No. 47
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. Juni
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 1]

† Kaiser Friedrich. †

Noch ist die Trauer um Kaiser Wilhelm, den hohen Helden, aus unseren Herzen nicht gewichen und schon ist aus der Hauptstadt des Reichs eine neue Trauerbotschaft zu uns gedrungen, die auf dem ganzen weiten Erdenrund einen mächtigen Wiederhall finden wird. Kaiser Friedrich III., in der Zeitfolge der zweite deutsche Kaiser, ist nicht mehr; nach langen, schweren, qualvollen Leiden hat er, ein Held und Dulder von seltener Stärke, in seinem Schloß Friedrichskron am Freitag um die Mittagsstunde sein Haupt zum ewigen Schlummer geneigt.
So steht innerhalb des Zeitraums von wenigen Monden das Volk jetzt zum zweiten Mal an der Bahre eines Kaisers, an dem es mit inniger Liebe und Verehrung gehangen, der in allen Tugenden ihm als strahlendes Vorbild geleuchtet und dem schon die Thaten, die er als Kronprinz vollbracht einen unvergänglichen Ruhmeskranz gewunden haben. Wohl haben wir alle, seit die furchtbare Krankheit vor Jahresfrist etwa zuerst zum Ausbruch gekommen war, mit Furcht und Bangen nach der aus guten Tagen uns allen so wohlbekannten ritterlichen Gestalt den Hohenzollern Friedrich hingeblickt, aber doch immer noch hatten wir im Herzen die stille Hoffnung genährt, daß unserem Kaiserhaus und dem Vaterland nicht so bald schon wieder eine neue schwere Prüfung auferlegt werden solle. Die unerforschliche Vorsehung hat es anders gefügt: ein unsäglich trauriges Geschick hat sich erfüllt, der Sieger in so vielen Schlachten, die er zu des Vaterlandes Ruhm und Größe und zu seiner eigenen Ehre geleitet und geschlagen, er ist im Kampf mit einer tückischen Krankheit unterlegen.
Nur kurze drei Monate ist es ihm vom Schicksal vergönnt gewesen, die Kaiserkrone, zu deren Gewinnung er so viel beigetragen, sein zu nennen; als der Ruf an ihn erging, den Platz des Vaters auf dem Thron einzunehmen, da war die herrliche Mannesgestalt bereits gebrochen und der unerbittliche Tod hatte seine Arme schon nach ihm ausgestreckt. Und dennoch hat er keinen Augenblick gezögert, die schweren Pflichten des Herrscheramtes auf sich zu nehmen, die er mit bewunderungswürdiger Seelengröße auch bis zum letzten Augenblick geübt hat. Wiederholt ist Kaiser Friedrich während seiner kurzen Regierungszeit vor schwerwiegende Entscheidungen gestellt gewesen, stets aber hat er das Wohl des Staates höher gestellt als seine eigenen Wünsche, ja sogar als das Glück seines Kindes. Vielleicht die einzige ihm vom Geschick vergönnte wirkliche Freude in den Tagen seiner Regierungszeit, ist die Hochzeit seines Sohnes, des Prinzen Heinrich, gewesen, welcher er im Kreis der gesammten kaiserlichen Familie noch beizuwohnen vermocht hat.
Ein mild= und zartgesinnter Mensch, ein hochherziger Fürst, ein Freund und Förderer der Künste, ein hochgemutheter Held und unverzagter Dulder, so wird Kaiser Friedrich in den Herzen seiner Deutschen fortleben! Neben die hohe Gestalt des unvergeßlichen Greises tritt nun im Andenken des deutschen Volkes der schöne ritterliche Sohn, wie beide so oft, Hand in Hand im Leben einherschreitend unser Auge entzückt und unsere Herzen zur Begeisterung entflammt haben. Sein Haupt aber wird die Strahlenkrone zieren, um spätere Geschlechter noch zu mahnen, daß in Friedrich III. auf dem deutschen Kaiserthron ein Fürst gesessen, der tiefes Weh getragen hat, ohne zu murren, der lang und schwer gelitten hat, ohne zu klagen, und der in guten und schlimmen Tagen, ein echter Hohenzoller, allen seinen Zeitgenossen vorangeleuchtet hat in den Tugenden edler Menschlichkeit, in freier, hoher Gesinnung und ungebrochener Geisteskraft.


Als der Kaiser von dem Reichskanzler am Donnerstag Nachmittag den letzten Abschied nahm, ergriff er die Hand der gleichzeitig an seinem Lager stehenden Kaiserin und legte sie in die Rechte des Fürsten Bismark.
Aus den letzten Stunden des Kaisers Friedrich wird noch Folgendes gemeldet: Im Laufe des Donnerstag Nachmittag war der Zustand des Kaisers eher günstiger als schlimmer. Das Bewußtsein erhielt sich voll und ungetrübt. Um ihn waren außer den Aerzten, die Kaiserin und Generallieutenant von Mischke, auch der Kronprinz war in der Nähe. Da es den Tag über geregnet hatte und die Temperatur etwas gesunken war, so hatte man den hohen Patienten gegen Abend von der Parkseite nach dem Schlafzimmer am Sandhof gebracht. Der Kaiser schrieb viel auf und genoß am Nachmittag eine Apfelsine. Einen besonderen Ausdruck der Freude gab er an einem Blumengeschenk zu erkennen. Um diese Zeit, wenn die Wasserrosen blühen, pflegte er in gesunden Tagen mit den kalten Bädern auf der Schwimmanstalt in der Havel zu beginnen. Beim ersten Bade, das er nahm, fand er stets seine Badezelle mit Wasserrosen ausgeschmückt. Nun war die Zeit wieder da - die Wasserrosen blühen, aber der Kronprinz aus jenen Tagen kommt nicht mehr. Der Kaiser liegt auf seinem Krankenbette. Aber daß man seiner an dem Orte, der ihm so lange eine angenehme Erholung war, in Liebe gedachte, zum Zeichen deß sandten ihm die Schwimmmeister einen Korb mit Wasserrosen, mit denen sie seine Badezelle leider nicht mehr ausschmücken konnten. Die Nacht war ruhig vorübergegangen. Um 1 Uhr hatte die Kaiserin die Familienmitglieder entlassen und war in dem dem Krankenzimmer zunächst gelegenen Gemache zur Wacht geblieben. Dr. Hovell wachte. Der Kaiser war bei vollem klaren Bewußtsein. Gegen ein Uhr schrieb er Dr. Hovell auf: "Wie steht mein Puls" Wie sind Sie damit zufrieden?" Dann schrieb er noch etwas, das er jedoch behielt. Gegen

[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 2]

Morgen verschlimmerte sich der Zustand - es traten Athembeklemmungen ein, dann kamen wieder Augenblicke der Erleichterung. So kämpfte die letzte Kraft gegen den nahenden Tod. Am Morgen gegen acht Uhr war die gesammte Familie um das Krankenbett versammelt. Von Potsdam wurde Prinz und Prinzessin Heinrich und Prinz Friedrich Leopold gerufen. Der Kaiser erkannte jeden seiner Angehörigen. In Schloß Friedrichskron waren am Morgen erschienen: der Stellvertretende Minister des königlichen Hauses Graf zu Stolberg=Wernigerode, General von Albedyll, Ober=Ceremonienmeister Graf zu Eulenburg, Ober=Stallmeister von Rauch, General von Dape, der Commandant von Potsdam, General von Lindequist, sämmtliche General= und Flügeladjutanten; der Ober=Haus= und Hofmarschall Fürst Radolin, Hausmarschall Frhr. von Lyncker und Hofmarschall Freiherr von Raschach waren in Permanenz. Gegen 11 Uhr erschien der Kronprinz unter den Herren und promenirte kurze Zeit mit dem Grafen Stolberg=Wernigerode auf dem Hofe vor dem Schlosse, dann begab er sich wieder in die inneren Gemächer.
Noch in der Nacht erkannte er jede einzelne der an sein Lager tretenden Personen und spendete ihnen freundliche Blicke, leichte Händedrücke. Er erkannte Professor Leyden, der, als der Kaiser eben aus seinem lethargischen Zustande aufwachte, gerade vor ihm Stand und nickte ihm mit freundlichem Lächeln müde zu; er befragte später noch mittels Zettel den Dr. Hovell, wie sein Puls stehe.
Dann kamen wieder schwere Athembeklemmungen, die erkrankte Lunge arbeitete mächtig, der Puls wurde immer rascher und immer schwächer. In den lichten Zwischenpausen traten nach und nach sämtliche Familienmitglieder an das Sterbelager. Der Kaiser erkannte noch jeden Einzelnen.
Um 8 Uhr Morgens war zum letzten Male die kaiserliche Familie vollzählig um den Kaiser versammelt. Noch einmal ließ er das müde Auge von Einem zum Andern schweifen; dann trat eine Art Halbschlummer, der Vorbote des ewigen Schlummers ein, aus dem der Kaiser nicht wieder erwachte. Kurz vor dem Hinscheiden des Kaisers verrichtete der nach Friedrichskron beschiedene Prediger Persius die Gebete am Sterbelager. Zwölf Minuten nach 11 Uhr that der kaiserliche Dulder den letzten Athemzug.
Das Staatsministerium trat am 15. Vormittags halb 12 Uhr unter Vorsitz des Reichskanzlers, Ministerpräsidenten Fürsten von Bismarck, zu einer Sitzung zusammen. Um drei Uhr Nachmittags war das Staatsministerium um den Kaiser Wilhelm II. im Schlosse Friedrichskron versammelt, woselbst auch die Kaiserin Victoria Augusta anwesend war.
Die in Friedrichskron anwesenden Minister brachten, wie der Fürst Reichskanzler, mit längerem Verweilen im Sterbezimmer den sterblichen Ueberresten weiland Kaiser Friedrichs ihre letzte Huldigung dar, ebenso die Generale Adjutanten und sonstigen anwesenden Officiere: später wurden die Dienerschaft sowie die diensthabenden Mannschaften des Lehr=Infanterie Bataillons zum Sterbezimmer zugelassen. Als Beisetzungsstätte wird die Friedenskirche genannt.
Von den Aerzten des Kaisers blieben am 15. auch die in Berlin wohnenden den ganzen Tag über im Schlosse und kehrten erst Abends zurück. Auch der Leibarzt des Fürsten Bismarck Professor Schweninger, war gestern Nachmittag im Schloß Friedrichskron und verweilte längere Zeit an der Leiche des Kaisers. Kaiser Wilhelm II. zeichnete den Kanzlerischen Leibarzt durch eine längere Konversation aus.
Fürst Bismarck kehrte kurz vor 5 Uhr über Potsdam nach Berlin zurück. Gegen 5 Uhr traf der Erbprinz von Meiningen in Wildpark ein und fuhr sofort nach dem Schloß.
Exminister v. Puttkamer ist mit dem 3/4 6=Uhr=Zug dort eingetroffen. Der japanische Gesandte sowie Staatssekretär Stephan sind sodann nach Berlin zurückgekehrt.
In Folge letztwilliger Verfügung weiland Kaiser Friedrichs und auf Wunsch der Kaiserin Wittwe hat Kaiser Wilhelm II. befohlen, daß das Leichenbegängniß Sr. Hochseligen Majestät nur im Beisein der engsten Familie und mit vorwiegend militärischem Charakter ohne besonderes Gepränge am Montag den 18. früh stattfinden solle. Die befohlene Betheiligung an dem feierlichen Zuge von dem Schlosse Friedrichskron nach der Friedenskirche zu Potsdam, wo die Beisetzung der sterblichen Hülle des Kaisers Friedrich stattfindet, kann auf Grund der Allerhöchsten Bestimmungen und mit Rücksicht auf die beschränkten lokalen Verhältnisse nur eine geringe, und im Vergleich zu der amtlichen Theilnahme an den Beerdigungsfeierlichkeiten des hochseligen Kaisers Wilhelm nur eine sehr beschränkte sein.
Die Trauerfeier für Kaiser Friedrich sowie die Beisetzung der irdischen Hülle des verblichenen Herrschers findet, wie vom Ceremonienamt mitgetheilt wird, Montag d. 18. in der Friedenskirche in Potsdam statt. Einladungen zur Theilnahme sind an die officiellen Persönlichkeiten bereits erlassen. Die allgemeine Trauerzeit ist auf 3 Monate befohlen. Die Landestrauer selbst ist auf acht Tage festgesetzt.
Professor v. Bergmann hat die Secirung der Leiche Kaiser Friedrichs vorgenommen.
Die Sektion ergab in der Hauptsache eine vollständige Zerstörung des Kehlkopfes durch Krebs und putride Bronchitis, d. i. Entzündung der feineren Luftröhrenäste in Folge des Eindringens fauliger Substanzen. Der ganze Kehlkopf war vollkommen vereitert und präsentirte sich als eine weiche schlaffe Masse; namentlich waren von dem Knorpelgerüst des Kehlkopfes kaum nennenswerthe Reste übrig geblieben. An Stelle des Kehlkopfes war eine fast zwei Fäuste große Höhle entstanden. Dagegen war eine Perforation (Durchbruch) der Speiseröhre nicht zu konstatiren.
Die Leiche Kaiser Friedrich's wurde sodann einbalsamirt. Nachdem dies geschehen war, bestreute Kaiserin Victoria das Bett des Kaisers mit Blumen. Der Kaiser liegt in seinem Bett halb aufgerichtet, ungefähr so, wie seiner Zeit Kaiser Wilhelm mit gefalteten Händen. Hofphotograph Rechert machte mehrere Aufnahmen.
Die Einbalsamirung der Leiche des hochseligen Kaisers Friedrich durch Herrn Wickersheimer, erfolgte am 15. Nachmittags. Bald nach dem Ableben des Monarchen wurde Herr Wickersheimer telegraphisch aufgefordert, sich nach Schloß Friedrichskron zu begeben. Zusammen mit Geheimrath Professor Hartmann, dem Professor der Anatomie, langte er um halb vier Uhr an und begab sich, nachdem die allerhöchste Erlaubniß zur Einbalsamirung ertheilt worden, in das Sterbezimmer. Die Einbalsamirung wurde in folgender Weise bewerkstelligt: Nach Freilegung einer großen Halsschlagader, welche übrigens vollständig intakt befunden wurde, ward mittels eines Irrigators die Flüssigkeit eingeflößt. Es wurden ca. 2 Liter der Wickersheimerschen Leichenkonservirungsflüssigkeit verwandt. Während Herr Wickersheimer diese Einbalsamirung der Kaiserleiche vornahm, waren im Sterbezimmer Generalarzt v. Wegner, Geheimrath Bardeleben, Geheimrath Hartmann und ein Leibjäger anwesend. Nach etwa einer halben Stunde war die Einbalsamirung beendet. Bis zum Montag wird Herr Wickersheim sich täglich nach Schloß Friedrichskron hinausbegeben, um die Wirkung der Einbalsamirung zu kontroliren. Als Herr Wickersheimer gestern Nachmittag in das Sterbezimmer trat, lag quer über der Brust des entschlafenen Monarchen dessen Säbel, über diesem ein welker Lorbeerkranz, der einst dem Kronprinzen von Preußen nach der Schlacht von Wörth überreicht wurde.
Sir Morell Mackenzie und Dr. Hovell haben das Schloß nicht verlassen, sondern bleiben als Gäste der Kaiserin dortselbst bis nach den Beisetzungsfeierlichkeiten.
Die Präsidenten des Reichstags und beider Häuser des preuß. Landtags sind von dem Hinscheiden Kaiser Friedrichs offiziell auf telegraphischem Wege in Kenntniß gesetzt worden.
Den deutschen Missionen im Auslande ist die amtliche Notifikation vom Thronwechsel bereits am 15. übermittelt worden.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 3]

Weiße Seidenstoffe v. Mk. 1,25 bis 18,20 p. Met. (c. 120 versch. Qual.)
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Ein neuer Roman v. Karl Emil Franzos

gehört stets zu jenen Erscheinungen unserer modernen Literatur, welche von vornherein die größte Aufmerksamkeit weiter Kreise gesichert ist. Zuerst auf dem Gebiete des Kulturbildes und der Novelle berühmt geworden, hat sich Franzos durch seine Romane "Ein Kampf um's Recht", "Der Präsident" und "Die Reise nach dem Schicksal" auch unter den deutschen Romandichtern der Gegenwart eine Stelle in der vordersten Reihe erkämpft. Sein neuestes Werk "Die Schatten", welches vom Juli ab im Feuilleton des "Berliner Tageblatt" erscheinen wird, dürfte schon insofern die größte Aufmerksamkeit erwecken, als K. E. Franzos zum ersten Male durchweg nur deutsches Leben geschildert hat. Diesmal sind die österreichischen Alpen der Boden, auf welchem der Verfasser eine tieferschütternde, durch psychologische Vertiefung und spannende Handlung gleich bedeutsame Familiengeschichte sich abspielen läßt. Das durchaus originelle und schwerwiegende Problem findet eine ebenso ergreifende als befriedigende Lösung. Abonnements auf das "Berliner Tageblatt" und Handelszeitung nebst seinen 4 werthvollen Separat=Beiblättern "ULK", "Lesehalle", "Zeitgeist" und Mittheilungen über Landwirthschaft, Gartenbau und Hauswirthschaft, nehmen alle Reichspostanstalten für 5 Mk 25 Pf. vierteljährlich entgegen. Möglichst frühzeitige Abonnements=Anmeldung ist im eigenen Interesse geboten.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die z Walksfelde sub Nr. I belegene Vollstelle c. p. des Schulzen Johann Brügmann daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 2. Juli 1888,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proklamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 21. April 1888.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Gegen den Arbeiter August Sandell aus Carlskrona, zuletzt im Dienst beim Schulzen Bollow zu Campow, ist wegen Verdachts des Diebstahls, nachdem er sich von seinem Dienstorte heimlich entfernt hat, der Haftbefehl erlassen. Ich bitte alle Behörden, auf den p. Sandell zu vigiliren, ihn im Betretungsfalle zu verhaften und mich von der Verhaftung in Kenntniß zu setzen.

Signalement:

Sandell trägt einen Schnurrbart, hat ein schiefes Kinn, eine große Nase, dunkle Haare, blaue Augen, ist mittlerer Größe, etwa 25 Jahre alt, der Zeigefinger seiner rechten Hand ist verstümmelt. Bekleidet war er mit dunklem Sackrock, englischlederner Hose und blauer Mütze.
Schönberg, den 10. Juni 1888.

Der Amtsanwalt.
U. Fr. v. Maltzan.


Auctionsanzeige.

Wegen Verpachtung der Ländereien sollen am Sonnabend, den 23. Juni cr., Vormittags 11 Uhr, beginnend, bei der Hauswirthin Lohse in Herrnburg verschiedene Sachen, als namentlich:

2 Zugpferde, 5 Milchkühe, 8 Starken u. Kälber, 3 Bauwagen, 5 Pferdesielen, 2 Paar schottische u. 1 P. kleine Eggen, Pflüge, Reißer und sonstiges Ackergeräth sowie verschiedenes Haus= und Stubenmobiliar
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.        


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

Der unterzeichnete Vorstand ersucht die Kameraden, um der Trauer über das Dahinscheiden des Kaisers Friedrich III. auch äußerlich Ausdruck zu geben, für die nächsten sechs Wochen einen schwarzen Flor um den linken Oberarm zu tragen.

Der Vorstand.        


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Johannistermines
vom 24. Juni bis 1. Juli d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
an den Sonntagen
von 6 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 16. Juni 1888.                          
                                                    Das Directorium.


Dem geehrte Publikum von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mit dem heutigen Tage Herrn Handelsmann Heinr. Jabs in Schönberg eine

Bier=Niederlage

übertragen habe. Ich braue reines Malz-Bier und verwendte nur Wasser aus einem artesischen Brunnen dazu, welcher 225 Fuß tief aus der Erde kommt, also das Wasser gewiß rein sein muß.
Rehna, den 11. Juni 1888.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Heinr. Jacobs,
                                                    Brauereibesitzer.


Bezugnehmend auf vorstehende Annonce wird es mein Bestreben sein, nur gutes Bier aus der Brauerei von Herrn H. Jacobs in Rehna unter folgenden Preisen zu liefern:
Doppelt=Malzbier 1/2 Flasche 8 Pfg.
Ganz=Bier 1/8 Hektl. 90 Pfg.
Halb=Bier 1/8 Hektl. 75 Pfg.
Um geneigten Zuspruch bittet

                                                    Heinr. Jabs, Handelsmann,
                                                    Siemzerstraße 162.


Agenten gesucht

für einen leicht gegen gute Provision. - Offerten an Ad, Mehlhase in Bremen erbeten.


Neue Matjes=Heringe
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 4]

Schützenzunft-Schönberg.

Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniß, daß unser diesjähriger Königschuß am

Montag, den 23. und Dienstag, den 24. Juli

abgehalten wird.
Loose à 30 Pfg. zur Tombola am zweiten Königschußtage sind schon jetzt bei uns zu haben.
Schönberg, den 5. Juni 1888.

Der Vorstand der Schützenzunft.        


Am Montag, den 25. Juni d. J., Nachmittags präcise 1 Uhr wird im Boye'schen Lokale die statutenmäßig festgesetzte II. ordentliche Haupt=Versammlung der

Schuhmacher=Innung

abgehalten, wozu alle Mitglieder hierzu freundl. eingeladen werden.
                          Tagesordnung:
1) Erhebung der 1/2jährl. Innungs=Beiträge.
2) Einschreiben von Lehrlingen.
3) Allgemeine Innungs=Angelegenheiten.
Schönberg im Juni 1888.

Der Vorstand.        


Hotel Lübeck.
Am Sonntag, den 1. Juli cr.
Gr. Garten-Concert
mit nachf. Ball.
Ausgeführt von der gesammten Kapelle des Schweriner Jägerbataillons unter Leitung des Großherz. Musikdirektors Herrn A. Reckling.
Anfang Nachmittags 4 1/2 Uhr.
Billette im Vorverkauf à 50 Pfg., an der Casse à 75 Pfg.
Es ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Am Sonntag, den 24. und Montag, den 25. Juni findet bei mir ein

Scheiben-Schiessen

nach guten Gewinnen statt, wozu ich meine Freunde und Gönner ergebenst einlade.

Am Montag, den 25. Juni: Ball.

                                                                         Frau Lohse.
Herrnburg.                                                     Gastwirthin.


Bei der am Tage der Ratzeburger Thierschau abgehaltenen Verloosung von Industrie=Gegenständen sind folgende Gewinn=Nummern gezogen worden:
10, 33, 46, 51, 120, 169, 196, 206, 229, 258, 284, 307, 317, 348, 382, 403, 434, 461, 472, 499, 517, 526, 562, 592, 646, 717, 782, 808, 821, 864, 881, 905, 911, 954, 978, 990, 1009, 1014, 1024, 1047, 1182, 1188, 1229, 1244, 1272, 1275, 1302, 1317, 1318, 1323, 1358, 1369, 1375, 1388, 1438, 1448, 1486, 1490, 1499, 1545, 1621, 1625, 1754, 1756, 1806, 1823, 1827, 1833, 1917, 1924, 1939, 1944, 1945, 1958, 1972, 1994, 2338, 2422.
Die Gewinne müssen bis zum 1. August d. J. bei Herrn E. Dohrs, Schützenhof=Ratzeburg, abgeholt werden.
Ratzeburg, den15. Juni 1888.

Das Tombola-Comité.        


Alle Sorten
Sensen
Sensenbäume, Sensenstreicher, Harken u. s. w. empfiehlt                          
                                                    W. Wieschendorf.


Geschäfts=Eröffnung.

Einem geehrten Publikum für Herrnburg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mit dem heutigen Tage ein

Barbier=Geschäft

eröffnet habe und bitte um geneigten Zuspruch.
Herrnburg, im Juni 1888.

                                                    Wilhelm Peters.
                                                    Barbier.

NB. Empfehle mich auch zur Anfertigung sämmtlicher Haararbeiten.


Schutzmarke     Mack's Doppel-Stärke

Qualität unübertroffen!
Nur ächt
mit nebiger Schutzmarke. - Alleiniger Fabrikant & Erfinder
Hch. Mack, Ulm a./D.


Neue Matjes=Heringe
empfiehlt                                                    W. Wieschendorf.


Sehr vorzügliche Sensen

ganz aus bestem engl. Gußstahl gearbeitet, habe wieder vorräthig und empfehle dieselben den herren Landleuten unter jeder möglichen Garantie.
Ferner halte auf Lager in großer Auswahl:

Dreschmaschinen, Kornrummeln, Harken, 3 u. 4schaarige Pflüge etc.

indem ich auch für vorstehende Maschinen und Geräthe jede Garantie übernehme, empfehle dieselben zur freundlichen Abnahme.
Schönberg i. M., 15. Juni 1888.

                                                    Achtungsvoll
                                                    J. Oldenburg.


Weinblüthen-Duft,

von Carl John u. Co., Köln a. Rh. verbreitet beim Zerstäuben in Zimmern ein erfrischendes feines Aroma, und ist ein liebliches Parfüm für das Taschentuch, à Flacon Mk. 1, - und 1,50.

Emil Hempel.          


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 47 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 19. Juni 1888.


Kaiser Wilhelm II., welche das Geschick dazu auserwählt hat, in so jungen Jahren das Oberhaupt der neuen deutschen Reiches zu sein, ist zugleich der neunte König von Preußen seit der Begründung des preußischen Königstitels. Er tritt die Regierung durchaus nicht in einem jugendlichen Lebensalter an. Der große Kurfürst war erst zwanzig Jahre als er die Bürde der Regierung auf sich nahm, Friedrich I., der erste preußische König, wurde mit einunddreißig Jahren zum Herrscher berufen; Friedrich Wilhelm I. übernahm mit fünfundzwanzig Jahren die Regierung Friedrich I. war erst achtundzwanzig alt, als er berufen wurde, die Geschicke Preußens zu lenken; Friedrich Wilhelm II. kam mit zweiundvierzig Jahren, Friedrich Wilhelm III. dagegen schon mit siebenundzwanzig Jahren zur Regierung, war also noch zwei Jahre jünger, als Kaiser Wilhelm II. Freilich haben die drei unmittelbaren Vorgänger des Monarchen erst in vorgerückterem Lebensalter die Geschicke ihres Landes zu leiten gehabt und zwar Friedrich IV. im 45., Kaiser Wilhelm I. im 64., Kaiser Friedrich III. im 57. Lebensjahre. - Der Geburtstag des jungen Kaisers fällt drei Tage später als derjenige Friedrichs des Großen, auf den 27. Januar.
Das Armeeverordnungsblatt enthält einen Armeebefehl des Kaisers Wilhelm, worin derselbe auf die unverbrüchliche Zugehörigkeit der Armee zum Kriegsherrn, auf die Vorbilder des glorreichen Großvaters und des teuern Vaters hinweist, und sagt, so gehören wir zusammen, so sind wir für einander geboren, so wollen wir unaufhörlich zusammenhalten, möge Friede oder Sturm sein. In dem Erlaß an die Marine heißt es: Die Marine weiß, daß mich nicht nur große Freude erfüllt, ihr durch äußeres Band anzugehören, sondern daß mich seit frühester Jugend in Uebereinstimmung mit meinem Bruder lebhaftes und warmes Interesse mit ihr verbindet.
Die Dauer der Regierung des verblichenen Kaisers betrug nur 99 Tage. Erst der 16. Juni wäre der 100. Regierungstag gewesen.
Genau ein Jahr vor seinem Hinscheiden - am 15. Juni 1887 - hat Kaiser Friedrich als Kronprinz das damals noch Neues Palais genannte Schloß Friedrichskron verlassen, um sich zur Feier des 50jährigen Regierungs=Jubiläums der Königin von England nach London zu begeben.
Wie die Neue Freie Presse mittheilt, hat Professor Schrötter jetzt erklärt, daß er im November vorigen Jahres gelegentlich seiner Anwesenheit in San Remo, in der Sprießung im Kehlkopfe des verstorbenen Kaisers aufs entschiedenste Krebs constatirt und daher für Exstirpation des Kehlkopfes gestimmt habe, durch welche vielleicht das Leben des hohen Patienten rettbar gewesen wäre. Bekanntlich habe der Kaiser Friedrich die Operation abgelehnt. - Dasselbe Blatt publicirt auch einen vom März datirten Brief Billroths der Dr. Mackenzie in Schutz nimmt. Derselbe habe gewiß nie an der Richtigkeit der Diagnose seiner berliner Collegen gezweifelt. Wenn er dies scheinbar dennoch gethan, so sei dies entweder in Folge einer Pression von Oben oder aus Humanitätsrücksichten geschehen. Man möchte oft die Collegen nicht desavouiren und doch auch dem Kranken dessen Unheilbarkeit nicht zugeben; der Zweifel an der Unfehlbarkeit der Diagnose sei fast der einzige Hoffnungsstrahl unheilbarer Patienten. Von diesem Standpunkte aus sei Mackenzies Verhalten zu beurtheilen.
Am Schwarzen Brett des Berliner Universität befindet sich folgender Anschlag: "Wegen des Todes Sr. Majestät des Kaisers und Königs fällt der Unterricht bis auf Weiteres aus."
Die Absperrung des Schlosses Friedrichskron, wie berichtet wird, war eine besonders strenge, und die Maßregel wurde unnachsichtlich ohne Ansehen der Person durchgeführt. Unmittelbar nach dem Tode rückte das auf der Bornstedter Feldmark in Baracken einquartierte Infanterie=Lehr=Bataillon im Laufschritt auf das Schloß zu und besetzte nicht allein dessen Ausgänge, sondern zog auch einen vollständigen Cernirungsgürtel um dasselbe. Gleichzeitig besetzte eine Eskadron des Garde=Husaren=Regiments, welche in der Nacht zum Donnerstag auf dem Platz hinter dem Schlosse bivouakirt hatte, alle Seiten der Communs. Darauf wurde noch die ganze Potsdamer Garnison herangezogen, und diese zog in einem weiteren Bogen einen zweiten Corden. Niemand wurde ohne Passirschein heraus oder hinein gelassen. Für zahlreiche Personen, welche im Schlosse zu thun hatten, war die Sache um so übler, als die gedruckten Passirscheine noch nicht aus Berlin angelangt waren.
Die Postenkette, welche diese Sperre zu bewirken hatte, ist übrigens, wie gemeldet wird, gegen Abend zurückgezogen worden.
Ueber die starke militärische Besetzung von Sanssouci, welche am 15. stattfand, laufen in Potsdam, wie von dort gemeldet wird, die abendteuerlichsten Gerüchte um. Es war allerdings auffällig, daß am ersten Eingang zum Schlosse Sanssouci, wo zuerst das 1. Garderegiment die Wache gegeben hatte, die ausgestellten Posten eingezogen und durch Husaren ersetzt wurden. Wie streng durchgeführt die Besetzung war, beweist die Thatsache, daß eine Leiter, welche neben der Neptunsgrotte an der Mauer zwischen dem Park von Sanssouci und der nach Schloß Sanssouci führende Chaussee angebracht ist, sowohl unten im Park, wie oben an der Chaussee von Husaren besetzt war. - Ebenso fiel es auf, daß auf dem Bahnhofe Drewitz der Berlin=Wetzlarer Bahn Geheimpolizisten in großer Zahl anwesend waren. Ob diese Maßregel mit der Besetzung von Sanssouci in irgend welchem Zusammenhange steht und welchen Zweck diese auffälligen Veranstaltungen gehabt haben, das sind Fragen, die in der Nachbar=Residenz geheimnißvoll erörtert werden und wie gesagt, zu allerhand ungeheuerlichen Kombinationen Anlaß geben.


- Schönberg. Auf Befehl Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs soll in allen Kirchen des Fürstenthums am sonntäglichen Gottesdienst, vor dem allgemeinen Kirchengebet, unmittelbar nach der Predigt, aus Anlaß des Ablebens Sr. Maj. des Deutschen Kaisers, Königs von Preußen, folgendes Gebet von der Kanzel gehalten werden: "Allmächtiger, ewiger Gott, barmherziger Vater! Es hat Dir nach Deinem unerforschlichen Rathschluß gefallen, den Deutschen Kaiser, König von Preußen, nach langen, mit höchster Geduld getragenen Leiden heimzurufen in Dein himmlisches Reich, und dadurch alle Fürsten und Völker des Deutschen Reiches und mit ihnen unser Hohes Herrscherhaus und unser ganzes Land erneut in die tiefste Trauer zu versetzen. Dunkel sind uns, Herr, Deine Wege; aber wir beugen uns in Demuth vor Dir und fassen unsere Seelen in Geduld. Du hast ja nach Deiner Verheißung allezeit Gedanken des Friedens über uns und nicht des Leides, daß Du uns gäbest das Ende, des wir warten. Dessen getrösten wir uns auch im Hinblick auf den Hohen Entschlafenen und hoffen zu Deiner Barmherzigkeit, daß Du ihm die ewige Krone geben wirst. Wir danken Dir für alles Gute, das Du aus dem Reichthum Deiner Gnade ihm hast zu Theil werden lassen. Du hast ihm ein reiches Glück in seinem Hause erblühen lassen, eine aufopferungsvolle, in treuer Liebe ihm zugethane Gemahlin ihm zur Seite gestellt, hoffnungsvolle Kinder und Enkel ihm heran=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 47 Seite 6]

wachsen lassen. Du hast ihn gestärkt, daß die schwere Heimsuchung, die Du über ihn verhängtest ihn nicht muthlos und verzagt machte, sondern er allzeit seine Hoffnung und ein Vertrauen auf Dich setzte. Von tödtlicher Krankheit ergriffen, hatte er die auf ihn gefallenen schweren Herrscherpflichten seelenstark übernommen und in Deiner Kraft, aus dem Vermögen, das Du darreichest, bis zum letzten Athemzuge erfüllt. Tröste nun alle, die um den Entschlafenen trauern, insbesondere die Seinen, die so viel verloren haben! Erfülle sie mit Deinem Heiligen Geist, der ja ein Geist der Kraft und des Trostes ist, und lasse sie allezeit sich halten zu Dir und Deiner Treue! Uns Allen aber gieb Gnade, daß wir die gewaltige Predigt beherzigen, die Du uns nun wieder gehalten, daß alles Fleisch ist wie Heu und alle Herrlichkeit wie des Grases Blume; das Heu verdorret, die Blume verwelket, aber Dein Wort bleibet in Ewigkeit. Mache uns los von dem Dienst des vergänglichen Wesens und hilf uns, daß wir mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben! Amen!"
- Schönberg. Durch eine am 16. Juni im "Officiellen Anzeiger" erschienene ad mandatum Serenissimi speciale von Großherzoglicher Landes=Regierung unterzeichnete Verordnung wird in Anlaß des Ablebens Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ein allgemeines Trauergeläute während einer Woche, von 16. Juni an gerechnet, täglich Mittags von 12-1 Uhr, jedoch nicht während des Gottesdienstes, in allen Kirchen des Landes angeordnet. Auch soll bis zum Tage nach erfolgte Beisetzung weder Schauspiel noch Tanzmusik im Lande gestattet sein, und haben alle öffentlichen Behörden 14 Tage lang sich schwarzer Siegel zu bedienen.
Rußland will es noch einmal probieren, ob alte Liebe nicht rostet. Der Petersburger Finanzminister wird einen seiner geriebensten Finanzmänner nach Berlin schicken, um eine Anleihe zu Stande zu bringen. Da Gold Gold anzieht, wird er mit allen Taschen voll Gold ankommen.
- Die im Interesse des reisenden Publikums erlassenen Bestimmungen des Ministers von Maybach über das Verhalten des Eisenbahn=Dienstpersonals gegen das Publikum werden den Beamten jetzt bei Beginn der Haupt=Reisezeit erneut in Erinnerung gebracht. Mit Nachdruck wird dem Dienstpersonal zur Pflicht gemacht, sich eines wenn auch entschiedenen, so doch bescheidenen zuvorkommenden höflichen Benehmens gegen das Publikum zu befleißigen. Es ist ferner angeordnet, die Coupees in der Regel schwach zu besetzen und in der 1. Klasse die Personenzahl auf 4, in der zweiten Klasse auf 6, in der dritten auf 8 zu beschränken. Der andauernden Einwirkung der Sonnenhitze ausgesetzte Wagen sollen gehörig gelüftet und mit Wasser begossen, auch die Perrons durch Besprengen in staubfreiem Zustande gehalten werden. Auch über die schonende Behandlung des Reisegepäcks werden Weisungen ertheilt, damit Beschädigungen und hieraus entstehende Beschwerden des Publikums vermieden werden.
- Eine napoleonische Reliquie ist kürzlich in den Besitz eines Hamburger Hauses gekommen. Es ist dies der hintere Deckel der Uhr, welche der im Zulukriege gefallene Prinz Louis Napoleon getragen hat. Die Hamburger Firma hat den Deckel von einem in Kimberley wohnenden Geschäftsfreund erworben. Ueber die Identität des beschädigten Deckels kann kein Zweifel obwalten, da die Fabrik, welche im Jahr 1878 die Uhr auf Bestellung der Kaiserin Eugene lieferte, das Gehäuse sofort an dem von einer Krone bedeckten "N" und der eingravirten Nummer 27739 erkannt hat.
- Der erste Kamerun Tabak ist in Hamburg in einer Quantität von ca. 3000 Pfd. eingetroffen und zu guten Preisen zur Versteigerung gekommen.
- Die Kissinger zählten am 7. Juni die Häupter ihrer Lieben, das sind nämlich die Kurgäste, und siehe da, es fehlt nicht nur kein Haupt, sondern es sind ihrer 300 mehr als an demselben Tag des Vorjahres.
- In Dresden ist das Herrig'sche Lutherfestspiel statt der ursprünglich in Aussicht genommenen fünf, 21mal aufgeführt worden. Die Zahl der Besucher übersteigt 40 000, die Einnahme beträgt gegen 36 000 Mk. Man hofft, daß gegen 24 000 Mk. Ueberschuß zu Gunsten des Kirchenbaufonds verbleiben werden.
- In Wurzen in Sachsen wurde der 70jährige Thurmwächter aus Versehen von einem Haken, vermittels dessen eine Tonne Wasser zum Thurm hin aufgeschafft werden sollte, unter der Weste erfaßt und von seinen ahnungslosen Angehörigen einige Stockwerke in die Luft hinaufgezogen. Hier verließen dem alten Mann die Kräfte, er konnte sich nicht länger an das krampfhaft mit den Händen gepackte Seil halten, die Weste riß und der bejammernswerthe Thürmer stürzte herab und erlitt so schwere Verletzungen, daß er am andern Morgen verschied.
- In ganz Bayern ist das diesjährige Musterungsergebniß am besten in Bamberg ausgefallen. Da wurden von 207 Stellungspflichtigen nur 2 als untauglich für das Militär befunden.
- In München wurde dieser Tage ein Mastochse im Gewicht von 30 Ctr. geschlachtet; das Fleischgewicht ergab 14 Ctr. 78 Pfund.
- Einen sehr interessanten Beschluß hat der große Rath des Kantons Basel=Stadt gefaßt. Es sollen nämlich darnach fortan alle Schüler und Schülerinnen der Ober= und Mittelschulen die Lehrmittel unentgeltlich erhalten. Mancher sorgende Familienvater in Basel wird darob einen Freudenhymnus anstimmen.
- In Bologna ist am Montag in Gegenwart des Königspaares und der ganzen Studentenschaft das Denkmal König Viktor Emanuels enthüllt worden.
- Ein neues Pulver entdeckt. Die königlich belgische Pulverfabrik in Wetteren hat ein neues Pulver entdeckt, welches dem französischen Pulver Lebel ebenbürtig sein soll. Das neue Pulver mit dessen Herstellung jetzt die Fabrik beschäftigt ist, wird "poudre papier" genannt. Eine Ladung von 2 1/2 Gramm dieses Pulver verleiht der Flintenkugel eines kleinkalibrigen Gewehrs eine Anfangsgeschwindigkeit von 600 Metern. Das Pulver Lebel soll angeblich dieselbe Geschwindigkeit erzielen. Das neue belgische Pulver hat überdies weitere Vorzüge; es verschleimt nicht die Waffe, giebt nur sehr wenig Rauch und bewirkt nur einen unbedeutenden Rückstoß.
- Das Zerwürfniß zwischen dem serbischen Königspaar hat dem jugendlichen Kronprinzen eine Lage bereitet, die geeignet ist, den Neid aller seiner Altersgenossen zu erwecken. Königin Natalie von Serbien, die gegenwärtig in Wiesbaden weilt, hat für ihren Sohn einen Hofmeister engagiert, welcher auch bereits in Wiesbaden eingetroffen ist, um seines Amtes zu walten. Aber auch der königliche Papa hatte an seine Pflichten gedacht und schleunigst einen Hofmeister nach Wiesbaden entsandt. Nun begann ein Streit, der mit der Hartnäckigkeit geführt wird, die alle Handlungen der königlichen Eltern seit Beginn des ehelichen Konflikts gekennzeichnet hat. Königin Natalie besteht darauf, daß der von ihr angestellte Hofmeister unterrichte und der Vater hat wieder seinerseits von Belgrad den telegraphischen Befehl erlassen, daß kein anderer als sein Hofmeister Zutritt zu dem Studierzimmer seines Sohnes haben dürfe. Noch ist der Streit nicht geschlichtet und es ist auch nicht abzusehen, wie lange sich der Kronprinz seines lektionslosen Geschickes, welches er mit würdevollem Gleichmuth tragen soll, noch zu erfreuen haben wird.
- In Algier wird schon seit längerer Zeit über die Heuschreckenplage geklagt; jetzt kommen Nachrichten, die mehr als bedenklich klingen. In der Provinz Constantine rücken die Heuschrecken in kompakter Masse und in einer Ausdehnung von 20 km Tiefe und 10 km Breite vor und richten große Verheerungen an.


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