No. 50
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. Juni
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 1]

Mit vollem kaiserlichen Glanze, wie der erste deutsche Reichstag an dem denkwürdigen 31. März 1871, ist auch der jetzige Reichstag eröffnet, bei welchem Kaiser Wilhelm II. zum ersten Mal zu den Vertretern des deutschen Volkes sprach. Dem voraufgegangenen Gottesdienst in der Schloßkapelle wohnte der Kaiser bei. Für die katholischen Mitglieder des Reichstags fand eine Feier in der St. Hedwigskirche statt. Nach Versammlung der Reichstagsabgeordneten, der Mitglieder des Bundesraths u. s. w. im Weißen Saal begab sich Se. Maj. der Kaiser unter dem großen Vortritt und dem Vorauftragen der Insignien, des Reichsschwerts, des Reichsapfels, Zepter und Krone, sowie des Reichspaniers, umgeben von den anwesenden deutschen Fürsten in den Saal und nahm auf dem Throne Platz. Für die Kaiserin und die Prinzessinnen war rechts vom Throne eine Tribüne errichtet. Bei dem Eintritt in den Weißen Saal wurde Se. Maj. der Kaiser von einem dreimaligen Hoch, das der Präsident des Reichstags auf Se. Majestät und Ahdessen erhabene Bundesgenossen ausbrachte, empfangen. Hierauf verlas Se. Maj. der Kaiser und König folgende Thronrede, welche der Reichskanzler überreicht hatte:

"Geehrte Herren!                          

Mit tiefer Trauer im Herzen begrüße Ich Sie und weiß, daß Sie mit Mir trauern. Die frische Erinnerung an die schweren Leiden Meines Hochseligen Herrn Vaters, die erschütternde Thatsache, daß Ich drei Monat nach dem Hintritt wailand Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm berufen war, den Thron zu besteigen, üben die gleiche Wirkung in den Herzen aller Deutschen, und unser Schmerz hat warme Theilnahme in allen Ländern der Welt gefunden. Unter dem Drucke desselben bitte Ich Gott, Mir Kraft zur Erfüllung der hohen Pflichten zu verleihen, zu denen Sein Wille Mich berufen hat. Dieser Berufung folgend, habe Ich das Vorbild vor Augen, welches Kaiser Wilhelm nach schweren Kriegen, in friedliebender Regierung seinen Nachfolgern hinterlassen, und dem auch Meines Hochseligen Herrn Vaters Regierung entsprochen hat, so weit die Bethätigung seiner Absichten nicht durch Krankheit und Tod verhindert worden ist. Ich habe Sie, geehrte Herren, berufen, um vor Ihnen dem deutschen Volke zu verkünden, daß Ich entschlossen bin, als Kaiser und als König dieselben Wege zu wandeln, auf denen Mein Hochseliger Herr Großvater das Vertrauen seiner Bundesgenossen, die Liebe des deutschen Volkes und die wohlwollende Anerkennung des Auslandes gewonnen hat. Daß auch Mir dies gelinge, steht bei Gott, erstreben will Ich es in ernster Arbeit. Die wichtigsten Aufgaben des Deutschen Kaisers liegen auf dem Gebiete der militärischen und politischen Sicherstellung des Reichs nach Außen, und im Innern in der Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze. Das oberste dieser Gesetze bildet die Reichsverfassung; sie zu wahren und zu schirmen, in allen Rechten, die sie den beiden gesetzgebenden Körpern der Nation und jedem Deutschen, aber auch in denen, welche sie dem Kaiser und jedem der verbündeten Staaten und deren Landesherren verbürgt, gehört zu den vornehmsten Rechten und Pflichten des Kaisers. An der Gesetzgebung des Reichs habe ich nach der Verfassung mehr in Meiner Eigenschaft als König von Preußen, wie in der des Deutschen Kaisers mitzuwirken; aber in Beiden wird es Mein Bestreben sein, das Werk der Reichsgesetzgebung in dem gleichen Sinne fortzuführen, wie Mein Hochseliger Herr Großvater es begonnen hat. Insbesondere eigne Ich Mir die von ihm am 17. November 1881 erlassene Botschaft ihrem vollem Umfange nach an, und werde im Sinne derselben fortfahren, dahin zu wirken, daß die Reichsgesetzgebung für die arbeitende Bevölkerung auch ferner den Schutz erstrebe, den sie, im Anschluß an die Grundsätze der christlichen Sittenlehre den Schwachen und Bedrängten im Kampfe um das Dasein gewähren kann. Ich hoffe, daß es gelingen werde, auf diesem Wege der Ausgleichung ungesunder gesellschaftlicher Gegensätze näher zu kommen, und hege die Zuversicht, daß Ich zur Pflege unserer inneren Wohlfahrt die einhellige Unterstützung aller treuen Anhänger des Reichs und der verbündeten Regierungen finden werde, ohne Trennung nach gesonderter Parteistellung. Ebenso aber halte Ich für geboten, unsere staatliche und gesetzliche Entwicklung in den Bahnen der Gesetzlichkeit zu erhalten und allen Bestrebungen, welche den Zweck und die Wirkung haben, die staatliche Ordnung zu untergraben, mit Festigkeit entgegenzutreten. In der auswärtigen Politik bin Ich entschlossen, Frieden zu halten mit Jedermann, soviel an Mir liegt. Meine Liebe zum deutschen Heere und Meine Stellung werden Mich niemals in Versuchung führen, dem Lande die Wohlthaten des Friedens zu verkümmern, wenn der Krieg nicht eine, durch den Angriff auf das Reich oder dessen Verbündete, uns aufgedrungene Nothwendigkeit ist. Unser Heer soll uns den Frieden sichern und, wenn er uns dennoch gebrochen wird, im Stande sein, ihn mit Ehren zu erkämpfen. Das wird es mit Gottes Hülfe vermögen nach der Stärke, die es durch das von Ihnen einmüthig beschlossene jüngste Wehrgesetz erhalten hat. Diese Stärke zu Angriffskriegen zu benutzen, liegt Meinem Herzen fern. Deutschland bedarf weder neuen Kriegsruhmes noch irgend welcher Eroberungen, nachdem es sich die Berechtigung, als einige und unabhängige Nation zu bestehen, endgültig erkämpft hat. Unser Bündniß mit Oesterreich=Ungarn ist öffentlich bekannt; ich halte an demselben in deutscher Treue fest, nicht blos, weil es geschlossen ist, sondern, weil Ich in diesem defensiven Bunde eine Grundlage des europäischen Gleichgewichtes erblicke sowie ein Vermächtniß der deutschen Geschichte, dessen Inhalt heute von der öffentlichen Meinung des gesammten deutschen Volkes getragen wird und dem herkömmlichen europäischen Völkerrechte entspricht, wie es bis 1866 in unbestrittener

[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 2]

Geltung war. Gleiche geschichtliche Beziehungen und gleiche nationale Bedürfnisse der Gegenwart verbinden uns mit Italien. Beide Länder wollen die Segnungen des Friedens festhalten, um in Ruhe der Befestigung ihrer neu gewonnenen Einheit, der Ausbildung ihrer nationalen Institutionen und der Förderung der Wohlfahrt zu leben. Unsere mit Oesterreich=Ungarn und Italien bestehende Verabredungen gestatten Mir zu Meiner Befriedigung die sorgfältige Pflege Meiner persönlichen Freundschaft für den Kaiser von Rußland und der seit hundert Jahren bestehenden friedlichen Beziehungen zu dem russischen Nachbarreiche, welche Meinen eigenen Gefühlen ebenso wie den Interessen Deutschlands entspricht. In der gewissenhaften Pflege des Friedens stelle Ich Mich ebenso bereitwillig in den Dienst des Vaterlandes, wie in der Sorge für unser Kriegsheer, und freue Mich der traditionellen Beziehungen zu auswärtigen Mächten, durch welche Mein Bestreben in erster Richtung befördert wird. Im Vertrauen auf Gott und auf die Wehrhaftigkeit unseres Volkes hege ich die Zuversicht, daß es uns für absehbare Zeit vergönnt sein werde, in friedlicher Arbeit zu wahren und zu festigen, was unter Leitung Meiner beiden in Gott ruhenden Vorgänger auf dem Throne kämpfend erstritten wurde."
Der Reichstag ist, nachdem derselbe dem Kaiser eine Adresse zu überreichen beschlossen hatte, wieder geschlossen worden.
Die Reise des Kaisers Wilhelm nach Petersburg welche im Laufe des Monats Juli stattfinden soll, wird, wie ein Gerücht besagt, von Kiel aus zur See unternommen werden. Kaiser Wilhelm beabsichtigt, mit einem acht Schiffen umfassenden Geschwader, welches unter dem Kommando des Prinzen Heinrich stehen soll, die Fahrt nach Petersburg zu machen.
Kaiser Wilhelm sagte auf dem Sterbebett zu seinem Enkel: "Sei freundlich gegen Kaiser Alexander, er ist gut." Dieses Wort hat der Enkel als Kaiser nicht vergessen. Er hat seine Thronbesteigung dem Zaren eigenhändig in russischer Sprache angezeigt und auf den letzten Wunsch seines Kaiserlichen Großvaters ausdrücklich hingewiesen. Auch in der Thronrede ist der Zar nicht vergessen.
Das Gardehusaren=Regiment, dessen Kommandeur der Kaiser längere Zeit gewesen, ist zum Leibhusaren=Regiment ernannt worden; die erste Schwadron wird den Namen Leibschwadron führen. Auch sind dem Regiment silberne Kesselpauken verliehen worden.
Fürst Bismarck hat von seinem Nervenleiden eine Schwäche in den Beinen zurückbehalten, welche ihn hindert, lange zu stehen. Aus diesem Grunde hat der Reichskanzler auch wiederholt seine Reden im Reichsstage zum Theil sitzend gehalten. Mit Bezug hierauf erzählt man sich in Hofkreisen einen edlen Zug des Kaisers Wilhelm II. Als nämlich der Reichskanzler kurz vor der Beisetzung Kaiser Friedrichs Vortrag hatte, erklärte ihm der Kaiser, in dem Beisetzungszug wäre kein Platz für den Reichskanzler zu finden gewesen. Damit war in zarter und freundlicher Weise angedeutet, daß seine Abwesenheit keinen Anstoß erregen werde. Wegen seines körperlichen Zustands hatte Fürst Bismarck ja auch nicht an dem Leichenbegängniß Kaiser Wilhelms theilgenommen.
- Kaiser Franz Joseph hat Kaiser Wilhelm II. zum Oberst Inhaber des Infanterie=Regiments "Wilhelm I." Nr. 31 ernannt. Das Husaren=Regiment Nr. 7 wird fortan den Titel "Wilhelm II. deutscher Kaiser, König von Preußen" führen.
- Ein moderner Robinson. Der Reiswerder im Tegeler See hat sich jetzt ein Berliner als Sommersitz eingerichtet. Für 150 Mark jährlich hat er die ganze 150 Morgen große Insel mit Fischerei und Jagdgerechtigkeit gepachtet, weil die in der Schußlinie vom Tegeler Schießplatz gelegene Insel an Schießtagen der Artillerie nicht betreten werden kann. Dicht bei Berlin führt er hier ein Leben wie Robinson. Kein fremder Kahn darf landen; amtliche Warnungstafeln verbieten es. Und für die Weiterverpachtung der Gras= und Rohrnutzung erhält er mehr, als sein ganzer Pachtzins beträgt.


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Anzeigen.

Berufsgenossenschaft

für die Unfallversicherung der land= und forstwirthschaftlichen Arbeiter des Großherzogthums Mecklenburg=Strelitz. Zu den Wahlen der Delegirten zur Genossenschaftsversammlung werden die von den Gemeinde=Behörden bestimmten Wahlmänner hiemit auf Grund des § 4,3 des Statuts vom 9. April 1888 (Beilage zu Nr. 18. des Officiellen Anzeigers) zum

Dienstag, den 10. Juli d. J.
Nachmittags 2 Uhr,

in die nachbenannten Wahllokale eingeladen. Die Wahlbezirke fallen mit den Grenzen der Amtsgerichtsbezirke zusammen. Die Zahl der in den einzelnen Bezirken zu wählenden Delegirten ist nachstehend bemerkt. Die Wahlmänner haben sich durch Bescheinigung der Gemeindebehörden zu legitimiren.

I. Bezirk Neustrelitz.
2 Delegirte.

Wahlvorstand: Herr Senator Kohrt=Neustrelitz.
Wahllokal: British Hotel in Neustrelitz.

II. Bezirk Neubrandenburg.
3 Deligirte.

Wahlvorstand: Herr Cämmerer Hahn=Neubrandenburg.
Wahlocal: Rathhaussaal in Neubrandenburg.

III. Bezirk Friedland.
2 Delegirte.

Wahlvorstand: Herr Graf von Bernstorff=Beseritz.
Wahllocal: Rathhaussaal in Friedland.

IV. Bezirk Woldegk.
2 Delegirte.

Wahlvorstand : Herr Graf von Schwerin=Mildenitz.
Wahllocal: Schützenhaus in Woldegk.

V. Bezirk Strelitz.
1 Delegirter.

Wahlvorstand: Herr Pächter Piper=Wutschendorf.
Wahllocal: Kolbatz'scher Gasthof in Strelitz.

VI. Bezirk Fürstenberg.
1 Deligirter.

Wahlvorstand: Herr Oberforstmeister a. D. von Waldow=Dannenwalde.
Wahllocal: Gründemann'scher Gasthof in Fürstenberg.

VII. Bezirk Stargard.
1 Delegirter.

Wahlvorstand: Herr Geheimer Legationsrath von Oertzen=Leppin.
Wahllocal: Deutsches Haus in Stargard.

VIII. Bezirk Feldberg.
2 Delegirte.

Wahlvorstand: Pächter Boldt=Bredenfelde.
Wahllocal: Plümecke'scher Gasthof in Feldberg.

IX. Bezirk Mirow.
1 Delegirter.

Wahlvorstand: Herr Pächter Scheel=Buschhof.
Wahllocal: Füllgraf'scher Gasthof in Mirow.

X. Bezirk Schönberg.
3 Delegirte.

Wahlvorstand: Herr Pächter Dierking=Lockwisch.
Wahllocal: Boye'scher Gasthof in Schönberg.

        Neubrandenburg, den 18. Juni 1888.

Der provisorische Vorstand.
von Waldow.


Am Sonntag den 8. und Montag den 9. Juli                                                    
Scheiben=Schießen
nach guten Gewinnen, wozu ich meine Freunde und Gönner hiermit ergebenst einlade.                                                    
                                                                              Fahrenkrug. Lüdersdorf.
Am letzten Tage: Großer Ball.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 3]

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[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 4]

Zur Anzeige
für Unterleibsbruch= und Muttervorfall=Leidende

diene, daß ich durch die langjährige Vertretung des Herrn Otto Bellmann vielseitige Erfahrungen gesammelt und dadurch in den Stand gesetzt bin, noch vorhanden gewesenen Uebelständen an manchen Bandagen abzuhelfen. Ein geehrtes Publikum, namentlich auch die Herren Aerzte, Heildiener, sowie Hebeammen u. s. w. mache ich auf folgende Spezialitäten aufmerksam, und bitte, sich diese ansehen zu wollen.
Verbessertes Bruchband ohne Feder, welches selbst Nachts ungenirt getragen werden kann, wodurch bei veralteten Fällen infolge des beständigen Schließens der Bruchöffnung eine vollständige Heilung herbeigeführt werden kann.
Regulirband für schwere Brüche, welches durch die verstellbare Pelotte, die nicht, wie bei anderen Bändern, sich löst und dadurch schädlich wird, die Bruchöffnung sicher schließt und selbst ohne Tragen eines Schenkelriemens den schwersten Bruch zurückhält.
Band mit Spiralfederdruck ist besonders denjenigen Leidenden zu empfehlen, welche den Druck der Feder nicht gut vertragen können. Durch eine in der Pelotte angebrachte Spiralfelder wird der Druck auf dieselbe stärker, wodurch die Feder eine leichte sein kann.
Frauen, welche an Muttervorfall leiden, kann ich unter Garantie versichern, daß beim Tragen meines Muttergürtels sofort die Schmerzen sich lindern und die schwerste Arbeit verrichtet werden kann. Dieser Gürtel ist von jeder Dame selbst anzulegen und belästigt in keiner Weise.
Leibbinden für Fettleibige, an Nabelbruch Leidende und Schwangere.
Suspensorien f. Krampfader= u. Wasserbrüche, sowie stärkere v. Leder f. Hodenbrüche.
Mastdarmgürtel (nach den neuesten Angaben konstruirt) bewirkt vollkommene Zurückhaltung jedes Mastdarmvorfalls.
Ich werde wieder anwesend sein auf Wunsch Leidender in:

Schönberg Sonntag, den 1. Juli, im Boye'schen Gasthof, Morgens von 8 bis 12 Uhr.
Grevesmühlen Sonntag, den 1. Juli, in Echardt's Hotel 1 Treppe, Zimmer Nr. 3, nur Nachmittags von 2 bis 7 Uhr.

                                                    Achtungsvoll H. Rohdis, prakt. Bandagist.
                                                    Aus Hamburg, Sternstraße 17, St. Pauli.


Hotel Lübeck.
Am Sonntag, den 1. Juli cr.
Gr. Garten-Concert
mit nachf. Ball.
Ausgeführt von der gesammten Kapelle des Schweriner Jägerbataillons unter Leitung des Großherz. Musikdirektors Herrn A. Reckling.
Anfang Nachmittags 4 1/2 Uhr.
Billette im Vorverkauf à 50 Pfg., an der Casse à 75 Pfg.
Es ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.
NB. Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saal statt.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Johannistermines
vom 24. Juni bis 1. Juli d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
an den Sonntagen
von 6 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 16. Juni 1888.                          
                                                    Das Directorium.


        Das früher geführte Geschäft mit Herrn Kaufmann C. Schwedt wird mit dem heutigen Datum aufgelöst.
Schönberg, den 25. Juni 1888.

H. Keul, Schieferdecker.        


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Da mehrfach die Absicht kund gegeben ist, am 1. Juli nach der Einweihung der Carlower Kirche ein Mittagessen bei mir einzunehmen, so bitte ich ganz ergebenst, daß die Herrschaften, welche an diesem Mittagessen theilzunehmen gedenken, sich bis Donnerstag, den 28. Juni mit Anzahl der gewünschten Couverte bei mir melden wollen.

J. Krellenberg, Carlow.          


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 1. Juli.

        Frühkirche fällt aus.
        Vormittagskirche: Pastor Langbein.
            Amtswoche: Pastor Langbein.

Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 13.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 50 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 29. Juni 1888.


- Kaiser Friedrichs Körpergewicht soll in seiner langen Krankheit von 210 Pfund auf 99 sich herabgemindert haben. Dr. Mackenzie hat, wie die "Post" mittheilt, für jeden Tag in San Remo, Charlottenburg und Friedrichskron 1500 Mk. erhalten; im Ganzen mit früheren Honoraren etwa 250 000 Mark.
- Eine der letzten schönen Thaten des Kaisers Friedrich war die Verleihung einer jährlichen Pension von 3000 Mk. an Frau Luise Fröbel in Hamburg, die unermüdliche Förderin der Kindergärten, der Schöpfung ihres Mannes Friedrich Fröbel.
- Eine schöne Entscheidung des dahingeschiedenen Kaisers Wilhelm dürfte, wie die pr. Lehrerzeitung schreibt, bis jetzt nur Wenigen bekannt sein: In einer höheren Töchterschule des Rheinlandes berechtigt die Abgangsprüfung aus der Selekta gleichzeitig zur Anstellung als Lehrerin. Als im Jahre 1882 die Prüfung bevorstand, hielt die Schule eine Vorprüfung ab, in welcher eine junge Dame das beste Zeugniß erhielt; aber an dem vorschriftsmäßigen Alter zur wirklichen Prüfung, deren Termin schon angesetzt war, fehlten noch drei Tage. Nun wendete sich das Fräulein um Erlaß dieser kurzen Frist an das Provinzial=Schulkollegium, leider ohne Erfolg. Ebenso erhielt sie auf eine Eingabe an das Kultusministerium einen abschlägigen Bescheid. Da faßte eine ältere Schwester des Fräuleins den Entschluß sich unter Darlegung der thatsächlichen Verhältnisse direkt an den Kaiser zu wenden. Hierauf folgte die Entscheidung Sr. Majestät, daß auch wegen einer so vorzüglichen Lehrerin das Gesetz keine Aenderung erleiden dürfe, daß aber die Prüfung vier Tage später stattzufinden habe. Dieser echt salomonischen Entscheidung machte die junge Dame durch ein glänzendes Examen alle Ehre.
- Am Johannistage, 24. Juni, dem größten Festtage der Freimaurer, hielten die Berliner Freimaurer eine große Trauerloge für Kaiser Friedrich in der großen Landesloge von Deutschland in der Oranienburger Straße ab. Man darf annehmen, daß ähnliches aller Orten in Deutschland und über seine Grenzen hinaus seitens der Logen geschehen ist.
- Fürst Bismarck weilt vorzugsweise gern in den weiten Forsten seines Sachsenwaldes und es ist leicht begreiflich, denn unbedingt gehört der Sachsenwald nicht allein zu den ausgedehntesten, sondern auch großartigsten und schönsten Waldungen des gesammten Norddeutschland. An zwei bis dritthalb Meilen Länge und bis anderthalb Meilen Breite, mitunter von Waldwiesen und einzelnen kleinen Ackerfeldern unterbrochen erstrecken sich die Forste, die im Westen von der Elbe mit hier oft hohen Hügelufern begrenzt werden. Wahrhaft prachtvolle Waldpartien mit mächtigen, vielhundertjährigen Eichen, wie schlanke Säulen hoch emporragende Buchen diese edlen Bäume des deutschen Nordens, Birken, Ahorne, Ulmen, dann wieder weite Bestände hoher Fichten und Edeltannen wechseln im Sachsenwalde ununterbrochen ab. Dabei ist der Boden teils von Kuppen und Thälern durchzogen, teils wieder eben von Wiesenniederungen, durch welche kleine, klare Waldbäche langsam sich schlängeln, durchsetzt. Nichts was zur Poesie des Waldes gehört fehlt hier. Der Sachsenwald wird deshalb auch häufig zum Ziele von Ausflügen der Turner= und Sängervereine aus Hamburg und Lüneburg und der naheliegenden kleinen mecklenburgschen hannoverschen und lauenburgschen Landstädte gemacht.
Es ist ein interessanter althistorischer Boden hier, denn in diese damals fast unzugänglichen Urwälder flüchteten die letzten Scharen der alten Niedersachsen, um der Unterwerfung und zwangsweisen Bekehrung zum Christenthum durch Karl den Großer zu entgehen, daher auch der Name Sachsenwald. Man findet auch hier noch viele Ueberreste jener Zeit. An Siebenhundert große, zum Theil noch gut erhaltene "Hünengräber und drei große Kirchhöfe mit vielen Thonscherben von Grabruinen birgt dieser Forst. Es ist früher Vieles von unberufenen Neugierigen unterwühlt und zerstört worden, allein Fürst Bismarck hat den strengsten Befehl zur Erhaltung und Konservierung aller historischen Denkmäler gegeben. Ebenso hat unter seiner Herrschaft das Treiben starker, wohlorganisierter Banden von Wildschützen, die unter dänischer Herrschaft hier ihr Unwesen trieben und im nahen Hamburg leichten Absatz für ihre Beute fanden, jetzt ganz aufgehört, und die kühnen Thaten eines Egdig und Mahnke und ähnlicher Führer von Banden, die früher hier einen steten Kampf mit den Landdragonern führten leben nur noch im Munde des Volkes. Auch der Holzdiebstahl, der früher oft mit Pferd und Wagen aus den nahen Dorfschaften geschah, ist gänzlich ausgerottet, denn Fürst Bismarck bezahlt alle seine Beamten und Untergebenen sehr gut und ist gerecht und leutselig gegen sie, verlangt aber strengen und ordentlichen Dienst und zeigt die Energie, die er in der Leitung der auswärtigen Politik Deutschlands entfaltet, auch in der Verwaltung seiner Besitzthümer. Ein Oberförster und fünf bis sechs Unterförster, Holzwärter und Bauernvögte, die zum Theil in idyllisch gelegenen kleinen Gehöften im Holze zerstreut wohnen, nebst mehreren Jägern überwachen den Wald. Zur Zeit als Lauenburg noch zu Dänemark gehörte, bis 1864, bildete Friedrichsruh mit dem Sachsenwald eine Domäne des Königs von Dänemark und Barerträgnisse davon, die auf jährlich 160-180 000 Mk. geschätzt wurden, flossen in dessen Kasse. Es soll aber besonders Seit 1848, als die Dänen ihre Herrschaft in Deutschland nicht mehr für sicher und lang dauernd hielten, eine wahre Raubwirthschaft hier getrieben worden sein. Für Herstellung von Gebäuden, Wegen u. s. w. soll nichts geschehen, keine neuen Forstkulturen und Anpflanzungen gemacht, die Theile des Waldes aus denen ein leichter Transport des Holzes möglich war. Schonungslos abgeschlagen worden sein, während in den entlegeneren Gegenden die Bäume oft verfaulen und wahre Urwaldzustände herrschten. Seit Fürst Bismarck vom Kaiser Wilhelm I. diese so äußerst wertvolle Besitzung als Dotation erhielt, wurde eine streng geregelte Forstwirthschaft mit vollster Energie eingeführt. Der Wald ist jetzt in Schläge abgeheilt, ein planmäßiger Abtrieb findet statt, wobei jedoch auf des Fürsten ausdrücklichen Befehl besonders schöne und alte Eichen, Buchen und Tannen, die dem Forst zur großen Zierde gereichen, nicht geschlagen werden dürfen. Für Anlage, fahrbarer Wege bis in die entlegensten Theile des Forstes, Erbauung von Brücken, Entsumpfung niedriger Wiesen, Erbauung und Renovierung der Försterwohnungen u. s. w. verausgabt der Fürst alljährlich bedeutende Summen. Ebenso hat er die Weide= und Streusammlungsberechtigungen, welche anliegende Dorfschaften in manchen Theilen des Waldes besaßen, oft mit schweren Geldsummen abgelöst, da sie einer rationellen Forstwirthschaft sehr hinderlich waren, auch manche Acker= und Wiesenparzellen, die umliegenden Besitzern gehörten und auch kürzlich noch ein bedeutendes Vorwerk unweit Schwarzenbeck angekauft und mit seiner Herrschaft vereinigt. So soll Fürst Bismarck im ersten Jahrzehnt seines Besitzes von Friedrichsruh und dem Sachsenwalde nur äußerst geringe Ueberschüsse bezogen, dafür aber auch seinen Besitz äußerst wertvoll gemacht haben. Man schätzt den jetzigen Wert der gesammten Herrschaft, obgleich die Güterpreise in ganz Norddeutschland sehr zurückgegangen sind, auf circa 4 bis 4 1/2 Millionen Mark. Der Absatz des Holzes geschieht größtentheils auf der Elbe oder mit der Eisenbahn nach dem circa 6 Meilen entfernten Hamburg, sonst werden noch Butter, Vieh

[ => Original lesen: 1888 Nr. 50 Seite 6]

aller Art und auch etwas Getreide, aber nicht viel, verkauft. Man nimmt allgemein an, daß der Sachsenwald mit Friedrichsruh als Fideikommiß=Herrschaft auf den Grafen Herbert Bismarck übergehen, während der andere Sohn die noch größere, aber durch ihre entferntere Lage nicht so wertvolle Herrschaft Varzin in Hinterpommern, die Gräfin Rantzau aber Schönhausen in der Altmark erhalten sollen; doch ist Sicheres hierüber nicht bekannt. Ein Franzose, welcher Gelegenheit gehabt hat, den Wohnsitz des Reichskanzlers, in Friedrichsruh zu besichtigen, gab dieser Tage im Pariser "Figaro" seiner großen Verwunderung über die überaus einfache Ausstattung des Schlosses Ausdruck und schloß mit den Worten: "Das ist der Wohnsitz, wohin Herr von Bismarck geht, um Waldluft zu atmen; ich sage nicht um sich auszuruhen, denn das ist ein Wort, welches der Kanzler nicht kennt."
- Eine Erhöhung der Civilliste soll nach übereinstimmenden Andeutungen der Schlesischen Zeitung und der Hamburger Nachrichten beantragt werden unter dem Titel einer Bewilligung von Repräsentationskosten aus Reichsmitteln für den Kaiser. Die Dotation für den Kaiser und das kaiserliche Haus beträgt bekanntlich jährlich 12 Millionen Mark. Diese Summe wird von der preußischen Staatskasse aufgebracht. Kaiser Wilhelm I. ermöglichte es bekanntlich, aus der Dotation jährlich noch mehrere Millionen zurückzulegen. In Folge dessen hinterließ er bei seinem Tode Ersparnisse, welche auf mehr als 50 Millionen Mark sich belaufen sollen. Es erscheint somit nicht wahrscheinlich, daß, wie die Hamburger Nachrichten angeben, schon zu Lebzeiten Kaiser Wilhelms I. eine Erhöhung dieser Dotation durch einen Zuschuß aus der Reichskasse für Repräsentationskosten in Anregung gekommen ist. Vor der Thronbesteigung König Wilhelms in Preußen betrug die Dotation des königlichen Hauses jährlich 7 1/2 Millionen Mark. Zu dieser Dotation kommen bekanntlich noch die Einkünfte aus dem Privatvermögen und aus dem Vermögen des königlichen Fideikommisses und des Krontresors.
- Die Pulverfabrik Rottweil=Hamburg und die vereinigten rheinisch=westfälischen Pulverfabriken haben mit dem preußischen Kriegsministerium einen Vertrag auf Lieferung des neuen rauchlosen Pulvers für die deutsche Armee abgeschlossen. Es wird also künftig weniger Rauch in der Welt geben und ein Sprüchwort sagt: wo Rauch ist, ist Feuer.
Ephraim Polack in Lünow in der Mark hat als tapferer Grenadier in den Jahren 1813-15 die Schlachten bei Groß=Görschen, Bautzen, Großbeeren, Dennewitz, Leipzig, Ligny und Waterloo mitgemacht und ist dennoch 100 Jahre 9 Monate alt geworden. Am 19. Juni ist er gestorben.
- Ein schwerer Schlag steht dem Deutschthum in den baltischen Provinzen bevor. Wie der Magd. Zeitung aus St. Petersburg berichtet wird, steht die Aufhebung ihrer bedeutendsten Bildungsanstalt, der Universität Dorpat bevor, welche schon längst den Machthabern ein Dorn im Auge war. Dafür soll die Herstellung der Universität Wilna mit Einführung des Russischen als Vortragssprache in Aussicht genommen sein.
- Bei einer dieser Tage auf dem Exercierplatze bei Sprind, in der Nähe von Königsberg in Preußen stattgehabten Attacke des dortigen Kürassier=Regiments stürzte der Offizier, welcher vor dem vierten Zuge einer Eskadron ritt, und die ihm nachfolgenden Reiter stürzen darüber, so daß auf dem Offizier ein förmlicher Berg von Pferden und Menschen lag. Obgleich die Auflösung des Knäuels sofort mit größter Eile unternommen wurde, dauerte dieselbe mehrere Minuten, dennoch wurde der Offizier lebend hervorgezogen und man hofft auf seine Wiederherstellung.
- Noch nie ist die Leipziger Universität so stark besucht gewesen, wie in diesem Sommerhalbjahr. Die Gesammtzahl der Hörer beträgt 3273, darunter 2911 aus Deutschland (ebenfalls eine noch nie dagewesene Zahl). Es studiren 668 Theologie, 828 Jura, 783 Medicin, 929 Philosophie.
- Ein verheerender Hagelschlag hat im südlichen Theile des Rendsburger Kreises die bis dahin recht guten Ernteaussichten völlig vernichtet. Ein plötzlich aufsteigendes Gewitter führte Schlossen mit sich, von denen viele die Größe eines Hühnereies hatten.
Kaiserin Elisabeth beschämt alle Großmütter und sogar zahlreiche Enkel. Dieser Tage wieder hat sie in der Nähe von Aussee die höchsten Alpen bestiegen und in einer Sennhütte übernachtet. Auf Heu aber wird sie, wie andere Bergsteiger, nicht geschlafen haben.
- In Innsbruck ist Pater Greuter gestorben. Er war einer der besten und gefürchtetsten Parlamentarier im österreichischen Parlament, ein starrer Römling und gewaltiger Reaktionär, aber er hatte Geist, Witz und Humor. Wenn er sich zum Reden erhob, flogen sprühende Raketen auf, neben dem derben Knüppel sauste auch eine feine Damascenerklinge durch die Luft, den wuchtigsten Schlag verstand er mit lächelndem Mund zu führen, das giftigste Wort durch Witz zu mildern. Kampf war sein Lebenselement.
- Paris ist, wie in vielen anderen Dingen, auch in Sachen des Luxus aus dem Gleichgewicht gekommen. Wenn eine vornehme Dame früher jährlich 20 000 Franks für Kleidung ausgab, so bezahlt sie jetzt das Doppelte. Das Wort bezahlt darf nicht zu genau glommen werden; denn oft bleibt man schuldig und die Schneider gedulden sich, bis die Großeltern oder irgend eine Großtante stirbt, deren Erbschaft dann herhalten muß. Es giebt in Paris "Schneider=Ateliers," die Ausstände im Betrage von Millionen haben und sich dabei sehr wohl befinden. Aber nicht nur die Trachten sind maßlos und verschwenderisch, auch bei Tisch wird alles übertrieben und der Luxus bei Tafel grenzt ans Unglaubliche, besonders beim Nachtisch. Man hat Früchte entdeckt, von denen man früher keine Ahnung hatte. Trauben müssen zu allen Jahreszeiten vorhanden sein und für jede Gattung Obst muß ein moderner Tafelaufsatz hingestellt werden. Und der Blumen kein Ende! Längs des Tischläufers ein wahres Blumenbeet, die Servietten mit Blumen umwunden, die Leuchter voller Kränze. Dazu hat jeder Gast sein eigenes Salzfäßchen, seine Zuckerdose, seine Pfefferbüchse, seine Buttervase, seine Senfflasche. Der unerhörteste Luxus wird in Kotillongeschenken getrieben. Unter Napoleon pflegte der Hofmarschall eine Orange, ein Sträußchen, ein Bonbonkistchen darzubieten und die Gewinnerin war höchst glücklich jetzt kostet ein Kotillon 10-20 000 Franks; denn man muß goldene und silberne Andenken vertheilen, und es kann garnicht Wunder nehmen, daß ein Vater, der sein Töchterchen mit solchen Schätzen reich beladen aus einer Gesellschaft heimkommen sah, sie fragte: Mein Kind, hat man Dich als Tänzerin bezahlt?
- Die erste persische Eisenbahn, welche in einer Länge von 15 Kilometer von Teheran nach Schach Abdul Azew führt, ist am Mittwoch eröffnet worden.
- In Amerika ist auf der nördlichen Pacificbahn ein Eisenbahnzug vollständig ausgeraubt worden. Als auf ein gegebenes Nothsignal der Zug anhielt, bestiegen 8 maskirte Leute den Zug und jagten das Zugpersonal durch Revolver in die Flucht.
- Im westlichen Australien sollen Goldgruben von unermeßlicher Reichhaltigkeit entdeckt worden sein. Die bisher analysirten Erze hätten durchschnittlich 27 Unzen auf die Tonne ergeben.
- Einen Fall von Kaffeevergiftung theilt Dr. Glogauer in den Therapeutischen Monatsheften mit. Bei einer 25jährigen kräftigen Frau, welche keinen Kaffee zu trinken pflegte, gelegentlich aber nicht weniger als 10 Tassen starken Moccas auf einmal zu sich nahm, traten zwei Stunden darauf Erbrechen, Schwindel, Angstgefühl, Kühle der Extremitäten und Zittern in den Fingern auf. Der Puls war in Bezug auf seine Frequenz gestiegen. Der hinzugerufene Arzt verordnete warme Getränke, Aether, heiße Abreibungen und schließlich subcutane Injectionen von Morphium. Nachdem die Dame, welche "des Guten zu viel" gethan hatte, sich durch einen nächtlichen Schlummer gestärkt hatte, waren die giftigen Wirkungen des Kaffees geschwunden, und das frühere Wohlbefinden stellte sich wieder ein.


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