No. 64
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. August
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 1]

   Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das Füsilier=Bataillon 2. Hanseatischen Infanterie=Regiments Nr. 76 in Lübeck am Freitag den 16. d. M. von Mittags 12 Uhr bis Nachmittags 6 Uhr Gefechtsschießen auf der Pahlinger Haide abhalten wird.
   Zur Vermeidung von Unglücksfällen wird das Betreten des Terrains, welches durch den Landgraben von Brandenbaum bis Schwarzmühlen, die Wege Schwarzmühlen bis Pahlingen und Pahlingen bis Brandenbaum begrenzt wird, sowie des Terrains zwischen den Straßen Wesloe=Neubauerhof und Brandenbaum bis zum Landgraben und des Waldes nördlich Wesloe zwischen den Straßen Schlutup=Lübeck, den Bewohnern des hiesigen Fürstenthums an dem gedachten Tage bei Strafe verboten.
   Schönberg, den 12. August 1878.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.


   Die diesjährigen Truppenübungen werden im hiesigen Fürstenthum vom 20. d. M. bis zum 5. September cr. resp. auf der Palinger Heide und in dem Dreieck Schlutup-Dassow-Schönberg stattfinden.
   In Gemäßheit der Bestimmungen im § 11 des Naturalleistungsgesetzes vom 13. Februar 1875 werden die Vorstände der betreffenden Ortschaften zwecks möglichster Vermeidung von Flurbeschädigungen hiedurch angewiesen, die vorzugsweise zu schonenden Ländereien durch Strohwiepen kennzeichen zu lassen.
   Schönberg, den 4. August 1878.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.


Der nationale Pensions= und Invalidenfonds.

Die Idee, die Wilhelmspende zum Grundstock eines nationalen Pensions= und Invalidenfonds zu machen, wird von allen Seiten aufs Freudigste begrüßt und bei den bekannten Gesinnungen unseres greisen Kaisers, bei dessen durch tausend Züge bewiesener Liebe zum Volke, ist es kaum zweifelhaft, daß der Monarch die ihm gewidmete Spende zu dem gedachten Zwecke zu verwenden bestimmen wird.
Dabei muß indessen daran erinnert werden, daß die Institution einer nationalen Pension= und Invalidenkasse doch noch ganz andere Geldmittel erheischt, als sie durch die Wilhelmspende zusammengekommen sind. Bei dieser war als Maximalsatz der Zeichnungen Eine Mark angenommen worden. Es kam bei der Wilhelmsspende mehr darauf an, dem Kaiser durch die Summe der Einzeichnungen als durch die Geldsumme nachzuweisen, wie viele Herzen in Deutschland treu zu Kaiser und Reich stehen.
Nun taucht die Idee einer allgemeinen Pensions= und Invalidenkasse auf; um wieviel reichlicher würde die Wilhelmsspende ausgefallen sein, wenn dieser Plan vor den Sammlungen bekannt gegeben und der Maximalsatz in Wegfall gebracht worden wäre! Man darf überzeugt sein, daß in Deutschland Tausende und aber Tausende reicher Leute leben, die ein offenes, warmes Herz für die Arbeiterklasse haben, aber in ihrer Vereinzeltheit nichts Durchgreifendes zur materiellen Hebung derselben thun können!
Ein Jeder, der sich nicht in unbegreiflicher Verblendung den schreienden Thatsachen verschließt, muß zugeben: Die soziale Frage existirt! Sie ist ein Conglomerat von vielen einzelnen Fragen, deren erheblichste und tiefstgehende die ist: "Wie kann der Arbeiter einigermaßen vor den Wechselfällen des Geschäfts und des Lebens sicher gestellt werden ?" Die Manchester=Doktrin ist allerdings mit einer Antwort schnell bei der Hand. "Selbsthilfe!" lautet ihre heilkräftige Parole; "Sparen!" sagt Herr Schulze=Delitzsch.
Aber, blicken wir um uns? Wie viele Arbeiter können unter den heutigen Zeitverhältnissen sparen? Wie viele giebt es nicht, die kaum so viel verdienen, daß sie ihr und ihrer Familie Leben nur nothdürftig fristen können? Wie viele sind: wochen=, monatelang gänzlich arbeitslos? diese Verhältnisse sind der gedüngte Boden der Unzufriedenheit, auf dem die Wucherpflanze des Radikalismus und Sozialismus üppig emporsprißt.
Der Staat als solcher kann hier nicht interveniren, wenn er nicht über seinen Zweck hinausgreifen will. Wenn aber aus der Initiative des Volkes heraus Institutionen emporwachsen, die eher als alle Doktrinen geeignet sind, berechtigte Wünsche der arbeitenden Klasse zu erfüllen, so kann sehr wohl der Staat die Oberaufsicht übernehmen, um der Sache einen festeren Halt zu geben.
Gelegentlich der Justiz=Reorganisation muß Deutschland viele Millionen für . . . Gefängniß=Bauten aufbringen . . . In wieviel tausend Fällen ist nicht Noth die Mutter der Verbrechens; ja, die Tagespresse erzählt uns oft genug, daß Verbrechen ausgesprochener Maßen zu dem Zwecke begangen wurden, dem Thäter auf einige Zeit freie Unterkunft und Beköstigung im Gefängnisse zu verschaffen! Wenn ebenso hohe Summen, wie zum Gefängnißbauten gebraucht werden, in dem Sinne einer nationalen Pensions= und Invalidenkasse Verwendung finden, vielleicht würden viele Gefängnißräume über=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 2]

flüssig. Recht und Gesetze würden weniger häufig bedroht.
Um die von Generalfeldmarschall Moltke als "außerordentlich richtig und zeitgemäß" bezeichnete Idee einer nationalen Pensions= und Invaliden=Kasse vollinhaltlich ausführen zu können, sind aber noch, wie schon oben gesagt, bei weitem mehr an Geldmittel als Grundkapital nöthig.
Wie wäre es, wenn das Comitee der Wilhelm=Spende, nachdem Kaiser Wilhelm die Verwendung derselben im obgedachten Sinne bewilligt hat, sich dann, und ohne wieder eine Maximal=Beitragsgrenze zu ziehen, nachmals an das deutsche Volk wendete und es aufforderte, aus sich heraus die Lösung des brennendsten Theils der sozialen Frage in die Hand zu nehmen? Wäre nicht etwa der 2. September, unser nationaler Feiertag, am besten geeignet als Tag dieser Sammlung, die sich alle Jahre wiederholen müßte, und durch die Betheiligung an welcher der Deutsche, gleichviel welcher Partei er angehört, seinen Patriotismus, der häufig nur auf den Lippen sitzt, mit klingender Münze beweisen kann?
Wir wünschen, daß diese Anregung, die mit uns zugleich von Hunderten deutscher Blätter gegeben wird, an der maßgebenden Stelle nicht überhört werden möge, damit in dem nationalen Pensions= und Invalidenfonds ein Denkmal echt deutschen Brudersinns und wahrhafter Vaterlandsliebe erstehe.


Deutschland. Die Nachrichten über das Befinden des Kaisers lauten andauernd überaus erfreulich. Die Beweglichkeit des durch die zahlreichen Wunden des Armes fast erlahmte rechte Hand hat derart zugenommen, daß der hohe Patient bereits mit gutem Erfolge längere Schreibversuche anstellen konnte. In den nächsten Tagen wollen die Aerzte neben den Bädern auch Elektrizität zur Kur in Anwendung bringen. Der Kaiser wird sich von Teplitz aus wahrscheinlich direkt nach Bad Gastein begeben, darauf einige Wochen bei seiner Tochter auf Schloß Mainau zubringen und erst Mitte October wieder in Berlin eintreffen.
Die Vermählung der Prinzeß Marie von Preußen mit dem Prinzen Heinrich der Niederlande wird, wie nun fest bestimmt ist, am 24 August, Abends 6 Uhr, im Neuen Palais bei Potsdam stattfinden. Den Beschluß der Feierlichkeit wird Fackeltanz bilden, der im Muschelsaale abgehalten werden wird.
Der Aufenthalt des Fürsten Bismarck in Kissingen soll wegen des ausgezeichnet günstigen Erfolges, den die Badekur in diesem Jahre brachte, um eine Woche verlängert worden.
Nach der Nachweisung der zur Anschreibung gelangten Einnahmen an Zöllen u. s. w. im deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni d. J. betrug dieselbe in Summa 45,151,265 Mark.
Der Bundesrath ist durch eine vom Kronprinzen unterzeichnete Verordnung berufen worden, am 14. August in Berlin zusammenzutreten.
Nach dem Reichs= und Staats=Anzeiger ist die Heidelberger Minister=Conferenz am Donnerstag den 8. d. M. geschlossen, nachdem eine vollständige Einigung über das Steuerreform=Projekt erzielt worden. Von Seiten des Großherzogthums Mecklenburg=Strelitz hat an dieser Conferenz der Herr Regierungsrath, Kammerherr Graf v. Bernstorff, für Mecklenburg=Schwerin der Vorstand des Finanz=Ministeriums, Herr Staatsrath v. Bülow, theilgenommen.
Die schwankende Frage über die Vorlagen, die in der Session des neuen Reichstages zur Berathung kommen, soll jetzt erst endgültig entschieden werden. Das Socialistengesetz wird den einzigen und ausschließlichen Berathungsgegenstand bilden. Der Justizausschuß des Bundesrathes tritt am 13. oder 11. d. Mts. unter dem Vorsitz des Staatssecretärs der Justiz Dr. Friedberg zusammen, um den Entwurf zur Berathung zu ziehen.
Das Reichsschatzamt soll im Herbst ins Leben treten. Als erste Arbeit wird ihm die Mitwirkung bei Aufstellung des Reichshaushaltsetats obliegen und im Weiteren ein Anteil an dem neuen Steuerreformplan, der in Heidelberg vorbereitet worden ist, zufallen. An die Spitze des Amtes wird der Generalsteuerdirektor Fabricius berufen werden, welcher augenblicklich den Vorsitz in der Tabaksenquete=Commission führt.
Lebhafte Discussionen finden bekanntlich gegenwärtig statt über die Frage, ob das Todesurtheil, welches gegen Hödel verhängt ist, zu vollziehen sei oder nicht. Die Berichte, daß bereits eine allerhöchste Bestätigung des Urtheils stattgefunden habe, erwiesen sich als verfrüht. Erst in den letzten Tagen ist der Bericht des Staatsministeriums, der in dieser Angelegenheit eingeholt wurde, an den Kronprinzen nach Homburg abgegangen. Wie man versichert, soll das Cabinet sich für Vollziehung des Todesurtheils ausgesprochen haben.
Wegen des Strafvollzugs=Gesetzes werden noch Verhandlungen mit den Einzelstaaten vorgenommen werden müssen, da die Ausführung desselben Kosten verursachen wird (besonders für Gefängnißbauten), welche sich hoch in die Millionen belaufen.
In Elsaß=Lothringen, wo bekanntlich das französische Tabaksmonopol bis zum Jahre 1871 bestand, hat jetzt der Landesausschuß mit 26 gegen 2 Stimmen eine Resolution zu Gunsten der Wiedereinführung des Tabaksmonopols gefaßt.
In Marinekreisen wird die Lage erörtert, ob es nicht billig wäre, den Verunglückten vom "Großen Kurfürst" in ihrem Vaterlande ein Denkmal zu errichten. Es wird daran erinnert, daß seiner Zeit den verunglückten Cadetten des Uebungsschiffes "Amazone" in ehrender Weise im Invalidenparke zu Berlin ein Gedenkstein errichtet worden ist. Auch die Braven vom "Großen Kurfürst", die so heroisch und in treuer Pflichterfüllung in den Tod gingen, sind für's Vaterland gestorben.
Oesterreich. In Bosnien ist es nun zum offenen Kampfe zwischen den Oesterreichern und den Aufständischen gekommen. Die Ersten blieben bei ihrer Organisation und Uebermacht natürlich Sieger. In Serajewo hat die neue Revolutionsregierung alle bürgerlichen Gesetze aufgehoben und den Koran als allein gültiges Gesetzbuch erklärt. Derselbe macht die Ungläubigen so ziemlich rechtslos; infolgedessen ist die Aufregung unter den Christen eine sehr gesteigerte. Die österreichische Regierung glaubt dafür Beweise zu haben, daß der Volksaufstand Bosnien von der Pforte angezettelt worden sei und noch begünstigt werde. Infolgedessen richtete Graf Andrassy eine Drohnote nach Konstantinopel und stellte die Kriegserklärung in Aussicht, falls die Pforte nicht volle Genugthuung gäbe.
Frankreich. Wie das "Journal officiel" meldet, hat der Marineminister von dem Gouverneur von Neucaledonien ein Telegramm erhalten, welches ihm anzeigt, daß der Aufstand bewältigt sei. Es war die erste amtliche Depesche, die dem Minister seit dem 14. vorigen Monats aus der Strafcolonie zugegangen ist. - Während die Sommerhitze die hohe Politik zum Schweigen bringt, lebt das genußsüchtige Paris einen Kutscherstrike mit all seinen beschwerlichen Folgen durch. 10,000 öffentliche Fuhrwerke sind durch den Strike außer Dienst gestellt. - Die alte Königin Christine von Spanien, die Mutter der Isabella, ist bedeutend erkrankt; sie hat sich nach ihrem Landsitz Saint=Adresse bei Havre bringen lassen. - Nach einem amtlichen Ausweise haben im Mai 1,666,879, im Juni 2,555,523 Personen die Pariser Weltausstellung besucht. Das Fest vom 30. Juni lockte allein 119,599 Besucher in die Ausstellung. Im Juli betrugen die Einnahmen 1,254,548 Francs. Für die ersten drei Monate übersteigt die Einnahme an Eintrittsgeld über 5 Millionen Francs.
England. Die Kosten der englischen Vertretung beim Berliner Congreß belaufen sich, wie aus der dem Parlament vorgelegtem Nachtragsforderung ersichtlich ist, auf 172,000 Mark.
Italien. Infolge des Ablebens des Cardinals Franchi sind gegenwärtig 11 Kardinalshüte vacant und zwar ist das heilige Collegium heute aus 5 Cardinalbischöfen, 46 Cardinalpriestern und 8 Cardinaldiakonen zusammengesetzt.
Rußland. Der Krankenstand der in Europa operirenden russischen Aerzte ist folgender: Bei der Armee südlich des Balkans 13,608, nördlich des Balkans 10,384 und nördlich der Donau 5056, also im Ganzen 26,048 Mann. Die Zahl der bis 24.

[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 3]

v. M. über Odessa zurückbeförderten Kranken betrug 33,000 Mann.
Türkei. Die Pforte hat auf die ihr von ihren auswärtigen Vertretern zugegangene Nachricht, daß in einzelnen Ländern sich die Neigung zur Ausrüstung von Freischaaren zeige, anbefohlen ein Geschwader an der Küste von Albanien kreuzen zu lassen. - Wie es heißt, wären die russisch=türkischen Räumungsverhandlungen zu einer vorläufigen Verständigung gelangt. Danach würden die Russen nach acht Tagen die in dem Berliner Vertrage vorgesehene allgemeine Räumung begingen. In der Zwischenzeit müßten Batum und Varna den Russen übergeben sein, worauf erst in der Zeit zwischen dem 31. August und 5. September die Räumung der Umgebung von den Russen bewerkstelligt werden würde. - In Folge der Uebergabe von Schumla an die Russen bereiten sich gegen 5000 dortige muhamedanische Einwohner auf ihre Auswanderung vor.


Anzeigen.

Nach der gemachten Anzeige ist dem Schustermeister Heinr. Schwarz hieselbst am 20. d. M. aus seiner Wohnstube eine zweigehäusige silberne Taschen=(Kapsel=) Uhr mit römischen Ziffern und ohne Kette gestohlen worden, und ist der wegen Diebstahls schon wiederholentlich bestrafte Arbeiter Johann Kessin aus Selmsdorf des Diebstahls dringend verdächtig.
Wir bitten, auf das gestohlene Gut und den etc. Kessin vigiliren, den letzteren im Betretungsfalle wegen Diebstahls, strafbar nach § 242 des Strafgesetzbuchs, zu verhaften und mit seinen Effecten anzuhalten und uns zu benachrichtigen zu lassen.
Schönberg, den 2. August 1878.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     

Signalement des etc. Kessin.

Alter: 50 Jahre laut seines Heimathscheines.
Größe: mittel.
Haar: dunkel, mit grau gemischt.
Augen: grau=blau.
Nase: ziemlich groß.
Kopf: stark.
Besondere Kennzeichen: Aderbrüche, Narben und Wunden am rechten Fuße und deshalb der Gang hinkend und schleppend.


In Sachen betreffend die Subhastation des zu Schönberg neben der Kirche sub Nr. 213 belegenen Wohnhauses c. p. des Kaufmanns Julius Schweigmann steht ein neuer Verkaufstermin auf

Mittwoch den 28. August d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

und ein anderweitiger Ueberbotstermin auf

Freitag den 20. September d. J.
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte an, wozu Kaufliebhaber mit dem Bemerken hiemit geladen werden, daß die Verkaufsbedingungen jederzeit auf der Gerichts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Schönberg, den 12. Juni 1878.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Es wird hiedurch zur öffentlichen Kunde gebracht, daß in der Zeit vom 26. August bis 5. September die nachbenannten Truppenteile in der hiesigen Stadt einzuquartieren sind, nämlich:

Am 26. und 27. August:
Stab der 33. Infanterie= Brigade (2 Offiziere, 7 Mann, 6 Pferde) mit Verpflegung.
Am 26. und 27. August:
Schleswig=Holst. Pionier=Bataillon Nr. 9, 4. Compagnie (3 Offiziere, 93 Mann, 1 Pferd) mit Verpflegung.
Am 2., 3. und 4. September:
Abtheilungsstab des Holst. Feld=Artillerie=Regiments Nr. 24 (4 Offiziere, 12 Mann, 6 Pferde),
Holst. Feld=Artillerie=Regiment Nr. 24, 5. und 6. Batterie (9 Offiziere, 170 Mann, 84 Pferde),
am 2. und 4. mit, am 3. Septbr. ohne Verpflegung.
Am 4. und 5. September:
Platz=Ingenieur von Cuxhafen (1 Offizier, 1 Mann, 2 Pferde),
2. Hans. Infanterie=Regiment Nr. 76, Regimentsstab (4 Offiziere, 59 Mann, 4 Pferde),
2. Hans. Infanterie=Regiment Nr. 76, 1 Bataillon (4 Offiziere, 114 Mann, 1 Pferd),
2. Hans. Infanterie=Regiment Nr. 76, Füsilier=Bataillon (17 Offiziere, 478 Mann, 7 Pferde),
Mecklenb. Dragoner=Regiment Nr. 17, 3. Escadron (2 Offiziere, 58 Mann, 62 Pferde).

Am 4. September Ankunft, am 5 September Weitermarsch dieser Mannschaften. Die Einquartierung am 4. und 5. September erfolgt ohne Verpflegung, doch wird daran erinnert, daß bei Einquartierungen ohne Verpflegung auch die Benutzung des Kochfeuers und der Kochgeräthe zu gewähren ist.
Schönberg den 12. August 1878.

Der Magistrat.


Die Lieferung des Bedarfs an bestem Petroleum für die Straßenlaternen in hiesiger Stadt und auf dem Amte während der Zeit vom 1. October 1878 bis 31. März 1879 soll event. dem Mindestfordernden übergeben werden. Reflectanten werden hiedurch aufgefordert, ihre Preisofferten

bis zum 17. August cr.

schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 7. August 1878.

Der Magistrat.


Torf=Auction.

Am Sonnabend den 17. d. M., Morgens von 9 Uhr an, sollen auf dem Rüntzer Moor bei Demern meistbietend gegen gleich baare Zahlung bei freier Concurrenz, auch für Mecklenburg=Schwerin und Lauenburg, verkauft werden:

circa 600 mille Ruthen=, Form= und Stech=Torf.
Carlow, den 6. August 1878.

Im Auftrage:     
Struck.          


Verkaufs=Anzeige.

Am Mittwoch den 14. August d. J., Mittags von 1 Uhr ab, sollen auf der Winkenwerder'schen Hofstelle in Lüdersdorf nachstehende abgepfändete Gegenstände öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlungen verkauft werden:

4 Kühe, 2 Starken, 2 Kälber, 3 Schweine, 1 Torfbaggermaschine, 3 Torfschiffe, 4 Torfforme, 3 Torfketscher, 1 Klavier, 1 Sopha, 1 Stubenuhr mit Gehäuse, 2 Kleiderschränke, 1 Spiegel und 1 Klapptisch.
Schönberg, den 1. August 1878.

Kutzbach, Landreiter.     


In der Nacht vom 9. auf den 10. d. M. wurde meine Frau Emilie geb. Köller von einem todten Mädchen entbunden.
Schönberg, den 11. August 1878.

W. Schär, Lehrer.     


Allen denen, die unserm einzig geliebten Sohne, Schwager und Bruder Heinrich die letzte Ehre erwiesen und zu seiner Ruhestätte begleiteten, sagen wir unsern innigst tiefgefühlten Dank!
Petersberg, den 8. August 1878.

Die tiefbetrübten Hinterbliebenen     
Schulze Mette und Familie.        


Am 14. d. M. werden auf dem Hoffelde zu Römnitz Rappschooten verbrannt.


Weiße Korbweiden
empfiehlt                                                    
                                                    C. Benthien,
                                                    Lübeck, Fünfhausen.


Zahnschmerzen jeder Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitig. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruhm erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke,      
Bandagist.          


[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 4]

Herren=Artikel= u. Reise=Effecten=Handlung
Werner Werner, Lübeck,
797 Breitestrasse 797,
im Hause der Commerzbank, Eingang von der Johannisstraße.
Anfertigung von Herrengarderobe nach Maaß.


Bilanz
der
Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Spar-Bank
in Schwerin
pro ultimo Juli 1878.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Schwerin, im August 1878.

Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank.
C. A. Schwerdtfeger, Director.
C. L. F. Soltau, General=Agent.


Die Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrenten=Versicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Commissions=Geschäfte durch das unterzeichnete Bureau zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt.

Bureau der Mecklenburgischen Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schönberg.
W. Stephan.      W. H. Schacht.


Reinschmeckenden gebrannten
Domingo=Caffee,
à Pfund 1 Mark 10 Pf.,
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Specialarzt Dr. Kirchhoffer
in Straßburg (Elsaß) behandelt speciell Schwächezustände, Polut. Impot., nächtl. Bettnässen. (H182Q)


  Magenbitter      Bei der
jetzigen Jahreszeit
empfehlen als gesundestes Genußmittel den von den angesehensten Aerzten unserer Zeit besonders bei Schwäche der Verdauungen empfohlenen Magenbitter, genannt L'estomac, von Dr. med. Schrömbgens, prakt. Arzt in Kaldenkirchen (Rheinpreußen).
  Magenbitter  

Zu haben in der Niederlage von Herrn J. Ludw. D. Petersen in Schönberg.


W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung.
Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden prompt und billig ausgeführt.


Ein gebrauchter, gut erhaltener

Korn=Cylinder

ist zu verkaufen. Näheres in der Exped. der Anz. zu Schönberg.


Gegen Husten,

Katarrhe, Heiserkeit, Verschleimung, Hals= und Brustleiden, Keuch= und Stickhusten der Kinder, in größeren Gaben auch gegen Verstopfung, ist der von mir erfundene und seit nun 18 Jahren fabricirte Fenchelhonig das heilsamste Mittel, welches vor vielen anderen den Vorzug hat, daß es weder Säure, noch Verschleimung oder Magenbeschwerden erzeugt. Ich warne vor den massenhaften oft sogar schädlichen Nachpfuschungen und kann nicht oft genug wiederholen, daß der L. W Egers'sche Fenchelhonig nur echt ist, wenn die Flasche mein Siegel, meinen Namenszug und im Glase eingebrannt meine Firma trägt. Meine Verkaufsstelle ist in Schönberg allein bei Buchbinder C. Sievers.

L. W. Egers in Breslau.


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Rohrstühle

halten zu billigen Preisen von 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). bis 12 M. pr. Stück bestens empfohlen

J. Kiel & Rindfleisch                
in Schönberg.     


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M0,90 .
Tauben d. St. M0,40 .
Hühner d. St. M1,40 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,90 .
Küken d. St. M0,80 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 6 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen20 M 50Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen13 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Gerste14 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Hafer13 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 64 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 13. August 1878.


- Die "Meckl. Anz." bringen folgendes "Eingesandt." Die Wahlschlacht ist geschlagen und im Ganzen und Großen hat es sich gezeigt, daß auch der Liberalismus in rückläufiger Bewegung ist. Es offenbart sich auch bei uns jene Abkehr von den liberalen Ideen, welche man sonst auch wohl die conservative Strömung nennt, die durch unsere Zeit geht, die aber noch nicht bewußt und mächtig genug geworden ist, um den Gegner aus allen seit einer Reihe von Jahren besessenen Stellungen zu verdrängen. Der Liberalismus liebt es sonst, die großen Städte als die Sitze der Intelligenz auch als die berufenen Führer im politischen Leben zu bezeichnen. Aber gerade in den beiden bedeutendsten Städten des Landes macht sich jene Wandlung am kräftigsten fühlbar, und wenn nicht die kleineren Städte, die in ihrer politischen Entwickelung immer etwas zurück sind, die Zahlen ihrer Wählerschaften in die liberale Wagschaale gelegt hätten, es wäre heute schon vorbei mit dieser politischen Parteityrannei. Aber man mußte es auch hören, wie ein liberaler Abgeordneter die Leute bearbeitete. Es war die reine Bauernfängerei. Wollt ihr 200 Millionen Mark Steuern mehr zahlen? Nein, nein! So wählt liberal! Wollt ihr für euren Tabak das Pfund 5 - und ich glaube, er sagte gar 10 Mark zahlen? Nein, nein! So wählt liberal! Wollt ihr wieder unter die Prügelstrafe zurück? Nein, nein! So wählt liberal! Die besseren liberalen Männer, welche dieser Wahlbewerbung mit anwohnen mußten, konnten Einem leid thun. Daß das Lügen waren, wußten sie, - aber keiner hatte den Muth dagegen aufzutreten, denn allerdings in der Politik und zumal im Parteiwesen gilt die alte Jesuitenregel unumschränkt: der Zweck heiligt die Mittel Es ist in Rostock und Schwerin gerade das tüchtige Bürgerthum, der Handwerkerstand, welcher sich von den liberalen Ideen entfernt. Er hat auch Grund dazu. Kaum ein Stand ist so von der liberalen Gesetzgebung getroffen, beschädigt, zu Boden geworfen, als wie der Handwerkerstand. Es war eine eigene Fügung, daß hinter dieser Gesetzgebung her gleich die schlechten Zeiten kamen. Nun wurden ihre traurigen Wirkungen vor allen Augen klar, während man sonst wohl länger darüber sich hätte täuschen mögen. Herr Bamberger, der den großen politischen Vortheil besitzt, ein Liberaler und ein Jude zu sein, sprach neulich von einer Husarengesetzgebung. Er meinte, die Fragen, welche zuletzt den Reichstag beschäftigt, seien zu ernst gewesen, um schnell abgethan zu werden. Wie schade, daß kein Mensch den Ausdruck Husarengesetzgebung gebraucht hat, als der Liberalismus jene Gesetze schuf, deren folgen das Handwerk so sehr drücken. Hätte man da nicht in Husarengesetzgebung gemacht, brauchte man heute nicht zurückzuarbeiten, was bekanntlich immer sehr schwer ist. Indeß scheinen den Liberalismus noch andere Gefahren zu bedrohen. Täuschen die Zeichen der Zeit nicht, so neigt der Culturkampf sich zum Ende. Das würde die Stellung des Centrums zur Regierung gewaltig verändern. Andererseits zeigen die letzten Wahlen wieder ein mächtiges Wachsen der Sozialdemokratie. Zwar wird sie, das ist ja bei unserm Wahlgesetz möglich, im Reichstage weniger zahlreich vertreten sein, aber im Volk gewann sie immer größeren Anhang. Wir sind keine Freunde der Sozialdemokratie, im Gegentheil, aber wir dürfen vielleicht hoffen, daß sich auch von den Liberalen manche auf die Seite der Regierung stellen werden, wenn sie sehen, wie der Umsturz nicht nur die Rechtsordnung, sondern alle Ordnung umzustoßen drauf und dran ist. Zwar der Fortschrittspartei ist nicht zu helfen. Diese ist unverbesserlich.
- Die Stichwahl im zweiten Schweriner Wahlkreise zwischen Bankdirektor Büsing=Schwerin und Gutsbesitzer Bock=Gr. Weltzien ist auf den 16. August angesetzt. Im sechsten Wahlkreise wird die Stichwahl zwischen Graf Schlieffen und Jul. Wiggers am 13. August stattfinden. In Lauenburg hat Dr. Hammacher gegen Graf Bismarck nur fünf Stimmen über die absolute Majorität gesiegt.
- Wenn man so hoch gestellt ist, wie eine preußische Prinzessin, muß man sich schon die unglaublichsten Indiscretionen gefallen lassen. Selbst die intimsten Geheimnisse der Toilette und des Wäscheschrankes sind dann vor zudringlicher Neugier nicht sicher. Es ist nun einmal so - seien wir also nicht prüde und erzählen wir unseren Leserinnen von - dem Wäsche=Trousseau der Prinzessin Marie. Auch hier ist jeder auffällige Prunk vermieden. Die Taghemden sind aus feinstem Leinen gefertigt und mit Valenciennes und Stickerei reich garnirt. Die Aermel werden bei einem Theile derselben durch den Entre-deux gebildet, für einen anderen Theil sind übergreifende Aermel gewählt. Die Nachthemden sind mit Fältchen, Entre-deux und Handstickerei ausgestattet. Die seidenen Strümpfe sind in den zu den einzelnen Costümen passenden Farben gehalten und theilweise mit kunstvoller Stickerei versehen. Taschentücher erhält die hohe Braut in der verschiedensten Ausführung. Ein Theil derselben ist mit Spitzen und Stickerei garnirt, deren Dessin Eicheln, Vergißmeinnicht oder Kornblumen aufweist. Das gekrönte Monogramm ist hier überaus zierlich gestaltet. Noch andere endlich sind mit einem breiten Hohlsaum versehen. Die Pantalons sind mit breiter Madeirastickerei garnirt. Die Frisirmäntel zeigen theils Schweizer=, theils Madeirastickerei und Valenciennes. Die zur Ausschmückung benutzten seidenen Bänder sind in zartem Roth und Blau gehalten. Die Bademäntel sind mit weißer Seide languettirt und mit seidenen Schleifen von der nämlichen Farbe besetzt. Die Unterröcke und die Schleppröcke zieren Schweizer Stickerei oder Spitzen. Unter den Schlafröcken zeichnet sich durch die Eleganz der Ausstattung ein à la Pompadour gestickter aus; passend zu diesem Schlafrock sind ein paar Morgenschuhe aus weißem Atlas und ein Paar Pantoffeln von demselben Stoffe. Ein anderer, nicht minder reizender Schlafrock ist weiß mit blau garnirt, hierzu gehören ein Paar blaue wollene Morgenschuhe mit weißen Klappen und gleichfarbigem Besatz. Die Corsets sind aus weißem und hellgrauen Atlas gefertigt und reich mit Valenciennes ausgestattet. Die zur Benutzung der hohen Herrschaften bestimmte Tischwäsche ist aus schwerem Damast in verschiedenster Musterung. Die Dessins sind neu in ihrer Art und nach Zeichnungen, die der Prinzessin vorgelegen haben, eigens angefertigt. Das gekrönte Monogramm ist der Stärke des Damastes entsprechend gestickt.
- Prinzessin Victoria von Baden, die, wie man weiß, mit ihrer Mutter, der Großherzogin, ihren Kaiserlichen Großvater nach Teplitz begleitete, hat dort am 7. August ihren sechszehnten Geburtstag gefeiert Der bürgerlich=patriarchalischen Sitte entsprechend, die im deutschen Kaiserhause herrscht, werden auch die Geburtstage in der Großherzoglich Badischen Familie gut bürgerlich gefeiert. Alljährlich, wenn der Geburtstag daheim gefeiert wird, erhält die Prinzessin ihre Torte, mit so viel Lichtern besteckt, als sie an jenem Tage Lebensjahre vollendet. Und so war auch in diesem Jahre der Geburtstagskuchen der Prinzessin Victoria mit Sechszehn Lichtchen besteckt. Der Kaiser gratulirte seiner Enkelin am frühen Morgen und schenkte ihr eine prächtige kleine Damenuhr von außerordentlicher Zierlichkeit und zwei sehr schöne Bouquets.
- Der Meuchelmörder Nobiling hat am vorletzten Freitag einen Selbstmordversuch gemacht. Bei Anlegung eines Verbands wußte er mit Raffinement eine kleine Verbandscheere dem Wärter zu entwenden und unter deine Bettdecke zu practiciren. Als der Wärter sein Verbandzeug unmittelbar nach seiner Entfernung aus dem Gefängniß revidirte, entdeckte er sofort das Fehlen der kleinen Scheere. Er kehrte sofort ins Gefängniß zurück und fand, daß Nobiling mit der Scheere bereits sich die Pulsadern an den Armen geöffnet hatte. Sofort wurden die nöthigen Vorkehrungen gegen das Gelingen des Selbstmords getroffen. Vor weiteren Versuchen wird Nobiling durch verschärfte Bewachung und Anlegung von

[ => Original lesen: 1878 Nr. 64 Seite 6]

Handschellen abgehalten werden. Jedenfalls ist der Versuch ein Zeichen, daß der Verstand Nobilings nicht mehr vollständig getrübt ist.
- Am 17. August treffen der Großfürst Wladimir und die Großfürstin Maria Paulowna auf der Reise zur Pariser Weltausstellung zu einem kurzen Aufenthalte am Heiligen Damm ein.
- Am 7. August Nachmittags hat ein Blitzstrahl den Thurm der St. Marienkirche zu Friedland getroffen und das östliche Dach desselben in Brand gesetzt. Der gleichzeitig heftige Regen, sowie die rasch herbeieilende Feuerwehr löschten das Feuer bald wieder. An dem Kirchendach sind durch die von dem Thurme herabfallenden Steine große Reparaturen entstanden. Die Gothaer Casse hat den Schaden zu tragen.
- Der Erbgroßherzog von Baden hat als Erinnerung an seine Studentenzeit in Heidelberg den drei Studenten=Corps Saxo=Borussia, Suevia und Rupertia drei prachtvolle silberne und vergoldete Humpen zum Geschenk gemacht.
- Fürst Bismarck hat sich in Kissingen wiegen lassen und hat 243 Pfund gewogen.
Graf Wilhelm Bismarck, der jüngere Sohn der beiden Söhne des Reichskanzlers, ist als Hülfsarbeiter in das Reichskanzleramt eingetreten. Derselbe hat vor etwa 14 Tagen sein Assessor=Examen zugleich mit einem Sohne des Justizministers Leonhardt mit Auszeichnung bestanden. Um zu verhüten, daß gegen die Examinationscommission der Vorwurf ungehöriger Nachsicht bei Prüfung der Söhne der gedachten beiden hohen Staatsbeamten erhoben werden könne, hatte man dieselbe durch Heranziehung von Obertribunalsräthen verstärkt.
- In früheren Zeiten wurden die Blüthen der blauen Kornblume als Heilmittel gegen den Biß der Scorpione und anderer giftiger Insekten gerühmt und in der Heilkunde in Anwendung gebracht. Heute ist die "blaue Blume" ein Symbol gegen anderes giftiges Gewürm geworden. Mau sieht sie ostentativ im Knopfloch getragen, auch erblickt man sie als haute nouveauté (neue beliebte Mode) häufig auf Umschlag und Papier von Briefen aus der Reichshauptstadt angebracht.
- Der deutsche Juristentag in Jena dauert drei Tage, vom 29. - 31. August, und wenn das trockene und nasse Programm eingehalten werden soll, auch drei Nächte. Die Juristen dürfen sich zusammennehmen, um die Hoffnungen der Jenenser zu erfüllen; denn diese rechnen auf mindestens 3000 Theilnehmer. Das Vergnügungsprogramm enthält u. a. eine Spritztour nach Dornburg, einen auf dem Markt unter studentischem Vorsitz abzuhaltenden Festcommers, wozu die Studenten dringend eingeladen sind, und eine Spritztour nach Schwarzburg. Man hofft, daß auch zahlreiche Nicht=Juristen die Gelegenheit benutzen werden, um auf diese Weise ihre alte Liebe zu der alten Alma Mater und alten Studiengenossen aufzufrischen.
- Der Hut Napoleon's, den dieser auf dem Feldzuge nach Rußland getragen, ist in Paris für 175 Francs mit den Documenten, die seine Aechtheit darthun, versteigert worden.
- Im vergangenen Jahre sind im Canton Graubünden 900 Gemsen, 3 Bären und 8 Adler geschossen worden. In Folge der neuen Jagdgesetze hat sich dort der Gemsenstand bedeutend vermehrt und man hofft, ihn allein in Graubünden auf etwa 10,000 zu bringen.
- Die Aachener Zeitung bringt die Mittheilung, daß seit 21 Jahren kein so früher Abzug der Schwalben bemerkt worden sei, wie jetzt. Bereits seit dem 3. August flogen keine Thurmschwalben mehr.
- Ein Aufruf an Deutschlands Frauen und Jungfrauen hat so viel Beachtung gefunden, daß eine Masse Proben von Haaren, sowohl in Längen als in schönen Farben, zum Friseur=Congreß nach Frankfurt a. M. eingesandt sind. Bis jetzt sind schon 40 Proben von 53 bis 150 Ctm. Länge, darunter 30 Proben, die länger als 100 Ctm. sind, eingesandt.
- Sultan, der Bismarck'sche Reichshund, dem nachgesagt wird, daß er sich schon einmal in höchst undiplomatischer Weise an dem Fürsten Gortschakoff vergriffen, hat sich kurzlich wieder eine nicht minder unverzeihliche Ungezogenheit zu Schulden kommen lassen. In Kissingen erzählt man sich die Sache also: Als Sultan sein "täglich Fleisch" verzehrte, blieb ihm ein Knochen im Hals stecken, der ihm große Pein zu verursachen schien. Die Fürstin klopfte, um das Herausbringen des Knochens zu erleichtern, den großen Hund auf den Hals. Aber er verstand die wohlmeinende Bewegung schlecht, stürzte auf die Fürstin, packte sie an der Brust und warf sie zu Boden. Der Reichskanzler selbst mußte seine Gemahlin befreien. Derselbe soll bereits ernstlich in Erwägung ziehen, ob er sich, wenn auch schweren Herzens, von dem etwas gewaltthätigen Reichshunde nicht ganz und gar trennen müsse.
- Der bekannte Thierhändler Hagenbeck aus Hamburg giebt im Zoologischen Garten zu Dresden Gastvorstellungen mit einer Karawane, bestehend aus 15 Nubiern und allerlei Gethier. Der obere Theil der dunkelbraunen Nubier und Nubierinnen ist nicht bekleidet und glänzt wie eine Speckschwarte. Die Haarfrisur ist bei allen gleich und sieht aus, als ob man ungefähr 30 Ctmr. langes, schwarzes zusammengedrehtes Roßhaar aufgekämmt und um ihre schönen Häupter gehängt hätte. In diesem Haarbusch steckt eine lange hölzerne Nadel, welche wahrscheinlich dem Zweck, wem's juckt, der kratze sich," dient. Ihr Gefolge besteht aus 5 Kameelen, 2 Elephanten, 2 Giraffen, mehreren Ziegen, Schafen, Hunden und Affen. Sie führen ihre heimischen Tänze auf und erinnern lebhaft an die Sprünge eines wild gemachten Ziegenbocks, die Musik dazu wird auf einer Art Lyra, welche 3 Saiten hat, gemacht und klingt, als ob man auf eine alte Gießkanne schlägt. Ihr Gesang ist so melodisch, daß selbst der eine Elephant öfters in ein Klaggeschrei ausbricht. Auch Scheingefechte führen sie auf, wobei sie mit Schwertern fechten, welche aussehen, als ob sie von unseren früheren Raubrittern geborgt wären, und Lanzen, die den früheren Spießen der Nachtwächter ähnlich sehen. Dennoch sind sie eitel; denn sie tragen eine Art Armband um den rechten Ellenbogen.
- Wie aus Luzern geschrieben wird, hätte ein Blitzschlag am Mittwoch in das neu eröffnete (erst seit der Existenz der zweiten, der Arther Rigibahn erbaute) Hotel Rigi First, 15 Minuten von Rigi=Kaltbad gelegen, eingeschlagen und das prächtige Hotel, das in 120 Zimmern für 250 Personen Platz hat, in einen Trümmerhaufen verwandelt. An Löschen war bei der Wasserknappheit, die dort dreitausend Fuß über dem Vierwaldstädter See herrscht, nicht zu denken. Personen sind nicht umgekommen.
- Berlin ist plötzlich um einen Millionär reicher geworden. Vor etwa 35 Jahren ging ein echtes Berliner Kind vom Elternhause fort und suchte mit dem Ränzel auf dem Rücken sein Glück in der Ferne. Niemals hörten Eltern und Geschwister wieder etwas von ihm. Vor etwa zwei Jahren trat plötzlich in die Arbeitstube eines hiesigen armen Barbiers im Osten unserer Stadt, Namens Zimmermann, ein feingekleideter Ausländer und wünschte Herrn Zimmermann zu sprechen. Nach längerem Hin= und Herreden gab sich der Fremde endlich als den seit 35 Jahren verschollenen Bruder des Barbiers aus. Z. wollte seinen Augen und Ohren nicht trauen, doch die Bestimmtheit mit der der Fremde auftrat und die Erinnerungen aus der Jugendzeit bewiesen ihm, daß der Fremde wahr spreche. Bald darauf verließ der Fremde Berlin wieder und ging nach seiner zweiten Heimath Californien zurück, wo er als einer der ersten Goldgräber sich ein kolossales Vermögen erworben hatte. Vor seiner Abreise ließ er dem Bruder als Angebinde ein kleines Vermögen zurück. - Vor mehreren Monaten traf die Nachricht von der Erkrankung des Californiers ein und die Bitte, daß unser Barbier sofort nach dort kommen möge, die Unkosten der Reise waren in einer Anweisung auf 4000 Dollars gleich beigefügt. Z. reiste ad, fand seinen Bruder noch lebend vor, doch starb derselbe wenige Tage nach seiner Ankunft. Der Verstorbene hatte ihm sein ganzes, mehrere Millionen Dollars betragendes Vermögen exclusive etwa 600,000 Dollars hinterlassen, die er einem andern Bruder vermachte. Die Leiche des Verstorbenen hatte sich Z. aber verpflichten müssen, nach hier überzuführen und nahe der Ruhestätte seiner Eltern setzen zu lassen. Dies ist geschehen, die Leiche trifft dieser Tage dort ein und wird auf dem Tomaskirchhof ihre letzte Ruhestätte finden.


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