No. 94
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. November
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 1]

            Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß

der Webermeister Joachim Wienck in Carlow

von der unterzeichneten Behörde als Fleischbeschauer für die Ortschaft Carlow und Umgegend angenommen und heute als solcher beeidigt worden ist.
                  Die Taxe für den Fleischbeschauer beträgt
                  a. für die Untersuchung eines Schweines jedesmal 75 Pfennig (Mecklenburg).
            b. für diejenige eines einzelnen Fleischtheiles, also auch einer Seite amerikanischen Specks 50 Pfennig (Mecklenburg).
            Schönberg, den 7. November 1888.

Großherzoglich Mecklb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.

H. Spieckermann.        


Kaiser Wilhelm II. hat in dem alten stolzen Berliner Königsschloß ständigen Wohnsitz genommen und ist mit seiner Gemahlin und Familie bereits dort eingezogen, nachdem es in einzelnen Flügeln innen umgebaut und wohnlich eingerichtet worden ist. Berliner Kunst und Kunstindustrie haben in der Ausschmückung glücklich gewetteifert. König Friedrich Wilhelm III. wohnte s. Z. mit der Königin Luise im benachbarten Prinzenpalais, es war ihm heimischer, Friedrich Wilhelm IV, wohnte einen großen Theil des Jahres in Charlottenburg und in Sanssouci, Kaiser Wilhelm hatte sich schon als Prinz von Preußen sein eigenes Palais unter den Linden gebaut, das er bis zu seinem Tod bewohnt hat. Das alte Königsschloß wurde seit langen Jahren nur bei großen Hoffesten und fürstlichen Besuchen benutzt, der berühmte Weiße Saal diente zur feierlichen Eröffnung des vereinigten Landtags (1847), der Landtage und des Reichstages. Das Schloß hat seine eigene, sehr interessante Geschichte, abgesehen von der Weißen Frau, die einst in dem selben ihr Wesen getrieben haben soll.
Von der Herzogin von Aosta, die einige Tage mit ihrem Gemahl in Berlin zum Besuch am kaiserlichen Hof geweilt hat, sind alle Berliner entzückt. Es hat den Berlinern schon gefallen, den italienischen Prinzen in der kleidsamen Uniform eines preußischen Husaren=Regiments einhergehen zu sehen, die eigenartige Schönheit seiner Gemahlin aber hat allgemeine Bewunderung erregt. Alle Personen, die sich mit der Herzogin haben unterhalten können, sind entzückt von dem Liebreiz, den ihr ganzes Wesen ausstrahlt, den Fernerstehenden, die sie bei der Eröffnung des Reichstages gesehen haben, ist die vornehme Eleganz ihrer Erscheinung, das typisch napoleonische Antlitz mit dem vollendeten Oval des Gesichts, den dunklen tiefen Augen, der ruhigen Stirn, dem edelgeformten Mund aufgefallen. Bei dem Entgegenkommen, welches den italienischen Gästen von allen Seiten gezollt worden ist, darf man hoffen, daß sie eine freundliche Erinnerung von Berlin mit sich genommen haben, wo man ihnen ein gutes Andenken bewahren wird. Am Montag Abend hat das herzogliche Paar Berlin wieder verlassen, um nach Italien zurückzureisen. Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich=Este hat von Berlin schon am Sonnabend Abend Abschied genommen.
Der Großfürst und die Großfürstin Wladimir von Rußland werden am Mittwoch abend zum Besuch am Berliner Hofe eintreffen und voraussichtlich im königlichen Schlosse absteigen.
S. M. der Kaiser hat am Montag Mittag gegen 1 Uhr das Präsidium des Reichstags in Audienz empfangen. Der Kaiser soll den Herren gegenüber seine Freude über deren Wahl Ausdruck gegeben, politische Dinge im Uebrigen aber nicht erwähnt haben. Herr v. Levetzow wird dem Reichstag über den Empfang die übliche Mittheilung in der heutigen Sitzung machen.
Die Stärke der Reichsparteien ist nach dem amtlichen Fraktionsverzeichniß gegenwärtig folgende: Die Deutschkonservativen zählen 75 Mitglieder und 2 Hospitanten; die Freikonservativen 39 Mitglieder; das Zentrum 96 Mitglieder und 3 Hospitanten; die Polen 13 Mitglieder; die Nationalliberalen 92 Mitglieder und 3 Hospitanten; die Freisinnigen 36 Mitglieder, die Sozialdemokraten 10. 6 Mandate sind zur Zeit erledigt.
An Anleihevorlagen hat der Reichstag bisher bewilligt für 1 144 369 776 M. 41 Pfennig (Mecklenburg)., die erste Milliarde ist also überschritten. Aufgenommen sind bis November 1887 814 934 026 M. 93 Pfennig (Mecklenburg). Ueber das letzte Jahr fehlen die genauen Angaben noch.
Aus der Reichskasse kommen für 1889/90 an die Einzelstaaten zur Vertheilung 282 440 000 Mk. Davon erhalten, wenn der Voranschlag zutrifft, Preußen rund 170,1 Millionen, Bayern 32,5, Sachsen 19,1, Württemberg 11,9, Baden 9,6, Hessen 5,7, Mecklenburg=Schwerin 3,4, Sachsen=Weimar 1,8, Mecklenburg=Strelitz 0,59, Oldenburg 2,0, Braunschweig 2,2, Sachsen=Meiningen 1,2, Sachsen=Altenburg 0,96, Sachsen=Coburg und Gotha 1,1, Anhalt 1,4, Schwarzburg=Sondershausen 0,44, Schwarzburg=Rudolstadt 0,50, Waldeck 0,33, Reuß ä. L. 0,33, Reuß j. L. 0,66, Schaumburg=Lippe 0,22, Lippe 0,74, Lübeck 0,40, Bremen 0,99, Hamburg 3,1 und Elsaß=Lothringen 9,3 Millionen Mark. Diese Beträge werden aus den Zöllen, der Tabaksteuer, der Verbrauchsabgabe von Branntwein und der Reichsstempelabgabe entnommen.
In dem zur Vorlage an den Reichstag bestimmten Handelsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz sind gegenseitig Tarifreduktionen und Bedingungen festgesetzt. Deutschland hat für Baumwolle und Seidenartikel, auch für Uhren, eine Zoll=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 2]

ermäßigung zugestanden, die Schweiz für Bier, Baumaterialien und einige andere Posten.
Die von der konservativen Partei wie vom Zentrum gestellten Anträge auf Einführung des Befähigungsnachweises für Handwerker sind jetzt im Reichstage eingebracht worden.
In dem neuen Reichshaushaltsetat sind die Bezüge der Commandanten Sonderburg=Düppel und Stralsund als "künftig wegfallend" bezeichnet. Sonderburg=Düppel und Stralsund sind danach, wie es im vorigen Jahre mit Colberg der Fall war, als Festungen aufgegeben worden.
Dem Militäretat sind nachträglich noch folgende Einzelheiten zu entnehmen: Die Zahl der Ersatzreservisten für die erste Uebung von zehn Wochen ist im preußischen Kontingent auf 12 500 Mann festgesetzt, für die zweite sechswöchige Uebung auf 10 500 Mann und für die vierwöchige Uebung auf 9500 Mann. Im sächsischen Kontingent sind für die erste Uebung 1750, für die zweite 1500 und für die dritte 1000 Mann festgesetzt; im württembergischen Kontingent sind für die erste Uebung 1240, für die zweite 810 und für die dritte 660 Mann.
Wie die Berliner Neuesten Nachrichten melden, ist die Annahme eines neuen, ganz eigenartig konstruierten Infanterie=Gewehres für die deutsche Armee seitens der Waffenprüfungskommission erfolgt. Dasselbe Blatt will noch von unbedingt zuverlässiger Seite in Erfahrung gebracht haben, daß man bereits mit der Herstellung der erforderlichen Werkzeugmaschinen in unseren Kriegswerkstätten beschäftigt sei, um die gesammte deutsche Armee in möglichst kurzer Zeit mit dieser neuen Waffe ausrüsten zu können.
Die deutschen Bischöfe, namentlich die preußischen sind nach Rom ad magnificum citirt worden, das heißt zum Papst, wenn auch nur unter der Hand. Sie werden auch nicht in Masse über die Berge wallfahren, sondern einzeln, heute einer und morgen einer, und in Rom Auskunft geben, ob es gerathen sei, im Deutschen Reich und namentlich wieder in Preußen, eine energische Bewegung für die sogenannte Unabhängigkeit des Papstes einzuleiten.
Zu dem soeben von Paris aus angekündigten Buche, welches die Falschheit der Politik Bismarcks nachweisen will, bemerkt die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung": "Wir gratulieren den Franzosen zu dieser Bereicherung ihres politisch=littarischen Schatzes, die ähnlichen Albernheiten der letzte 17 Jahre ebenbürtig zur Seite stehen wird. Vom Standpunkt der Psychologie (Seelenlehre) oder richtiger der Psychiatrie (Seelenheilkunde) ist der Vorgang von Interesse, weil er zeigt, bis zu welchem Grade von Verworfenheit der Haß gegen Deutschland große französische Kreise gebracht hat. Sie erscheinen einfach unzurechnungsfähig, man darf von ihnen jeder, auch der unvernünftigsten Handlung gewärtig und muß dagegen auf der Hut sein.
Die Schulbataillone, auf die man in Frankreich so viel Hoffnungen gesetzt hatte, sollen aufgehoben werden.
General Boulanger will sich scheiden lassen! Seine Frau, wie bekannt eine Engländerin, soll die Klage auf Scheidung gegen ihren würdigen Herrn Gemahl eingereicht haben, man munkelt aber, daß er es sei, der sie los sein wolle und nicht umgekehrt. Vielleicht will er seine Hand für eine Prinzessin frei machen, wenn er dereinst noch Kaiser werden sollte! Am vergangenen Mittwoch hat vor dem Civiltribunal der Seine der letzte Versöhnungsversuch stattgefunden, er ist jedoch gescheitert. Die beiden Gatten sind nun von neuem am 5. December vor den Tribunalspräsidenten geladen. Eine weitere Alarm=Nachricht bringt der "Gaulois". Er meldet, das Ministerium habe über die Auflösung der Patriotenliga verhandelt, die bekanntlich als "Specialität" den Rachekrieg gegen Deutschland predigt? Ob man den Muth dazu haben wird?
Nach den "Hamb. Nachrichten" will die ostafrikanische Gesellschaft den Reichstag um ein Darlehen von zehn Millionen zu dreieinhalb Prozent angehen, die insbesondere zur Organisation einer Truppe und zur Polizeiaufsicht verwandt werden sollen. Die auf Montag anberaumte Sitzung soll darüber beschließen.
Die "Times" meldet aus Sansibar, die ernste Krankheit des Sultans verzögere den Beginn der aktiven Operationen; die ursprünglichen Vereinbarungen seien dahin geändert, daß Deutschland den südlichen und England den nördlichen Theil der Küste blokiere; die deutsche Marinebesatzung in Bagamoyo habe sich wieder zurückgezogen, da infolge eines 6tägigen furchtbaren Regens das Fieber heftiger grassiert. In Sansibar sind zahlreiche unbeschäftigte Beamte der deutschen ostafrikan. Gesellschaft.
Zufolge einer Mitteilung aus Konstantinopel scheint der Sultan geneigt zu sein, sich mit der endgiltigen Einverleibung von Ostrumelien und Bulgarien für einverstanden zu erklären, unter der Bedingung, daß Fürst Ferdinand sich verpflichte, von allen Plänen auf Macedonien abzustehen.
- Schönberg. Der landwirthschaftliche Verein für das Fürstenthum Ratzeburg hielt am 26. d. M. im Boye'schen Gasthause hieselbst seine diesjährige ordentliche Herbstversammlung ab. In derselben hielt der Wanderlehrer Dr. Giersberg aus Hamburg einen Vortrag über künstliche Düngung und Düngemittel, dem die Mitglieder allseitig mit vielem Interesse folgten. Außer Erledigung der zur Debatte aufgestellten Fragen, beschloß der Verein eine Thierschau mit Wettrennen im nächsten Sommer hier nicht zu veranstalten.


- Schönberg. Am 26. d. M. wurden von dem Tischlermeister Fick in Schlagsdorf, welcher dort und für die Umgegend Schweine auf Trichinen mit behördlicher Genehmigung untersucht, in einem ihm von Thandorf eingelieferten Schweine Trichinen in großer Anzahl entdeckt. Jedenfalls ist hierdurch der Besitzer des geschlachteten Thieres sowie seine Familie vor schwerer Krankheit bewahrt und kann man nicht oft genug darauf hinweisen, wie dringend nothwendig es ist, das Fleisch geschlachteter Schweine vor der Verwendung auf Trichinen untersuchen zu lassen. Es gewinnt übrigens den Anschein, als ob man sich im hiesigen Fürstenthume allgemach zu der Ansicht schon durchringt, daß der Genuß trichinenhaltigen Schweinefleisches dem Menschen große Gefahren bringt; dafür spricht der Umstand, daß außer in Schönberg und Domhof Ratzeburg, woselbst 2 resp. 1 Trichinenschauer fungiren und woselbst Schweinefleisch nur nach vorheriger Untersuchung zur Verwendung gelangen darf, noch in Schlagsdorf, Carlow und Lüdersdorf je eine Person sich mit der Untersuchung von Schweinefleisch auf Trichinen beschäftigt und diese von der Landbevölkerung stark in Anspruch genommen werden, obwohl für das platte Land eine Verpflichtung zur Untersuchung von Schweinefleisch nicht besteht. Demnächst werden sich auch für Selmsdorf und Umgegend Trichinenschauer etablieren, wie uns mitgetheilt wurde.
- In Stavenhagen ereignete sich ein schrecklicher Vorfall auf dem Bahnhofe. Als der 2 Uhr 30 Min. fällige Schnellzug nach Malchin abfuhr, warf sich der Rollfuhrmann Kr. hinter dem Güterschuppen auf das Geleise. Obgleich sofort das Nothsignal gegeben und der Zug zum Stehen gebracht wurde, so wurde der Unglückliche doch vom Zuge überfahren und furchtbar zermalmt. Einen schauerlichen Anblick gewährte es, als man den über und über mit Blut bedeckten Leichnam unter dem letzten Wagen hervorzog. Das eine Bein war vom Körper gerissen und auf eine Entfernung fortgeschleudert, während das andere fast abgetrennt war. Am Kopfe befand sich eine große Wunde. Die Leiche wurde auf dem Rollfuhrwerk des Kr. in die Todtenkammer des Krankenhauses übergeführt. Ueber die Motive, die den Kr. getrieben haben, einen solch furchtbaren Entschluß auszuführen, gehen die Meinungen auseinander. Er war unverheirathet und einige dreißig Jahre alt und war die Stütze seiner alten Eltern. Man hat nur von ihm gehört, daß er ein fleißiger und ordentliche Mann war.
- Aus Mecklenburg. Ein ebenso allgemeines wie peinliches Aufsehen, besonders in den höheren Kreisen der mecklenburgischen Bevölkerung, erregt die bereits gemeldete Verhaftung des Forstmeisters Schmarsow, der auf Anordnung des Staatsanwaltes von 2 Gensdarmen von Rehna, seinem Wohnsitz, als Arrestant in das Untersuchungsgefängniß des

[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 3]

Landgerichts Schwerin eingebracht wurde. Der Forstmeister Schmarsow, ein angehender Vierziger, war erster Inspektionsbeamter der Forstbezirke Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen, bewohnte den sehr stattlichen Forsthof unweit Rehna und wird angeklagt, bedeutende Unterschlagungen amtlicher Gelder - wie man sagt von 12 000 Mark - verübt zu haben. Derselbe machte als Reserve=Offizier im Mecklenburgischen Jäger=Bataillon No. 14 den Feldzug von 1870/71 in Frankreich mit, ward dabei vom Großherzog Friedrich Franz II., der einige Zeit General=Gouverneur von Lothringen war, mit der Verwaltung der Staatsforsten daselbst beauftragt, ließ sich dabei aber so mancherlei Rücksichtslosigkeiten und Eigenmächtigkeiten zu schulden kommen, daß er auf höhere Veranlassung bald wieder von diesem Posten abgelöst wurde. Der Forstmeister Schmarsow war in den Sport= und Jagdkreisen Mecklenburgs eine sehr angesehene Persönlichkeit und gehörte auch dem Vorstand des Mecklenburgischen Zweigvereins des allgemeinen deutschen Jagdschutz=Vereins an.
- Die nunmehr abgeschlossene Untersuchung über das Eisenbahnunglück bei Borki hat folgendes ergeben: Schwellen, Schienen, Bahndamm, Beschotterung, Lokomotiven entsprechen allen Anforderungen; die große Fahrgeschwindigkeit war bei der gegen alle Regeln verstoßenden Zusammensetzung des Zuges unbedingt gefährlich; der seit 1866 nicht untersuchte Waggon des Bautenministers darf als die Ursache der Entgleisung gelten; in 12 Waggons fehlten die automatischen Bremsen oder waren untauglich; die Benutzung von 2 Lokomotiven verschiedener Fahrgeschwindigkeit war auf einer Bahn mit dem Profil der Charkow=Kursk=Asow=Bahn und bei so großer Fahrgeschwindigkeit des schweren Zuges unbedingt gefährlich. Aus diesen Momenten ergeben sich folgende Fragen: 1. Wer ordnete die Zusammenstellung eines so übermäßig schweren Zuges an?
2. Wer gestattete die Weglassung der Bremsen? 3. Wer erlaubte die Einstellung des Minister=Waggons in den kaiserlichen Zug? 4. Wer trägt die Verantwortung für die Zulassung zweier Lokomotiven verschiedenen Typus? 5. Wer befahl den Maschinisten schneller als vorgeschrieben war zu fahren? Die letzte Frage wird niemand besser beantworten können, als der Kaiser selbst. Die Wunde, welche die Kaiserin bei dem Eisenbahnunglück an der Hand erhalten hatte, ist fast ganz geheilt, dagegen machen sich noch immer die Folgen des Eindruckes bemerkbar, welchen die Katastrophe auf das Gemüth der Kaiserin hervorgebracht hat.
- Ueber einen wirklich schönen Durst, welchen einige Elephanten kürzlich in Chestertown entwickelt, wird aus London folgend berichtet; Ein offener Eisenbahnwaggon, in welchem sich sieben zu einem Cirkus gehörende Elephanten befanden, kam neben der Lokomotive eines anderen Zuges zu stehen. Einer der Dickhäuter streckte seinen Rüssel durch die Gitterwand des Waggons, hob den Deckel vom Wasserbehälter der Lokomotive und fing au zu trinken. Die anderen sechs Thiere folgten dem guten Beispiel, ohne daß es jemand bemerkte, bis der Maschinist die Lokomotive in Bewegung setzen wollte und fand, daß er kein Wasser hatte. Die sieben Elephanten hatten den ganzen Behälter leer getrunken.


Anzeigen.

Am 15. d. M. ist aus einem Privathause in Schönberg eine goldene Damenuhr mit netzartiger Gravierung auf der Rückseite, sowie eine mattgolde s. g. Bismarck=Kette mit Knebel gestohlen worden. Um Vigilanz und Benachrichtigung wird gebeten.
Neustrelitz, den 24. November 1888.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Die Stelle eines Registrators ist provisorisch besetzt.
Neubrandenburg, den 21. November 1888.

Der Vorstand der Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung der land= und forstwirthschaftlichen Arbeiter in Mecklenburg=Strelitz.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Donnerstag, den 6. December d. J., Vormittags 10 Uhr sollen im Pfandlokale hieselbst
          ein Sopha,
          ein Eckschrank,
          ein Sophatisch,
          ein Schrank mit Glasthüren und
          ein tafelförmiges Clavier
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 29. November 1888.

Staffeldt. Gerichtsvollzieher.        


Hagelschaden=Versicherungs=Verein für Mecklenburg=Schwerin und Strelitz zu Grevesmühlen.

In diesem Jahre sind versichert 2 126 935 Centner Getreide, nach den Preisen vom 15. August und 15. October d. J. zum Werthe von 17 299 610 M. 80 Pfennig (Mecklenburg). - Nach Vorschrift des § 35 der Statuten beträgt die beitragspflichtige Summe 13 054 064 M. 75 Pfennig (Mecklenburg). - Für die in diesem Jahre stattgefundenen 26 Hagelschäden sind mit Einschluß der Tax= und Administrations=Kosten, abzüglich des Kassenbestandes aufzubringen 69 149 M. und ist hiernach in heutiger Directorial=Versammlung der diesjährige Beitrag auf 56 Pfennig (Mecklenburg). pro 100 M. von der beitragspflichtigen Summe festgesetzt. - Nach der Versicherungssumme stellt sich der diesjährige Beitrag auf 40 Pfennig (Mecklenburg). und nach den verschiedenen Gefahr=Klassen zwischen 30 4/5 und 56 Pfennig (Mecklenburg). pro 100 M. - Nach Vorschrift der Statuten wird solches mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß jedem Mitgliede über die Höhe des zahlenden Beitrags eine besondere Abrechnung zugehen wird.
Grevesmühlen, den 17. November 1888.

Die Direction.


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[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 4]

Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1889 ist erschienen und an den bekannten Verskaufsstellen zum Preise von 25 Pf. pro Exemplar zu haben.


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Direction Friedrich Erdmann.
Freitag den 30. November 1888
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Theater-Bureau. Lübeck.


Ich bin jeden Donnerstag von 3 Uhr nachmittags an in Carlow, im Gasthause des Herrn Krellenberg, zu sprechen.
Schönberg, den 26. November 1888.

                                                    Schrakamp,
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Spieldosen
2-16 Stück spielend; ferner Necessaires, Cigarrenständer, Schweizerhäuschen, Photographiealbums, Schreibzeuge, Handschuhkasten, Briefbeschwerer, Blumenvasen, Cigarren=Etuis, Tabacksdosen, Arbeitstische, Flaschen, Biergläser, Stühle etc. Alles mit Musik. Stets das Neueste und Vorzüglichste, besonders geeignet zu Geschenken, empfiehlt
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Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 2. December.

        Vormittagskirche: Pastor Langbein.
        Abendkirche (6 Uhr:) Pastor Kaempffer.
            Amtswoche: Pastor Langbein.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten
           Bankhauses Mindus & Marienthal
in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser noch besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 9.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 94 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 30. November 1888.


- Die erste Hinrichtung unter Kaiser Wilhelm II. ist am Montag in Stettin vollzogen, und zwar an einem Schmiedegesellen Taillair, welcher ein junges Mädchen ermordet hatte.
- Auf Antrag des preußischen Justizministers ist durch einen königlichen Erlaß bestimmt worden, daß die Verleihung eines höheren Amtscharakters mit dem Rang der Räthe 4. Klasse zum Land= oder Amtsgerichtsrath statt wie bisher ein Drittel, nunmehr die Hälfte aller Land= und Amtsrichter in Preußen umfassen kann.
- Der Kultusminister von Goßler hat ein Gesuch der Kapuziner, in Nippes bei Köln eine Niederlassung gründen zu dürfen, abschlägig beschieden.
- Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Oldenburg haben Sonnabend abend von Oldenburg aus eine Reise nach Ostindien angetreten. Sie begeben sich zunächst nach Genua, um von dort am 26. d. zu Schiff zu gehen.
- Zum Tode des Landgrafen von Hessen, der bekanntlich auf der Reise ertrank, wird der "Nordd. Allg. Ztg." aus Singapore vom 30. Oktober geschrieben, daß die zur Aufsuchung der Leiche abgegangene Expedition unverrichteter Sache zurückgekehrt ist. Ein holländisches Kanonenboot ist noch damit beschäftigt, die gefährliche Küste von Banca abzusuchen. Die Eingeborenen pflegen solch aufgefundene Leichen von Europäern in dicke Stücke Holz zu wickeln und dann zu begraben, sie melden solches oft dem nächsten holländischen Beamten, da sie auf eine Belohnung rechnen. Ist der Körper auf See von Fischen angefallen, so sinkt derselbe, um nie wieder an der Oberfläche zu erscheinen.
- In Hamburg ist in der Nacht zum 24. d. Mts. der bekannte Spediteur Hülseberg einem grauenvollen Morde zum Opfer gefallen. Am Quaischuppen 22 fand man einen Koffer vor, aus dem Blut sickerte. Bei der Oeffnung desselben lag der Leichnam eines Mannes mit eingeschlagenen Hirnschädel darin. Der Koffer wurde sofort der Polizei übergeben und der Ermordete als oben benannter Spediteur ermittelt. Derselbe soll vergangenen Abend von einem früheren Steward, um Geldgeschäfte zu machen, in dessen Wohnung nach der Altstädter Neustraße bestellt worden sein. Wahrscheinlich wurde er da ermordet, da 3000 Mk. sowie seine goldene Uhr mit goldener Kette, die er bei sich trug, fehlen. Auch fanden sich in jener Wohnung Blutspuren. Des oder der Mörder konnte man nicht habhaft werden, auch sonst nichts Weiteres über die schreckliche Unthat ermitteln.
- Das Kriegsgericht in Mainz hat sich kürzlich mit einem Falle von Soldatenmißhandlung zu befassen gehabt. Nach Schluß der Verhandlung wurde der Unteroffizier Kind von der 6. Compagnie des 2. nassauischen Infanterie=Regiments Nr. 88 wegen dieses Verbrechens zu einer Festungsstrafe von 5 Jahren verurtheilt.
- In Leipzig wurde kürzlich ein Knecht von einem neugekauften Pferde derart geschlagen, daß er an den Folgen alsbald verstarb. Wie sich herausstellte, war das Thier ein Strangschläger, das die Neigung hat, bei dem geringsten Anlaß heftig auszuschlagen. Da der Verkäufer die Eigenschaft des Thieres verschwiegen hatte, so ist derselbe nicht allein wegen fahrlässiger Tödtung in Anklage genommen worden, sondern es hat auch die Familie des Verunglückten einen Anspruch auf Schadloshaltung, zu dessen Abfindung der Verkäufer sich bereit erklärt hat, erhoben.
- Kaiserin Eugenie ist von England wieder herüber aufs Festland gekommen, um sich von Dr. Meßger in Amsterdam massieren zu lassen. In Brüssel versammelt sie ihre Getreuen um sich und fragt, ob der Napoleonische Stern aufgeht. Sie geht am Stock, nicht wie früher, weil's elegant ist, sondern um sich zu stützen, ihr blondes Haar ist schneeweiß geworden und erinnert sie vielleicht daran, daß es viele Väter und Mütter giebt, die um ihres kleinen Krieges willen schon lange graue Haare bekommen haben. Das Massieren bekommt ihr übrigens gut, obgleich es nicht vor Alter schützt.
- Dem Schweizer Bundespräsidenten Hartenstein mußte in Folge einer Aderverstopfung das linke Bein oberhalb des Knies abgenommen werden. Die Operation gelang und der Zustand des Patienten ist befriedigend.
- Die Polizei in London hat den berüchtigten Frauenmörder, dem der Volksmund den Beinamen "Jack der Aufschlitzer" gegeben hat, noch nicht. Alle von ihr als verdächtig verhafteten Personen haben, nachdem sich ihre Schuldlosigkeit herausgestellt hatte, wieder entlassen werden müssen.
- Ueber die Schiffe aus Valparaiso und den Palma=Inseln ist die Gesundheitssperre verhängt, weil dort die Cholera herrscht.
- Am Sonntag wütete an der ganzen atlantischen Küste in Amerika ein verheerender Orkan, wie er heftiger seit dem schrecklichen Schneesturm am letzten März nicht wieder geherrscht hatte. Die Eisenbahnverbindung ist durch Schnee unterbrochen, die Telegraphenlinien vielfach gestört; zahlreiche Schiffbrüche werden gemeldet und der Schaden ist sehr bedeutend.
- Wer eine ganze Stadt zu kaufen Lust hat, gehe nach Orwell im südlichen Kansas. Da findet man ein Städtchen von etwa 60 hübschen Häuschen, aber alle sind leer. Seit die große Eisenbahn nach Westen gebaut worden ist, wandert alles aus. Im vorigen Jahr gabs nur noch das Postamt und einen kleinen Laden; jetzt sind beide eingegangen, und das Städtchen ist sehr billig zu haben.
- Den Unterschied zwischen Burschenschaftlern und Korpsstudenten schilderte die Frau des Pedells am Heidelberger Karzer kurz und gut: "Wissen Se", sagte sie zu mir, "die Burschenschaftler lerne blos in de ersten Semester nit viel, während die Korpsstudenten überhaupt -- -". Sie zögerte ein wenig, aber der Rest ließ sich auch ohne ihre Erzählung unschwer errathen.
- Was ist richtig und besser deutsch: Hülfe oder Hilfe? Muß man hülfreich schreiben oder hilfreich? Der Eine schreibt so, der Andere so; "Hülfreich sei der Mensch, edel und gut", sagt und schreibt der alte Goethe, und helfen ist immer schön mit ü und i; ich dächte aber, das ü fiele mehr ins Gewicht und das i wäre eine Abschwächung.


Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 94 Seite 6]

Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.


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