No. 29
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. April
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 1]

Politische Rundschau.

Vom Reichstag. Endlich wieder regelmäßige Sitzungen und Etatsberathungen. Die 28 Millionen Mehrbedarf oder das Defizit sind durch die Commissionsanträge bis auf 6 Millionen geschwunden, sodaß wir auch dieses Jahr mit einer gnädigen Erhöhung der Matrikular=Beiträge durchkommen. Der Spielkartenstempel mit einem Ertrage von etwa 2 Millonen hat Aussicht auf Annahme. Die Stempelsteuer in den Einzelstaaten hört freilich damit auf und erwächst den betr. Staatskassen ein Verlust. Mit der Ablehnung der sonstigen Stempelsteuern und der Tabakssteuer behält es sein Bewenden. Jedenfalls wird die Frage noch vor den am 13. April beginnenden Osterferien im Plenum erledigt werden. Vollauf beschäftigt sind wohl 10 Commissionen. In Arbeit ist der Gesetzentwurf über den Nachtrag der Gewerbeordnung, über die Gewerbegerichte, über den Verkehr mit Nahrungs= und Genußmitteln, über das Auswanderungswesen, über den Feingehalt von Silber und Gold und endlich die Nachtrags=Justizgesetze, nämlich die Anwaltsordnung und die Gerichtskosten. Die Gebühren=Commission hat eine sehr mühevolle und undankbare Arbeit, da für Auswerfung der neuen Gerichtskosten gar keine Erfahrung besteht. Im Allgemeinen hat man Bauschsätze gewählt, wie sie schon in vielen Staaten bestehen, dabei aber das preußische Gesetz zum Muster genommen, und gegen die bisherige Gesetzgebung der anderen Einzelstaaten ziemlich starke Erhöhungen beliebt. Die nächste Aufgabe blieb, den Tarif möglichst herabzusetzen, was ja auch zum Theil gelingen wird. In der Hauptsache muß man das Gesetz lediglich als einen Versuch ansehen und wird deshalb die Gesetzeskraft nur auf etwa 4 - 5 Jahre gestatten, sodaß mit Ablauf dieser Zeit nach den inzwischen gemachten Erfahrungen eine Revision eintritt, und etwaige Härten ausgeglichen werden können. Auch ein Entwurf über die Gerichtsvollzieher=Gebühren und über die Zeugen= und Sachverständigen=Gebühren liegt vor. Letzterer ist in der Hauptsache eine Copie des preußischen Gesetzes.
Die Bedingungen, welche Deutschland der Regierung von Nicaragua in dem nun beigelegten Streitfalle gestellt hat, sind Folgende: 1) Bestrafung der an den beiden Attentaten gegen den deutschen Consul Eisenstuck betheiligten Personen; 2) Bestrafung der Beamten, welche die gerichtliche Verfolgung in ungesetzlicher Weise verzögert und welche bei dem zweiten Attentate dem mörderischen Ueberfall unseres Consuls sogar durch ein Detachement Soldaten Vorschub geleistet haben; 3) Zahlung von 30,000 Dollars Entschädigung und 4) als öffentliches Zeichen des Bedauerns der Regierung von Nicaragua feierliche Salutirung der deutschen Consulatsflagge durch eine Abtheilung der bewaffneten Macht.
- Zum ersten Male findet in diesem Jahre bei dem 15. Armeecorps in den Reichslanden ein großes Herbstmanöver statt, und erregt dies um so mehr die Aufmerksamkeit weiter Kreise, als damit der wirkliche Beginn der Schöpfung eines eigenen elsaß=lothringischen Armeecorps in Verbindung gebracht wird. Der Uebungsort soll jedenfalls in Unter=Elsaß und zwar in der Nähe von Straßburg liegen, da auch das Hauptquartier des Kaisers sich an letzterem Orte befinden wird.
Der Reichstag wird am 4. Mai eine Fahrt nach Kiel unternehmen, um dort dem Stapellaufe des neu erbauten Kriegsschiffes beizuwohnen. Die Taufe vollzieht der Chef der Admiralität, v. Stosch.
Trotz aller Warnungen vor der Auswanderung nach Brasilien verstehen es die Auswanderungs=Agenten, die Leichtgläubigen in großer Zahl anzulocken. Gute Geschäfte scheinen sie in letzter Zeit in Hinterpommern und Westpreußen gemacht zu haben, da vor einigen Tagen ein Auswandererzug von 350 Köpfen nach einem holländischen Hafen zur Einschiffung abgegangen ist.
Frankreich. Man ist im Hinblick auf den in Aussicht stehenden Krieg sehr mißgestimmt darüber, daß der am 1. k. Mts zu eröffnenden Weltausstellung voraussichtlich die reichen Engländer fern bleiben dürften. Auch das Ausbleiben der Russen wird befürchtet. Der General=Commissar der Ausstellung, Herr Krantz, hat ganz willkürlich die Einrichtung einer Ausstellungs=Jury so vorgenommen, daß von 650 Mitgliedern 300 auf Frankreich und 350 auf die übrigen Nationen fallen. Das hat bei den Ausstellern viel böses Blut gemacht.
Das Pariser Kriegsgericht erkannte nach zweitägiger Verhandlung einstimmig den 73jähr. Kattunzeichner Garcin der Theilnahme an der am 18. März 1871 auf dem Montmartre verübten Ermordung der Generale Lecomte und Thomas für schuldig und verurtheilte ihn zum Tode.
Schweiz. Aus Neuenburg meldet man den dort erfolgten Tod des Communemitgliedes von 1871 Charles Beslay. Seine Verdienste um die Rettung der "Bank von Frankreich" vor den Gelüsten der Aufständischen und seine makellose Vergangenheit schützten ihn nach der Bewältigung der Commune vor dem strafenden Arm der Kriegsgerichte. Die Verfolgungen gegen ihn wurden durch gerichtlichen Beschluß eingestellt, was ihn nicht hinderte, sich nach der Schweiz zu verbannen. - Eine zweite Nachricht, bei weitem wichtiger als die vorhergehende, kommt aus der Schweiz. Sie betrifft das Schicksal des St. Gotthardtunnels. Die Befürchtung wird immer dringender und es liegen fast bestimmte geologische Anzechen dafür vor, daß man jetzt nachdem viele Millionen Francs schon "verbohrt" sind, auf einen See stoßen wird, der das Weiterbohren unmöglich macht.
Aus dem Vatikan. Der päpstliche Stuhl scheint mit dem Bestreben, den "Kulturkampf" zu beenden und zwischen Staat und Kirche in Preußen einen Ausgleich herbeizuführen, ernst zu machen. Der Staatssekretär Franchi hat auf Geheiß des Papstes alle preußischen Bischöfe aufgefordert, über die in den verschiedenen Diözesen herrschenden Zustände ausführlich Bericht zu erstatten und zwar mit eingehender Darstellung der Wechselfälle, die seit 1872 eingetreten. Dabei sollen auch die Gründe angegeben werden, weshalb einzelne Bischöfe nicht belästigt worden sind und außerdem soll ausgeführt werden, in welchem Maße die Maigesetze zur Anwendung kommen und welche Mittel es gebe, den Strafbestimmungen auszuweichen. Die ultramontane Presse in Deutschland nimmt eine abwartende Haltung an und Windthorst, der Führer des Centrums hatte in

[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 2]

seiner Weise gesagt, es könne nichts schaden, wenn man die Spitze der Friedenspfeife aus der Tasche herausrücken lasse.
Der neue englische Minister des Auswärtigen, Lord Salisbury, hat eine Circularnote erlassen, welche die Stellung Englands zu Rußland genau präcisirt und sicherlich zur Klärung der Sachlage viel beitragen, jedenfalls aber die Ereignisse in schnelles Rollen bringen wird.
In der Ordnung der türkischen Erbschaft durch Rußland ist ein außerordentlicher Umschwung eingetreten, er ist herbeigeführt worden durch die unehrliche Politik Rußlands, die alle zu überlisten gedachte, durch das energische Auftreten Englands und die diplomatische Haltung Oesterreichs. Rußland hat keine andere Wahl mehr als den Krieg mit England (und vielleicht mit Oesterreich) oder die Preisgebung des Friedensvertrages von San Stefano. Mit der Beschickung der europäischen Conferenz würde Rußland den betr. Vertrag bereits preisgegeben haben. Mit einigem Staunen lesen wir in der Berliner "Post," einem sonst ziemlich russenfreundlichen Blatt, die Sünden Rußlands also dargestellt: "Was hat Rußland gethan? Es hat durch den schlauesten seiner Diplomaten (Ignatieff) die Befreiung der Bulgaren, die Erhaltung der Türkei und die Schonung Oesterreichs zu vereinigen gesucht. Es hat gesucht, die Türkei zu erhalten, um in Constantinopel zu herrschen; die Bulgaren zu befreien, um Constantinopel zu umklammern; Oesterreich einen scheinbaren Einfluß auf der westlichen Balkan=Halbinsel zu gewähren, um es zu beschwichtigen und zugleich mit der Türkei zu verfeinden. Es ist gar nicht möglich, alle Schlauheiten des Friedens von San Stefano aufzuzählen. Aber dies Meisterstück der Schlauheit wird durch das Uebermaß der letzteren unhaltbar. Wir haben Rußland, so lange es in der großen Rolle der Befreiung der Christen handelte, in der öffentlichen Meinung unterstützt. Wenn Rußland die gebrochene Türkei in seinen Armen aufrichtet, den Mantel über sie breitet, um ihren Besitz zu beherrschen und von demselben die übrige Welt abzuhalten; wenn es die Christen unvollständig befreit, um überall die Hand im Spiele zu behalten, so können wir eine solche lediglich durch das Interresse der Weltherrschaft geleitete Politik nicht mehr unterstützen."


Die Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt in Schönberg
ist an jedem
Mittwoch
von 8-12 Uhr Vormittags
geöffnet.
                                                    Das Directorium.


Großherzogl. Hoftheater in Schwerin.

Die wegen Krankheit mehrerer Opern=Mitglieder am 31. März c. unterbliebene Extra=Aufführung der

"Walküre"

findet nunmehr am

Freitag, den 12. April

statt. Die gelösten Theater= und Eisenbahn=Billets behalten für den 12. April Gültigkeit, wie die früher veröffentlichten Bedingungen gleichfalls maßgebend sind.

Anfang der Vorstellung präcise 5 Uhr.
Ende halb 10 Uhr.

Die Ablassung des Extrazuges für die Rückfahrt von Schwerin erfolgt Abends halb 11 Uhr.
Schwerin, den 8. April 1878.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Schul=Prüfung.

Die öffentliche Prüfung an der hiesigen Mädchenschule findet statt am Donnerstag den 11. d. Mts, Nachmittags von 3 Uhr an, und Freitag den 12., Nachmittags von 2 bis 4 Uhr. Zu derselben ladet hiedurch ergebenst ein

Rector P. Rußwurm.     

Schönberg, den 7. April 1878.


Schul=Anzeige.

Der Sommercursus an der riesigen Mädchenschule beginnt am Montag den 29. April um 9 Uhr des Morgens. Die Aufnahme neuer Schülerinnen findet um 9 Uhr Vormittag statt im Mädchenschulhause, dieselben haben einen Impfschein vorzulegen; außerdem ist von auswärts geborenen Kindern auch ein Geburts=Schein mitzubringen.
Schönberg, den 7. April 1878.

Rector P. Rußwurm.     


Der Neubau eines Schulhauses in Kuhlrade soll an den mindestfordernden Unternehmer abgegeben werden. Bauunternehmer hiesigen Fürstenthums ersuchen wir, ihre Anträge bis zum 22. April bei dem Schulvorsteher Freitag hieselbst einzureichen, woselbst auch Riß und Anschlag, sowie die näheren Bedingungen einzusehen sind, jedoch unter Vorbehalt einer Wahl der drei Mindestfordernden.

Die Dorfschaft Kuhlrade.     


Wittwe B. Burckhardt,
Delicatessenhandlung,
Lübeck, Fleischhauerstraße 100

empfiehlt und versendet:

Delikatessen, Südfrüchte,
alle Sorten Käse, Fleisch= und Wurstwaaren, Wild, Fische, Geflügel. etc. etc.


Eine große Parthie
reinschmeckenden Maracaibocaffee à Pfd. 90 Pfennig (Mecklenburg)
außerdem                          

Maracaibo Caffee à Pfund 100 Pfennig (Mecklenburg).,
f. Laguayra Caffee in LisPfund Pfund 100 Pfennig (Mecklenburg).,
Maracaibo Caffee à Pfund 110 Pfennig (Mecklenburg).,
f. Maracaibo Caffee à Pfund 120 Pfennig (Mecklenburg).,
ff. gew. Laguyra Caffee à Pfund 125 Pfennig (Mecklenburg).,
ff. Guatemala Caffee in LisPfund à Pfund 125 Pfennig (Mecklenburg).,
ff. Maracaibo Caffee à Pfund 130 Pfennig (Mecklenburg).,
Java Caffee à Pfund 140 Pfennig (Mecklenburg).,
ff. Java Caffee à Pfund 150 Pfennig (Mecklenburg).,
ff. Ceylon Caffee à Pfund 150 Pfennig (Mecklenburg).,
braun Java Caffee à Pfund 175 Pfennig (Mecklenburg).,
Mocca Caffee à Pfund 175 Pfennig (Mecklenburg).,

empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


In der Mobilienverloosung wurden folgende Nummern gezogen:
          Nr. 342           2 Rohrstühle
          Nr.   55           1 Klapptisch, Nr. 1,
          Nr. 292           1 nußb. Commode,
          Nr. 517           2 Stück Rohrstühle,
          Nr. 234           1 Klapptisch, Nr. 2,
          Nr. 532           1 mahag. Commode,
          Nr. 558           2 Stück Rohrstühle,
          Nr. 124           2 Stück Rohrstühle,
          Nr. 464           2 Stück Rohrstühle,
          Nr.   19           1 Sophatisch,
          Nr. 543           1 Waschtisch,
          Nr. 563           2 Stück Rohrstühle,
Schönberg, den 7. April 1878.

J. F. Hauschild Wittwe.     


CARL RITTER, Lübeck.
Vollständig assortirtes Lager von
Posamentierwaaren:
Knöpfen, Besatz- und Garnartikeln, Fabrik von Fransen, Agrèments und Quasten für Confection und Möbel.
Aufträge werden prompt effectuirt.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 3]

Unser am 7. d. M. gebornes Töchterchen wurde uns schon heute wieder durch den Tod entrissen.
Schönberg i. M., 8. April 1878.

Emil Hempel und Frau,     
geb. Michaelsen.        

Symbol für Anzeige 'Alles Gummi'
Alles
aus dieser Masse
Schutzmittel und chirurg. Gummi-Apparate, versendet zollfrei die Gummiwaaren-Fabrik
H. Mielck, Hamburg.
Special -Preis-Courant gratis.


Mejillones=Guano=Superphosphat
aus der Bremer Superphosphat=Fabrik

halte den Herrn Landwirthen zu Fabrikpreisen bestens empfohlen. Lager sowie bei größeren Parthien Bestellung bei Herrn H. Pumplün, Carlow.

F. Becker.     


Neuer erster diesjähriger
Caviar,

grobkörnig und reinschmeckend, pr. Pfd. 2 Mk. 50 Pfg., in Gebinden von 2, 3, 5, 10 bis 90 Pfund, bei Abnahme von 10 Pfund an 10 pCt. Rabatt.

Feinste
Delicateß=Kräuter=Heringe

marinirt in einer von mir neu erfundenen, pikanten, angenehm schmeckenden Sauce; allen Haus= und Gastwirthschaften, Restaurationen, Delicatessenhandlungen, besonders aber allen Feinschmeckern, da dieselben den Magen erfrischen und den Appetit ungemein anregen, sehr zu empfehlen; pr. Faß, 80 bis 100 Stück enthaltend, circa 9 Pfd. schwer, nur 5 Mark.

Neue Isländische
Fisch=Roulade,

marinirt in den feinsten Gewürzen, höchst delicat, pikant und Appetit erweckend, pr. Faß von 40 Portionen, 9 Pfund schwer nur 4 Mk. 50 Pf. und namentlich den Herrn Wirthen zu empfehlen.

Amerik. Conserven,

Hummerfleisch, frisch eingelegt, nur Scheeren und Schwänze, per Dose von 4 Portionen 1 Mk. 20 Pf., Lachs, frisch eingelegt, per 4=Portionen=Dose 1 Mk 20 Pf.
Ananas ganze Frucht, per Dose von 3 Pfd., englisch, 3 Mk. 50 Pf., Ananas, geschält, Phirsiche, ohne Steine und Erdbeeren, per Dose von 2 Pfund englisch, nur 1 Mk. 50 Pf. - versendet zoll= und portofrei unter Nachnahme oder Einsendung des Betrages

J. G. H. Breitrück,
Hamburg.

NB. Agenten werden gesucht.


Für Frühjahrsdüngung
empfiehlt und liefert
Ammoniak= und Nitril=Superphosphate
aus Knochenkohle
die Nitril=Superphosphatfabrik
Krümmel bei Lauenburg a/d Elbe.
A. Schram.

Lager werden in Lauenburg, Geesthacht, Schwarzenbeck und Anderorts gehalten.
Preiscourante franco auf Verlangen.


Tapeten & Borden
in 120 geschmackvollen Mustern empfiehlt
                                                    C. Schwedt.


Reste von Tapeten
werden unterm Preis verkauft bei                          
                                                    C. Schwedt.


Zahnschmerzen jeder Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitig. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruhm erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke,
Bandagist.


Photographisches Atelier
von
C. Kindermann,
Lübeck,
788 Breitestraße 788


Einen Laufburschen
sucht zu Ostern                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen, Schönberg.


In meinem Hause, Siemzerstraße Nr. 130, Ecke der Wallstraße, habe ich nun einen Laden eröffnet und empfehle mich mit allen

Drechslerwaaren,

die in größter Auswahl zu billigen Preisen vorräthig sind. Bestellungen werden in kurzer Zeit ausgeführt.

Schönberg.                                                     Drechsler Holst.


Zum Seifekochen

empfehle ich

stärksten Seifenstein

zum billigsten Preise.

Ludw. Wolter, Rehna.     


Zum Belegen empfehle ich
ächte 1874er Brab. Sardellen, à Pfd. 1 M.,
Kräuter=Anchovis, in Fässern 1,50 M.,
Raden'schen Rohmkäse, à Pfd. 60 Pfennig (Mecklenburg), welchen ich wieder in schöner schneidiger Waare empfing,

Lachsheringe

halte ich täglich frisch geräuchert in schöner Waare vorräthig.

Ludw. Wolter, Rehna.     


Eine große eichene Zeugrolle

ist umzugshalber zu verkaufen. Wo? erfährt man in der Exped. der Anz. zu Schönberg.


Zu Ostern empfehle ich mich mit kernfettem Rindfleisch.

H. Augustin,     
Demern.        


Mein completes Magazin für Haus- & Kücheneinrichtungen empfehle zu äußerst billigen Preisen.

Heinr. Pagels, Lübeck,
Breitestraße b. Markt 945.
Preisbücher gratis & franco.


W. Gartz, Schönberg
empfiehlt sein
reichhaltiges Lager von
Hüten und Mützen.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 4]

Theater in Schönberg.
Köster's Hotel.
Gastspiel des plattdeutschen Schauspiel-Ensembles vom Tivoli-Theater zu Lübeck.
Mittwoch den 10. April 1878
Opern-Vorstellung.

          Der Freischütz. Rom. Oper von C. M. v. Weber.
          Der arme Poet. Genrebild in 1 Akt von Kotzebue.
          Der Troubadour. Rom. Oper von Verdi.

Preise der Plätze: Nummerirter Sperrsitz M. 1,50, 1. Platz M. 1,00, 2. Platz und Gallerie 60 Pfennig (Mecklenburg).
Billets sind am Tage der Vorstellung in Kösters Hotel und in Spehr's Hotel zu haben.
Cassenöffnung 7 Uhr. Anfang 7 1/2 Uhr.

Die vorher gelösten Billets müssen Abends an der Casse umgetauscht werden.

                          Carl Waldmann,
                          Director des Tivoli=Theaters zu Lübeck.


Bilanz
der
Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Spar-Bank
in Schwerin
pro ultimo März 1878.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Schwerin, im April 1878.

Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank.
C. A. Schwerdtfeger, Director.
C. L. F. Soltau, General=Agent.

Die Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrenten=Versicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Commissions=Geschäfte durch das unterzeichnete Bureau zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt.

Bureau der Mecklenburgischen Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schönberg.
W. Stephan.        W. H. Schacht.


Vom Mittwoch den 10. April an fahre ich während der nächsten 3 Wochen mit meinem Omnibus wöchentlich nur dreimal, und zwar am Sonntag, Dienstag und Mittwoch, von Carlow nach Schönberg.

Oldenburg, Carlow.     


Milchsatten
verzinnt und emaillirt, empfiehlt zu ermäßigten Fabrikpreisen
Heinr. Pagels, Lübeck.


Gesucht zum 1. Mai ein unverheiratheter

Kuhfütterer (Hirte)

auf Carlshof bei Lübeck.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen12 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Tauben d. St. M0,50 .
Hühner d. St. M1,40 .
Spickgans d. St. M2,80 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,10 .
Eier 7 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 29 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 9. April 1878.


Deutsches Blut. Wenn wir - so schreibt die Kr.=Zt. - einen aufmerksamen Spaziergang durch den Gothaischen Kalender machen, so werden wir finden, daß in den Adern fast aller europäischen Souveräne deutsches Blut fließt oder, wo es noch nicht der Fall ist, durch ihre Gemahlinnen der kommenden Generationen vererbt wird. Nur vier der Throne machen vorläufig hiervon eine Ausnahme; nämlich die Türkei, Spanien, das kleine Fürstenthum Monaco und Frankreich. Uebrigens wäre das legitime=Fürstenhaus des letzteren, namentlich in dem Zweige Orleans, wenigstens vielfach verwandt und verschwägert mit deutschen Fürstenhäusern. Viel schlagender aber zeigt es sich in den Herrscherfamilien, in denen namentlich das Haus Sachsen dominirt. Es ist für den Genealogen kaum noch möglich, die schier unübersehbare Reihe der Herzöge und Herzoginnen zu Sachsen zu überblicken; waren doch bei der jüngsten Doppelhochzeit am Berliner Hofe mit Ausnahme der Frau Prinzessin Friedrich Carl und ihrer Töchter und der Frau Herzogin Wilhelm von Mecklenburg alle anwesenden fürstlichen Damen entweder geborene oder vermählte Herzoginnen zu Sachsen, die deutsche Kaiserin und die Königin der Belgier nicht ausgenommen. Aber das deutsche Blut auf den europäischen Thronen! Der Kaiser von Rußland ist der Sohn einer preußischen Prinzessin, seine Gemahlin eine hessische Fürstin. Der Prinz von Wales, der künftige Herrscher Großbritanniens, ist der Sohn eines Herzogs zu Sachsen. Ein anderer Herzog zu Sachsen=Coburg=Gotha bestieg den belgischen Königsthron, den heute sein Sohn einnimmt, und ein dritter, Ferdinand, wurde als Gemahl der Königin Maria da Gloria König von Portugal, so daß auch der Herrscher am Tajo sein deutsches Blut nicht verleugnen kann. In Dänemark regiert Christian IX., Herzog von Schleswig=Holstein=Sonderburg=Glücksburg, ein deutscher Fürst, und sein Sohn hat das deutsche Blut mit nach Griechenland hinübergenommen. Der König von Schweden hat eine deutsche Gemahlin, ebenso der König der Niederlande. Wo der Souverän nicht deutsch ist, da ist es die Herrscherin, die künftige Generation schon hat das deutsche Blut in den Adern; auch die Mutter der Königin von Italien ist eine Deutsche, eine Tochter des Königs Johann von Sachsen. So dringt das deutsche Blut immer weiter vor auf den Thronen Europas; vielleicht bildet es einen guten Kitt auch zwischen den Nationen und hilft zu einem dauernden Frieden.
- Von dem Schwurgericht in Hamburg wurde Frau Köster zum Tode verurtheilt; sie hatte ein paar Tage nach ihrer Verheirathung ihren 11 Jahre alten unehelichen Sohn über das Brückengeländer in den Canal gestürzt, wo er ertrank.
- In Breslau hat ein tödtlich erkrankter Mann in der Beichte und dann vor einer Gerichts=Commission bekannt, daß er einst Straßenraub begangen und daß ein Unschuldiger vor dem Schwurgericht angeklagt und zu längerem Zuchthaus verurtheilt worden sei.
- Der erst 22 Jahre alte Matrose Suhr, welcher im September d. J. das Dienstmädchen des Jägers Keding zu Torfbrücke in der Rostocker Haide ermordete, ist am 19. d. M. von dem Großherzoglichen Criminalcollegium zu Bützow zum Tode verurtheilt.
- Zwischen Tours und Le Mans in Frankreich ist eine Locomotive mit 18 Wagen in den Fluß gestürzt.
- Ein Sorgsamer Arzt in Berlin hat ein 15jähriges Mädchen vom Scheintod gerettet. Er stellte am 3ten Tage noch, nachdem das Mädchen scheinbar an Krämpfen gestorben, unermüdliche Belebungsversuche an und hatte endlich die Freude, daß das Mädchen die Augen aufschlug; nur sprechen kann es noch nicht.
- Eine für den Getreidehandel der Welt höchst wichtige Entscheidung ist soeben von dem Kaiser von Rußland getroffen worden. Derselbe hat einer Gesellschaft von Newyorker Kapitalisten auf 50 Jahre das Recht gegeben, in ganz Rußland Elevatoren zu bauen, d. h. jene Getreide=Speicher, welche durch ihre praktische Vorrichtungen dazu bestimmt sind, in kürzester Zeit gewaltige Getreidemassen umzuladen. Diese Elevatoren sind es, welche Chicago zu dem größten Getreidemarkt der Welt machten, und ihnen ist es zuzuschreiben, daß selbst die Zerstörung der Stadt durch Feuer so rasch verwunden ist. Die Elevatoren in Rußland allein werden es allerdings nun auch nicht thun; um die jetzt verloren gehenden Getreidemassen dem Handel zuzuführen, dazu werden in erster Reihe billige Transportwege nothwendig sein, Eisenbahnen sowie Kanäle. Aber es läßt sich erwarten, daß die amerikanischen Kapitalisten dies auch ganz genau wissen und daß demnach der Bau der Elevatoren nur der Ausgangspunkt einer Reihe von Unternehmungen bilden wird, welche darauf abzielen, daß auch die entfernteren Gegenden Rußlands in den direkten Weltverkehr hineingezogen werden.
- In Mainz hat kürzlich ein interessantes militairisches Probeessen stattgefunden. Es handelte sich um die Prüfung der Erzeugnisse der Conserven=Fabrik. Eine Anzahl Soldaten aus jeder Compagnie hatte sich freiwillig zu dem Experiment hergegeben, vierzehn Tage lang nichts anderes zu essen, als schmale Conserven=Rationen. Die Probe ist günstig ausgefallen. Allerdings machte sich Anfang das Gefühl der Nichtsättigung bemerkbar, weil der Magen an eine umfänglichere Kost gewöhnt war. Das verlor sich aber sehr bald und schließlich, sagt man, hätten die Soldaten das Probeessen gern noch länger fortgesetzt. Daß die Conserven die Proviant=Colonnen auf ein Minimum reduciren, ist leicht einzusehen.
- Aus Rumänien wurden an Münchener Geschäftsleute wiederholt Offerten gemacht, mehrere Tausend Centner Menschen= und Thier=Gebeine zu liefern. Die betreffenden Geschäftsleute haben jedoch Bedenken getragen, diese Offerten anzunehmen, indem sie befürchten, das Staats=Ministerium bezw. die Generaldirektion der Verkehrs=Anstalten würde aus gesundheitlichen Gründen den Eingang solcher Waggons über Passau nicht gestatten.
- Ein aus neun Büchsenläufen zusammengesetztes, anscheinend dem 17. Jahrhundert angehöriges Geschütz, das in einem Burggraben bei Cottbus gefunden wurde, ist vor Kurzem in Besitz des Märkischen Museums in Berlin gelangt. So wird aus letzter Stadt als große Merkwürdigkeit als etwas bisher noch nicht Beachtetes berichtet. In der reichhaltigen Waffensammlung auf der Veste Coburg ist seit langer Zeit ein ganzes Sortiment solcher sogenannten Orgelgeschütze zu sehen.
- Unter den blühenden Landstrichen, die im russich=türkischen Kriege durch blutige Kämpfe und den schweren Tritt feindlicher Heersäulen bis zur Unkenntlichkeit verwüstet und verödet sind, wird auch das liebliche Tundja=Thal genannt, in dessen fruchtbarer Ebene die oft erwähnten Städtchen Kasanlyk und Eski=Sagra sich erheben. Niedergebrannte Dörfer, Schutt und Ruinen bedecken die Gegend, halbverfaulte Kadaver von Menschen und Thieren liegen umher und erfüllen die Luft mit entsetzlichem Geruch. Die zahlreichen Rosenhaine sind zusammengetreten, Gruppen halbverhungerter Kinder, todtblasser Frauen irren schattengleich durch die Stätten der Verwüstung. In einer Schlucht am linken Ufer der Tundja liegt der aus etwa 50 Häusern bestehende Ort Kerka, wo unter dem Schutze des

[ => Original lesen: 1878 Nr. 29 Seite 6]

rothen Kreuzes noch Tausende Verwundeter und kranker Russen und Türken so gut als möglich, aber doch noch sehr ungenügend verpflegt werden. Schauerlich haust der Typhus unter ihnen, täglich trägt man die Opfer der Krankheit hinaus, unter denen sich schon viele Aerzte und Krankenträgerinnen befunden haben. In dieser Höhle des Grauens und des Todes zeichnet sich ein weiblicher Chirurg besonders aus. Ueber die wunderbare Thätigkeit und Geschicklichkeit desselben berichtet ein Kosacken=Offizier folgendes:
Die Dame, eine Russin und scheinbar der guten Gesellschaft angehörend, ist von großer Schönheit, hoch gewachsen und von stolzer Haltung. Sie mag 28 Jahre zählen, trägt einen langen Tscherkessenrock, der über den Hüften von einem Ledergürtel zusammengehalten wird, hohe Stiefel, weite Hosen und ein kleines Hütchen. Die weißen, schön geformten Arme hatte sie entblößt, als der Berichterstatter sie mit einer Amputation beschäftigt sah. Ein Oberarzt erzählte, daß sie sich bei der Schipka=Armee, geleitet von einem bulgerischen Führer, eingefunden und ihm ihre Dienste angeboten habe. Da es verboten war, Frauen als Chirurgen anzustellen, so wies er die Dienste trotz aller Bitten zurück. Am Abend desselben Tages aber schafften die Ambulanzen ganze Schaaren von Verwundeten hinter die Front und die russischen Aerzte reichten bei Weitem nicht aus zur Hülfeleistung. Es war eine schreckliche Nacht und die Aerzte gaben einen Theil der Verwundeten, die in der Straße lagen, völlig auf. Als der Tag wieder anbrach, meldete ein Krankenträger, daß die Verwundeten draußen alle auf's Beste besorgt seien. Die Dame in Männerkleidern habe mit staunenswertem Geschick Kugeln ausgeschnitten, Verbände angelegt und Blutungen gestillt. Als der Doktor sich überzeugt, daß die Hand eines erfahrenen Chirurgen diese Wunder bewirkt hatte, dankte er der Dame und erklärte, er werde der Verordnung zum Trotz sie in das Personal aufnehmen Als er den Namen der Unbekannten in die Liste eintragen wollte, sagte diese lächelnd: Tragen Sie irgend einen beliebigen ein, denn meinen wahren erfahren Sie doch nicht. Seit jener Nacht bildet die Fremde den Gegenstand der Bewunderung und Verehrung von Aerzten, Schwestern und Kranken. Sie besitzt eine geradezu erstaunliche Ruhe und Kaltblütigkeit; keine Muskel ihres klassisch geformten Gesichts bewegt sich, wenn sie die schwierigsten Operationen vollzieht. Sie ist mild, liebenswürdig und voll Geduld und Nachsicht den Kranken gegenüber, stolz gegen ihre Collegen und zurückhaltend. Todesfurcht scheint diese rätselhafte Frau nicht zu kennen und trotz der rastlosen, ermüdeten Arbeit schläft sie selten länger als 4 Stunden. Wer dies geheimnißvolle Wesen ist, wird vielleicht die Zukunft, vielleicht erst ihr Tod enthüllen.
- Eine rührende Familienscene spielte sich dieser Tage auf dem Flur eines der berliner Leihämter ab und rührte die wenigen Zeugen zu Thränen. Etwa um die zwölfte Stunde traf daselbst eine bleiche Frau ein, deren Aeußeres die bitterste Armuth verrieth. Scheu, fast ängstlich, trat sie in den Flur, an der Hand ein etwa fünfjähriges Mädchen, wickelte in einer Ecke ein kleines Medaillon aus, entnahm demselben ein Bildchen und steckte dieses in den Busen. Dann stieg sie die Treppe hinauf, während das Kind unten blieb. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße war ein Herr stehen geblieben, und hatte Mutter und Kind scharf beobachtet. Als die Frau den Flur verlassen hatte, eilte er hinüber, hob das Mädchen in die Höhe und küßte es so heftig und inbrünstig, daß die spärlichen Zuschauer fast auf verletzende Vermuthungen kamen. Als man interveniren wollte, winkte er ab und sprach leise: "Es ist mein Kind! Meine süße Olga!" Es folgte nun eine Aussöhnung der von einander seit längerer Zeit geschiedenen Ehegatten.
- Die Berliner Spitzbuben haben sich, wie die "Staatsbürgerzeitung" berichtet, Kaisers Geburtstag in sehr schlauer Weise zu Nutze gemacht, indem sie den Wohnungen unverheiratheter Offiziere während der Zeit, wo deren Inhaber bei gemeinschaftlichen Festmahlen fröhlich auf ihres Kriegsherrn Wohl toasteten, Visiten abstatteten. Bequemer als an diesem Tage ist es den Spitzbuben nicht oft geworden, Geldsummen nach Eröffnung der Stubenthür vermittelst einfacher Dietriche aus den unverschlossenen Schubladen herausnehmen zu können, und aus diesem Grunde haben in einzelnen bekannt gewordenen Fällen die Diebe sich wohl mit der "Einkassirung der Baarbestände" begnügt, ohne anderen Kostbarkeiten weitere Beachtung zu schenken. Auf diese Weise erbeuteten die Langfinger bei einem in der Großbeerenstraße wohnhaften Rittmeister circa 600 Mark, während sie an einer anderen Stelle bei zwei Lieutenants sich mit ca. 400 Mk. begnügen mußten, in diesem Fall aber zur Ausgleichung des Defizits sich veranlaßt sahen, einen ganz neuen Waffenrock mit Epaulettes mitzunehmen. In letzterem Falle legt es ein beredtes Zeugniß für die Frechheit der Diebe ab, daß sie in der Vorderstube "arbeiteten," während in der Hinterstube der eine der Burschen beschäftigt war und die Stube, in welcher die Diebe gewesen waren, kurz nachdem diese sie verlassen hatten, betrat und dort den von ihnen zurückgelassenen Dietrich vorfand. Als er in seinem Schrecken von dem Vorfall Lärm machte, war es natürlich zu spät und hatten die Verbrecher mit ihrem Raube das Weite gesucht.
- Der berüchtigte Raubmörder Sattler wurde seit Jahren in der Umgegend von Passau und Vilshofen verfolgt, wußte aber immer wieder zu entkommen. Drei Gensdarmen entdeckten ihn am 1. April in einem Stadel in Brauchersdorf und umstellten denselben; sie feuerten in den Versteck hinein, er heraus und tödtete auf den ersten Schuß den Gensdarmen Schütz. In der Nacht kamen 8 Gensdarmen und 20 Jägerschützen aus Passau und es begann ein förmliches Gefecht. Sattler rief aus seinem Versteck: Und wenn Ihr noch Tausend um mich herumstellt, Ihr kriegt mich nicht! - Als er in ein nahestehendes Bauernhaus durch das beleuchtete Fenster auf den Gensdarmen Kraus feuerte und denselben fehlte, schoß dieser nach der Stelle des Stadels hin, auf der er den Schuß hatte aufblitzen sehen. Von da an wurde es stille und man nahm an, daß Sattler heimtückisch auf der Lauer liege. Morgens drangen 29 Gensdarmen und 20 Jäger in den Stadel und fanden Sattler noch in der schußbereiten knieenden Stellung todt; er war durch den Kraus'schen Schuß in der Nacht durch den Hals getroffen worden. Die weite Umgegend ist nun von einem schweren Verbrecher befreit worden, der zwei Gensdarmen erschossen und mehrere schwer verwundet hat.
- Der Schlossermeister Koller in Kilb bei St. Polten hatte eine unglückliche 44jährige Schwester, die ein Capital von 600 Gulden erbte. Der Bruder erbot sich, die Schwester zu sich ins Haus zu nehmen und sie zu verpflegen, wenn man ihm die 600 Gulden ausliefere und die Gemeinde übergab ihm die Schwester und das Geld. Nach einem Jahre sah man die Schwester nicht mehr und je länger, je lauter wurde das Geflüster: wo steckt die Schwester? Endlich nach fast 6 Jahren hielt die Gensdarmerie Haussuchung. Sie fand die Cilli Koller in einem 2 Fuß tiefen kellerartigen Loch. Das arme Weib lag vollständig nackt in einer leeren Bettstelle, deren Boden durchfault war, die Füße waren verkrümmt und vollständig verwachsen, der linke Fuß war derart mit Wunden bedeckt, daß Würmer hervorkrochen. An der Wirbel= und Rückensäule sind die Knochen sichtbar, die Achselhöhlen von Würmern zerfressen, - ein haarsträubender Anblick. Ihre Nahrung durch volle 6 Jahre bestand aus rohen Kartoffeln und Abfällen, welche Thiere verschmähen würden. Die Unglückliche ist bei voller Besinnung.
- Weisheit von der Schulbank. Lehrer: Wieviel Söhne hatte König Ludwig XI. von Frankreich und wie hießen sie? Schüler: 5, nämlich Ludwig XII., Ludwig XIII., Ludwig XIV., Ludwig XV. und Ludwig XVI.


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