No. 23
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. März
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 1]

Bekanntmachung.

      Das diesjährige hiesige Musterungsgeschäft wird in folgender Weise

in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe

abgehalten werden:

1. Freitag den 30. April,
Morgens präcise 8 Uhr

Musterung der Militairpflichtigen aus den Ortschaften:

Bäck, Bardowiek, Bechelsdorf, Blüssen, Boitin=Resdorf, Gr. Bünsdorf, Kl. Bünsdorf, Campow mit Hoheleuchte, Carlow, Cronscamp, Demern (Hof und Dorf nebst Röggeliner Ziegelei), Dodow, Domhof Ratzeburg, Duvennest, Falkenhagen, Grieben, Hammer, Herrnburg, Horst, Kleinfeldt, Klocksdorf, Kuhlrade, Lankow, Lauen, Lenschow, Lindow, Lockwisch (Hof und Dorf), Lübseerhagen, Lüdersdorf, Mahlzow, Mannhagen, Mechow (Hof und Dorf mit Wietingsbäck), Menzendorf (Hof und Dorf), Gr. Mist, Kl. Mist, Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Neschow mit Maurin=Mühle, Neuhof, Niendorf, Ollndorf, Palingen, Panten, Papenhusen, Petersberg, Pogez, Rabensdorf (Hof und Dorf), Raddingsdorf, Retelsdorf, Rieps, Rodenberg, Römnitz, Rottensdorf, Gr. Rünz, Kl. Rünz, Rüschenbeck, Rupensdorf.

2. Sonnabend den 1. Mai,
Morgens präcise 8 Uhr.

Musterung der Militairpflichtigen aus den Ortschaften:

Sabow, Samkow, Schaddingsdorf, Schlagbrügge, Schlag=Resdorf mit Perückenkrug, Schlagsdorf (Hof und Dorf mit Heiligeland), Stadt Schönberg, Bauhof Schönberg, Schwanbeck, Selmsdorf (Hof und Dorf mit Hohemeile), Gr. Siemz, Kl. Siemz, Stove (mit Meierei Röggelin), Schbrg.=Sülsdorf, Schlag=Sülsdorf, Teschow, Thandorf, Törpt, Torisdorf, Wahlsdorf, Wahrsow (Hof und Dorf), Walksfelde, Wendorf, Westerbeck, Zarnewenz (Hof und Dorf), Ziethen.

3. Montag den 3. Mai,
von Morgens 8 Uhr an

Loosung der Militairpflichtigen des Jahrgangs 1860.

      Das Nichterscheinen zur Loosung hat keine Nachtheile zur Folge; für die dazu nicht Erscheinenden wird durch ein Mitglied der Ersatzkommission geloost.

      Zur Musterung haben sich bei Vermeidung der im § 24. 7, der Ersatzordnung angedroheten Strafen zu gestellen:

alle im Jahre 1860, sowie alle in früheren Jahren geborenen Militairpflichtigen ohne endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht, sofern sie nicht von der Gestellung ausdrücklich entbunden sind:

      Sämmtliche Militairpflichtige haben ihre Geburtsscheine, sowie die Militairpflichtigen der älteren Jahrgänge außer den Geburtsscheinen ihre Loosungsscheine mitzubringen.

      Die im hiesigen Fürstenthum gebürtigen und außerhalb ihres Geburtsortes sich aufhaltenden Militairpflichtigen haben sich mit den Militairpflichtigen ihres Geburtsortes zu gestellen.

Wer durch Krankheit am Erscheinen verhindert ist, hat ein beglaubigtes ärztliches Attest einzureichen.

      Reklamationsgesuche auf Zurückstellung vom Militairdienst wegen häuslicher Verhältnisse etc. sind rechtzeitig bei dem unterzeichneten Civilvorsitzenden anzubringen. Behauptete Erwerbsunfähigkeit muß durch ärztliche Untersuchung im Musterungstermin bestätiget werden; es sind daher die aus der angeführten Veranlassung reclamirenden Angehörigen eines Militairpflichtigen zum persönlichen Erscheinen vor der Ersatzcommission verpflichtet.

      Etwaige zur seemännischen Bevölkerung gehörende Militairpflichtige (§. 21 der Ersatz=Ordnung) haben sich im Musterungstermine über ihre gewerbliche Qualification durch Vorlegung von Seefahrtsbüchern u. s. w. zu legitimiren.

[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 2]

      Die Beorderung der Militairpflichtigen zur Musterung ist Sache der Ortsvorsteher. Die mit Führung der Rekrutirungsstammrollen betrauten Personen haben zum Musterungsgeschäft mitzuerscheinen. Die Stammrollen werden von hier aus im Musterungstermin zur Vorlage gebracht werden.

      Die Ortsvorstände werden noch besonders auf ihre Verpflichtung hingewiesen, die nach Aufstellung der Stammrollen zuzuziehenden fremden, sowie die das hiesige Fürstenthum verlassenden Militairpflichtigen zwecks Berichtigung der Listen sofort hierher namhaft zu machen oder dieselben zur persönlichen Anmeldung oder Abmeldung hierherzuweisen.

      Im Anschluß an das Musterungsgeschäft und zwar am Sonnabend den 1. Mai, wird die Classificirung der für einen Mobilmachungsfall auf Zurückstellung Anspruch erhebenden Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr und Ersatzreserve I. Classe stattfinden, die gemäß §.18 der Control=Ordnung ihre Gesuche rechtzeitig vorher eingebracht haben müssen. Dieselben haben zu dem bezeichneten Termin zu erscheinen.

      Schönberg, den 12. März 1880.

Der Civilvorsitzende der Ersatzcommission des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Politische Rundschau.

Deutschland. Zum Geburtstage des Kaisers wird nicht allein der König Albert, sondern auch Prinz Georg von Sachsen am 20. d. M. in Berlin eintreffen und als Gäste des Kaisers im Königlichen Schlosse bis zum 23. März verweilen. Mit dem Könige wird gleichfalls der Sächsische Kriegsminister v. Fabrice eintreffen und werden bei dieser Gelegenheit Verhandlungen über eine spätere bereits längst gewünschte Verschmelzung des Dresdener Cadettencorps mit der Haupt=Kadettenanstalt zu Lichterfelde gepflogen werden; auch dürften wohl Berathungen über die demnächstige Zurückverlegung der bisher in den Reichslanden garnisonirenden Königlich Sächsischen Truppen stattfinden.
Dem Gerüchte, daß der älteste Sohn des Kronprinzen, Prinz Wilhelm von Preußen, beabsichtige, sich mit der Prinzessin Karoline Mathilde von Schleswig=Holstein=Sonderburg=Augustenburg zu verloben, wird auch in dem Berliner Hofe nahestehenden Kreisen Glauben geschenkt.
Der Reichstag wird sich noch einmal extra über die deutsche Rechtschreibung oder Orthographie vernehmen lassen und zwar gelegentlich eines Antrages, den der Leipziger Abgeordnete Stephani gestellt hat und der dahin geht, das man den Reichskanzler ersuchen möge, sich mit den Landesregierungen dahin zu verständigen, daß Abänderungen der deutschen Rechtschreibung nichts eher angeordnet oder doch in Vollzug gesetzt werden, bis eine Einigung aller Regierungen über gleichmäßige Behandlung des Gegenstandes erreicht sei.
Es bestätigt sich der Entschluß unserer obersten Marinebehörde, keine weiteren Versuche zur Hebung "Großer Kurfürst" mehr unternehmen zu wollen; damit wird denn auch die früher aufgetauchte Nachricht, daß es in der Absicht der kaiserlichen Admiralität läge, seitens deutscher Ingenieure und Marineofficiere noch Hebungsversuche anstellen zu lassen, hinfällig.
Die "Germania" veröffentlicht das mehrfach erwähnte Schreiben des Papstes Leo an den seines Amtes entsetzten Erzbischof von Köln. Dasselbe ist datirt vom 24. Februar d. J. und beginnt mit einem Dank des Papstes für einen Commentar, den der Erzbischof zu dem päpstlichen Sendschreiben über die Uebel der Socialdemokratie geliefert hat. An die Erwähnung der Gefahren der Socialdemokratie schließt sich der Hinweis auf die Verschlimmerung der Sitten, die nach Ansicht des Papstes nicht durch Kunst und Wissenschaft, sondern nur durch die Kirche wieder gehoben werden könnten. Zur Verbreitung ihrer Lehren aber müsse die Kirche überall Freiheit genießen, damit die heilsame Lehre des Gesetzes Christi die reichlichsten Früchte hervorbringen könne. Dies wünscht der Papst, wie er schreibt, in erhöhtem Maße "zum Glück und Gedeihen Deutschlands."
Der Militär=Commission des Reichstages ist auf ihren Wunsch eine Reihe interessanter Mittheilungen seitens der Verwaltung zugegangen. Was die Absichten in Bezug auf die Uebungen von Mannschaften der Ersatzreserve 1. Klasse anlangt, so ergiebt sich, daß die angekündigte jährliche Aushebung von 12,000 Mann nur den auf den preußischen Bereich entfallenden Antheil bedeutet. Für Bayern, Württemberg und Sachsen werden zusammen noch etwa 2500 bis 3000 Mann hinzukommen. Für die nächsten Jahre wird indeß eine größere Uebungsstärke als erwünscht bezeichnet. Anderseits ist von großer Wichtigkeit, daß die bis zum Erlaß des Gesetzes an die Ersatz=Reserve 1. Klasse überwiesenen Mannschaften von Uebungen befreit sein sollen. Uebrigens soll die Zahl der übenden Mannschaften alljährlich durch den Reichshaushaltsetat festgestellt werden. Die Bestimmung der zu den Uebungen heranzuziehenden Personen soll bei der Ueberweisung zur Ersatzreserve 1. Klasse im Aushebungsgeschäfte erfolgen. In erster Linie sollen die Freigeloosten, in zweiter diejenigen Mannschaften, welche wegen geringer körperlicher Fehler an die Ersatzreserve 1. Klasse überwiesen worden, zu Uebungen bestimmt werden. Außerdem werden, soweit dienstliche Interessen nicht im Wege stehen, alle durch Billigkeitsrücksichten begründete Vergünstigungen in Aussicht gestellt. Die Zeit der Uebungen soll zwischen Militär und Civilbehörden unter Berücksichtigung der bürgerlichen Interessen vereinbart werden. Im Allgemeinen dürfen diese Eröffnungen als recht befriedigende betrachtet werden. Die Kommission wird voraussichtlich bestrebt sein, die wesentlichsten Punkte in das Gesetz selbst herüberzunehmen.
Die drei ersten Hauptparagraphen der Militärvorlage hat die Militär=Commission des Reichstages angenommen. In §. 1 wurde die Friedenspräsenzstärke von 1881-1888 angenommen, aber mit der Bestimmung, daß nicht 1 Proc. der Bevölkerung, sondern die Ziffer 427,274 Mann fest eingestellt (mit 12 gegen 7 Stimmen angenommen) §. 2 Erhöhung des Cadres wurde unverändert, §. 3 Heranziehung der Ersatz=Reserve 1. Klasse zu Uebungen mit der Bedingung angenommen, daß die Uebungspflicht sich auf 4 Uebungen erstrecke, wovon die erste 10 Wochen, die zweite 4, die beiden letzten je 2 Wochen nicht überschreiten dürfen. - Der volle Reichstag läßt bei seinen Abstimmungen seine Commissionen nur selten im Stich.
Frankreich. Der Jesuiten=General Bekx ist in Paris eingetroffen, um mit den clericalen Führern die Widerstandscampagne gegen eine etwaige Ausweisung der Jesuiten zu organisiren. Die Radikalen veranlassen Petitionen im Sinne einer solchen Ausweisung. In Madrid eingetroffenen Berichten zufolge treffen die im Süden Frankreichs wohnhaften Jesuiten in der Voraussicht ihrer Verbannung bereits Anstalten, nach den Baskischen Provinzen nach Andalusien und nach Murcia zu übersiedeln.
Rußland. Das Gerücht, Fürst Gortschakoff werde demnächst seinen Posten verlassen, erhält sich hartnäckig. Es wird hinzugefügt, daß die Position Gortschakoffs durch den Ausgang der Affaire noch stärker erschüttert worden sei, als sie es bisher schon war. Kaiser Alexander sei über diesen Ausgang erbittert, nicht allein deshalb, weil es ein Affront ist, der eigentlich ihm persönlich angethan würde, sondern weil die diplomatische Niederlage, welche Rußland dabei erlitten, dazu beitragen muß, das Ansehen der russischen Diplomatie im Auslande immer mehr zu untergraben. Fürst Gortschakoff und Fürst Orloff hätten genügend vertraut sein

[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 3]

müssen mit den Französischen Verhältnissen, um sich eine solche "Blamage" zu ersparen und Rußland zum Gespött zu machen. Die schließliche Entscheidung der französischen Regierung in der Affaire Hartmann hat in Petersburg in gewissen Kreisen geradezu verblüffend gewirkt, und zwar am allermeisten bei denen, die vor wenigen Monaten schier überflossen vor Liebe und Freundschaftsbezeugungen zu ebendemselben jetzt so schnöden Frankreich. - Die Attentäter des russischen Oberst Kumerau in Konstantinopel sind zu zehnjähriger Zwangsarbeit verurtheilt worden. - Nach einem aus der russischen Hauptstadt eingetroffenen Telegramm enthält der "Golos" aus Warschau eine Meldung, der zufolge von der dortigen Polizei am 11. d. M. eine Sozialistenversammlung entdeckt worden sei, 16 Personen, und zwar zwei Ingenieur=Technologen, ein Student der Medizin und 13 Handwerker sollen verhaftet sein. Ob die Sozialisten, wovon der "Golos" spricht, Nihilisten sind oder nicht, ist aus dem Telegramm nicht ersichtlich.


Schönberg. Die Strafkammer des hiesigen Amtsgerichts trat hier am 16. d. M. zu einer Sitzung zusammen. Auf der Anklagebank erschienen der Wildhändler O. aus Lübeck, 28 J. alt, der Arbeitsmann V. aus Lübeck, 37 J. alt, der Arbeitsmann J. aus Selmsdorf, 39 J. alt, und der Arbeitsmann B. ebenfalls aus Selmsdorf, 35 J. alt, welcher letzterer auf Befragen bestätigen mußte, daß er mit Zuchthaus, Festung und Gefängniß bereits eine langjährige Bekanntschaft gemacht, indem er einen guten Theil seines Lebens wegen begangener Vergehen und Verbrechen in denselben zubrachte; die übrigen Angeklagten hatten geringere Vorbestrafungen erduldet. Die Anklage lautete auf gewerbsmäßige, in den Tagen des 9. bis 14. Decbr. v. J. im hiesigen Fürstenthum betriebene Wilddieberei. Die Angeklagten gestanden zu, das ihnen zur Last gelegte Vergehen begangen, in specie am 10. December in den Schönberger Eichen 9 Rehe, am 13. December auf dem Demern'schen Moore 2 Rehe und am 14. December auf dem hiesigen Bauhoffelde gleichfalls 2 Rehe erlegt zu haben, deren 10 von dem Wildhändler O. dem Hauptanstifter dieses unberechtigten Jagdzuges, nach Lübeck geschafft und dort verkauft worden sind. Am letzteren Tage sind sie von den Forstschutzbeamten der Försterei Hohemeile auf frischer That ertappt, welche letztere ihrer zwei (V. und B.) auf dem Bauhoffelde trafen, während O. und J. am Waldessaume ca. 100 Schritte entfernt standen. Der Aufforderung der Beamten, die Gewehre niederzulegen und ihnen zu folgen, kamen erstere nicht sofort nach, vielmehr stieß V. denselben gegenüber Drohungen aus, die von dem im Holze befindlichen O. unterstützt wurden, indem er seinen Gefährten zurief, zu ihm ins Holz zu kommen und den Jägern drohte, falls letztere von ihren Gewehren Gebrauch machten, werde er wieder schießen. V. erklärte dem einen Jäger, falls er ihm das Gewehr abnehmen wolle, "geschehe etwas" und machte dabei die Bewegung, als wenn er mit der Flinte schlagen wolle. Der bedrohte Jäger trat zurück und benutzte einen günstigen Moment, in welchem er dem V. den Kolben von der Flinte schoß; erst darauf lieferte V. die Flintenläufe ab. Beide Wilderer folgten nun, freilich immer noch widerwillig, den Forstbeamten, die endlich B., weil ihnen der Transport beider nicht möglich war, nachdem seine Persönlichkeit festgestellt war, in Selmsdorf entließen, während sie V. beim Schönberger Amtsgericht ablieferten. Die Wilddiebe kamen hinsichtlich der Drohungen und Thätlichkeiten in der Hauptverhandlung mit den als Zeugen eidlich vernommenen Forstschutzbeamten in Widerspruch, indem sie behaupteten, weder gedroht noch sich widersetzt zu haben.
Der Staatsanwalt beantragte, nachdem der Thatbestand festgestellt war, auf Grund des §§. 294 und 295, §. 117 Abs. 2 des Strafgesetzbuches gegen O. 1 J. 3 M., gegen V. 1 J., B. und J. 9 M. Gefängniß, gegen sämmtliche Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 1 J., Einziehung der Jagdgeräthe, Ersatz des verursachten Schadens.
Nach 1 1/2 stündiger Berathung erkannte der Gerichtshof gegen O. 10 Monate, gegen V. und B auf je 7 Monate, gegen J. 4 Monate Gefängniß, auf Ersatz der geschossenen und verkauften 10 Rehe mit 130 M., auf Einziehung der Jagdgeräthe, sowie auf Tragung der Kosten. Von Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte wurde Abstand genommen.
Die zweite zur Verhandlung stehende Sache betraf den 24jährigen, zu Hammer geborenen Zieglerburschen P., eines schon zweimal wegen Diebstahls bestraften Menschen. Derselbe war angeklagt, zu Schönberg in einem Hause neben der Herberge um etwas zu essen gebeten, und nachdem ihm diese Bitte gewährt, vom Flur eine Knabenmütze gestohlen zu haben. Zeugenaussage und Geständniß des Angeklagten stimmten überein. Der Staatsanwalt beantrage gegen R. wegen Diebstahls im wiederholten Rückfalle eine viermonatliche Gefängnißstrafe und Freisprechung desselben wegen Bettelns. Der Gerichtshof erkannte wegen Diebstahls auf dreimonatliche Gefängniß=, wegen Bettelns auf 48stündige Haftstrafe, welche letztere durch die Untersuchungshaft als verbüßt anzusehen sei.
- Zum erstenmal treten bayrische Prinzen in die preußische Armee ein und zwar in das Garde=Dragoner=Regiment. Es sind die beiden Prinzen Ludwig Ferdinand und Alfred von Thurn= und Taxis.
- Die Wiener und Wienerinnen reißen sich um die Photographie der Prinzessin Stephanie und haben schon 20,000 Stück bei dem Hofphotographen in Brüssel bestellt. Der Kaiserin Elisabeth hat ihre blutjunge Schwiegertochter ausgezeichnet gefallen, sie fragte sie sogleich: reiten sie auch gut? - In Wien wird für das junge Paar Belvedere eingerichtet, das alte schöne Schloß mit noch schönerm Garten mit uralten Bäumen, das Prinz Eugen bewohnt hat, der zwar der edle Ritter, sein Lebetag aber Junggeselle war. Seine ständige Residenz wird der Prinz in Prag nehmen, so daß die Böhmen ein echtes blondes Königstöchterlein bekommen.
- Gute Regenten prägen sich dem dankbaren Gedächtniß eines Volkes tief ein. Dem Kaiser Joseph II. von Oesterreich, der bald 100 Jahre todt ist, haben's die Bauern heute noch nicht vergessen, daß er die Leibeigenschaft aufgehoben und einmal selber den Pflug geführt hat, um zu zeigen, wie hoch er den Bauernstand halte. Die Bauern von Steiermark wollen im Herbst d. J. ein großes Bauernfest ihm zu Ehren veranstalten und zwar in der Kaiserstadt Wien. Jede Gemeinde schickt ein paar Vertreter und die große Fahne wird mit dem Ackerflug geschmückt werden. Der Sarg des menschenfreundlichen Fürsten wird von ihnen besucht und mit Kränzen geschmückt werden.
- Eine Rechtsfrage. Hat ein Mörder Ansprüche auf das Vermögen seines Opfers, im Falle letzteres ein Testament zu seinen Gunsten gemacht haben sollte? Diese Frage lag vor einiger Zeit dem Vicekanzler Malins in London zur Entscheidung vor und diesem gelehrtem Richter zufolge steht dieselbe in den Annalen der englischen Justiz ohne Präsedenzfall da. Die Umstände, welche jetzt eine Lösung dieser Frage erheischen, sind an sich merkwürdig genug. Im Juli 1876 ermordete de Tourville seine Gattin in solcher Weise, daß er den Verdacht von sich selber abzulenken hoffte. Er wurde indeß von einem österreichischen Schwurgerichtshofe nach erschöpfender Verhandlung des Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt. Das Todesurtheil ward schließlich in 18jährige Strafhaft umgewandelt. Die nächsten Erben der ermordeten Frau behaupten nun, de Tourville besitze keinen Anspruch auf das hinterlassene Vermögen seiner Frau, da aus den Prozeßacten zweier österreichischen Gerichte zur Genüge erhelle, daß er sie ermordet, weil er wußte, sie habe ein Testament zu seinen Gunsten gemacht. Es wäre in der That außerordentlich, wenn der englische Gerichtshof dem Mörder das Vermögen seines Opfers zusprechen sollte, und man ist deshalb sehr gespannt auf das Urtheil, welches der Vicekanzler in der Angelegenheit fällen wird.
- Ein Amerikaner, noch dazu ein Statistiker, die's mit Zahlen genau nehmen, versichert, mit der Schminke, welche die amerikanischen Frauen jährlich verbrauchten, könne man 37,000 Häuser anstreichen.
- Das Wetter in Nordamerika stand im grellsten Gegensatz zu dem Wetter in Europa und namentlich in Deutschland, selbst wenn man dieselben

[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 4]

Breitegrade beider Erdtheile annimmt. Drüben war im November, Dezember und Januar das Schönste und mildeste Frühlingswetter mit äußerst seltenen Unterbrechungen, so daß Sträucher, Knospen und Blätter trieben. Erst am 3. Februar trat ein Schneesturm ein, der namentlich im Westen und Osten einen ungewöhnlichen Schneefall zur Folge hatte. Jedoch schon zwei Tage nachher trat milderes und sehr angenehmes Wetter ein und hat bis jetzt fast durchweg angehalten.
- Ein Spitzbube stieg in Spandau in die Wohnung eines Offiziers, entführte Geld, Gold und sämmtliche Civilkleider und ließ seinen eigenen Anzug mit einem Zettel zurück: Tauschhandel. Der Offizier kann von dem Tauschhandel leider keinen Gebrauch machen; die blaue Barchejacke, die feuerrothe Weste, die grünen Pulswärmer und das Hemde des Spitzbuben, in welchem drei Katzen keine Maus fangen, kann er doch nicht tragen.


Anzeigen.

Zwangsversteigerung.

Zur öffentlichen Zwangsversteigerung der zur Debitmasse des Pferdehändler Carl Ohls sen. zu Schönberg hierunter näher bezeichneten und beschriebenen Grundstücke wird auf Antrag des Concursverwalters Rechtsanwalt Dufft zu Schönberg der erste Verkaufstermin auf

Dienstag den 25. Mai 1880
Vormittags 10 Uhr

und der Ueberbotstermin auf

Dienstag den 15. Juni 1880
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Gerichte Sessionszimmer I. hiemit anberaumt.
In dem ersten Verkaufstermine sollen die Verkaufsbedingungen, deren Entwurf 14 Tage vorher auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht ausgelegt sein wird, endgültig festgestellt werden.
Die Besichtigung der Grundstücke ist nach zuvoriger Meldung beim Rechtsanwalt Dufft gestattet.
Schönberg, den 15. März 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
v. Pentz Dr. jur.

H. Diederich.     

Beschreibung des Grundstücks.

I. Das an der Hinterstraße sub Nr. 72 belegene Grundstück, bestehend aus einem von Fachwerk erbauten einstöckigen Wohnhause, welches sieben heizbare Zimmer, zwei Küchen und einen Keller enthält,
einem dahinterliegenden Garten von circa 60 []Rth. und
drei zur Aufnahme von Feuerungsmaterial, Vieh und Futter eingerichteten Hintergebäuden.

II. Das circa zwei Scheffel große auf dem Schönberger Stadtfelde zwischen Schwedt und Fick belegene, und

III. das gleichgroße im s. g. Galgenmoor zwischen Fick und Freitag belegene Wiesenstück.


Holz=Auction.

Am Montag den 22. März Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs zu Schlagresdorf nachstehende Nutzhölzer meistbietend verkauft werden.

Aus den Garnseerholz und Bahlen.

15 Stück Fichten Klassenbäume IV. Cl.
ca. 400 Stangen von Leiterbaum= bis Wesebaumstärke.
140 Hopfenstangen.
Schönberg den 14. März 1880.

Der Oberförster:         
C. Hottelet.             


Holz=Auction.

Am Dienstag den 23. März Morgens. 10 Uhr sollen im Kruge zu Mannhagen nachstehende Hölzer aus dem Mannhäger Zuschlage meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.

15 Stück eichen Nutzholzblöcke mit 12,58 Festmet.
43 Rmt. eichen Kluft I.
Schönberg i. M. den 15. März 1880.

Der Oberförster:                    
C. Hottelet.          


Holz=Auction.

Am Mittwoch den 24. März Morgens 9 Uhr sollen beim Gastwirth H. Wittfoth zu Duvenest nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

Aus den Lenschower Tannen.
51 Stück tannen Bauhölzer und Klassenbäume, für Kiepenmacher geeignet.
Aus der Herrenburger Schonung.
2100 tannen Dachschächte in Posten von 1 und 2 Hundert.
25 Fuder tannen Durchforstholz von Bohnenstangenstärke.

Schönberg den 17. März 1880.

Der Oberförster:                    
C. Hottelet.          


Auction.

In der Concurssache des Pferdehändlers C. Ohls sen. zu Schönberg sollen am Sonnabend den 20. März cr. Vormittags 10 1/2 Uhr vor dem Hause des pp. Ohls

6 Pferde

öffentlich meistbietend gegen Barzahlung verkauft werden.

Schönberg.                                                     Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Auction.

Am 2. Ostertage den 29. d. M., Mittags von 1 Uhr an. sollen beim Gastwirth Kreutzfeldt hieselbst in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 mahagoni Eckschrank, 1 eich. polirter Koffer, Schränke, Laden, Arbeitsgeräth, gute Manns= und Frauenkleidungsstücke, und noch verschiedene Sachen.
Carlow den 16. März 1880.

Struck, Landreiter.     


Bekanntmachung.

Die diesjährigen Frühjahrs=Control=Versammlungen im Landwehr=Kompagnie=Bezirk Schönberg, werden in Schlagsdorf am 9. April cr. Morgens 9 Uhr und in Schönberg am selben Tage Nachmittags 2 1/2 Uhr stattfinden.
Neustrelitz den 15. März 1880.

Großherzogliches Landwehr=Bezirks=Commando.


Aufforderung.

Zwecks Regulirung des Kaufmann Heinrich Creutzfeldt'schen Nachlaßes ersuchen wir alle Leute, welche noch Forderungen an denselben haben, solche innerhalb 4 Wochen bei den Unterzeichneten anmelden und andernfalls, welche demselben noch Schulden, diese ihre Schuld binnen gleicher Frist an dieselben einzahlen zu wollen.
Schönberg den 18. März 1880.

Die Erben.     


Acker=Verpachtung.

am Sonntag den 21. d. M. Nachmittags 4 Uhr beabsichtige ich meinen im Moorkamp belegenen Acker nebst Wiesenflächen in Parzelen auf 6 hintereinander folgende Jahre öffentlich meistbietend zu verpachten. Die Bedingungen werden an Ort und Stelle verlesen.

F. C. Wolgast.     


Roth und weiß Kleesaat

Thimothee, engl. und deutsches Reygras, Steinklee und schwed. Klee

empfiehlt billigstens                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Zu dem bevorstehenden Osterfeste empfehle ich dem geehrten Publikum mein gut assortirtes Handschuhlager in den schönsten Farben geordnet und für

Confirmanden
starke schwarze, weiße und couleurte
Glaçe-Handschuhe.

Emil Jannicke,       
Handschuhmacher.     

Schönberg.


Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 10 und eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 23 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 19. März 1880.


Henning & Meyer,
Lübeck,
Breitestrasse 942 (visà vis dem Kohlmarkt.)
Confection
Manufactur-Mode-Seiden-Waaren
- Frühjahr 1880 - Die Nouveautés der Confection, als:
Jaquetts, Fichus, Dolmans, Regenmäntel etc., sowie sämmtliche Stoffe sind in reichhaltiger Auswahl eingetroffen.
Auf Wunsch Proben- und Auswahlsendungen.


Frankfurter Pferde-Markt-Lotterie.
Mit Genehmigung der Regierung.
Ziehung am 25. April d. J.

Bei dieser nun allgemein beliebten Lotterie kommen zehn elegante Equipagen mit vier und zwei Pferden bespannt und hochfeiner Schirrung, ferner 60 der schönsten Reit= und Wagenpferde nebst vielen hunderten von anderen sehr werthvollen Gewinnen zur Vertheilung. Zur diesjährigen Frühjahrs=Lotterie versendet der Unterzeichnete Loose incl. Porto und Spesen bei Uebersendung der resp. Gewinne.

1 ganzes Loos für 4 Mark,
12 ganze Loose für 45 Mark

gegen Einsendung des Betrags oder per Postvorschuß. Jeder Loosbesitzer erhält nach erfolgter Ziehung die Gewinnliste franco und gratis übersandt. Um allen Ansprüchen genügen zu können, so wolle Bestellungen baldigst machen und werden solche nach Eintreffen sofort effectuirt.

D. F. Seipp.             
Herrmannstrasse Nr. 26     
in Frankfurt a. M.          


Verloren.

Vom Schulhause bis zum Hause des Herrn Baumeister Rickmann ein Portemonnais mit etwa 6 Mark. Abzugeben gegen eine Belohnung in der Expedition d. Blattes.


Cigaretten
aus renommirten Fabriken empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Heute, Freitag den 19. März
große Tanzmusik
zur Feier des Geburtstages seiner Majestät des deutschen Kaisers.
                                                    J. Köster, Wwe.
                                                    Schönberg.


Jürgensen & Robschuld,
717 Lübeck, große Burgstraße 717.
Vollständiges Magazin
von Haus= und Küchengeräthen,
Lager von Werkzeugen, Eisen- und Kurzwaaren.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 23 Seite 6]

Staatlich genehmigt!
Ziehung am 30. März 1880.
Lotterie
Zum Besten der Errichtung eines Deutschen Militär-Curhauses auf Nordseebad Sylt
für die Invaliden des Deutschen Reiches
anlässlich und zur bleibenden Erinnerung an die Feier des 50jährigen Ehejubiläums des Deutschen Kaiserpaares.

1. Hauptgewinn (Tafel-Service von 13 lötigem Silber für 24 Personen Wert R. 10,000.
(Vom "Albert-Verein" in Dresden dem Comité käuflich überlassen.)
2. Hauptgewinn (5 komplete Zimmer-Einrichtungen) Werth Rm. 6,500.
3. Hauptgewinn (eine vollständige Leinen-Wäsche-Ausstattung für Rm. 2,000.
4. Hauptgewinn (1 Bechstein'scher Concert-Flügel) für Rm. 2,000.
           Fernere
Hauptgewinne: 2 Concert-Pianinos, werth zusammen Rm. 2,000.
1 Meissener Porzellan-Tafel-Service für 24 Personen Werth Rm. 650.
Eine vollständige Küchen-Einrichtung, Werth Rm. 650.
      und
4494 Gewinne im Gesammtwerthe von Rm. 26,500.

Ziehung unwiderruflich in Bremen
am 30. März 1880.
Die Gewinn-Ausstellung in Bremen ist eröffnet. Loose à 3 Mark (auf 10 Loose ein Freiloos), bei grösserer Abnahme sehr günstige Bezugsbedingungen, durch das
Lotterie-Comité
in Bremen, Domshof No. 28.


Ich empfehle mich den geehrten Landbewohnern der Umgegend Herrnburgs und Lübecks mit Allen in meinem Fache vorkommenden Arbeiten. Auch alle Reparaturen in Gold und Silber werden stets schnell, gut und billigstens angefertigt. Um recht zahlreichen Zuspruch bittet ergebenst

G. F. Steussloff,               
Goldschmied in Herrnburg.        


Strohhüte, Blumen, Federn,

Bänder und alle Putzartikel, alles in den neuesten Mustern, empfehlen als besonders billig

Kiel & Rindfleisch.     


Zum waschen, färben und modernisiren alter Strohhüte nach den neuesten Facons empiehlt sich

Kiel & Rindfleisch.     


Möbel

als Stühle, Sopha, Bettstellen mit und ohne Matratzen, Komoden, Schränke aller Art, Tische, Gardinenleisten und Rosetten u. s. w. hält stets
vorräthig und fertigt solche nach Wunsch zu billigen Preisen in kürzester Zeit an.

Kiel & Rindfleisch.     


Seit heute wohne Sabower Straße Nr. 24. und bitte meine geehrten Kunden mich daselbst mit Ihren Aufträgen zu erfreuen.

Achtungsvoll            
Otto Rindfleisch,        
Sattler und Tapezier.       


Frischen Kalk und Cement,
                          besonders gut und billig, empfiehlt
                                                    W. J. Heymanson, Lübeck,
                                                                              Trave 300.


Wegen Umzugs

sofort zu verkaufen: Ein großer Kleiderschrank, eine Zeugrolle mit Walzen. Gartengeräthe aller Art, eine Brechstange, mehrere Forken und einige Pfund Flachs.
Schönberg den 15. März 1880.

P. Fach.     


Ein einsp. Stuhlwagen
steht zum Verkauf bei                                                    
                                                                              F. Westphal, Zimmermstr.


Heute Morgen 1/2 6 Uhr starb nach kurzer schwerer Krankheit, unser lieber Mann und Vater, der frühere Kaufmann H. Wieschendorff in seinem 65. Lebensjahre, diese Traueranzeige allen Freunden und Verwandten.

Die betrübte Wittwe, nebst Kinder und Kindeskinder.     

Schönberg den 18. März 1880.

Die Beerdigung findet am Montag den 22. März Morgens 9 Uhr statt.


Kirchliche Nachrichten.
Freitag, den 19. März.
Passionspredigt: Pastor Langbein.

Sonntag, den 21. März.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Nachmittags: Prüfung der Confirmanden: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


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ZVDD