No. 56
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 21. Juli
1882
zweiundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1882 Nr. 56 Seite 1]

Wer trägt die Verantwortung der Greuelstände in Egypten? In Egypten ist nie sonderlich gewirthschaftet worden, aber mit der Erhebung zum Vicekönigreich im Jahre 1806 ist eine Aera der Verschwendung eingetreten, die kein anderes Land mit so verhältnißmäßig wenig Culturboden wie Egypten (nur etwa der zwanzigste Theil des Areals) hätte ertragen können; aber auch dieses fruchtbarste aller Länder ist dabei zu Grunde gerichtet worden und erhält durch die jüngsten Ereignisse einen Stoß, von dem es sich auch bei der denkbar besten Verwaltung sobald nicht wieder erholen wird. Seinen Höhepunkt erreichte dieses Verschwendungssysteme unter dem vorigen Khedive, Ismail Pascha. Dessen Streben ging auf nichts Geringeres hinaus, als sich von der Pforte gänzlich unabhängig zu machen. Zu diesem Zweck erhöhte er die Armee, machte große Waffenbestellungen, ließ Panzerschiffe bauen etc. und als er 1869 auf Betreiben des Sultans von diesem Wege abstehen mußte, versuchte er es mit Geld und erkaufte von der Pforte ein Recht nach dem andern mit schweren Summen, dabei legte er dem ohnehin schon überbürdeten Lande die schwersten Opfer durch den Bau des Suezkanales auf. Die Eröffnungsfeierlichkeiten dieses Kanals ließ er sich fabelhafte Summen kosten; man spricht von 28 Millionen Thalern. Zu alledem kam noch landwirthschaftliche und handelspolitische Mißwirthschaft, Corruption an allen Ecken und Enden. Natürlich konnte unter solchen Umständen das Land nur den geringsten Theil von dem aufbringen, was Ismail Pascha für seine Zwecke brauchte. Es wurde daher Anleihe auf Anleihe gemacht, die Suezactien wurden verkauft, bis auch das nicht mehr ging. Das Geld bekam er größtentheils von den Engländern. Es war daher keine beneidenswerthe Erbschaft, die der jetzige Khedive antrat; sie hat sich denn auch recht bald verderblich für ihn erwiesen. Daß das Gewitter sich über seinem Haupte entladet darf man daher nur zum Theil auf seine Unfähigkeit zurückführen. An ihm rächen sich die Sünden der Väter. Aber auch diejenigen sind mit schuldig, mittelbar wenigstens, die durch Gewährung von Anleihen an einen allbekannt verschwenderischen und nur auf sein persönliches Interesse bedachten Regenten den Ruin des Landes beschleunigen halfen, die Herren Engländer, die jetzt mit ihrem Hausfriedensbruch dem Lande den Gnadenstoß geben. Denn wie man sieht, schlägt ihr Gewaltstreich in das gerade Gegentheil von dem um, was er bezwecken sollte. Alexandrien, jetzt ein Trümmerhaufen, stände noch in seiner Pracht da, wenn dieser kopflose Eingriff unterblieben wäre. Was aber noch weiter daraus sich ergeben wird - ja diese Frage mögen die Herren Engländer sich selbst vorlegen und froh sein, wenn es überhaupt ohne ernstliche Verwickelungen für sie abgeht. Im allgemeinen Interesse kann man das nur wünschen, obwohl es gar nicht schaden könnte, wenn ihnen noch einmal der Standpunkt à la Ruyter, Tromp und Pit Hein klar gemacht würde.


Politische Rundschau.

Es bestätigt sich, daß die Deutsche Reichsregierung durch ihre Consuln im Auslande statistische Daten sammeln läßt, welche sich auf den Waaren= und Produkten=Verkehr beziehen. Was diese Aufnahme von statistischen Daten betrifft, so wird allgemein angenommen, daß dieselben mit den Plänen des Kanzlers zusammenhängen, die Facturen für importirte Waaren zu besteuern.
Nicht alle Wilden sind, wie Säume behauptet bessere Menschen als wir "übertünchte Europäer". Die Schwarzen z. B. auf der Inselgruppe der Hermits in der Südsee haben nicht nur die Kolonisten der deutschen Station beraubt und ermordet und dann deren Häuser niedergebrannt, sondern auch das deutsche Handelsschiff "Freya", das vor der Insel auf ein Korallenriff stieß und festsaß, nach allen Regeln der Kunst beschossen, nachdem sie den Kapitain, der an Land gegangen war, ermordet hatten. Die Wilden feuerten mit den geraubten Hinterladern sehr geschickt und die deutsche Mannschaft, die alle Fracht über Bord werfen mußte, um von dem Riff abzukommen, war in großer Gefahr und hatte mehre Verwundete und Todte. Ein deutsches Kriegsschiff wird die Schwarzen nächstens Mores lehren müssen.
Frankreich. Das altberühmte Stadthaus in Paris, das in allen Revolutionen eine große Rolle spielte und unter den Brandfackeln der Communards von 1871 in Asche sank, ist wieder aufgebaut und feierliche eingeweiht worden 500 Gäste saßen an der Festtafel, unter ihnen Grevy, das Oberhaupt der Republik und Victor Hugo, der Dichter, Gambetta fehlte, weil an demselben Tage seine alte Mutter der Schlag getroffen hatte. Auch Fürst Hohenlohe, der deutsche Botschafter, fehlte nicht, aber der Oberbürgermeister von Berlin, der die Einladung abgelehnt hatte. Die Trinksprüche waren friedlich und von keiner besonderen Bedeutung.
Könige, Kaiser und Präsidenten lösen in Frankreich einander immer von neuem ab und mit ihnen die Nationalfesttage, Farben und Abzeichen des Regiments. Den Bourbonischen Lilien folgten die Napoleonschen Adler und Bienen und der 15. August als Festtag. Die neueste Republik hat den ältesten Festtag Frankreichs wieder hergestellt, die Feier der Erstürmung der Bastille am 14. Juli 1789 des großen unheimlichen Staatsgefängnisses des alten Frankreich, in welches Einer hineinkommen konnte, er wußte nicht wie und warum und wenn hinter ihm die Thore zufielen, so galt oft das Wort, das von der Seufzerbrücke und den Bleikammern in Venedig einst gegolten hat: Lasset die Hoffnung hinter Euch! Bei der Heeresrevue am diesmaligen 14. Juli machten den Parisern die Trommler die größte Freude: sie waren wieder da, nachdem sie der vorige Kriegsminister abgeschafft hatte. Wie sollen wir, fragten die Pariser, an der Spitze der Civilisation marschiren ohne die große Trommel?
Schweiz. Wie ein neuer Sündenfall nimmt sich in dem Paradiese von Interlaken in der Schweiz die Spielhölle aus, die sich dort im Stillen aufgethan hat und ihre Opfer fordert. Der Aufschrei der öffentlichen Entrüstung wird sie hoffentlich wegfegen.
Oesterreich=Ungarn. Kaiser Wilhelm ist am 18. Juli Nachmittags im besten Wohlsein in Gastein eingetroffen und von der dichtgedrängten Volks=

[ => Original lesen: 1882 Nr. 56 Seite 2]

menge mit enthusiastischen Kundgebungen empfangen worden. Der Statthalter Graf von Thun Hohenstein, der Landeshauptmann und die Spitzen der Behörden erwarteten Se. Majestät am Fuße der Schloßtreppe. Der Kaiser begrüßte die Anwesenden auf das Huldreichste. Seitens der Damen wurden Sr. Majestät prachtvolle Blumenbouquets überreicht. Vor dem festlich geschmückten Orte und auf dem Wege, welchen der Kaiser passiren mußte, waren Triumpfbogen errichtet.
Egypten. Aus der Zeit vor dem Bombardement von Alexandrien veröffentlicht die "Kölnische Zeitung" eine Correspondenz aus der Egyptischen Hafenstadt, welche zeigt, daß Arabi Pascha nicht ohne schlagfertigen, specifisch Orientalischen Witz ist: Scheik Ibrahim, einer der begütertsten Ulemas, stellte Arabi vor, wie sehr Egypten von der Auswanderung der Europäer litte, und rieth ihm, derselben dadurch ein Ziel zu setzen, daß er ein halbes Dutzend der bei den Blutscenen betheiligt gewesenen Araber zur Genugthuung der Franken aufhängen lasse. Arabi Pascha dachte eine Weile nach; dann sagte er mit nachgiebigem Tone: "Wohlan, Scheik Ibrahim, ich will Deinem Rathe folgen und ein halbes Dutzend unserer Landsleute als abschreckendes Beispiel aufhängen lassen. Aber eine Bedingung stelle ich dabei: Du lieferst sie mir aus Deiner Familie." Glaubt man nicht einen der Märchenprinzen aus Tausend und Einer Nacht zu hören oder einen jener weisen Kadi's die jeden Gordischen Knoten zu lösen wissen? Es versteht sich von selbst, daß Scheik Ibrahim nach diesem Gespräche schleunigst verschwand.
Gegenwärtig beherbergt Alexandrien nahezu 6000 Mann englischer Linientruppen und Seesoldaten, über welche General Alison den Oberfehl übernommen hat. Von London soll indeß der Befehl eingelaufen sein, daß die Truppen sich während der Dauer der Conferenz lediglich auf die Aufrechthaltung der Ordnung beschränken und die Offensive gegen Arabi nicht ergreifen dürften. Admiral Seymour hält die Ordnung mit eiserner Strenge aufrecht, Brandstifter werden ohne Erbarmen erschossen, Plünderer ausgepeitscht und eingekerkert. Aber trotz mehrerer Executionen wird fortgeplündert, wozu die Araber meist durch die bitterste Noth getrieben werden. Beim Wegschaffen der Trümmer der niedergebrannten Häuser stößt man auf zahlreiche verkohlte menschliche Ueberreste, wahrscheinlich Opfer der Massacre.
Arabi Pascha scheint in Folge der passiven Haltung der Engländer immer noch Herr der Situation zu sein; aus diesem Grunde fürchtet sich der Khedive auch vermuthlich, die Absetzung Arabi's öffentlich zu decretiren. Ein egyptischer Offizier wurde mit einem an Ragheb Pascha von Seymour gerichteten Schreiben zu Arabi gesandt, um ihm zugleich den Befehl des Khedive zu überbringen, sich im Ras=el=Tin=Palaste einzufinden. Arabi erwiederte, er würde kommen, wenn der Khedive die englische Flotte zum Abzuge bewege; gelinge ihm das nicht, so möge er Ragheb Pascha in sein Lager senden, um die Situation zu besprechen. Der Khedive theilte dem Correspondenten der "Daily News" nach dessen Meldung mit, daß Arabi 26 Europäer in Kafr=Dowar getödtet und die Telegraphendrähte durchschnitten habe. Man befürchtet, daß der General, wenn er besiegt und weiter zurückgetrieben würde, noch größeres Unheil anrichten würde. Der Deutsche Consul in Cairo, Herr von Treskow, telegraphirt unterm 16., daß er mit den ihn begleitenden 300 Deutschen und Oesterreichern auf der "Möve" die Reise von Ismaila nach Port Said ohne Zwischenfall zurückgelegt und daß die ganze Karawane wohlbehalten in Port Said angelangt ist.


Neustrelitz, 18. Juli. Nachdem Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Anhalt mit dem Prinzen Aribert und der Prinzessin Alexandra bereits Sonnabend Abend aus Wörlitz bei Dessau zu der morgigen Tauffeier hier angelangt waren, traf gestern Abend auch Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen, geb. Prinzessin von Anhalt, mit Gefolge aus Potsdam hier ein. Heute Abend wird dem Eintreffen Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs und Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Erbgroßherzogin von Mecklenburg=Schwerin, Großfürstin von Rußland, aus Schwerin entgegengesehen. (Nstr. Ztg.)
Neustrelitz, 17. Juli. Aus Anlaß der Geburt des Erbprinzen veranstalteten die Schüler der oberen Klassen der hiesigen Schulen gestern einen Fackelzug. Vor dem Erbgroßherzoglichen Palais brachte der Primaner Dautwitz ein Hoch auf Ihre Königlichen Hoheiten den Großherzog, die Großherzogin, den Erbgroßherzog, die Erbgroßherzogin, sowie auf die Prinzessinnen Marie und Jutta, welche, beiläufig bemerkt, von einer 14tägigen Besuchsreise aus Wörlitz mit den Anhaltischen Herrschaften hier wieder zurückgekehrt sind, und schließlich ein Hoch auf den Erbprinzen. Die Commilitonen, von denen einige in studentischem Wichs paradirten, und das zahlreich erschienene Publikum stimmten in das Hoch lebhaft ein. Nach dem Absingen einer Strophe des Vandalialiedes setzte sich der Zug mit der Musik (Hautboistencorps und Trommler und Querpfeifer der Schüler) wiederum in Bewegung. Auf dem Markte wurde sodann noch ein Hoch dem Erbprinzen dargebracht und zum Schluß das "Gaudeamus igitur" gesungen. Mit dem Zusammenwerfen der Fackeln endigte die Ovation. (Nstr. Ztg.)
Neustrelitz, 15. Juli. Dem Präsidium der Mecklenburg=Strelitz'schen Krieger=Kameradschaft wurde heute die hohe Ehre zu Theil, zunächst von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge in Audienz empfangen zu werden, um Allerhöchstdemselben im Namen der vaterländischen Kriegervereine seine Glückwünsche zu der Geburt des Erbprinzen auszusprechen, und nahmen Se. Königliche Hoheit die durch den Präses derselben, Dr. Marung=Schönberg, in einer Ansprache dargebrachten Glückwünsche in leutseligster Weise entgegen. Darauf empfingen auch Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog das Präsidium in gleicher Veranlassung auf das huldvollste in Audienz. (Nstr. Ztg.)
- Ob die amerikanische Tanne, die Fürst Bismarck als Gutsherr in Friedrichsruh unter seine Protektion genommen hat, wirklich Reichstanne werden wird, steht noch dahin. Sachverständige rühmen allerdings ihr rasches Wachsthum, möchten sich aber von der Nutzbarkeit ihres Holzes erst aus Erfahrung überzeugen.
- In zwei Städten ist große Freude: 1) in Leipzig. Aus Berlin ist die Entscheidung eingetroffen, daß das Reichsgericht in Leipzig bleibt und daß ihm ein Palast im ehemaligen botanischen Garten gebaut wird. 2) in Halle. Der berühmte Arzt und Operateur Dr. Volkmann hat seine Berufung nach Berlin an Langenbecks Stelle abgelehnt und bleibt Halle erhalten.
- Vortreffliche Pferde zeichnen sowohl die berittene Mannschaft, wie die Feuerwehr in Berlin aus. Dem kostbaren Material entspricht aber auch die Pflege, welche ihm zu Theil wird. Die Pferde der Schutzmannschaft stehen an vier Orten vertheilt, auf dem Molkenmarkt, in der Frankfurterstraße, in der Skalitzerstraße und in Moabit. In der Skalitzerstraße gruppiren sich die Stallungen um einen hellen geräumigen Hof. Es sind Miethsräume auf dem stattlichen Grundstück Nr. 9, in denen früher die Pferde der fünften Schwadron des 2. Garde=Dragoner=Regiments standen. Die Zahl der hier untergebrachten Schutzmannspferde beträgt etwa 60; sie haben breite Stände und sind im Stall mit weißen, blau gestreiften Decken umhüllt, der Gesammtanblick ist der eines herrschaftlichen Stalles. An den Wänden hängt das blitzsauber geputzte Zaumzeug und Stallleute sind beständig mit der Bedienung und Pflege beschäftigt. Das Putzen der Geschirre hingegen müssen die Schutzleute selbst besorgen. Die nicht im Dienste befindlichen Pferde werden Morgens unter Führung eines Wachtmeisters ausgeritten. Wenngleich man für den Dienst der Schutzmannschaft Pferde von ruhigem Temperament wählt, so sind dieselben durchaus nicht sämmtlich in höheren Jahren. Freilich besitzt die Schutzmannschaft einen Fuchs von noch sehr eleganten Formen, der schon so lange dient, als die berittene Mannschaft existirt, aber es sind auch unter ihren Pferde vierjährige Thiere.
- Eine Entführung, die nach vollen 100 Jahren keinen Katzenjammer zurückgelassen hat, ist Mozarts Oper: "Entführung aus dem Serail". Sie hat in diesen Tagen ihr 100jähriges Jubiläum gefeiert und singet und klinget heute noch wie im Jahre 1782 - und wieviel ist seitdem verklungen und klanglos in den Orkus hinabgesunken.

[ => Original lesen: 1882 Nr. 56 Seite 3]

- Wir haben uns durch himmellange englische statistische Zahlenreihen und Nachweise durchgewürgt, bereuen es aber nicht; denn das Ergebniß ist für viele Leser sehr erfreulich, nämlich das, daß es das Gesundeste und Klügste ist, was man thun kann, Landwirth zu werden.
- Auf der Moskau=Kurker Bahn in Rußland entgleiste am 12. Juni ein Bahnzug bei einem Wolkenbruch und stürzte einen hohen Damm hinunter. Von 239 Reisenden sollen 64 unverletzt, 35 Schwer verwundet, 140 spurlos verschwunden d. h. erstickt sein.
- Jeder treibt sein Metier und das Metier der Bonapartes bis ins dritte und vierte Glied scheint das Heirathen zu sein. Wie vor einem Jahr der Sohn des Schießpeter die millionenreiche Tochter des Spielfürsten Blanc in Monaco geheirathet hat, so hat sich jetzt Prinz Alexander von Wagram, geb. 1836, Schwager des Prinzen Joachim Murat, mit Fräulein Bertha v. Rothschild, jüngster Tochter des Barons Mayer Carl in Frankfurt verlobt. Da der Prinz katholisch ist, so wird die Braut ebenfalls katholisch werden.
- In den letzten Wochen wurde Frankfurt a. M. durch viele Einbrüche, Silberdiebstähle und Diebstahlsversuche in den neueren stilleren Stadttheilen beunruhigt. Die sonst sehr löbliche Sparsamkeit in den städtischen Ausgaben hatte zu einer starken Einschränkung der Gasbeleuchtung in den Straßen geführt, das nächtliche Dunkel aber in abgelegenen Straßen und Gartenhäusern die Einbrüche begünstigt. Nun sollen wieder bis Mitternacht alle Laternen brennen, auch in den etwas unsicher gewordenen Promenaden um die Altstadt. - Der Sohn des Dichters Karl Gutzkow lebt seit längeren Jahren in Amerika und hat dort eine Amerikanerin vom ächten Schlage geheirathet, welche durch eine kühne Handlung die Heldin der Pacificküste geworden ist. Sie befand sich nämlich mit ihrem Manne auf dem Wege nach Reedwood City, in Californien; ihr leichtes Buggy war jedoch von dem durchgegangenen Pferde zerschmettert worden und ihr Gatte lag mit verstauchten Füßen und einem gebrochenen Arme an der Chaussee. Ein mit geräumigem Wagen des Weges einherfahrender Mann wurde von ihr mit der Bitte angesprochen, sie und ihren Gatten mit zur Stadt zu nehmen, weigerte sich dessen aber unter dem Vorgeben, daß er zu große Eile habe. Darauf zog Frau Gutzkow aus der Brusttasche des Ueberziehers ihres Gatten einen Revolver, fiel dem Pferde des Passanten in die Zügel, legte auf ihn selber an und versicherte mit eiserner Ruhe, daß dies seine letzte Fahrt sein werde, wenn er ihrer Bitte nicht nachgebe. Gegen solche Argumente half kein Widerstreben und der Fremde brachte die Ehegatten zur Stadt, citirte aber Frau Gutzkow dort vor den Richter. Dieser entließ die resolute Frau mit dem wärmsten Lob ob ihrer heroischen Aufopferung für den leidenden Gatten, welcher bei der Verhandlung, wie die californischen Blätter berichten, selbst aussagte, daß er der Sohn des deutschen Dichters Karl Gutzkow sei.
- Drei geriebene Gauner, Fuchs, Heinemann und Varadx, hatten sich seit Jahren zu einer Spielerbande zusammen gethan und Deutschland etc. unsicher gemacht. Sie waren sehr verschiedenen Alters, Glaubens und Ansehens, der eine ein Holländer, der andere ein Hesse, der dritte ein Ungar. Der Aelteste spielte den alten ehrwürdigen Biedermann, der junge Ungar den eleganten und reichen Lebemann. Im vorigen Jahre schlugen sie ihre stille Spielhölle in dem ersten Gasthofe in St. Johann bei Sarbrücken auf und luden junge Offiziere und wohlhabende Civilisten zum Spielchen ein. Es wurde Macao gespielt und an einem Abend verlor ein Gast 11000 M., ein andere 2000, ein dritter 5000, ein vierter 16000, und ein Lieutenant v. R., ein sehr tüchtiger und solider Offizier, 26000 M., über welche Summe er einen Schuld= und Ehrenschein ausstellte. Zwei Tage darauf erschoß sich der junge Offizier nachdem ihn Fuchs persönlich gemahnt hatte. Es gab viel Aufsehen und die Spieler dampften nach Metz ab, wo sie verhaftet wurden. Dieser Tage wurden sie vom Landgericht in Saarbrücken wegen verbotenen Glücksspiels zu je 2 Jahren, 1 Jahr und 6 Monat Gefängniß und verschiedenen Geldstrafen verurtheilt. Fuchs, der Biedermann war, der Hauptgauner. Falsches Spiel konnte ihnen nicht nachgewiesen werden.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg sub Nr. 10 belegene Büdnerstelle c. p. des Büdners Joachim Retelsdorf daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag den 3. October d. Js.
Vormittags 11 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Gerichtssiegel versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Juli 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.       


Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg sub Nr. 10 a. belegene Büdnerstelle c. p. des Büdners Joachim Retelsdorf daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag den 3. October d. Js.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Juli 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.       


In dem Verfahren, betreffend die Zwangsversteigerung der zu Lüdersdorf sub Nr. II. belegenen Vollstelle nebst Zubehör, früher der Hauswirthsfrau Köhncke gehörend, ist zur Abnahme der Rechnung des Sequesters, zur Erklärung über den Theilungsplan, sowie zur Vornahme der Vertheilung ein Termin vor dem unterzeichneten Amtsgerichte auf

Dienstag, den 1. August 1882
Vormittags 11 Uhr

bestimmt, zu welchem die Betheiligten hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß der Theilungsplan und die Rechnung des Sequesters vom 22. d. Mts. an auf der Gerichtsschreiberei I. zur Einsicht niedergelegt sein werden und daß gegen einen in dem Termine nicht erschienenen Gläubiger angenommen werden wird, daß er mit der Ausführung des Planes einverstanden sei und die Rechnung des Sequesters als richtig anerkannt.
Schönberg, den 14. Juli 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

H. Diederich.       


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg den 10. Juli 1882.

Die Armenbehörde.


[ => Original lesen: 1882 Nr. 56 Seite 4]

Bekanntmachung.

Die Verwaltung der Zahlstelle der Kaiser Wilhelms=Spende in Schönberg ist an Stelle des Herrn Assessor von der Lancken dem Herrn Amtsverwalter Spieckermann in Schönberg übertragen worden.
Derselbe nimmt Einlagen an, ertheilt Auskunft und verabfolgt Prospecte und Anmeldeformulare.
Unsere Anstalt wird erst durch Aushändigung der von uns ausgestellten Versicherungs=Urkunden, Einlage=Quittungen und Rückgewährscheine verpflichtet. Die Urkunden werden in längstens 8 Wochen nach der Einzahlung von der Zahlstelle gegen Rückgabe der von ihr ertheilten Quittungen über die Einzahlung ausgehändigt.
Berlin W. Mauerstr. 85 im Juni 1882.

Direction der Kaiser Wilhelms=Spende,
Allgemeinen Deutschen Stiftung
für
Alters=, Renten= und Kapital=Versicherung.
Stämmler.


Die Inhaber von Tombola=Loosen verweisen wir auf die der heutigen Nummer dieses Blattes anliegende Gewinnliste und bemerken hiermit, daß die, Gewinne bis zum Sonnabend den 12. August incl. beim Cigarrenfabrikanten Ch. Rieckhoff hieselbst abzufordern sind, widrigenfalls dieselben zu Gunsten der Tombolacasse verfallen.
Schönberg den 13. Juli 1882.
Der Vorstand der Schützenzunft.


Jürgensen & Robschuld,
Lübeck, gr. Burgstrasse 717
empfehlen zu en gros Preisen
Prima Dachpappen,
Dach-, Stall- & Kellerfenster,
Stifte, Drath u. Nägel,
sowie sämmtliche Baubeschläge etc. etc.


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Hufschmiere,                              
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Carlow.                                                     J. Rieckhoff.


Heuforken  mit und ohne Stiel
Dungforken  mit und ohne Stiel
empfiehlt                                                    
Carlow.                                                     J. Rieckhoff.


Doctor Oppermannsches
Erhaltungs=Pulver
zum Conserviren des Fleisches, Milch, Butter u. s. w. empfiehlt                          
Carlow.                                                    J. Rieckhoff.


Besten Weinessig
empfiehlt
Carlow.                                                     J. Rieckhoff.


Auf der Meierei zu Bauhof=Schönberg
sind gute                          
Ferkel
zum Verkauf.                                                    


Das 3. Abonnements-Conzert
findet am
Sonntag den 23. d. Mts.
statt, wozu ergebenst einladen                          
                                                    die Vereinsmusiker.
Entrée für Nichtabonnenten à Person 30 Pfennig (Mecklenburg).
Anfang Nachmittags 4 Uhr.


In Folge mehrseitiger Aufforderung werden wir eine unserer

Dampf=Dreschmaschinen

auf einige Tage zum Roggendreschen neben unserem Schuppen vor dem Siemzerthore aufstellen.

Wilh. Heincke & Greiff.


Umstände halber beabsichtige ich mein neues

Haus   massives Wohnhaus

preiswürdig unter der Hand zu verkaufen.
Selmsdorf den 18. Juli 1882.

Schuhmachermeister Döscher.       


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Ich, der Endesunterzeichnete, beabsichtige meine zu Carlow im Fürstenthum Ratzeburg sub Nr. 8 belegene Büdnerei, ca. 70 Scheffel Aussaat groß, mit voller Erndte sofort auf 10 bis 15 hintereinander erfolgende Jahre zu verpachten. Wohnhaus und Stallgebäude sind in gutem Zustande und seit 3 Jahren ist in dem dazu erbauten Backhause die Bäckerei betrieben worden. Reflectanten wollen sich baldigst melden beim

                          Büdner J. Krellenberg
                                                    in Carlow.


Erntehandschuhe
sind stets zu haben in Schönberg bei                          
                                                    Emil Jannicke, Handschuhmacher.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 23. Juli.

Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
     Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 20. Juli 1882.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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