No. 10
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. Februar
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 10 Seite 1]

Berlin als "Seehafen".

[] Der "Eisenbahnkönig" Dr. Strousberg, dem die Russen ein Jahr lang Gelegenheit gegeben haben, in der stillen Zurückgezogenheit über neue Projekte nachzudenken, überrascht jetzt die industrielle Welt mit dem Plan, Berlin mit einem großartig angelegten Kanal mit der Ost= und der Nordsee zu verbinden. Die Idee ist so großartig, daß man erstaunlich viel Phantasie aufwenden muß, um sie sich ausgeführt zu denken. Strousberg überwindet in einer diesen Plan betreffenden Broschüre alle der Ausführung entgegenstehenden Schwierigkeiten fast spielend und es ist nicht daran zu zweifeln, daß im Falle der Zustimmung der Regierung Berlin wirklich ein Seehafen wird.
Strousberg berechnet das zur Ausführung der Riesenanlage nötige Kapital auf 160 Millionen Mark. Trotz dieser Höhe veranschlagt der Verfasser eine Verzinsung von 10 pCt., wenn nur die Hälfte aller zwischen Ost= und Nordsee verkehrenden Schiffe durch den Hafen von Berlin geschleppt würden. Diese Lukrativität setzt den event. Unternehmen in den Stand, das Werk ohne Unterstützung der Regierung durchzusetzen.
Die englischen Zeitungen haben den neuesten Plan Strousbergs mit ungleich größerer Begeisterung aufgenommen, als bisher die Deutschen, die wohl durch die Erfahrungen der letztverflossenen Epoche gegen "Gründungen" etwas kühl geworden sind.
Die "Times" besonders, die von der Broschüre Kenntniß erhalten hatte, ehe dieselbe erschien, spricht sich sehr günstig darüber aus. "Bedenkt man die ungeheure Wichtigkeit des Projekts vom militärischen, politischen, wirtschaftlichen und industriellen Standpunkte aus, so ist es ganz unzweifelhaft, daß es Gegenstand eingehender Besprechungen werden wird. Sollte der Plan ausgeführt werden, so würde Berlin zur herrschenden Handels= und Industriestadt des Kontinents werden." So weit die "Times".
Unzweifelhaft wäre die Ausführung dieses Riesenprojekts eine Wohlthat für Deutschland, wenn es der Reichsregierung gelingt, die Schädigungen zu paralysiren, welche der deutschen Industrie dadurch erwüchsen, wenn das Ausland seine Waaren, ohne umfrachten zu müssen, bis in das Herz Deutschlands führt; denn Berlin ist als Knotenpunkt von nahezu einem Dutzend Eisenbahnen als dieses "Herz" zu betrachten.
Viele Tausende von Arbeitern würden bei dem Bau Beschäftigung finden, und wenngleich auch der Löwenantheil an den Lieferungen auf England fallen würde, bliebe doch immer noch unserer genügsamen Industrie genug, um sich daran aus den Miseren der letzten vier Jahre aufzurichten, abgesehen davon, daß die erwähnten Arbeiter in eine relative Consumtionsfähigkeit versetzt würde, die ebenfalls nicht ohne heilsame Wirkung auf die Industrie bleiben würde. Also schon der Bau allein würde eine stärkende Wirkung auf unsere volkswirthschaftliche Lage ausüben. Die Eröffnung des Kanals selbst würde aber geradezu eine Revolution auf dem Gebiete des Verkehrswesens hervorbringen deren Folgen unberechenbar sind.
Hamburg und Stettin, als die beiden Endpunkte des projektirten Kanals, würden viel von ihrer Bedeutung einbüßen. Die erstere Stadt würde zwar wegen ihres Freihafens immer noch eine hervorragende Rolle für den Transitverkehr spielen, als deutscher Import= und Exporthafen jedoch seine dominirende Stellung an Berlin abtreten, von wo aus der Eisenbahnverkehr ein bequemerer ist.
Wir wollen uns die Reflexionen darüber ersparen, eine wie große Bedeutung die Landstädte gewannen, an denen der neue Kanal vorübergeführt würde und wollen auch von einer Betrachtung der militärischen Wichtigkeit eines solchen Kanals absehen; dagegen ist es noch die kommerzielle Seite, der wir unsere Aufmerksamkeit schenken müssen; denn sie ist für die deutsche Industrie die bedenklichste Seite an dem ganzen Unternehmen.
Daß die englische Presse dem Projekt zujauchzt, ist ganz verständlich. Die englische Kohle, obwohl sie von besserer Qualität ist als die westphälische und schlesische, hat die beiden letzteren doch noch nicht zu verdrängen vermocht, weil der Transport von England übers Meer einen zu bedeutenden Preiszuschlag nöthig machte. Wenn die englische Kohle nicht mehr, wie heute, in Hamburg oder Bremen verladen zu werden braucht, sondern mit demselben Schiffe, das sie übers Meer gebracht, gleich direkt nach Berlin geht, so wäre damit für die englische Kohlenindustrie sehr viel gewonnen; sie könnte dann der deutschen eher wie jetzt, als eine ebenbürtige Konkurrentin an die Seite treten.
Hier schützend einzugreifen, würde die Aufgabe einer weisen Zollpolitik sein; aber die drohende Konkurrenz dürfte nicht im Stande sein, das Projekt überhaupt scheitern zu lassen. Berlin als Seehafen ist eine Idee, so großartig, daß man darüber nicht so ohne Weiteres zur Tagesordnung übergehen darf, besonders wenn ein Mann von der Spekulationskraft eines Dr. Strousberg die Sache in die Hand nimmt.


Politische Rundschau.

Fürst Bismarck hat dem Bundesrathe den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Stellvertretung eines Reichskanzlers, vorlegen lassen. Damit wär also die Aenderung der Organisation der Reichsverwaltung eingeleitet. Als der neue Vice=Reichs=Kanzler wird von liberaler Seite allgemein Herr v. Bennigsen bezeichnet.
In dieser Woche sollen in St. Petersburg die Verhandlungen behufs Regelung der jetzt sehr lästigen Verkehrsverhältnisse an der deutsch=russischen Grenze beginnen. Die Vertreter der deutschen Reichsregierung Geh. Oberfinanzrath Hitzig und Geh. Ober=Regierungsrath Keßler sind bereits in der russischen Hauptstadt eingetroffen.
Freycinet heißt der neue Arbeitsminister in Frankreich. Er ist mit Gambetta von 1870 her befreundet und war sein Kriegsminister, als dieser Dictator war. Von Haus aus ist er Ingenieur, ein junger Mann voll Energie und mit

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großen Plänen. Als Arbeitsminister hat er den Plan entworfen und der Kammer vertraulich dargelegt, Frankreich mit einem großen Eisenbahnnetz und Kanälen zu überziehen und für die Bahnbauten 3 Milliarden und für die Wasserbauten 1 Milliarde zu verwenden. (An Kanälen ist Frankreich ohnehin schon viel reicher als Deutschland.) Dieser Plan fand viel Zustimmung. Die Franzosen müssen wirklich ein reiches Volk sein! Man denke nur daran, daß sie Deutschland 5 Milliarden gezahlt und mindestens das Doppelte für Herstellung ihres Heeres, ihrer Festungen u. s. w gebraucht haben - und nun solche kostspielige Pläne, von denen Freycinet selber sagt, sie werden mehr kosten als 4 Milliarden, aber man müsse nur rasch anfangen.
Die Wogen der Erregung, welche Ende voriger Woche in England sehr hoch gingen, haben sich wieder verlaufen. Die Minister Derby und Carnarvon haben ihre Entlassungsgesuche zurückgenommen, weil der Premierminister seinen an die Mittelmeerflotte ergangenen Befehl, in die Dardanellen einzulaufen, widerrufen hat. - Während die übrigen Souveräne Europas sämmtlich hohe Würdenträger als ihre Vertreter bei dem Leichenbegängniß Victor Emanuels entsendeten, war die Königin von England durch eine wenig bekannte Persönlichkeit, den Earl Roden, vertreten. Dieser Umstand hat natürlich in Italien unangenehm berührt und der englische Premierminister sah sich im Oberhause zu der Erklärung genöthigt: er könne nur sagen, daß die Königin dem König Humbert den Hosenbandorden verliehen und daß der König diese Auszeichnung hoch aufgenommen habe. Die freundschaftlichen Gesinnungen, welche die Souveräne verbänden, vereinigten auch die Nationen.
König Humbert von Italien wird in herkömmlicher Weise den Höfen Europas seine Thronbesteigung durch eigenhändige Schreiben anzeigen, die durch außerordentliche Gesandte überreicht werden sollen. Nach Berlin soll General Cialdini, der lange Zeit italienischer Botschafter in Paris war, gehen.
Wiederum wird von einer Erkrankung des Papstes berichtet. Wenn auch nicht dieselbe zu ernsten Besorgnissen Anlaß geben soll, ist doch nach einer Nachricht vom Sonnabend, eine Verschlimmerung eingetreten, die den Leidenden ans Bett gefesselt hat.
Das edle Volk der Griechen scheint selbst nicht recht zu wissen, was es eigentlich will. Nach vielen Tumulten hat der König dem Drängen des Athener Pöbels nachgegeben und den friedliebenden Minister Deligeorgis durch den kriegerischen Komonduros ersetzt, der sogleich in der Kammer eine Kriegsrede hielt. Das Volk ist damit jedoch wieder nicht zufrieden. Ein Haufe von etwa 10,000 Personen zog vor sein Palais, schoß mit Revolvern, wobei mehrere Verwundungen vorkamen, und warf dem Minister die Fenster ein. Von da zog der Volkshaufe nach dem königlichen Palais und rief stürmisch den jungen König. In den Worten, welche dieser an die Menge richtete, bezeichnete er die Lage als schmerzlich für die griechische Nation und hob hervor, daß Niemand das Land mehr liebe als er. Nach weiteren Demonstrationen vor den Hotels der Minister gelang es den Truppen, die Tumultanten zu zerstreuen.
Der Abschluß des Waffenstillstandes, welcher in Adrianopel, woselbst das russische Hauptquartier am Sonntag (27.) eingerückt ist, stattfinden soll, hat sich bisher verzögert, - es scheinen dabei vorzugsweise Anstände in Bezug auf die militärischen Vorbedingungen für den Waffenstillstand obzuwalten.
Den Verlauf der Ereignisse in der Türkei bezeichnet man in den diplomatischen Kreisen von Paris folgendermaßen: Unterzeichnung der Friedenspräliminarien in Adrianopel, friedliche Zerstreuung der letzten türkischen Streitkräfte. Einzug des Großfürsten Nikolaus mit starker Eskorte in Konstantinopel zur Unterzeichnung des endgültigen Abschlusses des Friedens, Einschiffung des russischen Generalstabes in Konstantinopel nach Odessa, sofortige Eröffnung der Dardanellen für russische Kriegsschiffe, die ins Mittelmeer auslaufen.
Die Friedensbedingungen will Rußland mit den Großmächten von Kabinet zu Kabinet ordnen, bei Leibe nicht auf einem Congreß. Bismarck ist einverstanden; denn er kann die Congresse auch nicht leiden, weil zu viele hinein sprechen und oft unerwartete Dinge aufs Tapet kommen - ganz im Gegensatz zu Napoleon III., dem nichts über einen Congreß ging. Wenn Oesterreich und England zustimmen, so wirds hoffentlich glatt abgehen und der durch Bismarck berühmt gewordene pommersche Grenadier seine Knochen ganz und heil behalten.
Ueber die Friedensbedingungen selbst verlautet von officieller Seite noch nichts; doch sollen dieselben in den Kabinetten von Berlin und Wien schon längst bekannt sein.
Die letzten Ereignisse dieses Kriege setzen sich aus Folgendem zusammen : Die Armee Suleiman Pascha's ist bei ihrem Rückzüge von Sofia nach Philippopel seitwärts geworfen worden, hat sich nach heftigen aber unglücklichen Gefechten über das Gebirge geflüchtet und 97 Geschütze und 3000 Gefangene verloren. Die Trümmer des Heeres erreichten die Küste des Aegäischen Meeres. Die russischen Avantgarden der Armeen Gurko und Radetzky sind die Thäler der Maritza und der Tundscha hinabmarschirt. General Strutoff hat das von den Türken geräumte Adrianopel besetzt, die Garde=Cavallerie ist weiter vorgeschoben, das Gros der Armee des Großfürsten hat sich zwischen dem Balkan und Adrianopel entfaltet. - Mehemed Ali, dem die Vertheidigung der letzten Positionen vor Constantinopel anvertraut ist hat auch Kirk Kilissa (östlich von Adrianopel) geräumt und sich südlich auf die Hauptstadt zu zurückgezogen.
Die Türken haben bei ihrem Rückzuge in Rumelien derartige Verwüstungen angerichtet, daß es den Anschein hat als wollten sie diese Provinz für immer aufgeben; Constantinopel ist mit Flüchtlingen überfüllt, die Noth daselbst ist entsetzlich, die Bevölkerung theilweise niedergeschlagen, theilweise zur Empörung gegen den Sultan geneigt.
In Asten haben die Russen in der Nähe von Aitwin die Türken geschlagen und das Ardahan=Corps unter General Kamarow ist vor Batum erschienen.


Anzeigen.

Der Neubau eines Viehhauses auf der Meierei Wahrsow soll im Wege der Minuslicitation an einen zuverlässigen Unternehmer vergeben werden.
Riß und Anschlag, sowie die näheren Bedingungen können in der hiesigen Registratur eingesehen werden, und sind die schriftlichen Offerten bis zum 16. Febr. d. J. hierher einzureichen.
Schönberg, den 23. Januar 1878.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


In der Concurssache des Kaufmanns Ferdinand Seelig zu Schönberg ist, nachdem die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln getroffen, ein Liquidationstermin auf

Freitag, den 22. März c.,
Morgens 11 Uhr,

vor dem Großherzoglichen Justiz=Amte hieselbst angesetzt, zu welchem Alle, welche aus irgend einem Grunde Ansprüche und Forderungen an den Kaufmann Ferdinand Seelig zu Schönberg zu haben vermeinen, zwecks Anmeldung ihrer Ansprüche und Vorlegung ihrer schriftlichen Beweismittel unter dem hierdurch ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Abweisung von der vorhandenen Masse und des Ausschlusses mit ihren Beweismitteln, hiemit peremtorisch geladen werden.
Zugleich ist auch ein Termin auf

Freitag, den 3. Mai c.,
Morgens 11 Uhr,

vor dem hiesigen Justiz=Amte anberaumt zum Versuche der gütlichen Aufgreifung des Debitwesens und event. zur Prioritätsausführung, zu welchem die Seelig'schen Gläubiger unter dem ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Einwilligung in die Gerichtswegen zu machenden Vergleichsvorschläge - wobei etwaige Ablehnungen oder Fristgesuche von Bevollmächtigten nur im Falle einer auf Widerspruch gerichteten Specialvollmacht, bloße schriftliche Erklärungen aber überall nicht berücksichtigt werden können - und der Ausschließung mit der Prioritatsdeduction hierdurch geladen werden.
Den Seelig'schen Schuldnern wird hierdurch bei Strafe doppelter Zahlung aufgegeben, fortan nicht an den Cridar Seelig, sondern nur an das unterzeichnete Justiz=Amt oder an den zum interimistischen curator bonorum bestellten Herrn Senator Heinke zu Schönberg Zahlung zu leisten.
Schönberg, den 2. Januar 1878.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


[Seitenwechsel]
[ => Original lesen: 1878 Nr. 10 Seite 3][Seitenwechsel vorher]

Holz=Auction.

Am Sonnabend den 2. Februar, Morgens 9 Uhr, sollen in Kösters Hotel hieselbst nachstehende Holzsortimente aus dem Rupensdorfer Holze meistbietend verkauft werden:

        56 Fuder eichen Durchforstholz,
          9 Rmtr. birken und aspen Kluft und Knüppel, in Schälschlage.
ca. 110 Rmtr. loheichen Kluft und Knüppel,
ca. 140 Rmtr. buchen Kluft,
ca.   30 Fuder buchen Zweigholz, in der Försterkoppel.
Schönberg, den 27. Januar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Großherzoglisches Hoftheater in Schwerin.

Um den Wünschen auswärtiger Kunstfreunde auf's Neue entgegenzukommen, wird die unterzeichnete Hoftheater=Intendantur

am Mittwoch, den 6. Februar c.,
eine Extra=Vorstellung der
"Walküre"
von Richard Wagner,
vorzugsweise für auswärtige Besucher veranstalten.
Anfang der Vorstellung halb 6 Uhr.
Ende 10 Uhr.

Zur Rückbeförderung der auswärtigen Besucher wird die Eisenbahn=Direction von Schwerin aus Abends 11 Uhr 30 Minuten einen Extrazug nach Lübeck ablassen, welcher auf den Stationen Kleinen, Bobitz, Grevesmühlen und Schönberg anhält und in Lübeck etwa 1 Uhr 20 Minuten eintreffen wird. Die Herfahrt von diesen Stationen mit den fahrplanmäßigen Zügen und die Rückfahrt dahin mittelst Extrazuges erfolgt zum einfachen Fahrpreise gegen Lösung besonderer, nur für den 6. Februar gültiger Billets, welche der Abstempelung nicht bedürfen.
Der Verkauf der Fahrbillets wie auch der Theaterbillets findet für die Station Lübeck

nur Freitag, den 1. Februar,
Vorm. von 11 bis 1 Uhr
und Nachm. von 2 bis 6 Uhr,

für die Stationen Kleinen, Bobitz, Grevesmühlen und Schönberg

nur Sonnabend, den 2. Februar,
Vorm. von 8 bis 12 Uhr
und Nachm. von 2 bis 6 Uhr

an den Eisenbahn=Billetschaltern statt. Ohne gleichzeitige Lösung der entsprechenden Anzahl Fahr=Billets werden Theaterbillets nicht verabfolgt.
Die Preise der Theaterbillets sind folgende:
Fremdenloge 4 Mk., I. Rang 3 Mk., Parquet 2,25 Mk., Parquetloge 2 Mk., II. Rang 1,25 Mk., III. Rang 1 Mk.
Textbücher können schon bei Bezahlung der Billets gegen Erlegung von 80 Pf. pro Stück bezogen werden.
Schwerin, den 26. Januar 1878.

Großherzogliche Hoftheater-Intendantur.


Allen, die unserer lieben Schwester und Schwägerin das Geleite zu ihrem Grabe gegeben, sagen wir hiermit unsern herzlichsten Dank!
Schönberg, den 31. Januar 1878.

F. Stüve und Frau.     


Zu Ostern d. J. werden wiederum neue Zöglinge in das Großherzogliche Schullehrer=Seminar hierselbst aufgenommen werden. Die Aufnahmeprüfung wird am Donnerstag, den 21. März d. J. von Morgens 8 Uhr an, die durch Regierungsverfügung vom 17. Februar 1872 (Off. Anz. Nr. 8 dess. J.) vorgeschriebene ärztliche Untersuchung wird Tags zuvor stattfinden, und haben die Aspiranten sich dieserhalb bis zum 20. März Mittags im Seminar vorzustellen. Bei der Aufnahme werden diejenigen jungen Leute, welche das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben oder im laufenden Kalenderjahre noch zurücklegen, in erster Linie berücksichtigt werden.
Die Meldung, welche bis zum 13. März einzureichen ist, geschieht durch Einsendung eines von dem Seminar=Aspiranten selbst geschriebenen Lebenslaufes an den Unterzeichneten, worin namentlich über den Gang der Vorbildung, den bisherigen Aufenthalt und die etwaige Dienststellung berichtet wird. Diejenigen Aspiranten, welche öffentliche Schulen in Städten besucht haben, haben ein Abgangszeugniß von der zuletzt besuchten Schule beizufügen. Außerdem ist von einem jeden beizubringen: ein Taufschein, ein von dem betreffenden Prediger auszustellendes Zeugniß über sittliche Befähigung und untadelhafte Führung und eine vom Vater oder Vormunde vollzogene, von der Ortsobrigkeit beglaubigte Bescheinigung über das Vorhandensein der erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung des Eintrittsgeldes von M. 16,50 und des Pensionsgeldes von jährl. M. 75 auf 3 Jahre.
Noch wird bemerkt, daß in Folge Landesherrl. Bestimmung die Aufzunehmenden vor ihrem Eintritt in die Anstalt sich durch Beibringung eines von ihnen selbst, wie von den Vätern resp. Vormündern unterschriebenen, von den Ortsobrigkeiten zu beglaubigenden Reverses zum Landesherrlichen Dienst auf Zehn Jahre zu verpflichten haben.
Mirow, den 23. Januar 1878.

Beckström,        
Seminardirektor.     


Die Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner werden hierdurch davon in Kenntniß gesetzt, daß die Direction durch eine von dem hohen Senat der Stadt Lübeck unterstützte Eingabe an das königliche Ministerium des Innern in Berlin die dem Verein entzogene Concession zum Geschäftsbetriebe in der Preußischen Monarchie wiederzuerlangen sucht.
Inzwischen wird zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerkt, daß die bei dem Verein bereits bestehenden Versicherungs=Verträge durch die Entziehung der Concession in keiner Weise berührt werden, sondern in voller Gültigkeit verbleiben.
Lübeck im Januar 1878.

Die Direction des
Lübecker Feuer-Versicherungs-Vereins der Landbewohner.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 10 Seite 4]

Bei hartnäckigen Halsübeln das einzige Mittel!

          Herrn Fenchelhonigfabrikanten L. W. Egers in Breslau.

Bevern bei Holzminden, 27. Februar 1877.          

Schon lange bin ich Verehrer Ihres Fenchelhonigs*) und habe ihn als einziges Mittel erkannt, welches mir bei hartnäckigen Halsübeln sehr gute Dienste gethan hat. Ich möchte denselben nun auch als Handelsartikel einführen und ersuche Sie ..... (folgt Auftrag)

A. Schumacher.     

--------------------
     *) Alleinverkauf in Schönberg bei Buchbinder C. Sievers.


H. Prüss, Ratzeburg,
Fabrik für Herrenkleider.
Lager von Tuch= und Manufacturwaaren.

Den Rest diesjähriger Winterüberzieher, Sackos und Reiseröcke verkaufe zu ganz bedeutend heruntergesetzten Preisen.


Pferd Mein Hengst Champion, der auf der Ausstellung in Grevesmühlen im vor. Sommer die erste Prämie erhielt, deckt fremde Stuten für 15 M. und 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). an den Stall.

Rusch, Kl. Rünz.     


Specialarzt Dr. Kirchhoffer

in Straßburg (Elsaß) behandelt speciell Schwächezustände, Polut. Impot., nächtl. Bettnässen. (H281Q)


Es ist wissenschaftlich festgestellt, dass Cacao als Nahrungsmittel von unschätzbarem Werthe, dass eine reine unverfälschte Chocolade das gesundeste Getränk ist! Die Stollwercksche Hof-Chocoladen-Fabrik in Cöln haftet jedem Consumenten ihrer mit Stempel und Siegel versehenen Chocoladen für absolute Reinheit; ihr Product wurde auf der Weltausstellung zu Wien i. J. 1873 als das vorzüglichste von 137 Concurrenten pramiirt und ihr Etablissement zur Kaiserlichen Hof-Chocoladen-Fabrik, der einzigen im Deutschen Reiche ernannt. Auf der Weltausstellung in Philadelphia erhielt die Fabrik neuerdings die Preis-Medaille.
Die Chocoladen sind in den meisten grösseren Geschäften vorrätig; Aufträge von Privaten werden nur nach Orten von der Fabrik ausgeführt, wo sich keine Verkaufs-Niederlagen befinden.


Hagel-Versicherungs-Agenten
in Städten u. Dörfern werden für eine solide preußische Gesellschaft a. G. gegen hohe Provision gesucht.
Offerten sub. H. 2385 an die Annoncen=Expedition von Haasenstein & Vogler, Berlin.


2 Knaben,

welche von Ostern d. J. ab die hiesige Schule besuchen sollen, finden freundliche Aufnahme in unmittelbarer Nähe derselben bei

E. Hauschild,               
Tischlerei und Bildhauerei.     

Schönberg, im Januar 1878.


Zu Ostern wird zu Hof Stove eine Köchin gesucht.      Lohn 120 Mark.


Eine Wohnung

bestehend aus Stube, Schlafstube, Küche und Bodenraum ist noch zu Ostern dieses Jahres zu vermiethen bei

J. Voß, Tuchmachermeister     
in Schönberg.               


Mein Regenschirm,

schwarz, mit hellbrauner geschnitzter Holz=Krücke ist irgendwo in der Stadt stehen geblieben. Ich bitte freundlichst, mir denselben, ev. gegen Trinkgeld, wieder zuzustellen.

Dr. Max Marung.     


Zahnschmerzen jeder Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitig. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruhm erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke,
Bandagist.


Ein seltenes Ereigniss

ja, ein im Buchhandel gewiß Sensation erregender Fall ist es, wenn ein Buch 100 Auflagen erlebt, denn einen so großartigen Erfolg kann nur ein Werk erzielen, welches sich in ganz außerordentlicher Weise die Gunst des Publikums erworben hat. - Das berühmte populär=medicinische Werk: "Dr. Airy's Naturheilmethode" erschien in

Einhundertster Auflage

und liegt darin allein schon der beste Beweis für die Gediegenheit seines Inhalts. Diese reich illustrirte, vollständig umgearbeitete Jubel=Ausgabe kann mit Recht allen Kranken, welche bewährte Heilmittel zur Beseitigung ihrer Leiden anwenden wollen, dringend zur Durchsicht empfohlen werden. Die darin abgedruckten Original=Atteste beweisen die außerordentlichen Heilerfolge und sind eine Garantie dafür, daß das Vertrauen der Kranken nicht getäuscht wird. Obiges 544 Seiten starke, nur 1 Mark kostende Buch kann durch jede Buchhandlung bezogen werden, man verlange und nehme jedoch nur "Dr. Airy's Naturheilmethode", Original=Ausgabe von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig.

 

Von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig wird auf Wunsch ein Auszug von diesem Buche Jedermann gratis und franco zur Einsicht zugesandt.


Donnerstag d. 14. Februar
Grosse Maskerade,

wozu ein geehrtes Publikum Schönbergs und Umgegend ergebenst einladet

J. Köster Wwe.
Schönberg.


Tesch's Restauration.
Morgen Sonnabend
Marienthaler Bier v. Faß.


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag, 3. Februar.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen12 M 50Pfennig  bis 14 M 30Pfennig.
Gerste14 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,10 .
Hasen das St. M3,00 .
Hühner d. St. M1,20 .
Spickgans d. St. M3,00 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,70 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 10 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 10 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 1. Februar 1878.


- Die Gefühle der Päpstlichen in Rom sind durch den Kuß des deutschen Kronprinzen förmlich in Aufruhr gerathen. Es ist der Kuß, den der Sieger von Weißenburg und Wörth auf die Backen des jungen ital. Kronprinzen gedrückt hat, als er ihn auf dem Balkon des Quirinals dem jubelnden Volke zeigte. Das Jesuitenblatt Voce della Verita ("Stimme der Wahrheit" oder Lucus a non lucendo) schildert den Kuß kurzweg als Judaskuß. Dagegen erzählt die Köln. Z., wie die Sache ganz zufällig gekommen ist. Unser Kronprinz, der sich in den weit zurückliegenden Gemächern des Quirinals bei der königl. Familie befand, als Ceremonienmeister meldeten, daß das versammelte Volk das Königspaar zu sehen begehre, war anfangs durchaus nicht Willens, das letztere auf den Balkon zu begleiten. Nur auf dringendes Bitten von Humbert und Gemahlin trat er mit hervor und sah neben sich den in der Aufregung von den Eltern nicht beachteten kleinen Prinzen vergeblich an der Brüstung zappeln, um über dieselbe hinüberzuschauen. Da erbarmte er sich des Keinen und nahm ihn auf seine Arme - der zukünftige Kaiser des deutschen Reiches den zukünftigen König von Italien. Nur die fast instinktive Handlung eines väterlichen und kinderfreundlichen Gemüthes ward unbeabsichtigt zum bedeutungsvollen Symbol.
- In Madrid hatte der Tierbändiger Biedel dem königlichen Brautpaare das Anerbieten gemacht, den Hochzeitswagen durch gezähmte Löwen fahren zu lassen. Die Braut aber lehnte es ab und erklärte, sie wolle sich ihren Löwen selber zähmen und an unsichtbarem Seidenfaden führen.
- Bleichröder und Compagnie in Berlin ist jetzt der Mann der Rumänen. Sie holen seit dem Kriege mit Vorliebe ihre Ducaten und Anleihen in Berlin. Bis dahin bezogen sie ihre Bildung und Anleihen mit Vorliebe aus Paris und weil der Pariser Firniß nicht lange hielt, ließen sie sich alle paar Jahre in Paris auflackiren.
- Die Fuggers in Augsburg waren die Rothschilds des späteren Mittelalters. Sie vergaben zwar auch manche Anleihe, haben aber in der Hauptsache mit anderen Waaren gehandelt und ihr Geld verdient als mit Papieren. Auch in anderen Dingen waren sie anders. Der alte Fugger heizte einmal sein Zimmer mit Zimmet und zerriß einen kaiserlichen Schuldschein, um ihn ins Zimmetfeuer zu werfen. Das haben die Rothschilds niemals gethan und sind daher nur Freiherren geworden, während es die Fugger zu Grafen brachten. Später ist mancher von den Fuggern ein Luftikus geworden, was man den Rothschilds nicht nachsagen kann; freilich sind sie noch ein junges Geschlecht, das noch Wunderliches erleben kann. Wenn die Fuggers auch schon lange nicht mehr kaiserliche Schuldscheine zerreißen, so ist doch immer noch genug da, um die Leute neugierig zu machen, wer den jüngst ohne Kinder verstorbenen Reichsrath Graf Fugger beerben wird. Die vielen Linien sind nämlich so durcheinander und vielleicht auch übereinander gerathen, daß mancher Advokat dazu gehören wird, um sie zu entwirren.
- Niemand mehr will einen Sprung in die Luft thun, nicht einmal die Metzger in München ihren althergebrachten Sprung am Fastnachtsmontag, obwohl doch für die Metzger immer gute Zeit ist.
- Frau Johanne Seydel in Finsterwalde wurde 88 3/4 Jahre alt und als sie dieser Tage starb, trauerten 128 Nachkommen an ihrem Sarge: Söhne, Töchter, Schwiegersöhne, Schwiegertöchter, Enkel - 64 Urenkel und 1 Ururenkel. Ihr vorangegangen waren 76 Familienmitglieder. Wie viel Freude und Leid hat diese eine Frau erlebt, die nicht wie die Pyramiden auf 5000 Jahre stumm und todt herabgesehen, sondern, wie besonders gerühmt wird, an dem Leben und Ergehen aller Ihrigen mit warmen Herzen Antheil genommen hat bis zur letzten Stunde.
- Das perpetuum mobile, das heißt das Ding, das sich durch eigene Triebkraft unaufhörlich im Gang erhält, soll wieder einmal erfunden sein. Der Schießmeister Horstmann in Merseburg will's erfunden haben. Bis jetzt gabs nur menschliche perpetuum mobiles mit oft recht interessanter Triebkraft.
- Ein altehrwürdiges Denkmal der protestantischen Kirche ist neuerdings durch die Gesellschaft für Musikforschung wieder für Jedermann zugänglich gemacht worden. Es ist dies das älteste Wittenberger Gesangbuch von 1524, welches Johann Walther im Auftrage Luthers verfaßt hat. Lange Zeit zweifelte man an der Existenz dieses Werkes, bis vor etwa 25 Jahren sich ein Theil der Stimmen in Dresden vorfand und ein anderer Theil auf der Staatsbibliothek zu München. Mit Zuhülfenahme der Ausgabe von 1524 gelang es dem um die Musikgeschichte so vielfach verdienten Otto Kade in Schwerin, eine möglichst gereue Partitur herzustellen, die außerdem in Anmerkungen die Varianten der späteren Ausgaben mittheilt. Um auch dem Dilettanten Einsicht in das Werk zu ermöglichen, ist der Partitur ein Klavierauszug beigegeben und dieselbe in 2 Ausgaben erschienen: eine Prachtausgabe (15 Mark) und eine billigere (6 Mark), welche durch die T. Trautwein'sche Musikhandlung in Berlin zu beziehen sind.
- Lawinenstürze. Im Salzkammergut liegen so riesige Schneemengen, wie sie seit 50 bis 60 Jahren nicht gesehen wurden, und sieht man mit Bangen dem Thauwetter entgegen. Eine furchtbare Lawine, ganze Stämme, Felsblöcke und riesige Massen von Geröll mit sich führend, ging knapp vor dem Tunnel an der Grenze zwischen Steiermark und Oberösterreich in das Koppenthal und füllte die ganze Thalenge aus, so daß die Wasser der Traun zu einem See gestaut sich über den Bahnkörper ergossen und theilweise durch den Tunnel ihren Abfluß fanden. Der gesammte Überbau ist zerstört, die Schienen hängen in der Luft, die Dämme sind theilweise unterwaschen. Mit größter Energie und Ausdauer wurde an der Beseitigung jener Hindernisse gearbeitet, welche die Lawinenstürze von der Sonnensteinlehne an der Bahn nächst Ebensee verursachten. 6 Lawinen waren vom Berge abgestürzt und eine derselben förderte solche Schneemengen in die Tiefe, daß der große Raum vor dem Tunnel, die eiserne Gitterbrücke und die Straße bis zum Traunsee, viele Meter hoch ausgefüllt war. Tag und Nacht wurde an der Beseitigung der Schneemassen gearbeitet. Am 19. wurde durch mehrere Lawinen, die vom Sonnstein abgingen, der Verkehr nach der Strecke Gmunden=Oberkrain neuerdings unterbrochen. Leider wird auch eine furchtbare Katastrophe gemeldet. Aus Neuberg vom 19. schreibt man über die Verschüttung von 14 Personen durch eine Lawine Nachstehendes: Anläßlich des am 17. Jan. zu Frein stattgehabten Leichenbegängnisses des Forstwarts Kührschlager von Steinalpel strömten viele dortige Bewohner zur Leichenfeier herbei, um dem Dahingeschiedenen .die letzte Ehre zu erweisen. Als nach Beendigung der kirchlichen Funktion viele Personen die im "Lahnsattel" wohnen, den Heimweg antraten, ereilte mehrere derselben eine Schauder erregende Katastrophe. An der nach St. Egidi führenden Straße liegt das halbgemauerte Hochbauernhaus. Oberhalb dieses Hauses befindet sich der bewaldete Göller, und ein Theil dieses Berges heißt "Fleck". Der vor mehreren Tagen stattgefundene rapide Temperaturwechsel lockerte die auf dem Göller angehäuften Schneemassen derart auf, daß gerade an jenem Tage, an welchem die Bewohner des Lahnsattels den Rückweg von der er=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 10 Seite 6]

wähnten Leichenfeier antraten, beim Hause des Hechbauer eine riesige Schneelawine sich von dem Boden "Göllerfleck" loslöste und mit einem fürchterlichen Getöse niederging. Die Hechbauernkeusche, in welcher sich außer dem Besitzer seine Gattin, seine Kinder, eine Dienstmagd und mehrere Fremde zur Zeit des Niederganges der Lawine befanden, wurde buchstäblich demolirt, so daß kein Stein auf dem andern blieb. Auch wurden 8 Personen, die eben auf dem Heimwege zum Lahnsattel begriffen waren, gleichfalls unter dem Schnee begraben. Es war um 4 Uhr Nachmittags, als sich diese Katastrophe ereignete; noch an demselben Abende erschien der k. k. Forstverwalter Loibl aus Frein mit seinen Arbeitern, um den Verunglückten zu Hilfe zu eilen. Herr Loibl mußte jedoch beim Eintritte der Dämmerung seine Arbeiten einstellen, da man den Niedergang einer zweiten Abrutschung befürchtete; zwei der Verunglücken wurden total zermalmt zu Tage gefördert. Wie die weiteren Nachforschungen ergaben, fehlen noch 12 Personen. Da die Lawine, die ein Stück Wald mit sich fortriß und große Steinblöcke mit sich führte, mit einer ungeheuern Wucht niederstürzte, so ist auch kaum zu hoffen, daß nur Einer der Armen mit dem Leben davongekommen sei. Obgleich 120 Mann eifrig thätig waren, gelang es erst am 20. Nachmittags, 4 Personen von der Hechbauernfamilie in der Schneelawine aufzufinden. Alle waren todt, die Wände der Küche haben sie zerquetscht; der Haushund, welcher gleichfalls in der Küche war, ist am Leben.
- Es mag nicht allgemein bekannt sein, schreibt die B. B.-Z., daß neuerdings das Oelen des Weizens wieder stark eingerissen ist, und daß dasselbe namentlich dem Müllergewerbe, dann aber auch dem Publikum sehr beachtenswerthe Nachtheile verursacht. Vielleicht trägt diese Darlegung dazu bei, dem betrügerischen Verfahren zu steuern. Das Verfahren des Oelens des Weizens ist ein sehr einfaches. Der Fälscher bestreicht seine Schaufeln mit Oel und bearbeitet den Weizen damit, oder er bringt mittelst einer kleinen Spritze oder Gieskanne ein wenig Rüböl über den gelagerten Weizen und bearbeitet ihn dann. Der Gewinn, welchen er durch dieses Verfahren erzielt und der Schaden, welcher dem unbefangenen Käufer dieses Weizens entsteht, ist ein ganz enormer. Um 2000 Pfund Weizen zu ölen, ist nur ein ganz unbedeutendes Quantum Rüböl, circa 1-2 Pfund, im Werthe von 30- 50 Pfennig (Mecklenburg), nöthig. Wenn der Weizen in dieser Weise behandelt ist, fühlt er sich glatt und schön an, aber selbst dem geübtesten Auge ist es kaum möglich, eine Spur von Oel zu entdecken. Bekanntlich ist beim Einkauf des Weizens für die Werthbestimmung desselben das specifische Gewicht hauptsächlich maßgebend. Der geölte Weizen nun, welcher vorher circa 75 Kilo wog, gewinnt durch das Oelen ca. 3 Kilo per Hektoliter. Scheinbar ist dann der Weizen 10 - 12 % mehr werth. Nach dem Geldwerth berechnet, ist der Gewinn dann für den Verkäufer 20-24 M. pr. 2000 Pfd. bei einer Auslage für Oel von 30-50 Pfennig (Mecklenburg) und dem geringen Arbeitslohn, welchen das Durcharbeiten verursacht. Die scheinbare Zunahme des specifischen Gewichtes ist begründet durch die Glätte des Weizens, welche verursacht, daß eine bedeutend größere Anzahl Körner in den zu diesem Zwecke bestimmten Raummesser aufgenommen wird. Es wird nach diesem wohl jedem Müller klar werden, welche eminente Gefahr für sein ganzes Geschäft in dieser Manipulation liegt, denn abgesehen von dem Minderwerth des geölten Weizens an sich, ist die nächste Folge, daß der geölte Weizen, falls mit anderem guten Weizen untermischt, denselben ebenfalls von den Oeltheilchen mittheilt und eine richtige Ausmahlung desselben zur Unmöglichkeit macht. Ferner kann das Mehl daraus weder gut backen noch haltbar sein. Ebenso liegt es auf der Hand, daß reelle Händler in Getreide eine derartige Concurrenz nicht auszuhalten vermögen, denn der Kaufmann, welcher ölt, hat einen Vorsprung von 10 bis 12 % im Einkauf und Verkauf, welcher wohl kaum auszugleichen ist. Das Vorhergesagte bezieht sich überdies nicht auf Weizen allein, sondern auf alle Getreidesorten, deren specifisches Gewicht werthbestimmend ist. Glücklicherweise giebt es aber zwei Verfahren, um geöltes Getreide mit Sicherheit zu erkennen. Das eine Verfahren besteht darin, daß man zu dem beargwöhnten Weizen in einem kleinen Gefäß, welches besonders gut gereinigt sein muß, ein kleines Quantum gelben Curcumae=Pulvers zusetzt und mit dem Weizen durchschüttelt. Ist der Weizen geölt, so wird sich das Curcumae=Pulver an das Korn ansetzen, besonders an den sogenannten Bart und in die Kerbe, während ungeölter Weizen, selbst wenn er feucht ist, keine Spur des Pulvers annimmt. Das zweite zuverlässige Verfahren besteht darin, daß man ein Glas, welches sehr sorgfältig gereinigt sein muß, derart, daß jedes vielleicht anhaftende Fetttheilchen entfernt ist, mit reinem Wasser füllt und auf die Oberfläche desselben etwas crystallisirten Camphorstaub schüttelt. Die kleinen Theile Camphor, welche so fein sein müssen, daß dieselben schwimmen können, verdunsten oder lösen sich auf dem Wasser allmälig auf und gerathen durch diese Auflösung in beständige, lebhafte, drehende Bewegung, selbst wenn das Wasser ganz ruhig im Glase steht. Wirft man nun das beanstandende Getreide in das Wasser, so wird, falls dasselbe geölt ist, die drehende Bewegung des Camphors sofort aufhören, derselbe wird sich zusammenballen und ruhig auf dem Wasser schwimmen bleiben. Ist das Getreide nicht geölt, so geht die drehende Bewegung des Camphors ruhig weiter.
- Todesurtheil durch das Loos. Daß amerikanische Geschworene zuweilen durch das Loos sich über einen Wahrspruch einigen, ist eine alte Geschichte. Aber daß dies selbst in Fällen geschieht, in welchen es sich um Leben und Tod handelt - das möchte doch neu sein. In den letzten Tagen des December stand zu Shawneetown in County Galatin in Illinois John Aken wegen Mordes vor Gericht. Die Schuldbeweise waren sehr stark und keiner der zwölf Geschworenem war für Freisprechung, da die Vertheidigung es nicht gewagt hatte, die in solchen Fällen übliche Wahnsinnstheorie geltend zu machen. Wohl aber herrschte unter den Geschworenen große Meinungsverschiedenheit betreffs der dem Mörder zu ertheilenden Strafe. In Illinois bestimmen die Geschworenen selbst das Strafmaß. Im vorliegenden Falle waren nun neun Geschworene für lange Zuchthausstrafe, drei aber für Aufknüpfung. Da auf dem Wege der Erörterung keine Einigung zu erzielen war, beschlossen die zwölf Weisen, das Loos darüber entscheiden zu lassen, ob Herr John Aken ins Zuchthaus spazieren oder baumeln soll. Man looste mit drei Strohhalmen, der längste solle den Galgen bedeuten, der kürzeste zwanzig Jahre Zuchthaus, der zweitlängste lebenslängliches Zuchthaus. Das Loos entschied für den Galgen und demgemäß gab die Jury den Wahrspruch ab, daß John Aken sich des Mordes im ersten Grade schuldig gemacht habe und für sein Verbrechen am Galgen büßen solle. Da einer der Geschworenen den Mund nicht halten konnte, so bekamen Aken's Anwälte bald Wind von der Art, wie das Urtheil zu Stande gekommen. Sie verschafften sich von drei der Geschworenen eine eidliche schriftliche Erklärung über das Loosen und bewirkten, daß der Gerichtshof einen neuen Proceß bewilligte, welcher im März=Termin stattfinden soll. Ueber mehrere der Geschworenen verhängte der Gerichtshof Geldstrafen; drei mußten nämlich je 100 Dollar schwitzen und einer 50 Dollar. Die acht Uebrigen blieben seltsamerweise straflos.
- Seit etwa vier Jahren war in Hameln (Pr. Hannover der Wirth Scheffler auf der Schaumburg spurlos verschwunden. Seine Frau sagte aus, daß er sich nach dem nahe belegenen Holze begeben habe, um Laub zu holen. Als man das Gehölz untersuchte, wurde nur die Mütze des Vermißten, eine Hacke und ein Sack auf dem Laube vorgefunden. Jetzt hat die Frau, auf dem Krankenlager mit dem Tode ringend, das Geständniß abgelegt, ihren Mann im Backofen verbrannt zu haben.


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