No. 24
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. März
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 1]

Des heil. Osterfestes wegen erscheint die nächste Nummer der Anzeigen am Freitag den 30. März.


      Wenn auf einen Antrag des Schulzen Lenschow, als Eigenthümer der Menzendorfer Schulzenstelle, wegen Genehmigung, den über 2 seiner Koppeln von Grieben nach Lübsee führenden Fuß= und Kirchensteig in der Art verlegen zu dürfen, daß derselbe ferner neben dem Fahrwege wieder in genügender Weise hergestellt wird, nicht allein die Bewohner der Dorfschaften Grieben, Menzenberg und Zehmen, sondern auch die Pfarre zu Lübsee die Zustimmung unter den vereinbarten Bedingungen ertheilt haben, so wird dies zur allgemeinen Kenntniß gebracht, und wird, falls binnen 3 Wochen berechtigte Einsprache dagegen nicht erhoben wird, die Genehmigung der unterzeichneten Behörde ertheilt werden.
      Schönberg, den 14. März 1883.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


      Da zur Kenntniß der unterzeichneten Behörde gekommen, daß sowohl Seitens der Dienstherrschaften wie der Dienstboten vielfach gegen die Verordnung, betreffend die Einführung von Gesinde=Dienstbüchern im Fürstentum Ratzeburg, contravenirt worden, so wird dieselbe hiedurch nachstehend:

Friedrich Wilhelm,
von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg etc.

   Zur Herbeiführung einer besseren Controle über das Gesinde in Unserm Fürstenthum Ratzeburg verordnen Wir wegen Einführung von Gesinde=Dienstbüchern hiedurch das Nachstehende:

§. 1.

      Alle confirmirten Dienstboten, welche nach Johannis dieses Jahres zum ersten Male in den Dienst treten oder den Dienst wechseln, haben vor Antritt des neuen Dienstes bei dem mit diesem Geschäfte von unserer Landvogtei in Schönberg beauftragten Beamten mit einem Dienstbuche sich zu versehen, zu dessen Erlangung sie dem Beamten die erforderliche Nachweisung über ihre persönlichen Verhältnisse zu ertheilen haben. Fremde, welche in unserm Fürstenthume Ratzeburg noch nicht gedient haben, müssen außerdem zur Erwerbung des Dienstbuches eine Bescheinigung der Obrigkeit ihres Geburts= oder letzten Aufenthaltortes über ihr bisheriges gutes Betrages, sowie einen von ihrer Heimathsbehörde ausgestellten Heimathsschein beibringen.
      Der Preis eines aus 48 Seiten bestehenden Dienstbuches beträgt 8 Schilling Courant.

§. 2.

      Das Dienstbuch ist der Herrschaft bei der Anmeldung zum Dienste von dem Gesinde vorzuzeigen und ist von der Herrschaft strenge darauf zu halten, daß dieses geschehe. Bei dem Dienstantritt verzeichnet die Herrschaft mit ihrer Namensunterschrift das Datum des Dienstantritts und die contractliche Dienstzeit in dem Dienstbuche. Ebenso verzeichnet die Herrschaft beim Abgange des Gesindes in dessen Dienstbuche das Datum des Abganges und von welcher Seite die Kündigung stattgefunden. Der Herrschaft bleibt es überlassen, ob sie bei dem Abgange des Gesindes ein Zeugniß über das Verhalten desselben während der Dienstzeit hinzufügen will. Hat jedoch der Dienstbote während seiner Dienstzeit bei einer Herrschaft eine Criminal= oder Polizeistrafe erlitten, so ist die Herrschaft verpflichtet, diese Strafe und das Vergehen, für welches der Dienstbote dieselbe erlitten hat, in dem Dienstbuche zu bemerken.
      Geht das Gesinde außer der Zeit ab, so ist die Ursache von der Herrschaft in das Dienstbuch einzutragen. Wenn Dienstboten beim Antritt eines neuen Dienstes das Dienstbuch nicht vorzeigen oder wenn darin die Bescheinigung des Abganges aus dem letzten Dienste fehlt, so ist die neue Herrschaft zur Annahme des Gesindes nicht verpflichtet.
      Uebertretungen der vorstehenden Vorschriften von Seiten der Herrschaften sowohl, wie des Gesindes werden mit einer Geldstrafe von 1 bis 10 Thlr. Courant, oder im Falle des Unvermögens mit verhältnißmäßigem Gefängniß bestraft.

[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 2]

§. 3.

      Der Verlust eines Dienstbuches ist von dem Dienstboten bei Vermeidung einer Strafe von 1 bis 5 Thlr. Cour., oder verhältnißmäßiger Gefängnisstrafe dem betreffenden Landvogtei=Beamten sofort anzuzeigen und ein neues Dienstbuch, in welchem der Verlust des früheren jedesmal ausdrücklich angemerkt werden muß, zu erwerben.
      Wenn Dienstbücher ganz vollgeschrieben und abgenutzt sind, so sind statt derselben neue zu erwerben, welche den alten anzuheften sind.
Wer sein Dienstbuch absichtlich unleserlich macht, vernichtet, auf die Seite schafft oder Blätter aus demselben reißt, wird nach Befinden der Umstände mit Geld oder Gefängniß bestraft.

§. 4.

      Dienstloses Gesinde hat sich bei Vermeidung polizeilicher Strafe nach seinem Austritt aus dem Dienste sofort nach der Ankunft an dem Orte, an welchem es während seiner Dienstlosigkeit sich aufzuhalten gedenkt, von der Polizeibehörde desselben die Erlaubniß zu dem Aufenthalte daselbst zu erwirken und, daß solche ertheilt, in das Dienstbuch eintragen zu lassen, auch, falls es wieder einen Dienst antreten will, von der gedachten Behörde eine ebenfalls in das Dienstbuch einzutragende Bescheinigung über sein Betragen und seinen Wandel während der Zeit seiner Dienstlosigkeit sich erteilen zu lassen.

§. 5.

      Die in dieser Verordnung gedachten Strafen werden von Unserer Landvogtei in Schönberg erkannt und vollstreckt.
      Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Großherzoglichen Regierungssiegel.
      Gegeben Neustrelitz den 5. April 1862.

Friedrich Wilhelm, G. H. v. M.
(L. S.)                                                                               v. Kardorff.

nochmals zur allgemeinen Kenntniß gebracht.
            Schönberg, den 9. März 1883.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstentums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Nr. 4 des Offic. Anzeigers pro 1883 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
         II. Abtheilung.
     (1.) Bekanntmachung, betreffend die Abänderung der Ausführungsvorschriften zu dem Gesetze vom 1. Juli 1881 wegen Erhebung von Reichsstempelabgaben.
     (2) Bekanntmachung, betreffend die Durchschnittspreise des Monats Februar 1883.
     (3.) Bekanntmachung, betreffend den Weltpostverein.
         III. Abtheilung.
     Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben den Amtsrichter von Düring in Neubrandenburg zum Landgerichtsrathe beim hiesigen Großherzoglichen      Landgerichte von Ostern d. J. ab zu ernennen geruht.
          Neustrelitz, den 13. März 1883.


Politische Rundschau.

Durch Kaiserliche Ordre hat der Chef der Admiralität von Stosch die nachgesuchte Entlassung erhalten und an seine Stelle den General=Lieutenant von Caprici berufen.
Der bekannte Münchner Gelehrte v. Riehl hat einen interessanten Vortrag über den deutschen Norden und Süden gehalten. Aus der südwestlichen Ecke Deutschlands, aus dem alten Schwaben, da breitete sich die deutsche Cultur aus. Von hier gingen die mächtigsten Herrschergeschlechter aus, die Hohenstaufen, die Habsburger und Hohenzollern, hier hatten die größten Gelehrten des Mittelalters, die namhaftesten Minne= und Meistersänger und die Kunst ihre Heimath, es war das alte Reichsland mit den zahlreichen Reichsstädten. Die Reformation gab den ersten Anstoß, den Schwerpunkt Deutschlands, der im Mittelalter im Westen und Süden war, nach Norden zu verlegen. Wohl uns, daß der Protestantismus nicht auf den Norden beschränkt blieb, sondern sich mächtig nach Süden ausbreitete; wohl uns, daß auch der Katholizismus nach Norden durch Rheinland und Westphalen eindrang, es hätte sonst einen unheilbaren Bruch zwischen Nord und Süd gegeben. Mit der Reformation entwickelte sich im Norden ein äußerst reges geistiges Leben. Folge davon war, daß der Buchhandel aus jener Ecke Deutschlands, wo die Buchdruckerkunst erfunden wurde, aus Frankfurt am Main, in die Hände Leipzigs überging. Riehl zog interessante Vergleiche zwischen Wien und Berlin. Wien nannte er die geschichtliche, Berlin die moderne Großstadt. Wien sei auch ohne österreichische Monarchie denkbar, nicht aber Berlin. In Wien erinnern die Denkmäler des Erzherzogs Carl und des Prinzen Eugen an die Vertheidigung, die Denkmäler des großen Kurfürsten, Friedrichs des Großen und die Siegessäule in Berlin zeigen den kräftigen Angriff. Der süddeutsche Adel mit Ausnahme der Dynastengeschlechter aus dem Bauernstand, ist aus demselben Volksthum hervorgegangen, im Norden war der Adel größtentheils deutsch und die Bauern waren besiegte Sclaven, die der Adel zu deutschen umschuf. Im Norden lernte man Befehlen und Gehorchen, im Süden nicht. So war es dem Norden, der Macht Preußens vorbehalten, die alte Machtstellung Deutschlands wieder zu begründen, Preußen konnte aber erst dann zu dieser Bedeutung gelangen, seitdem es den Rhein, den Westen gewann. Wer hätte geglaubt, daß das deutsche Volk, das so oft an den Rand des Verderbens war, sich wieder aufraffen und mächtig werden könnte? Das hat allein unsere tiefberechtigte Mannigfaltigkeit gethan, der sich gegenseitig ergänzende Nord und Süd und die unserm Volke innewohnenden Eigenthümlichkeiten.
Der preußische Landtag ist bis zum 15. April vertagt worden.
Sämmtlichen Offizieren in Oesterreich ist der Befehl zugegangen, auch im außerdienstlichen öffentlichen Verkehr untereinander sich nur der deutschen Sprache zu bedienen. Es scheint den Herren hoch oben selber etwas bange zu werden.
Englische Zeitungen bringen aus New=York vom 16. d. die folgende unglaubwürdige Nachricht: "Fürst Bismarck unterhandelt gegenwärtig wegen Ankauf von 10 Mill. Morgen Land in Mexiko zur Einrichtung deutscher Colonien. Eine Million Morgen sind durch den Agenten Dr. Bedlack, welcher am Dienstag an Bord der "Arizona" abreist, um den Plan zu vervollständigen, angekauft worden. Ein englisches Syndicat ist ebenfalls an dem Project interessirt."
Der Verlauf des 18. März in Paris hat auf's Neue die Wahrheit des Erfahrungssatzes bewiesen, daß angesagte Revolutionen stets ungefährlich zu sein pflegen. Die seitens der Regierung bei den früheren Anlässen bekundete Energie, die Einsicht, daß dieselbe entschlossen sei jede Ausschreitung zu unterdrücken, der Umstand, daß die Pariser Garnison auch nicht die leisesten Sympathien für die anarchischen Bestrebungen zeigt, haben der Agitation der communistischen Parteiführer jeden Einfluß entzogen. Das aber konnte man allerdings nicht voraussehen, daß während des ganzes Tages auch nicht

[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 3]

einmal der Versuch zur Demonstration gemacht werden würde und doch ist dieser Fall eingetreten.


- Vom Wetter. Ganz Ober= und Unteritalien liegt im Schnee. Ein Schneesturm, wie er dort vor einigen Tagen herrschte, ist seit Menschengedenken nicht dagewesen. In Turin mußte aller Wagenverkehr eingestellt werden; zur Fortschaffung einer Droschke bedurfte man vier Pferde. - In der Schweiz, wo im Februar schon die Veilchen blühten, ist der Winter ebenfalls wieder eingekehrt und hat alles im Schnee begraben. - Ein gleiches ungewöhnliches Wetter herrscht in ganz Deutschland.
- In Kassel ist man einer im größeren Maßstabe betriebenen Fälschung von Briefmarken auf die Spur gekommen. Bei zwei dortigen Engros=Geschäften in Kurzwaaren, Besatzartikeln etc. bestellte seit einiger Zeit ein neugeworbener Kunde - angeblich in Elberfeld - wiederholt kleinere Waarenposten und fügte immer den Betrag in Marken bei. Fiel dies auch wohl auf, so achtete man doch nicht weiter darauf. Zufälligerweise erhielt aber das eine Haus davon Kenntniß, daß auch das andere derartige Aufträge in gleicher Weise erhielt und durch gleiche Münze bezahlt wurde. Man ging auf die Sache näher ein, und ermittelte, daß es sich um ein und dieselbe Persönlichkeit handelte. In Folge dessen wurden die Freimarken dem Postamte vorgelegt und dieses stellte alsbald fest, daß es gefälschte Wertzeichen waren. Der Telegraph spielte und nach kurzer Zeit kam die Nachricht zurück, daß die betreffende Persönlichkeit, angeblich ein Lithograph, schon hinter Schloß und Riegel sitze.
- Diese Briefmarken=Fälschungsaffaire, so liest man in der "Barmer Ztg.", nimmt täglich größere Dimensionen an. Nach den darüber cursirenden Gerüchten soll das Geschäft schon seit zwei Jahren schwungvoll betrieben worden sein, und sollen die durch Ankauf von Waaren, Bezahlung von Rechnungen etc. in den Verkehr gebrachten gefälschten Marken die Summe von 67,000 Mark repräsentiren. Hiervon soll eine Firma in Langerfeld den Hauptbetrag bezogen haben. Die Inhaber dieser Firma sind denn auch bereits verhaftet und in's Elberfelder Arresthaus transportirt worden. Auch ein mit dieser Firma in Verbindung stehender Kaufmann in Hagen soll verhaftet worden sein und auf einen flüchtigen Agenten, der auswärts den Vertrieb hatte, wird gefahndet. Haussuchungen und Beschlagnahmen sind in der Sache vielfach erfolgt.

Fortsetzung in der Beilage.


Anzeigen.

Am Dienstag den 27. März d. J. Vormittags 10 Uhr sollen im Gastwirth Boye'schen Locale in Schönberg

verschiedene Mobilien als Tische, Stühle, Schränke, sowie 1 Hobelbank, Zimmermannsgeräthschaften, Mannskleidungsstücke, auch
                          40 Kisten gute Zigarren
und viele andere Sachen
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.       


Holz=Auction Nr. 32.

Am Mittwoch den 28. März Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

1. Lenschower Tannen.

202 Rmt. tannen Kluft
43 Rmt. tannen Knüppel
33 Rmt. tannen Rodestämme
11 Rmt tannen Späne.

2. Herrenburger Tannen und Schonung.

14 Rmt. tannen Kluft
13 Rmt tannen Knüppel
10 Rmt tannen Rodestämme
42 Fuder tannen Durchforstholz von Bohnenstangen als Hopfenstangenstärke.

3. Wahrsower und Duvenester Tannen.

12 Rmt. tannen Kluft und Knüppel
10 Rmt. tannen Rodestämme.

Schönberg, den 19. März 1883.

Der Oberförster:                    
C. Hottelet.          


Holz=Auction

Am Dienstag den 27. a. c. Vormittags 10 Uhr anfangend, sollen auf dem Holzlagerplatz Nr. 12 bei der Wrackbude ca. 3700 Dutz föhren und grän

Wahl= und ebenkant. Bretter

in öffentlicher Auction meistbietend verkauft werden. Verzeichnisse sind, soweit der Vorrath reicht beim Unterzeichneten gratis zu erhalten.

                                                    G. Olrogge,
                                                    beeideter Auctionator.

Lübeck den 16. März 1883.


Oeffentliche Versteigerung.

Am Dienstag, den 27. März d. Js., von Vormittags 9 Uhr an, sollen die zur Kaufmann Tiessen'schen Concursmasse gehörigen Sachen, als:

1 Silberschrank, 1 gr. Schreibtisch, 1 Sopha, 6 Polsterstühle, 1 Regulator, 1 Spiegel, 1 Nähtisch, 1 Waschtisch, diverse andere Tische und Stühle, silberne Eß= und Teelöffel, 1 goldene Damen=Remontoir=Uhr, 1 silberne Taschenuhr, Bett=, Leinen= und Kleiderzeug, 1 kupferner Kessel und sonstige Sachen;
ferner am Donnerstag, den 29. und Freitag, den 30. März d. Js. von Vormittags 9, resp. Nachmittags 2 Uhr an die vorhandenen Material= und Kurz=Waaren, als:
Kaffee, Reis, Zucker, Syrub, Rosinen, Bonbons, Nudeln, Pflaumen, Kartoffelmehl, Gewürze, Käse, Seife, Soda Taback, Wagenfett, Thran, Leinöl, diverse Farben, verschiedene Weine, Cognac, Passe Partout, Kümmel, Glas= und Porcellan=Sachen, Handstöcke, Bürsten, Maurerquäste, Haarbesen, Fensterquäste, Spaten, Band, Zwirn u. dgl. m.
öffentlich meistbietend gegen sofortige Zahlung versteigert werden.
Rehna, im März 1883.

Der Concursverwalter.
                                                    Heinr. Schreiber.


Gewerbe-Verein.
Dienstag den 27. März cr. findet im Vereinslokale Nachmittags von 3 - 6 Uhr eine
Ausstellung
von Lehrlingsarbeiten
statt, Abends 8 Uhr ebendaselbst Versammlung.


Tapeten und Borden
zu Fabrik=Preisen
                                                    empfiehlt
H. E. Peters.


Während der Festtage
Erlanger Bier
vom Faß.
                          W. Wieschendorf.


In den nächsten Tagen erwarte ich einige Ladungen

bester böhm. Braunkohlen und bester westpfählischer Steinkohlen
die ich ab Bahnhof zu liefern billigstens empfehle.

Aug. Spehr.       


Am 2. Ostertag
Tanzmusik
wozu ergebenst einladet                          
Carlow.                                                     J. Eckmann.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 4]

Mecklenburgische Lebensversicherungs- und Spar-Bank in Schwerin.
Das unterzeichnete Direktorium bringt hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß dem
Herrn Moritz Stein in Ratzeburg
eine Agentur der Mecklenburgischen Lebensversicherungs= und Spar=Bank für                          
Ratzeburg und Umgegend

übertragen ist. Derselbe ist berechtigt zur Entgegennahme von Lebens= und Leibrenten=Versicherungs=Anträgen, von Geldeinlagen, sowie zur Vermittelung von Darlehnen= und allen Bank=Kommissions=Geschäften.
Schwerin , den 17. März 1883.

Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank.
Aug. Kirchner,                                                     C. L. F. Soltau,
    Direktor.                                                     General=Bevollmächtigter.


Freunden einer geistig anregenden und unterhaltenden Lektüre

kann mit vollem Recht das "Deutsche Montagsblatt" empfohlen werden. Diese durch und durch originelle literarische politische Wochenschrift welche die hervorragendsten deutschen Schriftsteller zu ihren Mitarbeitern zählt, enthält eine Fülle geistvoll geschriebener Artikel, die ein treues Spiegelbild der politischen, literarischen und künstlerischen Strebungen unserer Tage darstellen. Jede neu auftauchende Frage, jede neue Erscheinung in Wissenschaft, Politik, Kunst und Leben findet im "Deutschen Montags=Blatt" unparteiische und erschöpfende Behandlung, während die gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart in elegantester Form interessante Beleuchtung erfahren. Belletrische Feuilletons und Humoresken sorgen für die Unterhaltung der Leser.
Diese literarisch=politische Zeitschrift ersten Ranges, welche am zeitungslosen Tage, dem Montag, erscheint, verbindet die Vorzüge einer unterhaltenden und anregenden Wochenschrift mit denen einer wohlinformirten, reich mit Nachrichten aus erster Quelle ausgestatteten Zeitung, und so entspricht das "Deutsche Montags=Blatt" in seiner Doppel=Natur einem entschiedenen Bedürfniß des gebildeten Lesepublikums, wofür die große Verbreitung den besten Beweis liefert.
Alle Reichspostanstalten und Buchhandlungen nehmen Abonnements zum Preise von 2 Mark 50 Pfg. pro Quartal entgegen. Zur Begegnung von Verwechselungen verweise man bei Postbestellungen auf Nr 1352 der Post=Zeitungs=Preisliste pro 1883. Probe=Nummern versendet gratis und franco die Expedition des "Deutschen Montags=Blatt", Berlin SW.


Allgem. Gesellenkrankenkasse.

Die Einzahlung des vierteljährigen Beitrages von Ostern bis Johannis cr. geschieht am

Sonntag den 1. April,
von Nachmittags 3-5 Uhr
im Lokale des Herrn Gastwirth Krüger hierselbst.
Gleichzeitig Wahl eines Beisitzenden.
                          
Schönberg im März 1883.
                                                    Der Vorstand.


Wohnungsveränderung.
Meine geehrten Kunden die ergebene Anzeige, daß ich von jetzt an, bei der Wwe. Kähler
Siemzerstraße Nr. 132 wohne.
                                                    Achtungsvoll
                                                    H. Fahrenkrug,
                                                    Schlosser.


Honig,
vorzüglich schön in Geschmack, empfiehlt                          
Carlow.                           J. Rieckhoff.


Einsetzen künstlicher Zähne,
Reinhard. Hamburg.
Sonntag und Montag zu sprechen.
Schönberg, Kalter=Damm 4.


Heute u. während der Festtage
Bock=Bier
vom Faß.
                                                    J. Boye.


In Kösters Hotel
am 2. Ostertag
Tanzmusik
a Tanz 10 Pfennig.


Mein                          
Tapeten & Rouleaux-Geschäft

ist verlegt nach der Herrenstraße Nr. 5 (früher Hinrichscher Laden).

Ratzeburg.                                                     W. Meyer Sohn.


Kirchliche Nachrichten.
Charfreitag.

     Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
     Nachmittagskirche: Rektor Woisin.

1. Ostertag.

     Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.

2. Ostertag.

     Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
          Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 22. März.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 24 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 23. März 1883.


- Zur Briefmarken=Fälschungs=Affaire schreibt des Weiteren die "Barmer Ztg.", daß einer der verhafteten Langenfelder Fabrikanten ein unumfassendes Geständniß abgelegt haben soll. Darnach hätte derselbe im Ganzen für 53,000 M. Marken von Riechers übernommen. Für 40,000 M. Marken sollen davon nach der Verhaftung von Riechers verbrannt worden sein. Bei Riechers selbst sollen für 63,000 M. Marken vorgefunden worden sein. Wie es heißt, wären Mädchen aus Köln bei der Herstellung der Marken mit beschäftigt gewesen. Auch ein anderer Lithograph in Barmen ist nachträglich noch verhaftet worden.
- In der Gegend von Elberfeld sind abermals eine große Anzahl falscher 50 Markscheine zum Vorschein gekommen. Sie sind den 1874 ausgefertigten Reichscassenscheinen nachgemacht und mit Ser. VIII, Fol. 37, Lit. D. bezeichnet. Auf die Entdeckung der Verfertiger hat die Reichsschuldenverwaltung eine hohe Belohnung ausgesetzt.
- Zur Frage der Arbeitsbücher macht der Buchdrucker Lehmann in Dresden den Vorschlag eines auf alle Stände auszudehnenden Legitimationsbuchs, das er deutsches Heim= oder Hausbuch nennt und das sämmtliche Einzellegitimationen ersetzen soll. Dies Buch, so denkt er sich, wird den Eltern jedes Kindes bei dessen Namengebung vom Standesamt ausgehändigt, umfaßt neben dem Umschlag 32 Seiten Kleinoktav und enthält: Umschlag: Deutsches Heimbuch für . . . . . 1. Seite: Geburtsschein, 2. Seite: Taufschein, 3. Seite: Impfschein, 4. Seite: Schulbeginn, 5. Seite: Schulentlassung, 6. Seite: Confirmationschein, 7. Seite: Fortbildungsschule, 8 Seite: Lehrzeit, 9. Seite: Militärzeit, 10. bis 29. Seite: Lebensstellungen, 30. Seiten Verheirathung, 31. Seite: Trauschein, letzte Seite: Todtenschein. Auf Seite 10-29 sind allen Ständen die Stellungen zu bescheinigen: dem Studenten die Universität, dem Commis das Engagement, dem Gesellen die Leistung, dem Hausmädchen der Dienst, der Fabrikarbeiterin die Thätigkeit, dem Pastor von der Gemeindebehörde die Seelsorge, dem Assessor sein Richteramt, dem Prinzen Heinrich von Preußen von der Admiralität seine Weltreise etc. Kurz und gut, da ist der Höchste nicht zu hoch, der Geringste nicht zu gering dafür, jeder muß es haben, und überall hat es als Legitimation zu genügen. So übel ist der Vorschlag nicht.
- Der 86jährige General Vogel von Falkenstein, siegreichen 66er Andenkens, feierte am 15. d. auf seinem Gute Dolzig sein 70jähriges Militairjubiläum.
- Die Münchener sagen, der März 1883 sei dem März 1865 zum Verwechsln ähnlich und werde ein gutes Jahr bringen. Auch im Jahr 1865 habe der März scharfen Nordostwind mit starker Kälte gebracht die Kälte sei bis zum 19. März auf 18 Grad gestiegen, die Erde sei erstarrt und tiefer Schnee habe Wald und Flur bedeckt. In der Nacht vom 31. März auf 1. April kam aus Süd=Süd=West ein heißer Föhn, der mit seinem trockenen Athem der Erde ihr weißes Kleid nahm, so daß Abends keine Schneeflocke mehr zu finden war, ausgenommen da, wo in Hohlwegen, tiefen Grüben, u. s. w. das zusammengewehte gelbgraue, krystallisirte Wasser guten Schutz gegen seinen grimmigen Feind hatte. Auf diesen starken Nachwinter folgte ein herrliches Frühjahr, ein heißer Sommer und wurde das Jahr 1865 eines der gesegnetsten Jahre unseres Jahrhunderts; auch Bachus beglückte seine Anhänger in ausgiebigem Maße mit einem guten Tropfen.
- Das Cearinghouse der Reichsbank in Berlin wird seine Thätigkeit mit dem 1. April d. J. beginnen.
- Die Dresdener Liedertafel, zur Zeit der beste Männergesangverein Deutschlands, der auf dem letzten Sänger=Völker=Wettstreit in Köln den von der Kaiserin ausgesetzten Ehrenpreis ersang, gibt Anfangs April in der Singakademie in Berlin ein Conzert. Das schwerste für die Sänger war, das Dresdener Deutsch sich abzugewöhnen.
- Es ist ermittelt, daß die Sonne auf jeden Quadratmeter Erdoberfläche durchschnittlich 2 Pfund Wasser in der Stunde verdampft. Nimmt man für Deutschland wegen des kälteren Klimas nur die Hälfte an, so ergibt sich eine von der Sonne pro Stunde verdampfte Wassermasse von 500 Milliarden Pfund. Da soll man sich noch wundern über die Wassermassen, die von Zeit zu Zeit so ungeheure Ueberschwemmungen anrichten? Man hat ferner berechnet, daß zur künstlichen Verdampfung jener Wassermasse 30 Millionen Tonnen Steinkohlen vonnöthen seien. Das ist mehr als die Hälfte der in einem Jahr in Deutschland geförderten Steinkohlenmenge.
- Die deutschen Schweine werden bald über Pari steigen, da die Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches in Deutschland verboten ist.
- Ein Gelehrter, Professor Sattler in München, hat herausgebracht, das wir nicht 1883, sondern 1888 schreiben müßten. Er weist nämlich an alten römischen Kupfermünzen nach oder versucht es doch, das Jesus, nach dessen Geburtsjahr wir die Zeit berechnen, nicht 754 nach der Erbauung Roms geboren ist, sondern 749. Die betr. Kupfermünzen hat Herodes Antipas, einer von den Söhnen Herodes des Großen, prägen lassen und sie sind bis auf den heutigen Tag erhalten. Wer näheres darüber wissen will, studire die Allgem. Zeitung Nr. 72 vom 13. März d. J.
Die "Germania" auf dem Niederwalde wird 700 Centner wiegen; das Gerüst dazu wird von dem Geschäfte Holzmann u. Co. in Frankfurt a. M. gefertigt.
- Dr. Tanner in St. Louis hat wiederum eine Fastenkur von 15 Tagen bestanden, ist aber dabei nebenhinaus und ins Irrenhaus gekommen.
- Ein Geschäftsreisender, Nähmaschinenagent oder dergl., kam in Chicago die Treppe eines Hotels herabgesaust und stürzte aufs Pflaster. Ein vorübergehender half ihm auf und äußerte theilnehmend, er werde sich wohl schwer verletzt haben. Schwer verletzt - lächerlich! erwiederte der Reisende. Dies ist mein gewöhnlicher Weg auf die Straße zu gelangen.
- Im Breitenbacher Forst bei Altenfeld in Thüringen wurde eine 400jährige Tanne gefällt. Sie hatte eine Höhe von 45 Meter, einen Durchmesser von 2 Meter und einen Umfang von 6 1/2 Meter.
- Vom Markte heimkehrend, kamen viele bayrische Bäuerlein in die Bahnhofrestauration in Holenbrunn, aßen und tranken und wurden guter Dinge. Draußen lag der Schnee fußhoch und immer noch wirbelte und schneite es. Jetzt muß ich heimfahren, sagte der Müller der Jahnmühle, die eine gute halbe Stunde entfernt war, meine Pferde werden zu thun haben, es liegen 20 Centner darauf. 20 Centner? riefen zwei Bauern; wir wetten um 20 M., daß wir Deinen Wagen selber bis an die Mühle ziehen! - Gut ich nehme die Wette an sagte der Müller. - Zwei Bauern spannten sich an den Wagen, der Müller ging mit einer großen Laterne voraus, und brachten ihn in zwei Stunden zur Mühle. Es war ein saures Stück Arbeit bei dem tiefen Schnee, aber die 20 M. schmeckten auch nicht bitter.
- In einem Orte bei Magdeburg wurde ein Todtengräber mit 10 M. Strafe belegt, weil er bei einem Armenbegräbnisse eine Cigarre geraucht hatte.
- Amerikanisches. Bei einem neuen Gesellschaftsspiel in Texas stehen die Mädchen in einer Reihe und Jede hat einen leeren Stuhl vor sich. Die jungen Herren befinden sich in einem anderen

[ => Original lesen: 1883 Nr. 24 Seite 6]

Zimmer und werden einer nach dem andern hereingerufen. Sobald einer erscheint, sucht er sich seinen Stuhl aus und die hinter ihm stehende Dame verbindet ihm die Augen. Darauf tritt lautlos die schwarze Köchin ein, küßt ihn und verschwindet wieder. Der Jüngling erhebt sich überglücklich und begibt sich an das andere Ende des Gemaches. Wer beschreibt aber, was er empfindet, sobald er sieht, wie es seinem Nachfolger ergeht? Nur der Gedanke tröstet ihn, das alle seine Kameraden so genarrt werden wie er.


Die Eheschließung in China.
Von
King-in-thai.
Attaché der Kaiserl. Chinesischen Gesandschaft zu Berlin.

Die Verheirathung ist eine Sache, welche man in China nicht, wie in Europa dem lieben Zufall anheimstellt. Die Eltern lassen es sich im Gegentheil sehr angelegen sein, zur rechten Zeit - gewöhnlich gegen das zwanzigste Jahr - für die Vermählung ihrer Kinder Sorge zu tragen. Damit soll indessen nicht behauptet sein, daß man ohne Mann gebliebene Mädchen oder unglückselige Junggesellen in China überhaupt nicht träfe. Ehen aus persönlicher Zuneigung gehören nicht gerade zu den Ausnahmen, man kann dieselben aber als verhältnißmäßig selten betrachten. Auch in solchen Fällen bittet der junge Liebende seine Eltern, deren Einwilligung Niemand umgeht, um ihre Vermittelung. Befinden sich die Eltern nicht mehr am Leben, so ist er natürlich vollkommen freier Herr seiner Entschließungen, ebenfalls verfügt eine Wittwe vollkommen frei über ihre Hand. Romantische Liebesgeschichten mit Entführungen und aller Qual und allem Jammer zweier sich nach einander sehnender Herzen sind nicht allein das Privilegium Europa's, sondern haben ihren Schauplatz ebenso gut im Schatten der großen Mauer, am Yang=tse=kiang und Hoang=ho. Der gewöhnliche Gang der Dinge ist jedoch dieser, daß die beiderseitigen Eltern sich über die Verlobung ihrer Kinder vereinbaren und sie die Sache abschließen, gegen welche dann fast nie Opposition erhoben wird; dennoch kommt solche vor sowohl von Seiten des Bräutigams als auch der Braut, wenn auch die Meisten sich schließlich als gehorsame Kinder dem Willen ihrer Eltern fügen. Zur Einleitung der Verhandlungen bedient man sich gerne der Vermittelung von Freunden oder Verwandten. Eigentliche Ehevermittler als Geschäftsleute kennt man nicht. Ist die Verlobung abgeschlossen, so wird dieselbe in jeder Familie besonders gefeiert, Braut und Bräutigam bekommen einander nicht eher zu sehen, als am Hochzeitstage selber, es sei denn daß sie sich schon von früher kennen sollten. Bei der Auswahl eines Mannes für seine Tochter berücksichtigt der Vater Rang und Vermögen in hervorragendem Maße und wird zum Beispiel einem Mandarinen stets den Vorzug ertheilen vor einem etwa sich nicht durch großen Reichthum auszeichnenden Kaufmann, dessen Stand in China überhaupt kein besonderes Ansehen genießt. Die Braut erhält eine Mitgift, welche hauptsächlich aus Hausgeräth und Möbeln besteht, erst in zweiter Linie aus Geld. Vielleicht interessirt es, zu erfahren, wie viel eine Familie, die in Peking in gewöhnlichen bürgerlichen Verhältnissen lebt, ohne zu den unteren Schichten der Bevölkerung zu gehören, zu ihrem Auskommen braucht. 300-500 Taels, das sind etwa 1800 bis 3000 Reichsmark, würden hierzu genügen bei der Billigkeit der Nahrungsmittel. Ist der Vermählungstag festgesetzt, so schickt der Vater der Braut die Aussteuer zum Bräutigam, welcher auch nach der Vermählung meist bei seinem Vater wohnen bleibt. Am Hochzeitsmorgen wird die Braut in feierlichem Zuge nach dem Hause des Bräutigam geleitet. Voran schreiten Musikanten und Fahnenträger. Dann folgt die Braut in verschlossener Sänfte. Hinter ihr kommen zu Wagen vier Abgesandte vom Vater des Bräutigams - zu denen man am liebsten Mandarinen wählt - ferner, als besondere Begleiter vier ihrer eignen Familie nahestehende Personen. Ist der Zug vor der Wohnung des Bräutigams angelangt, so macht er vor der Hausthür die bei seinem Erscheinen schnell zugeschlagen wird, Halt. Erst auf wiederholte Aufforderung und nachdem die Musikanten mehrere Stücke gespielt haben, wird geöffnet. Sowie der Eingang freigegeben worden ist, wirft einer der Begleiter der Braut eine Hand voll Geld gegen den Himmel. Die Sänfte wird nun, noch immer geschlossen bis auf die Schwelle des Hauses getragen. Der Bräutigam tritt ihr entgegen und schießt drei stumpfe Pfeile gegen die Sänfte ab um so sinnbildlich alles Ungemach in der bevorstehenden Ehe zu tödten. Nun werden die Vorhänge zurückgeschlagen. Die Braut, welche in der einen Hand ein Stück Gold, in der andern Hand ein Stück Silber - gemünztes Gold oder Silber existirt nicht - oder in jeder Hand einen Apfel hält, entsteigt verschleiert ihrem Tragsessel und der Bräutigam nimmt ihr die Verhüllungen ab. Dabei mag es denn wohl geschehen, daß ihm ein nicht geringer Schreck durch die Glieder fährt, wenn er sieht, daß die ihm bestimmte Frau häßlich ist.
Zunächst führt der Bräutigam seine Braut nach einem mit einem rothen Tuche bedeckten Tische, an welchem nur sie Beide allein Platz nehmen. Hier trinkt das Paar aus zwei Gläsern, die durch ein rothes Band mit einander verbunden sind, und tauscht dabei die Gefäße, so daß die Braut das Glas des Bräutigams, der Bräutigam das Glas der Braut an die Lippen setzt, eine Ceremonie, welche an das deutsche Brüderschaftstrinken erinnern könnte. Nachdem die beiden getrunken haben, servirt man ihnen Fleischpastetchen, deren Einlage mit mehrfacher Teigkruste umgeben, ist. Die geladenen Gäste nehmen an der Mahlzeit als Zeugen Theil. In keinem Hause in Peking fehlt ein kleines Götterbild, welches der Gottheit des Herdes oder des Herdfeuers geweiht ist. Das Brautpaar tritt vor die Statuette, verneigt sich tief und betet vor ihr, die Braut legt ein Bündel Stäbchen, die durch ein rothes Band zusammen gehalten werden, vor derselben nieder, als Symbol der Uebernahme der Wirthschaft im Hause. Zuletzt haben Bräutigam und Braut dem Himmel - wörtlich genommen - den Dank für ihre Vereinigung darzubringen, dieses geschieht, indem sie sich auf den Hof hinausbegeben, auf die Knie fallen und die Erde mit der Stirn berühren.
Diese Art der Vereinigung, welche in dem Codex des chinesischen Ceremoniells eine große Rolle spielt, nennt man Kotomachen. Während derselben haben die Musikanten mit ihren Instrumenten nicht gefeiert und ohne Unterlaß ihre Kunst hören lassen, wobei man allerdings nicht an die Melodie eines europäischen Concertes denken darf. Braut und Bräutigam bewegen sich von nun ab nach Belieben unter den Gästen, welche den ganzen Tag zusammenbleiben. Weil das Fest in der Regel schon Morgens beginnt, so werden zwei Mahlzeiten gehalten, die erste gegen zwölf Uhr Mittags, die zweite gegen sechs Uhr Abends. Durch die Zuführung der Braut zu dem Bräutigam wird die Ehe perfect. Schriftliche Ehecontracte sind nicht bekannt, aber vor der Verlobung sucht man einen Suan=ming=di=jön oder Horoskopsteller auf und giebt ihm genau die persönlichen Verhältnisse von Braut und Bräutigam an; der Suan=ming=di=jön verzeichnet dieselben auf einem Blatte und bescheinigt, daß der beabsichtigten Vermählung keine ungünstigen Zeichen entgegenstehen. Dieses Papier gilt später als Beweis der geschlossenen Ehe.
Ehescheidungen ereignen sich höchst selten und können auch nur unter Umständen, auf deren Auseinandersetzung an dieser Stelle verzichtet werden muß, stattfinden. Die Polygamie ist gesetzlich nicht verboten, dennoch findet man Beispiele von Vielweiberei gar nicht; außer dem Kaiser und einigen Prinzen hat Niemand einen Harem. Nur wenn die Ehe lange kinderlos geblieben ist, nimmt - jedoch auch nicht in allen Fällen - der Mann eine zweite Gattin, wozu aber immer die erste, welche unbedingt daß Oberhaupt im Hause bleibt, ihre Zustimmung gegeben haben muß. (Prov. Pr.)


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