No. 84
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. Oktober
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 1]

Jene beiden Gerüchte, daß Kaiser Wilhelm während der letzten Reise in Italien sich nicht ganz wohlbefunden habe und daß ferner die Yacht Savoya gelegentlich der Seemanöver bei Castellamare sich in Gefahr befunden habe, werden von zuständiger Seite als völlig unbegründet bezeichnet.
Als Kaiser Wilhelm aus dem Vatikan, des Papstes Wohnung, zu dem König Humbert und der Königin Marguerita zurückkehrte und auf die sog. Gefangenschaft des Papstes die Rede kam, meinte der Kaiser scherzhaft: "Ich finde, daß dieses Gefängniß gar nicht übel ist!"
Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat aus Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand darauf verzichtet, zu den Zollanschluß=Feierlichkeiten nach Hamburg zu fahren. Kaiser Wilhelm beabsichtigt auf der Rückreise von Hamburg dem Reichskanzler in Friedrichsruh einen Besuch abzustatten.
Graf Hubert Bismarck kehrt reich mit Orden und werthvollen Andenken beladen von den Reisen, die er mit seinem Kaiser gemacht hat, nach Berlin zurück. So hat ihm der König von Italien beim Abschied einen großen Pokal von Silber mit Basrelief in Gold überreichen lassen. Die Königin hat sowohl dem Kaiser wie Graf Herbert Bismarck ihr Bild in goldenem Rahmen geschenkt und dem Kaiser noch ein Bild für seine Gemahlin mitgegeben.
Die Kaiserin Friedrich soll im Geffcken=Prozesse als Zeugin vorgeladen werden! So weiß ein Londoner Blatt zu melden, doch ist diese Nachricht in keinem Falle richtig. Nach dem deutschen Prozeßgesetz sind die Mitglieder der landesherrlichen Familien überhaupt nicht zum Erscheinen vor Gericht zu laden, sondern in ihrer Wohnung zu vernehmen.
Die Voruntersuchung im Geffcken=Prozeß soll nunmehr abgeschlossen und die Erhebung der Anklage in den nächsten Tagen zu gewärtigen sein. Die Lage Geffckens wird als sehr ernst bezeichnet. Geffcken sei seit einigen Tagen leidend und werde in Folge dessen ärztlich behandelt.
Die "Pall Mall Gazette" veröffentlicht eine englische Uebersetzung des Tagebuchs des Kaisers Friedrich, sowie eine Uebersetzung des Immediatberichts des Fürsten Bismarck an den Kaiser Wilhelm. Wie dem Nottinghamer "Daily Expreß" aus London gemeldet wird, soll Graf Hatzfeld dem Marquis von Salisbury eine kategorische Beschwerde des Fürsten Bismarck über den enormen unbeschränkten Verkauf des Tagebuchs des Kaisers Friedrich, sowie des Mackenzie'schen Buches, und insbesondere über die im "British Medical Journal" erfolgte Veröffentlichung einer Nachbildung der kurzen Notiz des Kaisers Friedrich, worin es heißt, Dr. Bergmann habe ihn gemißhandelt, welche Notiz zu veröffentlichen, Mackenzie untersagt worden war, übermittelt haben.
Die berühmtesten deutschen Aerzte laufen Sturm gegen Dr. Mackenzie. Prof. Tobold stellt in einem offenen Brief fest, daß Mackenzie eine Sektion der Leiche des Kaisers nicht gewünscht habe und erklärt ferner die Behauptung, daß er, Tobold, am 20. Mai 1888 sich geweigert habe, eine entralaryngeale Operation behufs Entfernung eines zur mikroskopischen Operation von Mackenzie gewünschten Probestückchens vorzunehmen, angeblich mit dem Bemerken, er könne es nicht, für eine offene Lüge, die durch das Protocoll Wegners widerlegt werde. Er, Tobold habe die Operation deshalb abgelehnt, weil er der Ansicht gewesen sei, daß es Sache des Proponenten gewesen sei, sich das Probestückchen selbst zu verschaffen. Mackenzies Versuch war in Folge manueller Ungeschicklichkeit ein unglücklicher und in seiner Gegenwart sei protokollarisch festgestellt worden, daß die rechte gesunde Seite des Kehlkopfes verletzt worden sei. "Wäre," so fährt Prof. Tobold fort, die von uns dringlich vorgeschlagene Laryngofissur nicht von Mackenzie hintertrieben worden, so würde der Kaiser höchstwahrscheinlich noch eine Reihe von Jahren gelebt haben. Wäre ein Recidiv eingetreten, so würde immer noch die Möglichkeit einer Resektion des linken Kehlkopfes geblieben sein. Im November, als beide Zeitpunkte durch Mackenzies Schuld vereitelt waren, konnte selbst zu einer Totalexstirpation Niemand mehr rathen. Mackenzie hätte übrigens auf negativem Weg das Leben des Kaiser noch verlängern können, wenn er mit seiner unheilvollen Zange und vielen lokalen Manipulationen ferngeblieben wäre und den unvermeidlichen Zeitpunkt der Tracheotomie abgewartet hätte, anstatt durch Monate langes Insultiren des Kehlkopfraumes einen schnelleren Ausgang herbeizuführen.
Den letzten Stoß hat Dr. Mackenzie, der unheilvolle, von Professor Dr. Virchow erhalten, auf den er sich oft und gern berufen hat. Die öffentliche Erklärung Virchows, daß sich bei der Sektion des Kaisers Friedrich die Dinge nicht gefunden hätten, die Mackenzie angegeben, daß ihm Mackenzie Zeichnungen des kranken Kehlkopfes verweigert und wahrscheinlich Theilchen des Kehlkopfes geschickt habe, die nicht erkrankt gewesen sind, sowie endlich die Erklärung, "der Grundfehler sei gewesen, daß der hohe Kranke seiner Zeit dem Dr. Mackenzie nach England gefolgt und der Beobachtung seitens der deutschen Aerzte entzogen worden sei", sind Todesstöße für Mackenzie. Zu bedauern ist freilich, daß Virchow erst jetzt den Mund aufthut und seine Bedenken nicht früher schon wenigstens vertraulich dem Kaiserpaar, bei welchem er in so großer Gunst stand, geäußert hat. Schmerzlich regt sich nun wieder in zahllosen Leidtragenden der Gedanke, daß der Kaiser vielleicht doch noch leben könnte, wenn er nicht in Mackenzies Hand gerathen wäre! Es ist natürlich nur ein "Vielleicht", aber es wiegt zentnerschwer.
Der König von Würtemberg ist am Sonnabend von Stuttgart über den St. Gotthard nach Nizza gereist und daselbst am Sonntag Vormittag eingetroffen. Er hat dem Prinzen Wilhelm die Erledigung der Regierungsgeschäfte übertragen, jedoch wichtigere

[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 2]

Angelegenheiten seiner eigenen Entscheidung vorbehalten.
Im Auswärtigen Amt in Berlin sollen, wie die "Schlesische Ztg." mittheilt, dieser Tage Besprechungen mit dem Admiral Grafen Monts und dem Korvetten=Kapitän v. Maltzahn stattgefunden haben, bei denen es sich um die Lage in Afrika und das Einschreiten unserer Marine zum Schutz der deutschen Interessen gehandelt habe. Die Dinge liegen auf Sansibar jedenfalls so, daß ohne eine energische Hülfe der deutschen Regierung kaum etwas zu erreichen sein wird. Von verschiedenen Seiten wird ein Zusammengehen der deutschen und englischen Schiffe empfohlen.
Die Arbeiten der Kommission für die Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuches sollen in etwa fünf Monaten zum völligen Abschluß gelangen. Zum ersten April 1889 wird die Kommission sich auflösen.
Die Socialdemokraten haben das zehnjährige Bestehen des Sozialistengesetzes in ihrer Weise gefeiert. In Berlin und anderen deutschen Städten, besonders im Königreich Sachsen, fanden sich rote Fahnen aufgehißt, die natürlich schnell entfernt wurden.
Die Franzosen haben sich eine zweite Auflage des Skandalstückes vom Empfange König Alfonso's in Paris geleistet. Bei der Ankunft des leidenden Königs Karl von Würtemberg in Nizza, wo er den Winter verbringen will, wurde von Personen aus der Volksmenge gezischt und geschrien und Nieder mit Preußen gerufen. Der Tumult war bald vorüber, hat aber einen mehr als peinlichen Eindruck gemacht. Weiterungen werden hieraus nicht entstehen, da die französischen Behörden tausendmal um Entschuldigung bitten, aber wenn das so weiter geht, kann es gut werden. - In einer Bonapartisten=Versammlung zu Paris wurde die Hoffnung ausgesprochen, man werde Boulanger bald als Staatsoberhaupt begrüßen.
Nach einem Bericht des Abgeordneten Gerville über die französische Flotte beträgt der Werth der in den Zeughäusern der Flotte aufgestapelten Vorräthe 269 Millionen Franks. Im Jahre 1885 verdarben für 8 1/2 Millionen neue Gegenstände, 1886 für 4 2/3 Millionen, 1887 für 11 3/4 Millionen, also in 3 Jahren für mehr als 25 Millionen.
Die Reise des Czaren nach Berlin scheint beschlossene Sache zu sein. In St. Petersburg wird nämlich ernstlich von einem Gegenbesuche gesprochen, den Kaiser Alexander III. dem deutschen Kaiser Wilhelm II. abstatten soll. Wie die "Corr. l'Est" aus guter Quelle erfährt, werden Ihre Majestäten nach der Rückkehr aus dem Kaukasus, der für den 27. October entgegengesehen wird, nur einen Tag in der Hauptstadt verweilen und sich von dort unmittelbar nach Kopenhagen zu den Jubiläumsfeierlichkeiten des Königs Christian begeben. Auf der Rückreise von der dänischen Hauptstadt würde dann der Besuch in Berlin erfolgen.
Das russische Kaiserpaar und der Großfürst=Thronfolger sind am Sonntag Mittag in Baku eingetroffen, woselbst sie von zahlreichen Deputationen begrüßt wurden. Die Turkmenen brachten den Majestäten Salz und Brot auf werthvollen Schüsseln dar, überreichten der Kaiserin Teppiche und andere kostbare Handarbeiten und schenkten dem Großfürst=Thronfolger einen mit Edelsteinen besetzten Säbel. Am Nachmittage wohnten die Herrschaften der Grundsteinlegung der orthodoxen Kathedrale in Baku bei.
Nach einer Meldung aus Baku in Kleinasien sahen der Kaiser und die Kaiserin von Rußland am Sonnabend von ihrem Quartier aus eine vorüberziehende Karawane, bestehend aus Kameelen, Maulthieren und Karren, welche ein Bild der Verkehrsweise zwischen Transkaukasien und Centralasien darstellte, an. Am Abend besuchte die Kaiserin mit ihren Söhnen einen uralten Tempel der persischen Secte der Feueranbeter und die Werke der Naphta=Compagnie. Sonntag reiste die kaiserliche Familie nach Karoosy bei Baku, wo eine zweitägige Hofjagd abgehalten wird.
König Milan von Serbien hat alsbald nach seiner Ankunft in Belgrad über die dortige Geistlichkeit ein Strafgericht gehalten. Von sämmtlichen serbischen Bischöfen war nur der Metropolit Theodofius zu seinem Empfang anwesend, die anderen hohen kirchlichen Würdenträger traf der König erst, als er dem Metropoliten in seiner Wohnung einen Besuch machte. Dort erwiderte er ihre Begrüßung dann mit den Worten: Es freut mich, Sie hier in guter Gesundheit zu finden; denn als Sie bei meiner Heimkehr durch Ihre Abwesenheit glänzten, glaubte ich, daß Ihnen die Füße abgefroren und Sie deshalb zu Hause geblieben wären. Weiter erklärte der König mit aller Bestimmtheit, daß er die Bischöfe mit den energischsten Mitteln zum Gehorsam zwingen werde, wenn dieselben ferner in ihrer Renitenz verharren sollten. Die Bischöfe hörten ihre Abkanzelung durch den König lautlos an.


- Sämtliche 21 Universitäten des deutschen Reichs zählten im Sommerhalbjahr 29 190 Studenten, 4859 evangelische und 1196 katholische Theologen, 6452 Juristen, 9045 Mediziner und 7648 in philologischen Fächern.
- Ein interessanter Fund ist in Königsberg in Preußen gemacht worden. Da fand ein gelehrter Herr in der Stadtbibliothek etwa 90 noch unbekannte Predigten des Dr. Martin Luther. Sie fallen in die Zeit zwischen Verbrennung der päpstlichen Bannbulle und Luthers Reise nach Worms.
- Bis Ende 1887 hat die Ansiedelungskommission für Posen und Westpreußen im ganzen 43 Rittergüter und 16 Bauernwirtschaften mit einer Gesamtfläche von 27 260 Hektaren für 17 833 576 Mk. angekauft.
- Die Times meldet vom 22. Oktober aus Sansibar folgendes: In den deutschen Kreisen Sansibars ist man voll Erregung und hofft auf ernstliche Maßregeln seitens der deutschen Regierung nach der Rückkehr des Kaisers. Dr. Hans Meyer, der auf einer Expedition nach dem Kilimandscharo von seinen Trägern verlassen wurde und flüchten mußte, so wie Herr Baumann sind aus Paganie in Sansibar angekommen. Beide haben furchtbare Mißhandlungen erlitten, sie wurden in Ketten geworfen und wurden gepeitscht und mußten Sklavenarbeiten verrichten. Sie verdanken die Rettung ihres Lebens den englischen Unterthanen, welche sie loskauften.
- Lieutenant Wißmann, der bekannte Afrikareisende, theilt bekanntlich die Ansicht derjenigen, welche glauben, Stanley weile nicht mehr unter den lebenden, durchaus nicht. Im Gegentheil ist er überzeugt davon, wie er dem Berliner Times=Korrespondenten mitgetheilt hat, daß Stanley gegenwärtig in Wadelai bei Emin Pascha eingetroffen ist. Würde der Stanleyschen Expedition ein Unfall zugestoßen sein, so meint er, dann hätte sich die Kunde davon längst bis an die Küste verbreitet. Lieutenant Wißmann glaubt daher, daß keine Nachrichten gute Nachrichten bedeuten. Daß die Verbindung zwischen Wadelai und der Küste über Unyroro und Uganda einen Beweis, daß die Araber in den Gegenden weitere Ursache haben auf der Hut zu sein und Allen entgegenzuwirken, was entstehen könnte, wenn Emin Pascha in Wadelai Verstärkung erhielte. Die Vernichtung der Macht der Araber und ihres Sklavenhandels in Afrika sei eine brennende Frage für die Zukunft und wichtiger als alle anderen civilisatorischen oder wissenschaftlichen Probleme. "Man gebe mir ein paar Millionen", sagt Herr Wißmann, "und wenn in ein oder zwei Jahren von diesen barbarischen Raubthieren südlich vom Aequator noch etwas übrig ist, dann mag man nicht glauben, daß ich den dunklen Erdtheil zweimal durchkreuzt habe."
- Einen weiten Umweg hat ein Brief gemacht, welcher vor etwa 14 Wochen bei dem Postamte zu Moabit aufgegeben wurde und nach der, ebenda belegenen Rathenowerstraße adressirt war. Es ist dies eine Entfernung, die man zu Fuß in 10 Minuten zurücklegen kann. Als der Brief endlich den Adressaten erreichte, trug er den Ankunfts= und Abgangsstempel des - Postamts zu Valparaiso. Er hatte sich zwischen andere Postsendungen geschoben und so die Reise über's Weltmeer als blinder Passagier mitgemacht.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 3]

Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das vor Schönberg an der Marienstraße sub Nr. 65 belegene Wohnhaus c. p. des Maurergesellen Heinrich Busch allhier wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 20. October 1888.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Torf=Auction.

Es sollen öffentlich meistbietend bei freier Concurrenz gegen Baarzahlung verkauft werden:

1, am Montag, den 29. October, Morgens 9 Uhr, auf dem Kuhlrader Moore (Molzahner Seite)

ca. 250 Mille Formtorf,

2, am Dienstag, den 30. October, Morgens 9 Uhr, auf dem Gr. Rüntzer Moore

ca. 60 Mille Ruthentorf ca. 20 Mille Formtorf.

3, am Dienstag, den 30. October, Vormittags 11 1/2 Uhr auf dem Born=Moore

ca. 36 Mille Formtorf.
Carlow, den 20. October 1888.

A. v. Linstow, Förster.        


Möbel=Versicherungs=Verein im Fürstenthum Ratzeburg.

Zu Kreisvorstehern des vorgenannten Vereins sind gewählt worden:
  1. Tischler Dencker Schlagsdorf.
  2. Fischer Städing Lanckow.
  3. Kaufmann Buschow Baeck.
  4. Kaufmann Ollrogge Schlag=Resdorf.
  5. Musiker Wittfoth Wendorf.
  6. P. Freitag Gr. Rüntz.
  7. Lehrer Albrecht Neschow.
  8. Schuhmacher Eggert Herrnburg.
  9. Gastwirth Oldenburg Lockwisch.
10. Musiker Behncke Gr. Siemz.
11. L. Tilse Schönberg.
12. Klempner Lühr Carlow.
Anmeldungen von Versicherungen werden von den Vorgenannten jederzeit entgegen genommen.

Schlag=Resdorf.                                                     Der Vorsitzende.
                                                                              H. J. Ollrogge.


Gänzl. Ausverkauf.
Sterbefalls halber sollen wegen vollständiger Räumung des Lagers sämmtliche
Manufactur-, Porcellan-, Glas- und Eisen-Waaren
zu bedeutend herabgesetzten Preisen verkauft werden. Ratzeburg im October 1888.                                                    
                                                    Wilhelm Harmsen.


Empfehle meine soeben neu eingetroffenen emaillirten Waaren.

Prima Qualität

als Kochtöpfe, Gemüseschüssel mit Deckel, Saucieren, Suppenterrienen mit Deckel, Bratschüssel, Theetöpfe, Waschserviece, u. s. w. auch bringe ich mein Lager von Fleischhackmaschinen, Reibmaschinen, Wurststopfmaschinen, Ofenhaken u. Ofenvorsätze für den Winterbedarf in freundliche Erinnerung.

                                                    Hochachtungsvoll u. ergebenst
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Die seit 17 Jahren aus meinem Lesezirkel sich aufgehäuften Zeitschriften möchte ich wegen Platzmangel zu jedem annehmbaren Preise verkaufen:
Illustrirte Zeitung, Ueber Land und Meer, Daheim, Gartenlaube, Romanzeitung, Grenzboten, Gegenwart, Fliegende Blätter und noch andere.

C. Sievers, Buchbinder.        


Anfang nächster Woche trifft die zweite Sendung
guter Eßkartoffel
ein.                                                    
                                                    Gebr. Burchard.


Feine Traub- und Winteräpfel
per Pfd. 8 Pfg. hat abzugeben                                                 
                                                    N. Nehls, Gastwirth.


Feinste Dabersche Eßkartoffeln
empfiehlt                                                      
                                                    Aug. Spehr.


Gestern Nachmittag wurde von der Marienstraße bis nach dem Bahnhofe ein Portemonnaie mit Inhalt von zwei Zehnmarkstücken und einigen kleineren Geldstücken verloren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe gegen Belohnung in der Expedition der "Wöchentl. Anzeigen" abzugeben.


Braunkohlen
und
Steinkohlen

empfange ich noch fortwährend und empfehle ab Bahnof noch zu billigen Peisen.

                                                    C. Schwedt.


Gut ausgesuchte Aepfel

Traubapfel à 100 Pfd. 7 Mk., Faß 1 Mk. Pigeon, Nonnen u. s. w. blaue Pflaumen, Koch= und Tafelbirnen zu den billigsten Peisen empfiehlt

J. Koopmann.        


Alte abgängige Pferde
werden gekauft und nach vollem Werth bezahlt von
                                                    P. Fanselow.


Ende dieser Woche trifft ein großer Transport schöner gelber französischer

Eßkartoffel
ein. Muster steht zur Verfügung.                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Klöppelunterricht
ertheilt                                                    Helene Abels.
                                                                     Kalterdamm Nr. 6.


Hängelampe     Lampen
in reicher Auswahl.
Kuppeln, Cylinder und Docht
in bester Qualität.
Brenner
in den besten Sorten und verschiedensten Größen hält vorräthig u. empfiehlt
W. Wieschendorf,
Klempner.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 4]

Gebrüder Barg.
Kohlmarkt 5 Lübeck, Kohlmarkt 5
(ein Haus oberhalb Wilkens Gasthof) empfehlen ihr bedeutend vergrössertes und jetzt vollständig sortirtes Lager in
Tuchen, Buckskins, Paletotstoffen, herren- und Knabenanzügen und Kleiderstoffen
in der größten Auswahl und den neuesten Sachen, Neuheiten in
Besätzen, schwarze Caschmire's und Seidenzeugen,
nur erprobte gute Qualitäten.
Gardinen,
Leinen-Waaren, Bettzeuge, Bettfedern und Daunen,
Woll-& Holländische-Waaren
en-gros und en-detail.
Normal-Unterzeuge,
sowie grösste Auswahl in Winter-Jaquettes, Paletots, Regenmäntel,
für Damen und Kinder.


Zu dem am 21. November d. J. bei mir stattfindenden                          
Landmanns-Balle
erlaube ich mir die Herren Hauswirthe hierdurch freundlichst einzuladen.                          
Schönberg.                                                    J. Boye.


Bestes Flohmen-Schmalz
à Pfund 75 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Echt englischen
Seifen=Stein
a Pfd. 25 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


M. Wilms.
J. Oldenburg
Verlobte. Schönberg im Oktober 1888.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 28. October.

        Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
        Abendkirche (6 Uhr): Pastor Langbein.
        Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Empfehlung des Mode=Bazar N. Mannheim in Lübeck.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 4.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 84 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 26. October 1888.


Das Fürstenthum Ratzeburg im Anfange dieses Jahrhunderts bis zum Ende der Freiheitskriege.
Festrede, gehalten zur Feier des 70. Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs Friedrich Wilhelm
von Prorektor Dr. Juling.
17. October 1888.

                                                    (Fortsetzung.)                          Nachdr. verbot.

Eine Hauptgeschichte passirt in Molzahn. Da wird dem Amtshauptmann Danckwarth gemeldet, in Molzahn sei ein Chasseur von einem Tagelöhner überfallen, halbtodt geschlagen und auch der Uhr beraubt worden, hinzugekommene Weiber hätten ihn mit Mühe vom Tode gerettet. Der Beamte läßt alle Landreiter ausschwärmen, vernimmt das halbe Dorf, niemand weiß etwas, aber Tagelöhner Meier ist freilich weg. Nach einiger Zeit stellt der sich wieder ein, er muß vor Gericht und erzählt ganz gemüthlich, er hatte von Molzahn seinen Vater in Rieps besuchen wollen, da sei ihm ein Chasseur begegnet, der hätte furchtbaren Skandal gemacht und ihn beim Kragen gefaßt. Erst habe er ruhig weiter gehen wollen, als er aber gesehen, daß der übrigens betrunkene Chasseur keinen Säbel umhatte, da hätte er ihn sich vorgenommen, ganz gehörig durchgeprügelt und ins Kartoffelfeld geworfen; die aus der Tasche gefallene Uhr des Chasseurs hatte er mitgenommen, damit sie nicht gestohlen würde, und seinem Vater zum Aufheben gegeben, der Chasseur läge jetzt in Kuhlrade in Quartier, wäre alle Tage betrunken und mache viel Skandal; die Uhr habe er ihm längst wiedergegeben. Natürlich ging der Tagelöhner straflos aus.
Sehen wir uns jetzt etwas mehr auf den Dörfern um. Hier haben die Hauswirthe viel unter den Gespanndiensten zu leiden. Wenn nur wenige Fuhren geleistet werden, pro Dorf ein Wagen, dann geht es noch; da sind die Bauern sogar so pfiffig und bringen als Bespannung die schlechtesten Pferde des Dorfes, die krüppeligen, lahmen und blinden zusammen. Ein solches Gefährt muß dann allerdings rührend ausgesehen haben. Sie hatten dazu ihre triftigen Gründe. Wie es bei solchen Fuhren zuging, läßt folgender Befehl erkennen. "Armee von Teutschland. Dem General, Commandanten der in Mecklenburg befindlichen 2. Division, ist gemeldet worden, daß Commandeurs von Detachements auf dem Marsche die ihnen von den Einwohnern verabfolgten Wagen mit Menschen und Bagage derartig überladen ließen, daß die Pferde unter der Last stürzen mußten. Es wird deshalb befohlen: Kein vierspänniger Wagen darf mit mehr als höchstens zehn Mann nebst deren Gewehr und Bagage, beladen werden. Von Effekten und Waffenstücken soll kein Wagen über 12 Centner laden. Die Commandanten der Detachements sind für die Befolgung dieses Befehls und für den Verlust der Pferde persönlich verantwortlich." In besonderen Fällen müssen kolossal viele Fuhren geliefert werden, und dann ist jenes Zusammenspannen nicht möglich, weil jeder Bauer des Dorfes einen Wagen stellen muß. Da schreibt z. B. eines Tages die Militär=Verpflegungs=Commission in Lübeck sehr höflich an die hiesige Landvogtei: "Wir haben die Ehre hiermit anzuzeigen, daß übermorgen von hier nach dort abgehen werden 60 vierspännige Wagen, welche zum Transport der Kaiserlich Russischen Truppen bestimmt sind, um deren prompte Ablösung wir ersuchen." Also 60 Wagen sind nöthig und das noch dazu am 2. Weihnachtsfeiertage! Da würde sich mancher Bauer befreit haben, wenn nicht strenges Regiment geherrscht hätte. Sowie ein Wagen fehlt, kostet es 10 Thaler Strafe, die sofort beigetrieben werden; dafür muß dann ein Schönberger Ackerbürger anspannen. Am ärgsten ist es im Winter 1806 bis 1807. Da ist ein französisches Magazin von Ratzeburg nach Boitzenburg zu transportiren. Gestellt werden hierzu Ende November 66, im December 260, im Januar 400 und im Februar 78, zusammen also etwa 850 Fuhren. Man stelle sich bei den damaligen Wegen eine solche Tour vor, etwa von Rodenberg erst nach Ratzeburg, von da nach Boitzenburg und dann zurück. Oder es ist von Lübeck nach Mölln zu fahren, von Ratzeburg bis zwei Meilen vor Lüneburg, auch wohl von Schönberg bis nach Schwerin. Diese vielen Fuhren drohen sogar die beiden Amtsvorstände zu entzweien, da schreibt dann aber der eine: "Mein verehrter Gönner! Die Fuhrangelegenheit interessirt uns beide quo ad officium, aber auch im geringsten nicht weiter. Ich schmeichle mir daher unter allen Umständen der Fortdauer Ihrer Gewogenheit und bin mit der wärmsten Hochschätzung etc." Aber mit Argusaugen passen sie auf, daß die Bauern des andern Amtes gleich viele Fuhren stellen. Je einen Transport begleitet ein Landreiter, und wenn dann immer Ablösung rechtzeitig zur Stelle ist, sind sie noch zufrieden. Oft kommt es aber anders. Da erscheint z. B. Landreiter Sievers zornfunkelnd auf der Registratur und giebt zu Protokoll: Er sei mit seinem Wagentransport vorschriftsmäßig von Ratzeburg nach Artlenburg (am linken Elbufer) gefahren. Da sei keine Ablösung gewesen und so hatten sie ihn bis Lüneburg mitgenommen; aber auch dort hatten sie ihn nicht losgelassen und so hatte er mit seinen Wagen bis nach Uelzen fahren müssen. (Von Ratzeburg nach Uelzen sind in der Luftlinie schon 11 Meilen). Zu guterletzt kommt auch die Dorfschaft Lockwisch in heller Verzweiflung und bittet, von den ewigen Fuhren befreit zu werden; "ihre Pferde wären jetzt in so schlechtem Zustande, daß sie keine starke Anstrengung auszuhalten im Stande wären. Gerade während der Ernte hatten 10 vierspännige Wagen (es sind nur 9 Bauern da) mit dem von hier retirirenden mecklenburgischen Militär fort müssen. Davon wären drei zurückgekommen und von den Franzosen sofort in Gebrauch genommen worden, die übrigen sieben Wagen hatten bis Ribnitz mitfahren müssen und wären erst nach vierzehn Tagen wiedergekommen.*) Nachher hatten sie fortwährend einen Wagen in Schönberg auf Ordonnanz halten müssen, und da die Vorposten in ihrer Nähe gestanden, hätten sie in jeder Nacht zwei, bisweilen drei reitende Boten zur Begleitung der Patrouillen hergeben müssen." Ein Thandorfer Knecht muß Lützower Soldaten ins Lager nach Büchen fahren; zum Dank spannen sie ihm da ein Pferd mit Sielenzeug ab, nehmen es mit und rufen ihm zu, er sollte sich mit den drei anderen Pferden hier nicht länger aufhalten, sonst würde er die auch noch los. Andre Bauern klagen, daß ihre Wagen gerade in der Ernte in Lauenburg etc. zurückgehalten würden. Zuletzt werden die Klagen allgemein: die Pferde würden nicht gewechselt, sondern soweit mitgeschleppt als sie gehen könnten; die Knechte würden gezwungen, wegzulaufen und Pferde und Wagen im Stich zu lassen, welche alsdann vom Militär verkauft würden. Der Bauer Hinrich Stoffers in Wendorf liquidirt z. B. 240 Thaler, er hat unter Anderem einen ganzen Wagen mit vier Pferden, Geschirr und Wagenkette beim Transport gestellt und davon nichts wieder gesehen. Er bekommt seinen Schaden auch
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*) Woher diese Unregelmäßigkeit kommt, ist mir unklar, in einer Quartierliste von Lockwisch heißt es z. B. 8 Bauern jeder 2 Mann, Thies Maack 3 Mann.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 84 Seite 6]

nicht ersetzt; denn bei den Rechnungen auf Schadenersatz werden nur die Verluste durch Einquartierung berücksichtigt, es wird aber garnicht ersetzt, was durch Plünderung ruinirt ist, auch nicht mitgenommene oder changirte (umgetauschte) Pferde; so reducirt sich jene Rechnung auf 48 Thaler, den fünften Theil. - 1813 haben französische und sächsische Truppen in Molzahn einen Pulvertransport (7 mecklenburgische Hofwagen mit 36 Tonnen) im Stiche gelassen. Das verursacht den Beamten viele Schreibereien; zuletzt wird das Pulver in Lübeck an die Russen ausgeliefert, die Eigenthümer der Wagen werden in der Zeitung aufgefordert, sich zu melden: da macht halb Mecklenburg auf diese paar Wagen Ansprüche, von Rehna kommen Meldungen, von Rostock kommen Gesuche, überall fehlen die Wagen massenhaft. Mit den vorhin von den Lockwischern erwähnten Ordonnanzen hat es folgende Bewandtniß: Als die Franzosen die ganze Ostseeküste besetzt halten, wird von Stettin über Stralsund, Rostock, Wismar, Lübeck nach Hamburg eine Briefbeförderung eingerichtet und z. B. verlangt, daß hier in Schönberg unausgesetzt Tag und Nacht zwei leichte, mit zwei Pferden stets bespannte Wagen bereit stehen, um ein Brieffelleisen mit Ordonnanz entweder nach Lübeck oder nach Grevesmühlen sofort weiter zu befördern. Diese Wagen müssen auch von den Bauern derselbe nach gestellt werden, und es ist Vorschrift, daß - die Wege mögen sein wie sie wollen - zur Meile nicht mehr als eine Stunde gebraucht wird. Es kommt dann Klage, wenn die Ordonnanzen in der Nacht in Lübeck vor dem Burgthore ankommen, ist dasselbe geschlossen, der Schlüssel muß erst vom Commandanten geholt werden und dadurch entsteht viel Verzögerung. Auf allgemeinen Wunsch schafft deshalb die Regierung ein Posthorn an, um den Lübecker Thorschreiber durch die herzzerreißenden Töne desselben rechtzeitig zu avisiren. Die armen Bauern, zuletzt müssen sie sogar noch Militärdienste thun. Als nämlich vor Hamburg gefangene Franzosen hier eingebracht werden, müssen immer ein Landreiter und vier Hauswirthe zu Pferde je einen Trausport weiterschaffen. Und Twachtmann muß hier Quartier besorgen für Juden, welche aus Hamburg ausgewandert sind. Durch alle diese Drangsale werden die Leute zuletzt ganz erschreckend gleichgültig. So bittet der Lockwischer Pächter Schleiermacher um Erleichterung der Einquartierungslast wegen schwerer Krankheit seiner Frau (dies Gesuch wird auch sofort gewährt); am Schlusse des Schreibens bemerkt er so nebenher: "Ich bin recht neugierig, wie sich mein vor vier Wochen zugesäter Haferschlag herausmachen wird, auf demselben exerciren jetzt nämlich schon seit einigen Tagen 80-100 Mann zu Pferde." Er bittet hiergegen garnicht einmal um Abhülfe. Die Regierung kann ja auch beim besten Willen nicht allen helfen. Wenn man bei den Plünderungen hätte alles ersetzen wollen! Herzog Karl sagt 1807: "Wir haben aus mehreren Gründen, besonders aber auch damit eine Liquidation und Entschädigung nicht durch die Größe des Objects geradezu unmöglich gemacht werde, die Plünderung und was dahin gehört ausgeschlossen. - Nachrichten müssen indessen auch hierüber gesammelt werden, obgleich vor der Hand blos, damit der das Land betroffene Kriegsschaden in seinem ganzen Umfange übersehen werden kann." Es muß im November 1806 hier furchtbar gehaust worden sein, liquidirt doch der Blüssener Schulmeister Haus Barkentien allein 87 Thaler, der Hirte Jürgen Callies 50 Thaler.*) Unter den Bauern haben sie Hans Wigger in Rüschenbeck - in dessen Nähe ein paar tausend Mann bivouakiren - rein ausgeplündert. Drei Pferde büßt er ein, 8 Schweine und 25 Schafe schlachten die Soldaten selber, alle Hühner und Enten natürlich; gestohlen werden kupferne und messigne Kessel, Stiefel und Strümpfe, Handschuhe und Pfeifen, Zucker, Kaffee und Franzbranntwein, Backbirnen und Pflaumen, silberne Knieschnallen und Hutschnallen, Bettlaken und Hemden, seidene Schnürleiber und baares Geld; er berechnet seinen Schaden auf mehr als 2700 Thaler, und dabei hat er noch für eine Sauvegarde (Sicherheitswache) 16 Thaler bezahlt! Von diesem ganzen Schaden kann er später nur 410 Thaler beanspruchen. - Bei den Pächtern ist es verschieden, der Römnitzer schreibt kurz: "Da er für den größten erlittenen Schaden keine Vergütigung bekäme (er hat auch einmal z. B. zwei ganze Compagnien Einquartierung), so wolle er für die sehr beträchtlichen Lebensmittel auch nichts haben." Den größten Schaden im ganzen Lande hat entschieden Stamer=Mechow, da ein Corps Cavallerie von mehr als 4000 Mann bei ihm übernachtet und bivouakirt, "welche notorisch einen retirirenden Feind (Blücher nämlich) verfolgen und nicht Zeit hatten, gehörig zu requiriren." Er berechnet seinen Schaden auf mehr als 7500 Thaler, verlangt aber später nur 1900 Thaler. Es ist ganz kolossal, was er verloren hat, unter Anderem zwei Reitpferde und 16 Ackerpferde (1 Gespann Schwarze, 1 Gespann Braune, 1 Gespann Füchse, 1 Gespann bunte) und so fort.

(Schluß folgt.)

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*) Den Gr. Siemzer Hauswirthen werden über 400 Thlr. baar Geld gestohlen.


- Dem Großherzl. Domainenpächter Sievers in Drieberg bei Gadebusch, welcher am 22. Oktober von einer Reise nach Berlin zurückkehrte, haben gestern Abend zwischen 8 und 9 Uhr verwegne Spitzbuben einen unerfreulichen Besuch abgestattet. Dieselben erbeuteten durch Einbruch an ca. 4000 Mk. Ueber die Thäter ist hier noch nichts bekannt geworden.
- Bei einer Jagd auf den Großherzoglichen Gütern in der Nähe von Eutin ist der Oberst a. D. Röder durch einen unglücklichen Schuß lebensgefährlich verletzt worden.
- Am 20. October wurde auf der Treibjagd im Steinhorster Forstrevier ein Rehbock mit Perrückengehörn von wahrhaft grotesker Form geschossen; der Kopf des Wildes mit dem Gehörn wird präparirt und soll demnächst in einer Fachzeitschrift abgebildet und beschrieben werden.
- Weil Eßlinger Schaumwein dem Kaiser Wilhelm an der Hoftafel so gut geschmeckt hat und so gute Trinksprüche dabei gehalten worden sind, hat der König von Würtemberg dem Kaiser in diesen Tagen 50 Flaschen zum Willkomm in die Heimath geschickt.
- Während der Hoftafel im Quirinal in Rom wurde u. A. das Vorspiel des dritten Aktes aus Lohengrin gespielt. Gleich nach den ersten Takten erhob sich Kaiser Wilhelm und näherte sich der Kapelle und kehrte nicht eher wieder auf seinen Platz zurück, bis der letzte Ton des Stückes verklungen war. Hierauf wandte er sich entschuldigend an seine Tischnachbarin, die Königin Magherita und sagte: "Ich muß Eure Majestät erzählen, daß dieses Tonstück mich bei den wichtigsten Augenblicken meines Lebens begleitet hat, es klang bei meiner Hochzeit, bei der Geburt meines ältesten Sohnes, man spielte es, als mein teurer Großvater zum letzte Mal in unserem Salon weilte und auch in der Stunde, in der mein guter Vater aus San Remo nach Berlin zurückkehrte. Es ergreift mich daher wunderbar, wenn ich diese Klänge höre, mit Allgewalt zieht es mich zu der Stätte hin, von der sie ertönen.
- Die Prinzessinnen Sophie und Magarethe von Preußen haben am Donnerstag Mittag in Berlin Unglück mit ihrem Wagen gehabt. An der Ecke der Oberwall= und Werderschen Straße stieß ihr Wagen mit einem Pferdebahnwagen zusammen, so daß die Deichsel des Wagens abbrach und eins der Pferde stürzte und ein Stück geschleift wurde. Die Prinzessinnen verließen ihren Wagen und setzten ihre Fahrt nach dem Bahnhof in einer Droschke fort.
- Seit Frau Stuckart, die Wienerin, die in Spaa den Schönheitspreis errungen, im Reichshallentheater in Berlin sich sehen läßt, ist das Theater täglich ausverkauft. Sie soll allerdings sehr sehenswürdig und noch liebenswürdiger sein. Die gallbittersten Kritiker sind ganz paff.


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