No. 52
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. Juli
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 52 Seite 1]

      Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das Dienstpferd des Districtshusaren Brandt zu Schlagsdorf, sowie je ein Pferd des Büdners Fr. Wilms und des Pfarrackerpächters Arp in Herrnburg an der Räude erkrankt sind.
     Schönberg, den 4. Juli 1882.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstentums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


     Nr. 12 des Offic. Anzeigers pro 1883 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
          II. Abteilung.
     (1.) Bekanntmachung, betreffend die Durchschnittspreise des Monats Mai 1883.
     (2.) Bekanntmachung, betreffend die portopflichtige Correspondenz mit schweizerischen Behörden.
     (3.) Bekanntmachung, betreffend die Geldsendung mittels Postanweisung nach Canada.


Politische Rundschau.

Fürst Bismarck ist am 2. Juli auf seine Herrschaft Friedrichsruh im Sachsenwalde gereist, begleitet von seiner Gemalin und dem bayerischen Arzt Dr. Schwenninger. Er sah recht leidend aus und gelb im Gesicht; er war in bürgerlicher Kleidung und trug den Schlapphut in der Hand. In Friedrichsruhe bleibt der Fürst nur einige Tage und geht dann nach Kissingen.
Graf Chambord, der in Frankreich König werden wollte oder sollte, der letzte französische Bourbon, ist tödlich erkrankt. Er soll kein übler Mann sein, nur zum König fehlt ihm, den alten Lilienstengel ausgenommen, alles.
Die Kosten der Krönungsfeierlichkeiten in Moskau belaufen sich auf 54 Millionen Rubeln, eine Summe, welche um wenigstens 20 Millionen den Voranschlag übertrifft.


Die Internationale Landwirtschaftliche Thier=Ausstellung in Hamburg ist am 3. Juli eröffnet worden. Der Besuch ist ein lohnender und kann unsern Ackerbautreibenden Lesern nicht angelegentlich genug empfohlen werden, wenngleich er durch die Beschwerden der tropischen Hitze theuer genug erkauft werden muß. Die Ausstellung umfaßt 9 Abtheilungen, nämlich 1) Pferde, 2) Rindvieh, 3) Schafe, 4) Schweine, 5) Bienen, 6) Fische, 7) Geflügel, 8) Maschinen und Geräthe, 9) Wissenschaftliche Forschungen und Ergebnisse auf dem Gebiete der Tierzucht. Jede Abtheilung bietet viel des Interessanten. Die Thiere sind in offenen, mit Leinen bedeckten Schuppen untergebracht, deren 23 für Pferde, 33 für Rindvieh, 17 für Schafe und 8 für Schweine mit doppelten Stallungen vorhanden sind. Aus den Stallungen für Rindvieh ragt ein Wald von Hörnern. Auch dem Laien imponirt die Schönheit der Thiere, die Mannigfaltigkeit der Racen, die Verschiedenheit in der Körperbildung. Jedes Land Europa's hatte sein Bestes gesandt. Hier zeichnete sich besonders Ostfriesland und Schleswig=Holstein aus, es fehlt aber wohl keine hervorragende Landschaft in Deutschland. Von fremden Ländern haben England, Holland, die Schweiz und Scandinavien auserlesene Exemplare gesandt; aus Schweden ist eine merkwürdige hornlose Gebirgsrace vorhanden, die aber an Größe und Schönheit den andern nicht nachsteht. Ostfriesland und Holland schickten ihre schwarzweißen Rinder, riesenhaft in Gestalt, dabei aber von herrlichem Ebenmaß, die theilweise zu 500, 600 bis 1100 M. per Haupt verkäuflich waren; der Preis einzelner kleiner Kälber wurde uns mit 150 M. genannt. - In das Brüllen der Rinder mischt sich das fröhliche Wiehern der zum Theil sehr edlen Bewohner der Pferdeställe. Dicht bei diesen Ställen, am Ende des Ausstellungsfeldes, befindet sich der durch hohe Bretterverzäunung abgeschlossene große Vorführungs=Ring, ein von Tribünen begrenztes weites Oval, eine riesige Arena, in welcher den ganzen Tag über die Pferde dem Publikum in der Bewegung unter dem Reiter der Reiterin und angespannt gezeigt wurden. Hier kann man die prämirten Pferde bewundern, welche mit Bändern und Schleifen geschmückt vorgeführt wurden und die ihnen widerfahrene Auszeichnung zu kennen schienen. An diesem Punkte entfaltete sich stets ein interessantes Schauspiel. - Dann folgen die Stallungen der Schaafe und Schweine, welche letztere theilweise kolossale Fleischklumpen beherbergten, die keuchend nach Luft schnappten und enorm von der Wärme zu leiden hatten. - Vom andern Ende des Ausstellungsplatzes ertönt in der Geflügel=Abtheilung ein Gackern, Krähen und Schnattern aus den endlosen Reihen der Käfige, deren einzelne auch aus dem Fürstenthum Ratzeburg bevölkert waren. - Die Fischerei=Ausstellung bot viel des Interessanten. Außer den zur Fischerei nötigen Geräthschaften wurden den Besuchern Fisch=Brutkästen gezeigt und hier war der Lachs in seinen verschiedenen Stadien zu sehen, vom Ei bis zum 30pfündigen Koloß. - Auch dem Bienenwirthe geht das Herz auf, wenn er die zahlreichen zur Bienenwirthschaft nötigen Geräthe, die Wohnungen und Producte seiner kleinen Lieblinge ausgestellt sieht. Diese Abtheilung ist namentlich zahlreich von Damen besucht.


- Kaiserin Elisabeth von Oesterreich ist die tapferste aller Großmütter. Am 30. Juni bestieg sie den sehr steilen Schafberg, den Rigi des Salzkammergutes. Sie legte den ganzen Weg zu Fuße und ohne Bergstock, in der einen Hand den Sonnenschirm, in der andern den Fächer, in 2 Stunden 50 Minuten zurück, was ihr wenige Bergsteiger nachmachen werden. Ihre Hofdame, Gräfin Majlath, ritt ein Maulthier.
- In dem Lande der Erbweisheit ist es den verwittweten Schwägern verboten, eine Schwägerin zu heirathen, auch wenn sie noch so hübsch und liebenswürdig ist. Das Unterhaus gab seine Zustimmung, daß das Gesetz aufgehoben werde, das Oberhaus aber nicht. Die Königin soll seitdem sehr verstimmt gegen die Lords sein; denn man sagt, sie wolle ihre jüngste Tochter mit deren Schwager, dem Großherzog von Darmstadt, verheiraten.

[ => Original lesen: 1883 Nr. 52 Seite 2]

- Seit einigen Tagen sind nun auch die neuen Fünfmarkscheine im Verkehr. Im Großen und Ganzen lehnen sie sich den Entwürfen für die schon seit längerer Zeit circulirenden Zwanzig= und Fünfzig=Markscheinen an. Es ist dasselbe Faserstoffpapier für sie verwendet, wie für die größere Werthe repräsentirenden Scheine, die Wertangabe befindet sich auf der Rückseite ebenfalls in rothem Druck und Altdeutschen Typen auf flatterndem Bande. Was aber diesen Schein in den Augen des sittenstrengen Besitzers einen wesentlichen Vorzug geben wird, das dürfte die hier bekundete Rücksichtnahme auf die Bedenken sein, welche bezüglich der Zwanzig=Markscheine geäußert wurden. An Stelle der etwas zu paradisch gehaltenem Knaben tritt hier ein in Eisenhüllen schreitender Landsknecht auf, auch das prüdeste Gemüth wird an ihm keinen Anstoß nehmen können. Die Kassirer der Reichsbank werden bei der Verausgabung von Geldbeträgen fortan gut thun, sich ihre Kunden näher anzusehen. Aeltere Personen, die möglicherweise Töchter haben könnten, dürften sie die zur Erhebung gelangenden Beträge nur in Fünfmarkscheinen auszahlen. Uebrigens hat kein Land der Welt jetzt gerade für geringe Werthe so schöne Kassenscheine wie Deutschland.
- Dem Siebenschläfertag (27. Juni), welcher im Volke ein so hohes Ansehen als Wetterverkündiger genießt, rückt Dr. Aßmann in der "Magdeb. Ztg." mit Zahlen entgegen. Bekanntlich zählt man den Siebenschläfertag zu den sog. Loostagen, und der Volksmund behauptet, daß wenn es am Siebenschläfer regne, so regne es sieben Tage lang. Andere aber wollen gar diese Regenperiode auf die nachfolgenden sieben Wochen ausgedehnt wissen. Dr. Aßmann hat nun die Witterung der letzten siebzehn Jahre einer Betrachtung unterworfen und kommt zu dem Schlusse, es sei sogar im Verlauf dieser Jahre eine etwas größere Wahrscheinlichkeit vorhanden gewesen, daß einem trocknen Siebenschläfer eine Regenperiode folgen werde, als dies bei einem regnerischen Tage der Fall war. Aehnlich verhält es sich mit der Lesart, welche sieben Wochen Regenwetter nach dem regnerischen Siebenschläfer verlangt. Im Durchschnitt von 6 Jahren, in denen der Siebenschläfer Regen brachte, hatte die diesem folgende Woche nur 2,9 statt 7 Regentage. In den 11 Jahren, in denen der Siebenschläfer trocken war, war dagegen der Durchschnitt der Regentage in der nächsten Woche etwas höher, nämlich 2,5. Auf die sieben folgenden Wochen stellte sich das Ergebniß so, daß in diesen nach dem Siebenschläfer mit Regen 12,9 Regentage, in den Wochen nach einem Siebenschläfer ohne Regen 13,4 Regen folgten.
- Feuerproben im strengsten Sinn macht der Wiener Ingenieur Schella. Er geht angethan mit seinem Feuertauchaparrat getrost in's größte Flammenmeer. Sechs Riesenscheiterhaufen werden von vier Klaftern Holz gebildet, die mit Pech, Schwefel, und theergetränkten Hobelspänen ausgefüllt sind und mit Petroleum begossen werden; er bleibt in diesem Scheiterhaufen ohne Glasplatte und mit freien Augen So lange, bis das ganze Holz niedergebrannt ist und geht vollständig unverletzt heraus. Kaiser Wilhelm hat einer solchen Probe beigewohnt und gesagt: Man muß das sehen und staunen, wie weit es die neuen Erfindungen gebracht haben.
- Gute Christen haben einen Onkel Bischof oder Papst gern 1) wegen der hohen Ehre und 2) weil solche Herren meistens etwas weltliches zurücklegen können. Wie haben sich die Verwandten des wailand Cardinals Antonelli in Rom um die fette Erbschaft gestritten, und die Erben Pius IX. haben sogar um die jährlichen 3 1/2 Mill. Lire Civilliste Prozeß geführt, die der italienische Staat dem Papst verwilligt hatte. Sie haben aber den Prozeß verloren, weil Pius IX. dieses Geld niemals angenommen und erhoben hat, es also auch nicht in seinem persönlichen Besitz gehabt habt.
- Passau, 27. Juni. Ueber die beherzte That eines Mädchens, wodurch ein schreckliches Unglück verhütet worden, schreibt die Donau=Ztg.: Als vorgestern Abend der Courierzug von hier abgelassen wurde, wollte in Seestetten noch ein Dienstknecht mit einem schwerem Holzfuhrwerk die dortige Ueberfahrtsstelle benützen, blieb aber auf dem Schienengeleise stecken und konnte nicht mehr weiter. Die 17jährige Tochter des dort stationirten Bahnwärters, welche für ihren Vater Nachtdienst versah, wollte die Barrière schließen, gewahrte die Gefahr und lief mit der Laterne dem heranbrausenden Zug entgegen. Der Locomotivführer, aufmerksam auf die abwehrenden Bewegungen mit dem Lichte, gab Contredampf, und brachte den Zug noch vor dem drohenden Hindernisse zum Stehen wodurch das Unglück vermieden wurde.
- Das Bier im Hofbräu in München ist nicht gerathen, daher großer Jammer, aber kein Katzenjammer; sogar der Braumeister jammert. Er hat gekündigt, weil ihm Hopfen und Malz u. s. w. zu knapp zugemessen würde.
- Die Grenzen zwischen Sparsamkeit und Geiz sind schwer zu ziehen und kaum sicher festzustellen. Eine junge Dame, heimlich verlobt in Carlsbad, bemerkte auf der Heimreise, von der Mutter und ihrem Verlobten begleitet, daß Letzterer auf einer Haltestation eine Cigarre halb rauchte, dann sorgfältig löschte und den Rest, vorsichtig in Papier gewickelt, zu sich steckte. Von diesem Augenblicke an erkaltete mit der Cigarre ihre Liebe. Sie beharrte trotz aller Gegenvorstellung bei ihrem Rücktritt von der Verlobung, weil - die geizigen Ehemänner die schlechtesten seien. War die Sparsamkeit nun löblich oder übertrieben? Vielleicht hängt es von der Feinheit der Cigarre ab.
- Die Mädchen in Hardanger in Norwegen dürfen sich nicht eher Verloben, bis sie spinnen, stricken und backen können. Man sagt, daß dort alle Mädchen, die 16 Jahre alt sind, meisterhaft Flachs spinnen, Strümpfe stricken und Brod backen. Wie merkwürdig vernünftige Vorschriften doch manchmal Völker haben, die von der Cultur noch nicht sehr beleckt sind.
- An einer Spanierin, die dieser Tage mit der Eisenbahn nach München kam, soll Carlsbald Wunder thun und Berge versetzen. Sie war so groß und dick, daß sie nicht gehen und stehen konnte und auf einem Kofferträgerwagen von einem Zug zum andern gebracht werden mußte.
- Zwei Heumacher in der Rhön unterhielten sich beim Mähen darüber, wie doch in der Welt die Gaben so ungleich ausgetheilt seien. "Ich wollt', ich wär' e Kaiser", sagte der eine. - "No, Henner, was thätste denn do mache? - fragte der Andere. - "Ich", sagte Henner, "ich thät mich auf den Heibooder (Heuboden) legen und Tabak kaue."
- Viele Czechen im Böhmerland fahren nach Constanz, um ihren Landsmann Johann Huß zu feiern, der am 6. Juli 1415 dort auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden ist.
- In Aachen brach am Peter= und Pauls=Tage in der großen chemischen Fabrik von Monheim Feuer aus und legte schnell das große mit leicht entzündlichen Stoffen gefüllte Haus und die Nachbarhäuser in Asche. Der Wind trieb die brennenden Benzin=Papiermassen durch die Luft in entfernte Straßen und auch auf das Dach und die Thürme des altberühmten Rathhauses. Dachstuhl und beide Thürme wurden ein Raub der Flammen, der Kaisersaal aber mit seinen herrlichen und unersetzlichen Alterthümern wurde gerettet. Die berühmten Freskobilder Rethels sind nur wenig beschädigt und das weltberühmte Bild Kaiser Carls des Großen wurde in den unteren Gewölben in Sicherheit gebracht.
- Ein Gespräch auf See. Zwei Schiffe begegnen sich in der Nordsee auf Hörweite und reden sich durchs Sprachrohr folgendermaßen an: "Wo kommst Du her?" - "Von Hull"! - "Watt hest Du loden?" - "Wull!" - "Wie is de Fracht?" - "Vull!" - "Wie heit dat Schipp?" - "John Bull!" - "Und der Kaptein?" - "Krull." - Da schreit der Fragesteller wüthend zurück: "Minsch, Du bist wul dull!"


Erstes allgemeines deutsches Kriegerfest.

Hamburg, 1. Juli. Hamburg hüllte sich gestern Abend in einen unbeschreiblichen Festjubel. Der Verkehr flutete unter den Guirlanden und Festons in allen Hauptstraßen vor festlich dekorirten und hell illuminirten Schaufenstern der Läden mit geradezu undurchdringlichen Massen. Die Straßenbahn mußte ihre Fahrten einstellen und theilweise war ein Wagenverkehr überhaupt untersagt. Als ob sich hier Völker ein Rendevous gegeben hätten. So wogten die Menschenmengen unübersehbar hin und her. Die Bahnhöfe blieben unausgesetzt im großen Umkreise umlagert. Immer von Neuem langten Extrazüge noch aus allen Himmelsrichtungen mit Kriegervereinen an und immer von Neuem schoben sich deren Einzüge mit klingendem Spiel und unter dem Gesang patriotischer Lieder, voran Schutzmannschaften zu Pferde, durch die übervölkerten Straßen. Alle Hotels, Restaurants, Kaffees

[ => Original lesen: 1883 Nr. 52 Seite 3]

waren überfüllt. Morgens um 6. Uhr durchzogen Kapellen der Kriegervereine, die Reveille spielend, die Straßen. Fleißige Hände hatten den Schmuck des Denkmals über Nacht beendet und mit Laubguirlanden umkränzt und rings umher einen Teppich von Epheulaub ausgebreitet. Mit ihren Fahnen nahmen die Deputationen im Halbkreis Aufstellung vor dem sinnigen Denkmal zur Weihe der Erinnerung an die gefallenen Kameraden, es waren Augenblicke, die alle Festtöne und den lauten Jubel verstummen ließen. Auf hohem Postament aus Granit erhob sich ein Friedensgenius, der mit Palme und Lorbeer drei gefallene Krieger steckt. Der Gesang von 2 Strophen des Liedes: "Es ist bestimmt in Gottes Rath", eröffnete den ersten Festakt unter der Sonne des heutigen Tages. Ein alter Kamerad, Herr Holzappel, feierte sodann in kurzen warmen Worten das Andenken der für das Vaterland gefallenen Söhne Hamburgs, zu deren Ehren die Stadt dieses Denkbild errichtet hat. Zu seinen Füßen legten darauf die Deputationen Lorbeerkranze nieder, während sich die Fahnen Senkten und ein Choral die Feier beschloß. Vom Denkmal gings sodann unter Anschluß aller Vereine hinaus auf die Bürgerweide zum Feldgottesdienste. Unter einer Gruppe von Bäumen war hier ein Altar errichtet, zu dessen Seiten sich eine Flaggenpyramide erhob, die sich wieder mit Eichenlaub und Blumenguirlanden zu Gruppen von Trommeln, Kugeln und anderen Feldzeichen verband. Das gesammte Reserveoffizierkorps hatte mit dem Senate Aufstellung vor dem Altar genommen, während im großen Halbkreise sich hieran die Krieger mit ihren Fahnen und an diese schließlich das Publikum unübersehbar Kopf an Kopf gedrängt anschloß. Herr Dr. Fette früher Divisionspfarrer, hielt, nachdem der vieltausendstimmige Ambrosianische Lohgesang verklungen war, eine alle Herzen aufs Tiefste bewegende Predigt.
Um 12 Uhr versammelten sich die Gruppen des Festzuges vor dem Steinthor, um von hier aus den Weg durch die flaggen= und blumendurchwogten Straßen nach der Festhalle auf der Moorweide zu nehmen. In Strömen hatte sich das Publikum, wie der "Post" berichtet wird, vom Feldgottesdienste sogleich überall dorthin begeben, wo er passiren und sichtbar werden sollte. "Sie kommen! Sie kommen!" Dieser Ruf setzte sich blitzschnell in den Reihen fort, als vor der ersten großen Ehrenpforte eine Kavalkade von Polizeioffizieren und gleich hinter diesen 3 Herolde mit dem Marschallstab, dem Hamburger Banner in Begleitung von schmetternden Fanfarenbläsern in rothen Kostümen sichtbar wurden. Es folgten dieser Spitze des Aufzuges zunächst die Equipagen des Festausschusses und als erste historische Gruppe nun begrüßt von lauten Hurrahrufen, die Hamburger Turnerschaft von 1816, der älteste deutsche Turnverein, mit dem alten Banner, welches einem laubbekrenzten und mit den Enblemen der Turnkunst sinnig geschmückten Wagen, auf welchem sich die Büste Jahns aus dem Eichenlaub erhob, vorangetragen wurde. Als zweite Gruppe folgte der reichgeschmückte Festwagen der Hammonia, dem Herolde mit dem Hammonia-Banner vorausritten, während als die Schutzbefohlenen dieser Göttin in historischer, malerischer, noch heute sittengemäßer Tracht, Vierländer und Vierländerinnen und Hamburger folgten. Hammonia sitzt in Goldgewänder gekleidet auf dem Throne, der aus den Schätzen ferner Länder aufgebaut ist, während sich zu ihren Füßen fünf andere Jungfrauen der Stadt mit prunkenden Attributen, die fünf Weltteile darstellend, malerisch gelagert haben Merkur und der Schutzgott des Verkehrs, den Triumpfwagen lenkt. Wir sehen in diesem Bilde die Größe und Herrschaft Hamburgs simbolisirt. Die dritte Gruppe führte uns in einem malerischen Pêle-Mêle die Gewerke Hamburgs vor. Zu ihr gehörten ebenfalls Herolde und Bannerträger. Es folgten verschiedene Gewerke attributirt, aber meist scherzhaft ausgestattet, aus denen die Brauer mit einem großen Festwagen des Gambrinus, zu dessen Seiten Herolde und Trabanten einherschritten, der Festwagen der Schiffahrt, welcher eine vollständig aufgetakelte Brigg mit voller Besatzung, im Flaggenschmuck prangend, vorbeiführte, der Festwagen des Schlossergewerbes, eine Schlosserwerkstätte darstellend, und der der Tischler in Gestalt eines Pavillons mit einer Kunsttischlerwerkstätte, zur Seite Meister in altdeutscher Tracht die fesselndsten Erscheinungen waren. Die vierte und besonders das Jubeln und die Hurrahs herausfordernde Gruppe war die ehemalige Hamburger Bürgergarde in allen Waffengattungen dargestellt, welche lebhafte Erinnerungen an die merkwürdige Zeit der Befreiungskriege, vor Allem aber an die hanseatische Legion bei den Hamburgern wachrufen mochte. Stürmische Hurrahs erfüllten die Luft, als der letzte noch lebende Zeuge jener großen Zeit, ein Greislein mit Silberhaaren, in der Equipage inmitten eines Jägercorps, sichtbar wurde. Weiter folgten als 5. Gruppe zu Fuß und beritten Truppentheile aus dem 17. und 18. Jahrhundert, ein farbenprächtiges Bild. Es folgte eine elegante Kavalkade von Renz: deutsche Ritter mit Rüstung und Waffen bewehrt. Landsknechte, Knappen, Edelleute und Edelfrauen auf prächtigen Zeltern, dann ein Zug von Amazonen aus den Damen des Circus gebildet, in weißen Atlaskostümen, goldenen Helmen mit silbernen Schilden und Lanzen, um die Brust aber eine schwarz=weiß=rothe Schärpe und schließlich deutsche Reiter aus dem Mittelalter ohne Rüstung im ledernen Wams. Eine 6. Gruppe führte uns alle nord= und süddeutschen Kriegervereine vor. Als 7. schloß sich ihr der Festwagen der Provinz Schleswig=Holstein an. Eine 8. Gruppe ist schließlich die Wacht am Rhein. Wir sehen einen Triumphwagen, dem Herolde mit Fahnen 1870/71 voranreiten, den Wagen von Gold und Waffen strotzend, aber ein Friedensengel (ebenfalls durch eine junge Dame dargestellt) auf ihm thronend, dem Genien huldigen, welche Rosen auf den Weg streuen etc. Das Ensemble des Zuges war sehr malerisch und farbenprächtig, erhöht im Effekt durch die große Zahl der auf das sorgfältigste vorbereiteten, von Künstlerhand entworfenen und arrangirten Festwagen, die allegorisch die Feier verherrlichen sollen. Der Eindruck dieses vielgestaltigen Bildes wird sicher allen Festtheilnehmern unvergeßlich bleiben. Nach einer zweistündigen Wanderung langten die Spitzenherolde vor der Thorburg des Festplatzes an, nachdem der Zug hier noch einmal vor den Spitzen der Stadt defilirt hatte, die eine Tribüne im alterthümlichen Satteldache der Thorburg inne hatte.
Auf dem Eckplatze auf der Moorweide herrschte lange bevor der Festzug eintraf, ein reges Lehen. Wohl noch nie ist eine solche Menschenmasse, wie am heutigen Tage dort beisammen gewesen, und auch hierbei muß betont werden, daß alles in bester Ruhe und Ordnung und einer unverwüstlichen Gemüthlichkeit, welche letztere namentlich in den Abendstunden ihren Höhepunkt erreichte, verlief. Der Jubel der Menge machte sich in brausenden Hurrahs Luft, als die ersten Festgäste des Zuges auf dem Platze eintrafen, und nun erst begann ein Leben, wie es bunter und mannigfaltiger kaum gedacht werden kann. Gegen halb neun Uhr Abends zog sich ein großer Theil der Festtheilnehmer in die große Halle zurück, um an dem programmäßig festgesetzten Kommers theilzunehmen. Die erste offizielle Begrüßung fand durch ein Komitemitglied Herrn S. Steinberg statt, der zum Schluß derselben ein Hoch auf den obersten Kriegsherrn, Se. Majestät den Kaiser, ausbrachte, in das die Anwesenden begeistert einstimmten. Eine Militärkapelle füllte die Pausen durch das Abspielen patriotischer Melodien, denen namentlich die des Liedes "Schleswig=Holstein mehrumschlungen" auf Verlangen vielfach wiederholt werden mußte. Der Vorsitzende des litterarischen Ausschusses kommandirte hierauf dem "H. C." zufolge einen Kriegssalamander nach folgenden Kommandos: "Achtung! Es steigt ein Kriegssalamander auf das Wohl Sr. Majestät Wilhelm I., Kaiser von Deutschland und Königs von Preußen! - Bataillon soll chargiren! - mit Bataillonen chargirt! - Fertig! - Legt an! - Feuer! Bataillon marsch! - Zur Attake Gewehr rechts! - Hurrah! - Halt! - Eins! zwei! drei.! ! - Unter den Liedern die abgespielt und gesungen wurden, mögen nur erwähnt sein: "Heil Dir im Siegeskranz", "Deutschland, Deutschland über Alles", "Auf Hamburgs Wohlergehen", "Es braust ein Ruf wie Donnerhall" und "Deutsches Weib, Du wundergleiches". Zwischen den einzelnen Gesängen wurden noch von einigen Festtheilnehmern Reden gehalten, die aber bei der auf den Höhepunkt gekommenen Feststimmung zum Theil überhört wurden oder doch unverständlich blieben. Dieses bunte Leben währte bis zum frühen Morgen, wo sich dann die Gäste und sonstigen Festtheilnehmer allmählig verloren und ihren Wohnungen zueilten.


Anzeigen.

Eisenbahn    Mecklenb. Friedrich-Franz-Eisenbahn.

Zur Erleichterung des Besuches der Mecklenburgischen Landes=Gewerbe= und Industrie=Ausstellung

Sonntag den 8. Juli

Beförderung in II. und III. Wagenklasse mit den fahrplanmäßigen Zügen, ausschließlich der Schnellzüge, von allen diesseitigen Stationen nach Schwerin und zurück zum einfachen Fahrpreise auf Doppelbillets, welche zur Rückfahrt auch an dem der Lösung folgenden Tage berechtigen.

Freigepäck wird nicht gewährt.
Die Direction.


Am 5. Juli cr. habe ich in Lübeck eine Gastwirtschaft eröffnet, belegen an der Trave, vom Bahnhofe aus rechts von der Holsterstraße, Nr. 372.
Freunden und Gönnern diese Anzeige mit dem ergebensten Ersuchen mich gütigst mit ihren Besuchen beehren zu wollen.
Lübeck, den 6. Juli 1883.

                                                    Fritz Wieschendorf.


Köster's Hotel, Schönberg.
Montag den 9. und Dienstag den 10. Juli
als an den
Königschußtagen
Concert und Vorstellung
der Singspielgesellschaft des
Herrn Gottfr. Lewertoff aus Hamburg
bestehend aus 5 Damen und 2 Herren unter Mitwirkung eines tüchtigen Komikers.


Tanzmusik
in Köster's Hotel am Königschußtagea Tanz 10 Pfg.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 52 Seite 4]

Zu unserm am Montag den 9. und Dienstag den 10. Juli d. Js.stattfindenden

Königschuß

laden wir die geehrten Bewohner von Stadt und Land so höflichst wie ergebenst ein.

Tombola=Loose à 50 Pfennig

sind bei uns zu haben.

Schönberg.
Der Vorstand der Schützenzunft.
Conr. Schultze.      F. Baer.      Joh. Greiff.
Programm:

Zur Vorfeier am Sonntag Nachmittag die üblichen Ständchen. - Von Abends 7 Uhr Concert im Schützenhause. - 10 Uhr Zapfenstreich.
Montag den 9. Juli: Morgens 5 Uhr Reveille durch die Stadt. - Um 7 Uhr Antreten der Schützen vor dem Hause des Kapitains. - Um 8 Uhr Ausmarsch. Nach Ankunft im Schützenhause Beginn des Schießens nach der Königsscheibe und den beiden Gewinnscheiben. - Frühstück bei Tafelmusik. Von Nachmittags 4 Uhr bis Abends 10 Uhr Concert im Schützenhause; Entree für Nichtmitglieder 50 Pfennig à Person. - 10 1/2 Uhr Einmarsch der Schützen=Compagnieen.
Dienstag den 10. Juli: Reveille, Ausmarsch, Schießen, Harmonie wie am Montage. - Nachmittags 4 Uhr

Ziehung der Tombola.

Abends Festball für Stadt= und Landbewohner im Schützenhause gegen Entree für Herren M. 1,50, für Damen 50 Pfennig.
Mittwoch den 11. Juli: Abends von 7 Uhr an im Schützenhause freier Schützenball, nur für Ehren= und Zunftmitglieder, welche als Legitimation die betreffende Medaille mit Schleife zu tragen haben.


Die Agentur der Mecklenburgischen Bank für Schönberg und Umgegend vertreten durch den Unterzeichneten

ist bevollmächtigt und bereit zur directen Vermittlung aller der Mecklenburgischen Bank in Schwerin zu offerirenden Geschäfte: Entgegennahme und Rückzahlung von Geldeinlagen gegen Sparbücher, Schuldverschreibungen u. Baar-Conto-Corrent; Bewilligung von Darlehen und Crediten gegen genügende Sicherheit; Discontirung von Wechseln und gekündigter oder ausgelooster Werthpapiere. An- und Verkauf von Staatspapieren und Börseneffecten.
Die per 1. Juli oder zum Johannistermine fälligen Zinsen können schon vom 15. Juni ab bei mir in Empfang genommen werden.

Schönberg i./M.                                                              Wilhelm Schrep.


Sonnabend Abend Anstich von
Pilsener Bier.
                                                    Aug. Spehr.


Gesucht zum 15. August ein tüchtiges Mädchen, welches mit Küche und Wäsche bescheid weiß. Offerten bittet man einzusenden an

                                                    Emil Neumann Lübeck,                                                    Dampfschiffhafen Nr. 707.


Allen Freunden und Bekannten, welche meiner lieben Frau die letzte Ehre erwiesen, sowie Allen, welche ihren Sarg so reich mit Blumen und Kränzen geschmückt, sage ich hiedurch meinen tiefgefühlten Dank.
Schönberg den 3. Juli 1883.

                                                    M. Fick, Ackerbürger.


Allen, die uns beim Verlust unserer kleinen Tochter Sophie ihre Theilnahme bewiesen, sowie denjenigen die sie zu ihrer Ruhestätte begleitet haben, sagen wir unsern innigsten Dank.
Schönberg den 5. Juli 1883.

W. Böckmann u. Frau.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 8. Juli.

     Frühkirche: Pastor Kaempfer.
     Vormittagskirche: Candidat Nahmmacher.
          Amtswoche: Pastor Langbein.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Montag den 2. Juli 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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