No. 72
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. September
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 72 Seite 1]

      Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das Pferd des Kiepenmachers Retelsdorf zu Hamburg an der Räude erkrankt ist.
     Schönberg, den 8. September 1883.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
I. V.: v. Langen.


Einiges über Erdbeben.

In einem großen Theile unseres deutschen Vaterlandes gehören die Erdbeben zu den unbekannten Erscheinungen. Für uns in Schönberg, in ganz Mecklenburg ist der Erde Grund sicher und fest, wie sonst nichts in der Welt, und kaum gelingt es unserer Phantasie den Schilderungen von Ereignissen zu folgen, die so ganz unseren Erfahrungen widersprechen. Und doch gelangt leider garnicht so selten - erst neuerdings zweimal kurz nach einander - die Nachricht von gewaltigen Zerstörungen zu uns, die durch ein Beben der Erde verursacht sind; ja dieselben sind in der That so häufig, daß kein Tag ja vielleicht keine Stunde vergeht, ohne daß die Erde an irgend einer Stelle erbebte. Neuerdings haben Gelehrte angefangen, auch die schwächeren derselben aufzuzeichnen, während die Bewohner an Erdbeben reicher Länder nur den bedeutenderen Beachtung zu schenken pflegen, so sehr sind sie derselben gewohnt geworden. Die "Hängematte" nennen die Indianer das Thal von San=Salvador wegen seiner fast beständigen Schwankungen und ähnliche Namen verdienten u. A. die Westküste von Süd=Amerika und die erst jüngst so schrecklich heimgesuchten Inseln Asiens; ja selbst in Italien sind sie so häufig, daß beispielweise im Jahre 1870 (abgesehen von dem Erdbeben in Calabrien) nach den amtlichen Zusammenstellungen 2225 Häuser durch Erdbeben zerstört, 98 Personen getödtet und 223 Personen verwundet wurden, ohne daß von einem derselben eine Notiz bis in unsere Zeitungen gedrungen wäre. So sind auch die Nachrichten der Geschichte über Erdbeben verhältnißmäßig spärlich zu nennen; nur diejenigen sind verzeichnet, bei denen ein gewaltiger Verlust an Menschenleben zu beklagen gewesen. Immerhin ist ihre Zahl nicht gering und nur einige mögen hier beispielsweise angeführt werden. Im Jahre 50 und 63 nach Chr. verheerten gewaltige Erdbeben Italien und zerstörten unter anderen die Städte Pompeji und Herculanum, so daß dieselben erst ganz neu aufgebaut waren, als der Vesuv sie im Jahre 79 verschüttete. 526 unter Kaiser Justinus kamen nicht weniger als 120,000 und 1693 auf Sicilien 60,000 Menschen durch ein Erdbeben um. Nicht minder groß war auch dasjenige vom Jahre 1783 in Calabrien, ein Land, welches ja auch in neuerer Zeit wiederholt heimgesucht ist. Lissabon ist im Jahre 1755 und die Stadt Lima in Peru (Südamerika), erst im 16. Jahrhundert gegründet, bereits nicht weniger als elf mal zerstört worden. 1797 verloren zu Riobamba, einer Stadt in Ecuador (Südamerika) 40,000 und im August des Jahres 1868 in Ecuador und Neu=Granada 70,000 Menschen das Leben. Dies sind nur einige der gewaltigsten, an die sich die neusten Ereignisse anreihen.
Von der Art und Weise der Bewegungen, welche der Erdboden bei solchen Erdbeben ausführt, werden wir uns schwerlich einen Begriff machen. Oft verfolgt ein ewiger gewaltiger Stoß von unten nach oben, dem nur wenige schwächere nachfolgen, der jedoch Alles, was sich auf dem Erdboden befindet: Menschen, Häuser etc. zugleich mit den obersten Erdschichten hoch in die Luft schleudern kann. Zu Riobamba 1797 war zum Beispiel dieser Stoß so heftig, daß eine große Zahl menschlicher Leiber auf den mehrere hundert Fuß über die Stadt sich erhebenden Hügel la Cullca herabgefallen war. In Calabrien schienen 1783 die Berggipfel zu hüpfen und die Häuser flogen empor meistens in unzählige Trümmer aufgelöst, einzelne sollen jedoch merkwürdiger Weise wenig beschädigt an anderen Stellen wieder auf dem Boden angelangt sein. Weniger gefürchtet sind im allgemeinen die wellenförmigen Erschütterungen, die oft den Stößen nachfolgen, oft aber auch selbstständig aufzutreten scheinen. Freilich können dieselben ebenfalls eine Heftigkeit annehmen, daß kein Stein auf dem anderen bleibt. Der Boden schwankt dann wie ein Schiff auf sturmgepeitschtem Meere und Baumreihen sollen dabei einen wunderbaren Anblick gewähren, da jeder einzelne Baum, sooft eine Welle unter ihm hinzieht, eine Verbeugung macht, zuweilen so sehr, daß die Krone die Erde berührt.
Fast noch verheerender, als das Erdbeben selbst, tritt an den Meeresküsten das durch dasselbe aufgeregte Meer auf. Gewöhnlich zieht es sich während auf dem Lande das Erdbeben wüthet, zurück, um dann plötzlich als gewaltige Woge und weithin überflutend wiederzukehren. In Lissabon hob sich das Meer 1755 um 50 bis 60 Fuß über den höchsten Stand der Fluth; noch höher stieg es 1724 zu Lima und vernichtete, was von der Stadt und ihren Bewohnern noch übrig war. Mehrere hundert Fuß soll bisweilen eine solche Erdbebenwelle erreichen, und daher scheint es kein Wunder, wenn dieselbe zurückfluthend sich über einen ganzen Ocean verbreitet und auch die nicht vom Erdbeben betroffenen Küsten überschwemmt. So richteten die durch das Erdbeben in Südamerika 1868 hervorgerufenen Fluthwellen fast auf allen Inseln des großen Oceans Verwüstungen an, und 1854 nach einem Erbeben in Japan wurde nicht nur die japanesische Küste überschwemmt, sondern 12 1/2 Stunden später auch die von Californien.
Ganz gewaltige Kräfte müssen es sein, welche solche Erschütterungen veranlassen und kaum glaublich klingt es, wenn wir lesen, daß 1755 am 1. Nov. ein Erdraum gleichzeitig erbebte, welcher an Größe viermal die Oberfläche von Europa übertrifft. Der Sitz dieser Kräfte ist im Innern unseres Planeten selbst zu suchen. Liegen Vulcane in der Nähe eines Erdbebendistrictes, so pflegen dieselben ebenfalls ihre Thätigkeit zu beginnen und ihr Aschenregen oder Ströme glühender Lava vermehren die Verwüstungen. Als ein Zeichen der Gewalt, mit welcher hier die Wirkungen hervorgerufen werden,

[ => Original lesen: 1883 Nr. 72 Seite 2]

mag erwähnt werden, daß am 29. September 1759 nach 90 Tagen Erdbebens und unterirdischen Donners mitten in einer weiten, fruchtbaren Ebene Mexikos plötzlich ein Ausbruch erfolgte, wobei die Menge der zu Tage geförderten Massen so groß war, daß sie alsbald einen hohen Kegelberg, den später wieder erloschenen Vulcan Jorullo, bildete. Die gewaltigsten vulkanischen Ereignisse aber treten, soweit bekannt, auf der Erde an einem mächtigen Vulkan auf, der auf der Insel Hawaii, der größten der Sandwichsinseln, gelegen ist. Dies ist der Mauna-Loa, von dessen Kratern einer, der Kilauea einen Durchmesser von nicht weniger als 4500 Meter hat und beständig mit geschmolzener Lava gefüllt ist, so daß man hier gleichsam das feurig=flüssige Erdinnere offen daliegen sieht. Unaufhörlich tost dieser glühende See und schäumend spritzen seine Wogen hoch empor. Die englische Lady Mrs. Brassey, die denselben auf ihrer Segelfahrt um die Welt am Ende des Jahres 1876 besuchte, schreibt hierüber: "Der Kilauea macht einen so großartigen Eindruck, daß, wenn wir auf unserer Reise weiter nichts gesehen hätten, als ihn, wir uns doch reich belohnt fühlen würden. Wie konnten wir den Weihnachtsabend schöner begehen, als in Betrachtung dieses über alle Beschreibung herrlichen Naturwunders!" Im Jahre 1866 durchbrach die Lava die Bergwandung etwa in halber Höhe des Berges in einer fast senkrechten Oeffnung und wurde nun durch den ungeheuren Druck einem Wasserstrahle gleich emporgetrieben, 1000 Fuß hoch und 100 Fuß dick. Unten floß die flüssige Masse acht deutsche Meilen weit ab, ehe sie erstarrte. Zwanzig Nächte erleuchtete dieser feurige Springbrunnen die Insel taghell, und Schiffer sahen seinen Schein auf dem Meere in einer Entfernung, welche diejenige zwischen Schönberg und Berlin noch bedeutend übertrifft.


Politische Rundschau.

Der Entwurf über Erhöhung der preußischen Beamtengehalte, soll dem nächsten Landtage zugehen. Die Feststellung des so überaus wichtigen Entwurfes ist indessen mit sehr großen Schwierigkeiten verknüpft, welche die Arbeiten nur langsam vorrücken lassen. Es sind, wie auf der Hand liegt, alle Zweige der Verwaltung dabei betheiligt und es finden deshalb auch commisarische Vorberathungen statt, welche mit jenen über den Staatshaushalt=Etat correspondiren.
Minister Maybach erbat und erhielt vom Kaiser die Ermächtigung, den Umbau des Steglitzer Bahnhofs auf dem Wege der Etatsüberschreitung in Angriff nehmen zu lassen, zunächst in einem Umfange, welcher den Personenverkehr der bisherigen Gefährdung entreißt.
Die Berliner sammeln für ein Lutherdenkmal in der Reichshauptstadt.
Wundern dürfen wir uns nicht, wenn Bismarck nächstens einmal einen Wasserstrahl nach London schickte. Frau Times betreibt das Hetzen der Franzosen gegen Deutschland mit Virtuosität. In ihrem neuesten Leitartikel warnt sie die Franzosen nachdrücklich, sich mit den Chinesen zu verfeinden; denn diese Verwicklung und Feindschaft käme nur Deutschland zu gut, und fährt wörtlich fort: "Eure Interessen und Gefahren liegen in Europa. Ihr wurdet ja erst kürzlich durch die groben Artikel der Berliner Presse daran erinnert durch Bismarcks Conferenzen mit Kalnoky und Manteuffels Reise nach Gastein zu Bismarck. Niemand zweifelt, daß diese Dinge Frankreich betreffen. Ein Krieg Frankreichs mit China würde nur Deutschlands Interesse sein" u. s. w. Deutschland müßte wirklich diese liebenswürdigen Hetzereien der Times auf's Kerbholz oder ihr besser vielleicht noch auf eine andere Kerbe schreiben.
Die Franzosen sprechen achselzuckend von den Zaunkönigen, die nach Deutschland pilgern. Als diese s. Z. nach Paris wallfahrteten, haben sie sie respektvoller titulirt. Richtig ists aber: es ist, als ob sie alle mobil gemacht wären - in Spanien, Portugal, Serbien, Rumänien u. s. w. u. s. w.
Der Graf von Paris geberdet sich als Chambords Erbe und Haupt der Königlichen. Der Minister Waldeck=Rousseau hat ihm aber in öffentlicher Banket=Rede einen Dämpffer aufgesetzt. Er sagte, die Erbschaft ist nicht ohne Gefahr; denn ihre Annahe wird sicherlich die Ausweisung aus Frankreich zum Gefolge haben.
Die Türken waren vor 200 Jahren eine ganz andere Macht als heute. Sie drangen 1683 siegreich bis Wien vor, belagerten die Kaiserstadt und bedrängten sie hart; denn ihr Feldherr gebot über mehr als 200 000 Mann. Als die Noth am größten war, führte der Polenkönig Sobieski ein Heer von 70 000 Mann, aus Bayern, Schwaben, Sachsen und 24 000 Polen bestehend, zum Ersatz herbei, schlug die Türken am 12. September auf dem Kalenberg aufs Haupt und wurde der Retter der Stadt. In Wien wurde dieser Tage das Gedächtniß dieses Sieges glänzend gefeiert. (Aus jener Zeit der türkischen Macht und Plage stammen die Türkengebete und Türkenglöcklein).


- Reichsgerichts=Entscheidung. Die Entwendung von Torf oder sonstigem Brennmaterialien ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, ersten Strafsenats, vom 12. Juli 1883 stets als Diebstahl und nicht wie die weit milder zu bestrafende Entwendung eines Genußmittels aus §. 370 Nr. 5 des Str.=G.=B. - zu bestrafen. Selbst wenn das Brennmaterial in geringer Menge und zu alsbaldigem Gebrauch (behufs Einheizens eines kalten Zimmers) entwendet worden.
- Große Thätigkeit herrscht gegenwärtig in den Kgl. Leib= und Marställen in Berlin und Potsdam. Zu keiner Zeit im Jahre wurden an dieser Stelle so viele Befehle gegeben und Anordnungen getroffen, die mitunter von einem Tage zum andern ganz bedeutenden Aenderungen unterworfen sind, als in der letzten Woche, bevor sich der Kaiser zu den großen Herbstmanövern begibt. Je nach der Zahl der Anmeldungen von fürstlichen Personen, die als Gäste des obersten Kriegsherrn diesen großen militairischen Schauspielen beiwohnen, werden die nöthige Wagen und Pferde in Bereitschaft gestellt, an die gerade in diesem Jahre ganz außergewöhnlichen Anforderungen erhoben werden. Die Vice=Oberstallmeister v. Rauch und der Stallmeister Gebhard, welch' letzterem der ganze große Pferde= und Fuhrpark während der Manöver unterstellt sein wird, sind schon tagelang damit beschäftigt, die nöthigen Gespanne, Vierer= und Sechserzüge, zusammenzustellen. Aus dem Berliner Marstalle werden allein ca. 96 Pferde zur Verwendung gelangen, nicht gerechnet die Pferde aus dem Leibstalle zur alleinigen Bedienung des Kaisers und aus dem Marstalle zu Potsdam. Der Transport nach Merseburg ist am Dienstage den 11. d., abgegangen, die größere Zahl Pferde und Wagen am 17. nach Homburg und ein dritter Theil am 23. zur Fahrt nach dem Niederwald=Denkmal. Um den Pferden möglichst einigermaßen Ruhe zu gönnen, soll öfter gewechselt und in den Städten, soweit nicht bei einzelnen Festlichkeiten Viererzüge befohlen werden, nur zweispännig gefahren werden, wobei ausschließlich offene Wagen zur Benutzung gelangen sollen. Soweit bis jetzt bestimmt, wird der Kaiser die 4 Leib=Reitpferde "Alexander", "Brunhild", "Surprise" und "Taurus" reiten.
- Ueber die Lage des Geschäftes in den Vereinigten Staaten von Nordamerika lauten die Nachrichten seit einiger Zeit sehr ungünstig. Der Markt ist mit allen Waarengattungen überfüllt und die Preise haben einen so niedern Stand erreicht, daß an einen Gewinn für die Fabrikanten kaum noch zu denken ist. In der Eisenindustrie Stockungen überall. Nur die Hälfte der vorhandenen Hochöfen ist im Betriebe. Viele Wollenfabriken stehen still, in den Neu=England=Staaten etwa der 3. Theil. Auch die Papierfabrikanten klagen über Mangel an Absatz, ebenso auch die Fabrikanten von Thon= und Glaswaaren. Die Kohlengruben verspüren den Rückgang am empfindlichsten. Wenn eine verfehlte Erndte in Nordamerika eingetreten wäre, so würde ein Krach wohl nicht ausgeblieben sein. So aber tröstet man sich mit der Hoffnung, daß diesem noch werde vorgebeugt sein. Mall fürchtet von verschiedenen Seiten einen Rückschlag dieses Niederganges auf die europäische und unsere deutsche Geschäftswelt. Es wäre gewiß ein gutes Zeichen von der Gesundheit unserer Geschäftsverhältnisse, wenn ein solcher Rückschlag nicht einträte.
- Ein ehrenvolles goldenes Jubiläum feiern die weltberühmten, in viele Sprachen übersetzten

[ => Original lesen: 1883 Nr. 72 Seite 3]

Fabeln für Kinder von W. Hey, mit Bildern von Otto Speckter. Sie sind jung geblieben durch volle 50 Jahre und gehen jetzt in die Welt in zwei Jubiläums=Ausgaben 1) 50 Fabeln und 2) "Noch 50 Fabeln", jede nur 50 Pfennig., vermehrt durch einen ernsten Anhang.
- Wie über den Schillerschen Schädel, so erhebt sich jetzt in England der Streit über den Schädel Shakespeares. Der Stadtrath von Stratfort hat die Erlaubniß zur Ausgrabung der Gebeine des großen Dichters ertheilt, damit die Sache festgestellt werden könne.
- Will man unter den Hühnern die besten Legerinnen auswählen, so kann man sich nach dem Kamme richten. Ist dieser schön scharlachroth und gut entwickelt, so sind es fleißige Legerinnen, blaßrothe Kämme zeigen meistens das Gegentheil an.
- Ein belustigendes Schauspiel, schreibt die "G. Z." bietet sich zur Zeit fast täglich den Passanten des Marktes in Güstrow dar, wenn die einquartierten Truppen vom Manöver zurückkehren. Der Thurmwächter der Pfarrkirche, welcher neben seiner "hohen" Stellung, die er bekleidet, auch noch Eigenthümer ist, hat in diesem Jahre zwei Mann Einquartierung erhalten, dieselben aber nicht in seinem Hause untergebracht, sondern zu sich in seine Dienstwohnung auf den Thurm der Pfarrkirche genommen, um besser und bequemer für das leibliche Wohl der ihm anvertrauten Vaterlandsvertheidiger sorgen zu können. Die engen Treppen, die nach dem luftigen Quartier der Krieger führen, erschweren aber ein Hinaufsteigen mit dem Gepäck bis zur Unmöglichkeit, und so werden einfach die "Affen" abgeschnallt, an ein von der Höhe des Thurmes herabhängendes Seil befestigt und so nach oben gewunden. Diese Prozedur geht stets unter dem hellen Jubel der sich zahlreich zu diesem Schauspiel versammelnden Menge vor sich, aus deren Mitte jüngst die Bemerkung gehört wurde, daß der Thurmwächter die Ehre habe, die zwei "höchsten" Militärpersonen zu beherbergen.
- Ein Opfer der Alpen. Aus Zermatt (Kanton Wallis in der Schweiz) wird gemeldet: Der Stud. jur. Engelbrecht aus Königsberg gerieth am 28. August beim Abstieg von Montemora nach Macugnara in das Bett eines Gebirgsbaches und ward über einen Fall hinabgerissen, wobei ihm an den scharfen Felsen das rechte Bein zerschmettert und der Unterleib aufgerissen wurde. Noch hat er die Kraft gehabt, sich sammt seiner Tasche, die er im Sturze krampfhaft festgehalten haben muß, einige Schritte weit ans Land zwischen Felsen zu schleppen, wo er dann gestorben ist. Aelpler fanden ihn hier und trugen den Leichnam in die nahe Dorfkirche hinunter.
- Die Wilderer=Geschichten in Oberbayern sind kein leerer Wahn. Eben jetzt wieder unterhält sich das ganze Gebirge von zwei neuen Fällen. In dem einen hat ein Jäger des Herzogs Max in der Nothwehr einen Wildschützen erschossen und in dem andern war der Förster das Opfer. - Auch auf dem Donnerberg in der Rheinpfalz ist ein Oberförster erschossen gefunden worden.
- Als dieser Tage der grundreiche Schraubenfabrikant Grundleitner in Wien starb, fand man in seinem Arbeitszimmer auf einem Ehrenplatze das Ränzel aufgestellt, mit dem er vor etwa dreißig Jahren in Wien als armer Schlossergeselle eingewandert war.
- Wie ein Leipziger, der im Sommertheater zu Plagwitz das ungeheuerliche Schauerstück: "Esther Salymossy" mit überstanden hat, berichtet, hat der Verfasser, ein sogenannter ungarischer Dichter Löki, darin das Tollste, wie es in der ganzen dramatischen Literatur nicht vorkommt, zusammengebraut. Die selbstverständlich sehr schöne Esther wird nicht etwa von Juden abgeschlachtet, sondern von dem schändlichen Gerichtsschreiber leidenschaftlich geliebt. Weil sie ihm aber widerstrebt, wird sie in einen Abgrund geschleudert, dabei durch ein Wunder gerettet und - heiratet den jungen - Moritz Scharf!
- Ein Speisewirth in Berlin verabreicht seinem Kellner eine Ohrfeige. Der Schlingel stürzte sofort zu den Beafsteak schmausenden Gästen und rief: Meine Herren, lassen Sie sich Ihr Pferdefleisch gut schmecken! - Pferdefleisch fragten die Gäste entrüstet und legten Messer und Gabel nieder. - Ja, Pferdefleisch, kommen sie mit in den Keller, ich will's Ihnen beweisen. - Nach fünf Minuten war der Speisesaal leer und blieb es bis heute; denn der Wirth konnte nicht klagbar werden gegen den Kellner. Kurz es war eine theure Ohrfeige.
- Zu dem Director einer höheren Lehranstalt in Berlin kommt eine Frau "aus dem Volke" und sagt: "Ich bin nämlich die Budikern Schulze von der Ecke und habe eine 17jährige Tochter. Die hat nun seit einem halben Jahre ein Verhältniß mit dem Secundaner Müller von Ihnen und der Müller ist ein netter junger Mann, und ich würde nichts dagegen haben, wenn er meine Tochter heirathet. Aber man muß sich als Mutter doch vorsehen und da komme ich zu Ihnen, um zu fragen: was hat denn so ein Secundaner bei Ihnen auf's Jahr? . . .


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über die zu Carlow sub Nr. 8 belegene Käthnerstelle c. p. des verschollenen Büdners und Bäckers Joach. Krellenberg wird hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termine der Praeclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 6. September 1883.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        

Verpachtung.

Mein unmittelbar vor Schönberg im s. g. Camp belegenes Ackerstück, ferner 2 Stücken Land auf dem Cavelier, sowie auch meine beiden Wiesen im Bürgermoor und eine im Köppenmoor belegene mit kleinem Garten bin ich Willens auf mehrere Jahre wieder zu verpachten, und bitte Pachtliebhaber sich bei mir zu melden. Der Acker kann im Ganzen event. auch in kleineren Parzelen verpachtet werden.

Johanna Creutzfeldt.       

12 Sack echten
Probsteier Saatroggen,
ein Jahr hier gesäet, hat noch abzugeben                          
Retelsdorf.                                                     W. Boye.


Grabkreuze u. Monumente
in großer Auswahl
zu bekannten billigen Preisen empfiehlt
                                                    C. Schwedt.


Wilh. Busch,
Bild= u. Steinhauerei
Schönberg,

empfiehlt sich zur Anfertigung von Denkmälern jeder Art aus Marmor, Granit und Sandstein in anerkannt sauberster Ausführung. Desgleichen zur Anfertigung von Schriftplatten, Familien=Begräbnissen, Wappen, Grabeinfassungen jeder Bauarbeit etc. nach Maaß und Zeichnung. Preise billigst.


Meinen herzlichsten Dank allen Freunden und Bekannten die meinen verstorbenen Mann, Oskar Heinrich, zu seiner letzten Ruhestätte getragen und begleitet haben. Auch besonders danke ich allen Lieben, welche sich meiner in der trostlosen Noth erbarmten.
Ich bitte die geehrten Bewohner Schönbergs, sich meiner bei vorkommenden Fällen gütigst erinnern zu wollen, da ich gewillt bin, in meinem Hause Näharbeiten zu verfertigen und Rohrstühle zu flechten.
Treue und Fleiß soll mein Bestreben sein, meine vier unmündigen Kinder zu ernähren.

Sophie Heinrich geb. Pöhls.       


[ => Original lesen: 1883 Nr. 72 Seite 4]

En gros.             Zum Winter              En detail.

versäume man nicht bei etwaigem Bedarf von Schuhwaaren aller Art das weltbekannte

"Etablissement Blumenthal",
Berliner Schuhwaaren=Fabrik
Breitestrasse vis-a-vis Düffkes Hôtel      Lübeck      Breitestrasse vis-a-vis Düffkes Hôtel,
mit seinem Besuche zu beehren. Der große Vortheil des Bezugs unserer fertigen Schuhwaaren ist bekannt und geben wir nachstehend einige Preise unserer Hauptartikel. Es kosten:

           Für Damen:
Elegante Wichsleder=Zugstiefel, gewalkt oder mit Lackkappe, M. 5,50.
Lasting Promenadenstiefel, M. 4,50 bis 5,50.
Chagrin=Zugstiefel, ganz hoch mit elegant geschweiftem Absatz u. gr. Kalblackblatt verziert M. 7,50.
feine Rind=Lackstiefel, extra hoch, gelb gedoppelt, Façon Patti, M. 8,00.
Hochelegante echte Wiener Kalbs=Glace=Knopf= oder Zugstiefel, ganz neue Form M. 9,00.
Flanell gefütterte Lasting=Promenadenschuhe M. 2,50-3,00
Flanell gefütterte Chagrin=Lederzugschuhe M. 3 bis 3,50.
Promenaden= Haus= und Ballschuhe in den neuesten Dessins.
              Für Herren:
Amerikanisch genagelte, doppelsohlige Wichslederzugstiefel M. 7,50.
Gewalkte Roßspiegel=Stiefletten,M. 8,50 bis 9,00.
Ia. Kalbs=Glace=Zugstiefel, Façon Richelieu, M. 12.
Hausschuhe, M. 2 50 bis 4,00.
starke Rindsleder=Schaftstiefel, M. 6,50 bis 8,50.

           Kinderschuhe
        in großer Auswahl


Zur Deckung der Brandschäden, zur Instandhaltung der Löschanstalten und zu den Verwaltungskosten vernothwendigt sich ein Beitrag von, für Cl. I 25 Pfennig., Cl. II 33 Pfennig., Cl. III 42 Pfennig für je 100 M. Versicherungssumme für das laufende Jahr.
Der Zahlungstag wird den einzelnen Ortschaften besonders bekannt gemacht.
Schönberg den 3. September 1883.

Die Direction der Feuerassecuranz.
C. J. W. Burmeister.           F. Stüve.


Zur öffentlichen meistbietenden Verpachtung meiner Acker= und Wiesenstücke im Schlauen und Schlauenkamp anberaume ich auf

Sonntag den 16. September cr.
Nachmittags 4 Uhr

einen Termin.
Versammlungsort beim Meilenstein.

Schönberg.                                                     Wilh. Schrep.


Gravensteiner à Faß 50 Pfennig.,
Feigenbirnen à Faß 35 Pfennig.

bei Schuldiener Behrens.       


Im Garten der Wittwe Köster.Mittwoch den 12. d. M., von 4 Uhr an
großes Militairisches
Volks- und Kinder-Fest
veranstaltet von dem
schwed. Pr.=Lieut. a. D. Harder.

Von 4 Uhr ab großes Concert, um 5 Uhr Parademarsch der schön uniformirten, gut geschulten Husaren, Garde=Dragoner, Marine und Infanterie. Um 6 Uhr Festzug. Krönung des Königs und der Königin. Jedes Kind bekommt Fahnen, Blumen, Knaben=Mützen u. s. w. als Eigenthum. Um 7 Uhr Aufsteigen eines Riesen=Luftballons. Um 8 Uhr großes Brillant=Pracht=Feuerwerk.

Feenhafte elektrisch=bengalische Beleuchtung des ganzen Gartens.
Zum Schluß:
nach dem Feuerwerk um 8 1/2 Uhr im Saale:
Agioskopische Darstellung, die Reise um die Welt, von Dr. Livingstone,
welche ich Unterzeichneter selbst mitgemacht habe.
Diese Prachtbilder sind 144 []Fuß groß und werden mit Hydro=Oxygen=Gas beleuchtet.
Entree à Person 50 Pfennig., Kinder unter 12 Jahren 20 Pfennig.

Bei ungünstiger Witterung findet das Fest am Donnerstag statt.

Harder, Pr.=Lieut. a. D.       


Mein diesjähriger großer Ausverkauf von braunem Steingeschirr zu den niedrigsten Preisen beginnt am Freitag, den 14. d. M. und bittet um geneigten Zuspruch
Schönberg im September 1883.

H. Weinrebe, Töpfermeister.       


Ofengarnituren
geschmackvoll und billig
                                                    empfiehlt
                                                    C. Schwedt.


Gesucht
zu Michaelis d. J. ein Knecht.                          
                                                    C. Schwedt.


Ein Mädchen
sucht zu Michaelis d. J.                          
                                                    Frau Lehrer Schär.


700 M. und 1500 M.

werden zu Michaelis gesucht in ein städtisches Grundstück gegen sichere Hypothek. Zu erfragen in der Expedition dieses Blattes.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 13. September 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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