No. 39
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. Mai
1882
zweiundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1882 Nr. 39 Seite 1]

Das Urtheil im Wiener Ringtheater=Prozeß.

Im Wiener Gerichtssaal ist der Würfel gefallen, - das Urtheil in dem langwierigen Processe ist gesprochen, und es wird nicht geringeres Aufsehen erregen, als die traurige Katastrophe selbst seiner Zeit hervorgerufen, als der Prozeß erregte und als einzelne Episoden, die im Zusammenhang mit demselben standen.
Telegraphische Berichte melden den Hergang bei der Verkündigung des Urtheils. Alle Angeklagten, mit alleiniger Ausnahme Jauner's, der sich als "unwohl" hatte entschuldigen lassen, waren erschienen. Die Zuhörertribünen waren so überfüllt, daß eine beängstigende Enge schon lange vor der Zeit der Urtheilsverkündigung herrschte, und ungeheure Menschenmassen belagerten das Gerichtsgebäude, ohne Eintritt erhalten zu können. Die peinliche Ruhe höchster Spannung herrschte im Gerichtssaale, als pünktlich um vier Uhr der Gerichtshof eintrat. Der Präsident verkündigt folgendes Urtheil:
Im Namen Sr. Majestät hat das Landesgericht als Erkennungs=Senat für Recht erkannt:
Gegen Jauner auf schuldig wegen Vergehens gegen die Sicherheit des Lebens und zwar wegen mangelhafter Aufsicht, Nichtbenutzung der Noth=Oel=Beleuchtung und unzweckmäßiger Verwendung des Personals; - gegen Nitsche und Geringer gleichfalls auf schuldig wegen Vergehens gegen die Sicherheit des Lebens, bei ersterem namentlich wegen des gefahrbringenden Oeffnens der Rollthür, bei letzterem wegen sträflicher Nichtinstandhaltung des Wasserwechsels. Landsteiner, Wilhelm, Heer und Breithofer werden nichtschuldig befunden. Die eingehende Motivirung umfaßt neun Bogen. Betreffs der Freisprechung der Angeklagten Landsteiner und der beiden angeklagten Feuerwehrbeamten gaben die Urtelsgründe folgende Erklärung: Ein Causal=Nexus zwischen der Handlungsweise Landsteiner's und Wilhelm's und der eigentlichen Strafthat bestehe nicht. Insbesondere habe der Gerichtshof nicht die Ueberzeugung erlangt, ob die Angeklagten denn auch bestimmt gewußt hätten, daß noch Leute im Theater seien, die verbrennen müßten.
Das Urtheil lautete: vier Monate einfacher Arrest gegen Jauner, acht Monate strenger Arrest, durch einen Fasttag verschärft, gegen Nitsche, vier Monate strenger Arrest mit einem Fasttag monatlich gegen Geringer. Die Schuldiggesprochenen haben gemeinsam die Kosten des Straf=Verfahrens zu ersetzen, sowie die folgenden Schmerzensgelder zu zahlen: an Ackerl Schmerzensgeld 727 Gulden, an Ramminger 1000, Krichbaum 1000, Elise Rothkopf 1000 Gulden Schmerzensgeld, 1000 Gulden für erlittene Entstellung, Joseph Rothkopf 500 Gulden, Schaurek 500 Gulden für erlittene Entstellung und Eraßt 300 Gulden.
Die entstandenen Kosten werden sehr bedeutende sein. Sie und die 6027 Gulden Schmerzensgelder wird, da seine beiden mit ihm verurtheilten Untergebenen ziemlich mittellos sind, Jauner allein zu bezahlen haben.
Nach der Verkündigung des Urtheils traten die Freigesprochenen vor den Tisch des Gerichtshofes, verbeugten sich dankend und verließen den Saal.


Politische Rundschau.

Der Reichstag hat am 16. Mai die Socialreformgesetze - Kranken= und Unfall=Versicherung der Arbeiter betreffend - einer Specialcommission von achtundzwanzig Mitgliedern überwiesen und sich dann bis zum 6. Juni Mittags 1 Uhr vertagt.
Die Tabaksmonopol=Commission hat mit 19 gegen 4 Stimmen den §. 1 des Monopolentwurfs abgelehnt. Vorher war der Schluß der Generaldebatte auf Antrag Hammacher mit 12 gegen 11 Stimmen angenommen. Nach Ablehnung des §. 1 enthielten sich die Liberalen der Theilnahme an der Debatte. Am Freitag wird die Commission ihre Arbeiten beenden.
In dem Befinden des Reichskanzlers Fürsten Bismarck ist, wie wir von zuverlässiger Seite erfahren, eine erfreuliche Wendung zum Besseren eingetreten. Der Kanzler hat das Bett bereits verlassen. Er befindet sich unter der ärztlichen Fürsorge seines Friedrichsruher Hausarztes, Dr. Cohn aus Hamburg, der für die sehr baldige Befreiung des Patienten von seinem jetzigen Leiden die besten Hoffnungen hegt.
In Rußland beträgt die Steuer vom Branntwein per Kopf 11 M. 10 Pfennig (Mecklenburg)., in England 12 M. 90 Pfennig (Mecklenburg)., in Deutschland nur - 1 M. 31 Pfennig (Mecklenburg).! Während England 437 Millionen Mark jährlich aus dem Branntwein zieht, beträgt der ganze Gewinn, den das Reich aus dieser Steuer hat, nicht mehr als 45 Millionen Mark. Würde eine Erhöhung der Spiritussteuer auch nur um das Sechsfache stattfinden (also 7 M. 86 Pfennig (Mecklenburg). pro Kopf, d. h. noch immer erheblich weniger als in England und Rußland), so könnte das Reich einen Jahresertrag von 270 Millionen Mark aus dem Branntwein ziehen, über 100 Millionen mehr, als die Monopolvorlage als Ertrag der Vernichtung der Tabaks=Industrie berechnet.
England. Die ersten Spuren der Dubliner Mörder. In Dublin ist der Wagen der Mörder entdeckt worden. Er ist Eigenthum eines Mannes, welcher Wagen an concessionirte Kutscher verleiht, wenn deren eigene einer Reparatur bedürftig sind. Der Wagen war am Tage des Mordes von einem Unbekannten gemiethet und mit schaumbedecktem Pferde zurückgebracht worden. Der Wagen zeigt keine Blutflecken. Die anstatt der Kissen dienenden Decken sind von den Insassen mitgenommen worden. Der Kutscher ist der Polizei bekannt. Die Verhaftung wurde verzögert, weil man eine Selbstmeldung erwartete.


Neustrelitz, 15. Mai. Nachdem die für die preußischen Schulen amtlich eingeführte Rechtschreibung begonnen hat, durch die Schulbücher auch in den Schulen des hiesigen Landes sich Eingang zu verschaffen, wird, wie das Großherzogliche Consistorium in Neustrelitz den Synoden durch Anschreiben an die Herren Präpositen mitgetheilt hat, in allernächster Zeit unter dem Titel: "Regeln und Wörterverzeichnis für die deutsche Rechtschreibung. Zum Gebrauch in den Schulen des Großherzogtums Mecklenburg=Strelitz." ein im amtlichen Auftrage herausgegebener Leitfaden erscheinen, der in solchen Schulen und Schulklassen, denen der amtliche preu=

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ßische Leitfaden zu große Schwierigkeiten bietet, also vor allem in den Volks= und Bürgerschulen, sowie in den niederen Klassen höherer Lehranstalten, die Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung erleichtern will. Zu diesem Zwecke ist auf der einen Seite eine einfachere Fassung und Anordnung der Regeln erstrebt, auf der anderen Seite hat das Wörterverzeichniß überall da Ergänzungen erfahren, wo das im preußischen Leitfaden Enthaltene, wie in Bezug auf die Anfangsbuchstaben, im Stiche läßt. Es kann daher der Leitfaden auch für weitere, als die bezeichneten Schulkreise empfohlen werden. Derselbe wird spätestens Ende dieses Monats erscheinen. Das Großherzogliche Consistorium wird eine genügende Anzahl von Exemplaren, denen auch eine Instruction für den Unterricht in der gegenwärtigen Zeit des Uebergangs beigegeben werden soll, durch die Herren Pastoren und die Schulvorstände zur Vertheilung an die Lehrer gelangen lassen. Das Buch wird alsdann bei P. Zander in Mirow, sowie in allen Buchhandlungen käuflich zu haben sein. (N.=Z.)
- Am 15. d. Nachmittags fand in Schwerin die Taufe des neugeborenen Prinzen, Sohnes des Herzogs Paul, durch den Oberhofprediger Jahn nach lutherischem Ritus statt. Die Nachricht würde kaum den Telegraphen in Bewegung gesetzt haben, wenn sie nicht eine directe Dementirung der s. Z. bei der Eheschließung des Herzogs mit der katholischen Prinzessin Windischgrätz circulirenden Gerücht bildete, damals hieß es nämlich, der Papst habe den Dispens zur Eheschließung der Prinzessin nur unter der Bedingung ertheilt, daß die Kinder aus ihrer Ehe Katholiken würden. Die gemeldete Thatsache zeigt, daß jenes Gerücht unbegründet gewesen, daß der Dispens des Papstes ohne alle derartigen Cautelen erfolgt sein muß.
- Ein Geschenk des Kaisers Alexander von Rußland an unsern Kaiser, vier prächtige Rapphengste, ist Montag Abend aus Petersburg in Berlin eingetroffen und vorläufig in der Quarantaine=Abtheilung des königlichen Marstalls in der Dorotheenstraße eingestellt worden, wo sämmtliche Remonte=Pferde vor ihrer Einstellung in den Marstall untergebracht zu werden pflegen. Es sind vier Kutschpferde der edelsten russischen Rasse von gleichmäßiger tadellosser Schönheit, glänzend schwarz und mit riesigen, fast bis zur Erde reichenden Schweifen. Die beiden älteren, zehnjährigen Thiere sind dadurch besonders merkwürdig, daß sie den Wagen des Kaisers Alexander II. während des auf ihn verübten Attentats (12. März 1881) gezogen haben. Die beiden jüngeren, achtjährigen, pflegten im kaiserlichen Viererzuge, d. h. nach russischer Art, vier breit, mit verwendet zu werden. Den Pferden ist, zur Ergänzung der kaiserlichen Gabe, die gesammte Stall= und Wagen=Garnitur beigegeben, und zwar zunächst dunkle, weiße und bunte Pferdedecken - für den Sommer in leichtem Flanell, für den Winter in schwerer, pelzbesetzter Wolle - mit dem kaiserlich russischen Doppeladler und der Chiffre A. II. (Alexander II.), sodann ein kostbares Zaumzeug von wundervoller Arbeit und großem Werthe; sämmtliche Beschläge daran sind von purem Golde, und die vorne herabhängenden, von einer Kaiserkrone gehaltenen und in golddurchwirkte marineblau seidene Quasten auslaufenden goldenen Ketten von enormer Schwere. Den größeren Metallstücken ist die Jahreszahl 1881 aufgeprägt Es liegt ferner bei ein vollständiger Anzug für den Kutscher, ein dunkelblauer Mantel mit goldenen Knöpfen, die über den Mantel um die Hüften zu schlingende bunte Seidenschärpe, der einem breitgedrückten Cylinder ähnelnde russische Kutscherhut und riesige weiße Lederhandschuhe, deren übermenschliches Maß (etwa Nr. 17 1/2) durch die russische Gepflogenheit, darunter Pelzhandschuhe zu tragen, erklärlich wird. Als Ueberbringer und Begleiter des kaiserlichen Präsents sind ein Hofstallmeister, der den "berühmten" Namen Skobeleff führt, ein Herr, dem bedeutende allgemeine Bildung und ungewöhnliche Sprachkenntniß nachgerühmt wird, sowie mehrere Stalldiener aus Petersburg in Berlin eingetroffen. Die Pferde werden in Bellevue dem Hofmarschall und Oberstallmeister Grafen Pückler vorgeführt und Donnerstag wird sie der Kaiser selbst besichtigen.
- Die Curliste von Baden=Baden weist bereits verschiedene illustre Namen auf. Unter den Frühgästen befinden sich auch, der bisherige russische Reichskanzler Fürst Gotschakow. Der Fürst ist ein völlig gebrochener Mann; es muß ihn recht melancholisch stimmen, wenn er sich erinnert, wie er früher bei seinem Aufenthalte in Baden=Baden umschwärmt wurde und nun so einsam dasteht. Niemand achtet mehr auf ihn, wenn er auf der Promenade, auf zwei Stöcke gestützt, erscheint.
- In Berlin sind 12,000 Zähler für die Aufnahme der Berufsstatistik nothwendig.
- Mit 212 Studenten hat die deutsche Universität in Straßburg angefangen und jetzt zählt sie 788 Studenten.
- Der älteste und erprobteste Lokomotivführer in Frankreich heißt Grisel. Er hat bei seinem Austritt aus dem Dienst das Kreuz der Ehrenlegion erhalten und seine Collegen haben ihm ein Banket veranstaltet. Im Jahr 1813 geboren, wurde er Führer der ersten Lokomotive, die auf der Paris=Lyon=Mittelmeerbahn nach ihrer Vollendung verkehrte. Als später die Ostbahn gebaut wurde, trat er in deren Dienst über. Im Jahre 1875 trat er nach nahezu 35jähriger Dienstzeit mit Pension in den Ruhestand. Wiederholt rettete er während dieser 35 Jahre durch seine Geistesgegenwart und seine Pflichttreue die ihm anvertrauten Züge vor schwerer Gefahr. Am Bekanntesten ist ein Vorfall, der sich am 23. November 1857 ereignete. Grisel führte einen Personenzug, der etwa 125 Reisende enthielt. Man kam spät Nachts in Vic=le=Comte an. Es regnete in Strömen, der Wind wehte mit außerordentlicher Heftigkeit, der Allier, ein reißender Fluß an dem jene Station liegt, donnerte, hoch angeschwollen in seinem Bette dahin, Grisel wußte, daß die hölzerne Brücke über den Allier, wenige Schritte außerhalb der Station von sehr bedenklicher Construction sei, und als der Stationsvorsteher das Zeichen zur Abfahrt gab, erklärte Grisel nicht fahren zu wollen, ehe er sich zusammen mit dem Chef von dem Zustand der Brücke überzeugt haben würde. "Fahren Sie ab, und keine Widerrede!" herrschte ihn der Beamte an. "Mein Gewissen verbietet es mir". "Sie bringen sich um ihren Dienst!" "In Gottes Namen. Ich kann nicht anders." Das heftige Zwiegespräch hatte alle Reisenden aus den Wagen gelockt; der Stationschef telegraphirte an die Direction, Grisel weigere sich seinen Dienst zu leisten, und verlange Instructionen. Als das Telegramm abgegangen war, entschloß er sich dennoch mit Grisel zusammen nach der Brücke zu sehen. Eben wollten sie dieselbe betreten, als sie krachend zusammenbrach und vom Fluß verschlungen wurde.
- Flourens nimmt 100 Jahre als Normaldauer des menschlichen Alters an. Bis zu dieser von Wenigen erreichten Lebensdauer übertrifft das weibliche Geschlecht das männliche wie 155:100. Bis auf 110 Jahren brachten es dagegen nach neueren Untersuchungen nur 17 Frauen gegen 58 Männer. Einzelnen ist ein weit höheres Alter zu Theil geworden: Thomas Parre 152, Henri Zenkins 169 Jahre. Von einer Million Menschen ist nach 110 Jahren noch Einer übrig. Den neuesten Angaben zufolge leben gegenwärtig 3108 Personen über 100 Jahre in Europa.
- Die Zündhölzer=Fabrikation. Während man bisher annahm, daß die schwedischen Zündhölzer ohne Phosphor die alten giftigen Zündhölzer ziemlich verdrängt hätten, erfährt man aus der Begründung des dem Bundesrathe vorgelegten Gesetzentwurfs über die Fabrikation von Zündhölzern unter Verwendung des weißen Phosphors, daß in Deutschland die Fabrikation von Phosphorzündhölzern doch noch recht lebhaft betrieben wird. Im deutschen Reiche und vorzugsweise in Preußen, Bayern, Königreich Sachsen, Hessen etc. sind annähernd 87 Zündholzfabriken mit 5000 unmittelbar bei der Fabrikation beschäftigten Arbeitern im Betriebe, welche jährlich etwa 114,000 Mill. Zündhölzer darunter nur etwa 83,000 Millionen Weißphosphorzündhölzer und nur gegen 31,000 Millionen andere Zündhölzer produciren. Es ist anzunehmen. daß etwa ein Drittel, welches überwiegend der ersteren Gattung angehört, ausgeführt wird, und zwar theils nach Rußland, theils nach überseeischen Ländern.
- Das Modethier ist die Katze geworden. So schreibt man aus Berlin ; aus das in Berloques, Ohrgehängen und allerhand anderen Schmuckgegen=

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ständen genugsam verewigte Schwein ist zuerst der Hund dann die Schlange, Eidechse und Kröte -jetzt die Katze gefolgt. Einer Pariser Laune ist das Dekret entstammt und die Berliner Juwelierläden die Galanteriewaarenhändler, die Album=, Etui= und Feuerzeug=Fabrikanten beeilen sich, dem Edikte zu folgen. Mit gekrümmtem Rücken und gesträubtem Haar sieht man sie in Reliefpressung auf Cigarrentaschen, Portefeuilles und Portemonnaies, als Griffe der Spazierstöcke und Regenschirme, als Federwischer, Bonbonnièren und Nippesfigur. Hier ist der Colossalkopf eines riesigen Katers in oxydirtem Silber mit goldenen Augen und goldglühendem weitgeöffneten Rachen, der als Tabacksbehälter dient; dort klettern an einem Kuchenteller aus polirtem Nickel zwei Katzen empor, um eine kleine Maus, die in der Mitte läuft, zu erhaschen; eine andere steht auf den Hinterbeinen und zerrt an dem Faden aus einem silbernen Knäuel und wieder eine leckt die Milch aus einer Schmale, welche als Aschenbecher benutzt werden soll.
- In Verona ist Marquis de la Scala als Flickschuster gestorben, der letzte jener großen, einst weltberühmten Gelehrtenfamilie der Scaliger.
- Artesische Brunnen. Aus Neumarkt in Schlesien wird berichtet: Auf der Dom. Seedorf hiesigen Kreises wurde bei 270 Fuß Tiefe und bei 10 Zoll Durchmesser durch den Bohr=Ingenieur C. Morys in Landeshut i. Schles. ein dritter artesischer Brunnen erbohrt. Nach vorgenommener Probe durch Aufsetzen neunzölliger Röhren steigt das Wasser durch eigenen Druck 60 Fuß über die Erdoberfläche und fördert in der Minute über 4000 Liter bei 11 Grad Wärme und bei unverändertem Höhenstande. Herr Morys hat jetzt den dritten artesischen Brunnen in hiesiger Gegend ausgeführt und behauptet, nachdem er die Formation des hiesigen Terrains durch die Bohrungen festgestellt hat, daß sich auf dem größten Theile unseres Oderthales derartige Brunnen mit Erfolg anlegen lassen.
- Der größte Goldklumpen. Der "Sidney Mail" vom 18. März zufolge ist in den Temora=Goldfeldern der größte Goldklumpen, den man kennt, ausgegraben worden. Er wurde in einer Tiefe von nur 14 Fuß gefunden und besitzt ein Gewicht von etwas über 153 Unzen.
- Der verlorene und wiedergefundene Trauring. Im "Liebenwerdaer Kreisblatt" findet sich die folgende fast märchenhaft erscheinende Mittheilung: "In der Nacht vom 13. zum 14. März 1824 fand in Hoyerswerda ein großer Brand statt. Während dieser Schreckensnacht verlor die Frau Böttchermeister Henriette Huhn dort, damals 24 Jahre alt, ihren Trauring, der trotz allen Suchens nicht mehr zu finden war. Am Mittwoch voriger Woche fand die jetzt 83 Jahre alte Frau auf ihrem Felde, während sie eine Distel ausziehen wollte, den Ring wieder, welcher noch ziemlich wohl erhalten ist."
- In Lichtenfels ist der Mälzer und Gastwirth Endres von der Strafkammer zu 3 Monaten Gefängniß, 1500 M. Geldstrafe und Verlust der Ehrenrechte auf 3 Jahre verurtheilt worden, weil er außer 6 pCt. Zinsen von 100 M. 21 M., von 200 M. 27 M. und von 300 M. 50 M. Provision verlangte und im Voraus von den Dahrlensbeträgen abgezogen hatte.
- (5 Minutes Puzzle §. 11.) Wieder brachten die erfinderischen Amerikaner ein Spiel herüber nach unserm Kontinent, das ganz befähigt ist, seinem Vorgänger vor 2 Jahren dem Boß=Puzzle (Prinzipals=Verzweiflung, Spiel der 15) beim Publikum den Rang streitig zu machen. 5 Minutes Puzzle §. 11. 5 minutes problème wird das Spielchen genannt und ist für 50 Pfennig (Mecklenburg). käuflich, nachdem es von Hamburg seinen Weg über die Leipziger Messe in alle Städte und Orte des Kontinents gemacht haben wird. Seine Ausstattung ist geschmackvoll, (Brusttaschen=Format). Es besteht aus 3 Gefäßen von bestimmtem aber verschiedenem kubischen Inhalt und zwölf Maßeinheiten zum Setzen. Es ist die Aufgabe, innerhalb 5 Minuten ohne eine Maßeinheit zum Umfüllen zu haben, jede gewünschte Quantität eines gedachten Stoffes genau durch Umfüllen zu erhalten. Zu Grunde liegt die Zeche, eine Wette oder dergl. Wer in 5 Minuten nicht gelöst hat, - zahlt!
- Museen und Ausstellungen sind die Passion unserer Zeit. Wenn man jetzt in Berlin ein Gebäude mit weiter Facade hoch in die Luft emporstreben sieht und man die Werkleute fragt: was ist das? so kann man sicher sein, die Antwort zu bekommen, daß das ein Museum wird, während der Frager ein sehr ungebildeter Mensch sein muß, es nicht zu wissen. Aber ein Museum - wofür denn? "Vor wat - det weeß ik alleene nich - aber da können Se Jift druff nehmen, et wird een Museum. Zum Rinstelleu müssen se doch wat haben - denn könnt's ja keen Museum sind."


Anzeigen.

Auf desfallsigen Antrag der Hauswirthe Oldenburg zu Niendorf und Retelsdorf zu Gr. Mist, als Vormünder des Johann Joachim Heinrich Wilhelm Kreutzfeldt, soll über die zu Niendorf sub Nr. III. belegene Vollstelle c. p. des genannten Curanden ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Mittwoch, den 21. Juni 1882,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht

ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 30. März 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Ersparniß= u. Vorschuß=Anstalt.

Die Auszahlung der zu Johannis d. J. fällig werdenden Zinsen auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegten Kapitalien findet bereits in der Pfingstwoche statt. - Die Anstalt ist zu diesem Zweck vom

Dienstag den 30. Mai d. J.
bis
Sonnabend den 3. Juni d. J.,
beide Tage einschließlich, von                          
8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
geöffnet.                                                    
Schönberg den 13. Mai 1882.
                                                    Das Directorium
                                                    der Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.


Scheibenschießen      Scheibenschießen
nach Gewinnen.

Am 2. Pfingsttage und am Tage nach Pfingsten findet bei mir ein Scheibenschießen nach Gewinnen statt.
Büchsen und Schießbedarf wird von mir geliefert. Ein Satz von 3 Schüssen, worauf nur ein Gewinn fallen kann, kostet 1 M.
Hierzu ladet freundlichst ein

Gastwirth Tretow.     
Demern.              


Scheibenschießen
nach guten Gewinnen,
am 2. und 3. Pfingsttage,
wozu alle Freunde und Bekannte ergebenst einladet                          
                                                    J. Michaelsen.
Selmsdorf, den 15. Mai 1882.       


[ => Original lesen: 1882 Nr. 39 Seite 4]

Da ich mein Geschäft mit Dampfkraft eingerichtet habe, bin ich in den Stand gesetzt die Wolle sehr schnell fertig zu machen auch die Preise im kratzen, spinnen und weben herunter zu setzen. Auch nimmt der Webermeister Trems am Kirchhofe Wolle für mich entgegen. Für reelle und gute Arbeit wird gesorgt und bittet um geneigten Zuspruch

J. Voss, Tuchmachermeister.       

Schönberg, Hinterstraße Nr. 75.


Bekanntmachung.

Von heute an werden sämmtliche in meinem Geschäft vorkommenden Arbeiten nach folgenden herabgesetzten Preisen berechnet. Wolle kratzen à Pfd. 20 Pfennig (Mecklenburg)., einfaches Garn spinnen von 30 Pfennig (Mecklenburg)., Strickgarn spinnen, 3= und 4drätig, von 50 Pfennig (Mecklenburg). an. Wolle kratzen, spinnen, weben zu Wollenzeug nebst walken die Elle 40 Pfennig (Mecklenburg).
Sollten meine verehrten Freunde und Gönner, welche über größere Posten verfügen, Schönberg nicht besuchen, so werde ich dieselbe durch mein Fuhrwerk gerne abholen lassen.

Hochachtungsvoll          
J. Kloth, Tuchmacher.       


Für meine                                                    
Wollspinnerei

empfehle ich mich mit Wolle zu spinnen und kratzen nebst Wollenzeug machen. Für einzelnes Garn à Pfund 36 Pfennig (Mecklenburg)., zu Strumpfgarn à Pfd. 64 Pfennig (Mecklenburg)., Wolle zu kratzen à Pfd. 20 Pfennig (Mecklenburg)., Wollenzeug machen 44 Pfennig (Mecklenburg). die alte Elle. Jeden Auftrag führe schnell aus.
Zur Annahme von Wolle haben sich die Herren Kaufmann Rieckhoff=Carlow, sowie die Omnibusführer J. Ditz und Lüsch von hier bereit erklärt und kann dieselbe von dort gegen die Kosten, franko wieder in Empfang genommen werden. Genaue Adresse, sowie Angabe, was von der Wollte gemacht werden soll, wolle man angeben, damit darin kein Irrthum vorkommt.

                                                    H. Kollmorgen,
                                                                              Tuchmachermeister.
Rehna im Mai 1882.                          


Waffen.

Revolver in allen Systemen u. Größen, Jagdgewehre in Perkussion, Lefaucheux und Cetralfeuer, (Lancaster) Büchsflinten, Scheibenbüchsen, Flobert-Salonbüchsen, geräuschlose Techins, Wind- u. Bolzenbüchsen, Schiess-Spazierstöcke, Stockflinten, Lefaucheux-Pistolen, Terzerole, Flobert-Pistolen, Revolver-Portemonnaies, Schlagringe, Todtschläger, Lebensvertheidiger, Dolch- u. Degenstöcke, Säbel, Hirschfänger, Waidmesser, Dolchmesser, Fechterklingen u. Utensilien, Patronen u. Munition aller Art zu allen Schußwaffen, sowie sämmtliche Jagdartikel u. Requisiten für Jäger etc. etc. empfiehlt die Waffenfabrik von

F. W. Ortmann in Solingen.
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Tüchtige Agenten

werden zum Verkaufe von im Deutschen Reiche gesetzlich erlaubten Staats= und Prämien=Loosen, in monatlichen Theilzahlungen, gegen gute Provision und fixem Gehalt angestellt. Franco Offerten zu richten an die Filiale der Bankvereinigung Grün & Co., Frankfurt a. Main.


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                                                    Hamburg, Rödingsmarks 57.


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NB. event. können ca. 40 Scheffel Aussaat Acker mit in Pacht übernommen werden.


Geschäfts-Aufhebung meiner Gold- u. Siberwaaren-Handlung.

Wegen dauernder Kränklichkeit und Verkauf meines Hauses habe ich mich entschlossen mein Geschäft gänzlich aufzugeben und verkaufe von jetzt meine

sämmtlichen Gold= und Silberwaaren
zu bedeutend herabgesetzten Preisen.
Lübeck, Sandstrasse 1006.                                                     W. Kolls.


CHOCOLADEN und CHOCOLADEN-DESSERT,
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Niederlage in Schönberg beim Bäckermeister
Wolgast Siemzerstraße.


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(mit Angabe der Stückzahl,Breite und Höhe) nimmt entgegen                          
                                                    Siebmacher Dehler,
                                                    Coburg, Rosengasse.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Mittwoch den 17. Mai 1882.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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