No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. August
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 63 Seite 1]

     Nr. 15 des Offic. Anzeigers pro 1883 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
          II. Abtheilung.
     (1.) Bekanntmachung, betr. einen Zusatz zu §. 16 der Revidirten Statuten des Feuer=Versicherungs=Vereins für kleinere Landwirthe zu Rostock.
     (2.) Bekanntmachung, betr. die Abwehr und Unterdrückung der Reblauskrankheit.
     (3.) Bekanntmachung, betr. die Gestattung von Ernte=Arbeiten an drei Sonntagen.
     (4.) Bekanntmachung, betr. den Weltpostverein.


Die Ergebnisse der Volkszählung des Deutschen Reiches nach den Berufsarten.

Die Bevölkerung des Deutschen Reiches belief sich nach der Zählung der Berufsarten vom 5. Juni 1882 auf 45,213,901 Personen. Von diesen gehörten 19,223,246 oder 42 1/2 PC. der Landwirthschaft im weitesten Sinne an oder waren mit anderen Worten mit Ackerbau, Viehzucht, Gärtnerei, Forstwirtschaft, Jagd, und Fischerei beschäftigt. Von Gewerben lebten 16,054,291 Personen oder 35 1/2 PC., von Handel und Verkehr 4,529,780 oder 10 PC., von Lohnarbeit wechselnder Art und häuslichen Dienstleistungen, ausschließlich des eigenen Hausgesindes 938,143 oder zwei PC. und vom öffentlichen Dienste und Berufsarten 2,245,257 Personen oder fast 5 Procent. Unter diesen Gesammtzahlen ist die ganze Bevölkerung gruppirt. das heißt es befinden sich unter denselben sowohl die Erwerbstätigen als auch die nicht miterwerbenden Frauen, Kinder und andere Familien=Angehörigen, sowie die häuslichen Dienstboten. Aus der Zahl der Erwerbsthätigen zu den nicht erwerbenden Familien = Angehörigen läßt sich ein Schluß auf die größere oder geringere Erwerbsfähigkeit ziehen. Es kommen z. B. auf 1000 Erwerbsthätige an Angehörigen und häuslichen, Dienstboten in der Landwirthschaft 133.4, in der Industrie 151, im Handel und Verkehr 188.5, bei der Lohnarbeit wechselnder Art 136, beim öffentlichen Dienst und den sog. freien Berufsarten 115.6, bei den Berufslosen nur 65.9, während der Gesammtdurchschnitt sich auf 138.2 stellt. Der Umstand, daß die Zahl der Angehörigen bei der Landwirthschaft eine geringere Ziffer als den Durchschnitt aufweist, kommt daher, daß bei dieser Berufsart die Frauen und erwachsenen Kinder in der Regel mit erwerbsthätig sind. Es kommen hier auf 100 Erwerbsthätige 31 weiblichen Geschlechtes, bei den Gewerben nur 17.6, bei Handel und Verkehr nur 19, bei den öffentlichen Berufsarten nur 11.2 Personen. Die Gesammtzahl der Selbsterwerbsthätigen war 18,984,019, wovon 14,024,394 männlichen und 4,959,625 weiblichen Geschlechtes; die Gesammtzahl der Angehörigen und weiblichen Dienstboten erreichte 26,229,882 Personen. Besonders interessant ist es, wie sich die Zahl der Erwerbsthätigen auf die einzelnen Erwerbsgruppen vertheilt. Unter 1000 Ewerbsthätigen sind erwerbend: in der Landwirtschaft 467.1; in der Industrie 362.8, und zwar: im Bergbau, Hütten= und Salinenwesen 24.5, in der Torfgräberei und Torfbereitung 0,5, in der Industrie der Steine und Erden 18.8, in der Industrie der Metalle mit Ausnahme des Eisens 4.1, in der Eisen=Industrie 25.9, in der Industrie der Leuchtstoffe, Seifen und Fette (auch Firnisse, Harze, Theer, Holzkohlen) 18; in der Textil=Industrie 48.3; in der Papier= und Lederindustrie 12.5; in der Holz=Industrie und der Industrie verwandter Stoffe (Korb, Stroh, Horn) 29.6; in der Industrie der Nahrungs= und Genußmittel (Eßwaaren, Getränke, Tabak etc.) 37.6 ; in der Bekleidungs=Industrie (auch Haarpflege Wäscherei, Badeanstalten) 75.6; im Baugewerbe (auch Feldmesser, Drainirer) 53.7; im polygraphischen Gewerbe (Druckerei, Photographie, auch Schriftgießerei) 3.9; in der Malerei, Bildhauerei und Verwandtes (auch Modelliren, Graviren, Musterzeichnen) 1.3; Selbstständige, Gehilfen und Arbeiter der Industrie, ohne Angabe eines speciellen Zweiges, 5.2, im Handel und seinen Hilfsgewerben, (Handel, Spedition, Commission, Verpackung) 47.8; im Versicherungsbetriebe 0.7; im Landverkehr (auch Dienstmanns=Institute und Leichenbestattung) 20; im Wasserverkehr 4.8; in der Gast= und Schankwirthschaft 15.8; in der Lohnarbeit wechselnder Art und in häuslichen Dienstleistungen (ohne das eigentliche Hausgesinde) 22.5; im öffentlichen Dienste und in den sogenannten freien Berufsarten 58.5 Personen.


Politische Rundschau.

Der "Reichs= und Staats"Anz." publicirt einen Erlaß des Kronprinzen an den Reichskanzler worin der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin ihrer Betrübniß über die Kathastrophe auf Ischia Ausdruck verleihen und bekannt geben, daß sie sich an die Spitze einer Sammlung für die Verunglückten gestellt haben.
Die Taufe des jüngsten Sprößlings unseres kaiserlichen Hauses ist auf den 19. ds. festgesetzt. Sie wird im Potsdamer Schlosse, und zwar im Bibliothekzimmer Friedrich des Großen, vollzogen werden.
Gegenüber der Kissinger Correspondenz des "Fränk. Kurier", wonach der Reichskanzler auch schon zu seiner gewohnten Beschäftigung zurückgekehrt sei, versichert die "Nordd. Allg. Ztg." daß Fürst Bismarck sich von jeder Betheiligung an den Geschäften, sowie jeder Art von Correspondenz auf ärztliche Anordnung absolut fern halte und sogar den geselligen Verkehr bisher noch nicht habe aufnehmen können.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog nebst höchstseiner erlauchten Gemahlin der Frau Großherzogin Anastasia, Kaiserlichen Hoheit, trafen am 10. ds., Nachmittags 4 Uhr 37 Minuten auf dem Schweriner Bahnhofe ein. Auf demselben wurden Allerhöchstdieselben von sämmtlichen Hofstaaten, der Generalität, den Regiments= und Bataillonskommandeuren, dem Magistrat der Stadt u. A. empfangen. Das Aussehen des Allerhöchsten Herren zeugte von sehr befriedigender Gesundheit. Nach kurzer Begrüßung der Anwesenden wurden die bereit stehenden Equipagen bestiegen, und begab sich das hohe Paar direkt nach dem Dom. Die Aelterleute der verschiedenen Gewerke hatten vor dem Bahnhofe Aufstellung genommen und bildeten Spalier. Ein sehr zahlreiches Publikum war in den Straßen zum Empfange der Allerhöchsten Herrschaften anwesend,

[ => Original lesen: 1883 Nr. 63 Seite 2]

und empfing dieselben mit stillem ehrfurchtsvollen Gruß. Alle Häuser zeigten festlichen Flaggenschmuck. Im Dom besuchten Seine Königliche Hoheit nebst Gemahlin die heilige Blutskapelle, um am Grabe des heimgegangenen Großherzogs ein stilles Gebet zu verrichten. Vom Dom aus fuhren die Allerhöchsten Herrschaften sodann nach dem Palais auf der Neustadt, woselbst abgestiegen wurden.
Im Lande der Kastanien ist das Steinchen der Revolution wieder einmal ins Rollen gekommen. Nachdem kürzlich eine Militairrevolte in der Grenzfestung Badajoz sich ereignet, aber ein rasches Ende gefunden, liest man heute, daß in Najera (Provinz Logrono) ein Theil eines Cavallerie=Regiments gemeutert hat und in die Berge gezogen ist. Auch in Barcelona u. a. O. kam es zu Ruhestörungen. Der König unterzeichnete ein Decret, welches die constitutionellen Garantien für ganz Spanien aufhebt. Das Decret ermächtigt das Ministerium, den Belagerungszustand, wo und wann es nöthig, zu erklären.


- Der Correspondent des "Journal des Débats" in Kairo entwirft folgende Schilderung von der Physiognomie dieser Stadt seit dem Ausbrechen der Cholera: "Die Seuche trat zuerst in Bulak auf, dem Hafen von Kairo, der als Entrepôt dient, einen sehr malerischen Anblick bietet, aber von Unreinlichkeit starrt. Seit einigen Tagen wurden große Lager frischer Häute bemerkt, die entsetzliche Ausdünstungen verbreiteten und hierin mit den Lumpenmagazinen wetteiferten. Man muß die alten arabischen Lumpen gesehen haben, um sich eine Vorstellung von dem dann hausenden Ungeziefer und den darin aufsteigenden Miasmen zu machen. In einer solchen Umgebung mußte der geringste Cholerakeim wie ein Funke in einem Pulverfaß wirken. Das blieb denn auch nicht aus. Zuerst wüthete die Krankheit in Bulak und nahm, nachdem sie Hunderte von Opfern gekostet, in Kairo überhand, wo sie jetzt Verheerungen anrichtet. Der Anblick dieser unglücklichen Stadt ist entsetzenerregend. Jeden Augenblick sieht man Leichenbegängnisse vorüberziehen. Die Araber fallen auf den Straßen nieder, von der Cholera wie vom Blitze getroffen. Man rafft sie zusammen, legt sie auf den ersten besten Karren, den Niemand nachher reinigt; man beseitigt sie und kein Hahn kräht mehr nach ihnen. Auf dem nämlichen Fuhrwerke liegen manchmal Todte und Sterbende, die sich in den letzten Krämpfen winden. Der orientalische Fatalismus läßt die einheimische Bevölkerung ohne allzu große Rührung diesen gräßlichen Scenen beiwohnen. Noch ganz kürzlich starb ein Laternenanzünder auf offener Straße um fünf Uhr Abends; erst um neun Uhr wurde die Leiche weggetragen, wenn einer der Thürhüter die hier zu Lande vor den Häusern auf einer Art von Käfigen aus Palmenholz, Caffas genannt, zu liegen pflegen, von der Krankheit hinweggerafft wird, so werfen sich die Nachbarn sofort auf seinen Caffas und seine Kleider. Es ist unmöglich, die Araber zu Vorsichtsmaßregeln zu bewegen; sie glauben eben so wenig an die Ansteckung, als die Engländer, welche jedoch ihre Theorien nur auf die Anderen anwenden. Sobald einer der Ihrigen stirbt, bemächtigen sie sich seiner Gewänder und hüllen sich sogleich darein, auf die Gefahr hin, bald von demselben Schicksal ereilt zu werden. Eine der folgenschwersten Ursachen der Verbreitung der Epidemie ist der herrschende Bestattungsmodus. Särge giebt es nicht; man wickelt die Leiche in einige Stücke Zeug, legt sie in eine offene Kiste, die mit einem Tuche bedeckt wird, und zieht damit nach dem Friedhofe, singend und heulend. Es läßt sich kaum sagen, welche Gerüche die halbnackten Leichen in der Sonne verbreiten. Die Eingeborenen scheinen dies aber nicht zu bemerken. Sie gehen langsam ihres Weges, werfen den Todten in eine seichte Grube, die natürlich nicht mit Kalk angefüllt wird, denn dies könnte die Haarlocke zerstören, bei welcher der Engel des jüngsten Gerichts den Gläubigen nach dem Paradies tragen wird. Auf dem Rückwege hält man sich in einigen Caffeehäusern auf, trinkt Limonade, raucht einen Tschibuk und läßt indessen die Kiste sammt dem Tuche auf der Straße ihre Miasmen verbreiten. Niemand kehrt sich daran.
Allah ist groß. Wer möchte sich seinem Willen widersetzen?"
- Ein Augenzeuge beschreibt den Augenblick des Erdbebens auf Ischia in ergreifender Weise. "Kein Gehirn erfaßt den Eindruck und kein Wort giebt ihn wieder, den wir erlebt. Es heißt gar nichts, zu sagen, wir sind mit dem Schreck davon gekommen; es war der erstarrende Eishauch der Vernichtung, der über uns ging. Wir saßen in einer hölzernen Laube neben einem Gewölbe aus Stein, da hebt sich der Tisch in die Höhe, die Petroleumlampe geht im Bogen gegen meine Frau. Gleich darauf eine Lufterschütterung, ich weiß nicht, ob Donner, Gerassel, Krach, aber man dachte an einen einschlagenden Blitz, der uns in Entsetzen jagte; wir klammerten uns an die steinernen Pilaster und fühlten uns hin= und hergeschlenkert wie Barbierpinsel. Der Krach kam von der einstürzenden Stadt, in einem Nu war alles geschehen, die ganze Katastrophe kann nach unserer Schätzung kaum drei Secunden gewährt haben. Und nach dem Krach etwa fünf Minuten Todtenstille! Dann aber ein Geschrei, Jammern, Hülferufen, daß man sich das Herz aus der Brust hätte reißen mögen. Wir fühlten, daß wir noch am Leben waren und strebten, halb bewußtlos, unsere Glieder zu bergen. Schon der erstickende Staub trieb zur Flucht. Wir erreichten die Straße, während schwere Gewölbe und Bogen hinter uns einbrachen, und suchten über Trümmer und Geröll den Weg aufwärts. Verstümmelte Körper, abgerissene Gliedmaßen waren zwischen blutigen Mauerstücken zu erkennen. Abgründe thaten sich auf. Wir erreichten eine freie Stelle oben am Ort, wo ein hölzener Schuppen uns Schutz gegen die nächtliche Kälte bieten konnte. Es war ein fortwährendes ferneres Donnern, Sausen, Rauschen im Gebirge über uns. Riesige Massen Erdreichs lösten sich von den Hängen, und Felsen rollten in die Tiefe. Wir hatten uns an zahlreichen Erdspalten vorbeigewunden und erwarteten, daß uns die Tiefe verschlänge oder ein Erdrutsch erdrücke. Im Orte leuchteten einzelne Feuersbrünste auf; die Hunde heulten, während die Menschen still geworden waren, dann wurde auch das eine oder andere der heulenden Thiere durch einen rollenden Fels, eine einstürzende Mauer zum Schweigen gebracht. Am andern Morgen fanden wir unsere Wohnung halb eingestürzt, die Hausfrau unter den Trümmern begraben. Wir flohen entsetzt von dem Orte des Schreckens."
- Nächst dem Fürsten Bismarck ist der vielbeschäftigste Mann ohne Zweifel der Professor Virchow, der 26 wirkliche Obliegenheiten und Aemter wahrzunehmen hat.
- Auf dem diesjährigen (sechzehnten) Leipziger Producenten=Markte hatten sich 3816 Besucher eingefunden, die stärkste Zahl seit dem Bestehen der Einrichtung.
- Eine dankenswerthe Verfügung hat Minister Maybach erlassen. Er hat angeordnet, daß Personenwagen, die eine Zeitlang auf dem Geleise der Sonnenhitze ausgesetzt gewesen, vor der Besetzung gut gelüftet, deren Decken außerdem zur Abkühlung genügend mit Wasser begossen werden sollen.
Aus Würzburg wird die Verunglückung zweier Arbeiter gemeldet, die beim Reinigen eines Brunnens nicht mit der nötigen Vorsicht zu Werke gingen. Sie erstickten an den Gasen, die sich darin angesammelt hatten.
- Wegen Zweikampfs mit gefährlichen Waffen wurden in Gießen zwei Studenten zu je 4 Monaten Haft und der Wirth, welcher den Saal hergegeben hatte, zu vier Wochen zwei Tagen Gefängniß verurtheilt.
- Die dreißigste Generalversammlung der Katholiken Deutschlands wird im September in Düsseldorf tagen.
- Der 93jährige Veteran aus den Befreiungskriegen, Wilhelm Wendt in Malchow (Mecklenburg) beging kürzlich mit seiner 84jährigen Gattin das Fest seiner eisernen (65jährigen) Hochzeit. Der Kaiser sandte dem Veteranen 50 M., der Großherzog von Mecklenburg erhöhte seine Pension um 120 M. und sendete 100 M., der deutsche Kriegerbund sandte 50 M. und ebensoviel übergab der Kriegerverein Malchow seinem Ehrenmitgliede. Wendt hatte als freiwilliger Jäger unter Graf Osten=Sacken alle

[ => Original lesen: 1883 Nr. 63 Seite 3]

Gefechte bis zum 20. August 1814 mitgemacht, wo er auf sein Ansuchen nach der Rückkehr der Jäger ins Vaterland den wohlverdienten Abschied erhielt.
- Zu den bevorstehenden Obsternten merke man: Wer Nahrungs= oder Genußmittel, wenn auch nur von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Gebrauche entwendet, wird mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bis zu sechs Wochen belegt. Wer vorsätzlich oder rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Geldstrafe bis zu 900 M. oder mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. Ferner kann, wer vorsätzlich und rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 1500 M. event. außerdem der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklärt werden. (Es ist ein wahrer Jammer, wie namentlich Obstbäume an den Chausseen, insbesondere Kirschenbäume, von den Aufsteigenden zugerichtet werden.)
- Welchen Muth unsere kleinen gefiderten Sänger haben, beweist wieder ein Fall. Ein Stieglitzpärchen hatte sein Nest an einer Stelle angelegt, wo Katzen beikommen konnten. Das nach einiger Zeit im Nest entstehende Gezwitscher bewies, daß im Nest Junge ausgebrütet waren. Diese Wahrnehmung machte auch eine Katze und in der gierigen Sucht nach einer so feinen Delikatesse kletterte sie auf den Baum. Aber kaum bemerkten dies die Alten, als sie sich mit wahrer Todesverachtung auf die Katze stürzten, den Kopf und die Augen so arg bearbeitend, daß sie sich nach kurzem Kampfe zurückziehen mußte. Nicht genug damit, wagte die Katze zum zweiten Male den Versuch, wurde aber eben so muthig zurückgeschlagen. Ob sie nun noch mehr Versuche gemacht hat. weiß ich nicht, sicher aber ist, daß sie ihren Zweck nicht erreicht hat, denn die Jungen sind längst flügge geworden.
- Auf den Feldern der Gemeinde Dolany im Kreise Konin, im Königreich Polen, ist den Bewohnern kürzlich der Teufel in leibhaftiger Gestalt erschienen. Er hatte Generalsuniform angelegt und war angethan mit Helm, Schärpe etc. Ein Bauer meldete in Dolany die Erscheinung des Gottseibeiuns, worauf die ganze wehrhafte Mannschaft mit Mistgabeln, Stöcken etc. bewaffnet gegen den bösen Feind ausrückte. Bei seinem Anblick aber sank selbst dem Tapfersten der Muth; denn die Erscheinung hatte einen riesenhaften Umfang und war von schrecklichem Aussehen. Endlich ermannte sich ein Bäuerlein und versetzte dem Teufel einen derben Hieb, der aber gänzlich unbeachtet blieb. Und so faßten auch die andern Muth, drangen auf ihn ein und schlugen ihn mit wüthenden Hieben in Stücken, worauf die Tapferen im Triumpf ins Dorf zurückkehrten. Nun wurde es klar, daß dieser Teufel nichts anderes gewesen ist, als eine Luftballonfigur, wie sie jetzt bei Volkslustbarkeiten häufig losgelassen werden.
- "Sapperment, da ist ja mein trautes Sofa aus Varzin! Wie kommt denn das hierher?" sagte überrascht unser Reichskanzler und freute sich "wie ein Fürst", als er seine Kissinger Wohnung betrat. Der aufmerksame Wirth des hohen Kurgastes, Herr Oekonomierath Streit, hatte nämlich in Erfahrung gebracht, daß Fürst Bismarck auf seinem pommerschen Landgut mit Vorliebe auf einem gewaltig großen, mit gelb und roth gemusterten Stoff bezogenem Kanapee zum Ausruhen und Nachdenken verweile und war deshalb mit einem Handwerker nach Varzin gereist, hatte sich das betreffende Möbel angesehen und ein ganz gleiches Exemplar, dem Original ähnlich wie ein Ei dem andern, anfertigen lassen, um seinem hohen Gaste eine rechte Freude zu bereiten.
- Von Hunden zu Tode gebissen. Eine aus Konotop (Südrußland) nach dem Dorfe Popowka gehende Bäuerin wurde auf der Straße, nicht weit von Konotop, von einem Rudel Hunde überfallen. Da Flucht die Hunde noch mehr reizen würde, so setzte die Bäuerin, auf den Volksglauben sich verlassend, daß Hunde den Sitzenden nicht angreifen, sich auf der Straße nieder. Der Volksglaube bestätigte sich jedoch nicht; das ganze Rudel Hunde fiel über die Bäuerin her und richtete sie innerhalb weniger Minuten dermaßen zu, daß die Bäuerin bald darauf ihr Leben unter schrecklichen Qualen beendete.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Grieben sub Nr. II. belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Heinrich Lenschow daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag den 29. October 1883,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den Jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 13. August 1883.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Zur Lutherfeier.

Nachdem Großherzogliche Landesregierung unter dem 2./6. August gestattet hat, daß zur Aufbringung der Kosten für die Errichtung eines Lutherdenkmals in Schönberg eine Hauscollecte innerhalb der Grenzen des Fürstenthums Ratzeburg veranstaltet werde, so richtet nunmehr das Comite an sämmtliche Bewohner des Fürstenthums die Bitte, durch Geldbeiträge das Werk nach besten Kräften zu fördern.
Soweit die evangel. luth. Kirche reicht, insonderheit die mit deutscher Zunge, sind die Gemeinden allerorten darauf bedacht das 400jährige Luther=Jubiläum würdig zu feiern.
Unser Fürstenthum, das schon manch' gutes Werk durch bereitwilligste Hülfe auf eine des Landes würdige Weise hat gelingen lassen, wird hier nicht zurückstehen wollen.
Das Lutherdenkmal soll ein Ausdruck des Dankes gegen Gott sein für die auch uns zu theil gewordenen Segnungen der Reformation, ein Ausdruck unserer Freude und Lust an dem Kleinod unserer evangel. luther. Kirche.
Luthers Lieder werden in unseren Kirchen gesungen, Luthers Kathechismus wird von unseren Kindern gelernt, Luthers Bibelübersetzung befindet sich in aller Händen, - die von Luther zur Geltung gebrachte Lebensordnung in Kirche, Schule und Haus soll bei uns in Kraft sein und bleiben.
So rechnen wir denn mit vertrauensvoller Zuversicht darauf, daß jeder Ratzeburger, sei er alt oder jung, vornehm oder gering, reich oder arm für die Herstellung des Denkmals freudig seine Hand aufthun werde.
Es wird durch Vorlegung des Sammelbogens jedem Bewohner des Fürstenthums Gelegenheit gegeben werden, seinen Beitrag zu zeichnen und zu zahlen.
Ueber die gezahlten Beiträge wird der Pastor Kämpffer in Schönberg, welcher die Aufbewahrung der Gelder übernommen hat, in den Schönberger Anzeigen speciell quittieren.


Gepflückte Sommer=Aepfel
per Faß 50 Pfennig.
Falläpfel per Faß 25 Pfennig.
                                                    verkauft
                                                    Frau Bürgermeister Bicker.


Zu Ostern k. J.

habe eine Wohnung in der ersten Etage; bestehend aus 3 heizbaren Zimmern, Kammer, Küche, Keller und Holzstall zu vermiethen.
Schönberg den 6. August 1883.

I. Licht.       


[ => Original lesen: 1883 Nr. 63 Seite 4]

Freitag, den 17. August
Großes Militär-Concert
im Boye'schen Garten,
ausgeführt von der Kapelle des Lübecker Füsilier=Bataillons Nr. 76 unter Leitung des Kapellmeisters Herrn C. Lindemann.
Entrée 50 Pfg. Militair 30 Pfg. Anfang 5 1/2 Uhr.
Nach dem Concert Ball.


Feuer-Versicherungs-Verein meckl. Lehrer. District Schönberg.

Zwecks Wahl eines Districtsvorstehers und eines Substituten werden die Interessenten zu einer Versammlung am 18. d. M., Nachmittags 2 Uhr im Boye'schen Gasthause zu Schönberg eingeladen.
Kl. Mist, den 10. August 1883.

Der Districtsvorsteher       
H. Oldörp.             


Zur Sedanfeier

empfehle ich nachstehende in meinem Verlage erschienene Werke:
1) Iskraut, J., (Rektor) Sedanfeier für Schule und Haus, Neue Bearbeitung. Illustriert 40 Pfennig.; von 25 Exempl. an à 30 Pfennig
2) Pfaff, J., (Dr. theol.) Homiletische Textstudien u. a. auch für das "Sedanfest". 2 A. 2 M. 80 Pfennig. gebd. 4 M.
3) Thiele, G., (Gymnasial=Direktor Dr.) Schulreden. 2 M. 40 Pfennig. gebd. 3 M. 40 Pfennig.
4) Weber, Th., (weil. Pastor.) Die Bedeutung des deutsch=französischen Krieges im Lichte der Vergangenheit und Gegenwart. 30 Pfennig., von 12 Exempl. an à 20 Pfennig.

Barmen.                                                     Hugo Klein,
                                                             Verlags= u. Sortiments=Buchhandlung

Auswärtige Bestellungen expediere ich umgehend franko!
NB. Se. Majestät der Kaiser und König haben über "die sinnige und patriotisch=erhebende Weise", in welcher die Iskraut'sche Arbeit abgefaßt ist, allerhöchst Ihren Beifall aussprechen lassen.


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Zu vermiethen

eine bequeme Wohnung bestehend aus: 3 heizbaren Stuben, 2 Kammern, Küche, Keller, Garten, und Stallplatz.

                                                    W. Badstein,
                                                    vor der Sabowerstraße 3.


Zu vermiethen

zu Michaelis oder später eine freundliche Parterre=Wohnung, bestehend aus 4 Stuben, Küche, Speisekammer, Keller und Feuerungsgelaß und sonstigen Bequemlichkeiten.

Näheres Kalterdamm Nr. 6.       


Große Tanzmusik
am Sonntag den 19. August,
wozu ergebenst einladet                          
Sülsdorf.                                                     J_Wiencke,
                                                            Gastwirth.
MB.    Bis Anfang der Musik Kegeln.    D. O.


Die von mir über mein Nebenmädchen Elisabeth Lohse gemachte beleidigende Aeußerung nehme ich hiermit als unwahr zurück und halte dieselbe für ein rechtliches Mädchen.

Maria Krohn,              
Lübseerhagen.       


Caffee von Amerika,

erhalten von meinem Sohne eine Parthie Caffee, und weil derselbe meinen Bedarf übertrifft, beabsichtige ich etwas davon preiswürdig abzugeben und empfehle deshalb denselben in verschiedenen Sorten, rein schmeckend und kräftig

en gros und en detail.
                                                    H. Hein vor Schönberg.


Gesucht

in Schönberg zu Michaelis ein Knecht. Zu melden in der Expedition dieses Blattes.


Hochfeinen großen
Sommerfang=Hering
empfiehlt
                                                    A. Wigger Nachfolger.


Die Verlobung mit mir und Elisabeth Lohse ist von meiner Seite aufgehoben.
Schönberg den 12. August 1883.

J. Meyer, Cigarrenmacher.       


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Montag den 13. August 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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