No. 36
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 10. Mai
1881
einundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 1]

      Die sogenannten , auf welche unbemittelten Kranken ärztliche Hülfe gewährt wird, werden fortan

für die Vogtei Schlagsdorf (mit Ausnahme von Gr. Mist und Raddingsdorf) durch den Landreiter a. D. Krüger in Schlagsdorf;
für Cronscamp, Kuhlrade, Klocksdorf, Röggelin und Schaddingsdorf durch den Landreiter Struck in Carlow;
für Hof und Dorf Demern durch Herrn Oberamtmann Wicke
ausgestellt.
      Schönberg, den 4. Mai 1881.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
W. v. d. Lancken.


Politische Rundschau.

Deutschland. In der Sitzung vom 6. Mai erledigte der Reichstag als zweiten Gegenstand der Tagesordnung, die Fortsetzung der Debatte vom Tage vorher, bezüglich der Abänderung einiger Artikel der Reichsverfassung. In namentlicher Abstimmung wurde der Gesetzentwurf laut Vorschlag der Kommission mit 140 gegen 129 Stimmen angenommen, also die Einberufung des Reichstags hat alljährlich im Monat October stattzufinden, die vierjährige Legislaturperiode wird bewilligt. Ob die Regierung nach dieser Abstimmung den Gesetzentwurf zur dritten Lesung bringen wird, ist zweifelhaft, da ihr an einer vierjährigen Legislaturperiode ohne zweijährige Etatvorlage nicht viel gelegen sein kann. Als dritter Gegenstand der Tagesordnung erfolgte die dritte Lesung und Annahme des Gesetzentwurfs mit 180 gegen 131 Stimmen nach der Regierungsvorlage, betreffend: Die Miethssteuer für die Dienstwohnungen der Reichsbeamten.
In Kiel sind am 3. d. M. die Panzerfregatten "Preußen", "Friedrich der Große" und der Aviso "Grille" mit Flaggenparade und in Wilhelmshaven die Panzerfregatten: "Friedrich Karl" und "Kronprinz" in Dienst gestellt. Die Schiffe werden am 24. d. M. in Kiel zu einem Uebungsgeschwader, dessen Chef Kapitän zur See v. Wickede ist, vereinigt werden. Die Uebungen sind, wie im Vorjahre, in der Nord= und Ostsee in Aussicht genommen.
Aus Königsberg, 28. April, wird berichtet: Der Bezirk der hiesigen Oberpostdirection läßt gegenwärtig 600 Einspännerwagen für die Landbriefträger anfertigen, die sich durch das Praktische der Einrichtung, sowie besondere Eleganz auszeichnen. Der Sicherheit wegen ist das Innere des Wagens mit Eisenblech ausgeschlagen. Das Pferd muß sich der Briefträger selbst beschaffen; er bekommt für Unterhaltung desselben eine jährliche Vergütung von 7 bis 800 M., während der Wagen ihm unentgeltlich zur Disposition gestellt wird. Die Gumbinner Postdirection schafft 400 solcher Wagen für ihren Bezirk an.
Frankreich. Nachrichten aus Tunis zufolge hat der Bey eine neue Protestnote erlassen, in welcher er um den Schutz der Mächte bittet und sein Schicksal in die Hände der Großmächte und der Türkei legt.
Oesterreich. Kronprinz Rudolf traf mit seiner Braut, Prinzessin Stephanie und dem Belgischen Königspaar am 6. d. in Wien ein. Der Kaiser war zum Empfang anwesend, begrüßte die Ankommenden herzlich und hieß die Gäste willkommen. Hierauf verfügten sich die hohen Herrschaften, von dem jubelnden Zuruf der Kopf an Kopf gedrängten Bevölkerung empfangen, nach dem Lustschloß Schönbrunn, wo die Kaiserin der Braut und ihren Eltern entgegentrat.
Prinz und Prinzessin Wilhelm von Preußen, die Gäste des Kaiserlichen Hofes von Deutschland bei der Hochzeitsfeier des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich und der Prinzessin Stephanie von Belgien, sind am 7. Mai Vormittags mit ihrem Gefolge auf dem festlich geschmückten Nordwestbahnhof mit dem fahrplanmäßig um 9 Uhr fälligen Zuge in Wien angekommen. Der Deutsche Botschafter Prinz Reuß war den Prinzlichen Herrschaften bis zur Grenze entgegengefahren. Kaiser Franz Joseph und Kronprinz Rudolf, beide in der Uniform des preußischen Kaiser=Franz=Garde=Regiments, warteten mit ihrem Gefolge auf dem Perron. Von Damen war nur die Gemahlin des Botschafters, Prinzessin Reuß, zugegen. Die Begrüßung erfolgte mit herzlichem Handschlage. Prinzessin Wilhelm, welche ein marineblaues Reisekleid trug, war von herzgewinnender Freundlichkeit. Die Regimentsmusik spielte die preußische Nationalhymne. Prinz und Prinzessin Wilhelm schritten die Front der Ehrencompagnie ab. Danach fuhren Kaiser Franz Joseph und Prinz Wilhelm, Kronprinz Rudolf und Prinzessin Wilhelm je in einer offenen Hofequipage nach Hietzing zum sogenannten Stöckl. Die Kaiserin Elisabeth empfing und erwiederte sofort den Besuch der Berliner Gäste. - Der Bahnhofsperron war für das Publikum abgesperrt. Große Mengen bildeten in den Straßen Spalier und begrüßten die Passirenden mit begeisterten Hochrufen.
England. Das Gericht hat beschlossen, den Sozialisten "Most" wegen Aufreizung zum Mord vor das Criminalgericht zu stellen. Gleichzeitig wurde der Grundsatz festgestellt, daß jede Veröffentlichung, welche den Zweck habe, gegen Monarchen anderer Staaten und andere Personen zum Mord anzuregen, wie ein Verbrechen gegen die englischen Sitten behandelt und streng bestraft werden müsse.
Im Oberhaus erklärte der Staatssecretair des Auswärtigen, Lord Granville, England könne um so weniger etwas gegen das Einrücken der fran=

[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 2]

zösischen Soldaten in Tunis haben, als die französische Regierung bestimmt erklärt habe, sie denke nicht an eine Annexion dieses Landes. Jedoch sei es Pflicht der englischen Regierung, darauf zu achten, daß Ungehörigkeiten sich nicht zutragen.
Die englische Corvette "Doterel" ist in der Magellan=Straße, an der Südspitze von Südamerika in die Luft geflogen. Die Zahl der dabei umgekommenen Personen wird auf mindestens 140 geschätzt. Das Unglück scheint durch eine Explosion der Pulverkammer verursacht zu sein.
Türkei. Der griechisch=türkische Streit geht endlich zu Ende. Der Sultan hat die von den Großmächten vorgeschlagene Grenzlinie zwischen der Türkei und Griechenland angenommen. Wenn die Großmächte und der Sultan einig sind, so werden die Griechen nicht wider den Stachel lecken.
Die Untersuchung wegen der Ermordung des Sultans Abdul Aziz soll nun auch die Art und Weise, wie das Verbrechen begangen worden ist, ans Licht gebracht haben. Wie der Correspondent des "Standart" meldet, soll die erste Anzeige von einer der Frauen in Mahmud Damat's Harem, die sich vernachlässigt und schlecht behandelt fühlte, ausgegangen sein. Ein gewisser Fahri Bey, der zweite Kämmerer und Vertraute des Sultans Abdul Aziz, sei für die Ausübung des Verbrechens gewonnen worden. An dem hierfür bestimmten Abende habe er vor Allem Wachen an die Thüren der Appartements der Sultanin=Mutter gestellt, um dieselbe zu verhindern, zu ihrem Sohne zu gelangen. Hierauf führte er zwei Eunuchen und einen professionsmäßigen Ringkämpfer Namens Pomak Ibrahim, einen Bulgarischen Muhamedaner, in das Schlafzimmer des Sultans. Er selbst warf denselben auf das Sopha, setzte sich ihm auf den Kopf, um ihn am Schreien zu hindern, und rief dann dem Ibrahim zu, mit einem Dolch die Schlagadern an des Sultans Armen zu öffnen, während die beiden Schwarzen dessen Beine festhielten. Ibrahim öffnete zuerst die Ader am rechten Arme; aber dem Sultan, der ein Mann von beträchtlicher Körperkraft war, gelang es, sich von der Last Fahri's zu befreien. Dieser faßte nun sein Opfer aufs Neue und versetzte dem unglücklichen Abdul Aziz so heftige Stöße, daß er demselben mehrere Zähne einschlug, worauf Ibrahim auch die Ader am linken Arme öffnete. Der Sultan wurde in Folge des Bluthverlustes bald ohnmächtig und fiel zu Boden, worauf die Mörder das Gemach verließen, nachdem sie dem Sterbenden eine Scheere in die Hand gegeben, um dem Anschein des Selbstmordes zu erwecken. Fahri kehrte bald darauf allein zurück, als ob er eben erst im Pallaste eingetroffen wäre, fingirte Besorgniß, als er die Thür an des Sultans Schlafgemach verschlossen fand, allamirte den Pallast und ließ schließlich die Thür aufsprengen, worauf man Abdul Aziz bereits entseelt fand. Fabri wußte nun seine Rolle so gut zu spielen, daß ihn nicht der mindeste Verdacht traf, und er war es auch, der die Version verbreitete, der Sultan habe in einem Anfalle von Schwermuth sich selbst getödtet. Bald nach der Katastrophe erschien Hussein Avui Pascha und ordnete die Aufbahrung der Leiche an. Dieselbe soll mehrere Stiche im Leibe gehabt haben; die Aerzte, welche berufen wurden, um ihr Gutachten über die Todesart abzugeben, bekamen nur die Arme und das Gesicht des Todten zu sehen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Rüschenbeck belegene Vollstelle Nr. 1 c. p. des Schulzen Heinrich Wigger daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend den 11. Juni d. Js.
Vormittags 11 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 24. März 1881.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Unterzeichnete machen hierdurch bekannt, daß an Stelle des verstorbenen Aeltermannes des V. Districts, Hauswirth H. Retelsdorf in Rieps, der Hauswirth J. Hecht in Schlagresdorf wieder zum Aeltermann dieses Districts ernannt ist.
Schönberg den 9. Mai 1881.

Die Direction der Feuerassecuranz=Societät im Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.         F. Stüve.


Zum 24. October d. J. wird ein                          
erfahrenes Mädchen
für alle häuslichen Arbeiten gesucht von                          
                          B. Schmidt,
                                                    Pastorin in Lübsee.


Den Herren Landleuten empfiehlt zur geneigten Abnahme sein ganz vorzügliches

Braunbier.
Preis pro 1/1 Tonne - 8 M.
Preis pro 1/2 Tonne - 4 M.
Preis pro 1/4 Tonne - 2 M.
Ratzeburg im Mai 1881.                          
                                                    Aug. Stapelfeldt,
                                                    Brauereibesitzer.


Zum Kochen und Einmachen empfiehlt sich den geehrten Herrschaften ganz ergebenst

Auguste Stockfisch       
Wittwe.                  


Herren= und Knaben=
Strohhüte
in großer Auswahl empfiehlt                          
                                                    B. Gartz.


Filz=, Stoff= und Seiden=Hüte
zu billigen Preisen hält vorräthig                          
                                                    B. Gartz.


Schöne Saatgerste
ist zu verkaufen auf dem Pachthofe Demern.
Demern den 4. Mai 1881.        


Gutes Kuh=Heu
hat zu verkaufen                                                    
Schönberg.                                                     W. Maass.


Besten engl. Chlorkalk
Besten frischen Seifenstein.
                          empfiehlt
                                                    Aug. Spehr.


C. Präfcke,
Mahlzow.

Hiermit mache ich den Herren Hauswirthen und denjenigen Leuten, welche Sensen in ihrem Gebrauch haben müssen, die ergebene Anzeige, daß bei mir wieder die besten

Schmiede= u. Fabriken=Sensen

zu haben sind.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 3]

Gesucht: Ein tüchtiger Reisender für die Landkundschaft, der neben andern Artikeln gegen hohe Provision den Verkauf nach Mustern von Teppichen, Läufern, Tapeten, Rouleaux, Gardinenleisten, Wachstuchen jegl. Art, Möbelbezügen etc. etc. für ein leistungsfähiges Detailgeschäft zu übernehmen geneigt ist.
Offerten sub Ho. 1517 b. bef. Haasenstein & Vogler, Lübeck.


Nicht zu übersehen!
Prima Engl. Chester Käse
In Brod. von 6-8 Pfund per Pfund M. 1.20.
Engl. Reis-Stärke,
hoch fein! die beste der Welt.
von Orlando Jouos u. Co. London,
Packete von 4 Pfund engl. per Pfund 38 Pfennig (Mecklenburg).
Buisquits von Peek, Frean & Co. London.

          Medium Mixed per 1 Pfund 85 Pfennig (Mecklenburg).
          Prima Mixed per 1 Pfund 80 Pfennig (Mecklenburg).
          Cocoa Nut per 1 Pfund 80Pfennig (Mecklenburg).
          Kindergarten 55 Pfennig (Mecklenburg).
          Albert 75 Pfennig (Mecklenburg).
          Milch Buiscuits 65 Pfennig (Mecklenburg).

Buiscuit Pulver für Kinder,
von Aerzten sehr empfohlen, per 1 Pfund 70 Pfennig (Mecklenburg).
Engl. Frucht-Essenzen
von Bailey u. Sohn,
von 5-60 M. per 1/2 Ko.
~~~~~~~~
Gelegenheitskauf.
Holländische Cigarren, per 1000 20 M.
Commercio Cibre, per 100 2,30 M.
~~~~~~~~
Versendung per Nachnahme oder Baarsendung.
Specialitäten Companie
Hamburg, Alterwall 64.


Aufn.=Anmeld. i. Technikum Buxtehude b. Hambg. erb. schleun. d. Dirct.-Progr. grat.


Torfverkauf.

Besten Backtorf verkaufe im Laufe dieses Sommers Tausend Soden vom Moor zu 4 M., denselben frei vor die Thür in Schönberg geliefert, zu 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). und nehme Bestellungen gerne entgegen.

Wilhelm Vock.       


Nach allen Ländern Europas versende ich meine vorzüglich singenden Kanarienvögel unter Garantie lebenden Eintreffens und der Güte. Meine Broschüre I. und II. à 50 Pfennig (Mecklenburg). franco.

R. Maschke,                      
St. Andreasberg im Harz.               


Zu dem am Himmelfahrtstage sowie am Tage darauf stattfindenden

Scheibenschießen

lade ich hierdurch ergebenst ein.

Tanzmusik findet am Freitag den 27. Mai statt.
Schießbedarf wird von mir gehalten.
1 Satz von drei Schüssen kostet 1 M.
                                                    Gastwirth Kaven
                                                    Pogetz.


Die Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrentenversicherungen, Kapital=Einlage , Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Commissions=Geschäfte durch das unterzeichnete Bureau zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt.

Bureau der Mecklenburgischen Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schönberg.
W. Stephan.       W. H. Schacht.


Gesellschaft zu gegenseitiger Hagelschäden-Vergütung in Leipzig.
Begründet im Jahre 1824.

Die Gesellschaft versichert Bodenerzeugnisse aller Art gegen Hagelschaden mit oder ohne Stroh. - Bei Mitversicherung des Strohes tritt Prämienermäßigung ein. - Vergütung des Schadens von ein Fünfzehntel ab. - Auszahlung der Schadensummen innerhalb vier Wochen nach Feststellung voll und baar. - Mehrjährige Versicherte enthalten resp. 4 und 5 % Rabatt.
                          Versicherungssumme seit Bestehen der Gesellschaft 1329 3/4 Millionen.
                          Bezahlte Schäden seit Bestehen der Gesellschaft 15 1/4 Millionen.
Relative Durchschnittsprämie der letzten 10 Jahre einschließlich 2 Mal erhobener Nachschüsse 83 6/10 Pfg. pro 100 Mark.
Zu Vermittelung von Vesicherungsanträgen empfehlen sich die unterzeichnete General=Agentur, sowie der Vertreter:

Herr Rentier J. H. Grass in Schönberg i. M.
Güstrow im Mai 1881.                          
                                    Die General=Agentur.
                                                    J. H. Wiencke.


Mecklenburgische Lebensversicherungs- und Spar-Bank in Schwerin.
Bilanz ultimo April 1881.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Mecklenburgische Lebensversicherungs- und Spar-Bank.
Aug. Kirchner,                                                    C. L. F. Soltau,          
   Director.                                                  General-Bevollmächtigter.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 4]

Vom 2. Januar cr. bis heute sind nachgehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
        1) vom Vogt Ollrogge=Menzendorf 1 Kuh 135 Mark
        2) vom Hauswirth Boye=Retelsdorf 1 Pferd 425 Mark
        3) vom Hauswirth Rußwurm=Lockwisch 1 Pferd 100 Mark
        4) vom Lehrer Koopmann=Niendorf 1 Kuh 135 Mark
        5) vom Müller Krieckhahn=Selmsdorf 1 Kuh 135 Mark
        6) vom Büdner Jabs=Schlagsdorf 1 Kuh 135 Mark
        7) vom Büdner Krellenberg=Zarnewenz 1 Kuh 135 Mark
        8) vom Hauswirth Mette=Pahlingen 1 Pferd 250 Mark
        9) vom Büdner Faasch=Selmsdorf 1 Kuh 135 Mark
      10) vom Arbeitsmann Hellmann=Mechow 1 Kuh 135 Mark
      11) vom Pächter Pumplün=Carlow 1 Kuh 135 Mark
      12) vom Büdner Jabs=Hilgenland 1 Pferd 200 Mark
      13) vom Hauswirth Planthaber=Gr. Mist 1 Pferd 200 Mark
und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 70 Pfennig (Mecklenburg). pro 100 M. Versicherungssumme am

Sonnabend den 14. Mai d. J. Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 4. Mai 1881.

Direction der Viehversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.
J. Boye-Rabensdorf.       Wilh. Heincke.


Logo der Hagelassekuranz
Die Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg,
gegründet auf Gegenseitigkeit und Allerhöchst bestätigt 1847,

gewährt ihren Mitgliedern die unzweifelhafteste Sicherheit und regulirt die vorkommenden Schäden durch Abschätzung ihrer eigenen Interessenten.
Im verflossenen Jahre waren wiederum unsere Beiträge von allen deutschen Hagelversicherungs=Gelellschaften die niedrigsten, nur 25 Pfennig (Mecklenburg). von 100 M. Versicherungssumme. Dabei konnten wir 2700 M. zum Reservefonds legen, welcher jetzt = 7200 M. = beträgt.
Wir laden zum Beitritt in unsere Gesellschaft ein.
Schönberg im Mai 1881.

Direction der Hagelversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.
A. Wigger.         Wilh. Heincke.
Lenschow-Grieben.     Kröger-Lockwisch.     Bade-Ollndorf.     Heitmann-Klocksdorf.     Mette-Pahlingen.     Oldörp-Sülsdorf.


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren

besuchen werde; als Damenstiefel in Zeug, Glacèe, Chagrin und Roßleder; dasselbe für Mädchen und Kinder; Promenaden und Halbschuhe mit und ohne Absatz von Zeug und Leder, Kinderstiefel in allen Größen, Herrnstiefeletten zu den billigsten Preisen.
Mein Stand ist vor der Apotheke.

J. Schleuß,                          
Schuhmachermeister aus Lübeck.       


Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend hiermit zur Nachricht, daß wir zum bevorstehenden Frühjahrsmarkte wieder mit einer großen Auswahl von holsteinischem Fußzeug für

Herren, Damen und Kinder

anwesend sein werden, gute reelle Waaren zu den billigsten Preisen versprechend. Wir bitten um gütigen Zuspruch.

Johannes Rohwedder,        
Ferdinand Rohwedder,       
aus Preetz in Holstein.         

Die Bude mit Damenfußzeug steht vor dem Hause des Herrn Wieschendorf am Markt.


Tanz=Unterricht!

Einem hochgeehrten Publikum Schönberg's und der Umgegend die ergebene Anzeige, daß der Tanz= und Anstandsunterricht am Mittwoch den 11. Mai Nachmittags 5 Uhr beginnt.
Unterrichts=Lokal bei Herrn J. Boye.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    ergebenst
                                                    J. Dohrmann,
                                                    aus Lübeck.


Danksagung.

Allen Denen welche unsere gute Mutter und Schwiegermutter zu ihrer letzten Ruhestätte begleiteten, sagen wir unsern innigsten Dank.
Schönberg den 5. Mai 1881.

W. Fischer u. Frau.       


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Montag den 9. Mai 1881.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Direction.
Steiner.                          Frels.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 36 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 10. Mai 1881.


Land und Leute in Tunis.

Die ehedem berüchtigten Raubstaaten an der nordafrikanischen Küste wurden damals nach ihren Hauptstädten Algier, Tunis und Tripolis genannt. Nachdem der erste im Jahre 1830 von den Franzosen erobert worden war, nannten sie die neue Provinz Algerien (Algérie), und der Umstand, daß in den letzten Jahren nach ihrem Vorgange für den zweiten der Name Tunesien (Tunisie) üblich geworden ist, könnte fast als Vorbedeutung angesehen werden, daß er ebenfalls dem Schicksale französischer Annexion nicht entgehen werde, sollte dieselbe zuerst auch nur durch ein Protectorat über Tunis vorbereitet werden; erstrebt wenigstens haben die Franzosen dieses Ziel schon lange, angeblich, um der beständigen Beunruhigung ihrer algerischen Besitzung durch räuberische Grenzstämme ein Ende zu machen, in Wahrheit aber, um der Erweiterung des Machtkreises Italiens entgegenzutreten, welches durch seine Nähe und seine daraus hervorgegangenen engen Handelsbeziehungen schon seit langer Zeit einen bedeutenden Einfluß auf Tunis ausgeübt hat. Tunesien, schon im Alterthume wegen seiner günstigen Lage ein von den Mittelmeerstaaten viel umworbenes Land, ist etwa 2100 Quadratmeilen groß, von denen etwa 23 % fruchtbares Land, 32 % Hochlandsteppen, der Rest aber Wüsten sind. Letztere nehmen den südlichen Teil des Landes ein und verlaufen in die Wüste Sahara. Das Klima ist günstig und der Boden in zunehmender Kultur begriffen. Man züchtet Rindvieh, Schafe, Pferde, Dromedare, baut Getreide, Hülsenfrüchte, Obst, Wein und alle Arten von Südfrüchten und gewinnt Salz, Salpeter, Blei, Quecksilber und auch Gold, da viele Bleiminen goldhaltig sind. Die Bevölkerung mag sich auf zwei Millionen belaufen; sie ist meist arabischer Abstammung, in den übrigen Bestandtheilen aber in Folge des mannigfachen Wechsels der Völker, welche das Land nach und nach erobernd durchzogen und theilweise sich darin niederließen, sehr gemischt. In den Gebirgs= und Steppenländern führen die Bewohner ein beinahe unabhängiges, nomadisirendes, fast nur der Viehzucht und Räuberei gewidmetes Leben, in den Tieflanden treiben sie Acker= und Gartenbau; Handel und Industrie liegen fast nur in den Händen der Europäer. Die Hauptstadt Tunis, die mit dem algerischen Hafenplatze Boua durch eine allerdings noch nicht ganz ausgebaute Eisenbahn verbunden ist, zählt 150,000 Einwohner und liegt am Ende des Salzsees El=Bahira, etwa 45 Kilometer vom Meere entfernt. Auf dem Punkte, wo der See mit dem Meere in Verbindung steht, liegt die Festung La Goletta (la Goulette), welche die Zufahrt zur Hauptstadt beherrscht. Ungefähr 15 Kilometer entfernt liegen nordwestlich die Ruinen von Karthago. In alter Zeit gehörte Tunis nach einander den Karthagern, Römern, Vandalen, Griechen, Arabern. Unter der Herrschaft der letzteren entwickelte es sich nach und nach zu einem der gefürchtetsten Seeräuberstaaten und veranlaßte dadurch den Kreuzzug Ludwigs des Heiligen und den Eroberungszug Karl V. Im Jahre 1575 wurde es durch Semlin II. der Herrschaft der türkischen Sultane unterworfen und seitdem durch Bey's regierte die allmählich eine immer größere Unabhängigkeit von der Pforte erlangten. Letztere erkannte im Jahr 1871 die Autonomie von Tunis an, übertrug der Familie des Bey die erbliche Regierung nach dem Erstgeburtsrechte, erließ den Tribut und behielt sich nur die Investitur und Entscheidung über Krieg und Frieden vor. Es ist demnach Tunis ein fast ganz selbständiger Staat und kaum mehr als dem Namen nach noch eine Regentschaft der Türkei; die politischen und socialen Zustände darin sind außerordentlich kläglich. Mit wenig Ausnahmen waren die Beys roh, gewaltthätig, gewissenlos und unsittlich und wurden früher von der Soldateska, später durch eine Günstlingswirthschaft beherrscht. Auch der jetzige Bey, Mohammed es Saddock, der bereits seit 1859 regiert und als gutmüthig, aber als unverständig und sittenlos geschildert wird, steht ganz unter dem Einflusse seines Ministers Mustapha=Ben=Ismail, da derselbe mit Geschmeidigkeit in alle Wünsche und Launen seines Herrn sich fügt. Das tunesische Militär (das reguläre ist auf dem Papiere 20,000, in Wirklichkeit etwa 10,000 Mann stark) ist in seinem Wesen wie in seiner Erscheinung außerordentlich kläglich. Es wird im Frieden hauptsächlich zur Steuereintreibung verwandt. Vor den Franzosen hat es sich bis jetzt auf Anordnung des Bey überall zurückgezogen, weil dieser weder feindlich gegen sie auftreten, noch gemeinschaftlich mit ihnen gegen die räuberischen Grenzstämme vorgehen will. Die Einschließung der aus 4 Stämmen bestehenden etwa 12,500 waffenfähige Männer zählenden Krumirs in ihrem wald= und schluchtenreichen Gebirgslande nördlich vom Madjerda=Flusse scheint von den französischen Operationskolonnen größtentheils bewirkt zu sein; ihre Bewältigung bleibt aber doch fraglich, zumal wenn, wie es heißt, ein sogenannter heiliger Krieg gegen die Eindringlinge auch unter den übrigen Stämmen gepredigt wird.


- Weil die Blattern in Wien herrschen, hat sich der Kaiser in Wien impfen lassen. Seine ganze Familie und sein ganzer Hofstaat sammt allen Dienern mußten daran.
- Als der Reichskanzler vor einigen Tagen in Berlin die Linden entlang und weiter nach dem Schlosse zu fuhr, stürzte auf dem Opernplatze das eine seiner Wagenpferde und war vom Kutscher nicht wieder auf die Beine zu bringen. Da eilte der vorüber gehende Müllergeselle Trost hinzu und griff so thatkräftig mit ein, daß das Thier unverletzt sich erheben konnte. Fürst Bismarck wollte die geleistete Hilfe mit einem Goldstück belohnen, doch Trost, der übrigens den Reichskanzler nicht erkannte, wies das Geld mit den Worten zurück: "Nein mein Herr bei uns in Sachsen (Trost ist nämlich aus Erfurt gebürtig) nennt man das Menschenpflicht und nimmt keine Bezahlung dafür!" Dem Fürsten imponirte dieser Stolz und er ließ Namen und Wohnung des Mannes notiren, worauf er unter Dankesworten den Trost entließ und seinen Wagen wieder bestieg. - Am Montag Vormittag erschien nun ein Schutzmann in der Wohnung des Trost und forderte ihn auf, sofort mit seinen Legitimationspapieren nach dem Polizei=Bureau an der Friedrichsgracht zu kommen. Hier theilte ihm der Polizei=Lieutenant mit, daß auch nach seiner Heimath eine Anfrage über sein Vorleben ergangen sei. Falle dieselbe günstig aus, so beabsichtige der Reichskanzler, ihn in seine Dienste zu nehmen.
- In Graz ist Graf Theodor Auersperg, der einzige Sohn des bekannten Dichters (Anastasius Grün) kaum 22 Jahr alt gestorben. Er erlag den Folgen eines Sturzes mit dem Pferde.
- Aus London wird unterm 5. Mai gemeldet: Gestern machte man den ersten Versuch einer telephonischen Verständigung zwischen Dover und Calais. Als Verbindung wurde das Kabel benutzt; trotzdem einzelne Dräthe desselben wie gewöhnlich für den telegraphischen Dienst verwendet wurden, gelang der Versuch vollkommen, man hörte sehr deutlich und unterschied vollkommen die Stimmen der Sprechenden. Der Erfinder des bei diesem Versuche verwendeten telephonischen Apparates erklärt auf das Bestimmteste, daß auch die telephonische Verbindung zwischen London und New=York durch das transatlantische Kabel möglich sei.

[ => Original lesen: 1881 Nr. 36 Seite 6]

- Sehr sehenswerth ist die Mastvieh=Ausstellung in Berlin. Es sind 1013 Thiere von 142 Ausstellern ausgestellt und was für Thiere, 368 Rinder, 401 Schafe und 224 Schweine - von vielerlei Rassen und Kreuzungen. Der Kaiser, das landwirthschaftliche Ministerium und die Stadt Berlin haben Preise ausgesetzt und man will diese künftig mehr noch den Züchtern guter Rassen als den Mästern zuwenden.
- Zu der Dresdener Mastviehausstellung, welche vom Landwirthschaftlichen Kreisverein Dresden und der dortigen Fleischerinnung veranstaltet ist und vom 7. bis 9. Mai in den Markthallen des Central=Schlachthofes abgehalten wird, sind bereits zugeführt zumeist junge Thiere ausgesuchter Rassen, kollossale Fleischmassen auf dem Leibe. Unter den Rindern giebt es Exemplare, die bis 2700 Pfund lebend wiegen, halbjährige Mastkälber bis 500, nur 20 bis 21 Wochen alte Schweine 300 und 12 bis 15 Monate alte Lämmer 150 Pfund schwer. Die 24 Preisrichter haben eine gewiß nicht leichte Aufgabe; es gilt 4420 M. Geldprämien, sowie 50 silberne und 75 broncene Medaillen nebst Diplomen in gerechter Weise zu vertheilen.
- Von Deutschen in Nordamerika ist der großartige Plan gefaßt worden, in den Vereinigten Staaten eine deutsche Universität nach deutschem Vorbilde zu gründen und derselben zum bleibenden Andenken der glorreichen Erhebung Deutschlands "Kaiser Wilhelms=Universität" beizulegen. An dieser Universität sollen ausschließlich Männer von wissenschaftlichem Ruf und Bedeutung als Lehrer herangezogen, eine Fühlung mit den deutschen Universitäten und Hochschulen soll angestrebt und somit den in Amerika lebenden Millionen Deutscher Gelegenheit geboten werden, ihren Söhnen heimathliche Bildung selbst geben zu können. Als "Ort" sind verschiedene Städte der Union in Vorschlag gebracht worden, u. A. Chicago, Cincinnati, Brooklyn, Albany etc., vornämlich aber Milwaukee als nicht zu große, gesund gelegene und gewissermaßen deutscheste Stadt der Union. Mit dieser Stadt werden augenblicklich Verhandlungen angeknüpft und sollen nach Abschluß derselben Sammelplätze bei in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Paris, London etc. lebenden und weilenden Deutsch=Amerikanern, dann noch in allen größeren Städten Nordamerikas errichtet werden. Das Unternehmen ist auf 2 Millionen Dollars vorläufig veranschlagt worden.
Frankfurt a. M. Am 10. Mai sind 10 Jahre seit dem Tage verflossen, an welchem hier im Gasthause zum Schwanen Fürst Bismarck und die französischen Unterhändler den Friedensvertrag unterzeichneten. Die Stadt Frankfurt rüstet sich mit Macht, um den Gedenktag nach Gebühr zu feiern. Ein Festzug, gebildet aus zahlreichen Kriegervereinen von nah und fern, aus Gewerken und hiesigen Vereinen verschiedener Art mit Fahnen, Emblemen und Musikcorps, aus Vertretern unserer staatlichen und städtischen Behörden wird bereits am 8. Mai die Festlichkeiten eröffnen und gleichzeitig dem Kongreß deutscher Kriegervereine, welcher an demselben zusammentritt, den Gruß der Stadt darbringen. Ein Festbanket im Zoologischen Garten, ein Kriegercommers, die Schmückung unseres Kriegerdenkmals, eine Fahrt nach dem Niederwald (Nationaldenkmal), endlich Volksbelustigungen verschiedener Art werden die Tage des 9. und 10. Mai ausfüllen und den Beweis dafür liefern, daß Frankfurts Bewohner den Tag, an welchem Deutschland nach hartem Kriege der Frieden wiedergegeben wurde, nicht vergessen haben.
- Dem russischen "Golos" zufolge droht unserer deutschen Spiritus=Industrie ein mächtiger Concurrent. Das genannte Blatt schreibt: Da für den Roggen unter günstigen Bedingungen in Deutschland kein Absatz zu finden ist, so lange die Zölle nicht aufgehoben sind, habe die russische Regierung die Pflicht, dafür zu sorgen, daß der russische Landwirth sein Product in anderer Weise verwehrten könne, und dies sei nur möglich, wenn sie die Viehzucht und die mit der Landwirthschaft verbundene Industrie begünstigt. Die letztere aber könnte nur durch Einrichtung vieler kleiner Brennereien gehoben werden. Da so raisonnirt der "Golos", der deutsche Markt dem russischem Roggen verschlossen ist, für denselben aber in anderen Ländern (Italien, Spanien u. dgl.) kein Absatz zu finden ist, müsse er in Spiritus verwandelt und in solche Länder ausgeführt werden, in welchen dieser bereitwillige Abnahme findet. Da man in Rußland praktische Rathschläge ziemlich schnell zu realisiren versteht, dürfte der Zeitpunkt nicht fern sein, in welchem der deutsche Spiritus auf den südeuropäischen Märkten einem Concurrenten begegnet.
- Benedek hat das, was er namentlich 1866 erlebt hat, sorgfältig niedergeschrieben. Bei seinen Lebzeiten hat er nie ein Wort über seine Erlebnisse gesprochen und sein Ehrenwort gegeben, daß er seine Memoiren nicht veröffentlichen werde, so lange er lebe. Nach meinem Tode, sagte er einmal zu einem vertrauten Manne, wird die Welt erfahren, daß ich an dem Unglücke Oesterreichs unschuldig war; und ein andermal sagte er, meine Memoiren sind in Sicherheit.
- Aus Stuttgart wird der "Nordd. Allg. Ztg." geschrieben: Eine Spielaffaire, welche unter dem Offiziercorps des hiesigen Ulanenregiments sich zutrug, macht hier viel von sich reden. Es wurden verhältnißmäßig sehr große Summen verloren und den Gewinner, einen jungen Lieutenant aus einer der ersten Adelsfamilien des Landes ertappte man schließlich in flagranti dabei, daß er sein Glück nicht sowohl Fortuna, als lediglich seiner Fertigkeit, mit welcher er sich auf das corriger la fortune verstand, zu verdanken habe. Die Theilnehmer an der Spielpartie, ausschließlich Lieutenants, wollten ihren Kameraden nicht ins Unglück stürzen und versprachen ihm, kein Wort von der Sache verlauten zu lassen, wenn er sofort das Regiment verlasse. Der Abschied wurde dem jungen Mann auch "behufs Uebertritt in preußische Dienste" bewilligt, und er trat, da wie gesagt Niemand außer den Mitspielern etwas von der Affaire wußte, bei einem hannoverschen Ulanenregiment ein. Dort war aber die Sache mittlerweile ruchbar geworden und der Lieutenant wurde sofort entlassen. Hier findet jetzt die kriegsgerichtliche Aburtheilung des ganzen Falles statt, und werden sich vor dem Kriegsgericht nicht allein der Hauptschuldige, sondern auch die Mitspieler zu verantworten haben, und zwar darüber, daß sie von der Affaire keine Anzeige machten und ruhig zusahen, als ihr in ihren Augen so schwer kompromittirter Kamerad Mitglied eines anderen, von seiner Vergangenheit nichts ahnenden Offiziercorps wurde.
- Nicht mehr ganz neu ist folgende Geschichte. Zwei Geschäftsreisende für feuerfeste Geldschränke begegneten einander im Hotel und rühmten ihren Artikel. Mein Haus, sagte der eine, stellt den unzerstörbaren Geldschrank her. Jüngst setzte man zur Probe einen Hahn in den Schrank und stellte den Schrank selbst auf einen brennenden Holzstoß. Als das Feuer ausgebrannt war, öffnete man die Thüre und heraus kam frisch und munter der Hahn und krähte. Das ist noch gar nichts, entgegnete der Concurrent. In unseren feuerfesten Geldschrank setzten wir ein Huhn und schoben dann den geschlossenen Schrank in einen Hochofen der Borsig'schen Fabrik. Als wir nach einer Stunde den Schrank herausnahmen, war die Panzerung halb geschmolzen, das Huhn aber - zu Pulver verbrannt? unterbrach ihn der Concurrent. - Nein es war erfroren.
- Bei Lindau am Bodensee wurden vorige Woche viele Wiesen zum erstenmal gemäht. (Viele werden 5mal jährlich gemäht.)
- Schwedische Zündhölzchen können auch an Schiefertafeln entzündet werden; auch an ledernen und ähnlichen Hosen soll's mit Erfolg geübt werden.
- In Prag hat sich ein Metallgießer mit einer Kinderkanone erschossen, das heißt mit einer Kanone, wie sie den Bleisoldaten beiliegen, mit denen Kinder spielen. Er lud sie mit Pulver und Bleistücken, schoß die Ladung in seinen Mund ab und war sofort eine Leiche.


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