No. 31
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. April
1881
einundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1881 Nr. 31 Seite 1]

Die Hinrichtung der Nihilisten.

Petersburg, 3/15 April.       

Zu heut früh 7 Uhr war ich in das Gebäude der Stadthauptmannschaft beordert, um zu erfahren, ob es mir gestattet sei, der schrecklichen Execution beizuwohnen. Im Zimmer des uns empfangenden Beamten waren bereits zahlreiche Vertreter Berliner und fremder Blätter anwesend. Der sehr höfliche Beamte übergab uns ohne Weiteres die Zutrittskarten und bedeutete uns, daß wir zusammen mit ihm nach der Stätte fahren müßten, wo die entsetzliche Scene sich abspielen sollte. Während wir im Vorzimmer der Abfahrt harrten, brachte ein Beamter ein Extrablatt, auf welchem die Verfügung über Vollstreckung des Urtheils stand. Es bestätigt sich, was ich vermuthet hatte, daß nur die Jesse=Helfmann von der Execution aus dem bekannten Grunde vorläufig ausgeschlossen wurde. Begnadigt wurde sie nicht, vielmehr wird nach dem Reskript die Hinrichtung später an ihr vollzogen werden. Gegen 1/2 8 Uhr brachen wir auf zuvor bestelltem Wagen auf. Es war ein wunderbarer Frühlingsmorgen - aber ein Petersburger. - Noch glänzte auf den Canälen das Eis, noch kündigte das Thermometer Frost an, aber doch wehte uns ein Frühlingshauch an und die glänzende Sonne, welche warm vom tiefblauen Himmel herabstrahlte, ließ die vergoldeten Kuppeln der Kirche in purpurnem Glanz funkeln. In den Straßen der Stadt war es noch still, aber je näher man der Richtstätte kam, desto belebter wurde es auf den Gassen. Es gehört nicht zu den Eigenthümlichkeiten der Petersburger Bevölkerung, selbst nicht bei besonderen Fällen, Erregung zu zeigen, und so gingen die Leute langsam, ruhig, ohne Gedränge der Richtstätte zu. Einige von ihnen trugen Tische, Stühle oder Bänke, um von erhöhtem Standpunkt die Execution besser überblicken zu können. Wir fuhren nach dem Semenowplatze, wo die Hinrichtung stattfinden sollte. Die Fahrt währte etwa 20 Minuten; die Straßen, durch die wir kamen, waren von zahlreichen Polizisten besetzt. In der unmittelbaren Nähe des Platzes bildete das Militär einen Cordon. Als wir die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, überholte uns der Stadthauptmann Baranow; er saß in einem halb offenen Wagen; eine lange, hagere Gestalt mit schwarzem schwachen Vollbart. Vom Publikum wurde er meist schweigend begrüßt. Dicht vor dem Platz, der durch einen Zaun abgeschlossen war, mußten wir den Wagen verlassen, und unter Führung eines Officirs passirten wir die zahlreichen militärischen Posten, dann und wann nach den Eintrittskarten befragt. Die Sonne hatte das Eis, welches den Platz bedeckt hatte, geschmolzen und wir mußten einen förmlichen Sumpf durchwandern, ehe wir den Schreckensort erreichten, wo das Schaffot errichtet war. Das Letztere bestand aus einem Podium, zu dem etwa 6 Stufen emporführten. Auf diesem Podium erhoben sich senkrecht zwei Balken, die durch einen Querbalken verbunden waren; an diesem Querbalken befanden sich die fünf Haken, an welchen die Verbrecher aufgeknüpft werden sollten. Ebenfalls auf dem Podium, einige Schritte hinter dem Galgen standen drei runde Schandpfähle, an welchen die Verbrecher die Verlesung des Urtheils anhören mußten. Ein Tritt von drei Stufen Höhe stand bereit. Von dem Galgen etwa 20 Schritt entfernt, war ein kleines Podium errichtet, auf welchem die Gerichtspersonen, der Stadthauptmann, die Aerzte, die anwesenden Diplomaten, die Vertreter der Presse und zahlreiche Officiere Aufstellung nahmen. Mit Genugthuung kann ich constatiren, daß den anwesenden Correspondenten jede Auskunft bereitwillig gegeben, jede Besichtigung gestattet wurde. Hinter dem Schaffot, das völlig schwarz angestrichen war, standen bereits die Särge, welche die Leichname aufnehmen sollten. Sie waren mit Hobelspänen gefüllt, auf diesen lagen Säcke von schwerem Drillich, welche den Verbrechern während der Execution über Kopf und Oberkörper gezogen wurden. Ich nenne sie Säcke, obwohl sie einem Hemd mit Kapuze glichen. Es dauerte eine geraume Weile bis der General von Drisen heransprengte, von den Truppen mit dem üblichen Gruße empfangen. Der Platz war von der in unmittelbarer Nähe liegenden Warschauer Bahn völlig zu übersehen und den ahnungslosen nach Petersburg hereinfahrenden und abreisenden Fremden bot sich der Galgen in seiner ganzen gräßlichen Gestalt dar. Die Signale der Locomotiven übertönten häufig die Gespräche, die man so unbefangen, wie's eben möglich war, zu führen versuchte, obschon man unwillkürlich erzitterte bei dem Gedanken, daß fünf Menschenleben vor unseren Augen in Kürze geopfert werden sollten. Hinter dem Militair sah man eine vielköpfige Menge, die sich ganz schweigend verhielt, die Dächer der unweit der Bahn gelegenen Häuser waren theilweise mit Menschen besetzt. Endlich ging ein Flüstern durch die Menge, die Klänge eines lustigen Marsches ertönten - der trübe Zug nahte. Gensdarmen eröffneten denselben, ein Zug Kosacken folgte ihnen, dann kamen zwei hohe schwarze Wagen, auf welchen rückwärts, mit Stricken gefesselt, die Verbrecher saßen. Die Wagen, die langsam herbeifuhren, gleichen ungefähr unseren Lastwagen, die Plätze waren hoch, so daß die Gestalten der Verurtheilten weit über den Kosacken hervorragten und überall sichtbar waren. Den Wagen folgte Militair. Auf dem ersten saßen Russakow und Sheljabow, auf dem zweiten die Perowskaja, ihr zur Linken Kibaltschitsch, zur Rechten Michailow. Die Truppen hatten das Gewehr präsentirt; es herrschte Leichenstille. Die dem Tode Geweihten erblickten den Ort des an ihnen zu vollziehenden Gerichts. Sheljabow zeigt finstere Entschlossenheit, aus seinen Augen spricht eine gewisse Wuth. Die Perowskaja ist ernst und als sie den Galgen erblickt, fliegt es wie ein Hohn über ihre Züge. Russakow zeigt dasselbe trotzige Aussehen wie während des Processes; Michailows Gesicht bot nichts Charakteristisches, während Kibaltschitsch die Augen überall umherschweifen ließ. Auf der Brust Aller hing eine schwarze Tafel, auf welcher mit weißer Schrift "Kaisermörder" stand. Die Verbrecher wurden vom Wagen herabgeführt, direct auf das Schaffot, wo die 4 Gehülfen des Scharfrichters Frolow sie an die Schandpfähle banden. Die vier Knechte hatten vorher in Seelenruhe unter dem Schaffot gestanden, in Schafpelze gekleidet, auf deren Rückseite das Jahr angegeben ist, in welchem sie als schwere Verbrecher in den Kerker gesteckt wurden. Denn diese Knechte, so wie die Gehülfen und der Scharfrichter selbst, sind schwere

[ => Original lesen: 1881 Nr. 31 Seite 2]

Verbrecher. Der Scharfrichter Frolow, welcher in der Tracht eines russischen Kaufmanns erschien, in langem blauen Rock und Stulpenstiefeln, hat ein aufgedunsenes, rohes, vom röthlichen Vollbart bewachsenes Gesicht und waltet seines Amtes mit jener widerlichen Gleichgiltigkeit, die das schreckliche des Actes noch erhöht. Die Stricke, welche an den senkrechten Balken befestigt sind und durch die am Querbalken befestigten Haken befestigt werden, scheinen zu dünn zu sein, um die Last eines menschlichen Körpers zu tragen. Die Verbrecher sprechen mit einander, während sie an die Schandpfähle gebunden sind und dem Todesurtheil, welches mit ziemlich leiser Stimme vom Obersecretär Popoff verlesen wurde, hören sie anscheinend wenig zu. Trommelwirbel erschallt, die Musik beginnt zu spielen, - zu dem entsetzlichen Schauspiel ertönt derselbe frohe Marsch von vorhin; aber auf einen Wink des Generals von Driesen verstummt die Musik, nur der dumpfe Wirbel der Trommeln dauert fort. Fünf Popen in violettem Sammttalar besteigen das Podium des Schaffots, halten die Kruzifixe den Verurtheilten hin, welche sie alle küssen, am gleichgültigsten jedenfalls die Perowskaja. Schnell verlassen die Popen das Schaffot, der Henker mit seinen Gehülfen und den vier Knechten naht sich den Verurtheilten und löst ihnen die Fesseln, um ihnen den Sack über Haupt und Oberkörper zu ziehen. Die Procedur nahm ihren Anfang, es war gegen 9 Uhr. Neben Kibaltschitsch, mit welchem der Anfang gemacht wurde, stand Michailow, diesem zur Seite die Perowskaja, es folgte Sheljabow, und als letzter Russakow. Als man den Verurtheilten den Sack übergezogen und mit diesem die Arme festgeschnürt hatte, wurde als erster Kibaltschitsch auf den unter den einen Haken gerückten Tritt geführt. Derselbe bestieg muthig den Tritt wie ausnahmslos alle ihm Folgenden. Frolow legte ihm die Schlinge um den Hals, wand den Strick fester um den Seitenbalken, der Tritt wurde fortgezogen, der Körper drehte sich einige Male im Kreise und hing dann ruhig ohne Zuckungen. Jetzt schritt der Henker zur Execution Michailows: wieder dieselbe Procedur, nun aber ereignete hier sich Furchtbares, daß sich das menschliche Herz in seinen innersten Tiefen entsetzte. Als der Henker den Tritt fortzog und der Strick die Last des Körpers zu tragen hatte, riß dieser und der Körper fiel mit dumpfem Krach zu Boden. Ein mühsam verhaltener Schrei rang sich aus tausend Kehlen, selbst die Henkersgehilfen schienen im Augenblick fassungslos, schnell rückt man den Tritt unter den nächsten Strick und mit unbegreiflicher Fassung bestieg der Verurtheilte ihn zum zweiten Mal. Und wiederum, der Strick riß wieder, der Verurtheilte fiel nieder; nun machte sich die Entrüstung des Publikums in lauten Worten Luft. Ich stand dicht neben Baronow und sah, daß er todtenbleich wurde. Ein allgemeiner Zuruf fordert den Henker zu schneller Thätigkeit auf. Zwei Stricke wurden nun um den Hals des Verbrechers gelegt, der zum Glück das Bewußtsein verloren hatte. Die Gehilfen des Henkers schienen ihn erdrosselt zu haben, bevor er zum dritten Mal auf den Tritt geschleppt wurde. Einige Secunden darauf hing sein Körper neben dem des Kibaltschitsch. Rascher wurde die Execution an den Andern vollzogen. Die Perowskaja wartet nicht erst bis der Tritt fortgezogen wurde, sondern sucht ihn von sich zu stoßen, und durch die grenzenlose Ungeschicklichkeit des Henkers trafen ihre Füße, während ihr Körper sich um sich drehte, wiederholt den Tritt. Der Körper des Mädchens hatte sich am tiefsten gesenkt die Füße waren nur vier Zoll vom Fußboden entfernt. Bei Russakow und Sheljabow waren die Schlingen so schlecht gelegt, daß sie nicht den Hals, sondern die Kinnladen einpreßten. Nach einigen Minuten wurde dies von einem Offizier bemerkt, der dann die Schlingen anziehen ließ. Die Gesichter aller Anwesenden waren unter dem Eindruck der leichtsinnigen, empörenden, brutalen Art und Weise, in welcher der Act ausgeführt worden war, erbleicht, und die Empörung gab sich in unzweideutigen Worten kund. Die Stimmung des Publikums vermag ich nicht zu beurtheilen, da ich demselben zu fern war, doch kann ihm der Anblick nicht entgangen sein. Als der Tod der Gehängten durch Aerzte constatirt war, wurden die Särge auf das Schaffot gebracht, die Todten hineingelegt und der Deckel darauf genagelt. Drei schmutzige blaue Leiterwagen nahmen die Särge auf, schmutzige Decken wurden darüber gebreitet. Die Pferde zogen an und fuhren die Leichen der Gerichteten zu einem Extrazuge, welcher sie neun Werst von der Hauptstadt zum Preobaschenski'schen Friedhof, wo sie ihre letzte Ruhestätte finden, führte. Die Execution hatte ungefähr 50 Minuten gedauert, erschöpft und im Innersten erregt verließ ich die unheimliche Stätte.


Politische Rundschau.

Wie es heißt, soll vorläufig das jetzt in Gebrauch befindliche Reichstagsgebäude vergrößert werden. Das Präsidium soll die Theile der ehemaligen Porzellanmanufactur auf zehn Jahre von dem preußischen Fiskus gemiethet haben.
In der Commission des Reichstages war der von der Reichsregierung eingebrachte Gesetzentwurf zweijähriger Budget= und damit im Zusammenhange stehend vierjähriger Reichstagsperioden abgelehnt und dafür der Vorschlag gemacht worden, die jährlichen Budget= und Reichstags=Perioden beizubehalten und dafür den Reichstag alljährlich statt im Februar erst im Oktober einzuberufen, damit der Etat für das Reich eher festgestellt sein könne, als derjenige für Preußen. Das halbamtliche Organ "die Provinzial=Correspondenz" verwirft diesen Commissions=Vorschlag in ihrer neuesten Nummer total, als einen Eingriff in die Rechte des Kaisers, der allein über die Einberufung des Reichstages zu verfügen habe. Im Uebrigen beharrt sie auf dem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf, indem sie die Angriffe der liberalen Partei, daß dadurch das Budgetrecht des Reichstages geschmälert werde, entschieden zurückweist und zwar mit dem Bemerken, daß der Fürst Reichskanzler, der alle die auf das Reich bezüglichen Gesetze mit habe aufbauen helfen, diese nicht ohne Weiteres wieder vernichten werde.
In Braunschweig ist jetzt das Programm für das 50jährige Regierungsjubiläum der Herzogs veröffentlicht worden. Dasselbe lautet ungefähr: 24. April: Großer Zapfenstreich und Fackelzug der Kriegervereine, 25. April: Geläute mit allen Glocken um 6 Uhr früh nebst 101 Salutschüssen vom Windmühlenberg, 7 Uhr große Reveille, dann Morgengesang der vereinigten Liedertafeln, 7 1/2 Uhr Festgottesdienst, 8 1/2 Beglückwünschungscour seitens der Ministerien, des Hofstaates und der Militairdeputationen, 10 Uhr im Thronsaale großer Empfang der Landes= und anderer Deputirten, 10 1/2 Uhr Umfahrt Sr. Hoheit des Herzog, darauf große Parade, 4 Uhr Nachmittags Galadiner im herzoglichen Residenzschloß, Abends Galaoper. Am 26. April: Festball im Hoftheater.
Oesterreich. In Pest hat in dem Unterhaus der ungarische Finanzminister einen Gesetzentwurf bezüglich der Convertirung der ungarischen Goldrente im Betrage von 400 Millionen Gulden vorgelegt. Danach soll die jetzt 6prozentige Rente in 4prozentige umgewandelt werden. Eigenthümer derselben, denen dieser Rückgang des Zinsfußes nicht genehm ist, erhalten den nominellen Capitalwerth ihres Papiers in Baar ausgezahlt. Bis 1884 soll die Umwandlung beendet sein, so daß von der gesammten Rente jährlich nur noch 21,800,000 Gulden an Zinsen zu zahlen sind.
Frankreich. Einer Meldung aus Tunis zufolge hat der dortige französische Consul, Roustan, die Versicherung gegeben, daß seine Regierung weder darauf ausgehe, den Bey zu stürzen, noch das Land zu erobern, wenn der Bey genügende Garantie dafür gebe, daß die französische Grenze nicht verletzt und die Sicherheit in Algier nicht weiter gefährdet werde. Roustan hat den Bey aufgefordert, gemeinschaftlich mit den französischen Truppen gegen die aufständischen Stämme der Krumir's vorzugehen. Der Bey hat sich Bedenkzeit erbeten.
Krieg giebt's in Frankreich schon, noch ehe die Soldaten in Afrika angekommen sind. Eine Anzahl französischer Generäle führen ihn in Pariser Zeitungen gegen den Kriegsminister Farre. Sie werfen ihm große Fehler und Nachlässigkeiten in der theilweisen Mobilmachung französischer Regimenter für Tunis vor und erklären ihn für unfähig und leichtsinnig. Sie haben ihre Namen der Regierung genannt und kritisiren die Befehle ihres Chefs bis

[ => Original lesen: 1881 Nr. 31 Seite 3]

ins Einzelne. Dem Kriegsminister bleibt der öffentlichen Meinung gegenüber nichts anderes übrig, als die Kritiker eben so öffentlich zu entkräften und zu widerlegen. Das verlangt der Geist der Republik, sagt man. Derselbe Geist hat's auch verlangt, daß der frühere Kriegsminister Cissey sich gegen die schmutzigen Anschuldigungen Rocheforts wegen Bestechlichkeit und Unredlichkeit öffentlich vor Gericht und vor der Kammer vertheidigte. Er wurde vollständig entlastet; nur der Ruf eines allzugroßen Lebemannes blieb auf ihm sitzen, was an der Seine nicht viel heißen will.
England. In London sitzt der deutsche Sozialdemokrat Most, der in seiner Zeitung "Freiheit" den Kaiser= und Tyrannenmord gar zu offen verherrlichte, hinter Schloß und Riegel. Dankbar und verschwiegen ist er nicht; denn er sagte, sogar Minister hätten seine Zeitung unterstützt, namentlich der Minister Dilcke. Es gab viel öffentlichen Streit hin und her und endlich erklärte Dilke etwas kleinlaut, ja, Geld habe er Most gegeben, aber nur persönlich, nicht seiner "Freiheit". Der sehr ehrenwerthe englische Minister scheint sich gedacht zu haben, dem Festland könne es nicht schaden, wenn es auf ihm mit Hülfe von Most's Hetzereien drunter und drüber gehe und derweil England im Trüben fischen könne; seit aber die Irländer und Fenier unter den allerwerthesten Sitzen der Herren in London Feuer machen und Bomben schleudern, da wirds ihnen ungemüthlich und sie seufzen laut und leise: ja, Bauer, das ist etwas anderes!
Der englische Premier Minister Benjamin Disraeli Lord Beaconsfield ist am 19. April, 76 Jahr alt, gestorben.
Griechenland. Die griechische Regierung hat nunmehr ihre Antwort auf die Note der Mächte überreicht. In derselben nimmt Griechenland den Vorschlag der Mächte an, verlangt aber gleichzeitig im Voraus von den Mächten die Versicherung zu erhalten, daß die Türkei wirklich das Griechenland zugesprochene Gebiet übergebe, zugleich drückt sie die Erwartung aus, daß die Mächte die Sicherstellung derjenigen Griechen, welche in den nicht an Griechenland abzutretenden Landestheilen wohnen, herbeiführen werde.


Schönberg. Der Waldbrand in den Hoheweiler Tannen am vorigen Donnerstag ist, wie es heißt, durch die Fahrlässigkeit einiger Arbeiter entstanden, die das ihnen angewiesene Kartoffelland, um es bequem und rasch von Reisern, Moos etc. zu reinigen, abbrennen wollten. Bei dem heftigen Ostwinde erhielt das Feuer bald einen solchen Umfang, daß sie dem Elemente hülflos gegenüberstanden. Die auf der Erde liegenden Tannennadeln, Moos und Reiser leiteten das Feuer unaufhaltsam weiter in die benachbarten Tannenschonungen, wo an ein Löschen nicht zu denken war. Erst Abends 8 Uhr, nach angestrengter Arbeit der aus der Umgegend herbeigeeilten Bewohner gelang es, des Feuers durch Aufwerfen von Erdgräben, durch Schlagen mit Tannenzweigen und Treten Herr zu werden. Abgebrannt ist ein Terrain von ca. 12-14,000 Quadrat=Ruthen.
- Schlutup hat 800 Einwohner und betreibt außer der Fischerei vornehmlich auch Fisch=Räucherei, wodurch es sehr ausgebreitete Geschäfte macht. Es zählt 16 Räuchereien, die alljährlich für mehr als 8000 M. für Salz, 20,000 M. für Holz und Spähne, 30,000 M. für Kisten und 10,000 M. für Packpapier gebrauchen. Für die verbrauchten Kisten besteht am Orte eine eigene Fabrik, früher wurden diese größtentheils aus Schönberg bezogen. Im Jahr 1880 kamen beim dortigen Postamte 2262 Telegramme an, 1527 Depeschen wurden abgesandt, für welche letztern 1252 M. vereinnahmt sind.


Anzeigen.

Eichen=Lohrinden=Auction.

Am Mittwoch den 27. April Morgens 11 Uhr soll in Kösters Hotel hieselbst die diesjährige Eichenloh=Nutzung

1. aus dem Rupensdorfer Revier, nachgewiesen durch den Oberförster C. Hottelet zu Schönberg.
2. aus dem Carlower Revier, nachgewiesen durch den Förster Joachimi zu Carlow.
3. aus dem Schlagbrügger Revier, nachgewiesen durch den Förster Blanck zu Schlagbrügge bei Ratzeburg.
4. aus dem Mannhäger Revier, nachgewiesen durch den Förster Solvie zu Mannhagen bei Mölln i. L.
meistbietend gegen Baarzahlung zur Selbstgewinnung verkauft werden.
Schönberg den 14. April 1881.

Der Oberförster:                
C. Hottelet.       


Allen denjenigen Einwohnern von Selmsdorf und Umgegend, welche bei dem am 14. d. M. in den Hohemeiler Tannen, durch grobe Fahrlässigkeit, entstandenen Waldbrande ihm im hohen Grade erfolgreiche Hülfe zur Bewältigung des Feuers geleistet haben, drängt es mich auf diesem Wege meinen herzlichsten Dank auszusprechen; zugleich aber auch die Bitte und schon früher erlassene Warnung an alle Einwohner unseres Fürstenthums zu wiederholen, in Zukunft jegliches Rauchen und Feuer=Anzünden, zumal in den Nadelholzwaldungen, zu unterlassen, da die Folgen wie Faktum gezeigt unberechenbar sein können.
Schönberg den 16. April 1881.

Oberförster C. Hottelet.       


Schul=Anzeige.

In der Real= und Bürgerknabenschule findet die Aufnahme der neu eintretenden Schüler am Montag den 25. d. M. Morgens 10 Uhr statt. Vorzuzeigen sind dabei der Impf= resp. Wiederimpfschein und von den nicht in hiesiger Gemeinde geborenen auch der Geburtsschein.
Der Unterricht beginnt am Dienstag d. 26. d. M.

Der Direktor: W. Ringeling.       

Schönberg, April 1881.


Schul=Anzeige.

Der Sommercursus an der hiesigen Mädchenschule beginnt am Montag den 25. April, Morgens 7 Uhr. Die Aufnahme neuer Schülerinnen findet um 9 Uhr Vormittags statt im Mädchenschulhause, dieselben haben einen Impfschein vorzulegen, außerdem ist von auswärts geborenen Kindern ein Geburtsschein mitzubringen.
Schönberg den 7. April 1881.

Rector P. Russwurm.       


In einem massiven Hause am Markte ist zu Michaelis d. Js.

eine gute Wohnung

preiswürdig zu vermiethen. Dieselbe besteht in 2 großen Vorderstuben, Schlafzimmer, Küche, Kammer, Bodenraum, Kellerplatz und Waschküche. Wo? erfährt man in der Expedition dieses Blattes.


Am Sonntag den 24. April Nachmittags 3 Uhr soll in Carlow beim Gastwirth Borchert ein

neuer Stuhlwagen

verkauft werden.


Tanz=Unterricht.
Der Unterzeichnete kehrt in nächster Woche wieder um einen Tanz= und Anstandsunterrichts=Cursus zu eröffnen.
                          
Ergebenst
                                                    Joh. Dohrmann.
                                                    Inhaber eines Tanzunterrichts=Instituts.
                                                    Breitestraße 796 Lübeck.


Sämmtliche Mitglieder der hiesigen allgemeinen Gesellen=Krankenkasse werden hierdurch erinnert ihre Beiträge im Lokale des Gastwirths Krüger am 24. April 1881 Nachmittags 3 Uhr zu entrichten. Säumige werden acht Tage nach obigem Datum executivisch behandelt.
Schönberg den 21. April 1881.

Der Buchführer.       


[ => Original lesen: 1881 Nr. 31 Seite 4]

Wilhelm Reimers
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Bei der Verloosung am 2. Ostertage gewannen folgende Nummern:

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J. Ludw. D. Petersen.

       


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 24. April.

Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
     Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 21. April 1881.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Direction.
Steiner.                          Frels.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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