No. 2
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. Januar
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 1]

Bekanntmachung.

Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militairpflichtigen der seemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1877 stattfindet

am Donnerstag, den 17. Januar 1878,
von Morgens 9 Uhr an,
in Wismar im Rubach'schen Gasthofe Stadt Altona.

Zu dem gedachten Termin haben sich bei Vermeidung der im § 24,7 der Ersatz=Ordnung angedrohten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen Bevölkerung aus dem hiesigen Aushebungsbezirk, welche im Jahre 1857 oder früher geboren und respective mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
Es wird bemerkt, daß nach Maaßgabe des § 21 der Ersatzordnung zur seemännischen Bevölkerung zu rechnen sind:

a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinisten=Assistenten und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.

Schönberg, den 20. December 1877.

Der Civilvorsitzende der Großherzoglichen Ersatzcommission des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
I.V.: Horn.


Politische Rundschau.

Der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Italien vom Jahre 1865 und der Schifffahrtsvertrag zwischen beiden Staaten vom Jahre 1867 ist bis zum 1. April d. J. verlängert worden.
Die telegraphischen Verbindungen zwischen Deutschland und Frankreich sind in diesen Tagen durch einen diesbezüglichen Vertrag wesentlich erleichtert worden. Für das gewöhnliche Telegramm von Deutschland nach Frankreich wird von nun ab auf alle Entfernungen der Preis von 16 Pf. für das Wort bei allen deutschen Telegraphen=Stationen zur Erhebung gelangen.
Der dem Bundesrathe vorgelegte Marine=Etat weist bei den ordentlichen Ausgaben ein Mehr von 3 1/2 Millionen Mark, bei den außerordentlichen ein solches von 6 Millionen Mark auf. Die Mehrausgaben in dem Militär=Etat betragen etwas über 3 1/2 Millionen Mark.
Dem nächsten Reichstag soll ein Nachtrag zu dem Flottengründungsplan vorgelegt werden. Die Verständigung über die Grundzüge einer solchen Vorlage setzt voraus, daß General von Stosch an der Spitze der Marineverwaltung verbleibe.
Es ist neuerdings einer reichsgesetzlichen Regelung des gesammten Versicherungswesens amtlich vorgearbeitet worden, wie sie seiner Zeit schon Staatsminister Delbrück anstrebte. Der Abg. Jacoby (Liegnitz), der eine Autorität auf diesem Gebiete ist, hat einen diese Frage betreffenden Bericht angefertigt, der in Regierungskreisen hohe Würdigung findet.
Frankreich. Das neue Ministerium fährt fort, die höheren Beamtenstellen mit Leuten zu besetzen, auf deren Ergebenheit es rechnen zu dürfen glaubt; nun fangen die Candidaten bereits an dünn zu werden. Uebrigens gehen die Wünsche der Republikaner schon ziemlich weit; selbst der Generalpostmeister Riaut ist ihnen ein Dorn im Auge wegen seiner politischen Gesinnung.
Von Ereignissen auf dem Bulgarischen Kriegsschauplatze liegen außer den unten genannten keine Nachrichten vor. Nur an der serbischen Grenze ist's lebendig Die Meldung von der Einnahme Pirots war verfrüht; indessen ehe sie widerrufen werden konnte, wurde sie zur Wahrheit. Am 28. December hielt die serbische Armee ihren Einzug in Pirot, wo dieselbe von der Bevölkerung mit dem Bischof an der Spitze enthusiastisch empfangen wurde. Es zeigt sich immer mehr, wie ungenügende Kräfte die Türken den Serben gegenübergestellt haben.
Aus Petersburg wird vom 31. Decbr. gemeldet: Nach einem äußerst schweren Übergang durch die mit Schnee bedeckten Berge auf überfrorenen Fußpfaden bei heftigem Frost und Wind besetzte die Vorhut unseres westlichen Detachement die Defileen des Balkans zwischen Arabkonak und Sofia. Unsere Cavallerie steht bereits auf der Straße nach Sofia. Der Feind war überrascht worden und deshalb betrug unser Verlust beim Debouchiren aus den Bergen nur 5 Verwundete. Wie schwer in dieser Jahreszeit der Uebergang über den Balkan ist, beweist der Umstand, daß der Marsch von Wratschesch bis Negoschewielischnitza, Schellawa

[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 2]

(Rjegosova, Jelesnica, Zelawa am Südabhange des Balkanabschnittes, der die Gegend um Orchanie und Wratschesch und die Hochebene von Sofia scheidet) drei Tage in Anspruch nahm. Weitere Details liegen noch nicht vor.
Die Königin Isabella von Spanien, welche sich in Paris aufhielt, hat dort wiederholt mit Don Carlos verhandelt und anscheinend gegen die spanische Regierung conspirirt. Dies hat das ganze Mißfallen der letzteren erweckt, sodaß, wie die "K. Z." Schreibt, die spanische Regierung in Bezug auf Erstere folgende Beschlüsse gefaßt haben soll : 1) jede Verbindung mit der Königin ist abgebrochen; 2) die Königin wird wegen Geistesstörung für interdicirt erklärt; 3) die Rückkehr nach Spanien, unter welchem Verwande auch immer, ist ihr verboten.


Die Todtenliste des vergangenen Jahres.

Unsere Zeit lebt sehr schnell; es ist als ob die Erfindungen menschlichen Geiste, die Verwerthung der Elektrizität und der Dampfkraft, auch das Seelenleben der Völker beeinflußten, als ob sie Vorbilder wurden für das heftige Ringen und Trachten nach materiellen Gütern, und als ob das Geschäftsleben der Nationen dabei immer mehr und mehr erkalte. Der Mann, der gestern noch hoch gefeiert, heute stirbt, ist morgen fast schon vergessen und aus Pietät gegen diejenigen, welche uns das verflossene Jahr entriß, wollen wir die Namen derselben heut nochmals in unser Gedächtniß zurückrufen.
Millionen und abermals Millionen, die der Krieg verschlang, die Krankheiten hinrafften, sie rissen schmerzliche Lücken in Millionen von Familien und wiegen in denselben ungleich schwerer als die Namen, welche wir hier anführen wollen. Aber jene Millionen sind für die Geschichte des Menschengeschlechts doch nur Zahlen und nur auf Wenige, ja selbst auf wenige von denen, die wir nennen, trifft das Wort Göthe's zu: "Es wird die Spur von seinen Erdentagen nicht in Armeen untergehen!"
Wir nennen von den im Vorjahr verstorbenen Persönlichkeiten, die durch ihre hohe Geburt, ihre hervorragenden Leistungen oder ihre bevorzugte Stellung einen weithin sichtbaren Platz in der menschlichen Gesellschaft einnahmen, zuerst diejenigen, welche Familienmitglieder regierender Häuser waren: Am 17. Januar starb die Prinzessin Friedrich Karl v. Preußen (Marie Louise Alexandrine); am 27. Januar der Herzog Eugen von Württemberg; am 13. Juni der regierende Großherzog Ludwig III. von Hessen; am 3. Juli die Königin Sophie von Holland; am 5. August Prinz Gustav Wasa; am 13. September die Königin=Wittwe von Sachsen; am 24. October fiel vor Rustschuck Prinz Sergei von Leuchtenberg; und am 8. November starb die Königin=Wittwe Amalie von Sachsen.
Die katholische Kirche hat ebenfalls schwere Verluste erlitten. Eine Anzahl von Kardinälen ist dem im vergangenen Jahre zu wiederholten Malen todtgesagten Papst vorangegangen. Von deutschen kirchlichen Würdenträgern starben der Bischof Ketteler von Mainz, der bekannte Prälat Kozmian und der Erzbischof Gregor von München=Freysing.
Und die Armee mußte folgende Namen aus ihrer Liste streichen: Feldmarschall Graf Wrangel, Feldmarschall Steinmetz, General Mannstein und General Caunstein ; Frankreich verlor seinen Changarnier und Aurellas des Paladines, England drei seiner Admirale, Spanien den alten Marschall Cabrera.
Die Diplomatie und Politik büßte viele glänzende Namen ein: Adolf Thiers, Ernst Picard (französischer Senator), Herzog von Albufera (Begründer der Suezkanalgesellschaft), Freiherr von Hardegg, (württembergischer Staatsminister a. D.) von Bethmann=Hollweg (ehemals preußischer Unterrichtsminister), Johann Jacoby aus Königsberg.
Auch die Wissenschaft stellt aus ihren Vertretern ein starkes Contingent für die Todtenliste, obgleich manche der Namen wenig oder gar nicht in das Volk gedrungen sind und diesem deshalb fremd klingen mögen. Es starben: Geh. Hofrath Dr. H. Brockhaus und Prof. Clemens Brockhaus in Leipzig, Prof. v. Reichlin=Meldegg, Prof. von Weiske in Leipzig, Prof. Alexander Braun in Berlin, Karl Wilhelm Pütz in Köln, K. E. Philipp Wackernagel, der bekannte Literaturhistoriker, der Leibarzt des Kaisers Napoleon Dr. Conneau, der Direktor der Thierarzneischule in Berlin Prof. Gerlach, die Philologen Bonuell und Zumpt, der Astronom Leverrier, der Direktor der Wiener Sternwarte Dr. v. Littrom, der Historiker Dr. Leopold v. Ledebur in Berlin, der Mediziner Dr. Barth, der Literaturhistoriker Prof. Dr. Creuzenach, die Afrikareisenden Marquis Antmory und de Bary, und der Dieter der Berliner Bauacademie Lucae.
Von hervorragenden Dichtern und Schriftstellern starben: Mosenthal, Hackländer, Karl Hugo (der Fürst der Poesie"); Paludan Müller, dänischer Dichter; Theodor Barriere, französischer Bühnenschriftsteller; Lucian Siminsky, polnischer Dichter in Krakau.
Von Malern und Zeichnern starben: der Nestor der deutschen Maler, Philipp Veit, der Decorationsmaler Moritz Lehmann, der Historienmaler Ulrich Halbreiter und Kaspar Braun, der weltbekannte Herausgeber der "Fliegenden Blätter" und der "Münchener Bilderbogen".
Die Musik verlor: den Kammermusikus Theod. Boldmann (Berlin ; Johann Herbeck (Wien); Kammermusikus Rühlmann (Dresden) und den italienischen Opernkomponisten Ricci.
Diejenige Kunst endlich, gegen deren Vertreter sich die Nachwelt am undankbarsten zeigt, die Schauspielkunst, mußte folgende leuchtende Namen von ihrer Tafel streichen: Sarah Felix, eine Schwester der berühmten Rachel; Karl Treumann, der letzte des Wiener Komiker=Trifoliums, 53 Jahre alt; Lafferriere, der berühmte Komiker; Baronin Dingelstedt, als Jenny Lutzer einst der gefeierte Liebling Wiens; Eduard Devrient, der große Dramaturg und Konversations=Schauspieler; Koroline Bauer, Jahre hindurch eine Zierde der deutschen Bühne; Therese Tietjens, die unglückliche Adele Grautzow und Mathilde Ramm; Adolf Glitz, 29 Jahre alt, ein Liebling des Wiener Publikums; Frau Fehringer=Knopp und Margaretha Stockhausen, Beide einst beliebte Sängerinnen.
Das sind die bedeutensten Posten in der Unsumme von Verlusten an Herzen und Geistern, welche das vergangene Jahr als Tribut der ewig unwandelbaren Natur forderte.


Anzeigen.

Nachdem der Kaufmann Ferdinand Seelig zu Schönberg die Anzeige gemacht, daß er sein Vermögen seinen Gläubigen abtrete, wird hiemit über dasselbe, unter Vorbehalt der creditorischen Rechte, der formelle Concurs=Proceß eröffnet.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 29. December 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                     Arndt.


Antragsmäßig soll über das vor Schönberg an der Lübecker Chaussee belegene, der Schönberger Schützenzunft gehörige Schützenhaus c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 2. März 1878,
Vormittags 11 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen die jetzigen als auch gegen die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 8. December 1877.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 3]

Zwecks Ermittelung der auf dem Nachlasse des am 14. Juni d. J. zu Duvennest verstorbenen Hauswirths Hans Jochen Wittfoth ruhenden Schulden ist von den Erbinteressenten die Ausbringung eines Proclams beantragt.
Demzufolge werden hiemit Alle und Jede, welche Forderungen und Ansprüche an den obenbezeichneten Nachlaß, in specie an die zu demselben gehörige, zu Duvennest belegene, von dem wailand Hauswirth Hans Jochen Wittfoth besessene Bauerstelle c. p. zu haben vermeinen , aufgefordert, solche in dem auf

Freitag, den 15. Februar 1878,
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte als Erbregulirungsbehörde, anstehenden Liquidationstermine anzumelden und gehörig zu bescheinigen, unter dem ein für alle Mal hiemit angedrohten Nachtheil der Abweisung und des Ausschlusses.
Schönberg, den 1. November 1877.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Holz=Auction.

Am Montag, den 7. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Lange in Ziethen nachstehende Holzsortimente aus dem Garnseerholz meistbietend verkauft werden:

  63 Raummeter buchen, Olm und Knorren,
100 Fuder Buchen=Durchforstholz,
    3 Fuder Tannen=Durchforstholz.

Schönberg, den 31. Dezember 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Holz=Auction.

Am Donnerstag den 10. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen im Kruge zu Boitin=Resdorf nachstehende Holzsortimente aus dem Resdorfer Söhren meistbietend verkauft werden:

83 Fuder eichen Durchforstholz,
  5 Fuder tannen Durchforstholz,
  3 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 1. Januar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Holz=Auction.

Mittwoch, den 8. Januar d. J , sollen im Strohkircher Holze meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

Eichen Bau= und Nutzholz=Drümme,
Eichhester zu Pfahl und Nutzholz,
Loheichen Klafterholz,
Buchen Nutzholz=Drümme,
Buchen Klafterholz,
Buchen Zweigholz.
Die Auction beginnt Morgens 10 Uhr, und wollen Käufer sich im Strohkircher Holz im Hau einfinden.
Vitense, den 2. Januar 1878.

L. Wiegandt.     


Auction.

Am Montag, den 7. Januar 1878, Mittags 12 1/2 Uhr, sollen im Kruge zu Campow an abgepfändeten Gegenständen in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

2 rothe Starken, 1 großer Milchenschrank, 1 Phaeton, 1 Koffer, 1 großer Tisch.
Schlagsdorf, den 25. December 1877.

Krüger, Landreiter.


Die auf Sonnabend, den 5. Jan. c., im Gastwirth Boye'schen Hause angesetzte Auction über Mobilien etc. findet nicht statt.
Schönberg, den 31. December 1877.

Staffeldt,          
Landreiter.     


Die unterzeichnete Prüfungs=Commission macht die im Jahre 1858 geborenen Wehrpflichtigen, welche die Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Dienst nachsuchen wollen, darauf aufmerksam, daß sie sich spätestens bis zum 1. Februar 1878 schriftlich zu melden, und bei dieser Meldung die Vorschriften in § 89 der Ersatz=Ordnung vom 28. September 1875 zu beachten haben.
Bis zu demselben Zeitpunkte haben sich auch diejenigen Wehrpflichtigen zu melden, welche ihre wissenschaftliche Befähigung für den einjährig=freiwilligen Dienst im März 1878 durch eine Prüfung nachweisen wollen.
Schwerin, den 15. December 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.
Das Militair=Mitglied : Baron Stenglin.
Das Civil=Mitglied: W. Schmidt.


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt
in Schönberg.

Die zu Antonii k. J. auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegten Capitalien fällig werdenden Zinsen werden wir bereits

am Mittwoch den 2. Januar 1878 Donnerstag den 3. Januar 1878
Freitag den 4. Januar 1878
und
Sonnabend den 5. Januar 1878
von 8-12 Uhr Vormittags

im Geschäftslocale der Anstalt auszahlen.
Schönberg den 15. December 1877.

Das Directorium.     


Spielwerke

4 bis 200 Stücke spielend; mit oder ohne Expression, Mandoline, Trommel, Glockenspiel, Castagnetten, Himmelsstimmen, Harfenspiel etc.

Spieldosen

2 bis 16 Stücke spielend, ferner Necessaires, Cigarrenständer, Schweizerhäuschen , Photographiealbums, Schreibzeuge, Handschuhkasten, Briefbeschwerer, Cigarrenetuis, Tabacksdosen, Arbeitstische, Flaschen, Biergläser, Portemonnaies, Stühle etc., alles mit Musik. Stets das Neueste empfiehlt

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Emil Jannicke,
Bandagist.


Allgemeine Gesellen=Krankenkasse.

Die Einzahlung des vierteljährigen Beitrages von Neujahr, bis Ostern geschieht am Sonntag, den 6. Januar, Nachmittags 3 Uhr, im Locale des Herrn Gastwirth J. Krüger hieselbst.


Gesucht wird zu Ostern ein

Lehrling,

der Lust hat Stellmacher zu werden.

H. Badstein,            
Stellmachermeister.     


Chocoladen
von Gebrüder Stollwerck, Cöln

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[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 4]

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Johanna Westphal,     
Schönberg.            


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am 18. Januar 1878,

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Carl Creutzfeldt, Lübeck.


Zu Ostern tüchtige verheirathete Arbeiter
Arbeiter
gesucht. Freie Wohnung und guten Lohn.

Carlshof bei Lübeck.     


Zu dem

am 11. Januar

stattfindenden

Bauernball

erlaube ich mir meine geehrten Gönner freundlichst einzuladen.

H. Voss,         
Rabensdorf.     


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag, 6. Januar.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche: fällt aus.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M 7Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen12 M 50Pfennig  bis 14 M 50Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Hasen das St. M3,00 .
Fette Enten d. St. M2,00 .
Hühner d. St. M1,30 .
Küken d. St. M0,80 .
Tauben d. St. M0,50 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .
Spickgans d. St. M3,00 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 2 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 4. Januar 1878.


- Kürzlich hat der Verein für Berliner Geschichte eine gemeinsame Wanderung in das Haus Nr. 76 in der Wilhelmsstraße gemacht. Das ist das äußerlich sehr unscheinbare Haus, in welchem Otto v. Bismarck seit dem 10. October 1862 als Minister des Aeußern und Reichskanzler gewohnt und die neueste Geschichte gemacht hat. Dieses Haus wird vollständig umgebaut und Bismarck siedelt in das neue für ihn bestimme Prachtgebäude an den Linden über. Am längsten haben die Herren vom Geschichtsverein in dem Arbeitszimmer Bismarcks verweilt, das sie der Mit= und Nachwelt also beschreiben:
Es ist ein kaum mittelgroßes zweifenstriges Zimmer, nach der Wilhelmstraße zu gelegen; eine Thür in der Seitenwand führt nach dem Empfangssaal, eine zweite an der Hinterwand in den Salon der Fürstin, die nördliche Seitenwand zeigt eine Tapetenthür, welche ins Schlafzimmer des Fürsten leitet. Eine mächtige Krystallkrone ziert die Decke, eine dunkle Tapete die Wände. Ueber dem breiten rothdamastenen Sopha in der Ecke hängt auf der einen Seite das Portrait des Kaisers in Civil, darunter in kleinerem Portrait das Bild des Kaisers in Uniform und der verwittweten Großherzogin von Mecklenburg, auf der anderen Seite eine große Photographie des Königs Ludwig von Bayern, darunter ein farbiges Portrait des Königs Victor Emanuel mit der eigenhändigen Widmung des Regalantuome. Die nördliche Seitenwand zeigt die Bildnisse des großen Kurfürsten und Friedrichs II., sowie eine Photographie der Fürstin; ein Bildniß in Gouache der Gräfin Marie Bismarck schmückt die linke Seite der südlichen Wand. Ein breiter Spiegel in Goldrahmen füllt den Fensterpfeiler aus. Ganz in der Nähe des letzteren steht der riesige Arbeitstisch des Kanzlers; auf demselben nur eine Lage Löschpapier, ein niedriger zweiarmiger Leuchter, eine Stutzuhr, ein Briefbeschwerer, ein Tintenfaß mit einem Federhalter von ganz ungewöhnlicher Länge und zu den Bleistiften passend, die einst Maurus Jokat derartig imponirten, daß er sagte sie hätten auf der Landkarte von Berlin bis nach Triest gereicht. Zu beiden Seiten des mächtigen Sessels stehen zwei niedrige Bücherständer; auf dem linken lag das preußische Staatshandbuch, die Ordensliste, Wheaton, commentaire, mit der eigenhändigen Widmung des Verfassers, der gothaische Kalender und - die "Losungen der Brüdergemeinde für 1877". Auf dem Ziehbrett eines Cylinderbureaus endlich befand sich ein Kürassierhelm und drei Exemplare der weltbekannten weißen Mützen mit gelbem Streifen; unmittelbar daneben standen drei Pallasche. So schlicht die Worte, so schlicht die Ausstattung dieses Raumes und doch ist derselbe geweiht für alle Zeiten seit jenem 10. October 1862, da Herr von Bismarck denselben zum ersten Male betrat. Ein Stück Weltgeschichte in großartigstem Stile ist durch dieses Haus gegangen. Hier in diesem Arbeitszimmer sagte der Mann von Blut und Eisen am 4. December 1862 dem Grafen Karolyi, Oesterreich möge seinen Schwerpunkt nach Pest verlegen; hier hat er mit dem Augustenburger verhandelt, hier ward am 8. April 1866 das Bündniß mit Italien geschlossen; hier erwiderte der Kanzler am 6. Juli 1866 auf Benedetti's Aeußerung "Entweder den Krieg oder Mainz": "Nun gut, dann haben Sie den Krieg!" hier übergab derselbe Benedetti die später so berühmt gewordenen Enthüllungen, hier hat Graf Andrassy, hier hat erst Gortschakoff gesessen, hier ist das berliner Memorandum verfaßt; hierher richteten sich an den Geburtstagen des großen Mannes die Tausend und abertausend Wünsche des deutschem Volkes; hier erschien Kaiser Alexander, so oft er in Berlin war, hier hat [Fehlstelle] Kronprinz geweilt; hier begrüßte wiederholt der Kaiser Wilhelm seinen großen Kanzler. An diesem schlichten Schreibtische schrieb Fürst Bismarck seine Noten, hier faßte er die Ideen, die der deutschen und europäischen Welt eine neue Richtung gegeben. Man fühlte das Wehen des weltgeschichtlichen Geistes, der in diesem Hause gewaltet, und in gehobener Stimmung, mit patriotischem Stolze schied die Gesellschaft von dieser geweihten Stätte.
- Japan hat allen Staaten seine Handelsverträge gekündigt.
- Montag, den 18. Februar nächsten Jahres findet in Berlin eine fürstliche Doppelhochzeit statt. 1) die Vermählung der Prinzessin Charlotte mit dem Erbprinzen von Meiningen und 2) der Prinzessin Elisabeth, Tochter des Prinzen Friedrich Carl, mit dem Erbgroßherzog von Oldenburg.
Der Berichterstatter für englische Zeitungen, der neulich in Berlin verhaftet wurde, hat sich zweifellos der Beamtenbestechung schuldig gemacht. Deshalb ist mit ihm gleichzeitig ein im Kriegsministerium beschäftigter Beamter verhaftet worden. Welche Papiere der englische Spion ausgehändigt erhalten hat, ist noch nicht festgestellt.
- Was der Löwen=Bändiger zu Land, ist der Krokodil=Mann im Wasser. Er begiebt sich in die neumodischen Riesen=Aquarien, die von zahlreichen See=Ungethümen wimmeln und führt mit ihnen Kunststücke aus, daß den lieben guten Zuschauern die Nerven noch angenehmer geängstigt werden, als von den haarsträubenden Kunststücken der Löwenbändiger. Im Riesen=Aquarium in Brigthon in England läßt sich ein Taucher inmitten einer unheimlichen Gesellschaft von Krokodilen, Alligatoren, Wasserschlangen, Riesenschildkröten, Meerlöwen und ähnlichem Gethier sehen, er jagt die Thiere durcheinander, stößt und schlägt sie. Der ungeheure Wasserbehälter ist mit elektrischem Lichte beleuchtet, so daß das liebe Publikum die Jagd genau verfolgen kann.
- (Unsere Zeitrechnung in Minuten). In Wesel wurde dieser Tage, der "Wes.=Ztg." zufolge, in einer Wirtschaft eine interessante Wette verloren. Zwei der Gäste widersprachen nämlich der Behauptung eines dritten, daß seit der Geburt Christi bis auf den heutigen Tag nicht mehr, denn eine Milliarde Minuten verflossen seien und wetteten dabei um ein Kölner=Dombauloos. Der, welcher behauptet hatte, es seien noch keine Milliarde Minuten seit Christi Geburt verflossen, gewann die Wette, indem er durch Zahlen nachwies, daß bis dato noch ca. 12 Millionen Minuten an dem Verlauf einer Milliarde Minuten fehlten.
- Bettelwesen. Schaaren von Handwerksburschen, "armen Reisenden" und dergl. durchziehen gegenwärtig Deutschland, und da sie in den Städten durch geregeltes Polizeiwesen meist sofort entfernt werden, sobald sie arbeitslos sind, so brandschätzen sie vorzugsweise die Dörfer. Nicht selten verbirgt sich unter der Maske des Bettlers der Strolch, der dem Zuchthaus entlassene oder entlaufene Verbrecher, der gewerbsmäßige Gauner und es versteht sich von selbst, daß dem Landmann daraus die schlimmste Landplage erwächst, trotz der Dorfpolizei und Gendarmerie. Oft jammert uns das junge Blut, welches da in schlechteste Gesellschaft geräth, sich ans Stromern gewöhnt und schließlich untergeht. Könnte da nicht von Staatswegen eine Art Internat geschaffen werden, wo alle die Arbeitslosen gesammelt und zur Ordnung angehalten würden? Nähme man sich der Nothleidenden an, würden sicher weniger Verbrecher daraus werden. Strolche aber, welche zum Vergnügen bummeln und betteln, darf der Staat gar nicht frei laufen lassen. Wunderbar ist es dabei doch, wie verhältnißmäßig äußerst wenige Bettler dem weiblichen Geschlechte angehören. Das

[ => Original lesen: 1878 Nr. 2 Seite 6]

Weib, wenn es nicht ganz tief gesunken ist, sucht sich durch Arbeit und Entbehrung in einem gesetzlichen Zustande zu erhalten, es ist mehr Ehrgefühl im verarmten Weibe als im verarmten Mann. Die Ehrlosigkeit des bettelnden Umherziehens ist zum Theil eine Folge der Wühlereien, welche Arbeitgeber und Nehmer verhetzt haben und schließlich nicht darnach fragen, hinter welchem Zaun der brodlos gemachte Arbeiter liegen bleibt. Die Möglichkeit solches Stromerns aber ist ein Fehler unserer modernen Gesetzgebung. Vor allen sollten die Städte diese Personen nicht auf die Dörfer schicken dürfen. In den Städten wird das Proletariat erzeugt, die Landbewohner sollen es ernähren. Nein, man bringe diese Bummler sofort in Arbeitshäusern unter, anstatt sie von Ort zu Ort zu schubben und die Landplage dadurch zum Krebsschaden zu machen!
- In einem der zahlreichen billigen Restaurants des Quartier latin zu Paris wird eine schöne und große Katze gehalten, die von allen Stammgästen des Etablissements wohlgekannt ist. So oft man ihnen nun einen Kaninchenbraten auftischt, erklären sie einmüthig, die Speise nicht anrühren zu wollen, ehe man ihnen die Katze des Etablissements lebend gezeigt hat.
- Ein entsetzliches Unglück ereignete sich am Weihnachtsheiligabend auf dem Potsdamer Bahnhofe in Berlin. Ein Telegraphist der Dresdner Bahn war im Begriff, die Schienen der dicht daneben liegenden Potsdamer Bahn zu überschreiten, m auf kürzestem Wege zu seiner, in der Flottwellstraße gelegenen Wohnung zu gelangen. Er erblickt am Fenster seine junge Frau und seine Kinder, die dem Papa freudig zunicken, auch er wirft ihnen Handgrüße zu und sieht dabei nicht den in den Bahnhof fahrenden 1 Uhr=Zug. Es ereignet sich das Entsetzliche, daß der Mann vor den Augen der Frau und Kinder vom Zuge erfaßt und zermalmt wird. Auf dem Zuge hat Niemand etwas bemerkt, erst in der Halle sieht man die Mütze eines Dresdener Bahnbeamten an der Maschine hängen; die Frau aber blickt von oben auf den zermalmten Körper des Gatten und Vaters, wie sein Blut den Schnee färbt. Der Unglückliche war sofort todt. Am Hinterkopf schwer verletzt, beide Beine überfahren, hat er sich nicht mehr gerührt. Welch eine entsetzliche Weihnacht für die arme Familie.
- Aus Rotterdam wird gemeldet: Ein entsetzliches Unglück, das in viele Familien des Landes unsäglichen Jammer bringt, nimmt die öffentliche Aufmerksamkeit vollständig in Anspruch. Das Dampfschiff "Friesland", von Batavia kommend, mit einer kostbaren, für 3 Millionen Gulden versicherten Ladung, mit 55 Mann indischer Truppen, die nach vollbrachter Dienstzeit nach Europa zurückkehrten und etwa 200 Passagieren, lauter Familien indischer Offiziere und Beamten, worunter etwa 70 Frauen und 35 Kinder, ist spurlos verschwunden! Am 4. December segelte das Schiff von Gibraltar ab und mußte spätestens am 10. oder 11. December in Helder ankommen. In der Nacht vom 8. auf den 9. December wüthete im Meerbusen von Biscaya, diesem Grabe so unzählig vieler Schiffe, ein fürchterlicher Orkan, dem die "Friesland" wohl zum Opfer gefallen sein wird. Gestern gelangte aus London ein Telegramm hierher, nach welchem das englische Schiff "Thessalia" im Sturme ein Wrack und eine Masse Kaffeeballen treiben sah. Da die Beschreibung der Verpackung der letzteren vollkommen zutrifft, so ist an dem vollständigen Untergange des Schiffes mit Mann und Maus nicht mehr zu zweifeln. Im vorigen Jahre ereignete sich in der Sunda=Straße mit dem Schiffe "General Krusen" ein ähnlicher Unglücksfall.
- Ein moderner Vagabund glaubte von dem ihn einliefernden Gensdarm nicht mit der schuldigen Rücksicht behandelt zu werden, und machte ihm das mit den Worten bemerklich: "Sie brauchen gar nicht so wichtig zu thun und die Nase so hoch zu tragen, unsereins muß sich ja doch schämen, sich mit Ihnen auf der Straße sehen zu lassen.
Die Glasbrenner'sche Montags=Zeitung bringt unter dem Titel "Postsecretärs Fernsprech=Jammer" folgendes launige Gedicht:

Wie junger Most
Gährt auf der Post
Der Secretär
Schon jetzt oft sehr,
Denn der Verkehr
Steigt immer mehr!
Den Nerv, den starken,
Nachgrade schwächt's:
Links "Dreiermarken",
Ein "Kreuzband" rechts;
Und eh' zur Speisung
Er Mittags geht,
"'Ne Geldanweisung"
Und "ein Packet 1" - -
Und täglich Schlimmer
Wird es noch immer:
Der Rohrpost schon,
- ES ist sein Schade! -
Folgt ohne Gnade
Das Telephon!
Das bringt ihm Kummer,
Der Thränen preßt,
Raubt ihm den Schlummer,
Giebt ihm den Rest!
Er darf nicht schweigen
Bei Tag und Nacht,
Bald muß er zeigen,
"Wie man es macht" -
Bald muß er lauschen;
Am Hörrohr dort
Verräth das Rauschen
Ein nahend Wort.
Ist Jemand heiser
Und redet leiser,
Ständ' auch auf Kohlen
Der Secretär:
Muß schleunigst er
Es wiederholen!
Hier zahlt erfreut
Die Küchenmaid
Der Nickel vier,
Er soll sich sputen
Dem Grenadier
'Nen Kuß zu tuten ;
Dort schreit von Weiten
Ein Freund ihm zu:
"Kommst heut bei Zeiten
Zu Lehmann's Du?!" -
Die Töne brausen
Um ihn herum,
schon wird vom Sausen
Der Kopf ihm dumm.
Dort spielt der Eine
Per Draht Klavier,
Im Mondenscheine
Singt jener hier;
Da tönt behende
Ihm zu der Satz
Vom andern Ende:
"Wo ist die Katz?!" -
Hilf Gott in Nöthen,
Wenn Alles schreit
Auf fünfzig Drähten
zu gleicher Zeit,
Und er mit Beben
Muß Antwort geben
So früh als spat
Am Apparat!
Bald sind die Lungen
Dem Secretär
Entzwei gesprungen -
Er kann nicht mehr!
In wenig Wochen
Gescheh'n ist's schon:
Er liegt ersprochen
Am Telephon.


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