No. 84
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. Oktober
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 84 Seite 1]

      Der Schlächter Carl Julius Heinrich Gothmann zu Herrnburg beabsichtigt auf dem Gehöfte des Stellmachers Badsteins daselbst, und zwar in dem Stallgebäude desselben, die Schlächterei zu betreiben und bat bei Vorlegung der erforderlichen Zeichnung und Beschreibung des gedachten Grundstücks um die obrigkeitliche Erlaubniß nachgesucht.
      Indem wir dies gemäß der Vorschriften im §. 17 der Gewerbeordnung zur öffentlichen Kenntniß bringen, ergeht hiedurch die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die projectirte Anlage binnen 14 Tagen bei uns anzubringen.
      Schönberg, den 25. October 1880.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Die Versorgung Europas mit Brod.

Mit dieser Frage beschäftigt sich der in Berlin jetzt tagende volkswirthschaftliche Congreß, dessen Mitglieder allen Parteien angehören. Herbertz (Berlin) trug u. a. vor: Das Jahr 1879 brachte für Europa eine große Mißerndte. Wenn sie weniger empfindlich war, als frühere, so liegt das an der höheren Entwicklung der Verkehrswege. England erndtete 1879 an Weizen 17 Millionen Hektoliter, während sein sonstiger Durchschnitt 32 Mill. Hektl. beträgt; Frankreich erndtete 1879 höchstens 82 Mill. Hektl., sonst durchschnittlich 100 Mill., Oesterreich=Ungarn, welches sonst immer viel ausgeführt, mußte 132 Tonnen mehr ein= als ausführen. Deutschland blieb hinter einer Mittelerndte zurück. Rußland hatte kaum eine Mittelerndte, das übrige Europa schlechte Erndte. Die große Lücke wurde von Amerika ausgefüllt. Dies führte vom 1. Sept. 1879 bis Ende August 1880 56 Mill. Hektl. aus, 60 Proc. mehr als die ganze Erndte Deutschlands 1878 betrug.
Ganz anders lag die Sache 1878. Damals hatten wir in Europa mit Ausnahme Frankreichs gute Erndten. England erndtete 2 Mill. Hektl. über den Durchschnitt, Oesterreich=Ungarn hatte eine der besten Erndten des letzten Jahrzehnts. Dazu kamen die während des orientalischen Krieges angesammelten Getreidevorräthe Rußlands und eine sehr hohe Zufuhr aus Amerika. Die Folge waren niedrige Getreidepreise. Daraus entsprang die Furcht, Europas Landwirthschaft werde durch die übermäßige Concurrenz vernichtet werden. Es ist ja zunächst richtig, daß der Grundbesitz nur eine geringe Rente abwirft, doch ist die Annahme, daß die Preise in Zukunft für die Landwirthschaft immer ungünstig sein werden, durchaus nicht begründet.
In allen Ländern ist der Getreideverbrauch in beständigem Wachsen. So ist in England die Einfuhr von 1865-1878 von 93 Pfund auf 188 Pfd. pro Kopf gewachsen. Gegenüber dem steigenden Bedarf ist in den westlichen und mittlern Ländern Europas ein Getreidebau, der nicht größer werden kann. Das zum Anbau geeignete Land ist bereits in einem Maße in Anspruch genommen, daß die Klagen über Verwüstung der Wälder immer lauter werden. Auch wird dem Getreidebau fort und fort Land entzogen durch den lohnenderen Anbau von industriellen Gewächsen und Futterbau. Wie decken wir das wachsende Bedürfniß? - Rußland hat zwar noch große Flächen, die bebaut werden können, wird aber künftig, wenn Wege und Bahnen gebaut sind, große Massen an seine eigenen Provinzen abgeben müssen, die jetzt aus Mangel an Verbindungen Hungersnoth leiden. Daher werden uns immer die Schätze Amerikas zu Hülfe kommen müssen, ohne Amerikas Korn kommen wir schwerlich aus. Aber auch Amerika wird darauf denken müssen, die Tragfähigkeit seines Bodens, die es jetzt aufs Höchste ausnützt, nicht zu verringern.


Politische Rundschau.

Deutschland. In der hohen Politik herrscht augenblicklich vollkommene Windstille, ebenso ruhig geht es im Bundesrath zu. Es handelt sich dort zunächst um Abwickelung noch schwebender Referate der Ausschüsse für Zölle und Steuern und für Handel und Verkehr, welche Angelegenheiten aus der letzten Session betreffen und sich meist auf die Ausführungsbestimmungen von Zollgesetzen beziehen. Neue Vorlagen machen einstweilen den Mitgliedern noch wenig Arbeit und besonders belangreich dürften sich die für die nächste Zeit bevorstehenden Entwürfe auch nicht gestalten.
Prinz Wilhelm, der Bräutigam, ist zum Besuche des Hofes in England angekommen. Seine Hochzeit wird im Februar sein.
Die Ueberhandnahme der Bettelei und des Vagabondenthums hat die Aufmerksamkeit der preuß. Regierung in der letzten Zeit in erhöhtem Maße in Anspruch genommen. Man hat Erhebungen veranlaßt, die Resultate gegenseitig mitgetheilt und die Gründe der Erscheinungen feststellen lassen. Man ist dabei, wie nahe liegt, auch zu Feststellungen über die Verbreitung der Trunksucht und Wirksamkeit der dagegen vorhandenen gesetzlichen Mittel geschritten. Nach sicheren Anzeichen haben alle diese Anordnungen den Zweck, als Unterlage für eine anderweitige legislatorische Regelung der hier in Betracht kommenden Fragen zu dienen und namentlich zu einer Bekämpfung der Trunksucht zu führen.
Der neue Volkwirthschaftsrath, den Bismarck plant, soll 75 Volkswirthschaftsräthe erhalten, zum Theil auch aus dem Kleingewerbe.
Frankreich. In den nächsten Tagen wird das Decret erscheinen, durch welches die Kammern auf den 9. k. M. einberufen werden.
Türkei. Der Sultan hat übrigens die ewigen Wühlereien des Lord Gladstone satt und denkt ernstlich daran, selber zu wühlen, nämlich alle Muselmänner der Welt und namentlich in Indien gegen die Engländer aufzuwühlen. Man nennt dieses

[ => Original lesen: 1880 Nr. 84 Seite 2]

System Pan=Islamismus, wie es einen Pan=Slawismus und einen Pan=Germanismus gibt, die alle nicht viel taugen und nur zum Wühlen erfunden sind. Ob der Sultan wirklich denkt und sogar ernstlich denkt, ist zweifelhaft; denn er taumelt immer zwischen höchstem Zorn und tiefster Abgespanntheit hin und her.
Italien. Der Konflikt zwischen der Pforte und der Italienischen Botschaft wegen der jungen Italienerin Fräulein Corazzine, welche zum Islam übertrat, ist von einer Lösung weiter entfernt als je. Der Scheikh=ul=Islam und die Pforte weigern sich, das Mädchen seinen Verwandten zurückzugeben, und Graf Corti reklamirte dasselbe soeben neuerlich mit einer energischen Note, in welcher er anführt, daß das junge Mädchen minderjährig ist und somit nicht selbstständig seinen Uebertritt zum Islam vollziehen konnte. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Pforte den Vorstellungen des italienischen Botschafters Gehör schenkt; denn sie hat in diesen Dingen so feste Grundsätze, wie die römische Kurie und wird dann von allen Muselmännern unterstützt.


Schönberg. In der Nacht zum Dienstag d. W. machten Diebe den Versuch den Gotteskasten in hiesiger Kirche zu plündern. Sie waren durch ein Fenster der Sakristei in die Kirche gestiegen, hatten dort den Gotteskasten zu erbrechen versucht, sodann ärgerlich über den Mißerfolg einige unerhebliche Demolirungen am Altar vorgenommen und endlich auf demselben Wege die Kirche verlassen. Wie es heißt fand zu Anfang dieses Jahrhunderts (1814) ein ähnlicher Einbruchsversuch in hiesiger Kirche statt; irren wir nicht, damals gleichfalls ohne Erfolg.
- In Lübeck passirte in der Nacht zum Montag d.W. ein Raubanfall. Gegen 12 1/2 Uhr Nachts kamen in das Schlafzimmer der in der Vorstadt St. Jürgen, Paradieshof, wohnenden Frau Zahrnck 2 Männer mit Licht; der Eine trat auf die Frau zu mit dem Worte "Geld", zugleich erhielt dieselbe auch einen Schlag ins Gesicht. Dann griff der eine Mann ihr an die Brust, um das Geld, welches Frau Z. stets dort trägt zu suchen. Als dieselbe nun anfing zu schreien, umfaßte der Mensch mit einer Hand ihren Hals und mit der anderen hielt er ihr den Mund zu; er versuchte auch ihr ein Taschentuch in den Mund zu stopfen und ihr ein mit einer Oese versehenes Tau um den Hals zu werfen. Als Frau Z. nun flehentlich um ihr Leben bat und ihr Geld, welches sie am Leibe und in ihren Kleidern trug, anbot, rief der eine Mann, welcher etwas zurückstand, dem anderen zu: "Der Unterrock," worauf derselbe die Frau herumwarf, ihr zwei Unterröcke vom Leibe riß und sich dann beide Männer unter Mitnahme noch einiger Sachen entfernten. Sie müssen ganz genau gewußt haben, daß Frau Z. ihr Geld stets bei sich trägt und in ihrem Unterrock ihre Werthpapiere verbarg. Der Polizeikommissar begab sich sofort nach erhaltener Anzeige noch Nachts mit dem Polizeiarzt Dr. Dotzauer an den Thatort; auch der Staatsanwalt Dr. Schön war dort Vormittags hingekommen und sind die eifrigsten Nachforschungen nach den Räubern auf der Stelle eingeleitet. Der Zustand der Frau ist durchaus nicht bedenklich.
- Die Seeschlange ist da, sie gehört nicht mehr in's Reich der Mythe, man hat sie dingfest gemacht und an's Land gezogen, so meldet die "Newy. Bell. Ztg." und knüpft an diese Nachricht folgende launige Betrachtung: Vorläufig haben wir freilich nicht den ausgewachsenen Leviathan der Tiefe der, einen Stamm der californischen Riesenbäume gleichend, sich in der Länge von hundert und mehr Fuß durch die Wellen schlängelt, das mähnenumflossene Haupt wohl 30 Fuß hoch aus dem Wasser erhebt, um dann plötzlich wieder zu verschwinden, sondern nur einen ganz jungen Sprossen von 6 Fuß Länge jedoch gleichfalls mit der typischen Mähne ausgerüstet der Kopf panterartig und der Schwanz in eine dünne Spitze auslaufend. Wie eine in San Franzisco empfangene Depesche meldet, hätten Indianer die große Merkwürdigkeit in der Nähe von Victoria aus dem tiefen Wasser herausgefischt. Die Nachricht wird nicht nur die wissenschaftliche Welt in freudige Bewegung versetzen, sie ist zugleich ein Triumph der journalistischen Welt, die so treu an ihrer Seeschlange festgehalten, sie Jahr aus Jahr ein in Zeiten der sommerlichen Noth, wenn die politische Welt Siesta hielt, und pikante Localberichte bedeutend über Pari standen, in ihren Spalten tummelte, sie bald in der haarsträubenden Länge und mit grimmig aufgesperrtem Rachen, bald in der bescheidenen von nur 30-60 Fuß, mit zierlichem Köpfchen und großen klugblickenden Augen vorführte. Die größte Genugthuung aber wird die gewaltige Schaar glaubwürdiger Seecapitäne, nüchterner Steuerleute, zuverlässiger Schiffspassagiere und armer, aber rechtlicher Fischer und Strandwächter empfinden, welche das Ungeheuer factisch schon da und dort mit eigenen Augen gesehen, auch nach besten Kräften beschrieben, gleichwohl aber stets nur ungläubigen Ohren gepredigt, ja sich nicht selten in den Verdacht gesetzt haben, daß sie nach echter Seemannsart ein Gläschen über den Durst genommen und dann das erste beste Treibholz, vielleicht auch einen Wal, Hai oder Delphin für die Seeschlange angesehen. Jene Indianer, die den glücklichen Fang traten, dürften immerhin "Victoria!" ausrufen, denn es werden sich sicher Leute finden, die ihnen das Naturwunder mit Gold aufwiegen, und das erste Aquarium, welches die Seeschlange ausstellt, wird sich zur Bonanza gestalten. Jedenfalls wollen wir hoffen, daß die sechsfüßige Seeschlange sich wirklich als maritimes Reptil und nicht etwa als - Ente entpuppt, wie bisher die ihrer Länge nach eine größere Anzahl von Füßen zählende. Nach allen Spuck, den das Ungeheuer schon getrieben, wäre es wahrlich, wenn es existirt, seine Pflicht und Schuldigkeit sich endlich den Herrn der Schöpfung in natura zu präsentiren.
- Das schlechte findet leichter Nachahmung, wie das Gute. Dies bestätigte sich in Frankfurt a. M., als ein dortiger Bürger, zur Domfeier nach Cöln gereist, dort kurz nach seiner Ankunft eine telegraphische Depesche erhielt, wonach seine Frau, vom Schlag getroffen, dem Tode nahe sei. Höchst erschrocken eilte er nach Hause und fand seine Frau gesund und wohl. Der Bubenstreich hatte aber so nachtheilig durch Schrecken und Aufregung auf seine Gesundheit gewirkt, daß der Getäuschte erkrankt ist. Zwei Tage vor dieser Schurkerei wurde durch die Nachricht von der Verhaftung zweier Personen in Cassel, welche alle Zeitungen durchlief, die Erinnerung an eine gleiche Schändlichkeit wachgerufen, durch welche im Juli dieses Jahres ein Rentner B. aus Cassel (Mitglied der Einschätzungs=Commission) offenbar aus Rachsucht durch eine gefälschte telegraphische Todesnachricht von einer kaum begonnenen Kur in Karlsbad abgerufen, und durch die Täuschung und Aufregung schwer erschüttert, so daß er ebenfalls schwer erkrankte. Der vermuthliche Urheber sitzt noch in Untersuchungshaft seit dem 9. October zu Cassel, nachdem die zur Abgabe der gefälschten Depesche mißbrauchte Person wegen mangelnden Bewußtsein der Rechtswidrigkeit freigelassen worden war. Bei einem vollkommen gleichen Falle, in welchem die gefälschte Depesche nach dem Badeorte Teplitz aufgegeben worden war, hat das Reichs=Oberhandelsgericht zu Leipzig als damalige höchste Instanz in Strafsachen für Elsaß=Lothringen ausgesprochen, daß nicht grober Unfug, sondern Urkundenfälschung in idealer Konkurrenz mit Körperverletzung vorliege und deshalb auf Gefängniß bis zum Höchstbetrage von fünf Jahren zu erkennen sei. Der Vermögensnachtheil der unnöthig verursachten Reisekosten begründete dagegen nur einen Civilersatzanspruch, wobei die Depesche als Urkunde den Beweis lieferte. Die leicht ausgeführte, schwer aber bezüglich des Thäters aufzuklärende Depeschen=Aufgabe scheint die Nachahmung des bösen Beispieles begünstigt zu haben. Um so dringender ist die Pflicht der Presse, auf die hohe Strafbarkeit solcher Streiche und ihrer vielleicht nicht einmal bestimmt gewollten Gesundheits=Beschädigungen hinzuweisen.
- Es ist sehr heilsam, wenn das Fälschen theurer zu stehen kommt als die Ehrlichkeit, wie folgender Fall zeigt. Der Weinhändler Salzmann in Siegolsheim ist vom Schöffengericht wegen Weinfälschung zu 400 M. Geldstrafe, zur Ausgießung von 800 Hektoliter Wein und zu den Gerichtskosten verurtheilt worden. Der dickste Theil kommt aber nach. Der Weinhändler hatte 800 Hektoliter Naturwein in seinen Keller gelegt dieser ist nicht mehr vorhanden. Die Steuerbehörde verlangt für den Hektoliter 3 M. und als Strafe den 10fachen Betrag, was in runder Summe 24,000 M. macht.

[ => Original lesen: 1880 Nr. 84 Seite 3]

- Die deutsche Töchter=Erziehungsanstalt, Handels= und Gewerbeschule für Frauen und Töchter und Seminar für Industrie= und Handarbeits=Lehrerinnen zu Erfurt hat ihren 6. Jahresbericht veröffentlicht. An der Spitze desselben sind in gedrängter Kürze die pädagogischen Grundsätze verzeichnet, auf welchem die Arbeit des Instituts gebaut ist. "Lernet ihr Mädchen", heißt es, "das für das wohlgeordnete Haus Nöthige in höchster Vollkommenheit und ihr besitzt gleichzeitig die Kenntnisse, Fertigkeiten und Geschicklichkeiten, welche das Leben von euch fordert, wenn ihr euch behufs Selbstständigkeit auf eigene Füße stellen sollt. Lernet, was ihr für das Leben braucht." In diesem Sinn bildet die Erfurter Schule Hausfrauen, aber auch Handarbeits= und Industrie=Lehrerinnen, Directricen, Buchhalterinnen und überhaupt für jegliche geschäftliche Thätigkeit nutzbar zu verwendende weibliche Kräfte. Diejenigen Zöglinge, welche Stellen suchten, haben solche gefunden. Der Nachfrage nach tüchtigen Directricen konnte noch nicht genügt werden. Sämmtliche Seminaristinnen, welche vor der Königl. Prüfungs=Commission das Examen ablegten, haben vorzüglich bestanden und sind theilweise schon angestellt. Die von der Frau Kronprinzessin von Preußen gestifteten Medaillen sind an Fräulein Olga Remy aus Liebenstein i. Th. , Pauline Peter aus Camburg und Elise Billermann aus Forsthaus Rothenburg bei Kelbra vertheilt worden. Der Jahresbericht druckt endlich die Festrede: "Ueber Schillers Lebensweisheit" ab, welche beim Schluß des Schuljahres durch den Director gehalten worden ist. Derselbe ist unter Adresse der Anstalt unentgeldlich zu beziehen.
- In Weimar sind vier 119-120 Centimeter hohe schwarze Ponnys aus Spanien angekommen, ein Geschenk des Königs für den Großherzog.
- Aus der guten alten, auf Kosten der neuen so vielfach gepriesenen Zeit erzählen uns vergilbte Aktenstücke so Manches, was die Laudetores temporis acti (Lobredner vergangener Zeiten) denn doch nicht aufgefrischt sehen möchten. Hier eine Probe. In Amsterdam bediente man sich im vorigen Jahrhundert vorkommenden Falls zeitweilig des Scharfrichters von Haarlem und verlegte, um die Kosten wiederholter Reisen desselben zu ersparen, die nothwendig gewordenen Hinrichtungen möglichst auf einen Tag. Von einem solchen, dem 17. December 1712, findet sich eine Scharfrichterrechnung aufbewahrt, welche die Beträge für Leistungen beim Enthaupten, Hängen, Erdrosseln, Rädern von 9 zum Tode Verurtheilten, beim Auspeitschen, an den Pranger Stellen, Brandmarken von 24 Andern einzeln aufgezählt z. B. für einen zu Rädernden mit 9 Streichen, zu 3 Gulden der Streich, 27 fl., für Erdrosseln 6 fl., fürs Herabnehmen und aus der Stadt bringen 9 fl. u. dgl. aufzählt und eine Gesammtsumme von 276 fl. für die vor dem Stadthause zu Amsterdam vollzogene Arbeit eines einzigen Tages ergiebt. Diese Rechnung wurde der Bürgerschaft vorgelegt, um ihr zu beweisen, daß das Geschäft des Scharfrichters eine "gute Nahrung" sei.
- Was war das in der Praterstraße in Wien am hellen Nachmittage? Lehrjungen und Kinder springen mit lautem Jubelgeschrei aus einem großen Hause, hinterdrein ein Mann mit der Drehorgel, er spielt immer von neuem: O Lisebeth, o Lisebeth! Und hinter dem Orgelmann her marschirt eine stattliche Schaar von Dienstmädchen, alle kichernd und lustig und in ihrer Mitte schreitet gravitätisch eine handfeste böhmische Köchin, einen kolossalen Kranz von Grünzeug, Bast und gelben Rüben auf dem Kopf und die ganze stramme Figur umwunden mit Guirlanden von Stroh und papiernen Klatschrosen, in der Rechten einen Kochlöffel schwingend. Zu guter Letzt der Hausmeister mit einem Besen als wolle er sie alle auskehren. Der Neugierigen werden immer mehr. Was jubeln, was lachen sie übermüthig? Still! Jetzt schließen sie einen Kreis, die Orgel schweigt, die schöne Babett hält eine Anrede: "Heut, m. Herrschaften, is d's Tausend vull wor'n. Marienka is d's 1000te Dienstmadl von Frau v. K. da oben! Sü sull leben hoch, hoch, hoch!" Der hundertstimmige verständnißinnige Chor auf der Gasse fällt jubelnd ein und deutet lachend zum Fenster hinauf, an welchem Frau v. K. zornsprühend und mit den Fäusten drohend steht und nach der Polizei schreit.
- Ein Schuhmacher wollte dieser Tage in Dessau eine Massen=Bekehrung von Juden in Szene setzen. Als nämlich die israelitische Gemeinde den letzten Tag ihres Laubhüttenfestes feierte, und der Vorleser andächtig aus der Thora psalmodirte, trat der Schuhmacher plötzlich mit einem großen Blumenstrauß, aus dem ein Crucifix ragte, in die Synagoge und donnerte mit Stentorstimme dazwischen: "Ihr Juden! Ihr seit nun lange satt Juden gewesen, es wird die höchste Zeit, daß ihr euch bekehret. Komm her, Israel ich will dich erretten!" Der neue Apostel fand aber keine Gegenliebe. Israel ward zornig und warf ihm zum Tempel hinaus.


Anzeigen.

Alle Geschäfte der hiesigen Spar= und Leihkasse, insbesondere alle Ein= und Auszahlungen, werden vom 1. November d. J. an an jedem Montage Vormittags von 9 bis 11 Uhr auf dem hiesigen Rathhause erledigt, wo der Sparkassenvorstand anwesend ist. Die frühere Erledigung der Geschäfte am letzten Donnerstage jeden Monats findet nicht mehr statt. Anträge auf Anleihen sind nach wie vor bei der unterzeichneten Behörde zu stellen.
Ratzeburg den 22. October 1880.

Der Magistrat.
Hornbostel.


Am Mittwoch den 3. November cr. Vormittags 11 Uhr soll in Lüdersdorf an gepfändetem Vieh:

4 Kühe, 4 Starken, 4 Kälber und ein 3jähriges Füllen
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden.
Sammelplatz der Käufer beim Gastwirth Fahrenkrug in Lüdersdorf.
Schönberg den 25. October 1880.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.     


Die Erben des zu Schönberg verstorbenen Kaufmannes Heinrich Creutzfeldt haben mich beauftragt, das zum Nachlaß ihres Erblassers gehörige, sub Nr. 96 an der Siemzerstraße in Schönberg belegene Wohnhaus mit Zubehör öffentlich meistbietend zu verkaufen. Ich setze zu diesem Zweck einen Termin auf

Montag den 15. November d. J.
Vormittags 11 Uhr

im Hause der Frau Ackerbürgerwittwe Boye in Schönberg an und füge hinzu, daß die Verkaufsbedingungen zur Einsicht bei mir ausliegen.
Schönberg, den 20. October 1880.

Rechtsanwalt R. Rackow
als öffentlicher Notar.


Bei der am Dienstag den 26. d. M. stattgehabten Verloosung von Antheilscheinen zum Schützenhause wurden folgende Nummern gezogen:

56, 243, 232, 18, 301,422, 42, 142, 91, 65, 287, 304, 21, 358.

Die Inhaber werden ersucht gegen Rückreichung des betreffenden Original=Antheilscheins den Betrag baldmöglichst beim Sattlermeister F. Baer zu Schönberg

in Empfang nehmen zu wollen.
Schönberg den 27. October 1880.

Der Vorstand der Schützenzunft.


500 Mark

zahle ich Dem, der beim Gebrauch von K. Kaufmann's Zahnwasser jemals wieder Zahnschmerzen bekommt oder aus dem Munde riecht. Nur Flaschen mit meiner eigenhändigen Namensunterschrift sind echt. Preis pr. Flasche 1 M.

K. Kaufmann, Berlin.

In Schönberg nur echt zu haben bei Herrn A. Zander.


Die Verlobung ihrer Tochter Sophie mit dem Eisenbahn=Buchhalter Herrn Ludwig Levin zu Malchin zeigen hiemit statt jeder besonderen Meldung ergebenst an

                                        A. Rußwurm & Frau.
Lockwisch den 28. October 1880.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 84 Seite 4]

Neue Winter=Paletots, Kaisermäntel, Kaiserröcke, Anzüge u. Theile davon,

sowie die neuesten Stoffe dazu, für Herren und Knaben, empfiehlt in großer Auswahl zu den niedrigsten Preisen

Lübeck,                                                    F. G. Oderich.
Holstenstraße 177.                                                                                    


Die Original
Singer-Nähmaschinen

sind unübertroffen an Güte, Leistungsfähigkeit und Dauer und daher die beliebtesten Nähmaschinen der Welt. Dieselben werden gegen wöchentliche Zahlung von

Mark 2

abgegeben, um dadurch auch den Unbemittelten die Anschaffung einer der besten zum Erwerb dienenden Maschinen zu ermöglichen und sind ausschließlich zu haben bei

                          G. Neidlinger,
                          Schwerin, Friedrichs-Str. Nr 10.


Pferde-Auction.
Am Montag, den 1. November d. J.
Vormittags 10 1/2 Uhr,

sollen vor dem Schützenhause zu Grevesmühlen eine Parthie (ca. 20 Stück) 3 1/2jährige und 1 1/2jährige

hannoversche Füllen

öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden.

Grevesmühlen, 21. Oct. 1880.
                                                    A. Ihlefeld, Adv.


Zu dem am Mittwoch, den 10. November stattfindenden

Bauerball

erlaube ich mir die geehrten Hauswirthe, sowie meine sonstigen Freunde und Gönner Schönberg's und Umgegend ergebenst einzuladen.
Schönberg, den 28. Oct. 1880.

J. Köster Wwe.     


Gummischuhe
werden von mir in Ordnung gebracht.
Herrn=, Damen= und Kinder=Fußzeug
empfiehlt zu den billigsten Preisen            
                                                    Schmalfeldt.
                                                    Schönberg, Sabowerstraße.


Lampen
in größter Auswahl empfehlen billigst
Jürgensen & Robschuld.
Lübeck, gr. Burgstraße 717.


Kampfgenossen=Verein 1870/71.
Sonntag den 7. November 3 1/2 Uhr. Tagesordnung:

          1. Bericht des Denkmal=Comités.
          2. Unterschrift der Statuten.
          3. Innere Vereins=Angelegenheiten.

I. A.: Roepstorff.     


25 originelle Scherzkarten versendet gegen 50 Pfg. in Marken.
Gotthilf Koch, Berlin S. W.


Statt jeder besonderen Anzeige.
Christine Brockmöller Paul Schweigmann Verlobte. Schwerin.                                                     Schönberg.


Herzlichen Dank Allen Denen, die unserm lieben Schwiegervater und Vater die letzte Ehre erwiesen durch das Geleite zur Ruhestätte.

F. Hülsemann u. Frau.      
G. Breuel jun. u. Frau.     


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 31. October.
Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der heutigen Nummer liegt ein Prospect der Firma Mindus u. Marienthal in Hamburg bei, betr. die Hamburger Geldlotterie.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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