No. 45
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 11. Juni
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 45 Seite 1]

Die Vorrechts=Register.

Da die soeben erlassene Verordnung, betreffend die Vorrechts=Register, keine directe Aufklärung über den von ihr verfolgten letzten Zweck giebt, vielmehr eine Kenntniß der mit dem 1. October 1879 in Kraft getretenen Justizgesetze voraussetzt, diese Gesetze aber immer noch sehr wenig in das allgemeine Rechtsbewußtsein übergegangen sind, so mögen diejenigen materiell rechtlichen Bestimmungen der neuen Justizgesetze, welche diese gegenwärtige Verordnung im Gefolge gehabt haben, mit kurzen Worten hier wieder in die Erinnerung gebracht werden.
Der § 709 Absatz 2 der Civilprozeßordnung in Verbindung mit § 41 der Concursordnung hat die Mobiliarhypothek, - die jedem Geschäftsmanne sowohl wie Laien bekannte Pfandclausel "unter Verpfändung meines gesammten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögens", "sub hypotheca bonorum" und dergl. - für das practische Leben zu Grabe getragen. Wir können getrost sagen: die einfache vertragsmäßige Verpfändung des Vermögens oder einzelner Vermögenstheile hat practisch gar keinen Werth mehr, denn sowie es zur Collision der Rechte verschiedener Gläubiger kommt, wenn ein Concurs ausbricht oder von einem Gläubiger vorzugsweise Befriedigung vor dem andern gesucht wird, so wird auf das einfache vertragsmäßige Pfandrecht gar keine Rücksicht mehr genommen. Und auch das stillschweigende, gesetzliche, richterliche, öffentliche und private, specielle und generelle Pfandrecht ist seit dem 1. October 1879 einfach beseitigt. Wir kennen seitdem vielmehr nur noch das Faustpfandrecht und das durch Eintrag in's Hypothekenbuch erworbene Immobiliarpfandrecht, mithin ist nur noch das Recht aus dem Hypothekenscheine und das mit dem Gewahrsam, dem körperlichen Haben der Sache verbundene Faustpfandrecht geschützt - alles übrige über Bord geworfen. Die daraus entspringenden Härten zu beseitigen, war Aufgabe der Einführungsgesetze. Es ließ deßhalb der §. 12 des Einführungsgesetzes zur Concursordnung und §. 23 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung den Landesgesetzen frei, für diejenigen Forderungen, für welche auf Grund eines Vertrages, einer letztwilligen Anordnung oder einer richterlichen Verfügung bis zum 1. October 1879 ein Pfandrecht erworben war, das bisherige Vorrecht zu gewähren. Dieses bisherige Vorrecht aber bestand darin, daß der Hypothekargläubiger im Concurse den einfachen Schuldforderungen vorging und im Civilprozesse bei einer Execution auf Grund seiner bevorzugten oder gleichen Erstigkeitsrechte eine bevorzugte oder gleiche Befriedigung mit dem andrängenden Gläubiger beanspruchen konnte. Machte nun die Landesgesetzgebung von dem ihr freigelassenen Rechte Gebrauch, so konnte sie thatsächlich den alten Zustand einstweilen noch aufrecht erhalten, und bestimmen, daß die Inhaber jener bis zum ersten October 1879 mit einem Pfandrecht ausgestatteten Forderungen in der Concurstabelle vor den Gläubigern des §. 54, 6 der Concursordnung eingetragen zu werden verlangen dürfen und im Civilprocesse gemäß §. 710 der Civilproceßordnung Klage auf vorzugsweise resp. gleiche Befriedigung aus dem Erlöse einer Zwangsvollstreckung mit Erfolg erheben können, das Pfandrecht selbst aber konnte sie nicht aufrecht erhalten. Die Landesgesetzgebung hat nun in der That von dieser ihr durch die Reichsgesetze gegebenen Befugniß Gebrauch gemacht und an Stelle des verlorenen Pfandrechts im §. 18 der Verordnung zur Ausführung der Concursordnung für den Concurs ein Vorrecht vor den im §. 54 Nr. 6 der Concursordnung bezeichneten Forderungen, und im §. 51 der Verordnung zur Ausführung der Civilprozeßordnung für den Civilprozeß das bisherige Vorrecht einer nach der Reichscivilprozeßordnung bewirkten Pfändung gegenüber gewährt. Damit ist das mit dem 1. October 1879 erloschene Pfandrecht unter dem Namen Vorrecht in Wirksamkeit geblieben. Dies jedoch mit höchst wichtigen Beschränkungen. Erstens besteht dies Vorrecht nur für die vor dem 1. October 1879 mit Pfandrecht versehenen Forderungen - später begründeten Forderungen dagegen konnte es nicht gewährt werden. Zweitens ist das Vorrecht nur an Stelle der durch Vertrag, einer letztwilligen Anordnung oder einer richterlichen Verfügung erworbenen Pfandrechte getreten, während von der Unzahl der gesetzlichen Pfandrechte nur noch das Pfandrecht der Ehefrau am Vermögen ihres Ehemannes in Betracht kommt, (die citirten Ausführungsverordnungen §§. 51 und 19), - alles Uebrige ist mit einer hier nicht interessirenden Ausnahme ohne irgend einen Ersatz beseitigt worden. Das Faustpfandrecht und das Recht aus einem Hypothekenschein ist natürlich in Kraft geblieben. Die Dritte und wichtigste Beschränkung endlich ist in dem Absatze 2 des § 23 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung und in Absatz 3 des §. 12 des Einführungsgesetzes zur Concursordnung enthalten. Das gewährte Vorrecht erlischt binnen der kurzen Frist von zwei Jahren, also mit dem Ablaufe des 30. September 1881, wenn es nicht bis zum gedachten Tage zur Eintragung in ein öffentliches Register vorschriftsmäßig angemeldet worden ist. Dies Vorrechts=Register ist bei den Amtsgerichten zu führen, der Eintrag geschieht nur auf Antrag, die Einsicht der Folien ist jedem, der ein rechtliches Interesse daran hat, gestattet. Was zum Eintrag geeignet ist, ist schon gesagt: unsere bis zum 1. October 1879 entstandenen Pfandrechte, soweit sie nicht im Vorhergehenden als gänzlich beseitigt bezeichnet worden sind. Werden dieselben bis zum letzten September 1881 in das Register nicht eingetragen, so sind sie einer nach dem letzten September 1881 bewirkten Pfändung gegenüber wirkungslos und werden in einem nach dem gedachten Tage eröffneten Concursverfahren nicht mehr beachtet; bis zu dem gedachten Tage aber behalten sie das Vorrecht auch ohne Eintrag. Werden diese Vorrechte dagegen bis zum letzten September 1881 in das Register eingetragen, so behalten sie ihre Wirkung für alle Ewigkeit. Auf die Wichtigkeit der Eintragung aufmerksam zu machen, erscheint daher nicht überflüssig: ein guter Hausvater wird wohl seinen bisher mit einem Pfandrechte versehenen Forderungen, sowie dem Eingebrachten seiner Ehefrau die bisherige Sicherheit dadurch erhalten, daß er das Vorrecht in das Vorrechts=Register eintragen läßt. Die in den Ausführungsverordnungen vorbehaltenen näheren Vorschriften über die Anmeldung und Eintragung der Vorrechte, über die Einrichtung und Führung der Register find in der gegenwärtigen Verordnung gegeben worden und daher nennt sie sich mit Recht: "Verordnung betreffend die Vorrechts=Register." Ihr klarer Wortlaut bedarf keines weiteren Kommentars.


Politische Rundschau.

Deutschland. Se. Majestät der Kaiser hat der Stadt Magdeburg für den großartigen Empfang durch eine Kabinetsordre seinen Dank ausgesprochen.

[ => Original lesen: 1880 Nr. 45 Seite 2]

Die Arbeit der Kommission für die kirchenpolitische Vorlage hat bisher sehr wenig Positives geschaffen. §. 1 ist gestrichen, in Art 3 ist ein Satz gestrichen, der ohne Störung des Sinnes nicht fehlen darf; Art 4 hat einen Wortlaut erhalten, der der Regierung nicht genehm ist; Art 7 ist abgelehnt, über Art. 8 konnte eine Einigung nicht stattfinden und es erfolgte schließlich die Ablehnung; bei §. 9 erhoben die Freikonservativen Bedenken und die Debatte wurde darüber vertagt. Mithin ist nur Art. 2, 5, 6 angenommen, die wichtigsten Bestimmungen sind aber gestrichen, so daß die Vorlage in dieser umgestalteten Form für die Regierung kaum einen Werth hat.
Der Hamburger Senat hat dem Bundesrath nunmehr eine Denkschrift bezüglich des preußischen Antrages über den Zollanschluß der Unterelbe zugehen lassen. Die Denkschrift soll in durchweg sachgemäßer Weise die juristische Unzulässigkeit und die technische Undurchführbarkeit des Antrages nachweisen. Die erste Berathung des letzteren im Bundesrathe ist so lange ausgesetzt, bis die Referenten und die Regierung zu der Denkschrift Stellung genommen haben.
Der Zusammentritt der Botschafter=Conferenz in Berlin ist auf den 16. d. angeordnet worden.
Der Ober=Stallmeister des Königs von Bayern Graf von Holnstein, ist mit einem Königlichen Specialauftrage in Berlin eingetroffen. Graf Holnstein ist bekanntlich schon mehrfach zu politischen Missionen benutzt worden und gehört zu den Intimen des Reichskanzlers. Man dürfte wohl nicht fehl gehen, die Abwesenheit des Grafen Holnstein mit der Affaire Rudhardt in Verbindung zu bringen.
Frankreich. Die Vorarbeiten für den Tunnel, der England und Frankreich vereinigen soll, nehmen einen befriedigenden Verlauf. Der Schacht ist bis zu der Schicht hinabgetrieben, in welcher man den Tunnel zu bohren beabsichtigt. Die zum Bohren erforderlichen Maschinen sollen nun hinabgelassen werden und binnen 18 Monaten hofft man bis zu zwei Kilometer unter dem Kanal vorgedrungen zu sein.
England. Es wird jetzt bestätigt, daß die französischen Jesuiten das auf der Insel Jersey vor ungefähr 13 Jahren mit einem Kostenaufwande von 40,000 Pfd. Sterl. erbaute Hotel Imperial käuflich erworben haben und sich dort einen Zufluchtsort einzurichten gedenken.
Die "Times" empfehlen, daß England Cypern der Pforte gänzlich abkaufen und nicht nur Pächter der Insel auf unbestimmte Zeit sein sollte.
Rußland. Am Montag fand in Petersburg die Ueberführung der sterblichen Reste der Czarin nach der Kapelle der Peter=Pauls=Kirche statt. Trotz des ungeheuren Menschendrangs und der inposanten Volksmassen, die auf den Beinen waren, verlief die Feierlichkeit ohne jedwede Störung. der Leichenconduct selbst bestand aus 5000 Personen. Hinter dem Leichenwagen ritten der Czar und sämmtliche Großfürsten, sowie der Kronprinz des deutschen Reiches, der Erzherzog Wilhelm von Oesterreich, Prinz Alexander von Hessen und der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin. Montag Abend trafen noch der Großherzog von Weimar, der Herzog von Edinburg, der Fürst von Bulgarien und Prinz Arnulf von Bayern in Petersburg ein.
Amerika. Die republikanische Convention zur Verbreitung der Wahlen, welche gegenwärtig in Chicago tagt, kann sich über keinen Candidaten einigen. Bei der ersten allgemeinen Abstimmung erhielt Grant 304, Blaine 284, Shermann 93 Stimmen; außerdem fielen 74 Stimmen auf noch drei andere Kandidaten; es war mithin noch für keinen die absolute Majorität, die 379 beträgt, zu erzielen gewesen; eine zweite Abstimmung ergab fast das gleiche Resultat. Trotzdem hoffen noch die Grantmänner die Stimmen eines andern aussichtslosen Candidaten für sich zu gewinnen und Grant zum alleinigen Candidaten der republikanischen Partei zu machen.


- Wetter=Contraste. Während wir in Europa einen trostlos frostigen Frühling durchlebten, kommt die Nachricht, daß in Amerika längs der atlantischen Seeküste intensive Hitze herrschte. In manchen Gegenden ist das Thermometer bis auf 100 Grad Fahrenheit (30 Grad Réaumur gestiegen; es werden zahlreiche Fälle von Sonnenstich gemeldet. Eine solche Hitze im Mai ist dort selten erlebt worden.
- Am 2. Juni hat in Berlin die Enthüllung des Göthe=Monuments von Fr. Schaper, dem Schöpfer des ehernen Bismarck=Denkmals in Köln, stattgefunden. Dieses neue vortreffliche Standbild Goethes hat seinen Platz im Thiergarten in verhältnißmäßig geringer Entfernung von dem vor wenigen Monaten enthüllten Denkmale der Königin Louise gefunden.
- Aus der Provinz Sachsen schreibt man der "Post": Vor Kurzem fand sich bei dem Pastor X. in Z., in dessen Hause ein Dienstmädchen gesucht wurde, eine jugendliche Bewerberin ein, die so ehrlich und unschuldig aussah, daß man garnicht daran dachte, nach ihren Papieren zu fragen oder Erkundigungen einzuziehen; auch war sie aus einem Orte in welchem die Familie X. Freunde hatte, und schien mit denselben bekannt zu sein. Die neue Dienerin war nicht sehr geschickt, aber so freundlich und gutwillig, daß Frau und Fräulein X. sich mit Vergnügen der Mühe, die Erziehung derselben als Köchin und Kammerjungfer zu leiten und zu vollenden, unterzogen. Aber eine unerwartete Entdeckung unterbrach ihre so wohlwollenden Absichten. Ein Mann, der der Vater der Magd zu sein vorgab, kam aus der Heimath an und belehrte die glückliche Pastorfamilie, daß ihre junge Kammerdienerin sein Sohn sei, der sich unter dieser Verkleidung der Aushebung zu entziehen versucht hatte. Was der Mann vorgab, war richtig, und die entlarvte "Kammerzofe" mußte den Frauenrock mit der Uniform vertauschen.
- Die sieben Weltwunder waren: die egyptischen Pyramiden, die sog. hängenden Gärten der Semiramis zu Babylon, der Dianentempel zu Ephesus Bildsäule des olympischen Jupiter von Phidias, das dem Mausolus, König von Karien, von seiner Gemahlin Artemisia errichtete Mausoleum, der Colaß zu Rhodus und der Pharus zu Alexandria.
- Am 4. Juni waren es 200 Jahre, daß die Stadt und das Herzogthum Magdeburg mit dem damaligen Kurbrandenburg verbunden wurden, d. h. preußisch geworden sind. Stadt und Land ist die preußische Jacke, wenn sie auch manchmal gejuckt hat, vortrefflich bekommen und die Magdeburger gehören zu den besten Preußen. Das Jubiläum zu welchem der Kaiser gekommen, wurde glänzend gefeiert.
- Unser unermüdlicher Schatzgräber, Dr. Heinrich Schlieman ist aus Athen zu mehrmonatlichem Aufenthalte in Leipzig eingetroffen, um die Herausgabe seines neuen großen Werkes "Ilios" zu bewirken, welches gegen 2000 der von ihm bei seinen Ausgrabungen im Gebiete des alten Troja gefundenen Gegenstände abgebildet bringen und nicht nur in deutscher Sprache bei Brockhaus in Leipzig, sondern gleichzeitig auch in englischer in London und New=York erscheinen soll.
- In den amerikanischen Staaten Kansas und Neumexiko baut man jetzt vielfach eine neue Getreideart, welche als Pampasreis, Reiskorn, Aegyptisches Korn bezeichnet wird und durch Mennoniten aus Südrußland dorthin gebracht worden sein soll. Sie soll mehr Nahrung enthalten als Mais, Roggen und Gerste und in den dürrsten Gegenden fortkommen.
- Einer Bekanntmachung des Centralvorstandes des Evangelischen Vereins der Gustav=Adolf=Stiftung zufolge wird in diesem Jahre die 34. Hauptversammlung des Gesammtvereins vom 14. bis 16. Septbr. in Karlsruhe stattfinden.
- Dem König Georg von Griechenland widmet ein Pariser folgende Standrede. Der König Georg ist liberal, geistreich, skeptisch und aufgeräumt. Er läßt geschehen und die Dinge an sich herankommen. Er ist ein König a la Grèvy. Wenn sein Komunduros nicht mehr die Majorität hat, wendet er sich zu seinem Trikupis; wenn sein Trikupis von der Kammer einen Schuß empfangen hat kehrt er mit Seelenruhe zu seinem Kommunduros zurück. So spaziert er beständig von Trikupis zu Komunduros und von Komundorus zu Trikupis, wobei er und das griechische Volk sich gleich wohl befinden. Der König Georg hat sich in Griechenland, wohin er beinahe noch als Kind gekommen war, ausgezeichnet bewährt. Sein Vorname war ihm sehr förderlich. Sein Vorgänger, im Uebrigen

[ => Original lesen: 1880 Nr. 45 Seite 3]

ein vortrefflicher Mann, hieß Otto, welches ein wenig orientalischer Name ist, wogegen sich fünf Sechstel der Griechen Georg nennen. Dieses Volk verübelt es auch dem König Otto, daß er für die Seekrankheit empfänglich war; der König Georg ist von dieser Schwäche frei. Eine dritte Beschwerde gegen den König Otto war die, daß er keine Kinder hatte; der König Georg beruhigt auch in dieser Hinsicht seine Unterthanen und erfüllt sie mit Stolz. Er ist der Vater von 6 oder 7 kleinen Prinzen. Und welche Namen er ihnen gibt! Der eine heißt Herzog von Athen, der andere Herzog von Sparta, ein dritter Herzog von Korinth, ein vierter Herzog von Theben. Man glaubt den Schiffskatalog im Homer zu lesen. Der König Georg ist populär. Der beste Beweis dafür ist, daß er seit 18 Jahren über ein Volk herrscht, welches höchst edel, aber erschrecklich turbulent und immer zu Umwälzungen und tollen Streichen bereit ist. Er ist ein ganz vorzüglicher Ehegatte und gleicht in diesem Punkte seinem Schwiegervater dem Großfürsten Konstantin, von dem ein gewisses Dictum bekannt ist. Der Großfürst besuchte einst den Hof Napoleons III. in den Tagen seines höchsten Glanzes, und die Kaiserin Eugenie richtete ganz unumwunden die Frage: "Welche Frau in diesem Kreise halten sie für die schönste?" - "Majestät, entschuldigen sie mich", entgegnete der Großfürst, "ich bin ein Barbar, ein Kosak. Ich kenne nur eine schöne Frau: das ist meine eigene". - Der gefällige Portraitmaler meint, es fehlt dem König nur ein Bismarck oder Cavour, um Griechenland zu einem großem Reiche zu machen.
- Eine merkwürdige Heilung, die an die Behandlung Geisteskranker (mit fixen Ideen) erinnert, erzählt das Berl. Tageblatt. Eine junge Russin litt seit 6 Jahren an unstillbarem Erbrechen, neuraligischen Schmerzen im Unterleib und Herzklopfen. Sie besuchte viele Aerzte in Deutschland, unterwarf sich vielen Kuren, keine half. Nur eine von Professor Hegar in Freiburg erfundene Operation (der Ovarien), sagte man ihr, könne vielleicht helfen, die Operation gehe zwar auf Leben und Tod, aber wenn sie gelinge, werde sie gesund werden. Dr. Israel im jüdischen Krankenhause in Berlin gewöhnte sie an diese Vorstellung, die Operation, sagte er, könne gelingen und werde ihr dann sicher helfen. Sie verlangte die Operation und Dr. Israel traf umständlich alle Vorbereitungen dazu, chloroformirte sie dann und machte die Operation zum scheine etc., er machte einen leichten Einschnitt am Leibe, legte einen Verband an, Eis auf u. s. w., kurz that alles, um die Kranke in der Ueberzeugung zu befestigen, sie sei glücklich operirt worden. Auch ihre Umgebung und die andern Aerzte stellten sich so und der Erfolg? Die Russin glaubte an ihre gelungene Operation und war geheilt. Seit einem halben Jahre ist sie gesund.
- Aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika liest man seltsame Dinge. Als Bewerber um den Präsidentenstuhl tritt der General Grant wiederum auf. Er hat eine zweijährige Reise um die Welt mit Weib und Kind gemacht, ist überall mit Pomp aufgetreten und die ungeheuren Kosten hat eine Aktiengesellschaft aufgebracht, deren Mitglieder seine Anhänger sind und die nun ihre Dividenden erwarten, d. h. fette Aemter aller Art. Dazu ist nöthig, daß Grant wieder Präsident wird. Viele Leute seiner eigenen Partei denken an die grauenhafte Corruption unter der frühern Präsidentenschaft Grants. Grant war ein guter Feldherr, hat aber kein Verwaltungstalent; eine Bande von Abenteurern und Gaunern hatte sich an ihn herangedrängt, welche ihre Aemter schamlos ausbeuteten. Ein Scandal folgte dem andern. Der Kriegsminister des Diebstahls, der Marineminister des Betruges und Aemterschachers, der erste Privatsecretär Grants der Mithülfe bei ungeheuren Steuerunterschlagungen gerichtlich überführt, - so gings fort Woche für Woche. So würde es leicht wieder gehen und deshalb sind die meisten Deutschen drüben gegen eine Wahl Grants.
- Für ganz Preußen ist ein Plan zur Reform der höheren Lehranstalten ausgearbeitet, welcher vom Kultusminister genehmigt und nur noch der Bewilligung der erforderlichen Mittel durch das Finanzministerium bedürftig ist. Danach soll in Bezug auf Sexta, Quinta und Quarta der Unterricht in den Gymnasien und Realschulen erster Ordnung ganz übereinstimmend gestaltet werden und erst in Tertia, (welche überall in Ober= und Unter=Tertia getheilt wird), die Trennung beider Lehrpläne eintreten. So daß für das Gymnasium das Griechische, für die Realschule das Englische und die Verstärkung der Mathemathik in Unter=Tertia beginnt. In der Realschule soll das Lateinische in allen Classen verstärkt, auch in Prima und Secunda die Stundenzahl für diesen Gegenstand bis auf 6 Stunden erhöht und der lateinische Unterricht nicht mehr blos zur Vorbereitung des Französischen und Englischen, sondern in seiner selbstständigen Bedeutung für die formale Bildung geltend gemacht und betrieben werden.


Anzeigen.

In das hiesige Handelsregister Fol. XXI. Nr. 34, betreffend die Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt zu Schönberg, ist heute eingetragen:

Col. 6. ad. 2: Die unter dem Namen "Revidirte Statuten der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt in Schönberg" beschlossene Abänderung des Gesellschaftsvertrags dieser Anstalt trägt das Datum des 26. Februar 1880. Die Landesherrliche Bestätigung der Statuten ist zurückgenommen.
ad. 4: Die Anstalt hat den Zweck einerseits Gelegenheit zu sicherer Kapitalbelegung zu geben, andererseits Bankgeschäfte aller Art zu betreiben, insbesondere den Geldverkehr im Fürstenthum Ratzeburg zu vermitteln und zu erleichtern.
9.: Das Directorium zeichnet für die Anstalt durch die dem Namen derselben hinzugefügte Unterschrift eines Mitgliedes des Directorii und des Secretairs. Ausgenommen sind die Actien, welche mit der Unterschrift sämmtlicher Directoren und des Secretairs auszufertigen sind. -

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den 3. Juni 1880.
Das Handelsgericht.
                          Dr. jur. E. Hahn.


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, den 7. Juni 1880.

Die Armenbehörde.


Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist zur Zinszahlung am
Freitag den 11. Juni,
und
Sonnabend den 12. Juni d. J.
von                                                    
7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
geöffnet.                                              
Schönberg den 22. Mai 1880.                          
                          Das Direktorium.


Geschäfts=Anzeige.

Einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum erlaube ich mich hiemit ergebenst anzuzeigen, daß ich am heutigen Tage mich als

Schlosser

etablirt habe.
Ich werde stets bemüht sein, durch gute und solide Arbeit, mir das Wohlwollen des geehrten Publikums zu erwerben.

Ergebenst
                          Heinr. Klasohm.
Schlagsdorf, den 4. Juni 1880.                                                    


Frische Eßkartoffel
                                                    empfiehlt
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 45 Seite 4]

Boye's Garten.
Freitag den 18. Juni
großes Militair=Concert,
ausgeführt von der Capelle der Mecklenburgischen Feldartillerie.
Anfang 5 Uhr. Entrée à Person 30 Pfennig. Nach dem Concert Ball,
wozu ebenso freundlichst als ergebenst einladet                                                    
Schönberg den 3. Juni 1880.                                                    
                                                    M. Boye Wwe.


Von 1. Juni d. J. ab giebt der Unterzeichnete eine täglich Abends erscheinende
Geographische Wetterkarte

heraus, welche den Witterungszustand des grössten Theiles Europas von Morgens 8 Uhr desselben Tages, an welchem die Karte erscheint, zur Darstellung bringt. Kleine Bemerkungen, welche der Karte beigegeben werden, erleichtern die Anwendung derselben in Bezug auf die Vorherbestimmungen des kommenden Wetters; auch wird jeder Karte eine von der deutschen Seewarte aufgestellte Muthmassung über das am nächsten Tage zu erwartende Wetter beigefügt werden. Die geographische Wetterkarte möge hiermit besonders den Herren Landwirthen empfohlen sein. Der Abonnementspreis bei den Postanstalten beträgt vierteljährlich 10 Mark, für den Monat Juni 3,5 M., Probenummer wird auf frankirte Einsendung von 20 Pfennigen franco versandt durch

O. Jesse, Astronom.          
Steglitz bei Berlin Albrechtstrasse 31.


Empfehle mein Lager

von krummen und geraden Sensenbäumen, Guß= und Silberstahlsensen, amerik. und deutsche Kartoffelhacker, Staak= und Schott=Forken, Heu= und Kornharken u. s. w.

C. Schwedt.     


Knechte, Mädchen und Ammen

welche in Hamburg zu dienen wünschen, können zu jeder Zeit Stellen erhalten durch das Nachweisungs=Bureau von

J. Bruhn,                           
Gr. Michaelisst. 4. in Hamburg.      


Ein Fuder Pferdeheu hat jetzt und einige Fuder zur bevorstehenden Vormaht zu verraufen.

Staffeldt i. Schönberg.      


Patent Stärke=Glanz
von G. Jahnson London
                                                    empfiehlt
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Schrotmühlen

in 10 verschiedenen Arten und Größen sind aufgestellt zum Probiren bei

Ludw. Warnke, Mölln.     


Pferderechen (Harken)

sind in großer Auswahl auf Lager bei

Ludw. Warnke, Mölln.     


Mit Bewilligung des Herrn Oberförster Hottelet zu Schönberg habe ich dem Forstschutzpersonal zur Hohenmeile die Aufsicht über meine Holzungen übergeben.

Schulze H. Dräger, Lauen.      


In hiesige Landstellen werden zu Johannis d. Js. zu sicherer Hypothek gesucht:

1 Posten von 4,600 Mark,
und
2 Posten von a 1500 Mark
zu 4 und 4 1/2 %. Näheres bei                          
                                                    Peter Maass.
                                                    Schönberg, Marien=Straße Nr. 46.


1800 Pianinos

sind aus der Fabrik von Th. Weidenslaufer, Berlin, Doratheenstrasse 88 bereits hervorgegangen und über ganz Deutschland versandt. Frachtfreie Lieferung mit 3 Wochen Probezeit, kleinste Theilzahlungen oder Baar mit hohem Rabatt. Kauflustige erhalten, sofort gratis und franco Preis-Courant mit ehrenden Zeugnissen über die Güte des Fabrikats und die rühmliche Reellität dieses Fabrikhauses.


Kartoffelhäufelpflüge

stehen in verschiedenen Arten und Preisen auf Lager bei

Ludw. Warnke, Mölln.     


Am Sonntag den 20. Juni Nachmittags 1 Uhr sollen zu Schlagsdorf auf dem Bäckerberge bei der Wittwe Boye

einige Kleidungsstücke, eine Ziege etc.
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.

Schlagsdorf.                                                     Handelsmann Reier.


Empfehle noch einige Sack                                                    
gute Eßkartoffeln.
                                                    N. Nehls.


Beste Gußstahlsensen à Stück 2 M. 50Pfennig (Mecklenburg).
empfiehlt                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Ein kleiner Sparherd mit Bratofen ist wegen Abbruch sehr billig zu kaufen. Wo? erfährt man in der Expedition d. Blattes.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 13. Juni.
Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 17.)


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