No. 16
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. Februar
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 16 Seite 1]

      Dem Comité für den Pferde= und Rindvieh=Markt in Cassel ist der Vertrieb von 300 Loosen zu einer im Jahre 1880 in Verbindung mit dem daselbst stattfindenden Markte zu veranstaltenden Lotterie nach Maßgabe des Preußischer seits genehmigten Ausspielungsplanes im hiesigen Großherzogthume gestattet worden.
      Neustrelitz, den 17. Februar 1880.

Großherzoglich Mecklenburgische Landes=Regierung.
C. Graf v. Bernstorff.


Nordenskjöld's Entdeckungsreise und ihre Ergebnisse.

Am 14. Februar Nachmittags 2 Uhr ist die "Vega", das Schiff der schwedischen Polarexpedition, von Bevölkerung und Behörden festlich begrüßt, im Hafen von Neapel eingelaufen. Die Reise dieses Schiffes gehört zu den bedeutendsten Leistungen, welche auf dem Gebiete geographischer Entdeckungen in neuerer Zeit vollbracht worden sind. Was Jahrhunderte hindurch vergeblich versucht, und schließlich als unmöglich aufgegeben worden war, die Umsegelung von Europa und Asien durch das nördliche Eismeer und Rückkehr durch die Asien und Amerika trennende Behringstraße, das hat Professor Nordenskjöld in gelungenster Weise zu Stande gebracht. Zu Helsingfors in Finnland im J. 1832 geboren (also von Geburt russischer Unterthan) und auf der Universität seiner Vaterstadt vorgebildet, wandte er sich, da seine politische Ueberzeugung ihn eine Wiedervereinigung Finnlands mit Schweden wünschen ließ und daher in Rußland verdächtig machte, nach Stockholm, wo er Professor der Mineralogie und Kustos des mineralogischen Museums wurde. Schon 1858 begann er sich an den Bestrebungen zur Erforschung der Polargegenden zu betheiligen, war mehrmals in Spitzbergen und leitete 1872 die große schwedische Expedition, welche von dort aus den Nordpol zu erreichen suchen wollte. Der Mißerfolg dieses Unternehmens veranlaßte Nordenskjöld, seine Bestrebungen praktischer zu gestalten und eine Befahrung des sibirischen Eismeeres in seiner ganzen Ausdehnung zu versuchen. Schon früher hatten Engländer und Holländer versucht, China auf diesem Wege zu erreichen und dabei Spitzbergen und Nowaja Semlja entdeckt. Weiter nach Osten war man aber nicht gekommen. Später wurde allerdings durch russische Expeditionen die weiter nach Osten gelegene Nordküste Sibiriens durchforscht und die geographische Kenntniß durch Entdeckung der Neusibirischen Inseln und von Wrangels Land erweitert, allein in seiner ganzen Ausdehnung das sibirische Eismeer zu befahren, hielt man für unmöglich, da das karische Meer in Folge beständig sich erneuernder Eisbildung ewig verstopft bleiben müsse. Nordenskjöld hat die Irrthümlichkeit dieser Anschauung praktisch dargethan. Bereits 1875 gelang es ihm durch das karische Meer bis zur Jenissei=Mündung zu kommen und der Erfolg brachte in ihm den Entschluß zur Reise, die nördliche Umsegelung Asiens zu versuchen. Auf Kosten zweier Handelsherren und des Königs von Schweden ward ein für das Unternehmen geeignetes Schiff, die Vega ausgerüstet. Von drei andern, kleineren Fahrzeugen begleitet, trat dieselbe am 25. Juli 1878 ihre Reise an und erreichte bereits am 6. August die Mündung des Jenessei. Zwei der letzteren kehrten hier zurück und nur der kleine Dampfer "Lena" folgte der "Vegas" noch bis zur Mündung des Flusses Lena, um auf diesem bis Jakutsk zu fahren. Auf dem Meere setzte jetzt die "Vega" ihren Weg allein fort, in der Hoffnung, im Sept. oder October durch die Behringsstraße nach Japan zu gelangen. Allein am 27. September, etwa nur noch 200 Kilometer vor dem nördlichen Eingang in die Behringsstraße (unter 67 Grad nördlicher Breite und 173 1/2 Grad westlicher Länge von Greenwich) gefror das Schiff nahe an der Küste ein und mußte bis zum 18. Juli 1879, also 295 Tage, auf seine Erlösung harren. Dank der trefflichen Ausrüstung des Schiffes und den umsichtigen Maßregeln des Leiters der Expedition kam während dieser Zeit keine einzige Erkrankung vor, trotzdem die Kälte zeitweilig einen außerordentlich hohen Grad erreichte (der niedrigste Thermometerstand war - 46° Celsius = - 36 1/2° Reaumur.) Am 2. Sept. endlich traf die Vega in Jokohama in Japan ein. Nach längerem Aufenthalt in diesem Lande nahm die Expedition ihren Rückweg über mehrere Punkte in den chinesischen Gewässern, die Philippinen, Singapore, Ceylon und durch den Suezkanal nach Neapel, von wo, wie verlautet Nordenskjöld selbst zu Lande bis zur Ostsee reisen wird, um dann von der "Vega" wieder aufgenommen und der Heimath zugeführt zu werden. Nordenskjöld's Reise hat jedenfalls das praktische Ergebniß gehabt, wenn nicht das ganze sibirische Eismeer, doch einzelne Theile desselben als Verkehrswege zu erschließen, sobald man erst noch weitere Erfahrungen über die Verhältnisse jener Gegenden gesammelt haben wird; viel reicher aber noch sind die wissenschaftlichen Ergebnisse, und besonders interessant die während der Ueberwinterung gemachten Beobachtungen, von denen wir einige hier mittheilen wollen. Das Land in der Nähe des Winterquartiers bildet eine weite, im Süden von leicht ansteigenden Hügeln begrenzte, von Lagunen durchzogene, vom Meere durch niedrige Sandufer getrennte Ebene mit verschiedenartiger Vegetation, von der man sich noch einen Ueberblick verschaffen konnte, da der Boden noch frei von Schnee war. In der Nähe befanden sich sechs kleine von 200 Tschuk'schen bewohnte Niederlassungen, mit denen ein reger Verkehr sich entwickelte. Von dem Augenblicke an, wo das Schiff einfror, erreichte das Eis nach und nach eine Dicke von 154 Cent., die erst vom Juni des folgenden Jahres ab wieder abnahm und bis zum offenen Meere eine Breite von ca. 30 Kilometer, von denen 6 Kilometer zunächst der Küste den ganzen Winter durch festlagen, während weiter nach außen das Eis in beständiger Bewegung war. Die Breite des dann folgenden offenen Wassers wurde auf 35 Kilometer geschätzt.

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Offene Stellen kommen nach N's Ansicht in dieser Gegend wahrscheinlich das ganze Jahr vor, erstrecken sich nach Angabe der Eingeborenen zur Behringsstraße. Das Wetter war ungemein stürmisch, die Richtung der Winde an der Erdoberfläche fast beständig zwischen Nordwest Nordnordwest, in nicht sehr hoher Luftschicht dagegen fast ebenso ununterbrochen Südost, was sich dadurch erklärt, daß die Behringsstraße ein von hohen Hügeln eingefaßtes Thor bildet, durch welches unten der Luftstrom aus dem Eismeere in den stillen Ocean, oben der warme aus diesem in jenes zieht. Schnee fiel nicht in großer Menge, er blieb aber lose, ein beständiger Spielball der geringsten Winde. Die merkwürdigsten Beobachtungen betrafen das Polarlicht, über welches Professor R. Seine Wahrnehmungen einer besonderen Abhandlung vorbehält.
Die Beobachtungen von Ebbe und Fluth weisen darauf hin, daß nordwärts der Behringstraße das Meer ein Becken von beschränkter Ausdehnung, mit dem Ocean nur durch Sunde zusammenhängend, bildet. In Betreff der Thierwelt fand man die Säugethiere zahlreicher als an andern von der Expedition berührten Orten, die Vögel ärmer an Zahl, aber reicher an Arten, Insekten und wirbellose Landtiere nur in geringer Menge, dagegen den Meeresgrund reich und mannigfaltig mit niederen Thiertypen besetzt. - Für die Mitglieder der Expedition hat der König von Schweden 50 silberne und 4 goldene Erinnerungsmedaillen prägen lassen, erstere mit Krone und Ring, um am Bande des Nordsternordens getragen zu werden, letztere, die für Professor N. und die Offiziere bestimmt sind, ohne diese Zugabe, weil, wie es heißt, N. das Tragen des Nordsternordens, der ihm schon früher verliehen worden, abgelehnt habe. Jetzt hat ihm der König von Italien das Großoffizierkreuz des Kronenordens, den 3 Offizieren der Vega, unter denen auch ein italienischer Marinelieutenant sich befindet, das Ritterkreuz dieses Ordens verliehen.


Politische Rundschau.

Deutschland. Kaiser Wilhelm hat die Nachricht von dem Petersburger Mordversuch mit großer Fassung entgegen genommen.
Dem Bundesrathe ist nunmehr der "Weserzeitung" zufolge der vom Reichsjustizamte ausgearbeitete Gesetzentwurf über strafrechtliche Verfolgung des Wuchers zugegangen, nachdem das preußische Staatsministerium sich mit demselben einverstanden erklärt hat. Die Vorlage befindet sich bereits im Druck und wird in den nächsten Tagen zur Vertheilung gelangen.
Der Reichstag wird sich voraussichtlich mit der obligatorischen Civilehe, für deren Abschaffung massenhafte Petitionen von Seiten sowohl der katholischen wie der protestantischen Klerikalen vorbereitet werden, zu beschäftigen haben. Als eine Einleitung hiezu kann man die neueste Auslassung des Papstes über die Ehe ansehen, welche beweist, daß Leo XIII. in seinen Ansichten über die hierbei geltend gemachten Rechte der Kirche und des Staates genau auf demselben Standpunkte steht wie Pius IX. und nur in der Form versöhnlicher auftritt.
Das Attentat auf den Kaiser von Rußland nimmt noch immer die ganze Theilnahme unserer Nation in Anspruch. Von allen Seiten wird der tiefste Abscheu über die verbrecherische That ausgesprochen und dem lebhaften Wunsche Ausdruck gegeben, daß es der russischen Regierung endlich gelingen möge, Herr der bedenklichen nihilistischen Bewegung zu werden.
Dinge von hochpolitischer Bedeutung haben sich in den letzten Tagen wenige oder gar keine zugetragen. Es ist nur zu erwähnen, daß die Programm=Rede des preußischen Cultusministers im Abgeordnetenhause Gegenstand mannigfacher Commentare im Vatican gewesen ist. Die Sprache des Ministers selbst hat zwar dort wenig überrascht, doch hatte man gehofft, daß Herr von Puttkammer nicht in gar so schroffer Weise hervorheben würde, daß der Friede nur auf Grundlage der vom Staate erworbenen Rechte abgeschlossen werden soll.
Sodann ist wieder einmal das Gerücht des "Tabaksmonopols" aufgetaucht und hat unsere Politiker einige Augenblicke in Aufregung versetzt, doch scheint dasselbe keinen thatsächlichen Hintergrund zu haben und so ist denn dasselbe auch wieder von der Tagesordnung der politischen Kannegießerei verschwunden.
Auch mit der von verschiedenen Seiten gefürchteten "Münzreform" scheint es beim alten bleiben zu sollen, wenigstens hat der Bundesrathsvertreter Scholz im Reichstage die Erklärung abgegeben, daß kein Anlaß vorliege, die Einziehung auf Einschmelzung von Einthalerstücken, welche seit Mai v. J. eingestellt sei, wieder aufzunehmen.
Das sehnlichst erwartete "Wuchergesetz" soll im Laufe dieser Session dem Reichstag vorgelegt werden, dasselbe soll auch civilrechtliche Bestimmungen umfassen, wozu der Bericht des Oberpräsidenten von Schlesien, über den dortigen Nothstand, den Anlaß gegeben haben soll, was daraus gefolgert wird, daß der Finanzminister bei Berathung der Nothstandsvorlage wiederholt die Wuchererscheinungen betonte.
In Baiern hat die Volksvertretung jetzt zum erstenmale seit 1873, wie der Kriegsminister mit Vergnügen constatirte, die vertragsmäßigen Verpflichtungen gegen das Reich loyal erfüllt, indem sie auf Antrag des Abg. Fugger den von der Regierung geforderten Vorschußcredit und ebenso den definitiven Credit für die außerordentlichen Heeresbedürfnisse etc. bewilligte.
Rußland. Nähere Nachrichten über das fluchwürdige Attentat auf das Leben des Czaren fließen nur spärlich. Sensationell sind die Nachrichten, daß in den Gemächern der Palastdame der Kaiserin, Gräfin Panin, und in ihrem Bettzeug versteckt, nihilistische Schriften gefunden sind, und daß der Offizier, der die Hauptwache im Winterpalais zur Zeit des Attentats commandirte, verschwunden ist. Es wird ferner berichtet, daß der Kaiser schon seit Wochen an jedem Morgen einen an ihn adressirten, wohlversiegelten Brief erhielt, der Czar werde sein Regierungsjubiläum nicht feiern, wenn er nicht sein "Unterdrückungssystem" ändere. - Alle Vorkehrungen, den Schreiber oder Ueberbringer zu ermitteln, blieben erfolglos. Es ist kein Wunder, wenn die Stimmung in den höchsten Kreisen als düster und gedrückt bezeichnet wird, diese Zustände erscheinen allerdings geradezu verzweifelt.
Italien. Die Geistesstörung, welche sich bei der Königin von Italien kund gegeben haben soll, wird neuerdings von dem sie behandelnden Arzte, Professor de Martinie in Abrede gestellt. Er erklärt in der Turiner "Gazetta Pimontese", daß die nervöse Affection derselben bei dem sonst gesunden Organismus der Königin noch zu keinerlei ernster Besorgniß Anlaß gegeben habe, das vielmehr bei zunehmender Ernährung und Kräftigung des Blutes die vollständige Wiederherstellung der früheren Gesundheit sich erwarten lasse. - Bestätigt wird diese Erklärung dadurch, daß die Königin am 17. der Wiedereröffnung des italienischen Parlaments beigewohnt hat.
Schweden. In Schweden soll allgemeine Wehrpflicht eingeführt werden; die betreffende Vorlage ist dem Reichstage in Stockholm bereits zugegangen. Darnach ist jeder Schwede vom 21. bis 40 Lebensjahre wehrpflichtig. Die Wehrpflicht wird durch eine 12jährige Dienstzeit in die Landwehr, die in zwei Aufgebote von je 6 Jahren sich gliedert und sich auf Landheer und Marine erstreckt, und durch eine 8jährige im Landsturm, welche nur auf das Landheer sich bezieht, abgeleistet. Das Gesetz soll mit dem 1. Januar 1882 in Kraft treten.
Amerika. Deutschland und Oesterreich wollen gute Freunde und Genossen sein zu Wasser und zu Land. Ein beredtes Zeugniß liegt dafür vor. An der Westküste von Südamerika sind schon lange die deutschen Kriegsschiffe Hansa, Freya und Hyäne stationirt, um in dem Kriege zwischen den Chilenen und Peruanern die Deutschen zu schützen. Die Commandeure dieser Schiffe haben jetzt den Befehl erhalten, den österreichischen Bürgern an jenen Küsten denselben Schutz angedeihen zu lassen wie den Deutschen und den Weisungen der österreichischen Consuln dieselbe Folge zu leisten wie denen der deutschen Consuln wo dies irgend möglich ist.


- Das Jahr 1880 ist ein Kometenjahr. Der Umstand, daß in diesem Jahr ein Komet erscheint, wird wohl ziemlich zweifelos dem noch stark

[ => Original lesen: 1880 Nr. 16 Seite 3]

verbreiteten Aberglauben, der ein Kometenjahr für ein an Krieg, Hungersnoth u. Pestilenz reiches hält, ein ergiebiges Material zu allerhand Prophezeiungen und Befürchtungen bezüglich des weiteren Verlaufs des Jahres abgeben, ja Manche werden nicht abgeneigt sein, schon die bereits fast in ganz Europa vorhandenen Nothstände von dem Kometen herführen zu wollen, so unschuldig auch dieser an letzteren ist und so oft er auch schon am Himmel gestanden hat in Jahren, in denen weder von Krieg, noch von Pestilenz und Hungersnoth etwas bei uns wahrzunehmen gewesen ist. Derselbe ist ein telescopischer, welcher zum erstenmale 1819 von Pons in Marseille wahrgenommen, dessen Umlaufszeit von 5 1/2 Jahren jedoch erst 1858 durch den gegenwärtigen Professor der Astronomie an der Universität zu Straßburg, Winnecke sicher gestellt worden ist. Dieser nach Letzterem benannte Komet war zuletzt 1875 sichtbar. Ein zweiter der Faye'sche, welcher 1843 entdeckt wurde, und eine Umlaufszeit von 7000 Jahren haben soll, wird am 3. October der Erde am nächsten kommen, dagegen erst im Januar 1881 durch seine Sonnennähe gehen. - Außer den fünf Sonntagen im Februar, welcher Fall in diesem Jahrhundert blos 1825, 1852 und 1880 vorkommt, hat das laufende Jahr noch die seit 1827 nicht dagewesene und erst 1948 wiederkehrende Erscheinung aufzuweisen, daß auf den letzten Februar der dritte Fastensonntag (Oculi) fällt.
- Gould, Direktor des großen Observatoriums zu Cordova in der argentinischen Republik, hat einen großen Kometen entdeckt der sich auf der südlichen Halbkugel in der Richtung nach der Sonne bewegt.
- In A . ., einem Dorfe des k. b. Bezirksamts Arnstein, wurde jüngst ein reicher Bauer wegen Meineids verhaftet. Sein Sohn hatte ein Kind wegen einiger Beeren mit der Heugabel auf den Arm geschlagen und der Vater wollte ihm heraushelfen. Mit 6 M. Entschädigung wäre die Sache abgemacht gewesen.
- Oberammergauer Passionsspiele. Das Jahr 1880 bringt die sogenannten Passionsvorstellungen in Oberammergau in Oberbayern. Oberammergau ist, wie man weiß, ein im bayrischen Hochgebirge, in der Nähe von Partenkirchen liegendes meist von Holzschnitzern bewohntes Dorf, welches sich neben seiner Kunstfertigkeit, in welcher es mit Berchtesgaden glücklich wetteifert, auch durch das ungewöhnliche theatralische Geschick seiner Bewohner auszeichnet. In jedem zehnten Jahr wird nämlich die sogenannte "Passion", das ist eine dramatisch=musikalische Darstellung des Lebens, Leidens und Todes Jesu, auf einer großen, eigens erbauten öffentlichen Bühne aufgeführt, und zwar nicht aus künstlerischem Antriebe nur oder um des Gewinnes willen, sondern zur Erfüllung eines frommen Gelübdes, welches vor Jahrhunderten in Zeiten schwerer Pestgefahr von der ganzen Gemeinde abgelegt worden war. Das Passionsspiel ist daher im eigentlichen Sinne eine Gemeinde=Angelegenheit, an welcher nur eingeborne Oberammergauer theilnehmen dürfen: es sind bei der Aufführung sechs= bis siebenhundert, Kinder eingerechnet, betheiligt. Das Theater ist unbedeckt, während der Zuschauerraum wenigstens theilweise von der Witterung geschützt ist. Die Bühne ist ein Ueberbleibsel des mittelalterlichen und theilweise auch des alt=griechischen Theaters und bietet durch die Reichhaltigkeit der verschiedenen Schauplätze die Möglichkeit zur Entfaltung und scenischer Vorgänge wie keine andere übliche Bühnenform sie zu bieten vermag. Die erste Aufführung findet am Pfingstmontage (17. Mai.) und dann an jedem Sonn= und Feiertage mit Ausnahme des Frohnleichnahmtages (27. Mai) und des St. Peter= und Paulfestes (29. Juni) bis Ende September, im Ganzen also dreiundzwanzigmal statt. Die Vorstellung beginnt je um 8 Uhr Morgens und endet um 5 Uhr Nachmittags. Für eine große Anzahl von Besuchern ist in Ammergau Unterkunft zu finden, doch wird es gerathen sein, bei größerem Bedarf vorher Bestellung zu machen.
- Ein Pferd in Pelz. Der General=Gouverneur von Turkestan, General=Adjutant von Kaufmann, hat dem Moskauer zoologischen Garten ein höchst interessantes Geschenk gemacht. Es ist dies ein völlig nacktes nur in der mittelasiatischen Steppe vorkommendes Pferd. Dieses Thier ist höchst empfindlich gegen die Kälte u. wurde daher, um es am Leben zu erhalten, gänzlich in einen Pelz gekleidet, in dem es sich nun ganz wohl und behaglich fühlt.
- Die Wiener Postbeamten wetteifern in Entzifferung von Brief=Räthseln mit ihren Berliner Collegen. Neulich traf ein Brief aus Brünn ein mit der Aufschrift: "An Hern Jozef Cwen Ajzen ksör mjlink rodecki kase bei Hern walkner in Win." Ohne Verspätung wurde der rätselhafte Brief dem rechten Manne: "Herren Eisengießer Josepf Zwen in Meidling, Radetzkygasse, bei Herrn Wagner" zugestellt.
- Ein Wurm im Auge. Dem Professor Gräfe in Halle ist dieser Tage eine sehr schwierige Operation gelungen: er hat nämlich einer Dame einen lebenden Wurm aus dem Auge entfernt. Uebrigens ist dies bereits der zehnte Fall dieser Art, welchen Dr. Gräfe mit Erfolg behandelt hat.
- Ein Reiterstückchen hat der schleswig=holsteinsche Dragoner=Lieutenant Spielberg in einer lothringschen Garnison ausgeführt. Als sein Chef, Rittmeister v. Th., nach Trier versetzt wurde und mit dem Schnellzuge abfuhr, setzte er zu gleicher Zeit sein Pferd in Galopp, hielt mit dem Zuge 7 Kilometer lang gleichen Schritt und traf unter den Beifallsrufen der Reisenden zugleich mit dem Zuge auf der nächsten Station ein, wo er von seinem Chef nochmals persönlich Abschied nahm.
- Ein Prozeß, der nicht wenig Aufsehen erregte, wurde kürzlich in Oldenburg verhandelt. Der Fischhändler Wagner hatte gegen die dortige Wergspinnerei geklagt, weil sie gegen die Vereinbarung ihre Maschinencylinder nicht mit Talg sondern mit Erdöl eingeschmiert. Dadurch sind dem Wagner in 51 Fischteichen nicht weniger als 300,000 Goldfische getödtet worden, für die er einen Schadenersatz von 366,000 M. der Prozeß ist in erster Instanz zu Gunsten des Klägers entschieden; die Wergspinnerei hat Berufung erhoben.


Anzeigen.

Die Petition an den Reichstag

um Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen über den Zwang zur bürgerlichen Eheschließung
liegt bei den Unterzeichneten bis Morgen Abend zur Unterschrift aus.
Schönberg den 24. Februar 1880.

Conrector Kolbatz.                           Dr. M. Marung.


Für Oberschlesien

sandte ich heut mir noch zugegangene 43 M. ab und betrachte, allen gütigen Gebern nochmals meinen herzlichsten Dank ausspechend, die Sammlung für geschlossen.
Schönberg den 23. Februar 1880.

A. Montag.     


Die am heutigen Vormittage 1/2 10 Uhr stattgehabte glückliche Entbindung meiner lieben Frau, Auguste geb. Müller, von einem kräftigen Mädchen beehre ich mich, statt, besonderer Meldung hiemit ganz ergebenst anzuzeigen.
Schönberg i. M. den 20. Februar 1880.

A. Dufft,                 
Amtsgerichts=Actuar.     


Verschönerungsverein.
Generalversammlung.
Heute Abend 8 Uhr in Spehr's Hotel.
Tagesordnung:

1. Darlegung der Kassenverhältnisse,
2. Wahl von Vorstandsmitgliedern,
3. Berathung über vorzunehmende Verschönerungen.
Schönberg den 24. Februar 1880.

Der Vorstand.     


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[ => Original lesen: 1880 Nr. 16 Seite 4]

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[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


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