No. 38
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 17. Mai
1881
einundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 1]

Bekanntmachung.

     Die Sitzungen des Schwurgerichts bei dem Großherzoglichen Landgerichte zu Güstrow für das zweite Quartal d. J. beginnen am

Mittwoch den 8. Juni.

      Rostock, den 13. Mai 1881.

Der Präsident des Großherzoglichen Ober=Landes=Gerichts.
Dr. Budde.


Politische Rundschau.

Der Reichskanzler wird vom Reichstage vor der 3. Lesung der Verfassungsveränderung erklären, daß die Regierung die jährliche Berufung des Reichstages "im October" ablehnt, dagegen die 4jährige Wahlperiode annimmt.
Die "Prov. Korresp." hofft betreffs des Beschlusses, wonach der Reichstag künftig im October berufen werden soll, daß "die Erwägungen, welche gegen diesen Termin sprechen, noch vor der dritten Beratung sich Geltung verschaffen und zu einer Beseitigung jenes Beschlusses führen werden."
Im Jahre 1879 hatte die deutsche Kaiserin einen Preis von 2000 M. für die beste Arbeit über Diphtheritis ausgesetzt und die Entscheidung darüber dem Chirurgenkongreß dieses Jahres zugewiesen. Dieser hat nun in seiner Versammlung, welche im April zu Berlin stattgefunden hatte, keiner der eingegangenen Arbeiten den Preis zuerkannt. Es ist daher eine neue Preisausschreibung mit dem 31. März 1882 als Einsendungs= und dem 30. Sept. desselben Jahres als Entscheidungstermin erfolgt, und zwar in der engeren Fassung des Themas: "Experimentelle Untersuchungen über die Ursache der Diphtheritis und die sich daraus ergebenden praktischen Folgerungen."
Suhl hat sich wieder einmal als die alte gute Waffenschmiede bewährt. Zwei Suhler Fabriken haben auf der Weltausstellung in Melbourne den ersten Preis errungen 1) wie schon berichtet, die Hänel'sche Fabrik und 2) die Firma J. P. Sauer u. Sohn, die älteste Waffenfabrik der Stadt. Die Auszeichnung ist um so ehrenvoller, als sie unter sämmtlichen Ausstellern von Waffen nur diesen beiden, zwei englischen Fabriken und einer belgischen zu Theil geworden ist.
Frankreich. Man studirt in diesem Augenblicke im französischen Finanzministerium die Frage einer neuen Scheidemünze, welche bestimmt sein soll, die bisher im Gebrauch befindlichen Sousstücke zu ersetzen. Man hat erkannt, daß die letzteren allzuleicht oxydiren, und nicht allein die Hände beschmutzen, sondern gewissen Personen, die sich ihrer häufig bedienen müssen, wie z. B. Omnibusconducteuren gefährlich werden können. Die neue Scheidemünze soll nach Art der in Deutschland und Belgien eingeführten, aus einer Nickellegirung bestehen, und zwar will man ihr, um der Verwechselung mit Silber vorzubeugen, eine achteckige Form geben. Modelle dieser neuen Scheidemünze sind vom Münzamt soeben fertiggestellt worden.
Oesterreich. Die Trauung des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich mit der Prinzessin Stephanie hat am 10. Mai Mittags in der Augustinerkirche zu Wien unter Entfaltung des höchsten Pompes stattgefunden. Der Kaiser hat aus Anlaß derselben 22 Stipendien zu je 300 fl. Gold für verschiedene Hochschulen und 100,000 fl. Rente für 10 Freiplätze im Offizierstöchter=Erziehungsinstitute gestiftet, sowie 331 Verurtheilten ganze oder theilweise Amnestie gewährt. - Am Tage vorher hatte im Prater ein Volksfest stattgefunden, das an 500,000 fröhliche Menschen dort zusammengeführt hatte. Polizei war auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers nicht sichtbar. Die Bürger selber hielten die Ordnung aufrecht; etwa 700 Festordner hatten sich freiwillig dazu gemeldet und Alles fügte sich bereitwillig ihren Anordnungen. Gegen 6 1/2 Uhr erschien der Hof in einem Galazuge von einigen 50 Hofequipagen; in dem dichten Menschengedränge war aber das Vorrücken der Wagen äußerst schwierig und schließlich unmöglich geworden, so daß der Kaiser beim Beginn der prachtvollen Illumination, bevor das Ziel der Fahrt, das Rondeau, erreicht war, die Rückkehr nach der Hofburg über die Sophienbrücke befahl. Das Wetter war trotz einiger drohender Wolken dem Feste günstig geblieben.
Rußland. Durch ein Beiblatt des "Regierungsanzeiger" hat Kaiser Alexander von Rußland dem russischen Volke seine Meinung und seinen Willen kund gethan. Wie nicht anders zu erwarten war, denkt der Czar nicht daran, Reformen in dem oft angedeuteten und von der Revolutionspartei geforderten Sinne zu geben, nämlich eine Constitution, Preßfreiheit etc. Im Gegentheil betont er jedenfalls nicht ohne Absicht, das sein durch "verworfene Ungeheuer" getödteter Vater, trotzdem er seinem als Selbstherrscher geleisteten Eide treu geblieben, doch die von der größten Milde und Liebe zu seinen Unterthanen zeugenden Reformen eingeführt habe, in erster Reihe die Befreiung der Bauern von der Sclaverei. Die Nutzanwendung dieser Erwähnung des väterlichen Verdienstes folgt denn auch gleich nach, in dem der Kaiser folgen läßt, daß Gott ihm befehle, die Zügel der selbstherrscherlichen Gewalt festzuhalten. Diese Kundgebung ist der erste weittragende Regierungsact des Czaren.
Nord Amerika. Die ganze Jury des New=Yorker Bezirksgerichtshofes hat gegen die Kapitaine mehrer deutscher und englischer Dampfer Anklage wegen Beförderung einer größeren als gesetzlich gestatteten Anzahl von Passagieren erhoben.
- Habt Acht auf Feuer und Licht! - Ein Sprichwort sagt: "Im Mai ranzen Katzen und das Feuer." Letzteres scheint sich auch dieses Jahr bestätigen zu wollen; denn vielfach begegnet man jetzt wieder in den Zeitungen Nachrichten über hie und da stattgehabte größere und kleinere Brände. In der Nacht zum Montag entstand Feuer in der Wohnung des Büdners Mathiessen zu Selmsdorf, das bald sehr heftige Dimensionen annahm. Nach=

[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 2]

dem ein Bote um halb zwei Uhr die Nachricht von dem Brande nach Schönberg gebracht, wurden von hier aus drei Spritzen zur Hülfe abgesandt, die dem Feuer erst Einhalt thun konnten, nachdem außer dem Mathiessen'schen Hause, Haus und Scheune des Hauswirths Krickhuhn, die Gebäude des Halb=

Fortsetzung in der Beilage.


Anzeigen.

Zur Ausloosung der Geschworenen, welche für die am 8. Juni d. J. bei dem hiesigen Landgerichte beginnenden Sitzungen des Schwurgerichts in die Spruchliste aufzunehmen sind, habe ich auf

Donnerstag, den 19. Mai 1881,
Vormittags 11 Uhr,

eine öffentliche Sitzung des Großherzoglichen Landgerichts in dem Saal der Civilkammern anberaumt.
Güstrow, den 14. Mai 1881.

Der Präsident des Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinschen Landgerichts.
von Amsberg.


Antragsmäßig soll über die zu Boitin=Resdorf belegene Büdnerstelle Nr. 1 des Arbeitsmanns Ludwig Möller aus Rabensdorf ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Mittwoch, den 18. Mai d. Js.,
Vormittags 11 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen Besitzer als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 28. Februar 1881.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


In Sachen betreffend den Concurs über das Vermögen des Oelmüllers A. Capell zum Hammer ist von dem unterzeichneten Concursgerichte zur Beschlußfassung über den nunmehrigen seitens eines Gläubigers beantragten Verkauf der Lockwischer=Mühle, sowie zur event. Feststellung der Verkaufsbedingungen Termin auf

Freitag den 27. Mai 1881,
Vormittags 10 Uhr,

anberaumt, zu welchem die nicht präcludirten Gläubiger unter dem Nachtheil, daß sie an die Beschlüsse der erschienenen gebunden sein sollen, hiemit vorgeladen werden.
Schönberg, den 12. Mai 1881.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Holz=Auction Nr. 35.

Am Dienstag den 24. Mai Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Lenschow in Selmsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.

a. Aus den Hohemeiler Tannen.

20 Rmt. eichen und birken Knüppel
1 1/2 Fuder buchen Durchforstholz
2 Stück tannen Bauhölzer
ca. 580 Rmt. tannen Kluft und Knüppel
18 Fuder tannen und fichten Durchforstholz von Schleetstärke
12 Rmt. tannen Rodestämme.

b. Aus den Pahlinger Tannen.

40 Rmt. tannen Rodestämme.
Nähere Auskunft ertheilt Herr Förster Polle zu Hohemeile.
Schönberg, i. M. den 13. Mai 1881.

Der Oberförster:               
C. Hottelet.        


Torf-Bezug zu ermäßigter Taxe.

Seit Jahren mußte auf dem Gr. Rüntzer und den übrigen Carlower Torfmooren eine unverhältnißmäßig gr. Quantität Torf, weil solcher von Schönberger Einwohnern, welche zur ermäßigten Taxe Torf erhalten, nicht begehrt werden, mit großen Verlüsten für die Torfkasse auf späten Auctionen verschleudert werden. Um diesen Unzulässigkeiten in Zukunft vorzubeugen, werden diejenigen obgedachten Einwohner Schönbergs, welche im Sommer 1880 keinen Torf genommen haben, aufgefordert, sich bis zum 15. Juni d. J. beim Landreiter Struck oder beim Unterzeichneten zu melden, wenn sie in diesem Sommer Torf wünschen. Leute, welche trotz Anmeldung den Torf nicht in Empfang nehmen, sehe ich mich genöthigt, auf der Torfliste zu streichen.
Schönberg den 14. Mai 1881.

Der Oberförster:               
C. Hottelet.        


Unterzeichnete machen hierdurch bekannt, daß an Stelle des verstorbenen Aeltermannes des V. Districts, Hauswirth H. Retelsdorf in Rieps, der Hauswirth J. Hecht in Schlagresdorf wieder zum Aeltermann dieses Districts ernannt ist.
Schönberg den 9. Mai 1881.

Die Direction der Feuerassecuranz=Societät im Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.         F. Stüve.


Die diesjährige Frühjahrs=Versammlung des Landwirthschaftlichen Vereins findet am

Montag den 30. Mai 1881
Morgens 11 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst statt, zu welcher Namens des Vorstandes ergebenst einladet

der Secretair des Vereins       
W. Heincke.               


Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt
            Die Anstalt ist zur Zinszahlung vom
Dienstag den 7. Juni d. J.
bis
Sonnabend 11. Juni d. J.,
beide Tage einschließlich, von                          
8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
geöffnet.                                                    
                                                    Das Directorium.


Nachdem uns von der Direction der hiesigen Vorschuß und Ersparniß=Anstalt die Summe von 500 M. und vom Herrn Organisten Meier der Ertrag des im vorigen Jahre von ihm veranstalteten Kirchen=Concertes mit ca. 130 M. überwiesen sind, stehen uns incl. des voraussichtlichen Ergebnisses der Lotterie, deren Loose fast alle angebracht sind, 11-1200 M. zum Bau der projectirten Freitreppe zur Disposition. Wir ersuchen nun alle Bau=Unternehmer hiesigen Fürstenthums, welche geneigt sind, für obige Summe eine Freitreppe herzustellen, ihre Risse und Kosten=Anschläge nebst einem mit Zahl oder Motto versehenen, den Namen enthaltenden verschlossenen Couverte bis zum 25. d. M. beim Herrn Pastor prim. Kaempffer einzureichen.

Das Comite.       


Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend hiermit zur Nachricht, daß wir zum bevorstehenden Frühjahrsmarkte wieder mit einer großen Auswahl von holsteinischem Fußzeug für

Herren, Damen und Kinder

anwesend sein werden, gute reelle Waaren zu den billigsten Preisen versprechend. Wir bitten um gütigen Zuspruch.

Johannes Rohwedder,        
Ferdinand Rohwedder,       
aus Preetz in Holstein.         

Die Bude mit Damenfußzeug steht vor dem Hause des Herrn Wieschendorf am Markt.


Bergmann's
Sommersprossen-Seife
zur vollständigen Entfernung der Sommersprossen, empf. à Stück 60 Pfennig (Mecklenburg). Apotheker Herold, Ratzeburg.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 3]

Wegen Veränderung des Geschäftslokals
sollen bis zum 1. Juni sämmtliche noch vorhanden
Oeldruckbilder
sowie eine große Anzahl                          
Photographien, Kupferstiche etc.
zu jedem annehmbaren Preise verkauft werden in
                                                    F. W. Kaibel's
                                                    Kunsthandlung
                                                    Lübeck, Breitestrasse 787.


Logo der Hagelassekuranz
Die Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg,
gegründet auf Gegenseitigkeit und Allerhöchst bestätigt 1847,

gewährt ihren Mitgliedern die unzweifelhafteste Sicherheit und regulirt die vorkommenden Schäden durch Abschätzung ihrer eigenen Interessenten.
Im verflossenen Jahre waren wiederum unsere Beiträge von allen deutschen Hagelversicherungs=Gelellschaften die niedrigsten, nur 25 Pfennig (Mecklenburg). von 100 M. Versicherungssumme. Dabei konnten wir 2700 M. zum Reservefonds legen, welcher jetzt = 7200 M. = beträgt.
Wir laden zum Beitritt in unsere Gesellschaft ein.
Schönberg im Mai 1881.

Direction der Hagelversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.
A. Wigger.         Wilh. Heincke.
Lenschow-Grieben.     Kröger-Lockwisch.     Bade-Ollndorf.     Heitmann-Klocksdorf.     Mette-Pahlingen.     Oldörp-Sülsdorf.


Gesellschaft zu gegenseitiger Hagelschäden-Vergütung in Leipzig.
Begründet im Jahre 1824.

Die Gesellschaft versichert Bodenerzeugnisse aller Art gegen Hagelschaden mit oder ohne Stroh. - Bei Mitversicherung des Strohes tritt Prämienermäßigung ein. - Vergütung des Schadens von ein Fünfzehntel ab. - Auszahlung der Schadensummen innerhalb vier Wochen nach Feststellung voll und baar. - Mehrjährige Versicherte enthalten resp. 4 und 5 % Rabatt.
                          Versicherungssumme seit Bestehen der Gesellschaft 1329 3/4 Millionen.
                          Bezahlte Schäden seit Bestehen der Gesellschaft 15 1/4 Millionen.
Relative Durchschnittsprämie der letzten 10 Jahre einschließlich 2 Mal erhobener Nachschüsse 83 6/10 Pfg. pro 100 Mark.
Zu Vermittelung von Vesicherungsanträgen empfehlen sich die unterzeichnete General=Agentur, sowie der Vertreter:

Herr Rentier J. H. Grass in Schönberg i. M.
Güstrow im Mai 1881.                          
                                    Die General=Agentur.
                                                    J. H. Wiencke.


Wilhelm Reimers
Schirmfabrikant
empfiehlt sein großer Lager von
Regen=, Sonnen= und Moden=Schirmen.
Großes Lager von Spazierstöcken.
Reparaturen, sowie Ueberziehen der Schirme, werden prompt und billig ausgeführt.
Lübeck, Kolstenstrasse 184, Ecke d. Schüsselbuden.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 4]

Bitte um schleunige Hülfe.

In der Nacht vom Sonntag auf Montag ist Selmsdorf durch ein Brandunglück heimgesucht worden, wobei 2 Hauswirthe und 10 Familien, meistens Arbeitsleute und Wittwen und unversichert, ihre Sämmtliche Habe verloren haben. Wir bitten die bekannte Mildthätigkeit der Bewohner unseres Fürstenthums und besonders der Stadt Schönberg uns Gegenstände und Gaben, welcher Art sie auch sein mögen, zu senden, um die erste Noth zu lindern.

Selmsdorf, den 16. Mai 1881.
P. Buschow, Kaufmann.
H. Faasch, Schulze.       
A. Horn, Pastor.              


Torfverkauf.

Besten Backtorf verkaufe im Laufe dieses Sommers Tausend Soden vom Moor zu 4 M., denselben frei vor die Thür in Schönberg geliefert, zu 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). und nehme Bestellungen gerne entgegen.

Wilhelm Vock.       


Den Herren Landleuten empfiehlt zur geneigten Abnahme sein ganz vorzügliches

Braunbier.
Preis pro 1/1 Tonne - 8 M.
Preis pro 1/2 Tonne - 4 M.
Preis pro 1/4 Tonne - 2 M.
Ratzeburg im Mai 1881.                          
                                                    Aug. Stapelfeldt,
                                                    Brauereibesitzer.


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren

besuchen werde; als Damenstiefel in Zeug, Glacèe, Chagrin und Roßleder; dasselbe für Mädchen und Kinder; Promenaden und Halbschuhe mit und ohne Absatz von Zeug und Leder, Kinderstiefel in allen Größen, Herrnstiefeletten zu den billigsten Preisen.
Mein Stand ist vor der Apotheke.

J. Schleuß,                          
Schuhmachermeister aus Lübeck.       


Meine, Siemzerstraße Nr. 177 befindliche, früher J. Wagnersche

Kegelbahn

empfehle ich allen Kegelliebhabern zur gefälligen Benutzung ganz ergebenst.

J. H. Grass.       


Den geehrten Herrschaften in Schönberg und Umgegend empfehle ich meinen Siemzerstraße Nr. 177 jetzt vollständig eingerichteten

50 Pfg.=Bazar

zum recht fleißigen Besuch ganz ergebenst

F. Nespithal.       


Am Markttage
im Lokale der Frau Köster                          
Concert
mit Gesang-Vortrag
von 4 Damen und 2 Herren im Husaren=Costüm.
                                                    J. Braun, Direktor.


Scheibenschießen

Zu dem bei mir am Sonntag d. 22. und Montag den 23. d. M. stattfindenden Scheibenschießen nach Gewinnen ladet ergebenst ein.

Carlow.                                                     W. Creutzfeldt.


Zu dem am Himmelfahrtstage sowie am Tage darauf stattfindenden

Scheibenschießen

lade ich hierdurch ergebenst ein.

Tanzmusik findet am Freitag den 27. Mai statt.
Schießbedarf wird von mir gehalten.
1 Satz von drei Schüssen kostet 1 M.
                                                    Gastwirth Kaven
                                                    Pogetz.


Einladung zum                          
Scheibenschießen
nach Gewinnen,
am Sonntag d. 29 u. Montag d. 30. d. M.
Ein Satz von 3 Schüssen kostet 1 M. Büchsen und Schießbedarf wird von mir gehalten. Auf 1 Satz von 3 Schüssen kann nur 1 Gewinn fallen.

Neuewelt.                                                     J. Holst.
Die Gewinne sind folgende:                          
1. ein Pflug, 2. eine Kommode, 3. eine Uhr, 4. eine Lampe, 5. ein Tisch, 6. eine Lampe, 7. zwei Stühle, 8. Zwei Eimer, 9. ein Stuhl, 10. ein Stuhl, 11. ein Stuhl.


Verzinnte
Milchsatten
in vorzüglicher Waare zu Fabrikpreisen empfiehlt
                          Heinr. Pagels
Lübeck, Breitestrasse 945 b. Markt.


Tesch's Restauration.
Heute und Morgen

      Krebs=Suppe
      Beafsteack
      Kalbs=Braten
      Kalte Küche
      Marienthaler=Bier
      Kieler=Bier
      Wismarsches=Bier,

wozu freundlichst einladet
                                                    F. Tesch.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Montag den 12. Mai 1881.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Direction.
Steiner.                          Frels.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 38 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 17. Mai 1881.


hufners Bruhn sämmtlich, ferner ein Kathen des Eigenthümers Lohse und ein solcher des Eigenthümers Schütt total niedergebrannt waren. Gerettet wurde außer einigem Vieh fast nichts, welcher Umstand das Unglück noch bedauerlicher macht. Wir verweisen hier noch auf einen Aufruf um Hülfe aus Selmsdorf im Inseratentheile dieses Blattes.
Ein noch größeres Unglück hat sich in dem holsteinischen Dorfe Steinrade zugetragen, wo am Sonnabend Nachmittag gleichfalls durch Feuer 62 Häuser zerstört sein sollen.
- Prinz Wilhelm von Preußen ist zum Hauptmann im Ungarischen Infanterie=Regiment Nr. 34, dessen Oberstinhaber sein Kaiserlicher Großvater ist, ernannt. Die Uniform des Regiments hatte er zum ersten Mal auf der großen Praterfahrt am Sonntag getragen. Nicht ohne Interesse ist die liebenswürdige Art und Weise, in welcher Kaiser Franz Josef seinem jugendlichen Gaste die Ernennung zum Offizier mittheilte. Als Prinz Wilhelm bei seiner Ankunft in Wien, vom Kaiser aufs Herzlichste begrüßt, den Perron des Nordwestbahnhofes betrat und die Front der dort en pleine parade aufgestellten Ehrenkompagnie abgeschritten hatte, fragte ihn Kaiser Franz Josef, wie ihm die Ungarn seines Kaiserlichen Großvaters gefallen. Auf die rasche Antwort des Prinzen: "Ueberaus gut, Majestät", erwiderte der Kaiser: "Nun wohl, so ernenne ich Dich zum Hauptmann in diesem Regiment." Freudig bewegt dankte der Prinz. Die Kaiserlichen Wagen, im ersten Prinz Wilhelm zur Rechten des österreichischen Monarchen, rollten hinaus nach Hietzing, wo die Prachtzimmer des sogenannten Kaiserstöckel zur Aufnahme für die Berliner Gäste hergerichtet waren. Beim Betreten seines Zimmers harrte, dem "Tgbl." zufolge, des Prinzen eine freudige Ueberraschung, dort lagen für ihn sämmtliche Stücke der Hauptmanns Uniform seines neuen Regiments ausgebreitet: Dunkelblauer Waffenrock mit krapprothem Kragen und Aermelaufschlägen, auf letzteren die silbernen Bärentatzen das Abzeichen der ungarischen Regimenter, weiße, glatte Knöpfe, lichtblaue Pantalons, dunkelblauer Czako. Rasch warf sich der Prinz in seine neue Uniform und präsentirte sich vor seiner überraschten Gemahlin als Oesterreichisch=Ungarischer Offizier.
- In Norwegen gab es 1849 nur 415 Pfarrstellen, 1859 - 474, 1869 - 530, 1879 - 579. Während man dort die Kirche ausbaut und die Gemeinden immer besser mit Predigt versorgt, werden in Deutschland die Pfarrstellen aus Mangel an Dotation - zusammengelegt und hunderte sind vacant. Seht, die - Wilden sind doch bessere Menschen.
- Die Dresdener Schlachtviehausstellung zeigte 622 Stück Pracht=Thiere von seltener Schönheit und Jugend. Die Ehrenpreise wurden mit besonderer Rücksicht auf züchterische Leistungen ertheilt. Als maßgebende Grundsätze waren folgende Momente aufgestellt: Individualität (Bau, Frühreife, Feinknochigkeit, Hautbeschaffenheit), Mästungsgrad bezüglich der Fleisch= oder Fetterzeugung, Alter und relatives Gewicht der Thiere. Interessant war auch die Ausstellung landwirthschaftlicher Geräthschaften: Milchkühlbassins aus Cement, Reinigungsmaschinen, Schrotmühlen u. a. m.
- Ein Hauptort der deutschen Veilchenzucht ist gegenwärtig Potsdam, wo einzelne Gärtner den Winter hindurch 20,000 Töpfe stehen haben, von denen etwa 5000 in Blüthe gehalten werden und die täglich über 100 Dutzend Blumen zu liefern im Stande sind. Der Preis pro Dutzend schwankt im Winter je nach dem Angebot und der Nachfrage zwischen 30-70 Pfennigen. In Berlin und Charlottenburg, sowie auch besonders in Leipzig, wird die Veilchenzucht in ähnlichem Maßstabe betrieben. Selbst Veilchenbäume hat die kunstreiche Hand des Gärtners zu erziehen vermocht. Er verhindert eine längere Reihe von Jahren hindurch das Blühen der Pflanze und sucht dieselbe immer aufrecht zu ziehen indem er die unteren Blätter und Ausläufer sorgfältig entfernt. Dadurch erhält er allmählich eine Art Bäumchen von fast palmenartigem Aussehen bis zur Höhe von 14 cm, welche im Frühjahre durch ihre schöne Blätterkrone, sowie durch ihre auffallend reiche Blüthenentwickelung einen reizenden Anblick gewähren.
- Gegenwärtig erregt in Frankreich eine Zwergin Aufsehen, die an Kleinheit nichts zu wünschen übrig läßt. Das vier Jahr alte Dämchen, eine Holländerin von Geburt, die unter dem Namen "Prinzessin Paulina" vorgeführt wird, ist 38 Centimeter hoch, also kleiner als ein neugeborenes Kind normaler Größe, die mindestens 50 Centimeter beträgt. Ihre Gliedmaßen sind wohlgeformt, der Kopf jedoch ist im Verhältniß zur Körpergröße ziemlich dick. Sie hat ein blasses, aber kluges Gesicht, gute Zähne, eine zarte Stimme, aber schwache Beinchen, die bei großer Lebhaftigkeit und Beweglichkeit ihres Wesens doch ihren Gang schwerfällig machen; die stärkste Stelle ihres Unterschenkels hat noch nicht ganz 10 Centimeter Umfang; ihr Gewicht beträgt 6 1/2 Pfund. Ihre Geschwister unter denen sie das siebente ist, haben alle das gewöhnliche Größenmaß.
- Die Verwendung der chemischen Patent=Wärme=Apparate scheint sich mehrfach auszudehnen, so z. B. auf künstliche Brutanstalten, medizinische Kompressen, große Trocken=Einrichtungen etc. Eine Aktiengesellschaft in Berlin sucht beim Erfinder Chemiker A. Nieske in Dresden um die Erlaubniß nach, kleine versilberte Apparate zum Erwärmen des kalten Bieres herstellen zu können. Die fingergroßen Silbercylinder werden jedem Gaste, der etwas "Uebergeschlagenes" verlangt, sauber auf einem Teller servirt, um sich nach Gutdünken die Temperatur selbst herzustellen. Das Erhitzen der sämmtlichen Patent=Wärmeapparate wird bewerkstelligt, wenn dieselben ca. 10 Minuten in siedendem Wasser gekocht werden, bis die Füllung flüssig ist. Die größeren Apparate, wie Bett=, Schlitten= und Waggonwärmer, können allenfalls in einem Ofen, auf einen Untersatz gestellt, erhitzt werden; man Vermeide jedoch, die Apparate auf glühende Platten zu stellen, damit dieselben nicht, wie alle andern Metallgegenstände auslöthen.
- Wie das Rauchen, so wurde auch das Schnupfen in früherer Zeit verfolgt, ja bestraft. Papst Urban III. Setzte sogar auf Letzteres den Bannfluch. Aber die leidige Gewohnheit ließ sich nicht ausrotten, trotz aller harten Strafen, mit denen man sie bedrohte. Unter Ludwig XIII. von Frankreich wurde das Schnupfen schon zum allgemeinen Bedürfnisse, dem selbst schöne Damen huldigten. So schnupfte die erste Königin von Preußen, Sophie Charlotte, eine hannoversche Prinzessin, die man ihrer ungewöhnlichen Bildung wegen, die philosophische Königin nannte. Zu den großen Schnupfern zählen Prinz Eugen, der edle Ritter, dessen Nase stets einer Torfgrube glich und König Friedrich II. von Preußen, der die größte und kostbarste Dosensammlung besaß.
- Die Bayern halten etwas auf einen guten Magen und melden jetzt auch, daß ein bayrischer Arzt die erste Magenoperation vorgenommen hat. Ein "sicherer Kuntz Seytz von Paffengereuth" hatte 1522 in einem Streit einen Stich in den Magen erhalten (denn die Bayern waren schon damals mit dem Messer schnell bei der Hand) und litt schwer daran. Da erweiterte ein Arzt mit einem T-Schnitte die Bauchdeckenwunde, zog den Magen hervor, reinigte die Wunde und legte vier Hefte an. Kuntz Seytz war in 14 Tagen geheilt. "So geschehen in Regenspurgh", wie ein uraltes und seltenes Büchlein von 1522 meldet, ohne den Namen des Operateurs zu nennen. Chloroformirt konnte freilich damals noch nicht werden.
- In einer Versteigerung von Autographen in Leipzig wurden für ein eigenhändiges Notenmanuscript von Franz Schubert ("Der Fischer" und

[ => Original lesen: 1881 Nr. 38 Seite 6]

"Wanderes Nachtlied" von Göthe) 302 M., für ein Clavierstück von Robert Schumann (meist eigenhändig) 355 M. bezahlt.
- Ein neuer Schwindel wird von Leipzig aus in Scene gesetzt. Bemittelte Personen, in erster Linie Gutsbesitzer, erhalten mit der Anzeige, daß an ihre Adresse eine Kiste mit vorzüglichen Cigarren anlangen wird, die Bitte, selbige einer geneigten Prüfung zu unterziehen, worauf gewiß Weiterbestellungen folgen werden, da auch bereits die Herren so und so geschätzte Kunden des Leipziger Hauses etc. sind. Die avisirte Kiste kommt, wird geöffnet und als erste Prise zeigt sich eine ziemlich hohe Rechnung für die soeben in Empfang genommenen Cigarren! In allen Fällen, wo ohne Bestellung Waaren zugeschickt werden, ist es das richtige Verhalten, daß man dem Absender mittelst eingeschriebenen Briefes den Empfang der Waare anzeigt und ihm dieselbe "zur Disposition" stellt, gleichzeitig bemerkend, daß sie bis zu einem gewissen Datum abgeholt sein muß. Die gemachten Auslagen läßt man sich vor Aushändigung der Waare zurückerstatten.
- Ueber den Einfluß ununterbrochenen Sonnenlichtes auf die Entwicklung der Pflanzen hat Professor Schübler in Christiania fast 30 Jahre hindurch eingehende Beobachtungen und Versuche angestellt und die höchst interessanten Resultate derselben vor Kurzem veröffentlicht. Die Sommer im Skandinavischen Norden sind bekanntlich kurz und ihre mittlere Temperatur ist wegen des schrägeren Auffallens der Sonnenstrahlen niedriger als in südlicheren Gegenden, dafür ist aber die Bestrahlung wegen der langen Tage eine fast ununterbrochene, und dieser Umstand erzeugt nach Schübler folgende Wirkungen: 1) die in niederen Ländern erzeugten Samen reifen, in höheren Gegenden ausgesät, früher, und wenn mehre Jahre hintereinander solche Körner auf den hohen Fjälds gezogen werden, so behalten ihre Nachkommen, auch nach den früheren Standorten zurückgebracht, diese Eigenschaft bei. 2) Aus südlichen Ländern im nördlichen eingeführte Samen nehmen an Größe und Gewicht zu, verkleinern sich aber nach dem Süden zurückgebracht, allmählich zu ihren früheren Dimensionen. 3) Je weiter nach Norden - bis zu einer gewissen Grenze - desto stärker ist die Entwicklung des Farbestoffes und des Aromas in Blättern, Blüthen und Früchten, wie umgekehrt die Zuckerhaltigkeit abnimmt. Blumen, Früchte und Gemüse, die in Schweden wachsen, sind daher im Norden größer, dunkler und glänzender gefärbt und wohlriechender als im Süden, aber weniger süß, so daß manche Früchte und Gemüse trotz ihres schönen Aussehens unschmackhaft und selbst ungenießbar werden. Anhaltendes Licht vergrößert also nach Schübler in den Vegetabilien das Aroma, intensivere Hitze die Süßigkeit. In welchem Verhältnisse die vegetabilischen Alkaloide, also diejenigen Bestandtheile der Pflanzen, welche auf den thierischen Körper als Arzneien oder Gifte eine mehr oder weniger energische Wirkung ausüben, durch jeden der beiden genannten Faktoren, Licht und Wärme beeinflußt werden, das erklärt Schübler, habe er nicht zu entscheiden vermocht.
- Sonnenschein. Es ist verkehrt, das Sonnenlicht aus den Zimmern abzusperren oder vielleicht gar solchen, die nach Norden gelegen sind, vor andern den Vorzug zu geben, in der Meinung, daß die Sonne viel Schaden anrichte an den Möbeln und Tapeten desselben. Mag es sein, daß manche Farben im Sonnenschein schneller verbleichen, Vorhänge und Rouleaux darum schneller zerreißen, so ist dieser Schade doch viel geringer als derjenige, welcher an den Menschen selbst angerichtet wird, die ohne Sonnenschein leben. Wenn die Sonne an Häusern und Hausrath zuweilen etwas ruinirt, so erhält sie dafür auch eben so viel, denn sie verscheucht Mäuse, Motten und anderes Ungeziefer, das nur da nistet, wo Licht und Luft nicht hinkommen, und im Dunkeln ein viel gefährlicheres Zerstörungswerk treibt. Moder, Pilze, Schwamm, Feuchtigkeit mit aller Art schädlicher Einwirkungen für Gebäude, Möbeln und Menschen entwickeln sich nur da, wo keine Sonne hinkommt und es ist bekannt, daß fast bei allen Seuchen die sonnigen Wohnungen diejenigen sind, in denen sie sich zuletzt oder gar nicht zeigen. "Wo die Sonne nicht hinkommt, kommt der Arzt hin", ist ein sehr wahres Sprichwort. In manchen Familien - zumal bei den weiblichen Mitgliedern derselben - gehört es zum guten Ton, die Zimmer zu verdunkeln, und jeden hereinfallenden Sonnenschein wie ein Hochverräther am Dasein zu betrachten. Damen, die am Abend die Zimmer mit Gas oder hochgeschraubten Petroleumlampen nicht blendend und stechend genug erhellen können, geben vor, nicht ins Sonnenlicht sehen zu können, und während sie am modernen Kaminfeuer oder glühendheißem eisernen Ofen es ganz behaglich finden, gilt ihnen die Wärme der belebend strahlenden Sonne für unerträglich! Sie und die Kinder werden ängstlich davor behütet - nur um die Weiße der Haut nicht zu verderben, wie es sonst dem Körper ergehen mag, ist dabei gleichgültig! Aber man kann ja Augen und Haut schützen durch schirme, Hüte und Tücher. - Unter Umständen gibt es für unzähliges Uebelbefinden kein besseres Heilmittel als sich in die Sonne zu setzen. Mehr als manches irisch=römische und andere Bad wirkt solch ein Sonnenbad, wie das Tausende aus eigener Erfahrung bestätigen können. Auch in die Krankenzimmer bringt der Sonnenschein weit sicherer Linderung und Genesung, als das Verhängen der Fenster und tausend andere innerlich oder äußerlich verschriebene Mittel. Man versuche es nur einmal mit der "Sonnenkur."
- Die verödete Stadt. Unter dieser Ueberschrift bringt das "Schwarze Blatt" Beilage der "Germania", folgendes scherzhafte Zukunftsbild: "Der Reichstag, die Reichsregierung und der Hof hatten längst Berlin verlassen. - Im Palais Radziwill war der Kongreßsaal als Chambre garnie für 1 Thlr. monatlich ohne alle Miethssteuer ausgeboten, aber er fand keinen Abnehmer, weil der Küster an der Invalidenkirche behauptete, es spuke dort. - Auf der Leipzigerstraße weideten die arbeitslosen Rosse der Pferdebahngesellschaften das üppige Gras ab, das auf dem Asphalt emporgewuchert war. - Das alte Reichstagsgebäude war an den Käsefabrikanten Valentin vermiethet, der sich wegen des schlechten Geschäftes in der menschenleeren Leipzigerstraße auf der bestaubten Rednertribüne mit einem verlorenen Bleistifte vom Bundesrathstische erstach. - Unter den Linden wurde ein Engländer todt gefunden, der sich in der menschenleeren Gegend verlaufen hatte und verhungert war. - Die Stadtbahn hatte alle Bahnhöfe eingehen lassen, weil Niemand in der Stadt mehr Lust und Geld zum Fahren hatte. - Die Spittelkirche reichte aus, um alle Christen Berlins am Sonntag zu fassen. Die Juden waren sämmtlich in die neue Hauptstadt gezogen und hatten Paulus Cassel und Dr. Henrici mitgenommen. - Oben auf den hohen Fabrikschornsteinen in der Chausseestraße lag ein ewiger Schnee. - Auf dem Spittelmarkt wurde ein Wolf erlegt und im Thiergarten wurde von conservativen Parteihäuptern eine Bärenjagd veranstaltet, deren Ausbaute Frau Lina Morgenstern in der letzten Volksküche briet. - In der Börse saß ein alter Uhu auf den vergessenen Actien der "Vereinsbank." Die Museen waren ausgeräumt bis auf das neue Bild von Rubens, welches die Transportkosten nicht lohnte. - Im Café Bauer kostete die Melange 3 Pfennig aber niemand trank sie. - In der Passage hatte der Besitzer des Panopticums sich selbst in das Schaufenster gestellt, weil er kein Wachs mehr bezahlen konnte. - An der Universität hörte ein halb Dutzend Studenten das einzige Kolleg über die einstige Größe Berlins. - Auf der Friedrichstraße war nur Fritz Käpernick zu sehen, der sich einsam zu einem Dauerlauf durch die Sahara vorbereitete. - Eugen Richter war spurlos verschwunden, er wurde erst als Mumie in dem verödeten Redactionsbureau der "Vossischen Zeitung" wieder gefunden. - Der Magistrat und die Stadtverordneten beschlossen, ihre Sitzungen nach Dalldorf zu verlegen, da diese durch die Irrenanstalt groß gewordene Stadt längst Berlin an Bevölkerung überflügelte. - Als die armen Stadtväter in Dalldorf ankamen, erhob sich ein Gelächter, so groß und so stark, - -, daß Fürst Bismarck erwachte. Er hatte blos geträumt; als er aus dem Fenster sah, war die Stadt noch die alte, und ein Droschkenkutscher rief aus dem Trubel der Straße zu ihm herauf: Nee, Männeken, bange machen jilt nich!"


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