No. 11
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Februar
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 1]

Die Tabaksteuer.

[] Nächst dem weiteren Ausbau der Verwaltungsorganisation des deutschen Reiches ist die Frage wie die Geldmittel für die Reichsverwaltung am bequemsten zu beschaffen seien die brennendste.
Bisher wurden die nötigen Geldmittel zumeist aus den Matrikularbeiträgen der einzelnen deutschen Staaten beschafft. In den Kassen der Einzelstaaten gähnt gegenwärtig das Deficit und tritt Angesichts dieser Lage an die Reichsregierung die unabweisbare Mahnung zu einer gründlichen Steuerreform in großem Stil zu greifen, durch welche die Mittel zur Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichts im Haushalte unseres Reiches beschafft werden sollen.
Es eignen sich dadurch zweifelsohne am besten die indirekten Steuern, soviel auch gegen dieselben vom Standpunkte der liberal=theoretischen Politik eingewendet werden mag. Die Reichsregierung hat in dieser Richtung schon die einleitenden Schritte gethan, indem sie das Projekt einer Erhöhung der Tabaksteuer dem Bundesrath vorgelegt hat.
Die Tabaksteuer hat bisher rund 1 Million Mark ergeben, der Zoll auf den importirten Tabak ergab etwa 12 Millionen Mark, in Summa also 13 Millionen Mark aus dem Tabak - eine wahrhaft lächerlich kleine Summe, wenn man sie mit den Tabaksteuerbeträgen anderer Länder vergleicht. Frankreich, das 7 Millionen Einwohner weniger als Deutschland zählt, hatte 1876 bei seinem Tabaksmonopol einen Ueberschuß von 260 Millionen Francs, Oesterreich 70 Millionen Gulden, Italien 92 1/2 Mill. Lire und das freihändlerische England allein aus dem Tabakszoll über 8 Mill. Pfd. Sterling (160 Mill. Mark, - Deutschland . . . 13 Mill. Mark.)
Diese Einnahmen vertheilen sich auf den Kopf der Bevölkerung in den einzelnen Ländern wie folgt: In Frankreich 5 Mk., Oesterreich 2 Mk., Italien 2 Mk. 25 Pf., England 3 Mk. 75 Pf., Deutschland . . . 35 Pfg.
Nach der Regierungsvorlage sollen die Zölle auf Tabak, welche seither für Rohtabak 12 Mark, Rauchtabak, Stangen für Schnupftabak, Tabakmehl, Abfälle 33 Mark, Cigarren, Cigaretten, Schnupftabak 60 Mark pro Centner betrugen, auf 42, 60 und 90 Mark pro Centner erhöht werden.
Freiherr v. Thüngen=Roßbach erläutert in der "D. Landes=Ztg." die Zweckmäßigkeit dieser Steuer und kommt dabei zu dem Resultat: Die inländische Produktion, also die Landwirthschaft würde durch die projektirte Steuererhöhung wieder nachdrücklich geschädigt, denn sie erfährt eine Steuererhöhung um das 12fache, während der ausländische Rohtabak nur auf das 3 1/2 fache, die ausländischen Fabrikate nicht einmal auf das Doppelte erhöht werden. Die seither blühende Ausfuhr von Rohtabak wird bei dieser Steuer vermuthlich ganz aufhören, wenn sie nicht steuerfrei stattfinde, in welchem Falle das Erträgniß der Steuer wieder sinkt; und nach wie vor bleibt der rohe Gewichtszoll, der sich der Leistungsfähigkeit und Steuerkraft der Consumenten in keiner Weise anschließt. Das muthmaßliche Erträgniß dieser Manipulation wird auf 29 Millionen Mark veranschlagt, also nur etwas mehr wie das Doppelte gegen seither, und statt bisher 35, wird der Tabak nunmehr 78 Pf. pro Kopf erbringen, also immer noch weit weniger als das Salz, (dies ergiebt 93 Pf. pro Kopf der Bevölkerung). Das Resultat bleibt als weit hinter dem, was man vom Tabak erwarten kann, zurück.
v. Tüngen empfiehlt an Stelle der Tabakssteuer das Tabaksmonopol. Dasselbe müßte, richtig angelegt und gehandhabt in Deutschland sicherlich seine 200 Millionen Mark abwerfen und damit das Reich auf einmal aus allen seinen Finanznöthen befreien.
Was wollen solchem finanziellen Ergebniß gegenüber alle die kleinlichen Ausstellungen bedeuten, die man an dem Tabaksmonopol macht, als da sind: Vertheuerung der "Pfeife des armen Mannes," Verschlechterung des Fabrikats, Beeinträchtigung des Handels und der Fabrikation, Vermehrung des Schmuggels, Belästigung des Tabaksbaues und endlich das allzureiche Fließen dieses Geldstroms und daraus hergeleitet die constitutionelle Beängstigung, es möchte, wenn die Reichsregierung über so bedeutende Mittel verfügt und das Reich dadurch finanziell selbstständig gemacht sei, das Budgetbewilligungsrecht geschmälert werden. Alle diese Einwände sollen im nächsten Artikel besprochen werden.


Politische Rundschau.

Zu den im nächsten Monat am Berliner Hofe stattfindenden Vermählungsfeierlichkeiten werden auch der König und die Königin von Belgien erwartet und im Schlosse absteigen, wo die Königszimmer für sie in den Stand gesetzt werden. Der Prinz von Wales, welcher allein ohne seine Gattin nach Berlin kommt, wird im kronprinzlichen Palais absteigen. Die fürstlichen Brautpaare werden nach ihrer Vermählung noch fünf Tage in Berlin verweilen und im königlichen Schlosse wohnen. Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Oldenburg werden alsdann ihren feierlichen Einzug in ihre dereinstige Residenz halten, während der Erbprinz und die Erbprinzessin von Meiningen sich nach der Villa Carlotta am Comer See begeben, um dort ihre Flitterwochen zu verleben.
Die deutsche Diplomatie entfaltet augenblicklich eine außerordentliche Thätigkeit, um Oesterreich und Rußland einander näher zu bringen. Speciell in der Donaufrage machte das Berliner Cabinet angeblich den österreichischen Standpunkt zu dem seinigen. Das Berliner Cabinet gilt als dem Congreß=Gedanken gewonnen. Dasselbe rieth in Petersburg, die Empfindlichkeit Oesterreichs zu schonen.
In parlamentarischen Kreisen wird, der Eintritt des Herrn v. Bennigsen in den Reichsdienst, sobald das Gesetz über die Stellvertretung des Reichskanzlers im Bundesrathe und Reichstage zur Annahme gelangt ist, als Thatsache betrachtet. Man hat sich damit bereits so vertraut gemacht, daß jetzt schon nach Candidaten für den Stuhl des Präsidiums im Abgeordnetenhause Umschau gehalten wird.
Der Reichskanzler hat dem Bundesrath den Entwurf eines Gesetzes betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen der Post

[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 2]

und Telegraphie, der Marine, des Reichsheeres und zur Durchführung der Münzreform und ferner eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der Kriegskosten=Entschädigung vorgelegt.
Nach einer dem Bundesrath vom Reichskanzler ergangenen Mittheilung über den Stand der französischen Kriegskosten=Entschädigung sind von den im Ganzen zur Einnahme gelangten 4,204,000,000 Mark zur Vertheidigung noch übrig 13,445,000 Mark.
Die Berathung der preußischen Tabakssteuer=Vorlage hat im Bundesrath zu fast einstimmiger Annahme der Grundlagen des Entwurfs geführt.
In Wilhelmshöhe bei Cassel sind seit mehreren Tagen etwa 60 Offiziere des Großen deutschen Generalstabes versammelt, um einen neuen Mobilmachungsplan mit besonderer Berücksichtigung der bereits erfolgten und in nächster Zeit zu erwartenden Erweiterung des Eisenbahnnetzes festzustellen. Auch der alte Moltke wird dabei sein.
Die Gräfin Rosina von Mirasiore, die morganatische Gemahlin des verstorbenen Königs Victor Emanuel von Italien, die schwer krank war und sogar schon todt gesagt wurde, geht ihrer Genesung entgegen.
Im Dom zu Mailand sind am 24. v. Mts. beim Trauergottesdienst für Victor Emanuel fünf Personen in Folge des Gedränges getödtet, theils erstickt, theils zertreten und elf Personen schwer verwundet worden.
Eine behufs Versiegelung und Aufbewahrung wichtiger Staatspapiere des päpstlichen Stuhles vom Cardinalstaatssecretär Simeoni angeordnete Revision ergab, daß die wichtigsten dieser Papiere verschwunden sind. Darüber herrscht große Bestürzung und es wird im Vatican eifrig nach denselben geforscht.
Leid könnten einem die Griechen thun, wenn sie bei der Türken=Jagd, bei welcher Jeder seinen Fetzen und Brocken wegschnappt, leer ausgehen sollten. Sie sind zwar nicht sehr liebenswürdig, aber begabt und ihr Staat so klein und arm, daß sie nicht leben und sterben können ohne Zuwachs. Sie nehmen sich mit ihrem Ehrgeiz und mit ihrem großen staatlichen Apparat wie der Riese Goliath auf einem Kosackenpferdlein aus. Sie hätten sich schon lang gern mit hoher obrigkeitlicher Erlaubniß auf die Türken gestürzt, wenn sie nicht von den Engländern an die Kette gelegt worden wären und da sie sich doch endlich losgerissen haben, giebts Waffenstillstand. In der Provinz Almyro in Thessalien haben sie dennoch losgeschlagen und die Türken in einem Treffen geworfen.
Nachdem die Kammer in Athen die zur Unterdrückung der Unruhen von der Regierung getroffenen Maßregeln mit überwiegender Stimmenmehrheit gebilligt, bleibt die Regierung, welche sich außerdem zum Rücktritt bereit erklärt hatte, im Amte. Die Ruhe gilt als vollkommen wieder hergestellt.
Die orientalische Frage ist zwar über den Balkan, aber noch nicht über alle Berge hinüber. Die Russen möchten Constantinopel gern besetzen, zwar nur so ein bischen "vorübergehend", aber das ist just der Punkt, den die Türken nicht bewilligen können. Sie weisen schmeichelnd darauf hin, die russischen Soldaten seien bekanntermaßen so tapfere Leute, daß sie stehen bleiben, wo sie stehen, bis man sie todt schlägt und das möchten sie ihnen doch nicht anthun. Daher noch kein Waffenstillstand, sondern Gewaltsmärsche von Seiten der Russen und Gefechte zwischen Türken und Russen noch überall. Der Großfürst Nicolaus hat so viel zu thun, daß er die türkischen Unterhändler kaum sprechen kann und sie auf - Odessa vertröstet hat. - Oestereich soll allerlei Bedenken gegen die russischen Friedensbedingungen und dieselben in ungewöhnlich entschiedener Weise sich vom Herzen herunter gesprochen haben. Warten wir ab!
Der Abschluß des Waffenstillstandes ist russischerseits voreilig in die Welt hinausposaunt worden, sicherlich um den Engländern mit einer vollendeten Thatsache gegenüberzutreten. Ganz Europa hat mit Spannung der officiellen Bestätigung dieser Nachricht entgegengesehen; eine solche ist aber immer noch ausgeblieben; es werden jetzt sogar Stimmen laut, daß der Waffenstillstand überhaupt nicht zu Stande kommen würde. Das halbamtliche Organ der italienischen Regierung meldet sogar, daß die Verhandlungen als gescheitert zu betrachten sind und auch der "Köln. Zeitung" geht ein Telegramm zu, nach welchem Rußland im letzten Momente sowohl die Unterzeichnung des Waffenstillstandes wie auch der allgemeinen Grundzüge für einen solchen verweigert habe. In Uebereinstimmung damit kommt die Nachricht daß die Russen auf der ganzen Linie vorrücken. Nach Depeschen Wiener Blätter ist ihr Vortrab nur noch wenige Meilen von Konstantinopel entfernt, die "Voss. Ztg." meldet sogar unter Vorbehalt, daß ein Vorwerk von Gallipoli von den Russen besetzt sei.
Die Russen haben auch Burgas am Schwarzen Meer und Rodosto am Marmormeer besetzt. Durch die Occupation von Burgas wurde die telegraphische Verbindung zwischen Varna und Konstantinopel unterbrochen und mithin die ganze türkische Armee in Bulgarien (in den Festungen Varna, Rustschuk, Silistria und Schumla) von jedem Verkehr mit Konstantinopel abgeschnitten.
Sollten die Waffenstillstands=Verhandlungen, wie es beinahe den Anschein hat, nicht zum Ziele führen, so ist in Asien der nahe Fall von Erzerum und Batum gewiß und damit das Schicksal des asiatischen Kriegsschauplatzes entschieden, zumal den Russen keine türkischen Truppen gegenüber stehen. Anders in Europa. Hier fehlt noch die Besitzergreifung der Hauptstadt, und es ist nicht undenkbar, daß die Türkei mit Rücksicht auf die dadurch herbeigeführten politischen Schwierigkeiten und im Vertrauen auf den dann gewiß noch einmal hell auflodernden religiösen Fanatismus es darauf ankommen lassen könnte, die Russen zum Weitermarsch zu bringen.
Russische Blätter veröffentlichen ein Handschreiben des Kaisers an den Großfürsten Nicolaus, mit welchem demselben für den Balkanübergang ein kostbarer goldener, mit Diamanten besetzter Säbel übersendet worden ist.
Der gefangene Osman Pascha traf am 17. Jan. in Charkow ein und nahm im "Hotel Bellevue" seine Wohnung. Seine Wunde war schon so weit in der Heilung begriffen, daß er ohne Stütze gehen konnte.


- Endlich erklärt sich das Unglück der Türken. Die grüne Fahne des Propheten ist aus der Sophien=Moschee verschwunden, gestohlen, wahrscheinlich schon seit Jahr und Tag. Sie soll sich incognito in einem italienischen Museum befinden neben anderen abgedankten Mirakeln.
- Der Khedive von Egypten soll Bankerott nicht nur gemacht, sondern auch angesagt haben.
- Die bekannte Schauspielerin Frau Niemann=Rabe hat bei ihrem Gastspiel in Berlin 78,000 Mark erzielt, was namentlich für die jungen Raben sehr erfreulich ist.
- In Frankfurt ist Baron Raphael Erlanger, Chef des bekannten Bankhauses, in Berlin v. Uhden, Chef des Obertribunals, gestorben.
- In Hamburg ist ein nachgelassenes Lustspiel Fritz Reuters: "Die drei Langhänse" mit viel Beifall zur Aufführung gekommen.
- In Wien hat sich der 25jährige Ulanen=Lieutenant Graf Messey de Bielle die Kehle abgeschnitten.
- In Dessau hat die Polizei einem Kaufmann Pfeffer weggenommen, der mit gestoßener Holzkohle gemischt war.
- Der Dichter Holtei in Breslau (u. a. Dichter des Mantelliedes: "Schier 30 Jahre") hat schon lange von dem Kaiser einen jährlichen Ehrensold von 590 Thlr erhalten.
- Nach der "Neuen Tyroler Stimme" haben Se. Maj. König Ludwig von Bayern und dessen Vorreiter kürzlich bei der Durchfahrt durch Reutte am hellen Tage die Bekanntschaft von jugendlichen Schneeballen gemacht. Die Entrüstung über diesen Vorgang war in Reutte natürlich eine außerordentliche.
- Bei Lohr fand man kürzlich einen im Eisen gefangenen Fuchs, welcher von seinen eigenen Kameraden, worunter sich wahrscheinlich die nächsten Verwandten und Freunde befunden hatten, schon über die Hälfte aufgefressen worden war.

[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 3]

- Von einer Bäuerin wurde in voriger Woche eine bis auf die Schwungfedern der Flügel gerupfte Gans lebend nach Crefeld zum Markt gebracht, die zur großen Verwunderung der Verkäuferin alsbald von der Polizei weggenommen und getödtet wurde. Wegen Tierquälerei mußte die ungerupfte Gans außerdem noch 30 Mark Strafe bezahlen.


Anzeigen.

Der Neubau eines Viehhauses auf der Meierei Wahrsow soll im Wege der Minuslicitation an einen zuverlässigen Unternehmer vergeben werden.
Riß und Anschlag, sowie die näheren Bedingungen können in der hiesigen Registratur eingesehen werden, und sind die schriftlichen Offerten bis zum 16. Febr. d. J. hierher einzureichen.
Schönberg, den 23. Januar 1878.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Auf Instanz einer Gläubigerin soll das dem Kaufmann Julius Schweigmann zu Hamburg gehörige, an der Siemzerstraße hieselbst sub No. 213 belegene Wohnhaus c. p. öffentlich meistbietend verkauft werden.
Es wird deshalb der Verkaufstermin auf

Freitag, den 5. April d. J.,
Morgens 12 Uhr,

der Ueberbotstermin auf

Freitag, den 3. Mai d. J.,
Morgens 11 Uhr,

vor hiesigem Großherzoglichen Justiz=Amte angesetzt, wozu Kaufliebhaber hiermit geladen werden.
Dem Schuldner, sowie den Gläubigern wird freigelassen, in dem Verkaufstermine zur endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen zu erscheinen.
Der Entwurf der Verkaufsbedingungen kann 14 Tage vor dem Verkaufstermine auf der hiesigen Gerichts=Registratur eingesehen werden und wird aus denselben hierher bemerkt, daß die Conventionalpoen 1200 M. beträgt, die eine Hälfte des Kaufgeldes bei der Tradition des Grundstücks, unter An= und Abrechnung der Conventionalpoen, und die andere Hälfte des Kaufgeldes Antonii 1879 zu entrichten ist mit Zinsen à 4 % vom Tage der Uebergabe an.
Gleichzeitig wird zur Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an das zu veräußernde Grundstück, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel und zur etwaigen Prioritäts=Ausführung ein Termin auf

Freitag, den 5. April d. J.,
Morgens 11 Uhr

anberaumt, zu welchem die nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommenen Gläubiger bei Strafe der Abweisung und des Ausschlusses geladen werden.
Schönberg, den 19. Januar 1878.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Holz=Auction.

Am Sonnabend den 9. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend gegen baar verkauft werden

aus den Lenschower Tannen:

    54 Stück kiefern Nutzholz (Nr. 14, 24, 31, 43 und 48-97),
    80 Rmtr. kiefern Kluft (Nr. 1-69),
    51 Rmtr. kiefern Knüppel (der ganze Vorrath),
      9 Fuder kiefern Durchforstholz III. Classe (Nr. 144-152);

aus den Herrnburger Tannen:

    10 Rmtr. kiefern Kluft,
2000 Stück Dachschächte;

aus den Duvennester Tannen:

    61 Rmtr. kiefern Kluft.
Der Forsthülfsaufseher Herr Dessau zu Wahrsow ertheilt auf Anfrage nähere Auskunft.
Schönberg, den 4. Februar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


Holz=Auction.

Am Montag den 11. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen im Carlower Kruge nachstehende Holzsortimente aus dem Röggeliner Holze meistbietend verkauft werden:

         1 buchen Block,
         1 kiefern Pumpenbaum,
     130 Rmtr. buchen Kluft,
ca. 220 Rmtr. buchen Olm,
       99 Fuder buchen Zweigholz.
Herr Förster Joachimi ertheilt auf Anfrage nähere Auskunft.
Schönberg, den 4. Februar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Holz=Auction.

Am Dienstag den 12. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen im Sahmkower Holze an Ort und Stelle nachstehende Holzsortimente meistbietend gegen baar verkauft werden:

14 Rmtr. eichen Kluft, Olm und Knüppel,
  4 Rmtr. buchen Olm,
12 Rmtr. buchen Knüppel,
40 Fuder buchen Durchforstholz,
30 Fuder buchen Zweigholz,
33 Stück buchen Wagendeichseln.
Zusammenkunft 10 Uhr Morgens am Pogetzer Schlagbaum.
Schönberg, den 4. Februar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Auction.

Am Montag, den 11. Februar d. J., von Morgens 10 Uhr an, sollen im Gastwirth Boje'schen Locale in Schönberg an abgepfändeten Gegenständen:

1 Kleiderschrank, 1 Eckschrank, 1 vollständiges Bett incl. Bettstelle mit Matratze, 1 Sophatisch, 1 Kommode, 1 Nähtisch, 4 Polsterstühle und andere diverse Gegenstände, sowie auch 11 Stücken wollene Kleiderzeuge
in öffentlicher Auction meistbietend gegen gleich baare Bezahlung versteigert werden.

Schönberg.                                                     Staffeldt, Landreiter.


Die Verlobung meiner Tochter Magdalena mit dem Lehrer an der hiesigen Realschule, Herrn Dr. phil. Emil Wunder, beehre ich mich hiemit ergebenst anzuzeigen.
Schönberg, den 1. Februar 1878.

Hugo Wohlfahrt,            
Großherzoglicher Hofrath und     
Justiz=Amts=Dirigent.         

-----------------

Meine Verlobung mit Fräulein Magdalena Wohlfahrt, Tochter des Hofraths Herrn H. Wohlfahrt hierselbst, beehre ich mich ergebenst anzuzeigen.
Schönberg, den 1. Februar 1878.

Emil Wunder, Dr. phil.     


Heute Morgen 5 3/4 Uhr hat der allgütige Gott meine Tochter Marie von ihren langen schweren Leiden erlöset und zu Sich genommen.
Schönberg, den 4. Februar 1878.

G. Dufft, Advocat.     


H. Prüss, Ratzeburg,
Fabrik für Herrenkleider.
Lager von Tuch= und Manufacturwaaren.

Den Rest diesjähriger Winterüberzieher, Sackos und Reiseröcke verkaufe zu ganz bedeutend heruntergesetzten Preisen.


Gußeiserne Grabkreuze
in großer hübscher Auswahl
empfiehlt                                                     C. Schwedt, Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 4]

Zu Ostern d. J. werden wiederum neue Zöglinge in das Großherzogliche Schullehrer=Seminar hierselbst aufgenommen werden. Die Aufnahmeprüfung wird am Donnerstag, den 21. März d. J. von Morgens 8 Uhr an, die durch Regierungsverfügung vom 17. Februar 1872 (Off. Anz. Nr. 8 dess. J.) vorgeschriebene ärztliche Untersuchung wird Tags zuvor stattfinden, und haben die Aspiranten sich dieserhalb bis zum 20. März Mittags im Seminar vorzustellen. Bei der Aufnahme werden diejenigen jungen Leute, welche das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben oder im laufenden Kalenderjahre noch zurücklegen, in erster Linie berücksichtigt werden.
Die Meldung, welche bis zum 13. März einzureichen ist, geschieht durch Einsendung eines von dem Seminar=Aspiranten selbst geschriebenen Lebenslaufes an den Unterzeichneten, worin namentlich über den Gang der Vorbildung, den bisherigen Aufenthalt und die etwaige Dienststellung berichtet wird. Diejenigen Aspiranten, welche öffentliche Schulen in Städten besucht haben, haben ein Abgangszeugniß von der zuletzt besuchten Schule beizufügen. Außerdem ist von einem jeden beizubringen: ein Taufschein, ein von dem betreffenden Prediger auszustellendes Zeugniß über sittliche Befähigung und untadelhafte Führung und eine vom Vater oder Vormunde vollzogene, von der Ortsobrigkeit beglaubigte Bescheinigung über das Vorhandensein der erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung des Eintrittsgeldes von M. 16,50 und des Pensionsgeldes von jährl. M. 75 auf 3 Jahre.
Noch wird bemerkt, daß in Folge Landesherrl. Bestimmung die Aufzunehmenden vor ihrem Eintritt in die Anstalt sich durch Beibringung eines von ihnen selbst, wie von den Vätern resp. Vormündern unterschriebenen, von den Ortsobrigkeiten zu beglaubigenden Reverses zum Landesherrlichen Dienst auf Zehn Jahre zu verpflichten haben.
Mirow, den 23. Januar 1878.

Beckström,        
Seminardirektor.     


Die Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner werden hierdurch davon in Kenntniß gesetzt, daß die Direction durch eine von dem hohen Senat der Stadt Lübeck unterstützte Eingabe an das königliche Ministerium des Innern in Berlin die dem Verein entzogene Concession zum Geschäftsbetriebe in der Preußischen Monarchie wiederzuerlangen sucht.
Inzwischen wird zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerkt, daß die bei dem Verein bereits bestehenden Versicherungs=Verträge durch die Entziehung der Concession in keiner Weise berührt werden, sondern in voller Gültigkeit verbleiben.
Lübeck im Januar 1878.

Die Direction des
Lübecker Feuer-Versicherungs-Vereins der Landbewohner.



Ein Esel ist preiswürdig zu verkaufen bei

Bäcker Neumann,     
Herrnburg.            


Hiedurch mache ich bekannt, daß ich jetzt eine

Mehlhandlung

eröffnet habe und bitte um gütigen Zuspruch.

Bäckermeister Vielhaack.
Schönberg.


Pferd Mein Hengst Champion, der auf der Ausstellung in Grevesmühlen im vor. Sommer die erste Prämie erhielt, deckt fremde Stuten für 15 M. und 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). an den Stall.

Rusch, Kl. Rünz.     


Gesucht

zu Ostern ein Mädchen für häusliche Arbeiten, welches auch melken kann, von

F. Fick, Gastwirth.     
Schönberg.          


Zu Ostern wird zu Hof Stove eine Köchin gesucht.      Lohn 120 Mark.


2 Knaben,

welche von Ostern d. J. ab die hiesige Schule besuchen sollen, finden freundliche Aufnahme in unmittelbarer Nähe derselben bei

E. Hauschild,               
Tischlerei und Bildhauerei.     

Schönberg, im Januar 1878.


Einen Lehrling

in die Tischlerlehre sucht unter günstigen Bedingungen

Kiel & Rindfleisch, Tischlermeister     
in Schönberg.                    


Eine Wohnung

bestehend aus Stube, Schlafstube, Küche und Bodenraum ist noch zu Ostern dieses Jahres zu vermiethen bei

J. Voß, Tuchmachermeister     
in Schönberg.               


Hagel-Versicherungs-Agenten
in Städten u. Dörfern werden für eine solide preußische Gesellschaft a. G. gegen hohe Provision gesucht.
Offerten sub. H. 2385 an die Annoncen=Expedition von Haasenstein & Vogler, Berlin.


Mein Regenschirm,

schwarz, mit hellbrauner geschnitzter Holz=Krücke ist irgendwo in der Stadt stehen geblieben. Ich bitte freundlichst, mir denselben, ev. gegen Trinkgeld, wieder zuzustellen.

Dr. Max Marung.     


Donnerstag d. 14. Februar
Grosse Maskerade,

wozu ein geehrtes Publikum Schönbergs und Umgegend ergebenst einladet

J. Köster Wwe.
Schönberg.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen12 M 50Pfennig  bis 14 M 30Pfennig.
Gerste14 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,10.
Hasen das St. M3,00 .
Hühner d. St. M1,30 .
Spickgans d. St. M3,00 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,70.
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 11 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 5. Februar 1878.


- Die Zahl der nach Paris ziehenden Arbeiter, Commis, Kellner, überhaupt der Arbeitsuchenden aller Art nimmt eher zu als ab, obgleich wiederholt nachdrücklich vor dem Zuzuge nach Paris gewarnt worden ist. Die österreichische Botschaft in Paris hat nun abermals eine Warnung deshalb erlassen, welche überall verbreitet werden soll, da jede Aussicht auf einen Erwerb in Paris ausgeschlossen sei.
- Schlecht gereinigtes Petroleum ist fast immer die Ursache entstehender Explosionen. Um zu erkennen, ob Petroleum gut gereinigt ist oder nicht, gieße man ein wenig davon auf einen flachen Teller. Entzündet es sich, wenn ein brennendes Zündhölzchen daran gehalten wird, so ist das Petroleum schlecht gereinigt und führt leicht die Gefahr von Explosionen herbei.
- Die Spitzeder hat ihr sehr irdisches Erdenwallen beschrieben oder beschreiben lassen und an einen Hamburger Buchhändler für 12,000 Mk. verkauft.
- Eine merkwürdige Verwendung hat das Telephon anläßlich der Hochzeit des Königs Alfons von Spanien oder richtiger in der Zeit des Brautstandes des jungen Paares gefunden. Die spanische Sitte will es, daß die Brautleute sich während einer Reihe von Tagen vor der Hochzeit nicht sehen. So weilte denn bis zum Hochzeitstage Donna Mercedes im Schlosse Aranjuez und König Alfons in seiner Residenz, in Madrid, und erst vor dem Traualtar der Kirche durfte der König mit der Infantin Mercedes wieder zusammentreffen. Nun ist aber der König, nach allen Berichten aus Madrid, verliebt, wie nur ein junger Spanier von 20 Jahren 2 Monaten (so alt ist der König) verliebt sein kann und so war er denn über diese Trennung ganz unglücklich. Da hat denn die königliche Verwaltung der spanischen Telegraphen zwischen dem königlichen Palais in Madrid, wo der Bräutigam, und dem historischen Lustschloß der spanischen Könige, wo die Braut weilte, eine Telephonverbindung herstellen lassen, die wie man aus Madrid schreibt, vortrefflich funktionirt und vermittelst deren der königliche Bräutigam mit seiner Infantin=Braut wenigstens aus der Ferne die heißesten Liebesschwüre austauschen kann.
- Die beiden in Berlin bestehenden Gesellschaften, welche die Erforschung Afrikas sich zur Aufgabe gemacht haben, nämlich die deutsche Gesellschaft zur Erforschung des äquatorialen Afrika und die deutsche afrikanische Gesellschaft haben sich nunmehr vereinigt und vorbehaltlich der nicht zu bezweifelnden Zustimmung der beiderseitigen Generalversammlungen beschlossen, neben ihren bisherigen vorwiegend wissenschaftlichen Bestrebungen nunmehr auch praktische Handels= und Culturzwecke zu verfolgen, da die Reisen Cameron's und E. Stanley's einen bisher ungeahnten Reichthum des inneren Afrika an Erzeugnissen der verschiedensten Art ergeben hätten. Der deutsche Handels= und Gewerbestand wird aufgefordert, sich diesen Bestrebungen anzuschließen und anzugeben, daß die Reichsregierung geneigt sei, zu diesen praktischen Zwecken vorläufig 100,000 Mark, deren Einstellung in den Budgetentwurf für die Periode vom 1. April 1878 bis dahin 1879 bereits erfolgt sei, Beitrag zu gewähren. Es wird angegeben, daß die Zerrissenheit Deutschlands bei den Entdeckungen früherer Jahrhunderte demselben immer nur die Nachlese habe zukommen lassen und es als Aufgabe des Handels= und Gewerbestandes bezeichnet, mit Rücksicht auf die Aussicht, dort ein weiteres Absatzgebiet für die Erzeugnisse europäischen Gewerbefleißes in großer Ausdehnung zu finden, der Frage der weiteren Erschließung jenes großen Continentes näher zu treten. - Eine geographisch=commerzielle Gesellschaft hat sich zu dem gleichen Zweck auch in der Schweiz gebildet.
- Fabelhafte Wirthsrechnungen für höchste, hohe und gewöhnliche Herrschaften sind, auch bei oft recht bescheidenen Leistungen, noch nie eine Seltenheit gewesen. So mußte s. Z. der Großherzog von Mecklenburg seinem Kalbsbraten und Salat in der Restauration des Wagnertheaters mit 60 Mark bezahlen. Anständiger wurde dagegen der deutsche Kronprinz auf der Rückreise aus Italien in Hof behandelt, wo er mit seinen 5 Begleitern ein Abendessen einnahm, über das er sich sehr befriedigt äußerte. Für alle 6 Couverte berechnete die Restauration 100 Mark.
- Die Stadt Charlottenburg soll ein Pendant zu dem "schlafenden Ulan" Gurs in der Person eines Mädchens erhalten haben, welches daselbst bereits seit sieben Tagen in einem todtähnlichen Starrkrampf liegt. Namentlich soll der Kranken jede Fähigkeit fehlen, ihre Glieder zu bewegen, so daß der geöffnete Mund offen stehen bleibt und die Arme da unbeweglich liegen bleiben, wohin man sie legt. Der Herzschlag ist ein äußerst geringer.
- In Nordhausen wird nicht nur der berühmte Nordhäuser, sondern auch Champagner=Bier gemacht, das vielleicht auch noch berühmt wird. Die beiden Wirthe, die vor Gericht gestellt wurden, gaben das Recept also an: Auf je 25 Liter Wasser wurden 1 1/2 Pfund Zucker und 1/8 Pfund Biercoleur, etwas Hefe und 2 Liter Jungbier genommen und daraus eine Mischung zusammengeqirlt, welche ohne vorherige Gährung auf Flaschen gefüllt und als Champagner=Bier verkauft wurde. Sie sind der Brausteuer=Defraudation angeklagt, erklären aber, daß sie nicht gebraut, sondern nur zubereitet haben, wie man eine Bowle, eine Limonade, einen Grog zubereite, ohne strafbar zu werden. Das Gericht beschloß die Zuziehung eines technischen Sachverständigen und vertagte die Sache.
- Ein armes Weib aus Csujafalva (Biharer Komitat) wurde, wie man aus Pest schreibt, unterwegs von Wölfen angefallen. Die Unglückliche machte verzweifelte Anstrengungen mit ihrem Stock, die Raubthiere von sich abzuwehren, aber nur zu bald entfiel die ohnmächtige Waffe ihrer Hand und über die erschöpft zu Boden Stürzende, der trotz ihres Jammergeschreies Niemand von den in der Umgebung Befindlichen herbeizuspringen wagte, fielen nun die Bestien her, ihr Opfer verschlingend.
- Moltke begleitete im Jahre 1856 den damaligen Prinzen Friedrich Wilhelm, den jetzigen Kronprinzen, zur Brautwerbung nach London. Die Rückreise machten der Prinz und Moltke über Paris, wo sie vom 13. bis 22. December die Gäste Napoleon III. waren. Moltke sah damals den Kaiser, der nach siegreicher Beendigung des Krimkrieges und der Geburt des Kindes von Frankreich auf der Höhe seines Glückes stand, zum erstenmal und schildert ihn in seinen Briefen an seine Gemahlin so: "Ich hatte mir Louis Napoleon größer gedacht; er sieht zu Pferde sehr gut aus, zu Fuß weniger. Eine gewisse Unbeweglichkeit der Zunge und der, ich möchte fast sagen, erloschene Blick seiner Augen fielen mir auf. Ein freundliches, ja gutmüthiges Lächeln herrscht in seiner Physiognomie vor, die wenig Napoleon'sches hat. Er sitzt meist, das Haupt leicht nach einer Seite geneigt, ruhig da, und gerade diese Ruhe, die ihn bekanntlich auch in gefährlichen Krisen nicht verläßt, mag es wohl sein, die den beweglichen Franzosen imponirt. Daß seine Ruhe nicht Apathie, sondern das Ergebniß eines überlegenden und eines festen Willens ist, haben die Begebenheiten gezeigt. Im Salon trägt er keine imponirende Haltung zur Schau, und im Gespräche wohnt ihm sogar eine gewisse Befangenheit bei. Er ist ein Empereur, aber kein König." In einem späteren Briefe fügte er hinzu: "Die

[ => Original lesen: 1878 Nr. 11 Seite 6]

Pariser Zustände sind keine normalen, aber es dürfte schwer anzugeben sein, was unter den einmal bestehenden Verhältnissen besser zu machen sei. Niemand kann sein eigener Enkel sein und der Gründer einer neuen Dynastie hat eine andere Stellung als der Erbe einer Reihe legitimer Vorfahren. Dieser fährt in dem alten Geleise, Jener hat neue Bahnen zu brechen und unendlich größere Ansprüche werden an seine Persönlichkeit gerichtet."
- Verschiedene Blätter berichten aus Insterburg über einen höchst seltsamen Fund. Man hat in dem hohlen Stamme einer Ulme eine in fast allen Theilen deutlich ausgeprägte Gestalt eines Kindes aus Holz vorgefunden. Einer Schilderung, die der Correspondent der "Pr.=L. Z." über das geheimnißvolle Gebilde giebt, entnehmen wir folgende Einzelheiten: "Der Kopf, welcher in seinem dem Stamme zugekehrten Theile hohl ist, läßt in voller Deutlichkeit die Kranznaht, die Pfeilnaht, die Lambdanaht und auch verwischt die Schuppennaht erkennen; ferner ist ein Abdruck der rechten Ohrmuschel ersichtlich, sowie Konturen des Nasenbeines. In voller Deutlichkeit tritt die linke Schulter mit dem herabhängenden linken Arm hervor, von welchem die Hand in unverkennbarer Deutlichkeit die Mittelhandknochenbildung hervortreten läßt. Die Brust tritt hervor, während der Bauch in seiner Form den Mangel sämmtlicher Weichtheile zeigt, also vollständig eingefallen ist. Der rechte Arm in seiner Bildung sieht aus, als wenn er im Schultergelenk aus der Pfanne gewichen ist; er verläuft in seinem unteren Theile nach der Brust, auf welcher weitere Spuren von ihm nicht erkennbar sind. Die Bildung der rechten unteren Extremität ist bis zum Fuße gänzlich normal; das linke Bein liegt mit seinem Unterschenkel im Kreuz mit dem rechten. Die ganze Figur ist, soweit kleine Messerproben ergeben haben, holzartig". (Doch kein neues Wunder?)
- Ein neues Lied vom braven Manne. Am 20. Januar wollten 3 Männer und ein Mädchen aus Veröcze, einer Bahnstation bei Waitzen, über die zugefrorene Donau nach der gegenüberliegenden Ortschaft K.=Oroszi gehen. Kaum hatten sie die Mitte des Stromes erreicht, als das bis dahin festgestandene Eis sich mit furchtbarem Krachen in Bewegung setzte und die Unglücklichen mit sich riß, die jeden Augenblick der Gefahr ausgesetzt waren, daß die Eistafel, auf der sie standen, in Stücke zerschelle. Zum Glücke verloren sie nicht die Geistesgegenwart. Sie sprangen unter fortwährender Lebensgefahr von einer Eisscholle auf die andere und erreichten so eine kleine Insel. Damit geriethen sie aber aus dem Regen in die Traufe. Die Donau begann nämlich in Folge des Treibeises zu steigen, und zwar so schnell, daß die flache Insel bald unter Wasser stand. Die Unglücklichen waren genöthigt, einige junge schwache Bäumchen zu erklettern, die unter ihrer Last schier zerbrachen. In dieser entsetzlichen Lage, zwischen Himmel und Wasser hängend, begannen sie in herzzerreißendem Tone um Hülfe zu rufen, allein von den am fernen Ufer Stehenden wagte Niemand, das lebensgefährliche Rettungswerk zu unternehmen. Endlich stand das angestaunte Eis wieder fest. Die Lage der vier Unglücklichen ward aber damit nicht verbessert, denn sie konnten nicht von den Bäumen herabsteigen. Unter ihnen hatte das Wasser schon eine Höhe von zwei Metern erreicht. In diesem kritischen Momente erschien der vor kaum einer halben Stunde von einer amtlichen Reise heimgekehrte Stuhlrichter Herr Franz Balazs. Rasch war er entschlossen, die vier Unglücklichen zu retten. Der zaudernden Menge rief er zu: wer menschlich fühle, möge ihm folgen. Der wackere Eisenbahn=Stationschef Giefeng erbot sich zuerst, dann noch mehrere brave Männer Mit außerordentlicher Mühe zogen sie dann einen Kahn über das Eis und gelangten auf die überschwemmte Insel, wo sie die 4 halb erfrorenen Menschen, die bei 10 Grad Kälte 8 Stunden lang in dieser furchtbaren Situation ausharren mußten, von den Bäumen herabhoben. Es währte lange, bis die Lebensretter, mit "Eljens" empfangen, ans Ufer gelangten; es war hohe Zeit, denn das Eis hatte sich wieder in Bewegung gesetzt.
- Aus Thüringen. Vergangenen Herbst passirte es einem unserer (Sonntags) Jäger, daß er auf dem Anstande einen prächtigen Zwölfender erlegte, er hatte nichts eiliger zu thun als nach Hause zu laufen und zwei Leute mit einem Handwagen zu requiriren, um die Beute heimzuholen. Als er mit den Transportmitteln zurückkehrte, wurde zwar der Hirsch noch vorgefunden, aber leider fehlte das schöne Geweih, die Trophäe, auf welche sich der Schütze schon unendlich gefreut hatte. Wahrscheinlich hatte ein während des Schusses in der Nähe sich befindlicher Wilddieb diesen ruchlosen Raub ausgeübt. Der Thäter hatte auch, um sein Werk leichter zu Vollbringen, gleich den Kopf mit abgeschnitten. Alle Nachsuchungen blieben erfolglos. Seit jener Zeit trug unser Jäger bei Ausübung der Jagd stets eine Handsäge, s. g. Fuchsschwanz in der Jagdtasche, um bei dem nächsten Hirsche vor allen Dingen das Geweih gleich absägen und mitnehmen zu können. Vor 14 Tagen will es nun das Schicksal, daß er auf dem Anstand abermals einen starken Hirsch zu Schusse bekommt, abdrücken und ihn unterm Feuer zusammenbrechen sehen, war eins. Mit gewaltigen Sätzen eilt der Nimrod auf den Erlegten zu - unterwegs schon die der Jagdtasche entnommene Säge in der Luft schwingend - und beginnt als erstes Werk, sofort dem Hirsch am Schädel zu sägen. Die nur langsam durch die dicke Haut dringende Säge hat, aber kaum den Schädelknochen berührt, als der durch einen Prellschuß bloß betäubt gewesene Hirsch mit einem gewaltigen Satze hochschnellt, den erschrockenen Jägersmann weit von sich schleudert und dann sammt der noch zwischen Haut und Knochen festsitzenden Säge mit einigen Sätzen in der nahen Dickung verschwindet. Hirsch und Säge sah man bis jetzt nicht wieder.
- Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, der s. Z. sterbend seiner Familie seine Schätze und seinem Volke seine Liebe vermachte, war ein etwas trockener Herr und hatte auch einen trockenen Witz. Ein Hauptmann in Wien, der Besitzer des berühmten Gasthofes zum "Goldenen Lamm" war, hatte ihm einmal einen besonderen Dienst erwiesen. Bitten Sie sich eine Gnade aus, sagte er ihm. - Der naive Hauptmann erbat nichts Geringeres als das goldene Vließ, den höchsten Orden Oesterreichs. Der Kaiser ging stillschweigend ins Nebenzimmer, löste von seinem goldenen Vließ die Kette los, brachte sie dem Hauptmann und sagte: So, da haben's die Kette vom goldnen Lampel, das Lampel haben's schon!
- Frage: Welche Aehnlichkeit besteht zwischen einem unglücklichen Liebhaber und einem Bummelzug? - Antwort: Beide halten überall an und fahren überall ab.
- Schwaben, wie es leibt und lebt, findet man in folgendem Adreßkalender, aus lauter Stuttgarter Namen gereimt.

Siegle, Vögtle, Strödle, Bräckle,
Single, Stredle, Stähle, Gäckle,
Nestle, Köhnle, Köble, Seible,
Maschle, Rühle, Röthle, Scheible,
Röhrle, Riedle, Stängle, Stückle,
Lehrle, Dietle, Größle, Rückle.

Curtius, Prätorius,
Rodius, Pistorius,
Kilgus und Porzelius,
Dignus, Parcus, Caelius,
Ketterlinus, Claudius,
Dittus, Bippus, Asimus.

Katzenwadel, Kuchenreuter,
Kostenbader, Kickeleiter,
Laubengeiger, Zillenbiller,
Meschenmoser, Creyaufmüller
Müllerschön und Mutschelknaus,
Stillkriech, Murthum, Osbelkaus etc.


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