No. 62
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 10. August
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 62 Seite 1]

Etwas über Erdbeben.

Erdbeben sind im Allgemeinen eine viel häufigere Erscheinung, als man hierzuland gewöhnlich annimmt, da man hier nur sehr selten ein derartiges Ereigniß erlebt, es auch bald wieder vergißt, weil es des zerstörenden und mörderischen Charakters entbehrt, der es in vulkanischen Gegenden oft zu dem furchtbarsten Schrecken der Menschheit macht. In manchen vulkanischen Bezirken steht der Boden sozusagen nie still. Solche Gegenden gibt es besonders in Unteritalien, Griechenland, den ägäischen Inselgruppen, im westlichen Kleinasien, den Ländern südlich vom Kaukasus, im nördlichen Persien, Ost=Asien, Californien, Westindien, Mittelamerika, Mexiko, vor allem aber der westliche Theil von Südamerika und dort wieder in erster Linie in Ecuador und Peru. Solche Katastrophen wie auf der Insel Ischia gehören aber glücklicherweise zu den Seltenheiten und ist dies Erdbeben wohl auch das mörderichste, das in Europa seit dem 18. Jahrhundert vorgekommen, mit Ausnahme des von Lissabon (1. Nov. 1755), wobei die Zahl der Umgekommenen sich auf mehr denn 20,000 belief. Von Erdbeben in neuester Zeit kommt nächst dem von Ischia das am 2. April 1881 auf der Insel Chios, wobei 4000 Menschen das Leben verloren. Ein Erdbeben, bei dem die Zahl der Opfer 1000 noch übersteigt, suchte am 22. April 1869 die Sporadeninseln Symi und Nikeros heim. In Ecuador und Peru waren die schrecklichsten Erbebentage in neuester Zeit die vom 13. bis 16. August 1868, in denen 30,000 Menschen das Leben verloren. In Columbien (ebenfalls Südamerika) kamen im Mai 1875 über 16,000 Menschen durch Erdbeben ums Leben.


Politische Rundschau.

Ueber das Befinden des Fürsten Bismarck lauten die Nachrichten wieder weit erfreulicher. Der Appetit ist zurückgekehrt, der Fürst badet regelmäßig, hat auch die gewohnte unentbehrliche geistige Thätigkeit wieder aufgenommen und erscheint überhaupt in weit besserer Stimmung als bei seinem Aufenthalt vor zwei Jahren in Kissingen.
Nach der amtlichen Uebersicht betrugen die Einnahmen an Zöllen, gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und Stempelabgaben im Deutschen Reiche während des Etatsjahres 1882/83 an: Eingangszoll 209,358,139 M. nach dem Voranschlage 186,5 Mill.), Rübenzuckersteuer 139,793,703 M. (Voranschlag 47,4 Mill.), Salzsteuer 38,461,593 M. Voranschlag 36,7 Mill.), Tabaksteuer 8,573,675 M. (Voranschlag 11,0 Mill.) Branntweinsteuer 58,825,098 M. (Voranschlag 35,5 Mill. ), Uebergangsabgaben von Branntwein 121,961 M., Brausteuer 18,120,638 M. (Voranschlag 15,1 Mill.), Uebergangsgaben von Bier 1,427,837 M. Stempelabgaben von Spielkarten 1,056,894 M. (Voranschlag 1,04 Mill.), Stempelabgaben von Wertpapieren, Schlußscheinen, Rechnungen und Lotterieloosen 6,021,693 M. (Voranschlag 12 Mill.), zusammen also 481,761,232 M., wovon auf Preußen allein 334,339,598 M. kommen. Die Gesammtsumme des Voranschlages belief, sich auf 352,2 Mill. M., sodaß die wirklichen Einnahmen den Voranschlag um 129,5 Mill. M. übersteigen.
Wie das Frkf. J. erfährt haben sämmtliche Bahnverwaltungen auf die Vergütung der Kosten des Bismarck'schen Extrazuges nach Kissingen verzicht geleistet.
In Jekaterinoslaw (südliches Rußland) haben am 2. ds. Kravalle gegen die Juden stattgefunden. Das Militair machte dabei von den Waffen Gebrauch und es wurden 10 der Aufrührer getödtet, 13 verwundet. Der Grund des Aufruhrs wird in einer schweren thätlichen Beleidigung gesucht, die ein Jude gegen einer Bauersfrau ausgeübt haben soll.
In Egypten sind am 2. d. 886 Personen an der Cholera gestorben. (Tags vorher 662, also entweder Zunahme oder schlechte Statistik.)
In Preßburg, einem bekannten Mittelpunkt des Antisemitismus in Ungarn, hat sich in Folge des Urtheils im Tisza=Eszlarer Prozeß eine gewisse Aufregung in der Bevölkerung bemerkbar gemacht. Bei Anbruch der Dunkelheit waren die Straßen ungemein belebt. Um halb 9 Uhr Abends ertönte Lärm und Geschrei auf der Promenade. Gleichzeitig fand eine Ansammlung großer Menschenmassen auf dem Comitathausplatze, in welchen die Judengasse mündet, statt. Für Kanonenschüsse allarmirten die Garnison. Von allen Seiten rückte Militair heran, daß die Straßen absperrte. Cavallerie rückte aus den Dörfern heran. Der Pöbel zertrümmerte in der Vorstadt Blumenthal viele Fenster. Arretirungen wurden vorgenommen. Die Ruhe war um 12 Uhr wiederhergestellt. - Ueber den jungen Moritz Scharf wird gemeldet, daß er nach Verkündigung des Urtheils wie umgewandelt gewesen. Er habe seinem Vater Hand und Mund geküßt etc. - Es bestätigt sich, daß gegen das Verfahren in dem Processe eine Disciplinaruntersuchung eingeleitet wird. Nur hierdurch und durch strenge Bestrafung der Mißbräuche kann die Ehre der ungarischen Justiz vollständige Rechtfertigung erlangen.


- Ein interessantes Schaustück liegt in dem Schaufenster der Ordenfabrik von Lemke in der Neuen Grünstraße 24 zu Berlin aus, eine Ordensdekoration für den Kaiser, wie er sie auf der Brust neben den großen Orden trägt. Von rechts nach links gesehen eröffnet die Reihe der Orden das eiserne Kreuz, dann folgt die Denkmünze von 1813. Hieran schließt sich der rothe Adler=Orden 3. Klasse mit Schwertern; es folgen der St. Georgs=Orden, der Kronen=Orden 3. Klasse, das 25jährige Dienstkreuz, der fürstlich hohenzollersche Orden mit Schwertern, das österreichische 25jährige Dienstkreuz, die italienische Feldzugs=Medaille von 1866, die hohenzollersche Medaille von 1870/71, 66 und 64, die russische Feldzugs=Medaille von 1814, die badische von 1849, das hessische Verdienstkreuz, das mecklenburg=schwerinsche und das mecklenburg=strelitzsche Verdienstkreuz und die schaumburg=lippesche Medaille. Diese Reihenfolge in der kaiserlichen Dienstschnalle ist für die Armee typisch geworden und liefert ein sprechendes Bild von dem langen thatenreichen Leben ihres hohen Inhabers.

[ => Original lesen: 1883 Nr. 62 Seite 2]

- Reichsgerichts=Entscheidung. Unter die Strafbestimmung des §. 110 des Strafgesetzbuches, betr. die öffentliche Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und obrigkeitliche Anordnungen fällt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 29. Mai 1883, auch die Aufforderung zum Ungehorsam gegen eine obrigkeitliche Anordnung für einen ganz speciellen Fall, beispielweise gegen eine Anordnung durch welche die Abhaltung und der Besuch eines von einem Unternehmer angekündigten Tanzkränzchens in einem bestimmten Lokal und in einer bestimmten Zeit verboten wird.
- (Austrocknung feuchten Getreides.) Auf 100 Hektoliter Roggen nimmt man 2 Hektoliter ungelöschten Kalk, welchen man in geflochtenen Körben, gut zugedeckt, in das Getreide eingräbt. Schon nach vierzehn Tagen bis drei Wochen hatte das Getreide einen schönen Glanz, griff sich gut, roch gut, und jede Spur von Nässe war verschwunden.
- Fliegen aus dem Zimmer zu vertreiben. 2. Man mische, so schreibt die "Landw. Beil. d. u. Wpr. Z.", einen halben Theelöffel gestoßenen schwarzen Pfeffer, einen Teelöffel braunen Zucker und einen Eßlöffel Sahne gut, und stelle diesen Brei auf einem Teller in das Zimmer wo die Fliegen lästig sind; sie werden bald verschwinden. 2. Starker, kalter, grüner Thee, mit Zucker versüßt, auf Untertassen im Zimmer umhergestellt, zieht die Fliegen an und vernichtet sie. Dies möchte übrigens als ein Beweis gelten, daß die Annahme, der grüne Thee sei durch das Trocknen auf Kupferplatten grünspanhaltig geworden, richtig sei.
- Nutzen der Kirschstiele. Die Kirschstiele werden, wie die "Landw. Zeitung für Thür." schreibt, gewöhnlich achtlos weggeworfen, da man sie für völlig nutzlos hält, und doch ist diese Anschauung eine irrige, denn die Kirschstiele geben einen Thee, der besonders gegen Katarrh sehr gute Dienste leistet. Das Verfahren herbei ist sehr einfach: Die Kirschstiele werden zur Kirschenzeit gesammelt, zwischen zwei Blätter Papier gethan, damit kein Staub darauf kommt, im Schatten getrocknet und dann in einer Schachtel an einem trockenen Ort wohl aufbewahrt. Will man von den Kirschenstielen dann Gebrauch machen, so kocht man sie einfach wie Blätterthee und wer gern süß trinkt, vermischt den Thee nach den Abseihen mit Zucker. Dieser Kirschstielthee leistet, wie schon gesagt, beim Katarrh sehr gute Dienste. Auch stillt er den Husten bei kleinen Kindern.
- Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger hat in den 18 Jahren ihres Bestehens 70 Rettungsboot=Stationen errichtet, wovon je 35 an der Nord= und Ostsee, ferner 50 Raketenstationen, 6 an der Nord= und 44 an der Ostsee, endlich 19 Mörserstationen an der Ostsee. Durch diese Rettungsstationen wurden seit dem Bestehen der Gesellschaft 1394 Personen dem Tode in den Wellen entrissen. Im letzten Jahre (bis zum 31. März 1883) wurden 97 Menschen gerettet. In 31 Strandungsfällen traten 23 Rettungsstationen in Dienst, darunter 10 Stationen 15mal mit Erfolg. Das Rettungsboot des zweiten Elbfeuerschiffes "Casper" hat sich besonders ausgezeichnet; dasselbe rettete in 5 Strandungsfällen 42 Personen.
- Nach einer Correspondenz der Köln. Ztg. ist die ungeheure Größe des Unglücks auf der Insel Ischia darauf zurückzuführen, daß die Häuser aus schweren Bruchsteinen hergestellt und deren flache Dächer übermäßig mit schweren Ziegeln belastet seien. Dann wäre es doch die höchste Zeit, daß die italienische Regierung ein Baugesetz für die vulkanischen Gegenden des Königreichs erließe, daß die Wohnungen aus Holz errichtet werden müssen, wie es z. B. in den vulkanischen Gegenden Südamerika's und auch wohl anderwärts der Fall ist.
- Ein tröstlicher Umstand ist wenigstens von der unglücklichen Insel Ischia zu berichten: Die ins Werk gesetzten Rettungsversuche sind von dem schönsten Erfolg gekrönt. Ueber 2500 noch Lebende sind schon den Trümmern, und so dem sichern Tode entrissen worden. Dies Werk ist hauptsächlich den hincommandirten Soldaten zu verdanken. Aber keine leichte Arbeit ist es, die diesen Wackeren obliegt, und auch keine gefahrlose, denn schon mehr als zwanzig derselben haben ihr Leben in dem furchtbaren Kampf mit den Trümmern und der schrecklichen Hitze lassen müssen Dabei der gräuliche Verwesungsqualm, der an tausend Stellen zugleich auf dem ganzen Umkreis dem Boden entsteigt und unter dessen Einwirkung nicht Wenige, die im Begriffe sind, Rettung zu bringen, selbst rettungsbedürftig zu Boden sinken! Gegen diesen Feind, wohl dem schlimmsten von Allen - erweist sich das massenhaft herbeigeführte Desinfectionsmaterial, Schiffsladungen voll Kalk, Carbolsäure etc., sowie auch die Hunderte von Theerfeuern, die von den Soldaten in ihren Lagerplätzen unterhalten werden, als wirkungslos. - Am 3. d. hat wieder eine heftige Erderschütterung auf der Insel stattgefunden, ohne soviel man bis jetzt weiß, Schaden anzurichten.
- Herr Prof. Zimmermann theilt folgende Verhaltungsmaßregeln beim Gewitter mit. Bei einem herannahenden Gewitter öffne man Fenster und Thüren. Scheut man die Zugluft, oder müssen die Fester des Regens wegen geschlossen werden, so muß wenigstens die Thür geöffnet bleiben, damit bei etwaigem Einschlagen die erstickenden Gase einen Ausweg erhalten. Alles Metall lege man ab, meide nicht allein die Nähe des Ofens, sondern auch die Nähe einer Wand und halte sich in der Mitte der Stube auf. Ebenso hat man auch jede größere Versammlung zu meiden, und wenn eine solche in der Kirche, Schule oder einem anderen Locale stattfindet, ist sie ohne weiteres zu schließen. Aueßerst gefährlich ist während des Gewitters das Läuten der Glocken. Vor nun hundert Jahren, 1783, wurden allein in Deutschland und Frankreich in drei Monaten 96 Personen bei diesem Geschäft vom Blitz getödtet. (Also das Umgekehrte, wie es der Volksglaube lehrt.) Hohe Bäume sind zwar, wenn sie 16-20 Fuß weit vom Hause stehen, ein Schutzmittel gegen das Einschlagen, stehen sie aber ganz in der Nähe, so hat man dieselben als Beförderungsmittel des Einschlagens wegzuräumen. Auf freiem Felde meide man die Nähe des Wassers, der Sümpfe und aller über der Erde emporragender Gegenstände. Nie suche man Schutz unter einem Baume oder einer Windmühle. Man erhitze sich nicht durch Laufen, sondern gehe langsam oder legt sich auf die Erde nieder. Es geschieht, daß Menschen darum auf freiem Felde vom Blitze getroffen werden, weil sie die einzigen über die Oberfläche der Erde hervorragenden Gegenstände sind. In der Nähe von Viehheerden darf man sich durchaus nicht aufhalten, weil deren Ausdünstung die Gefahr um ein Bedeutendes vermehrt. Ist man zu Pferde, so steige man unbedingt ab, binde wo möglich das Pferd an, und setze oder lege sich in einiger Entfernung nieder. Auch wenn man fährt, ist es rathsamer, auszusteigen, als sitzen oder ganz in der Nähe zu bleiben. Für solche Personen, welche beim Herannahen eines Gewitters unwillkürlich von großer Angst und Furcht ergriffen werden, möge noch bemerkt sein, daß bei gehöriger Vorsicht die Gefahr, vom Blitz erschlagen zu werden, sehr unbedeutend ist. Man nimmt an, das unter 50,000 Gestorbenen sich nur ein vom Wetter Erschlagener befindet. Auch ist ja Gefahr nur dann vorhanden, wenn Blitz und Donner ganz kurz auf einander folgen. Kann man 24 gewöhnliche Pulsschläge zwischen Blitz und Donner zählen, so ist das Gewitter noch meilenweit entfernt, und so lange man noch 6 bis 8 zählen kann, hat es ebenfalls noch keine Gefahr.
- Der ausgezeichnete Nutzen, welchen das doppelkohlensaure Natron in der Küche gewährt, veranlaßt uns, hier ausführlich darauf hinzuweisen. Dieses allbekannte Pulver hat die unschätzbare für die Verdauung nicht hoch genug anzuschlagende Eigenschaft, den Faserstoff der Gemüse und Hülsenfrüchte weich zu machen und auch zähes Fleisch in mürben Zustand zu versetzen. Mann braucht den Gerichten nur etwa eine Messerspitze auf 1/2 Liter Flüssigkeit zuzusetzen, um diesen Zweck vollständig zu erreichen. Bei Hülsenfrüchten nimmt man, insbesondere wenn kein weiches Wasser zur Hand ist, etwas mehr Natron. Eine ausgezeichnete Hülfe leistet das Natron ferner, wenn die Milch beim Kochen gerinnen will; eine kleine Portion davon beseitigt den Uebelstand. Fürchtet man an einem heißen, gewitterschwülen Tage, die bereits gekochte Milch könne sauer werden, so gibt man ein wenig Natron hinzu. Butter, welche durch langes Aufbewahren einen ranzigen Geschmack bekommen hat, wird wieder schmackhaft, sobald man sie in einer

[ => Original lesen: 1883 Nr. 62 Seite 3]

Natron=Auflösung auswäscht. Ein anderer nicht unwesentlicher Vorteil des Natrons ist der, daß man dasselbe als Ersparungsmittel des Zuckers anwenden kann; z. B. bei eingemachten Früchten, wie bei allen Gerichten, deren in Uebermaß vorhandene natürliche Säure zuweilen durch Zucker nicht zu bekämpfen ist. Ein wenig nach dem Kochen zugefügtes Natron stellt das Gleichgewicht her. Das Natron hat also auch die werthvolle Eigenschaft, die Säure aufzuheben. Dabei ist das Natron dem menschlichen Organismus durchaus nicht nachtheilig, trägt vielmehr zur Verdauung bei, und zersetzt sich überdies beim Kochen größtentheils. Da es ferner sehr wohlfeil, und in allen Apotheken und Droguenhandlungen zu haben ist, so sollte es in keiner Küche fehlen und seinen festen Platz neben dem Salz haben.
- W. Kaulen erzählt im Frankfurter Journal eine hübsche Anekdote vom Fürsten Bismarck aus dessen Bundestagszeit. Bismarck befand sich einst mit einem Collegen vom Bundestage nahe bei Ginnheim auf der Jagd. Die beiden Waidmänner hatten sich zum Frühstück auf einen Rain gesetzt um eine mitgebrachte Wurst zu verzehren; von dort blickten sie auf den Friedhof. Nun wußte der Vertreter des preußischen Staates, daß sein Gefährte den Anblick der Kreuze und Leichensteine verabscheue und bei Gesprächen über Vergänglichkeit und Tod den Appetit verlor. Weil nun die vorhandene Wurst bedenklich klein war, ließ Bismarck nicht ab, die Unterhaltung auf den nahen Kirchhof zu lenken und erreichte mit diesem Kunstgriff den Zweck, daß ihm der Löwenantheil an der Wurst überlassen wurde.
- Mittel gegen Bremsen. Als erprobtes Mittel, um Bremsen, Stechmücken, Stechfliegen etc. von den Hausthieren fern zu halten, wird empfohlen: 64 Gramm Asa foetida mit 0,2 l Weinessig und 6,4 bis 6,5 l Wasser gemischt. Diese Lösung wird mit einem Schwamm auf jene Stellen aufgetragen, welche den Fliegenstichen am meisten ausgesetzt sind. Ferner sind gegen die Stiche der Zweiflügler Waschungen mit Wallnußblätter=Absud anzuwenden. Die Wallnußblätter koche man in Essig und nehme alle 14 Tage eine Waschung vor. Verdünnter Tabak-Absud (1 Theil Tabak und 30-40 Theile Wasser), verdünntes Benzin oder Petroleum haben ebenfalls gute Wirkung. Auch das Einreiben der Thiere mit frischen Kürbisblättern soll die Insecten fern halten.
- Eine entsetzliche That hat in Hamburg einer glücklichen Ehe ein plötzliches Ende bereitet und drei Menschenleben vernichtet. In einem Hofe der Spaldingstraße wohnte ein Schneider, der durch seiner Hände Arbeit sich und seine Familie, bestehend aus einer jungen, kaum 30 Jahre alten Frau und zwei Knaben im Alter von 5 1/2 und 6 3/4 Jahren, auf das Anständigste ernährte und mit Erfolg bestrebt war, jede Unannehmlichkeiten von derselben fern zu halten. Die Ehe war die glücklichste und nichts trübte den Frieden derselben. Dennoch zeigte die Frau seit einiger Zeit eine tiefe Niedergeschlagenheit, wich aber allen Fragen ihres Mannes nach dem Grunde ihrer Traurigkeit aus. In den letzten Wochen freilich schien es, als ob jene Melancholie gewichen sei; die Frau war heiterer und nur selten verfiel sie in ihr altes starres Hinbrüten. Vor einigen Tagen Abends zeigte sie sich heiterer als sonst und ermunterte ihren Mann, der regelmäßig den Abend in seiner Familie zuzubringen pflegte, doch auch einmal eine Zerstreuung zu suchen und sich ein Stündlein in seinen Club zu begeben. Der Mann folgte dieser Aufforderung, froh, daß seine Frau, die ihn beim Weggehen herzlich umarmte und küßte, endlich von ihrem Tiefsinn geteilt sei. Eine innere Unruhe, die er sich nicht zu erklären vermochte, trieb ihn indessen nach einigen Stunden wieder nach Hause. Er fand die Thür seiner Wohnung verschlossen, und als auf wiederholtes Klopfen nicht geöffnet wurde, setzte er sich, in der Annahme, seine Frau sei fest eingeschlafen, vor die Thür, um bis gegen 5 Uhr, wo seine Frau aufzustehen pflegte, zu warten. Aber auch um 5 Uhr blieb in der Wohnung Alles still, und Böses ahnend, rief der Mann jetzt Nachbarn herbei. Alles Klopfen war vergeblich, und da die Thür von Innen verschlossen und überdies noch eine Kette übergelegt war, so blieb nichts übrig, als einen Schlosser herbeizurufen, der endlich gegen 6 Uhr die Thür öffnete. Ein entsetzlicher Anblick bot sich den Eindringenden dar: Gleich neben dem Eingang hing an der Thür das jüngere Kind, halb angekleidet, starr und todt; in dem Wohnzimmer war an der einen Thür der entkleidete ältere Knabe erhängt, an der Mittelthür hing die Mutter, Alle, wie die sofort vorgenommene Untersuchung ergeben, seit Stunden todt. Wie aus einem Zettel hervorgeht, den man von ihrer Hand beschrieben, auf dem Tische fand, hatten sich Wahnvorstellungen der beklagenswerthen Frau bemächtigt und sie zu der entsetzlichen That veranlaßt. Ihr Mann möge sich in den Willen Gottes ergeben, schreibt sie; sie habe eine gute That vollbracht und den Wunsch der Kinder, mit ihr zu sterben, erfüllt. Ihre alte Mutter werde gewiß ebenfalls glücklich sein, daß die That endlich geschehen.
- Eine ungewaschene Braut. Auf dem Mainzer Standesamte erschien vor einigen Tagen ein Pärchen, um sich trauen zu lassen. Der Standesbeamte sah sich indessen veranlaßt, die Braut hinwegzuschicken, damit diese sich erst umkleiden möge. Dieselbe war nämlich ungewaschen und ungekämmt und in vollständig schmutzigem Arbeitsanzug auf das Standesamt gekommen, um sich mit dem Manne ihrer Wahl verbinden zu lassen. Dem Frauenzimmer wurde bedeutet, daß es in reiner Kleidung erscheinen müsse.

            Die Simpelfranzen.
Als Gott das erste Menschenpaar
     Erschuf vor so und so viel Jahr,
Da setzt er es in's Paradies,
     Das damals an den Himmel stieß,
Und sprach zu ihnen: "Sehet, hier
     Da habt ihr allerlei Gethier:
Den Löwen, Tiger und das Rind,
     Und wie die Namen alle sind,
Und all das Viehzeug, wie sich's regt,
     Das Haar hinein in's Antlitz trägt,
Auf daß ein Jeder leben kann,
     Daß es gehört dem Thierreich an. -
Damit nun unterschieden werd'
     Der Mensch von einem Schaf und Pferd,
So tragt - ich mach es Euch zur Pflicht -
     Das Haar stets frei aus dem Gesicht."
Als d'rauf der Liebe Gott verschwand,
     Eva hart an dem Bächlein stand,
Sie blickt hinein und sah mit Graus
     Auf ihrer Stirn ein Löckchen kraus, -
Und eingedenk des Herren Wort
     Schob heftig sie das Löckchen fort,
Daß ihre Stirne klar und frei
     Und nicht durch Haar verunziert sei. -
Doch heutzutag! - Du lieber Gott!
     Niemand mehr kennt Dein streng Gebot!
Denn alle Evas groß und klein
     Ziehn sich das Haar in's Antlitz rein!
In Löckchenform, bald grad, bald krumm -
     Im Zickzack auch - es ist gar zu dumm -
Klebt man Sich an die Stirn das Haar,
     Manchmal bis auf die Augen gar!
Und diese Haartracht, nie gekannt,
     Sie wird mit Stolz "The Bangs" genannt,
"Bangs" Jede trägt - Gott sei's geklagt -
     Die Herrin wie die Küchenmagd.
Die Frau dagegen lob ich mir,
     Die als der Zierden schönste Zier,
Ihr reiches Haar in Flechten legt
     Und frei aus dem Gesicht es trägt;
Die kühn des schnöd'n Brauches lacht,
     Der "Bangs" und sie mit Muth veracht,
Die halt ich werth. Auf solche Frau'n
     Wird stets der Mann verehrend schau'n.


Am letzten Donnerstag ist während des Conzerts im Boyschen Garten oder auf dem Wege von der Marienstraße dorthin und zurück eine silberne Damen=Uhr mit Goldrand verloren gegangen. Dem ehrlichen Finder wird gegen Rückgabe eine entsprechende Belohnung zu theil vom

Oberförster Hottelet.       


Am Sonntag den 12. d. M.
Concert
außer Abonnement
in Boye's Garten,
wozu ergebenst einladen                                                    
                                                    die Vereinsmusiker.Entree à Person 30 Pfennig.
Anfang Nachmittag 4 Uhr.
Schönberg den 6. August 1883.       


[ => Original lesen: 1883 Nr. 62 Seite 4]

- Beste Pflanzzeit: August bis October. -

Die Zeit der Erdbeerpflanzung

rückt heran und wer im künftigen Jahre eine Schüssel ideal gerathene Gartenerdbeeren haben will, darf diese Zeit nicht versäumen und muß im August oder September zur Anlage einer solchen Pflanzung schreiten. Ein Erdbeerbeet darf in keinem Garden, sei er groß oder klein, fehlen, denn er liefert uns die ersten frischen, köstlichen und allbegehrten Früchte des Sommers.
Unser Erdbeeren=Sortiment wird durch neugewonnene Sorten stets ausgedehnter und besser und erregte im verflossenen Sommer die allgemeine Bewunderung der zahlreichen Bescher unseres Etablissements. Diese Sammlung kann nicht genug empfohlen werden. Sie ist gewiß die beste, wenn nicht die einzige gute, welche existirt. Der Vorrath ist von allen Sorten groß, wodurch es uns möglich ist, selbst die umfänglichsten Aufträge aufs Beste auszuführen.
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Wir erlassen

1 Sortiment von 12 großfrüchtigen vorzüglichsten Sorten à 2-3 St. M. 2.-
1 Sortiment von 25 großfrüchtigen vorzüglichsten Sorten à 2-3 St. M. 4.-
1 Sortiment von 50 großfrüchtigen vorzüglichsten Sorten à 2-3 St. M. 8.-
1 Sortiment von 100 großfrüchtigen vorzüglichsten Sorten à 2-3 St. M. 12.
1 Sortiment von 12 großfrüchtigen neuesten Sorten à 2-3 St. M. 3.-
100 Erdbeerpflanzen in 10 vorzüglichsten Sorten à 10 St. M. 4.-
250 Erdbeerpflanzen in 25 vorzüglichsten Sorten à 20 St. M. 10.-
100 Erdbeerpflanzen beste großfrüchtige in Rommel M. 2.50
     50 St. Monatserdbeeren in 5 vorzügl. roth= u. weißfrücht. Sorten M. 2
100 St. Monatserdbeeren in 10 vorzügl. roth= u. weißfrücht. Sorten M. 4
30 St. Mochus od. Vierländer=Erdbeeren in 5 Sorten M. 2
40 St. Scharlach=Erdbeeren in 4 S. M. 2
40 St. Chili=Erdbeeren in 4 Sorten M. 2
Ausführliche gedruckte Anweisung der neuesten rationellsten Kulturmethode wird jeder Bestellung gratis beigegeben.
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Centrale der praktischen Gartenbau-Gesellschaft in Bayern zu Frauendorf,
Post Vilshofen, Bayern.

Die Zeit der Erdbeerpflanzung


Caffee von Amerika,

erhalten von meinem Sohne eine Parthie Caffee, und weil derselbe meinen Bedarf übertrifft, beabsichtige ich etwas davon preiswürdig abzugeben und empfehle deshalb denselben in verschiedenen Sorten, rein schmeckend und kräftig

en gros und en detail.
                                                    H. Hein vor Schönberg.


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Zur Lutherfeier.

Nachdem Großherzogliche Landesregierung unter dem 2./6. August gestattet hat, daß zur Aufbringung der Kosten für die Errichtung eines Lutherdenkmals in Schönberg eine Hauscollecte innerhalb der Grenzen des Fürstenthums Ratzeburg veranstaltet werde, so richtet nunmehr das Comite an sämmtliche Bewohner des Fürstenthums die Bitte, durch Geldbeiträge das Werk nach besten Kräften zu fördern.
Soweit die evangel. luth. Kirche reicht, insonderheit die mit deutscher Zunge, sind die Gemeinden allerorten darauf bedacht das 400jährige Luther=Jubiläum würdig zu feiern.
Unser Fürstenthum, das schon manch' gutes Werk durch bereitwilligste Hülfe auf eine des Landes würdige Weise hat gelingen lassen, wird hier nicht zurückstehen wollen.
Das Lutherdenkmal soll ein Ausdruck des Dankes gegen Gott sein für die auch uns zu theil gewordenen Segnungen der Reformation, ein Ausdruck unserer Freude und Lust an dem Kleinod unserer evangel. luther. Kirche.
Luthers Lieder werden in unseren Kirchen gesungen, Luthers Kathechismus wird von unseren Kindern gelernt, Luthers Bibelübersetzung befindet sich in aller Händen, - die von Luther zur Geltung gebrachte Lebensordnung in Kirche, Schule und Haus soll bei uns in Kraft sein und bleiben.
So rechnen wir denn mit vertrauensvoller Zuversicht darauf, daß jeder Ratzeburger, sei er alt oder jung, vornehm oder gering, reich oder arm für die Herstellung des Denkmals freudig seine Hand aufthun werde.
Es wird durch Vorlegung des Sammelbogens jedem Bewohner des Fürstenthums Gelegenheit gegeben werden, seinen Beitrag zu zeichnen und zu zahlen.
Ueber die gezahlten Beiträge wird der Pastor Kämpffer in Schönberg, welcher die Aufbewahrung der Gelder übernommen hat, in den Schönberger Anzeigen speciell quittieren.


Empfehle meine in Grevesmühlen, Wismar und kürzlich wieder in Schwerin prämirten

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Rud. Schrep,
Schönberg.                                                     Schlossermeister.


Zu Ostern k. J.

habe eine Wohnung in der ersten Etage; bestehend aus 3 heizbaren Zimmern, Kammer, Küche, Keller und Holzstall zu vermiethen.
Schönberg den 6. August 1883.

I. Licht.       


Zu vermiethen

zu Michaelis oder später eine freundliche Parterre=Wohnung, bestehend aus 4 Stuben, Küche, Speisekammer, Keller und Feuerungsgelaß und sonstigen Bequemlichkeiten.

Näheres Kalterdamm Nr. 6.       


Durch die Geburt eines gesunden Knaben wurden hoch erfreut
Schönberg, den 8. August 1883.

H. Wigger und Frau.       


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 12. August.

     Frühkirche: Candidat Nahmmacher,
     Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
          Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 9. August 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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