No. 35
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. Mai
1881
einundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 1]

      Die sogenannten , auf welche unbemittelten Kranken ärztliche Hülfe gewährt wird, werden fortan

für die Vogtei Schlagsdorf (mit Ausnahme von Gr. Mist und Raddingsdorf) durch den Landreiter a. D. Krüger in Schlagsdorf;
für Cronscamp, Kuhlrade, Klocksdorf, Röggelin und Schaddingsdorf durch den Landreiter Struck in Carlow;
für Hof und Dorf Demern durch Herrn Oberamtmann Wicke
ausgestellt.
      Schönberg, den 4. Mai 1881.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
W. v. d. Lancken.


Politische Rundschau.

Bismarck hat wieder im Reichstage gesprochen und zwar wider die Miethssteuer für die Reichsbeamten und wider das Berliner Stadtregiment. Er ließ an beiden kein gutes Haar und feuerte einen Schreckschuß wider Berlin ab. Heute nicht, sagte er, aber in der nächsten Session wollen wir ernstlich berathen, ob der Sitz der Reichsregierung und vielleicht auch der preußischen Regierung von Berlin weg nach einem anderen Orte zu verlegen ist. Berlin ist keine gesunde Luft für Regierung und Reichstag und namentlich sind viel zu viel Berliner im Reichstage. Der Kanzler war in sehr ironischer Stimmung, namentlich als er auf seinen Vorredner Richter und auf den Berliner Fortschrittsring zu reden kam, den auch der Oberbürgermeister v. Forckenbeck nicht durchbrechen könne, weil die Herrscher in der Stadtverwaltung die Berliner Partei=Zeitungen an und in der Hand hätten, gegen diese aber Niemand aufmucken möge. In der nächsten Sitzung des Reichstages erklärte der Berliner Oberbürgermeister v. Forckenbeck den Angriffen Bismarcks und v. Mirbachs gegenüber: ein Fortschrittsring, unter dessen Terrorismus Oberbürgermeister und Rath stehen sollen, existirt in Berlin nicht. Politische Einflüsse machen sich in der Berliner städtischen Behörde viel weniger geltend als in kleinen Städten, Richter z. B. übt als Stadtverordneter viel geringeren Einfluß im Rathhaus, denn als Abgeordneter im Land= und Reichstag. Die Miethssteuer habe große Vorzüge und gestatte volle Rücksicht auf den kleinen Mann, zu weiteren gesetzlichen Ausnahmen liege kein Grund vor und auch dem Kanzler gegenüber mußte sich die Stadtverwaltung auf den gesetzlichen Boden stellen. - Wenn Bismarck schießt - und sei's nur ein Schreckschuß - so hört man's im ganzen Reich. Sein Wort über die Verlegung des Reichstages hat in Potsdam und Cassel, in Frankfurt und Nürnberg ein Echo gefunden und eine Stimmung hervorgerufen, als stehe man vor dem großen Loos. Wenn Bismarck mit dem Reichstage anklopfte, alle Thore würden ihm aufgethan.
Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht einen Erlaß, betreffend die Ausführung des Gesetzes wegen Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen der Post und Telegraphen, der Marine und des Reichsheeres in einer Höhe von 52,427,221 M.
Aus Hamburg geht die Nachricht ein, daß im verflossenen Monat 21,117 Personen ausgewandert sind. Eine Anzahl, die bisher noch nicht erreicht worden ist.
In Berlin wird viel über Einführung einer Normalzeit verhandelt. Wenn es zu einer solchen Zeitbestimmung kommt, so wird jedenfalls die Berliner Zeit gewählt werden. Berlin, welches schon den merkwürdigen Vorzug hat, von fast allen Hauptstädten Europas gleich weit entfernt zu sein, hält auch fast genau die Mitte zwischen Eydtkuhnen und Metz und kommt in seiner östlichen Länge dem idealen Reichsmeridian ziemlich nahe, welcher seinerseits von Prag aus um 57 Längensecunden abweicht. Die Zeitdifferenz Metz=Eydtkuhnen beträgt jetzt 67 Minuten. Die der Berliner Zeit würde für Deutschland die praktischste sein als Normalzeit und sie hätte den Vorzug, der in Oesterreich geltenden Prager Zeit möglichst nahe zu kommen, so daß bei angemessener Vereinbarung dieselbe Zeit für beide Reiche bestimmend sein könnte.
England. Für Irland ist die "Habeas corpus" Acte aufgehoben, es bedarf somit nicht erst einer richterlichen Entscheidung zur Verhaftung einer Person; über Dublin ist eine Art Belagerungszustand verhängt worden. Diese Maßregel scheint ergriffen zu sein, weil sich dort oft die Führer versammelt haben, welche das Volk zur Widersetzlichkeit gegen die Regierung und widerrechtlicher Thätigkeit gegen Grundbesitzer auf gereizt haben.
Rußland. Aus Petersburg erfährt die Wiener "Presse": Gelegentlich des nächtlichen Ostergottesdienstes in der Blagawiaschenskij=Kirche wurde ein Nihilist verhaftet. Die Kirche war während des Gottesdienstes von Gendarmen umzingelt worden. Hierauf drängte sich ein Polizei=Offizier mühsam, ohne Aufsehen zu erregen, durch die dichte Volksmenge bis zu dem jungen Manne, den er nun verhaftete. Als die Kirchenbesucher merkten, um was es sich handle, erhob sich ein wahrer Sturm und der junge Mensch wäre gelyncht worden, wenn der Polizei=Offizier ihn nicht mit Selbstaufopferung geschützt hätte. Man hörte die Wuthschreie: Nieder mit dem Mördergesindel, sofort aufhängen, todtschlagen! Der Verhaftete hatte den Kirchenbesuchern nihilistische Proclamationen in die Taschen practicirt. Dieselben enthielten außer den gewöhnlichen Drohungen die Versicherung einer ganz speciellen Rache für den Tod der "Märtyrer=Schwester"

[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 2]

Perowskaja. Die Proclamationen wurden den Leuten von der Polizei sofort abgenommen.
Verhaftung von Nihilisten in Konstantinopel. Der "Köln. Ztg." wird unter dem 27. April aus Konstantinopel geschrieben: Einem Theil der bei der Ermordung des Kaisers Alexander II. von Rußland unmittelbar thätig gewesenen Nihilisten war es gelungen, nach Rumänien zu entfliehen. Wie es scheint wurde die Polizei dieses Landes von Petersburg aus auf die Verbrecher aufmerksam gemacht, und die letzteren entschlossen sich, um der drohenden Verhaftung zu entgehen, nach der Türkei zu entfliehen. Die Polizei der Hauptstadt wurde aus Petersburg und Bukarest von der bevorstehenden Ankunft der Flüchtlinge benachrichtigt und traf alle Maßregeln um sich ihrer bei der Ankunft zu bemächtigen. Als der Dampfer Aunis, welcher der Compagnie des Messageries Maritimes gehört, gestern von Küstendsche hier ankam, begaben sich verschiedene Beamte der geheimen Polizei sogleich an Bord und erklärten vier Männer in deren Begleitung sich drei Frauen und zwei Kinder befänden, für verhaftet. Der Dampfer wurde mit einer Wache besetzt und den Verhafteten die Landung untersagt. Zwei andere Angehörige der Gesellschaft, die schon während der Einfahrt des Dampfers in den Bosporus sich ausgeschifft hatten, wurden noch im Laufe des Nachmittags verhaftet und ins Polizeigefängniß von Stambul abgeführt. Der Polizeiminister hatte heute Morgen eine Unterredung mit dem Großvezir; nachher fuhr der letztere auf die Russische Botschaft. Heute Nachmittag wurden die beiden im Gefängniß befindlichen Nihilisten dort einem Verhör unterworfen, bei dem, wie es heißt, ein Dragoman der russischen Botschaft zugegen war. Ueber das Schicksal der Verhafteten ist noch nichts entschieden; die Polizei glaubt, einen sehr wichtigen Fang gemacht zu haben.


- Zur Warnung für Auswanderer. Folgender Brief eines sächsischen Auswanderers, welcher nach Strehla gerichtet und im Localblatt veröffentlicht ist, hat gewiß auch für weitere Kreise manches Beherzigenswerthe. Derselbe lautet:
"Chicago, 28. Januar 1881. Lieber Wilhelm! Leider ist Deine Prophezeihung eingetroffen; ich wie viele Andere, welche mit mir die Heimath verließen, sind nun hier brodlos, während wir zu Hause unser gutes Auskommen hatten. Die meisten müssen froh sein, wenn sie als Straßenkehrer oder Holzhauer ihr Leben fristen können; von den in Deutschland geträumten Säcken voll Dollars, die wir verdienen könnten, ist keine Spur. Es sind auch zu Viele herüber gekommen, deshalb ist auch der Verdienst so knapp. Die Beutelschneiderei, wie sie an den Landungsplätze stattfindet, spottet aller Beschreibung; bis auf's Blut werden die Auswanderer ausgesogen von den sogenannten Agenten, so daß die meisten, wenn sie das nöthige Geld besäßen, wieder zurückkehren würden, wo sie hergekommen sind. Verflucht sollen die Schufte sein, welche durch falsche Vorspiegelungen die Leute verlocken und Dich, lieber Wilhelm, bitte ich, Dein möglichstes zu thun, daß Diejenigen, welche uns nachzufolgen gedenken, hiervor gewarnt werden. Die Regierung selbst sollte die Sache in die Hand nehmen, dann blieben die Meisten vor den Drangsalen bewahrt, die sie hier erdulden müssen. Ich will Dir erzählen, wie es mir

Fortsetzung in der Beilage.


Anzeigen.

In Sachen, betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das zu Carlow belegene Kruggehöft c. p. des Wilhelm Creutzfeldt daselbst, wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am 2 d. M. abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 3. Mai 1881.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Lotterie
zur Errichtung einer Freitreppe auf der Marktseite der Kirche.

Durch die Anmeldung zahlreicher Geschenke und bereitwilliger Abnahme von Loosen hat die Bevölkerung des Fürstenthums unsern Plan, auch von der Marktseite eine zur Kirche führende Freitreppe zu bauen, in dankenswerther Weise gebilligt und unterstützt. Um jedoch der Lotterie eine möglichst große Ausdehnung geben zu können, bitten wir ergebenst, uns fernerhin durch Geschenke aller Art, - Handarbeiten, Producte der Gewerbe=Industrie, des Handwerks und dergl., - Alles ist willkommen -, zu erfreuen und die Spenden gütigst bis zum Freitag den 27. Mai bei Einer der Unterzeichneten einliefern zu wollen. Die Ausstellung der Geschenke findet am 29. und 30. Mai, die Verloosung derselben an einem der folgenden Tage öffentlich im Schützenhause statt.

Gräfin Agnes Eyben.      Martha Hottelet.      Betty Marung.      Marie Russwurm.      Hedwig Marung.


Kampfgenossen-Verein 1870-71.

Die auf Sonntag den 8. Mai Nachmittags 3 1/2 Uhr anberaumte Versammlung beginnt schon

Nachmittags 2 Uhr.
                                                    Der Vorstand.
                                                    I. A. C. Roepstorff.


Hierdurch erlaube ich mir die ergebene Anzeige zu machen, daß ich am heutigen Tage eine

Fabrik künstl. Mineralwasser

eröffnet habe und wird es mein Bestreben sein, berechtigten Anforderungen Genüge zu leisten.

Ich offerire                                                    
Selter= und Sodawasser à Fl. 10 Pfg.
25 Fl. 2 M. 25 Pfennig (Mecklenburg). excl. Glas,
sowie
Syphons à Fl. 15 Pf. excl. Glas;
Gastwirthen entsprechende Vorzugspreise.                          
                          Hochachtungsvoll
                                                    A. Montag,
                                                    Apotheker.
Schönberg den 1. Mai 1881.


Tüchtige Agenten
werden zum Verkauf von Staats= und Anlehens=Loosen gegen monatliche Ratenzahlungen, gegen hohe Provision, bei Leistungsfähigkeit mit festem Gehalt gesucht.
Offerten an                                                    
                                                    Ernst Zimmermann,
                                                    Hannover.


Den Herren Landleuten empfiehlt zur geneigten Abnahme sein ganz vorzügliches

Braunbier.
Preis pro 1/1 Tonne - 8 M.
Preis pro 1/2 Tonne - 4 M.
Preis pro 1/4 Tonne - 2 M.
Ratzeburg im Mai 1881.                          
                                                    Aug. Stapelfeldt,
                                                    Brauereibesitzer.


Zum Kochen und Einmachen empfiehlt sich den geehrten Herrschaften ganz ergebenst

Auguste Stockfisch       
Wittwe.                  


[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 3]

Besten engl. Chlorkalk
Besten frischen Seifenstein.
                          empfiehlt
                                                    Aug. Spehr.


C. Präfcke,
Mahlzow.

Hiermit mache ich den Herren Hauswirthen und denjenigen Leuten, welche Sensen in ihrem Gebrauch haben müssen, die ergebene Anzeige, daß bei mir wieder die besten

Schmiede= u. Fabriken=Sensen

zu haben sind.


2 einschläfrige Feder=Matratzen,
sowie ein etwas gebrauchter
Baumsattel,
hat billig abzugeben                                                    
                                                    H. Ollrogge,
                                                    Sattlermeister.


Schöne Saatgerste
ist zu verkaufen auf dem Pachthofe Demern.
Demern den 4. Mai 1881.        


Gutes Kuh=Heu
hat zu verkaufen                                                    
Schönberg.                                                     W. Maass.


Nicht zu übersehen!
Prima Engl. Chester Käse
In Brod. von 6-8 Pfund per Pfund M. 1.20.
Engl. Reis-Stärke,
hoch fein! die beste der Welt.
von Orlando Jouos u. Co. London,
Packete von 4 Pfund engl. per Pfund 38 Pfennig (Mecklenburg).
Buisquits von Peek, Frean & Co. London.

          Medium Mixed per 1 Pfund 85 Pfennig (Mecklenburg).
          Prima Mixed per 1 Pfund 80 Pfennig (Mecklenburg).
          Cocoa Nut per 1 Pfund 80Pfennig (Mecklenburg).
          Kindergarten 55 Pfennig (Mecklenburg).
          Albert 75 Pfennig (Mecklenburg).
          Milch Buiscuits 65 Pfennig (Mecklenburg).

Buiscuit Pulver für Kinder,
von Aerzten sehr empfohlen, per 1 Pfund 70 Pfennig (Mecklenburg).
Engl. Frucht-Essenzen
von Bailey u. Sohn,
von 5-60 M. per 1/2 Ko.
~~~~~~~~
Gelegenheitskauf.
Holländische Cigarren, per 1000 20 M.
Commercio Cibre, per 100 2,30 M.
~~~~~~~~
Versendung per Nachnahme oder Baarsendung.
Specialitäten Companie
Hamburg, Alterwall 64.


20 Mark monatlich     Pianinos     ohne Anzahlung
Alte Instrum. werden eingetauscht.     auf Abzahlung     bei Cassa 10 % Rabatt.

frachtfrei nach jeder Bahnstation kostenlos zur Probe und Ansicht liefert die überall gerühmte bestempholene Fabrik

Weidenslaufer.
Berlin, Dorotheen-Strasse 88.
Preiscourant sofort gratis und franco.


Tanz=Unterricht!

Einem hochgeehrten Publikum Schönberg's und der Umgegend die ergebene Anzeige, daß der Tanz= und Anstandsunterricht am Mittwoch den 11. Mai Nachmittags 5 Uhr beginnt.
Unterrichts=Lokal bei Herrn J. Boye.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    ergebenst
                                                    J. Dohrmann,
                                                    aus Lübeck.


Cassler
Pferde-Markt-Lotterie
Ziehung am 1. Juni 1881.

Hauptgewinne: 1 Gewinn im Werthe von M. 10,000. 1 von 6000. 1 von 5000. 1 von 4000. 1 von 3500. 1 von 3000. 1 von 2500. 1 von 2000 und 44 einzelne Wagen und Reitpferde im Werthe von 600 bis 1800 Mrk. sowie 1000 weitere Gewinne im Werthe von 5 bis 300 Mark, zu dieser Lotterie versendet der Unterzeichnete Loose incl. Porto und Spesen:

ein Original=Loos zu 4 Mark
zwölf Original=Loose zu 45 Mark

gegen Einsendung des Betrages oder per Postnachnahme. Jeder Theilhaber erhält die Gewinnliste franco und gratis übersandt, größere aus Pferden und Wagen bestehende werden per Telegramm angezeigt. Da in der Regel die Betheiligung bei dieser Lotterie eine sehr starke ist, so wolle man Bestellungen baldigst machen, um allen Wünschen genügen zu können.

                                                    D. F. Seipp
                                                    Stiftstraße Nr. 26 in Frankfurt a. M.


Magazin
für vollständige
Haus-& Küchen-Einrichtungen.
Lübeck.                                                     Heinr. Pagels,
                                                                Breitestrasse 945 beim Markt.

Mein Lager bietet stets das Neueste und Beste dieser Branche in grösster Auswahl, ich bitte freundlichst sich von der Reichhaltigkeit derselben und Güte der Waaren, bei mässigen Preisen zu überzeugen.
Preiscourante und Verzeichnisse von vollständigen Einrichtungen stehen gerne, gratis und franco zu Diensten.


Bei der am 1. Mai von mir geschehenen Verloosung gewannen folgende Nummern:
       Ls.=Nr.
          706 ein Stuhl
          239 zwei Stühle
          226 ein Stuhl
          816 eine Bettstelle
          420 ein Tisch
          285 ein Eckschrank Nr. 1
          729 ein Eckschrank
          288 ein Sophatisch
          525 ein Sophatisch
          321 ein Kleiderschrank
          182 ein Stuhl
          125 ein Eckschrank mit Glasaufsatz
          132 ein Eckschrank
          482 ein Tisch
            43 eine Bettstelle
          532 zwei Stühle
          403 ein Tisch
          523 zwei Stühle
          704 ein Tisch Nr. 1
          227 ein Stuhl
          547 zwei Stühle
                                                                              Tischlermeister Starr,
                                                                                   Carlow.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 4]

Vom 2. Januar cr. bis heute sind nachgehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
        1) vom Vogt Ollrogge=Menzendorf 1 Kuh 135 Mark
        2) vom Hauswirth Boye=Retelsdorf 1 Pferd 425 Mark
        3) vom Hauswirth Rußwurm=Lockwisch 1 Pferd 100 Mark
        4) vom Lehrer Koopmann=Niendorf 1 Kuh 135 Mark
        5) vom Müller Krieckhahn=Selmsdorf 1 Kuh 135 Mark
        6) vom Büdner Jabs=Schlagsdorf 1 Kuh 135 Mark
        7) vom Büdner Krellenberg=Zarnewenz 1 Kuh 135 Mark
        8) vom Hauswirth Mette=Pahlingen 1 Pferd 250 Mark
        9) vom Büdner Faasch=Selmsdorf 1 Kuh 135 Mark
      10) vom Arbeitsmann Hellmann=Mechow 1 Kuh 135 Mark
      11) vom Pächter Pumplün=Carlow 1 Kuh 135 Mark
      12) vom Büdner Jabs=Hilgenland 1 Pferd 200 Mark
      13) vom Hauswirth Planthaber=Gr. Mist 1 Pferd 200 Mark
und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 70 Pfennig (Mecklenburg). pro 100 M. Versicherungssumme am

Sonnabend den 14. Mai d. J. Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 4. Mai 1881.

Direction der Viehversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.
J. Boye-Rabensdorf.       Wilh. Heincke.


Norddeutsche Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
in Berlin Königgrätzerstraße 53.
Bei weitem größte aller Hagel=Versicherungs=Gesellschaften.
Geschäfts=Resultat pro 1880.
Gesammtzahl: 35028 Mitglieder mit 302126552 Mrk. Versicherungssumme.
Zunahme: 6368 Mitglieder mit 37825997 Mrk. Versicherungssumme.
Durchschnittsbeitrag pro 100 Mark Versicherungssumme (incl. Nachschuß)
A. in den letzten 5 Jahren 86 1/2 Pfg.
seit Bestehen der Gesellschaft 91 1/6 Pfg.
B. Speciell in Mecklenburg Schwerin und Strelitz in den letzten 5 Jahren
(für Halm= und Hülsenfrüchte)
78 Pfg. resp. 67 und 55 4/5 Pfg.

Zu jeder gewünschten näheren Auskunft, sowie Aufnahme von Anträgen sind der unterzeichnete Generalagent, sowie die Haupt= und Special=Agenten der Gesellschaft jederzeit gern bereit.
Die nächstgelegenen Agenturen werden, wo Versicherungsnahme gewünscht wird, vom Unterzeichneten bereitwilligst angezeigt.

Die General=Agentur Güstrow.
E. W. Peters.


Danksagung.

Allen, welche uns in den schweren Leidenstagen unsers theuren Johannes so treu mit Rath und That zur Seite gestanden, sowie denjenigen, welche seinen Sarg so reich mit Blumen geschmückt und endlich auch denen, welche ihn zu seiner letzten Ruhestätte geleitet haben, sagen wir unsern tiefgefühlten Dank.

                          Landvogtei=Pedell J. Wienck
                              nebst Frau und Kindern.

Schönberg den 4. Mai 1881.


Herzlichsten Dank allen denen, welche unserer Tante und Großtante der Wwe. Straßmann die letzte Ehre erwiesen und zu ihrer Ruhestalte begleiteten.

J. Hagemeister              
nebst Frau und Kindern.       


Zum 24. October d. J. wird ein                          
erfahrenes Mädchen
für alle häuslichen Arbeiten gesucht von                          
                          B. Schmidt,
                                                    Pastorin in Lübsee.


Ein fast noch neues Torfschiff hat preiswürdig zu verkaufen

J. Grieben.       

Herrenburg, den 2. Mai 1881.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 5. Mai 1881.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Direction.
Steiner.                          Frels.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 8. Mai.

Frühkirche: Pastor Langbein.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
     Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 35 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 6. Mai 1881.


ging. Kaum war das Dampfschiff "Nederland" gelandet, so drängte sich eine große Menge Leute um uns. Jeder wollte behilflich sein. Auch ich wurde von Einem aufgegabelt, der sich mir als Landsmann vorstellte und mich mit in eine Kneipe zog. Ich bemerkte aber, daß er mich nur betrunken haben wollte, und benutzte eine gute Gelegenheit, um einem andern von den sogenannten Landsleuten ins Garn zu laufen. Als ich am andern Morgen wach wurde, war mir fast alles Geld, mit Ausnahme dessen, was ich mir in den Rock genäht hatte, gestohlen. Ich machte auf der Polizei Anzeige, wo man nur ein Achselzucken dafür hatte, das war auch Alles. Ich wandte mich vor 6 Wochen nach Chicago, wo man grade so wenig Verdienst hatte wie in Milwaukee. Ich wurde noch von den anderen aus Sachsen, die mit mir gekommen waren, glücklich genannt, als es mir gelang, bei einem reichen Amerikaner als Holzhauer angestellt zu werden. Du kannst auch jetzt begreifen, warum meine Schrift so schlecht geworden ist. Meine Hände zittern mir immer, denn ein Kaufmann ist an solche Arbeit nicht gewöhnt. Ach, wäre ich nur wieder bei Dir; ich träume Nachts von Euch, ich kann mich einmal in meine jetzige Lage nicht finden. Und doch geht es mir im Vergleich zu Anderen noch gut; sie haben nicht einmal mehr ein Obdach für die Nacht, und viele habe ich gesehen, welche Nachts im Freien campirten; wovon sollen sie sich auch ernähren? Nun lebe wohl und komme mir ja nicht hierher nach, um Alles, was Dir lieb ist, und denke oft an Deinen unglücklichen Freund Friederich."
- In Leipzig ist der vielgenannte Schriftsteller und Dichter Müller von der Werra gestorben, geboren 1823 in Ummerstadt im Herzogthum Meiningen, wo sein Vater Geistlicher war. Zuerst Apotheker wendete er sich später in Heidelberg, Zürich und Bern ärztlichen Studien, ohne sie, wie es scheint, zu vollenden und zuletzt der Dichtkunst und Schriftstellerei zu. Von seinen Dichtungen seien der "Liederhort", "Schwert und Schild" und "Buch der Lieder" genannt; sein patriotisches Werk "Alldeutschland" war eine interessante Sammlung aller im Jahr 1870 veröffentlichten patriotischen Dichtungen. Einige Jahre lang hat er eine "Neue Sängerhalle" redigirt und später ein "Reichs=Commersbuch" herausgegeben. Viele seiner leichtflüssigen und warm empfundenen Lieder hatten das Glück, von tüchtigen Componisten in Musik gesetzt zu werden, eine Hymne an das Vaterland wurde von dem Herzog Ernst von Coburg komponirt und auf Liederfesten viel gesungen. Eine helle Erinnerung seines bewegten Lebens war seine Teilnahme an der Einweihung des Suez=Kanales als Gast des Khedive und Berichterstatter mehrer Zeitungen.
- Honig gegen die Diphteritis. Aus Zbora, Saroser Comitat in Ungarn, wird berichtet: In hiesiger Gegend, wo seit einiger Zeit die Diphteritis stark grassirt und schon viele Kinder derselben zum Opfer fielen, werden in Bauernfamilien, wo die Mittel zur Bezahlung des Arztes und der Apotheker fehlen, bei den ersten Anzeichen der Erkrankung und sogar als Präservativmittel Einreibung mit reinem Bienenhonig am Halse, und auf starkes Löschpapier dick aufgestrichener Honig als Umschläge am Halse mit so gutem Erfolge verwendet, daß in Folge dessen seither in Dörfern, wohin die Berufung eines Arztes wegen der zu großen Entfernung oder wegen Armuth der Familie nicht möglich ist, fast keine Kinder mehr an dieser bösen Krankheit sterben, währenddem dieser arge Würgengel der Kinder den Aerzten die meisten der von ihnen behandelten kleinen hinrafft. - Das "Fr. J." glaubt diesen, ihm von glaubwürdiger Seite mitgetheilten Umstand aus dem Grunde veröffentlichen zu müssen, damit Fachkreise vielleicht Veranlassung nehmen, über die Wirkung des Honigs, der bekanntlich sehr zugkräftig ist, behufs Anwendung desselben bei Diphteritiskranken nachzudenken und Versuche anzustellen.
- Im October wird in Jena das Denkmal enthüllt werden, das die deutsche Burschenschaft ihren Gefallenen von 1870 errichtet. Es stellt einen Burschenschafter dar, wie er in der Rechten die Fahne schwingt und mit der Linken das Schwert faßt. Die Medaillons zeigen die ältesten Burschenschafter Scheidler, Horn und Riemann. Der Künstler ist der Bildhauer Donndorf. Die Corps haben ihren Gefallenen schon vor Jahren auf der Rudelsburg ein Denkmal errichtet.
- Es ist eine recht auffallende Erscheinung, daß in diesem Jahre trotz der schon ziemlich vorgeschrittenen Jahreszeit die Zahl der aus dem Süden bisher zurückgekehrten Schwalben eine auffällig geringe ist. Falls nicht noch einige Nachzüge stattfinden sollten, ist die Vermuthung berechtigt, daß ganze Züge dieser in Deutschland gehegten und gepflegten niedlichen Thiere auf ihrer Rückreise durch Stürme oder dergleichen zu Grunde gegangen sind oder durch muthwillige Vernichtung ihren Tod gefunden haben. In letzter Beziehung üben bekanntlich die Bewohner der Südländer, insbesondere die Italiener, an den Zugvögeln überhaupt einen immer mehr und mehr überhandnehmenden Vandalismus, so daß es endlich einmal angemessen erschiene, wenn diesem, in vielen Beziehungen schädlichen Unfuge in jenen Ländern auf geeignetem Wege Einhalt geboten würde.
- Von den biographischen Details Beaconsfield's, die jetzt aller Orten hervorgekramt werden, möge noch Folgendes erwähnt sein: Zu jener Zeit, als Benjamin Disraeli noch der leitende "swell" in London war und jede Saison eine Mode erfand, erschien er eines Tages öffentlich und privatim in Gesellschaft eines jungen Mannes, den er seine Tasche nannte. Der Anzug, den er selbst am Leibe trug, hatte nämlich keine einzige Tasche; Uhr, Taschentuch, Schreibtafel und was man sonst noch bei sich führt, Alles war bei Mr. Pocket untergebracht. In Rom pflegten die Vornehmen sich zu Festmahlen einen uneingeladenen "Schatten", eine umbra mitzunehmen. Etwas Aehnliches war Mr. "Pocket", doch hatte er einen praktischen Zweck. Die Mode dauerte indeß nicht lange und wurde auch nicht allgemein . . . . . Nachträglich wird noch bekannt, daß in den Sarg des großen Staatsmannes eine einfache silberne Kapsel im Gewichte von dritthalb Pfund gelegt worden ist. Dieselbe enthält ein colorirtes Bildniß des edlen Lord und folgende Inschrift: "Dies ist das letzte Portrait des hier ruhenden Earl of Beaconsfield."
- In Wien erzählt man sich augenblicklich das folgende Geschichtchen, welches jedenfalls sehr für den hohen Werth der Protection der Fürstin Metternich spricht: Fürstin Pauline Metternich beschäftigt mitunter eine arme Schneiderin; sie läßt sich von ihr zwar keine Courschleppen componiren, wohl aber Schlafröcke und dergleichen bescheidenere Hüllen, die keinen Markart der Nadel erfordern. Neulich bringt die ehrbare Arbeiterin ein derartiges Werk ins Palais, um es der Bestellerin zu überreichen. Die Fürstin läßt sich mit der Schneiderin in ein vertrauliches Gespräch ein und macht unter Anderem die Bemerkung, daß dieselbe etwas gedrückt erscheine. Die Schneiderin seufzt, die Fürstin ermuthigt sie zu sprechen, endlich kommt es an den Tag: die arme Frau hat einen Sohn, der Buchhalter ist, aber schon längere Zeit keinem Posten hat und auch keine Aussicht unterzukommen, und für einen beschränkten Haushalt sei das ein schweres Unglück. "So so", sagt die Fürstin, und ist er ein ehrlicher, fleißiger Mensch?" - "Es giebt keinen ehrlicheren." - "Sie stehen mir gut für ihn?" - "Wie für mich selbst." - "So schicken Sie mir ihn morgen." Die Schneiderin empfiehlt sich über=

[ => Original lesen: 1881 Nr. 35 Seite 6]

glücklich, die Fürstin aber läßt einspannen und fährt geradenwegs zu Rothschild. "Baron, Sie müssen mir eine Gefälligkeit erweisen." - "Ist in vorhinein geschehen. Was wünschen Durchlaucht?" - "Ich habe einen jungen Menschen vom Buch, nehmen Sie mir den ab." - "Er kann morgen eintreten." - "Danke, lieber Baron, Sie haben zu thun, grüßen Sie mir die Baronin." Sie geht. Den andern Morgen macht der Sohn der Schneiderin ihr seine Aufwartung. "Schon Alles in Ordnung," ruft sie ihm entgegen, "gehen Sie nur zum Baron Rothschild, Sie sind bereits acceptirt." Man stelle sich nun die Herzensfreude der armen Schneiderin vor.
- Ein Kaufmann in Weimar war im Besitze einer größeren Anzahl mit Bestellungen beschriebener, aber noch nicht abgestempelter Postkarten, deren Absendung unnöthig geworden war. Da die Zahl der unbrauchbaren Postkarten ziemlich bedeutend war, so wandte sich der Kaufmann an die Oberpostdirektion in Erfurt, welche anordnete, daß gegen Rücklieferung der Postkarten der für dieselben gezahlte Betrag zurückerstattet werden solle. Der Kaufmann sendet daraufhin die bei ihm schon seit Jahren liegenden Postkarten nach Erfurt und erhält dafür den betreffenden Betrag. Das Päckchen Karten wird in Erfurt nach seiner dortigen Ankunft im dortigen Postamt vorläufig in ein Fach gesteckt. Ein diensteifriger Postbeamte entdeckt die Karten, nimmt sie und stempelt sie muthig ab, woraufhin sie nach allen Gegenden der Windrose auseinander gehen. Man denke sich das Erstaunen des Kaufmannes, als derselbe wenige Tage später mit Postpaketen förmlich überschüttet wurde. Es trafen nach einander ein: 25 Flaschen Selterswasser, ein Täuflingsanzug, zwei Winterpaletots für Kinder, ein Leitfaden der Galvanoplastik, ein Fäßchen saure Gurken, ein Dutzend Faltenhemden, ein Schaukelpferd und verschiedene andere für den sofortigen Gebrauch bestimmte Sachen. Der so reich Gesegnete hatte natürlich nichts Eiligeres zu thun, als um weitere Zusendungen zu verhüten, an alle diejenigen Firmen zu schreiben, die, soweit er sich zu erinnern vermochte, durch das Versehen der Post mit einer nachträglichen Bestellung bedacht sein konnten. Solches Unheil können Postkarten anrichten die ihren Beruf verfehlt haben.
- Ueber die Ermordung eines Geldbriefträgers wird aus Paris gemeldet: In Nérac ist ein Briefträger umgebracht worden, der einen Sack Briefe mit Geldsendungen im Betrage vom zehntausend Francs auf den Bahnhof trug. Morgens fand mau ihn von dreizehn Dolchstichen durchbohrt. Der Mörder ist nicht bekannt doch sind einige der gestohlenen Briefe auf dem Dache einer Herberge gefunden worden.
- In Rudolstadt hat sich ein 22jähriger Gymnasiast erschossen, wie's scheint aus Unvorsichtigkeit. Auf der Stube eines Kameraden nahm er einen 6läufigen Revolver von der Wand. "Du es sind 5 Schüsse drin", sagte der Kamerad. Trotzdem ließ der Unglückliche den ersten Lauf, der nicht geladen war, zuschlagen; da der Hahn sich durch den nächsten Griff von selbst spannt, entlud sich der folgende geladene Lauf, die Kugel drang ihm durch die Brust und tödtete ihn. "Also doch geladen", war sein letztes Wort.
- In Wien hat der Schumacher Veigl ein gräßliches Blutbad in seiner Familie angerichtet. Er säbelte seiner Frau und seinen vier Kindern, während diese schliefen, mit einem Tranchirmesser die Kehle ab und legte jedes wieder in das Bett. Der Mann, der bis dahin ein guter Vater war, war arbeitslos und trübsinnig geworden.
- In Berlin ist ein Einbrecher Nürnberg in Untersuchung, der jahrelang mit geschickten Gehülfen nächtliche Beutezüge im nördlichen Deutschland gemacht und dabei auch manches drollige Abenteuer erlebt hat. In einem Dorfe bei Herzberg gerieth er - durch ein offenstehendes Fenster - in das Studirzimmer des Pfarrers. Er suchte zwischen Büchern und Papieren nach baarem Geld und Werthpapieren, ohne etwas zu finden; dann stieg er mittelst eines Stuhls zur obersten Reihe eines Bücherregals, wo ein ausgestopfter Fischreiher stand. Als er diesen bei Seite schob, um die bestaubten Bücher zu untersuchen, klapperte es in dem Bauche des Reihers. Rasch begab er sich mit dem Reiher in den Pfarrgarten und fand in dem Bauche des Thieres 370 Thaler, die Sparkasse des Pfarrers. - In zwei Landhäusern in Angermünde gerieth Nürnberg in die Schlafzimmer der Damen. Die Damen erwachten und riefen: Was wünschen Sie? - "Nur ein paar Minuten vollständige Ruhe und Stille". Diese Bitte wurde durch einen vorgehaltenen Revolver unterstützt. Die Damen sahen mäuschenstill eine volle Stunde zu, wie Nürnberg und seine Spießgesellen alle Taschen, Kisten und Kasten untersuchten und mitnahmen, was ihnen gefiel. (Zum Einsteigen in Häuser wurde N. vielfach durch nächtlich offen gelassene Fenster veranlaßt.)
- Die Richter in Berlin habens oft mit wunderlichen Philosophen zu thun und müssen viel Geduld haben. Z. E. Zur Verhandlung steht die Sache wider den Arbeitsmann Karl Ludwig Niesel, welcher der Beamtenbeleidigung angeklagt ist. - Gerichtsdiener (ruft): Angeklagter Niesel! - Eine Stimme von draußen antwortet weithin hörbar: Hier hängt er! und herein in den Gerichtssaal wankt eine Gestalt, die den Schöffen einen jovialen "Ju'n Morjen!" zuruft, mit glücklichster Mine auf der Anklagebank Platz nimmt, einige Male mit dem struppigen Haupte schüttelt und dann in näselndem Ton wie folgt philosophirt: "Nee, mir so wat nachsagen, mir eenen anständigen Kerl so lang wie er jewachsen is! Jo nich! Jo nich! Ick un'n Schutzmann? Jotte doch, jo nich! - Präs.: Was fehlt ihnen denn? Sie halten hier schon längere Reden, ohne daß Sie bisher zum Worte verstattet sind. -Angekl.: Ick dachte man laut. - Präs.: Sie sind wohl angetrunken? - Angekl.: Een Quart schmeißt mir noch nicht um. - Präs.: Sie bewegen sich hier aber, als ob Sie sich zu viel Courage getrunken. Ihre ganze Erscheinung ist in dieser Beziehung stark verdächtig. Wenn Sie sich nicht anständig benehmen oder die Verhandlung stören, werde ich Sie sofort zur Ernüchterung abführen lassen. - Angekl.: Geehrter Herr Gerichtshof! Wat'n richtiger Affe oder wat 'ne ordentliche Ratze is, davon sind wir ja alle Kenner: die habe ick nich. Wat ick habe, det is 'n kleener Zacken, den ich mir vor Aerjer jeleistet habe, aber des soll mir nicht hindern, mir Sie in aller Ehrfurcht vorzustellen. - Präs.: Wie heißen Sie? - Angekl.: Mit meinen ehrlichen Namen ruft man mir Karl Ludwig Niesel. - Präs.: Was sind Sie? - Angekl.: Evangelisch. - Präs.: Ich meine, wovon ernähren Sie sich. - Angekl.: Ick dreibe Allens, Allens, was Se wollen und was mir in'n Weg looft. Knubben, die jreeßten, die Keener kleene kriegt - die hau ick Ihnen entzwee, kurz un kleene, wie Se wollen . . . Se weren woll schon merken, det ick Holzhauer bin . . . . Un wenn de Hauerei nischt mehr abwirft, denn je ick uff de Höfe un schreie: Preßkohlen! Scheene jute Preßkohlen!" - Sie sind jetzt wegen Beamtenbeleidigung angeklagt. Bekennen Sie sich schuldig? Angekl.: Det kann ick ja eben nich; mir so wat nachsagen! Ick bin ja so anständig! - Präs.: Na, nach den Zeugenaussagen sollen Sie dem Schutzmann, der Sie wegen Unfugs arretiren wollte, das Compliment gemacht haben, daß Sie ihm Eins gegen den Ballon geben würden. Außerdem haben Sie noch andere Schimpfworte gebraucht, die von großer Anständigkeit allerdings kein Zeugniß ablegen. - Angekl.: Is mir allens neu, is mir allens so duster, wie der Himmel bei't Gewitter. Wenn ick sollte und ick hätte mir wirklich so unanständig betragen, so müssen Se schon so jut sind und des meinen Zustand zu Jute halten, denn dann muß ich jerade meinen Triesel gehabt haben. - Präs.: Sie scheinen aber oft Ihren Triesel zu haben. - Angekl.: Wer arbeet', der jießt och eenen hinter de Halsbinde, un wenn man Aerjer hat un en jroßen, denn schlägt der Spiritus uffs Jehirn, was man Delirium nennt. - Die Zeugenaussagen bestätigen den Inhalt der Anklage und lassen es außer Zweifel, daß Niesel vollständig dispositionsfähig war. Der Gerichtshof verurtheilt ihn deshalb zu 14 Tagen Gefängniß.


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