No. 30
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. April
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 1]

Zur Situation.

[] Ob die Krisis der auswärtigen Politik bereits ihren Höhepunkt überschritten, ob die für den Augenblick eingetretene friedliche Stimmung eine dauernde sein werde, läßt sich noch nicht sagen; immerhin ist es beachtenswerth, daß nachdem kein anderer Ausgang als der kriegerische mehr erwartet werden konnte, sich dennoch die Friedensströmung wieder Bahn brach.
So erfreulich dieser Umstand an und für sich sein mag, so wenig Ursache hat man, ihn für einen andauernden zu halten. Die letzten zwei Jahre waren an Ueberraschungen auf dem Gebiete der höheren Politik so reich, daß man den Glauben an eine folgerichtige Entwickelung der Dinge aufgegeben hat und die unsichere Rechnung mit dem blinden Ungefähr den unvoraussichtlichen Zufall machen muß.
Ohne Zweifel hat zu der jetzt vorherrschenden Friedensströmung die Haltung Deutschlands am meisten beigetragen. Der Artikel der "Nordd. Allg. Ztg." trug ganz unverkennbar den Stempel der Inspiration und hat sowohl in Petersburg wie in Wien und London die Wirkung des erprobten "kalten Wasserstrahls" ausgeübt; Deutschland hat durch denselben seine völlige Unparteilichkeit ebenso wie seine Rechts= und Friedensliebe dokumentirt; es hat aber auch zugleich die Existenz und Berechtigung eines allgemeinen europäischen Interesses an der Regelung der Orientfrage und dadurch gewissermaßen alle Mächte mit moralischer Notwendigkeit auf den Kongreß als einziges Auskunftsmittel hingewiesen.
Bei der militärischen Machtstellung Deutschlands konnten seine Zaunpfahlwinke nicht ohne Beachtung bleiben. Wenn man den ganz allgemeinen Stimmungsbildern, wie sie uns der Telegraph übermittelt, Glauben schenken darf, so ist das Einlenken in das friedliche Fahrwasser von Petersburg aus veranstaltet worden. Ein Telegramm von daher, datirt vom 7. d., sagt sogar, daß die "St. Petersb. Zeitung" eine Verwarnung erhalten hat wegen eines zum Kriege aufreizenden Artikels. Das ist gewiß bedeutungsvoll, wenn man die ohne Verwarnung durchgelassene Sprache der russischen Blätter während der letzten sechs Wochen zu verfolgen Gelegenheit hatte.
Die "Agence Russe" (eine Zeitungskorrespondenz, deren sich der russische Kriegsminister bedienen soll) sagt unter dem Datum vom 8. ds., daß die letzten Nachrichten "die Wiederaufnahme des Konferenzprojekts als möglich annehmen." Zugleich sagt diese Quelle, die kaiserliche Regierung habe die unbeschränkte Freiheit der "Appreciation" (dringende Bitte) und Aktion für jede Macht auf dem Kongresse anerkannt.
Auch in Wien zeigen sich die mäßigenden Wirkungen des vermittelnden Auftretens Deutschlands. Die ministerielle "Montagsrevue" sagt u. A.: Wenn eine Macht von solcher militärischen und politischen Bedeutung (wie Deutschland nämlich) eine mäßigende und berichtigende Aufgabe ergreife, so müsse dies als die erste, vielleicht entscheidende Friedensbürgschaft angesehen werden. Wie heute die Dinge liegen, sei eine friedliche Lösung der Orientfrage untrennbar von dem Zustandekommen eines Kongresses.
In England ist außer der Königin auch nur ein geringer Bruchteil des Volkes kriegerisch gestimmt. Die Politik des Lord Beasconfield hat auch nur So lange Zustimmung durch massenhaft besuchte Volksversammlungen gefunden, als er es beim Drohen bewenden ließ. Die oberen Gesellschaftsklassen waren auch damit unzufrieden, wie die im März vorigen Jahres unter Gladstones Leitung in London stattgehabte Friedenskonferenz bewies; jetzt aber, wo Ernst gemacht und die Reserven einberufen werden sollen, ist das Kriegsstrohfeuer fast gänzlich erloschen. Es kursirt schon wieder eine von Mitgliedern der hohen Aristokratie vorbereitete Adresse in den politischen und literarischen Kreisen des Landes, in welchen das Bedauern über die Einberufung der Reserven ausgesprochen und an die Königin die Bitte gerichtet wird, all ihren Einfluß aufzubieten, damit der Kongreß zu Stande komme.
Als letzte, eigentlich erste, an dem Ausgange der Krisis direkt betheiligte, wenn auch politisch einflußlos gewordene Macht bleibt noch die Türkei - gegenwärtig ein Spielzeug für England und Rußland. Konstantinopel wird von russischen und englischen Kanonen gleichzeitig bedroht; England wird von der Pfortenregierung als der verrätherische Freund betrachtet, dem eine exemplarische Züchtigung zu Theil werden müsse. Außerdem ist auch vielleicht türkischerseits die Furcht nicht ganz ohne Grund, daß geradeso wie Rußland mit vollendeten Thatsachen vor den Kongreß treten möchte, sich dieser Wunsch auch in England regt und daß daher Konstantinopel mehr von einem Handstreich der Engländer als einen solchen von Seiten der Russen zu leiden hat. Die letzteren werden sich wohl hüten, ihre Stellung auf dem Kongreß noch mehr zu verschlechtern, was unbedingt der Fall wäre, wenn sie die türkische Hauptstadt besetzen. So gravitirt die Türkei, so sonderbar dies auch erscheinen mag, nach der Seite ihres Besiegers hin und würde sich vielleicht zu ihrem Schutze mit demselben ganz offen verbinden, wenn nicht der unter englischem Einfluß stehende Vizekönig von Aegypten erklärt hätte, sich für diesen Fall von seinem Abhängigkeitsverhältniß von der Pforte loszusagen.
So gestaltet sich die augenblickliche politische Lage; - wie sie in acht Tagen sein wird, läßt sich bei dem schnell wechselnden politischen Aprilwetter nicht absehen.


Politische Rundschau.

Die neuen Minister Eulenburg, Maybach und Hobrecht sind vorige Woche in einer Sitzung des Staatsministeriums vom Ministerpräsidenten Fürsten Bismarck in ihre Aemter eingeführt worden.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Feingehaltes von Gold= und Silberwaaren ist am Donnerstag in der betreffenden Reichstags=Commission so gut wie abgelehnt worden.
Am Montag ist die Nachricht eingetroffen, daß eins der Schiffe, die sich gegenwärtig auf der Expedition nach Nicaragua befinden, nur mit Mühe und Noth einem schrecklichen Untergange entgangen ist. Auf der Corvette "Leipzig" ist nämlich auf

[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 2]

offener See und zwar in unmittelbarer Nähe der Pulverkammer Feuer ausgebrochen. Zum Glück ist es der energischen und umsichtigen Führung des Kapitäns Paschen und den Anstrengungen der Mannschaft, welche dabei die größte Kaltblütigkeit und Todesverachtung bekundeten, gelungen, des Feuers Herr zu werden, bevor es allzu großen Schaden angerichtet hatte.
Wie dem "Berl. Tgbl." aus Sachsen mitgetheilt wird, werden die sächsischen Truppen nunmehr zum Gehorsam gegen den Kaiser verpflichtet; bisher hieß es bekanntlich immer noch gegen den Bundesfeldherrn.
Das nach dem Mittelmeer bestimmte Uebungsgeschwader besteht aus den Panzerfregatten "König Wilhelm", "Preußen" und "Großer Kurfürst" und Aviso "Falke." Geschwaderchef ist Contreadmiral Batsch. Das Geschwader wird zu Anfang Mai in Wilhelmshaven zusammentreten und seine Uebungen wie im vorigen Jahre bis nach dem Mittelmeere, wo es Ende Mai eintreffen dürfte, ausdehnen. Bei dieser Gelegenheit wird wohl auch die Ablösung der gegenwärtig dort stationirten deutschen Schiffe erfolgen.
Italien. Der bekannte Jesuitengeneral Pater Becks ist in Rom lebensgefährlich erkrankt. - Ebendaselbst ist der Cardinal Bernardi, der anläßlich des jüngsten Conclave einige Aussicht auf den päpstlichen Stuhl hatte, gestorben.
Schweiz. Die Befürchtung, daß weitere Bohrungen zum Tunnelbau der Gotthardbahn durch einen See, auf den man zu stoßen glaubt, unmöglich werden würden, sind glücklicherweise völlig grundlos, wie uns das folgende Telegramm der Gotthardbahn=Direktion belehrt: "Ueberworfene Felsparthie in Airolo (großes Pfarrdorf im schweiz. Canton Tessin), worin der Stollen seit fünf Monaten sich befand und die zuletzt in einer Kluft endete, schon seit acht Tagen überwunden. Stollen wieder in festem , regelmäßig geschichteten trockenen Gneis. Befürchtungen wegen eines Sees existirten nie."
Es gab eine Zeit, da glaubte Jedermann an das Testament Peter des Großen. Seitdem hat Rußland dafür gesorgt, daß Viele über dieses Testament als eine Erfindung lächeln. Und doch war der Verfasser jenes Testaments ein kluger Mann und ein guter Nationalrusse. Man sehe sich doch die angebliche Erfindung heut einmal wieder an. Wie vieles ist erreicht worden, was Peter damals als russische Politik hinstellte! - Rußland, steht im Testament, muß immer kriegsfertig sein und nur Frieden halten, um Finanzen und Armee herzustellen. - So geschehen. - Rußland muß sich die besten Militär= und Civilkräfte aus dem gebildeten Europa verschaffen. So geschehen. - Polen muß getheilt werden; den mißvergnügten Nachbarn giebt man eine Zeitlang einen Fetzen, der später wieder eingebracht wird. Theilweise geschehen, der Rest vorbehalten. - Von Schweden soviel nehmen als möglich, Schweden und Dänemark uneins machen. Geschehen. - Den Engländern brav Holz verkaufen und dafür ihr Gold nehmen. Geschehen. - Immer nach der Ostsee und dem Mittelmeer streben. Geschehen, soeben handgreiflich. - Nach Constantinopel und Ostindien vorrücken. Wer in Constantinopel herrscht, ist der wahre Herr der Welt. Daher immer Krieg anfachen, bald mit der Türkei, bald mit Persien. Werften und Stapelplätze am Schwarzen Meere errichten, in den Persischen Golf vorrücken, den alten östlichen Handel durch Syrien zurückführen, in Indien einziehen, zur Schatzkammer der Welt. Sind wir einmal da, so brauchen wir Gold nicht mehr. - Ist oder soll geschehen. - Oesterreich mit Preußen verhetzen, sodaß beide Hülfe bei Rußland suchen. Geschehen. - Der 11te Artikel gilt Oesterreich. "Wir müssen das Haus Oesterreich bei der Vertreibung der Türken aus Europa interessiren und seine Eifersucht lähmen, indem wir die alten Staaten Europas zu einem Kriege gegen Oesterreich hetzen, wenn Constantinopel erobert ist, oder indem man Oesterreich einen Theil der Eroberung überläßt um ihn ihm später wieder abzunehmen." So soll's geschehen eben jetzt und so warnt die A. A. Z.
Rumänien war der treueste Bundesgenosse Rußlands, es hat ungeheure Opfer gebracht und den Russen zu Plewna verholfen. Zum Dank soll es Bessarabien abtreten und die Dobrudscha in Tausch nehmen. Als der rumänische Gesandte protestirte, antwortete ihm Gortschakoff: Gehorcht oder wir besetzen euer Land und entwaffnen eure Armeen! - Fürst Carl von Rumänien gab seinen Gesandten folgende Erklärung: Sagen Sie dem Fürsten Gorschakoff, daß die rumänische Armee zermalmt werden kann; so lange ich aber am Leben hin, wird sie nicht entwaffnet werden!
Amerika. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihren Kriegsschiffen befohlen, diejenigen Handelsfahrzeuge, welche Sklavenhandel treiben, mit Beschlag zu belegen.


Anzeigen.

Holz=Auction.

Dienstag den 16. d. M. sollen im Cordshäger Holze, Vitenser Forste, meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

Eichen Bau= und Nutzholz=Drümme,
eichen Klafterholz,
eichen Zweigholz,
buchen Klafterholz,
buchen Durchforstungsholz,
buchen Zweigholz,
ellern Schleete für Pantoffelmacher.
Die Auction beginnt Morgens 10 Uhr und wollen Käufer sich im Cordshäger Holze im Hau einfinden.
Vitense, den 9. April 1878.

L. Wiegandt.     


Real= und Bürgerknabenschule zu Schönberg.

Das neue Schuljahr beginnt am Dienstag, den 30. April.
Die Aufnahme neuer Schüler findet am Montag, den 29. April von 9 Uhr ab im Schulgebäude statt. Jeder neu eintretende Schüler hat einen Impfschein und die nicht in hiesiger Gemeinde geborenen auch einen Geburtsschein mitzubringen.
Schönberg, 11. April 1878.

Direktor Dr. Schildt.     


Bekanntmachung.

Der diesjährige Frühjahrs=Beitrag der Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner ist in der Zeit vom 15. bis 31. Mai d. J. mit Vier Zehntel des einfachen Ansatzes (4/10 Simplum) auf dem hiesigen Bureau zu entrichten.
Lübeck, den 8. April 1878.

Die Direction des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner.
Namens derselben:
Bruhn, Secretair.


Großherzogl. Hoftheater in Schwerin.

Die wegen Krankheit mehrerer Opern=Mitglieder am 31. März c. unterbliebene Extra=Aufführung der

"Walküre"

findet nunmehr am

Freitag, den 12. April

statt. Die gelösten Theater= und Eisenbahn=Billets behalten für den 12. April Gültigkeit, wie die früher veröffentlichten Bedingungen gleichfalls maßgebend sind.

Anfang der Vorstellung präcise 5 Uhr.
Ende halb 10 Uhr.

Die Ablassung des Extrazuges für die Rückfahrt von Schwerin erfolgt Abends halb 11 Uhr.
Schwerin, den 8. April 1878.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 3]

Neuer erster diesjähriger
Caviar,

grobkörnig und reinschmeckend, pr. Pfd. 2 Mk. 50 Pfg., in Gebinden von 2, 3, 5, 10 bis 90 Pfund, bei Abnahme von 10 Pfund an 10 pCt. Rabatt.

Feinste
Delicateß=Kräuter=Heringe

marinirt in einer von mir neu erfundenen, pikanten, angenehm schmeckenden Sauce; allen Haus= und Gastwirthschaften, Restaurationen, Delicatessenhandlungen, besonders aber allen Feinschmeckern, da dieselben den Magen erfrischen und den Appetit ungemein anregen, sehr zu empfehlen; pr. Faß, 80 bis 100 Stück enthaltend, circa 9 Pfd. schwer, nur 5 Mark.

Neue Isländische
Fisch=Roulade,

marinirt in den feinsten Gewürzen, höchst delicat, pikant und Appetit erweckend, pr. Faß von 40 Portionen, 9 Pfund schwer nur 4 Mk. 50 Pf. und namentlich den Herrn Wirthen zu empfehlen.

Amerik. Conserven,

Hummerfleisch, frisch eingelegt, nur Scheeren und Schwänze, per Dose von 4 Portionen 1 Mk. 20 Pf., Lachs, frisch eingelegt, per 4=Portionen=Dose 1 Mk 20 Pf.
Ananas ganze Frucht, per Dose von 3 Pfd., englisch, 3 Mk. 50 Pf., Ananas, geschält, Phirsiche, ohne Steine und Erdbeeren, per Dose von 2 Pfund englisch, nur 1 Mk. 50 Pf. - versendet zoll= und portofrei unter Nachnahme oder Einsendung des Betrages

J. G. H. Breitrück,
Hamburg.

NB. Agenten werden gesucht.


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bgedruckten zahlreichen Original=Atteste, laut welchen selbst solche Kranke noch Heilung fanden, für die Hilfe nicht mehr möglich schien. Es darf daher jeder Kranke sich dieser bewährten Methode um so mehr vertrauensvoll zuwenden, als die Leitung der Kur auf Wunsch durch dafür angestellte praktische Aerzte gratis erfolgt. Näheres darüber findet man in dem vorzüglichen, 544 Seiten starken Werke: Dr. Airy's Naturheilmethode, 100. Aufl., Jubel=Ausgabe, Preis 1 Mark, Leipzig, Richter's Verlags=Anstalt, welche das Buch auf Wunsch gegen Einsendung von Briefmarken à 10 Pf. direct franco versendet.

 

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Fürsten von Bismarck.

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Frankfurt a/O., im April 1878.

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[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 4]

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Stand am 1. Januar 1878.

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Morgen
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Bock=Bier vom Faß.     


Vom Mittwoch den 10. April an fahre ich während der nächsten 3 Wochen mit meinem Omnibus wöchentlich nur dreimal, und zwar am Sonntag, Dienstag und Mittwoch, von Carlow nach Schönberg.

Oldenburg, Carlow.     


Kirchliche Nachrichten.

Freitag, 12. April.
Passionspredigt: Pastor Kämpffer.

Sonntag, 14. April.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags: Prüfung der Confirmanden: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen18 M -Pfennig  bis 22 M -Pfennig.
Roggen13 M 50Pfennig  bis 14 M 50Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Tauben d. St. M0,45 .
Hühner d. St. M1,30 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,10 .
Eier 7 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 30 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 12. April 1878.


- In Paris wirft die Weltausstellung ihren Schatten bereits in den hohen Preisen fast aller Lebensmittel voraus. Hammelskeulen sind über Nacht um 40 Cent gestiegen, Lendenbraten von 1 Fr. 75 Cent pr. Pfund auf 2 Fr. 25 Cent. Seit dem 15. des vorigen Monats haben die Inhaber der Hotels garnis ihren Miethern bereits Kunde von einer am 1. d. eintretenden Steigerung der Zimmerpreise gegeben. Nun soll gar für den 1. Mai eine neue Steigerung in Aussicht genommen sein.
- Dieser Tage ist in Dresden in dem hohen Alter von neunundachtzig Jahren Graf Wolf Boudissin gestorben. Graf Boudissin hat mit Schlegel und Tieck gemeinsam die Uebersetzung Shakespearescher Dramen besorgt und auch sonst hat er im Laufe seines langen Lebens sowohl als Schriftsteller als Uebersetzer eine umfassende Thätigkeit entwickelt. Sein Werk war es beispielsweise, daß der französische Dichter François Coppée in Deutschland so überaus bekannt geworden ist. Er war es, der (Le passant) "Vorüber" den "Geigenmacher von Cremona" und andere seiner Werke ins Deutsche übertrug. - Seit den Tagen Tieck's lebte Graf Boudissin ununterbrochen in Dresden.
- In Irland ist der 72jährige Graf v. Leitrim, der Eigenthümer von mehr als 95,000 Acker Land, in schauerlicher Weise ermordet worden und gleichzeitig mit ihm sein Schreiber und Kutscher. Die Brust des Grafen war von einer Kugel durchbohrt. Sein Kopf zerschmettert, der linke Arm gebrochen, der rechte völlig zerschlagen, der Leichnam lag in einem Sumpfe. Der Ermordete hatte kürzlich eine Wittwe aus ihrem Hause treiben lassen, weil sie das Pachtgeld nicht zahlen konnte; in der Nähe dieses Hauses hat der Mord stattgefunden.
- Temperenzler d. h. Enthaltsamkeitsleute nennen sich die frommen Leute in Nordamerika, welche den Genuß von geistigen Getränken, z. B. von Bier und Wein, als die größte Sünde ansehen und verfolgen. Diese Enthaltsamkeit ist Heuchelei und trägt die schlimmsten Früchte. Was in engeren Kreisen längst bekannt war, daß nämlich Opiate als Nervenreizmittel statt der Spirituosen in Amerika massenhaft von beiden Geschlechtern verbraucht werden und daß die bekehrten Schnapstrinker, welche dem Alkoholteufel abgeschworen haben, dem Genusse von Opium in maßloser Weise fröhnen, diese Thatsache ist neuerdings durch Aussagen von Apothekern und Droguenhändlern zur allgemeinen Kenntniß gekommen. Die Zahl der "Damen und Herren aus der Gesellschaft," welche sich in Opium zu berauschen pflegen, ist Legion und sehr viele dieser Verehrer von Morphium und Laudanum sind Jünger des Enthaltsamkeits=Predigers Murphy und verdammen Jeden, der sich an einem Glas Bier oder Wein labt. In der eleganten Welt spielen auch andere Nervenreizmittel eine große Rolle; es giebt wenige modische Lady's (Damen), die nicht durch Cognac, der in jedem Damenzimmer sein geheimes Plätzchen hat, sich aufzuregen und "interessant" zu machen suchten, ehe sie die Promenade betreten.
- General Sutter, der bekannte Schweizer, welcher s. Z. die Goldlager Californiens entdeckte, lebt gegenwärtig als armer, hülfloser Greis in Pennsylvanien. Dem Mann hatte das Glück Millionen in den Schooß geschüttet und er verschwendete alles. Heute geht er die amerikanische Regierung um eine Unterstützung an und sie zögert, ihm ein Almosen zu reichen.
- Ein unterseeischer Vulkan. Vom Bord des Flaggenschiffes Omaha von der Küste von Patagonien wird vom 18. Januar geschrieben: Diesen Morgen im Kanal zwischen der Wellington=Insel und dem Festlande um etwa 4 1/2 Uhr wurde in östlicher Richtung eine ungeheure Rauchsäule gesehen, die sich mit großer Geschwindigkeit mehrere tausend Fuß emporhob. Um 9 Uhr 20 Minuten wiederholte sich die Erscheinung und um 11 1/2 Uhr, da wir gegenüber der Libertad=Bai 48° 55' 30, südlicher Breite waren, wurde durch eine hohe Lücke in dem hohen Uferlande des Kanals östlich und ein wenig nach Norden und in etwa 30 bis 40 Meilen (engl.) Entfernung ein theilweise mit Schnee bedeckter Gipfel deutlich gesehen, welcher Rauch ausstieß.
- Zu einem Dorfwirthe bei Zürich kommt am letzten Sonntag ein altes, kränkliches und verkommenes Männlein und bettelt um ein warmes Süpplein und ein Nachtlager auf der Streu im Stall. Er ißt sein Süpplein unter viel Loben und Danken und Klagen, daß er seit lange nichts Warmes genossen und trollt sich dann zu den Oechslein auf die Streu. Als man ihn Morgens im Stalle sucht, hat ihn der Schlag getroffen, er kann nicht mehr sprechen, deutet aber ängstlich nach oben auf die Krippe. Man findet in der Grippe in Lumpen eingewickelt Gold und Silber, baare 417 Francs. Er wimmert aber weiter und deutet immer ängstlicher nach der Krippe- und was findet man? - Zwei Sparkassenbücher mit Guthaben von 104 und 11,500 Franks, beide in bester Ordnung. Man sieht wieder einmal, unser Herrgott hat wunderliche Kostgänger.
- Die Trichinen sind keine deutsche, nicht einmal eine europäische Erfindung und sind auch über dem Wasser zu Haus. Das mußte ein Kaufmann in Heilbronn erfahren, der mit amerikanischem Schinken und Speckseiten handelte, ohne sie zur Untersuchung anzumelden. Man nahm ihm 1250 Stück Schinken und 300 Speckseiten weg, nachdem sich einige im Handverkauf ausgegebene als trichinös gezeigt hatten. Die amtliche Untersuchung ergab, daß von den meist zu leicht geräucherten Schinken viele sehr stark mit Trichinen besetzt waren.
- In Namslau ist der Fleischermeister Poguntke an der Tollwuth gestorben, der drei Jahre vorher von einem Hunde gebissen worden war.
- In Lübeck ist zum Direktor des dortigen Stadttheaters Herr Ludwig Ulrich gewählt worden, der von 1868 bis 1875 Direktor des Stadttheaters in Augsburg und seitdem Direktor des Stadttheaters in Aachen war. Schon sein Vater war in den dreißiger Jahren Direktor des Stadttheaters in der freien Stadt Lübeck.
- Einer Frau Schleifer in Währing bei Wien war vor einundzwanzig Jahren, an ihrem "Ehrentage", der Hochzeitsschmuck gestohlen worden und konnte trotz der Bemühungen der Polizei nicht mehr zu Stande gebracht werden. Nun erhielt die genannte Frau dieser Tage den Besuch eines geistlichen Herrn, der ihr einen versiegelten Brief übergab. Als die Frau denselben öffnete, fielen zu ihren Füßen zwei Banknoten à 1000 fl. nieder. Der Brief selbst lautete: Gnädige Frau! 21 Jahre sind verstrichen, seitdem Sie Ihren Hochzeitsschmuck vermissen. Es dauert mich, daß ich diesen nicht in der Wirklichkeit Ihnen zurückstellen kann, da er im K. K. Versatzamte veräußert wurde. Ich habe auf diesen den Betrag von 300 fl. C.=M. als Darlehn im K. K. Versatzamte erhalten. Mit diesem Gelde habe ich mir meine Existenz gegründet, bin jetzt ein vermögender und angesehener Bürger der Stadt Wien. Verzeihen Sie u. s. w. Der geistlicher Herr, über die Person befragt, gab zur Antwort: "Es ist Beichtgeheimniß, das ich bewahren muß und bewahren werde." Das Geld kam zwar etwas spät aber durchaus nicht ungelegen.
- In Oesterreich sind viele und sehr günstige Versuche mit dem Anbau der Sojabohne gemacht worden. Ein Büchlein von Prof. Haberland giebt Aufschluß über die Pflanze, welcher eine große Zukunft in Mitteleuropa, insbesondere in Oesterreich=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 30 Seite 6]

Ungarn zugesprochen wird. Der hohe Nährwerth, insbesondere der Samen, welcher den aller übrigen Samen und Früchte, die erbaut werden, weit übertrifft, - ihr Wohlgeschmack, die erstaunliche nie versagende Fruchtbarkeit, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber geringen Frostgraden, gegenüber großer und anhaltender Trockenheit, ihre völlige Unempfindlichkeit gegen Schmarotzerpilze und endlich ihr außerordentliches Anpassungsvermögen an die Boden= und klimatischen Verhältnisse berechtigen zu diesem Urtheil.
- In Paris wird jetzt laut "Arbeitgeber" ein kleiner Motor zum Preise von Fr. 150 für einen Mann und Fr. 200 für zwei Männer gebaut, Barometer genannt. Derselbe besteht aus einem Tretwerk, welches nach Art eines Drehbanktrittes bewegt wird, aber so, daß das Gewicht des Körpers mit dabei zur Geltung kommt. Der Arbeiter bewegt sich wie beim Gehen einen Schritt vorwärts und dann einen rückwärts. Ein Hebel, der mit den Händen bewegt wird, dient dazu, den todten Punkt zu überwinden und den Apparat schneller oder langsamer gehen zu lassen. Ein Mann kann damit 1/4 Pferdekraft erzielen, zwei Männer 1/2 Pferdekraft. Der Gewinn an Kraft soll Fr. 7 1/2 täglich ausmachen. Abgesehen davon aber bildet der Apparat eine sehr erwünschte Hülfe da, wo man so kleine Kräfte überhaupt anwenden kann.
- In dem Dorfe Jamund wird eine eigenthümliche Art Bier gebraut, welches den Nichtkenner schon nach mäßigem Genüsse in eine animirte Stimmung versetzt. In dem deutsch=französischen Kriege kam ein aus Jamund eingezogener Reservist in eine französische Stadt, wo viel Bordeauxwein getrunken wird; er forderte aber nicht von diesem schönen Rebensafte, sondern bestand hartnäckig auf der Forderung einer Flasche "Jamunder Bier." Als ihm der Wirth bemerklich machte, daß er dieses Getränk nicht führe, wiederholte der Soldat mit Entschiedenheit sein Verlangen und drohte, von seiner Waffe Gebrauch zu machen. Erst auf vieles Einreden seiner Kameraden gelang es, den biedern Jamunder zu beschwichtigen und erklärte dieser nun noch in voller Erregung, daß er die seinen Großeltern zugefügte Unbill den Franzosen nie vergessen könne; denn sein Großvater habe ihm als Kind oft erzählt, daß, als die Franzosen vor dem Befreiungskriege durch Jamund gekommen, sie dort sehr gewüthet und nichts anderes als Bordeauxwein verlangt, und als der Großvater diesem Verlangen nicht habe entsprechen können, sie diesen geschlagen hätten, weshalb er jetzt auch dasselbe in Frankreich zu thun, sich vorgenommen hatte.
- Einem Wirthschafts=Inspektor in Sorau in Schlesien, der ein unter Administration befindliches Gut zu verwalten hat, widerfuhr das Pech, daß eine Sau, nachdem sie ihren Wurf Ferkel gefressen, auch noch crepirte. Pflichtgetreu erstattete er über den Vorfall der Ober=Vormundschafts=Behörde Bericht, daß die im Inventariums=Verzeichnisse unter 311 angeführte Sau neun Ferkel geworfen, dieselben jedoch sämmtlich gefressen habe und schließlich crepirt sei. Der obervormundschaftlichen Behörde, die für die Landwirthschaft wenig Verständniß hat, erscheint der Bericht viel zu unvollständig; sie ertheilt also zunächst dem Wirthschafts=Inspektor ein Monitum und fordert ihn auf, umgehend den Bericht zu vervollständigen und namentlich anzugeben: 1) warum die Sau gestorben sei, 2) warum sie ihre Ferkel gefressen habe. Dies geht dem vielbeschäftigten und vielgequälten Inspektor denn doch, wie man zu sagen pflegt, über die Hutschnur, und voll Desperation setzte er sich hin und antwortet: Ad 1. Warum die Sau gestorben ist, kann ich mit Gewißheit nicht angeben, da selbige bei Lebzeiten nie etwas über ihren Gesundheitszustand hat verlauten lassen; ad 2. der Grund aber, warum sie ihre Ferkel gefressen hat, ist mir sehr einleuchtend- wahrscheinlich deshalb, weil sie ihren herannahenden Tod gefühlt und sie nicht wünschte, daß ihre Ferkel unter Obervormundschaft kommen sollten.
- Amerikanische Zuchthausstrafen. Man hat in letzterer Zeit die Wahrnehmung gemacht, daß unter den Verbrechern des Staatszuchthauses von Ohio Wahnsinn und Auszehrung in einer merkwürdigen Weise zunehmen. Es wurde deshalb eine Untersuchung eingeleitet, welche eine Reihe gräulicher Mißstände in der Verwaltung bloßgelegt hat. Das "Volksblatt" in Cincinnati berichtet darüber: "Es ist von den Beamten des Staatszuchthauses nicht in Abrede gestellt worden, daß folgende Martermethoden in der Anstalt gang und gäbe sind: 1) Aushungerung: I. durch Entziehung des Abendessens, eine sehr harte Strafmethode für Leute, die ohnehin schlecht genährt werden und dabei hart arbeiten müssen; II. wird ein Sträfling zur Dunkelzelle verurtheilt, so bekommt er blos zweimal ein kleines Stück Maisbrod, dreiviertel Zoll dick und von der Breite eines Bisquits, und sonst nichts als Wasser, auch wenn diese Strafe Tagelang fortdauern sollte. Doch verlangt man von ihm nach überstandener Strafe dasselbe Arbeitsmaß. 2) Der Knebel: eine Art Gebiß, das aus Draht gemacht und mit Tuch überzogen, dem Gefangenen wie einem Pferde zwischen die Kinnladen in den Mund gethan wird. Dasselbe wird hinten angezogen und festgebunden, sodaß die Unglücklichen nicht schreien oder wenigstens nicht laut schreien können. 3) Der Schwitzkasten: eine Kiste so groß wie ein Sarg, in welche der Gefangene eingeschlossen wird. Er hat keinen Raum, sich zu bewegen, sondern muß, mit den Armen an den Seiten festgebannt, aufrecht stehen. In dem Deckbrett sind einige Luftlöcher angebracht, gerade hinreichend, um ihn vor dem Ersticken zu bewahren. In kurzer Zeit ist er in Schweiß gebadet, während alle seine Glieder zittern und Seine Zunge heiß und trocken wird. Aus diesem Kasten werden die Gefangenen oft in ein eiskaltes Bad gebracht. 4) Der Bullring. Ein beinahe mannshoch in der Dunkelzelle angebrachter eiserner Ring, an welchem die Hände der "widerspänstigen" Sträflinge gefesselt werden. In dieser Stellung müssen sie dann 12 bis 16 Stunden, gewöhnlich die ganze Nacht, zubringen, ohne auch nur einmal losgelassen zu werden, auch nicht zur Befriedigung der nothwendigsten Leibesbedürfnisse. Natürlich schwellen die Arme und Hände und das Zittern der Glieder, das dadurch erzeugt wird, dauert oft noch geraume Zeit nachher fort. 5) Die Dunkelzelle, 6 Fuß lang und 2 oder 3 Fuß breit, mit steinernen Mauern und ohne andere Einrichtung als ein Eimer und ein Brett statt eines Lagers. Die eiserne Thür derselben schließt so dicht, daß sie weder Luft noch Licht einläßt. In diesem Grabe werden die Leute oft Tage lang gefangen gehalten und häufig auch, nachdem sie bereits andere Martern, wie z. B. den "Bullring," haben aushalten müssen. Wenn sie herauskommen, sehen sie aus, als ob sie von den Todten auferstanden wären. Der "Bullring" ist mitunter auch in der Dunkelzelle angebracht, um beide Methoden zu vereinigen. 6) Der Taucherkiste werden die meisten der Erkältungen und Lungenkrankheiten zugeschrieben, an denen die Sträflinge leiden, sowie auch viele der Wahnsinnsanfälle. Sie ist 6 Fuß lang und 3 Fuß weit und wird 3 Fuß hoch mit eisigem Wasser gefüllt, in welches die Unglücklichen geworfen werden. Ihre Füße werden gefesselt und die Hände auf den Rücken festgebunden. Zuerst läßt man sie sitzen und ihnen das Wasser ins Gesicht strömen, daß sie davon momentan erblinden und den Athem verlieren. Dann wirft man sie nieder und hält ihnen den Kopf unter das Wasser, bis sie beinahe erstickt sind. Diese Operation wird mehrere Male wiederholt, obwohl das Opfer in den Zwischenpausen mit halbem Athem. jammervoll und keuchend um Gnade winselt. Natürlich erbrechen sie dabei und verunreinigen sich auf sonstige Weise. Dies hindert jedoch nicht, daß man ihnen den Kopf in dasselbe schmutzige Wasser zurücksteckt. Dutzende von Gefangenen werden oft hintereinander in dasselbe Wasser geworfen und kommen mit blutendem Munde und blutenden Nasen wieder daraus hervor. Diese Strafen sind so furchtbar, daß Niemand mehr in Amerika ins Zuchthaus kommen mag.


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