No. 55
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Juli
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 55 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Die Jahrestage der Siege des letzten Krieges sollen nach kaiserlicher Bestimmung militärisch nicht gefeiert werden; bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, das der Vater des Kaisers die Siegestage des Befreiungskrieges von 1815 nur ein Jahrzehnt lang durch Paraden feiern, später jedoch diese Feierlichkeiten einstellen ließ, weil, wie er damals bemerkte, Preußen mit Frankreich in Frieden lebe und alte Wunden heilen müssen.
Das Spielen in Staatslotterien der deutschen Bundesstaaten dürfte wahrscheinlich im nächsten Reichstag zur Sprache kommen. Es heißt, daß Reichstagsmitglieder den Antrag stellen würden, daß in Beziehung auf die Staatslotterien das ganze deutsche Reich als Inland betrachtet werde. Diese Frage wird deshalb zur Erörterung kommen, weil das Reichsgericht eine Entscheidung gefällt hat, wonach trotz der Reichsverfassung andere deutsche Reichssstaaten Preußen gegenüber in dieser Beziehung als Ausland gelten.
Im Monat Mai d. J. hat nach Ausweis der Ermittelungen des statistischen Amtes die Ausfuhr von Waizen, Roggen, Hafer, Hülsenfrüchten, Gerste und Mais gegen den Vormonat erheblich abgenommen, die Einfuhr von Waizen, Roggen, Hafer und Mais dagegen erheblich zugenommen. Gleichwohl blieb die Einfuhr von Weizen mit ca. 75,000 Doppelcentnern noch mit ca. 60,000 Doppelcentnern hinter der Ausfuhr zurück. Alle übrigen Sorten - mit Ausnahme von Mais, der in Deutschland überhaupt nur sehr wenig gebaut wird, und außer Hülsenfrüchten, die in Deutschland über Bedarf produzirt - werden in erheblich größeren Posten ein= als ausgeführt.
Bei den fortwährenden Bemühungen für die Verbesserung der Gewehre tritt der Kostenpunkt immer als bedrohliche Zugabe bei jeder Neuerung auf. Das in der deutschen Armee eingeführte Mausergewehr Modell 71 wird nun die denkbar höchste Ausbildung dadurch erhalten, daß ihm noch eine Magazinkammer angefügt wird, welche mit einem Male 11 Patronen aufnimmt und diese selbstthätig hintereinander in die Schußkammer ladet. Dadurch soll es möglich sein, in einer Viertelminute zwölf wohlgezielte Schüsse abzugeben. Wird durch diese Erfindung, wenn sie sich bewährt, die Kriegstüchtigkeit unserer Armee sehr wesentlich erhöht, so wird es den Steuerzahlern angenehm sein zu erfahren, daß die Neuerung nur sehr geringe Kosten macht.
Kardinal Hergenreuther, Erzbischof von Bamberg, soll mit dem Fürsten Bismarck nach dessen Ankunft in Kissingen eine Zusammenkunft haben. Er soll in ähnlicher Weise mit dem Reichskanzler verhandeln, wie vor zwei Jahren Kardinal Marsella in demselben Badeorte verhandelte.
Oesterreich. Der gegenwärtig in Prag tagende böhmische Landtag berieth am Sonnabend über den Bericht der Sprachenverordnungs=Commission und hat den Antrag der Minorität, über die bezüglichen Petitionen zur Tagesordnung überzugehen, in namentlicher Abstimmung mit 125 gegen 81 Stimmen (Czechen, Baron Kotz) abgelehnt, dagegen den Majoritätsantrag angenommen, wonach die bezüglichen Petitionen der Regierung mit der Aufforderung überwiesen werden sollen, demselben ernste Aufmerksamkeit zuzuwenden, Abhilfe zu schaffen. Die deutsche Sprache soll also immer mehr aus Böhmen verdrängt werden.
Frankreich. Endlich am Montag Abend wurde das Schicksal der Amnestievorlage entschieden. Im Prinzip wurde die allgemeine Amnestie verworfen; in Wirklichkeit kommt sie allen Communeverurtheilten zu Gute. - Rochefort ist bereits in Paris eingetroffen und wurde am Bahnhofe von den Kommunards mit großen Ovationen empfangen. - Felix Pyat, der 1871 den Befehl zur Erschießung der Geiseln gab, hat sich ebenfalls nach Paris begeben.
- Die Kommunisten bemühten sich, dem 14. Juli einen möglichst "rothen" Anstrich zu geben. Ihre Blätter deuten in sinniger Weise an, daß diejenigen Fenster, die am Abend des "Versöhnungsfestes" nicht illuminirt wären, eingeworfen werden würden. - Der Maire von Nimens hat einen energischen Protest gegen das Nationalfest erlassen, worin es heißt: "Weit entfernt, an Freiheit und Ruhm zu erinnern, gemahnt der 14. Juli nur an blutige Excesse, an den Eidbruch der Soldaten. Welch eine unsägliche Verblendung! Mit der einen Hand wird man den Truppen die Fahnen der Ehre und Treue reichen, mit der andern der Zuchtlosigkeit und Empörung Kränze widmen". - Nach Meldungen republikanischer Blätter soll die Regierung beschlossen haben, nur noch die Congregationen der Franziskaner, Kapuziner und Endisten aufzulösen, alle übrigen dagegen, auch wenn sie nicht die staatliche Autorisation nachsuchen bestehen zu lassen. - Am Montag ist in Paris das Musterbild des modernen "Gründer", Isaac Pereire, gestorben. Seine Hinterbliebenen sind einigermaßen vor Nahrungssorgen geschützt, wenngleich das Vermögen der Rothschild's ganz nicht erreicht wird.
England. Das Oberhaus nahm die Bill, betreffend die Volkszählung, in erster Lesung an. Bei Berathung derselben wurden von mehreren Seiten Einwendungen gegen die Weglassung der Confessionsfrage erhoben.
Ein konservativer Abgeordneter, Sir Ewdley Wilmot, hat eine Bill eingebracht, welche bezweckt jede Person für unfähig zu erklären, einen Sitz im Parlamente einzunehmen, welche durch Wort oder Schrift ihren Unglauben an dem Vorhandensein eines höheren Wesens systematisch bekundet hat.
Rußland. Rußland hat die zollfreie Einfuhr von Eisen und Gußeisen wieder aufgehoben und einen neuen Zolltarif für Eisen, Stahl und Metallwaaren eingeführt. Der deutsche Eisenhandel wird dadurch schwer betroffen.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 55 Seite 2]

Postdiebstahl entdeckt. Der Staatsanwalt beim Großherzoglichen Landgericht Herr Giffenig, macht Folgendes bekannt. "Den energischen und umsichtigen Bemühungen der Herren Criminalcommissär Hoeft aus Berlin und Postinspector Pischon hieselbst ist es heute Mittag gelungen, die in der Nacht auf den 30. v. M. hierselbst entwendeten Banknoten im Gesammtbetrage von nahezu 100,000 M. im hiesigen Großherzoglichen Schloßgarten oberflächlich verscharrt aufzufinden, auch das Geständniß der Hehlerin zu erwirken. Schwerin, den 10. Juli 1880." Der Thäter ist zwar in dieser Bekanntmachung des Staatsanwalts nicht bezeichnet, er ist aber kein anderer als der ehemalige Postschaffner, den man sogleich nach Entdeckung des Diebstahls in der Frühe des 30. v. M. als verdächtig verhaftet hatte, weil er einige Zeit vorher der Entwendung (mit 60 M.) angeklagt der That geständig geworden und zu einer achtmonatlichen Zuchthausstrafe verurtheilt war. Er hatte gegen dieses Urtheil Nichtigkeit eingewendet und die Zeit, da er noch auf freiem Fuß war, zur Begehung des neuen großen Diebstahls benutzt. Die in Obigem bezeichnete Hehlerin ist seine Frau.
Militärisches. Für die in Zukunft alljährlich einzuberufenden Ersatz=Reserven 1. Classe hat das Kriegs=Ministerium die Ausführungs=Anweisungen erlassen. Danach liegt es in der Absicht, in möglichst kurzer Zeit den betreffenden Leuten eine möglichst hohe, kriegsgemäße Ausbildung zu Theil werden zu lassen, welche sie befähigen soll, "im Rahmen eines aus vollkommen ausgebildeten Mannschaften bestehenden Truppentheiles ihre Funktionen zu erfüllen." Bei der Ausbildung soll daher alles auszuschließen sein, was nicht direct die Verwendungsfähigkeit im Kriege vorbereitet, z. B. Turnen am Geräth, Bayonettfechten, Parademarsch. Dagegen soll Schießdienst und Felddienst einen hervorragenden Zweig der Ausbildung abgeben. Die erste Uebung wird eine Dauer von 10, die zweite von 4 Wochen, die dritte und vierte von je 14 Tagen haben. Es liegt dabei die Absicht vor, die beiden ersten Uebungen möglichst in zwei aufeinander folgenden Jahren zu vollenden und das in dieser Zeit Erlernte durch die beiden Wiederholungs=Kurse auf's neue in das Gedächtniß zurückzurufen. Die erste Uebung wird in dem Etatsjahre 1881-82 stattfinden, und zwar voraussichtlich nur bei der Infanterie, den Jägern und der Fuß=Artillerie. Es soll im ersten Jahre eine größere Zahl von Ersatz=Reservisten einberufen werden, wie später. Im besonderen sollen zu jedem Infanterie= und Jäger=Bataillon je 80, zu jedem Fuß=Artillerie=Bataillon je 60 Ersatz=Reservisten 1. Klasse eingezogen und in je eine Compagnie formirt werden. Die Abcommandirung vom Ausbildungspersonal soll möglichst beschränkt werden und zu dem Zwecke in jeder Garnison, wo mindestens zwei Bataillone stehen, der dreizehnte Hauptmann, resp. etatsmäßige Stabsoffizier zur Leitung und pro Bataillon ein Premier=Lieutenant als Compagnie=Führer, einen Vice=Feldwebel oder Unteroffizier als Feldwebeldienstthuer, zwei ältere Unteroffiziere und acht Gefreite commandirt, und pro Compagnie aus dem Beurlaubtenstande zwei Lieutenants der Reserve sowie sechs besonders tüchtige Reserve=Unteroffiziere einberufen werden. Man hofft, bei dieser Gelegenheit die event. Qualification von Feldwebel=Lieutenants feststellen zu können. Ueber die Klasse der Einberufung soll jedes General=Commando nach Vereinbarung der obersten Civilbehörde einberufen werden.
- Ein Militärarzt in Berlin empfiehlt allen Offizieren und Soldaten zu Pferde immer ein Stück Papier mit sich zu führen. Kein Reiter könne immer genau wissen, ob der Schleim, den das Pferd auf die Uniform schleudere, harmloser Schleim oder "Rotz" sei; deshalb dürfe auch kein Reiter diesen Schleim mit dem Taschentuche abwischen, sondern mit einem Stück Papier.
- Das Reichsgericht hat unlängst eine Entscheidung getroffen, welche für die Gerichtshöfe sowohl wie für die gesammte akademische Jugend eine mehr als gewöhnliche Bedeutung hat. In Kiel waren Studenten wegen Zweikampfes mit geschliffenen Schlägern zu einer Festungsstrafe verurtheilt worden, hatten sich aber dabei nicht beruhigt, sondern die Zuständigkeit des urtheilenden Gerichts geleugnet, weil eine Studenten=Paukerei ein bloßes Disciplinar=Vergehen, nicht aber ein strafrechtliches Vergehen sei und daher lediglich der Zuständigkeit des Universitätsgerichts unterliege, wie denn auch geschliffene Schläger keine "tödtlichen" Waffen seien, also der bekannte Zweikampf=Paragraph des Strafgesetzbuches auf sie keine Anwendung zu finden habe. Das Reichsgericht verwarf beide Rügen, und zwar aus folgenden Gründen: Der §. 2 des Einführungs=Gesetzes zum Reichs=Strafgesetzbuch habe den studentischen Zweikampf lediglich der Aburtheilung der Strafgerichte überwiesen. Geschliffene Schläger seien allerdings tödtliche Waffen im Sinne des R.=Str.=Ges.=B., denn es komme bei Feststellung dieses Begriffes keineswegs darauf an, ob der Thäter die Waffe mit Absicht zu tödten gebraucht oder auch nur das Bewußtsein ihrer lebensgefährlichen Verwendbarkeit gehabt habe, sondern nur darauf, daß sie objectiv an und für sich geeignet sei, lebensgefährliche Verletzungen beizubringen. Dabei läßt das Reichsgericht die Bemerkung einfließen, daß die Duellanten, selbst wenn dem geschliffenen Schläger die Eigenschaft einer tödtlichen Waffe abgesprochen werden könnte, bei Gebrauch dieser Waffe gegen einander nicht etwa straflos zu lassen, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung aus §. 223 a, d. h. event. mit Gefängniß statt mit der custodia honesta der Festungshaft, die (in §. 205.) auf Zweikampf gesetzt ist, zu strafen wären.
- Die neuen Reichsjustizgesetze wollen in allen ihren Theilen auch von den Advokaten, Pardon! den Sachwaltern ganz genau beobachtet sein, sonst setzen sich dieselben empfindlichen Vermögensverlusten aus. Bei Nichtbeachtung der Prozeßvorschriften durch den Sachwalter kann es unter Umständen vorkommen, daß der betreffende Rechtsbeistand, durch dessen Schuld ein Prozeß verloren geht, für den ganzen Schaden aufzukommen hat. So mußte neulich ein Rechtsanwalt im sächsischen Voigtlande, welcher noch in den Traditionen des alten Prozeßverfahrens befangen, eine Provokationsklage wegen eines Streitobjekts von 900 M. nicht der Gegenpartei zugestellt hatte und der dadurch den Prozeß verlor, die vollen 900 M. aus seiner Tasche seinem Klienten ersetzen. Ferner soll ein anderer Rechtsanwalt in Dresden wegen eines Versehens in seinem Berufe zu einer Ordnungsstrafe von 3000 M. genommen worden sein. Endlich erzählt man sich, daß ein anderer Dresdener Rechtsanwalt vor einiger Zeit nicht weniger denn 6000 M. für seinen Klienten aus seiner Tasche hat bezahlen müssen. Er hatte eine ganz beträchtliche Summe Geldes für seinen Klienten von der Gegenpartei erhalten und darüber quittirt, aber bei der Quittung bloß vergessen zu bemerken "unter Vorbehalt der Zinsen".
Der "Wilnaer Bote" erzählt folgenden schaudererregenden Fall: Vor einigen Tagen kam in das Dorf Dolnyje im Gouvernement Wilna ein armer reisender Jude und legte sich von der langen Fußreise in der Sonnenhitze ermüdet unter einen Gartenbaum des Bauers Thomas Jantschevski. Letzterer wurde des Juden ansichtig, vermuthete in demselben einen Dieb und schleppte ihn zum Gemeindevorsteher Josef Puchalsky. Bei diesem wurde gerade um dieselbe Zeit über einen Pferdediebstahl gesprochen, welcher in einem Nachbarorte Nachts zuvor verübt worden war. Der Verdacht, diesen Diebstahl begangen zu haben, lenkte sich auf den reisenden Juden. Alle Betheurungen, Bitten und Flehen halfen dem unschuldigen, greisen Juden nicht, und der Richter Josef Puchalsky beschloß mit seinen weisen Beiräthen, den "verstockten Pferdedieb" zum Geständniß zu zwingen. In Folge dessen wurde der arme Jude vor Allem mittelst eines Strikes um den Bauch gebunden und an einen Baum gehängt. Als diese Marter nichts half, wurde dem unglücklichen Opfer der bäuerlichen Wuth durch den Dorfrichter Puchalsky selbst die Ohren, dann die Nase und hierauf die Finger abgeschnitten. Als auch diese schrecklichen Inquisitionsmartern nichts nützten, wurden dem halbohnmächtigen Juden die - Augen ausgebrannt und zuletzt - die Zunge herausgeschnitten! Um den zidowski zlodzej (jüdischer Dieb) nicht am Leben zu lassen, entschloß sich ein junger Bauernbursche, Namens Franz Szczerbowicz, den über und über mit Blut bedeckten, völlig verunstalteten Juden zu ertränken. Szczerbowicz warf daher den blutigen Körper des Juden in einen Sack, trug ihn

[ => Original lesen: 1880 Nr. 55 Seite 3]

unter Begleitung einer Menge anderer Bauern zu dem nächsten Fluß, band daselbst an den Sack, in welchem der halbtodte Jude steckte, noch fünf Steine, versetzte dann dem armen Opfer einen tüchtigen Stoß und warf den Sack sammt dem Juden ins Wasser. Es kreisten einige Wellen um die Stelle, wo der Sack fiel, herum, und der Act war vollbracht. Der Henker Franz Szczerbowicz und seine Complicen sitzen freilich heute im Trock'schen Gefangenschloß, ihrer Strafe entgegensehend.
- Carl Blumhardt in Vohwinkel hat seinen 10,000. Schiebkarren fertig gebracht und ihn dem Kaiser geschickt, wahrscheinlich um ihn in sein Wappen zu bekommen, wie ein Bischof s. Z. ein Wagenrad und ein noch Höherer einen Fischerring.
- Statthalter v. Manteuffel in Straßburg und sein Staatssecretär Herzog konnten sich nie ganz über die Behandlung der Elsaß=Lothringer verständigen. v. Manteuffel war mehr für Glacehandschuhe, Herzog mehr für waschlederne. Da es nicht länger gut that, bat Herzog den Kaiser um seinen Abschied und erhielt ihn.
- König Friedrich II. wird mit Recht der Große oder der Einzige genannt, denn er war nicht allein der größte Feldherr aller Zeiten, sondern auch gleichsam ein Vater seines Volkes. Er sagte nicht allein zu den Ministern: wir müssen uns einschränken, damit wir unserm Volke keine zu großen Lasten auferlegen, sondern ging ihnen selbst mit dem schönsten Beispiele voran. Als sich's einige seiner gewöhnlichen Tafelgäste merken ließen, daß sie gerne Heringe nach der Tafel äßen, sagte er: damit ist's nichts, denn die sind zu theuer. Er gab den Dürftigen nicht allein Getreide und Erdäpfel aus seinen Magazinen, sondern baute auch denen, die ihre Häuser im siebenjährigen Krieg verloren hatten, wieder auf. So große Opfer auch die Kriege von ihm forderten, so waren doch nach seinem Hingange 60 Millionen Thaler in der königlichen Kasse.
- Wie aus Wittenberg geschrieben wird, rückt das Project, zu Ehren und zum Andenken Luthers eine Reformationshalle in Wittenberg zu errichten, seiner Verwirklichung entgegen. Der Kronprinz scheint sich für das Vorhaben zu interessiren und auf seine Veranlassung sind zwei Commissarien des Oberkirchenraths und des Culturministeriums nach Wittenberg entsendet worden um mit dem dortigen, Comité zu conferiren. In dieser Reformationshalle sollen, wie bekannt, die Gegenstände, die Luther benutzt hat und die sich früher in der Augustinschen Sammlung befanden, jetzt aber in den Besitz des Wittenberger Prediger Seminars sind, aufgestellt werden. Die Kommissarien erklärten das Project möglichst unterstützen zu wollen. Die Mittel sind ja theilweise bereits durch Sammlungen des Comité's vorhanden.
- Herr Ismay und Familie sind dieser Tage nach einer ungewöhnlich raschen Reise um die Welt in New=York eingetroffen. Sie segelten am 23. März von Liverpool nach Suez, Singapore, Honkong, Yokohamo, San Francisko etc. und langten nach 66 wirklichen Reisetagen in New=York an. Rechnet man noch 9 Tage für die Fahrt von New=York nach Liverpool hinzu, so würde dies für eine Reise um die Welt 75 Tage ergeben, die kürzeste Zeit, in welcher eine solche jemals gemacht worden.
- Ein Arzt in Berlin wurde Nachts zu einem Maurergesellen gerufen, dessen Kind tödtlich erkrankt war. Er griff energisch ein und blieb so lange, bis die Lebensgefahr sichtbar vorüber war. Für seine Bemühungen erbat er sich, unter Rücksicht auf die ärmlichen Verhältnisse, 3 Mark. Da trat der Maurergeselle auf ihn zu und gab ihm mit den Worten: Da haben Sie Ihre 3 Mark! eine furchtbare Ohrfeige. (Es muß bei der Geschichte irgend ein wichtiger Zug fehlen; denn auch der Roheste - und Undankbarkeit ist immer eine Rohheit, sie mag sich aufputzen, wie sie will - wird zu solchem Dank nicht schreiten.)
- Katharina Czesten, eine siebenfüßige Ungarin, hat kürzlich ihren 7. Mann "mit Ehren" begraben, aber Niemand ist nach der tödtlichen Ehre des Achten lüstern.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Carlow belegene Käthnerei Nr. 4 c. p. des Käthners Heinrich Saevcke daselbst, wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotocoll sofort im Termine der Präclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 10. Juli 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.     


Antragsmäßig soll über die zu Schönberg belegenen Grundstücke der vier Geschwister Kähler: Helene, Maria, Wilhelmine und Louise, welche von dem Färbermeister Breul jun., dem Uhrmacher Vogel und dem Buchbinder Sievers allhier bevormundet werden, als:

1. das an der Siemzer=Straße sub Nr. 199 belegene Wohnhaus c. p.
2. das auf dem Moorcamp belegene Ackerstück in Größe von 2775 []Ruthen mit den darauf erbauten Ziegeleigebäuden;
3. die im Moorcamp belegene Wiese in Größe von 1779 []Ruthen;
4. das im großen Bürgermoor belegene Moor in Größe von 415 []Ruthen;
5. das im Lüttenmoor belegene Moor in Größe von 388 []Ruthen;
6. das im Galgenmoor belegene Moor in Größe von 240 []Ruthen; und
7. das früher dem Borchert gehörig gewesene Moor in Größe von 415 []Ruthen, welche einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden,
ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag den 20. Juli d. J.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen die jetzigen als auch die künftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 5. Mai 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.     


Antragsmäßig soll über die zu Rieps belegene Vollstelle Nr. V. des Hauswirths und Krügers Heinrich Böttcher daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend den 1. August d. Js.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiermit geladen, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen die jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 30. Mai 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.     


[ => Original lesen: 1880 Nr. 55 Seite 4]

Eisenbahn        Eisenbahn
Mecklenb. Friedrich=Franz=Eisenbahn.
Extrafahrt nach Lübeck
zu ermäßigten Fahrpreisen. In Veranlassung des Lübecker Volksfestes werden am

Am Sonntag den 18. Juli d. J.

folgende Extrazüge abgefertigt:
Abfahrt von Schwerin 7 Uhr - Min. Morg.
Abfahrt von Kleinen 7 Uhr 35 Min. Morg.
Abfahrt von Bobitz 7 Uhr 53 Min. Morg.
Abfahrt von Grevesmühlen 8 Uhr 18 Min. Morg.
Abfahrt von Schönberg 8 Uhr 52 Min. Morg.
Abfahrt von Lüdersdorf 9 Uhr 10 Min. Morg.
Ankunft in Lübeck 9 Uhr 26 Min. Morg.
Die Passagiere von Wismar benutzen den um 5 Uhr 15 Min. Morgens von dort abgehenden Zug und gehen in Kleinen in den Extrazug Schwerin=Lübeck über.

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Abfahrt von Lübeck 9 Uhr 10 Min. Abends
Ankunft in Lüdersdorf 9 Uhr 32 Min. Abends
Ankunft in Schönberg 9 Uhr 47 Min. Abends
Ankunft in Grevesmühlen 10 Uhr 19 Min. Abends
Ankunft in Bobitz 10 Uhr 47 Min. Abends
Ankunft in Kleinen 11 Uhr 4 Min. Abends
Ankunft in Schwerin 11 Uhr 54 Min. Abends
Ankunft in Wismar 11 Uhr 55 Min. Abends
Auf den vorgenannten Stationen und Haltestellen werden am 18. Juli Billets zur Fahrt nach Lübeck und zurück in II. und III. Wagenclasse zum einfachen Fahrpreise ausgegeben.
Diese Billets berechtigen zur Hinfahrt nur mittelst des Extrazuges (von Wismar nach Kleinen jedoch mittelst des 1. Personenzuges), wogegen die Rückfahrt mit dem Extrazug am 18. Juli und mit allen fahrplanmäßigen Zügen am 19. Juli cr. erfolgen kann.
Freigewicht für Gepäck wird auf diese Doppelbillets nicht gewährt.

Die Direction.     


Ich suche zum 24. October
ein ordentliches Mädchen.
Grevesmühlen.                                                     Friederike Bruhns.


1800 Pianinos

sind aus der Fabrik von Th. Weidenslaufer, Berlin, Doratheenstrasse 88 bereits hervorgegangen und über ganz Deutschland versandt. Frachtfreie Lieferung mit 3 Wochen Probezeit, kleinste Theilzahlungen oder Baar mit hohem Rabatt. Kauflustige erhalten, sofort gratis und franco Preis-Courant mit ehrenden Zeugnissen über die Güte des Fabrikats und die rühmliche Reellität dieses Fabrikhauses.


25 originelle Scherzkarten versendet gegen 50 Pfg. in Marken.
Gotthilf Koch, Berlin S. W.


Zu dem am

19. und 20. Juli d. J.

hier stattfindenden

Königschuß

laden ergebenst ein
Rehna den 3. Juli 1880.

Die Aelterleute.     


Am Sonntag den 18. Juli fahre ich mit meinem Fuhrwerk von Schönberg nach Lübeck.
Abfahrt aus Schönberg Morgens präcise 7 1/2 Uhr.
Abfahrt aus Lübeck Nachts 12 Uhr.

P. Fanselow.     


Empfehle zum Einkochen                          
Bruch-Raffinade
                                                    billigst
                                                    C. Schwedt.


Grabkreuze und Gedenktafeln
zu Fabrikpreisen empfiehlt                          
                                                    C. Schwedt.


Trunksucht, sogar im höchsten Stadium, beseitigt sicher und zwar sofort, auch ohne Vorwissen, und unter Garantie, ohne der Gesundheit zu schaden, Th. Konetzky, Bernauerstraße 84, Berlin, Erfinder dieser Radikalkuren und Spezialist für Trunksucht=Leidende. Die Wirksamkeit der von mir erfundenen Mittel ist von Patienten vor Kgl. Preußischen und Bayerischen Kreisgerichten eidlich bestätigt, und von einem Sanitätsrath geprüft. Nachahmer beachte man nicht, da durch deren Mittel die Trunksucht nicht beseitigt wird, wie dies leider nur zu Viele schon erfahren haben. Mehrere dieser Nachahmer fälschen sogar Namen und Atteste und treiben überhaupt nur Schwindel, während ich für die Heilung eben vollständig garantire. Amtlich beglaubigte, sowie eidlich bestätigte Atteste gratis und franco.


Verloren.

Am Freitag den 9. Juli ist auf dem Wege von Kl. Rünz nach Schönberg ein schwarzseidener Sonnenschirm verloren. Abzugeben auf dem Hofe zu Kl. Rünz gegen 2. M. Belohnung.


Holzfest.

Zu dem am Sonntag den 18. Juli im Kuhlrader Zuschlage stattfindenden Holzfeste ladet ergebenst ein

Der Vorstand                
des Carlow'er Gesangvereins.     


Am Sonntag den 18. Juli cr. halten wir von Nachmittags 3 Uhr an ein Nachstießen ab, wozu freundlichst einladet

der Vorstand der Schützenzunft.

NB. Die Gewinne werden gegen 8 Uhr Abends vertheilt.


Die Inhaber von Tombola=Loosen verweisen wir auf die dieser Nummer der Anzeigen anliegende Gewinnliste. Die Gewinne sind innerhalb 14 Tagen abzuholen beim Herrn Cigarrenfabrikanten Rieckhoff zu Schönberg.

Der Vorstand der Schützenzunft.     


Das von mir verlooste Kaffeeservice wurde auf Nr. 3 gewonnen.

Schönberg.                                                     Wittwe Wiencke.


Reelles Heirathsgesuch.

Ein Landmann, Wittwer, im Besitz einer Landstelle von ca. 25,000 Mark Werth, wünscht sich mit einer Wittwe oder Dame zu verheirathen.
Strenge Verschwiegenheit. Offerten sub Nr. 2021 b. bef. die Annoncen=Expedition von

                          Haasenstein & Vogler
                          in Lübeck.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 22.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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