No. 85
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. Oktober
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 1]

Donnerstag nachmittag reiste Kaiser Wilhelm zur Jagd nach Blankenburg am Harz, die Rückkehr erfolgte am Freitag. Sonnabend mittag hat der Kaiser im Berliner Schloß die Deputation der dortigen städtischen Behörden, welche den Kaiser zur Rückkehr in die Heimath begrüßten, empfingen.
Zur kaiserlichen Tafel in Potsdam waren am Mittwoch die Professoren v. Bergmann und Gerhardt geladen, was als eine offenbare Auszeichnung gegenüber den Anschuldigungen, welche Mackenzie in seiner Broschüre gegen beide Aerzte erhebt, betrachtet werden muß.
In welcher Sprache ist die Unterhaltung beim Kaiserbesuch in Rom geführt worden? Der Kaiser ist der italienischen Sprache soweit mächtig, um alles zu verstehen, was zu ihm gesprochen wird, giebt aber die Antworten französisch. Kaiser Wilhelm hat aber vielfach Gelegenheit gefunden, sich in seiner Muttersprache zu unterhalten. Insbesondere war es die Königin, welche die deutsche Sprache vollkommen beherrscht und mit Vorliebe zum Kaiser deutsch sprach, ebenso der Prinz von Neapel. König Umberto pflegte die Conversation in italienischer oder französischer Sprache zu führen. Von den Ministern haben der Unterrichtsminister Boselli und der Kriegsminister Bertolé=Viale eine Vorliebe für die deutsche Sprache, während Crispi erst vor dem Kaiserbesuch angefangen hat, Deutsch zu lernen und nun jeden Tag fleißig sich mit der deutschen Grammatik beschäftigt.
640 preußische Ordensdekorationen sind von Kaiser Wilhelm in Rom vertheilt worden. Der größer Theil entfiel auf höhere Militärs und Hofbeamte. Alle Generale und Obersten, welche an der großen Revue auf dem Campo Centocello theilnahmen, erhielten den Kronenorden. - Das kostbar geschmückte Porträt, welches die Königin Margherita dem Kaiser für seine Gemahlin mitgegeben hat, trägt folgende Widmung von der Hand der Königin: "Al mia amica Victoria August".
König Humbert und seine Gemahlin haben der Kaiserin Augusta Viktoria ein kostbares Körbchen in altrömischem Stil, ganz aus Silber gearbeitet und oben mit einem kunstvollen Mosaikdeckel verschlossen, welcher das Bild der Siegesgöttin enthält, zum Geschenk gemacht. Der Inhalt des Körbchens besteht aus einer Garnitur, zu welcher ein Diadem, Ohrgehänge und Armbänder gehören, alles mit kostbaren Perlen in Gold gefaßt. Der Anfertiger dieses wahrhaft königlichen Geschenkes, dessen Werth auf 70 000 Lire geschätzt wird, ist der Juwelier Castellani in Rom.
Ueber die Ergebnisse der Kaiserreisen hat Graf Herbert Bismarck Veranlassung genommen, sich unmittelbar nach seiner Rückkehr dahin zu äußern, daß, wenn es überhaupt für möglich gelte, eine Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens zu übernehmen, dies jetzt der Fall sei. Wenn unsere auswärtigen Beziehungen überhaupt als vortrefflich zu bezeichnen sind, so ist insbesondere der Dreibund so fest gekittet, daß eine Erschütterung dieser engeren Freundschaft ausgeschlossen erscheint. Wie Staatsminister Graf Bismarck ausdrücklich hinzufügt, ist Kaiser Wilhelm über die Resultate seiner Reisen in jeder Hinsicht befriedigt und - wir zitieren wörtlich - "hochbeglückt, als Friedensfürst anerkannt zu sein und alle Befürchtungen auf lange Zeit zerstreut zu haben." In diesem Sinne ist im ausdrücklichen Auftrage des Kaisers ein Rundschreiben an die Vertreter des Deutschen Reiches gerichtet worden.
Der Papst kam dem Grafen Bismarck gegenüber auf die weltliche Herrschaft zurück. Als der Papst nach der Erläuterung der Stellung Deutschlands zur Frage auf seinen Wünschen beharre, erklärte Graf Bismarck wörtlich: "Es ist unmöglich für uns, ins Mittelalter zurückkehren." Der Kaiser war von dem Verhalten des Vatikans peinlichst berührt; er billigte die scharfe Abweisung Graf Bismarcks vollständigst.
Die italienische Regierung wird den Besuch Kaiser Wilhelm's in Rom in ganz besonderer Weise verewigen: Auf Befehl König Humberts hat der Marineminister den Bau eines neuen großen Panzerschiffes angeordnet, welches "Wilhelm II." heißen wird.
Nach einer Frankfurter Meldung hat die Kaiserin Friedrich zur Arrondierung des die Villa Reuß umgebenden Parkes auch die Villa Hustenlehner mit dem Park in Kronberg für 177 000 Mk. erworben.
Ein angeblich aus dem Zimmer des Kaisers Friedrich gestohlener Chiffreschlüssel hat sich jetzt der "Kreuzzeitung" zufolge unter den Papieren eines Flügeladjutanten gefunden, wohin er zufällig gerathen war.
Die Trennung des preußischen Generalstabes vom Kriegs=Ministerium darf als bevorstehend betrachtet werden. Es steht dahin, ob bei dieser Neuorganisation General Bronsart von Schellendorff als Kriegsminister im Amte verbleibt.
In militärischen Kreisen in Berlin beschäftigt man sich mit einer Aenderung der Vorbedingungen für den Dienst der Einjährig=Freiwilligen.
Das deutsche Schulgeschwader wird am 5. November in Triest erwartet. Auf Befehl des Kaisers Franz Josef werden große Festlichkeiten stattfinden, u. a. ein Festdiner auf Schloß Miramare und ein Ball beim Statthalter.
Der Zar wird in Berlin erwartet, und zwar behauptet die "Kreuz=Zeitung", er werde um die Mitte des November dort eintreffen. Der russische Kaiser gedenkt am 15. November dem 25jährigen Regierungsjubiläum des Königs von Dänemark beizuwohnen und auf seiner Hin= oder Rückreise nach oder von Kopenhagen dem Kaiser seinen Gegenbesuch in Berlin zu machen.
Die officiöse "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" kommt jetzt noch einmal auf die neuesten deutschfeindlichen Vorgänge in Frankreich zurück. Sie gesteht zu, daß die Regierung bemüht gewesen sei, für

[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 2]

die Beschimpfung des deutschen Consulatsschildes in Havre Genugthung zu geben; sie knüpft aber daran die Bemerkung, daß auch dieser Vorgang weitere Beweise für die Verwilderung und Rohheit des französischen Volkes liefere. Frankreich sei von der Stufe der Civilisation, auf welcher es zur Zeit eines geordneten Staatswesens gestanden habe, immer tiefer herabgesunken, und könne sich, was insbesondere die Rechtssicherheit anbelange, mit anderen civilisirten Völkern Europas nicht mehr vergleichen. Durch gewisse Vorgänge in den letzten Jahren schließe es sich aus dem Kreis gesitteter Nationen aus. Deutschland unterhalte aber Beziehungen zu civilisirten und zu wilden Nationen, es habe gelernt, sich in beide einzuleben.
Auch die französische Fachpresse spricht sich gegen Mackenzie aus. Die neueste Nummer des "Bulletin Mèdizinal" in Paris bespricht das Buch Mackenzie's, hält diesem vor, die Möglichkeit einer Rettung des Kronprinzen verhindert zu haben, und ist der Meinung, seine eigene Schrift sei solcher Art, daß sie ihm bei Medizinern moralisch viel mehr schaden dürfte, als die seiner deutschen Gegner.
Unglaublich, aber wahr! Der französische Kriegsminister in Civil, Herr de Freycinet, hat für außerordentliche Ausgaben zur Bestreitung der Festungsbauten an der Ost= und Südostgrenze, also gegen Deutschland einen Betrag von 1065 Millionen Frcs. verlangt! Das sind allerdings "außerordentliche" Ausgaben. Die Budget=Commission hat eine besondere Untercommission zur Prüfung dieser Forderung ernannt.
Der Daily News wird aus Berlin auf Grund "guter Autorität" gemeldet, daß schon seit einiger Zeit vertrauliche Unterhandlungen zwischen England und Deutschland wegen einer gemeinsamen Aktion in Ostafrika geführt werden.
Das serbische Amtsblatt veröffentlicht ein Schreiben des Königs, in dem dieser den Metropoliten als Obersten der serbischen Kirche ersucht, die Ehescheidung zwischen ihm, dem König, und der Königin Natalie auszusprechen. Unter diesem Schreiben des Königs ist ein Actenstück des Metropoliten abgedruckt, in dem die am 5. Oktober 1875 zwischen dem König und der Königin durch den erzbischöflichen Segen geschlossene Ehe als gelöst und geschieden erklärt wird.
- Das Königreich Spanien erhält ein neues bürgerliches Gesetzbuch, wodurch Spanien endlich zur Einheit seines Zivilrechtes kommt. Das Werk ist namentlich den beiden früheren Ministern Silvela und Alonso Martinez, zwei hervorragenden Juristen zu verdanken. An dem Entwurf ist 8 Jahre lang gearbeitet worden.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wird das vor einigen Wochen erlassene Gesetz zum Ausschluß der Chinesen mit großer Strenge durchgeführt. Hunderte von Chinesen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes die Fahrt nach Amerika angetreten hatten, werden in San Franicsco am Landen verhindert: selbst diejenigen, welche in den Vereinigten Staaten gewohnt haben und eine Bescheinigung darüber besitzen, werden nicht wieder zugelassen. Das für Californien, Oregon und Nevada Recht sprechende Bundes=Kreisgericht hat auf Anrufen der chinesischen Einwanderungsbeamten entschieden, daß das Gesetz mit der Verfassung nicht in Widerspruch stehe. Gegen dieses Urtheil soll zwar Berufung an den höchsten Bundesgerichtshof in Washington eingelegt werden, es wird aber auch das nicht viel helfen. Auch an der kanadischen Grenze werden die dort nur vereinzelt erscheinenden Chinesen zurückgewiesen.


- Schönberg. Nr. 18 des Offiziellen Anzeigers enthält eine landesherrliche Bekanntmachung vom 27. v. Mts., deren Kenntniß für die interessirenden Kreise sowohl, wie für das Publikum nothwendig erscheint und deren Bekanntwerden auf jede mögliche Weise erstrebt werden muß. - Es ist nämlich Thatsache, daß im deutschen Reiche eine Krankheit des Rindviehs, Perlsucht, Franzosenkrankheit u. s. w. genannt, fortwährend an Ausdehnung gewinnt und geeignet ist, nicht allein dem Viehhandel und der Landwirthschaft schwere Verluste und Schäden zu verursachen, sondern auch für den Menschen verderblich werden kann, wenn das Fleisch resp. die Milch solcher erkrankten Thiere als menschliche Nahrung Verwendung findet. Die Ausdehnung dieser Krankheit ist bereits eine derartige geworden, daß von Reichswegen Veranlassung genommen ist zu erwägen, ob es nicht angemessen sei auf Maßregeln zur Bekämpfung derselben Bedacht zu nehmen, sei es in sanitätspolizeilicher Hinsicht, sei es in wirthschaftlicher Richtung. Um nun einen Anhalt über die Verbreitung der Krankheit im Reiche zu gewinnen, haben die Bundesregierungen für ihre Gebietstheile Erhebungen angeordnet, welche vom 1. October 1888/89 vorzunehmen sind und für das Fürstenthum Ratzeburg von Großherzoglicher Landvogtei geleitet werden. Der Umfang des durch diese Erhebungen ermittelten Verbreitung wird sodann für die zu treffenden Maßregeln ausschlaggebend sein. - Zieht man nun zur Erwägung, daß die Perlsucht in ihrer stetig fortschreitenden Zunahme dem Volkswohlstande erheblichen Schaden bringt, und faßt man ferner den Umstand in's Auge, daß die Krankheit auch dein Menschen indirekt Nachtheil an seiner Gesundheit zuzufügen im Stande ist, so dürfte es Pflicht eines jeden sein, auf das Vorkommen der fraglichen Krankheit, so viel wie möglich zu achten und der zuständigen Stelle sofort Mittheilung über die gemachten Wahrnehmungen zukommen zu lassen. Giebt es nun auch nicht ganz untrügliche Kennzeichen im Aeußeren des Thiers, woran man die Krankheit sicher erkennen kann, so ist man doch berechtigt, dieselbe als vorhanden anzunehmen, wenn bei fortgesetzt guter Fütterung das Thier doch nach und nach einen immer schlechter werdenden Ernährungszustand zeigt, wenn dasselbe rauh und struppig im Haar wird, wenn dasselbe eingefallene blöde Augen hat, wenn dasselbe von Zeit zu Zeit von heftigen Flankenbewegungen heimgesucht, von häufig wiederkehrenden Hustenanfällen geplagt wird und zeitweise hierbei Schleimstücke von sich giebt, auch im Anschluß hieran an Nasenausfluß leidet. Sicheren Aufschluß über das Vorhandensein der Krankheit gewinnt man aber nur, nach vorgenommener Zerlegung des Körpers des crepierten oder geschlachteten Thiers, woraus folgt, daß hauptsächlich Frohner, Schlachter und die sonst mit dem Schlachten und Zerlegen von Rindvieh sich beschäftigenden Personen, nicht minder auch alle Viehbesitzer, welche für ihren Hausstand Rindvieh schlachten, in erster Linie dazu berufen sind, über ihre Beobachtungen die weiteren Mittheilungen zu machen. - Möge dieser Hinweis dazu dienen, das Interesse Aller zu erwecken, so hat er auch den beabsichtigten Zweck erreicht.
- Die "M. Z." macht folgende Mittheilungen über den Diätenverein für Geschworene beider Mecklenburg: Der Verein, welcher Ende vorigen Jahres mit einem Bestande von 5589 Mitgliedern abschloß, hat für das laufende Jahr einen angemessenen Zuwachs zu verzeichnen gehabt. Mit der steigenden Mitgliederzahl wachsen natürlich die Aussichten auf ausreichende und gleichmäßige Diäten. Nach der Zahl der bisher zum Geschworenendienst herangezogenen Mitglieder ist sichere Aussicht vorhanden, daß für das laufende Geschäftsjahr die höchsten Diäten seit dem nunmehr fünfjährigen Bestehen des Vereins vertheilt werden können. Wir machen darauf merksam, daß die Berechtigung zum Diätenbezuge für das Jahr 1889 nur noch bis zum 31. October erworben werden kann.
- Dr. med. Binder in Lübeck wurde wegen grausamer Behandlung eines geistig schwachen 22jährigen Mädchens zu 8 Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Seit mehreren Jahren ist es in Stargard Sitte geworden, daß man in Privathäusern Schweine, die sonst an Schlachter oder Händler verkauft wurden, selbst schlachten läßt und dann pfundweise verkauft. Hervorgerufen ist diese Concurrenz durch die niedrigen Preise, die für die Schweine geboten wurden. Die Schlachter haben versucht, unter Hinweis auf die Gewerbeordnung und die Gewerbesteuer diese Concurrenz zu unterdrücken, sind aber damit nicht durchgedrungen.
- Kaiser Wilhelm hat die Eisenbahnfahrt von

[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 3]

Rom bis nach der Bahnstation Drewitz bei Potsdam in 41 Stunden 5 Minuten zurückgelegt. Er fuhr mit Extrazug ohne jede Unterbrechung, wenige Minuten ausgenommen.
- Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß auf deutschen Bahnen das Nebelhorn eine nicht unwichtige Rolle spielt. Die Wärter an den Barrieren und Weichen sind mit demselben ausgerüstet. Nachts bei dicker nebeliger Luft, wo die Signallaternen bisweilen nur sehr kurze Strecken weit gesehen werden können, avisiren die Wärter das Herannahen des Zuges von Bude zu Bude mit dem Nebelhorn. Die Einrichtung hat sich als sehr praktisch bewährt.
- Das ist doch etwas starker Taback! Den Besuchern der Basilika der Herzjesukirche auf dem Montmartre in Paris wird am Eingang ein Bild Boulangers überreicht und in Havre sind dieser Tage 2 Kisten, 599 solcher Bilder enthaltend, angelangt. Und der Absender derselben, wer ist Der? Herr Gustav W. Seitz in Hamburg. Die Bilder dürften also in Deutschland hergestellt sein.
- In Czarnikau wurde einer Zigeunerbande ein 3 Jahre altes blondhaariges Mädchen abgenommen, weil sich herausstellte, daß das Mädchen nicht zu ihnen gehörte.
- Unerhörte Frechheit. Unteroffizier: "Einjähriger, Sie haben so viel Ahnung vom Kompagnie=Exerzieren, wie eine saure Gurke vom Skatspielen. Und dabei erlaubt sich der Mensch sogar, eine Brille zu tragen!"


Anzeigen.

Zur öffentlich meistbietenden Wiederverpachtung der Lagerplätze am hiesigen Hafen steht ein Termin auf

Sonnabend, den 3. November d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem Großherzoglichen Domainen=Amte an, wozu Pachtliebhaber hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Bedingungen im Termin bekannt gemacht werden.
Schönberg, den 25. Oktober 1888.

Großherzogl. Mecklb. Domainen-Amt.
F. Graf Eyben.

H. Spieckermann.        


Antragsmäßig soll über das vor Schönberg im Schlauenkamp an dem Verbindungswege der Rehna=Rottensdorfer Chaussee sub. Nr. 51 a belegene Wohnhaus c. p. der verwittweten Frau Schlachtermeister Hennings, Friederike geb. Hinzpeter, allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 12. Januar 1889,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 24. October 1888.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Nachdem gegen den Füsilier Peter Friedrich Joachim Sevke der 8. Compagnie Schleswig=Holsteinischen Füsilier=Regiments Nr. 86, geboren am 5. 6. 1864 zu Carlow, Kreis Schönberg Großherzogthum Mecklenburg=Strelitz, der förmliche Desertions=Prozeß im Wege des Ungehorsamsverfahrens eröffnet worden ist, wird derselbe aufgefordert, zu seinem Truppentheil zurückzukehren, spätestens aber sich in dem auf

Freitag, den 1. Februar 1889,
Vormittags 11 Uhr

in dem Gerichtslocale des Divisionsgerichtes dahier, westliche Kasernenstube Nr. 25, anberaumten Termine zu gestellen, widrigenfalls er in contumaciam für fahnenflüchtig erklärt und zu einer Geldbuße von 150 bis 3000 M. wird verurtheilt werden.
Flensburg, den 6. October 1888.

Königliches Gericht der 18. Division.


Möbel=Versicherungs=Verein im Fürstenthum Ratzeburg.

Zu Kreisvorstehern des vorgenannten Vereins sind gewählt worden:
  1. Tischler Dencker Schlagsdorf.
  2. Fischer Städing Lanckow.
  3. Kaufmann Buschow Baeck.
  4. Kaufmann Ollrogge Schlag=Resdorf.
  5. Musiker Wittfoth Wendorf.
  6. P. Freitag Gr. Rüntz.
  7. Lehrer Albrecht Neschow.
  8. Schuhmacher Eggert Herrnburg.
  9. Gastwirth Oldenburg Lockwisch.
10. Musiker Behncke Gr. Siemz.
11. L. Tilse Schönberg.
12. Klempner Lühr Carlow.
Anmeldungen von Versicherungen werden von den Vorgenannten jederzeit entgegen genommen.

Schlag=Resdorf.                                                     Der Vorsitzende.
                                                                              H. J. Ollrogge.


Bestes Flohmen-Schmalz
à Pfund 75 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Echt englischen
Seifen=Stein
a Pfd. 25 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Feine Traub- und Winteräpfel
per Pfd. 8 Pfg. hat abzugeben                                                 
                                                    N. Nehls, Gastwirth.


Ende dieser Woche trifft ein großer Transport schöner gelber französischer

Eßkartoffel
ein. Muster steht zur Verfügung.                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Braunkohlen
und
Steinkohlen

empfange ich noch fortwährend und empfehle ab Bahnof noch zu billigen Peisen.

                                                    C. Schwedt.


Gesucht zu Ostern zwei
Tagelöhner=Familien
auf Hof Torriesdorf bei Schönberg.                          


Diedr. Teschau, Messerfabrikant,
Lübeck, Breitestraße 24.
Specialgeschäft u. Fabrik in
Messerwaaren und Scheeren.
Revolver, Salonbüchsen, Pistolen, Munition, Barometer, Thermometer, Reißzeuge.
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Reparatur-Werkst. Hohlschleiferei.
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Neu - Anfertigungen
rasch und sauber.


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[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 4]
Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

III. ordentliche Versammlung
am 4. November 1888.

Tagesordnung:
        1. Aenderung des §. 9.
        2. Feier des 1. December.
        3. Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Die Maienblume des Caplandes.
Freesia refracta alba.

Unter diesem Namen kommt jetzt ein Zwiebelgewächs in den Handel, welches das aufmerksamste Interesse eines jeden Blumenfreundes verdient. Prachtvoll wohlriechend sind die weißen unzähligen Blüthentrauben, ihr Duft ist köstlicher und intensiver als der der feinsten Orchideenblumen. Während des Winters im Zimmer cultivirt, duften sie das ganze Zimmer aus und der Blumenfreund wird entzückt sein von den lieblichen Freesien. Je nachdem man sie pflanzt blühen sie vom Dezember bis April. Will man sie in's Freie haben, so pflanze man die Knollen im October aus und bedecke die Stellen etwas gegen Frost. Die Blumen erscheinen hier im Mai und werden auch hier das Auge des Blumenfreundes auf sich lenken.
Wir empfehlen die Anschaffung dieses wirklich schönen Gewächses und bestelle man sofort, da der Vorrath bald vergriffen sein dürfte. Wir erlassen: 12 Stück Zwiebeln zu 2 Mark., 100 Stück 15 Mk. Zur Weinachtszeit empfehlen wir angetriebene eventuell auch blühende Freesien in Töpfen und versenden solche frostfrei.

Per Topf 3 Mark.

Preisliste über diverse zur Herbstpflanzung geeignete Stauden und Knollen, sowie Hyacinthen, Makartbouquets gratis und franco.

Gebrüder Braitmaier, Erfurt,
Handelsgärtnerei.


G. & O. Lüders, Hamburg,
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für Milchkühe, Ochsen und Schweine.

Alleinverkauf bei
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Empfehle meine soeben neu eingetroffenen emaillirten Waaren.

Prima Qualität

als Kochtöpfe, Gemüseschüssel mit Deckel, Saucieren, Suppenterrienen mit Deckel, Bratschüssel, Theetöpfe, Waschserviece, u. s. w. auch bringe ich mein Lager von Fleischhackmaschinen, Reibmaschinen, Wurststopfmaschinen, Ofenhaken u. Ofenvorsätze für den Winterbedarf in freundliche Erinnerung.

                                                    Hochachtungsvoll u. ergebenst
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Feinste Dabersche Eßkartoffeln
empfiehlt                                                      
                                                    Aug. Spehr.


Gänzl. Ausverkauf.
Sterbefalls halber sollen wegen vollständiger Räumung des Lagers sämmtliche
Manufactur-, Porcellan-, Glas- und Eisen-Waaren
zu bedeutend herabgesetzten Preisen verkauft werden. Ratzeburg im October 1888.                                                    
                                                    Wilhelm Harmsen.


Das älteste und größte
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfd.) gute, neue

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reiner Flaum nur Mk. 2,50 und Mk. 3.

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Umtausch gestattet.
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zusammen für nur 14 Mark.


Cognac
der Export-Cie für
Deutschen Cognac Köln a. Rh.,
bei gleicher Güte bedeutend billiger
als französischer.
Ueberall in Flaschen vorräthig
Man verlange stets unsere Etiquettes.
Directer Verkauf nur mit Wiederverkäufern.


Heute Morgen 6 Uhr entschlief sanft nach kurzer Krankheit unser jüngster Sohn Rudolf im Alter von fast 5 Monaten. Diese Traueranzeige widmen hiermit alleu Bekannten

                                                    die tiefbetrübten Eltern
                                                    Johanson u. Frau.

Schönberg, den 29. October 1888.
NB. Die Beendigung findet am Donnerstag, den 1. November 2 Uhr vom Sterbehause aus statt.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nr. liegt ein Prospect des bekannten
          Bankhauses Mindus & Marienthal
in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser noch besonders aufmerksam machen.


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt eine Empfehlung mehrerer Hamburger Firmen bei.


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 85 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 30. October 1888.


Das Fürstenthum Ratzeburg im Anfange dieses Jahrhunderts bis zum Ende der Freiheitskriege.
Festrede, gehalten zur Feier des 70. Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs Friedrich Wilhelm
von Prorektor Dr. Juling.
17. October 1888.
                                                    (Fortsetzung.)                          Nachdr. verbot.

Wenden wir uns ab von diesen traurigen Bildern; das ist der Krieg in furchtbarer Gestalt. Und die Schwierigkeiten der Ausgleichung der Kriegslasten im Fürstenthum sind deshalb ganz besonders schwierig, weil dasselbe auch Kriegsschauplatz gewesen ist. Als aber das Jahr 1813 kommt, da rührt es sich auch im Fürstenthum Ratzeburg. Am 30. März hebt Herzog Karl alle Beschränkungen auf, denen der Handel in Folge des Continental=Systems unterworfen gewesen ist. An demselben Tage erläßt er folgenden Aufruf: "Wir wissen, daß diejenigen, welche durch Alter, Geschlecht oder sonstige Verhältnisse zurückgehalten werden, für die Sache des deutschen Vaterlandes mit Leib und Leben einzutreten, um so freudiger zum großen Zweck mit wirken werden auf dem einzigen ihnen übrig bleibenden Wege, - es wird sein Gut bringen wollen, wer nicht sein Blut geben kann. Demnach haben Wir zur Empfangnahme freiwilliger Gaben eine Commission angeordnet, bestehend aus Unserm Landrath von Oertzen auf Kotelow und Unserm Geheimen Kammerrath von Bassewitz; und in Unserm Fürstenthum Ratzeburg: aus Unserm Regierungsrath von Bülow, Unserm Amtshauptmann Danckwarth und Unserm Gerichtsrath Twachtmann, welche beauftragt ist, alle freiwilligen Gaben zur Ausrüstung vaterländischer Krieger in Empfang zu nehmen. - Diese Commission ist angewiesen: 1.) über empfangene Gaben dem Geber einen Schein auszuhändigen, in welchem der Betrag (bei Effekten u. s. w. nach vorgängiger Taxe beeidigter Kunstverständiger) ausgedrückt ist; 2.) für die zweckmäßigste Verwendung der Gaben gewissenhaft Sorge zu tragen; 3.) über ihre Verwaltung demnächst öffentlich Rechnung abzulegen. - Sollten künftig für den großen Zweck, zu welchem Wir Uns jetzt mit Unsern getreuen Unterthanen und mit allen deutschen Männern vereinigen, allgemeine Abgaben nothwendig erscheinen, so werden dabei die ad I erwähnten Scheine wie baares Geld in Anrechnung zu bringen sein. Für Ehre, Freiheit und Unabhängigkeit giebt es keine Taxe - ein jeglicher weiß es nur selbst, wie viel diese Güter ihm werth sind." Dieser Aufruf findet im ganzen Fürstenthum einen freudigen Widerhall, auch der Aermste bringt sein Scherflein, und das gilt wörtlich. Auf der Liste des dem Herrn von Grävenitz gehörigen Rittergutes Dodow steht verzeichnet: der Müller 32 Schilling der Statthalter 16 Schilling, jeder Tagelöhner 8 Schilling., der Kuhhirte 4 Schilling, zusammen etwa 7 Thaler, darunter einfach: "von mir 100 Thaler, Hans Grävenitz." Mitte Mai kann Twachtmann aus seinem Amte berichten: "die bisherige Einnahme beträgt etwas über 1900 Thaler, und dürfte die ganze Einnahme, wenn die mir bekannten Rückständigen ihren verhältnißmäßigen Beitrag auch gegeben haben, wohl an 2000 Thaler betragen."
Am 2. April erscheint dann der andere Aufruf zum Eintritt in die Armee. Er lautet: "In dem Augenblick, da auch Uns es vergönnt ist, für die Sache des deutschen Vaterlandes nach Unsern besten Kräften mitzuwirken, berufen Wir mit freudiger Zuversicht auf den deutschen Sinn in Unserm Lande die jungen Männer desselben zum Kampfe. - Nach dem Wunsche Unserer mächtigen Alliirten werden Wir ein Husaren=Regiment errichten, und wollen damit ein reitendes Jäger=Corps in eben der Art verbinden, wie solches bei der Königlich preußischen Armee der Fall ist.
In Bezug hierauf bestimmen Wir wie folget: Alle jungen Männer vom 17. bis zum 30. Jahr, welche sich freiwillig zum Kriegsdienst stellen wollen, haben sich in Unserm Fürstenthum Ratzeburg entweder bei Unserm Amtshauptmann Danckwarth zu Ratzeburg oder bei Unserm Gerichtsrath Twachtmann zu Schönberg zu melden.
I. Alle junge Männer, welche sich selbst equipiren, beritten machen, und, so lange sie dienen, außer den ihnen zu reichenden Portionen und Rationen, selbst erhalten, treten, wenn sie wollen, in das reitende Jäger=Corps ein."
(Folgen dann weitere Bestimmungen über Uniform, Dienst, Vergünstigungen u. s. w.)
II. "Alle junge Männer, welche für das Vaterland zu streiten gesonnen sind, und größere Neigung zum eigentlichen Husarendienst haben, oder sich entweder überall nicht, oder doch nicht in dem ad I angegebenen Maße equipiren u. s. w. können und wollen, treten in das Husaren=Regiment ein. (Weitere Bestimmungen).
Zum Schluß heißt es dann:
"Alle, welche nach beendetem Kriege Versorgung bedürfen, so wie etwa zurückbleibende bedürftige Frauen und Kinder, sollen mit Zuversicht bauen auf Fürst und Vaterland, und die Sorge für sie wird uns heilig sein.
Den Streiter für Gott und die gute Sache erwartet Ehre und Ruhm, erwartet der Dank des befreiten Vaterlandes, und was mehr ist als Alles, ein Bewußtsein, das über jedes irdische Schicksal erhebt."                          (Schluß folgt.)


- Unter den 26. April 1888 forderte das Kriegsministerium in Berlin zu einer Preisbewerbung um ein Modell für einen neueinzuführenden Armeesattel auf und setzte 2 Preise von 6000 resp. 3000 M. aus. Der erste Preis ist nun dem Modell Nr. 1859, der zweite Preis zur Hälfte den Modellen Nr. 1/000 2/000 3/000 einerseits und dem Modell Nr. 76 305 anderseits zuerkannt, da diese letzteren gleich gut erschienen sind. Die nicht prämirten Modelle stehen zur Verfügung der Einsender und werden von der Kavallerie=Abtheilung des Kriegsministeriums auf Kosten der Einsender nach vorheriger Meldung zurückgesandt.                           A.=V.=Bl.
- Der Erwerb von Grundstücken für den Bau des Nord=Ostsee=Kanals ist jetzt so weit gefördert, daß man noch für das Etatsjahr 1888/89 einen Abschluß desselben erwarte. Nähere Erwägungen haben zu dem Beschluß geführt, die Linie des Kanals auf der Strecke von 38 -56 km in der Richtung Reitmoor=Mechelsee=Schlachtholm=Schülp zu verlegen, so das die Eider durch den Kanal erst bei der letztgenannten Ortschaft und nicht schon, wie früher beabsichtigt war, bei Bastenberg erreicht werden wird. Ueber eine anderweitige Verlegung der Kanallinie auf einer zweiten Sirecke vom Dorf Wester=Rönfeld südlich um die Stadt Rendsburg nach dem Andorfer See schweben noch Verhandlungen. Der Ankauf des Grund und Bodens hat in der großen Mehrzahl freihändig stattgefunden. Erworben sind 2424 ha. für 5 200 000 Mk.; noch zu erwerben sind etwas über 800 ha. Die Arbeiten sind für mehr als die Hälfte der Kanallinie in 10 Losen an Unternehmer vergeben. Die weitere Vergebung steht unmittelbar bevor. An 2 Losen haben übrigens die Arbeiten schon begonnen.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 85 Seite 6]

- Ein Geistlicher in der Gegend von Rostock ließ sich durch einen alten Bauernknecht seiner Gemeinde nach Warnemünde fahren, um ein auf der dortigen Rhede liegendes Kriegsschiff in Augenschein zu nehmen. Unterwegs erzählt er seinem Kutscher von dem großen Schiffe, welches er sehen würde. "O," sagte der Knecht, "so ein Schiff habe ich schon oft gesehen." - "Wo willst Du denn Kriegsschiffe gesehen haben?" - "O, zu Portsmouth, als das Regiment, bei dem ich war, ausgeschifft wurde." -"Wie kamst Du denn nach Portsmouth?" - "Das war, als wir von Quebeck kamen, ich habe lange in Canada gestanden; da waren viele Indianer, die lagen auf der Straße herum, das waren alle Betrüger, die hatten auch gar nicht eine solche Farbe wie wir." - "Aber mein Gott, wie bist Du denn dahin gekommen?" - "Von Gibraltar, wo es so furchtbar heiß ist; nichts als Stein und Felsen, stäuben that es dort gräulich und Affen gab es dort auch." - "Na, wie bist Du denn nach Gibraltar verschlagen?" - "Da bin ich mit den Engländern hingekommen." - "Und wie bist Du unter die Engländer gerathen?" - Der Knecht kratzte sich hinter die Ohren und schmunzelte: "Ich lief hier weg, weil ich nicht Soldat werden wollte."
- Nicht ungefährliche Spielmarken sind neuerdings im Handel. Dieselben tragen das Bildniß Kaiser Friedrichs III., sind leicht vergoldet und nur ganz unmerklich von der Größe und Stärke eines 10=Markstückes unterschieden. Auf der Rückseite steht allerdings in einem Lorbeerkranz "Spielmarke", die Nachahmung ist aber so täuschend, daß die Spielmarke leicht für ein Goldstück in Zahlung genommen werden kann.
- Bei Magdeburg passierte die Elbe ein Karpfenfloß, das aus Böhmen und von Peitz bei Kottbus Karpfen bringend, seinen Weg nach Hamburg nahm.
- In München werden am Namenstage des Prinzregenten Luitpold den 1. Nov. die bayer. Truppen zum letztenmal bei einer amtlichen Gelegenheit mit dem Raupenhelm paradieren. Gleich zu Anfang November werden die neuen Pickelhauben, und zwar zunächst an die ersten Bataillone der Infanterieregimenter, abgegeben und von diesen im Dienst getragen werden.
Ein Doppelselbstmord am Starnberger See macht dort ungeheueres Aufsehen. Wie darüber aus Starnberg gemeldet wird, haben abermals zwei Damen an der Unglücksstätte bei Schloß Berg, wo König Ludwig II. aus dem Leben schied, den Tod in den Wellen des Starnberger Sees gesucht und gefunden. Die Damen dürften Mutter und Tochter in guten Verhältnissen gewesen sein, beide trugen elegante Kleidung, eine Dame werthvolle Schmucksachen und eine prachtvolle Uhr mit Brillanten. Die Geldbörse der älteren Dame enthielt beiläufig 8 Mk. Da Papiere, Briefe, Visitenkarten fehlten, ist es bis jetzt noch nicht gelungen, die Persönlichkeiten der Selbstmörderinnen, die fest umschlungen, in den Tod gegangen waren, festzustellen. Die Uhr zeigte 6 Uhr 40 Min. Im Ehering der älteren Dame ist eingraviert: 1. Juni 1871. Mäntel und Regenschirme sind am Ufer gefunden worden.
- Das Reichsgericht in Nürnberg hat die geschäftliche Entschädigungsklage des Bleistiftfabrikanten Johann Faber auf 2 000 000 Mk. gegen seinen Bruder den Reichsrath Lothar v. Faber abgewiesen. Der Prozeß rührt daher, daß der Reichsrath Lothar v. Faber seinem Bruder das Recht streitig machen wollte, auf sein Fabrikat den Namen "Faber" zu setzen.
- In Russisch=Polen stehen wieder Ausweisungen ausländischer Pächter von russischen Gütern bevor; sie treffen meist Deutsche.
- Ein hübsches Geschichtchen wird von der "New=Yorker=Staatszeitung" aus Boston erzählt: Vor einiger Zeit hatte sich die Lehre von der freien Liebe in den Neu=England=Staaten sehr ausgebreitet und viele Anhänger gefunden. Auch ein Herr und eine Dame aus Boston beide der "oberen Klasse" der Gesellschaft angehörig, hatten ihr Herz der neuen Lehre geöffnet und beschlossen in Zukunft mit einander zu leben, ohne die unnöthige und altmodische Zeremonie der Trauung durchzumachen. Sie machten aus diesem Entschluß, kein Hehl, obgleich sich die Bostoner Aristokratie dadurch in ihren Grundvesten erschüttert fühlte. Ehe die Sache aber zur Ausführung kam, gab der in Rede stehende Herr ein Gastmahl, zu welchem die ganze bessere Gesellschaft eingeladen war. Auch der Gouverneur des Staates befand sich unter den Gästen. Bei Tisch wurde selbstverständlich die Absicht der jungen Leute lebhaft besprochen: sie ließen sich aber nicht irre machen. Schließlich mischte sich auch der Gouverneur in den Streit und sagte nach einigen einleitenden Bemerkungen zu dem Gastgeber: "Herr Soundso, ist es Ihre ernstliche Absicht, dieses Weib in guten und bösen Tagen zu lieben und für sie zu sorgen?" "Gewiß, Herr Gouverneur", war die ahnungslose Antwort. "Und Sie Fräulein" fuhr der Gouverneur fort "ist es Ihr ernster Wille, diesem Mann in guten und bösen Tagen als sein treues Weib zu gehorchen." "Ja Herr." "Nun denn," schloß der Gouverneur, "so erkläre ich Euch kraft der mir verliehenen Amtsgewalt als ein Mann und ein Weib." Was das so unerwartet verheirathete Pärchen dazu gesagt hat, darüber schweigt die Geschichte.
- Obst essen! Wenn man die riesigen Frachten Obst betrachtet, die jetzt täglich von den Bahnhöfen auf unsere Märkte gebracht werden, so fragt man sich erstaunt, wie ein derartiger Verbrauch an Früchten überhaupt möglich ist. Und doch kommt man, wenn man den auf jeden Einzelnen entfallenden Antheil an diesem Verbrauch berechnet, zu dem Ergebniß, daß doppelt und dreifach so viel Zwetschen, Aepfel, Birnen u. s. w. verkauft werden könnten, wenn Obst nur in dem Maße als Speise benutzt würde, wie etwa die Kartoffeln in einer besser gestellten Familie. Es wird viel zu wenig Obst gegessen. Jede Hausfrau weiß freilich sehr gut, daß eine saftige Frucht zum Nachtisch und ein Näpfchen Kompott im Winter ein köstlicher Genuß ist. Aber nur wenige Hausfrauen sind je belehrt worden, daß wir im Obst auch ein hervorragendes Nähr= und Heilmittel besitzen, denn wenn sie sich dessen bewußt wären, würden sie wenigstens während der Obstzeit beständig einen Korb Aepfel, Birnen oder Zwetschgen zur allgemeinen Benutzung seitens der Familie im Hause zu haben und die Conserven nicht nur Sonntags als Leckerbissen dem Braten zutheilen. Sie würden das Obst, namentlich in Jahren in denen es billig ist, zu einem nie ausgehenden Küchenartikel machen. Wie manche Mutter klagt nicht darüber, daß ihre Kinder "keine Farbe" bekommen wollen, daß sie immer und ewig an Blutmangel leiden! 10 Aerzte haben sie schon gefragt und 10 Aerzte haben ihr 20 verschiedene Mixturen für ihre Kleinen verschrieben, aber genutzt hat's nicht. Und dabei liegt das Mittel, das dem Blutmangel bei dauernder Anwendung abhilft, in ihrem eigenen Keller: "Das Obst!" Also ihr Hausfrauen und Mütter spart nicht mit dem Obst auf Eurer Speisekarte! Womöglich jeden Tag setzt irgend eine Frucht auf die Tafel und Eure Kleinen laßt nur Obst essen so viel sie Lust haben. Vornehmlich Zweschgen sind gute Blutbildner, während Aepfel in Folge ihres Phosphorgehaltes mehr auf das Gehirn einwirken. Gekocht kann das Obst in größeren Mengen genossen werden als roh. Auf alle Fälle gehört irgend eine Frucht in irgend welchem Zustand stets auf den Tisch und das verursacht ja nicht allzuviel Mehrkosten. Leicht kann man dafür eine andere, nicht so nöthige Ausgabe unterlassen.
- Eine nicht mehr ganz neue, aber hübsche Anekdote läuft wieder durch alle Zeitungen. Ein Schweizer Soldat, dessen Zigarre nicht recht brennen wollte, begegnet auf der Straße seinem Lieutenant und sagte zu ihm: "Herr Lütenant sind ou so guot und gent' mer e' bisle Für (Feuer), der Chaib brennt nüt!" Lieutenant: (dem Soldaten seine brennende Zigarre halb verblüft, halb zögernd reichend: Das schikt sich eigentlich nüt, das sot (sollt) bügott nüt sü, in Prüßen (Preußen) käm däs nit vor! Soldat; "S' ka sü. S' ka sü (Das kann möglich sein.) aber in Prüßen wäret Ihr bügott ou nüt Lütnant!"


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