinder verwandt werden.
Schönberg, den 3. Dezember 1888.

J. Carlau. Organist.        


Gut ausgesuchte Aepfel!!!

        Grand=Richard,
        Grafensteiner,
        Nonnen,
        Pigeon,
        Traubapfel,
        Winteräpfel u. s. w.

Tafelbirnen, Kochbirnen u. Backobst
zu den billigsten Preisen empfiehlt                          
                                                    J. Koopmann.


I a Weizenmehl, Gerstgrütze, Sult. Pflaumen, amerk. Schnittäpfel, Vict. Erbsen, grüne und gelbe Brecherbsen, weiße Schmalzbohnen, Tannenbaumlichte und Bisquits, Wall- und Haselnüsse, engl. Kuchenssyrup, Succade, Orangeat, engl. Salz, Magdebg. Salzgurken, sowie sämmtliche Gewürze empfiehlt

W. Wieschendorf.        


Messina-Apfelsinen
feinschalige saftreiche Frucht
empfiehlt                                                    
                                                    Wilh. Miltzow,
                                                    Bäcker und Conditor.


Violinen 6 Mk.

Violinbögen 2 Mk., Violinkästen 5,50 Mk., Notenpulte, Saiten und Musikalien für alle Instrumente. Volks= und Geschichtsbücher zu billigen Preisen.
Gebrauchte Instrumente: 1 Tuba mit 4 Veutilen in F, 1 Militärtrommel, 1 Flügelhorn.

Musikalien-Handlung von E. Putzger,
Lübeck, Beckergrube 27.


Christbaum=Confect!
(delicat im Geschmack und reizende Neuheiten für den Weihnachtsbaum)
1 Kiste enthält cr. 440 Stück. versende gegen 3 Mark Nachnahme.
Wiederverkäufern sehr empfohlen.

                                                    Hugo Wiese, Dresden,
                                                    Kaulbachstr. 33 I.


Empfehle und halte auf Lager gute Danziger
Futtererbsen
                                                    J. H. Freitag.


Zu einer Weihnachtsbescheerung für arme Kinder erbitten wir freundlichst Gaben aus der Gemeinde und ersuchen solche uns gütigst bis zum 20. des Monats zukommen zu lassen.

Kaempffer.                           Langbein.

Schönberg, den 2. December 1888.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten
                          Bankhauses A. Wolfsberg
in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser noch besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 95 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 4. December 1888.


- Das im Entwurf fertige bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich, an welchem viele der besten deutschen Juristen viele Jahre lang gearbeitet haben, findet viele Gegner, die es geradezu verwerfen. Der neueste ist Felix Dahn, Professor des deutschen Rechts an der Universität Breslau. Oeffentlich erklärt er: "Im Jahre 1900 wird man es nicht begreifen, wie kläglich ungenügend man 1888 bei Herstellung dieses Gesetzbuches dem Einheitserforderniß und dem Verlangen nach deutschem (nicht römischem) Recht gerecht ward. Der Entwurf ist viel zu wenig deutsch nach Inhalt und Form, in Gedanken und Sprache, dem Volk zu unverständlich, zu wenig volksthümlich, zu lehrhaft, er entspricht dem Einheitsbedürfniß bei weitem nicht, er entbehrt jeder tiefgründigen Schöpfung aus dem Quickborn unserer Sprache, man steht durstend vor dieser todten Trockenheit. Was würde Meister Jakob Grimm zu dem Deutsch dieses deutschen Gesetzbuches gesagt haben?
- Vom Grafen Herbert Bismarck weiß die "Daily News" folgendes Geschichtchen aus Rom zu erzählen, das sich bei dem Besuch des Kaisers im Vatikan zugetragen haben soll. Das Blatt verbürgt sich für seine Erzählung und deshalb mag dieselbe hier wiedergegeben werden. Auch mit dem Grafen Herbert Bismarck soll der Papst einige Worte gewechselt und zu demselben u. a. gesagt haben: "Wenn die Ereignisse von 1870 von mir abgehangen hätten, würde alles schleunigst geregelt worden sein. Jetzt, nachdem so viel Zeit verflossen ist, ist es schwieriger; allein ich werde die verlorene Zeit wieder einholen." Darauf soll Graf Herbert Bismarck erwidert haben: "Gott hat es dem Menschen nicht möglich gemacht, einen Augenblick seines Daseins zurückzurufen, und Ew. Heiligkeit wollen 18 Jahre zurückrufen!"
- Sir Morell Mackenzie ist aus dem kgl. Kollegium der Aerzte ausgetreten, um jenen 69 seiner Kollegen, die in dem Fall, daß er bleibe, mit ihrem Austritt gedroht hatten, das Bleiben zu ermöglichen. Von der schottischen Gesellschaft für Litteratur und Kunst ist er dagegen "in Anbetracht seiner der Litteratur geleisteten Dienste" zum Ehrenmitglied ernannt worden. Die Reklame=Schreierei gehört also auch zur Litteratur!
- In den nächsten Tagen feiert das Geschäft von Rudolf Herzog in Berlin das Fest seines 50jährigen Bestehens und zu gleicher Zeit der Inhaber des Geschäftes das Fest der goldenen Hochzeit. Vier Tage sind für die Feier in Aussicht genommen.
- In Berlin hat sich ein Arbeiterverein "Königstreue" gebildet. Nur Arbeiter, welche nicht Handwerker sind, waren zu der ersten Versammlung zugelassen. Es hatten sich 60 Personen, darunter ein Drittel Sozialdemokraten eingefunden, die aber in der Versammlung nicht zum Wort zugelassen wurden. Nach den Statuten wollen die Mitglieder dieses Vereins "den Kaiser und seine Regierung nach Kräften unterstützen" und die Interessen der Arbeiter fördern. Sozialdemokraten sind ausgeschlossen.
- Das "Köllnische Gymnasium" in Berlin, welches an einem Spreearm gelegen ist, hat den Schlittschuhlauf in seinen Schulplan aufgenommen.
- Der fliegende Schlächterwagen ist etwas Neues in Berlin. Wie ein Möbelwagen aussehend, zeigt er innen einen vollständig eingerichteten Schlächterladen: appetitliche Kalbs= und Hammelkeulen, Schweine= und Rinderviertel, Würste und Gänse, und Waage, Hauklotz und Beil fehlen nicht. So ausgestattet und für Jedermann zum Dienst bereit, fährt er durch die Straßen und erspart den Kunden das Schicken.
- In Bremen hat man am Montag in einem Eisenbahnwagen die Leiche eines jungen Mannes gefunden, welcher in der linken Hand die in Danzig aufgenommene Photographie eines jungen Mädchens, in der rechten Hand einen Revolver hielt, womit er sich in die rechte Schläfe geschossen hatte.
- Eine Müllerin in Sommerfeld ordnete in ihrem Testament an, daß sofort nach ihrem Tod ihre beiden guten Pferde von dem Roßschlachter geschlachtet werden sollten, damit sie keinem neuen Herrn in die Hände fielen. So geschah's, die Thiere wurden mit Kränzen geschmückt zum Schlächter geführt und die Hufe dem Testamentsvollstrecker übergeben.
- Ein höchst bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich in Hemmerde bei Unnar (Westphalen). Der Besitzer der dortigen Apotheke litt schon seit längerer Zeit an Schlaflosigkeit, was ihn veranlaßte, Mittel dagegen zu nehmen. Das that er auch vor einigen Abenden; ob er nun diesmal eine zu starke Dosis genommen oder einen Fehlgriff gethan hat, genug, plötzlich sank er mit dem Schreckensruf: "Ich bin vergiftet!" zu Boden. Die sofort angewandten Gegenmittel waren ohne Erfolg; der Unglückliche gab bald seinen Geist auf. Der Verstorbene lebte in den günstigsten Vermögens= und Familienverhältnissen.
- Durch Einathmen von Kohlenoxydgas erstickten im Schlafe zwei Menschen in der Mühle zu Ketelsbüll (Schleswig=Holstein). Frisch und munter waren der Müllergeselle und der Müllerbursche am Abend mit einander zur Ruhe gegangen; am nächsten Morgen fand man Beide im Bette todt vor, die dem Ofen entströmenden giftigen Gase hatten ihnen das Leben geraubt.
- Eine abgebissene Fingerspitze bildete kürzlich in Nürnberg den Gegenstand einer schöffengerichtlichen Verhandlung. Der Angeklagte, der um seine scharfen Zähne zu beneiden ist, hatte bei einem zu Thätlichkeiten ausgearteten Streite seinem Gegner die Fingerspitze abgebissen und muß nun hiefür eine achttägige Gefängnißstrafe verbüßen.
- Frau Cosima Wagner hat kürzlich in Karlsruhe mit Kapellmeister Mottl und Kommerzienrath Gros aus Bayreuth verhandelt und beschlossen, daß im Jahre 1889 keine Aufführungen in Bayreuth stattfinden werden.
- Mit den langen Abenden kommen an der deutsch=russischen Grenze wieder die Pferdediebstähle in Flor. Die gefürchteten Menschen stehlen mit erstaunlicher Frechheit die besten und werthvollsten Thiere aus den Ställen, ohne daß es gelingt, ihrer habhaft zu werden.
- In Preßburg wurde ein Pionier auf offener Straße dicht bei der Honvedkaserne ermordet. Einige Vorübergehende sahen einen Civilisten plötzlich sich auf den Pionier stürzen und diesen niederstechen.


Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 95 Seite 6]

Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.


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