No. 3
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 08. Januar
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 1]

   Es wird hierdurch gemeinkundig gemacht, daß die Räudekrankheit unter den Schafen des Schulzen Ollrogge zu Niendorf nunmehr erloschen ist.
   Schönberg, den 2. Januar 1878.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.


Das Testament Peters des Großen.

Napoleon III. hat den meisten seiner Kriege einen Mantel umgehängt, dessen eigenthümlicher Schnitt die Sinne der Gefühlspolitiker bestach - wir meinen das "Nationalitätsprinzip." Daß dasselbe politisch unhaltbar sei, hat sich schon bei Lebzeiten seines Erfinders klar herausgestellt. Hat er doch selbst die italienischen Fürstenthümer Nizza und Savoyen nicht verschmäht und zu guterletzt noch seine Hand nach dem deutschen Rhein ausgestreckt. Ganz im Gegensatz zum Nationalitätsprinzip steht das barbarische Prinzip der Weltunterjochung, wie es im Alterthum von Alexander dem Großen, späterhin vom Römereiche und in unserer Zeitrechnung von den Arabern praktisch durchzuführen versucht wurde.
Heutzutage würde man derartigen Ideen nur ein mitleidiges Lächeln schenken, ja kaum an ihr wirkliches Vorhandensein glauben. Die listige" Herrschaft über die Erde, wie sie Frankreich mit seinem "Gloire" auszuüben wähnte, ist unter den Trümmern des napoleonidischen Kaiserreichs begraben und die sogen. "Monroedoktrin" der Amerikaner ("Amerika soll ganz den Amerikanern gehören") hat sich ebenfalls als wurmstichig gezeigt. Englands Kolonieräuberei hat nur merkantile Zwecke und bedroht die Unabhängigkeit der übrigen civilisirten Nationen nur in geringem Grade. Aber eine Macht, eine Idee existirt noch, die unserer Cultur und Freiheit gefährlich werden könnten, der Panslavismus (Russenthum), das seinen unverschleierten Ausdruck in dem Testament Peters des Großen findet.
Von diesem mysteriösen und eigenthümlichen Schriftstücke existiren vier verschiedene Lesarten und bleibt überhaupt zweifelhaft, ob dasselbe echt sei. 1812 wurde es der Welt zuerst bekannt; man hielt es damals allgemein für ein Machwerk Napoleons, der damit den Westen Europa's in Schrecken zu setzen vermeinte. Aber in den dreißiger Jahren gab der geheimnißvolle Kavalier von Con seine Memoiren heraus, welche das Testament ebenfalls enthielten. Con hatte seine halbe Lebenszeit in Weiberkleidung an verschiedenen Höfen Europa's gelebt, war auch fünf Jahre lang Gesandter Frankreichs bei dem russischen Hofe und stand mit der Kaiserin Elisabeth auf sehr vertrautem Fuße. Ihm sei es gestattet worden, so heißt es, die geheimsten russischen Staatsarchive einzusehen, und bei dieser Gelegenheit habe er unter den geheimen Papieren des Schlosses zu Peterhof auch jenes mysterienhafte Testament Peters I. gefunden und abgeschrieben.
Ob diese Angabe auf Wahrheit beruht oder nicht, ist allerdings bis auf den heutigen Tag zweifelhaft geblieben; soviel nur steht fest, daß die russische Politik im Allgemeinen den Weisungen folgt, die ihm das erwähnte Dokument vorschreibt. Wegen des allgemeinsten Interesses, den das ganze westliche Europa daran hat, geben wir den Wortlaut des politischen Vermächtnisses in kurzem Auszuge hier wieder.
"Nach dem Plane der Vorsehung ist das russische Volk berufen zur allgemeinen Herrschaft über Europa für die Zukunft. Die anderen Nationen in Europa befinden sich einem völliger Hinfälligkeit nahen Zustande verlebten Greisenalters oder eilen dem mit raschen Schritten entgegen. Es kann nicht schwer halten, daß sie schnell und unzweifelhaft der Unterjochung durch ein junges neues Volk unterliegen, sobald dies seine volle Kraft erreicht hat und ganz ausgewachsen ist".
Der dritte Absatz empfiehlt:
"Bei allen Gelegenheiten sich in die inneren Angelegenheiten und Streitigkeiten des übrigen Europa mischen, vorzüglich des deutschen Reiches."
Ferner heißt es:
"Polen zerrütten durch Erlegung fortwährender Unordnungen und Parteikämpfe. Die Regierenden kaufen. Wenn die benachbarten Mächte unserer Politik Schwierigkeiten machen sollten, sie für den Augenblick durch eine Theilung des polnischen Gebietes beruhigen, bis es Zeit, ihnen das Hingegebene wieder abzunehmen."
"Uns unablässig im Norden an dem Baltischen, im Süden an dem Schwarzen Meer ausdehnen."
"Konstantinopel und Ostindien so viel wie möglich näher kommen. Wer dort herrscht, wird der wahre Herr der Welt sein. Zu dem Zwecke unablässig Krieg erregen, abwechselnd gegen die Türkei und gegen Persien; Werfte am Schwarzen Meer anlegen."
Das Testament schließt mit den Worten: "So kann und muß Europa unterworfen werden!"


Politische Rundschau.

Deutschland. Der deutsche Kaiser hat dem Fürsten von Rumänien den vom "alten Fritz" gestifteten Orden pour le merite verliehen, welcher dem Fürsten durch den deutschen Generalconsul in Bukarest nebst einem eigenhändigen Schreiben Kaiser Wilhelms in feierlicher Audienz überreicht wurde.
Mitte Februar soll in Berlin die technische Reichskommission für Schiffsangelegenheiten zusammentreten. Zur Berathung stehen: Das Leuchtfeuerwesen, Schifffahrtsschulen und die Statistik der Seeschifffahrt.
Seit dem 1. April 1876 bis zum Schluß des vergangenen Jahres sind nicht weniger als 66,227 Muster und Modelle in das Musterschutzregister eingetragen worden. Diese Zahl beweist am Besten, einem wie dringenden Bedürfnisse das Musterschutzgesetz abgeholfen hat.
Die Entsendung deutscher Kriegsschiffe nach

[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 2]

der Westküste von Nicaragua, steht nach der "Nordd. Allg. Ztg." als wahrscheinlich nahe bevor. Die neue gedeckte Corvette "Leipzig", mit 12 Geschützen, augenblicklich auf der Fahrt nach Montevideo, die Glattdecks=Corvette "Ariadne" von 6 Geschützen, nach Australien bestimmt; vielleicht auch die Glattdecks=Corvette "Medusa" mit 9 Geschützen augenblicklich in Brasilien, sollen sich nach Nicaragua begeben, wozu dann auch die große gedeckte Corvette"Elisabeth" von 18 Geschützen, welche augenblicklich in den japanischen Gewässern kreuzt, ihre Fahrt nehmen soll. Der Capitän zur See von Wickede (Commandant der "Elisabeth") als ältester Offizier, wurde in diesem Falle die Flotille commandiren. Ganz fest beschlossen ist die Expedition zwar noch nicht, sie hängt davon ab, ob der Staat Nicaragua vorher die verlangte Genugthuung und Entschädigung leisten wird.
In Frankreich ruht die hohe Politik von ihren Anstrengungen der letzten Zeit aus. Mac Mahon scheint sich mit den neuen Verhältnissen abgefunden zu haben, denn er sagte zu den Ministern beim Neujahrsempfange: "Das schöne Wetter, das wir heute haben, ist ein glückliches Vorzeichen für das beginnende Jahr. Ich hoffe, daß es ruhig und in Freuden verlaufen werde, ohne uns dieselben Schwierigkeiten zu bringen, wie das verflossene." - Die Ultramontanen greifen zu eigenthümlichen Mitteln, um der neuen Regierung Verlegenheiten zu bereiten. Der bekannte Bischof Dupanloup soll die religiösen Körperschaften aufgefordert haben, ihre Staats= und sonstigen Werthpapiere so schnell wie möglich zu verkaufen, da die neue Lage der Dinge kein Vertrauen einflöße. Sollte der Rath befolgt werden, sollten die mehrere Milliarden repräsentirenden Werthpapiere der Klöster plötzlich auf den Markt gebracht werden, so würden die Kurse zwar erheblich sinken, und das Bestreben des Ministeriums, den erschütterten Wohlstand des Landes wieder herzustellen, wohl gehemmt werden , den größten Schaden hätten aber die religiösen Körperschaften selber und deshalb wird auch wohl Dupanloups Rath ungehört verhallen.
Italien. Das Organ des italienischen Ministeriums veröffentlicht bereits den zweien Artikel gegen die Aufrechterhaltung der Neutralität Italiens. Das Land, heißt es, müsse Zusicherung erhalten, da sein Interesse an der Orientfrage demjenigen der nordischen Mächte mindestens gleichstehe. Rußland müße die Obermacht im Mittelmeere mit England und Frankreich theilen. Italien brauche Kolonien in Afrika. Andrerseits dagegen wird versichert, daß die Neujahrsansprache des Königs durchaus keinen kriegerischen Charakter gehabt habe, und daß die Gerüchte von der Mobilisirung der Armee unbegründet seien.
Die spanische Akademie der Wissenschaften hatte einen hohen Preis auf die Lösung der Aufgabe gesetzt: "Beweis, daß zwischen der katholischen Religion und der Wissenschaft keine Konflikte existiren können." Da bis zur bestimmten Frist (15. December) keine Arbeit eingelaufen war, die des Preises würdig gewesen wäre, so wurde der Termin um 6 Monate verlängert. Ob aber überhaupt ein solcher Beweis zu führen sein wird?!
In Nordamerika gehen die Socialisten wieder einmal "praktisch" vor. Sie gehen damit um, bei Pittsburg eine großartige Eisengießerei zu erbauen und socialistisch zu betreiben. Das Werk erfordert ein Grund=Kapital von 1,000,000 Dollars. Es sollen zu diesem Zwecke eine Million Aktien zu 1 Dollar die Aktie ausgegeben werden; Niemand darf mehr als 5 Aktien besitzen. In dem Werke werden nur Aktionäre als Arbeiter angestellt. Wenn, was zu bezweifeln ist, das Geld zusammen kommen sollte, haben die Führer wieder einmal gut Händewaschen!
Es sind gerade 500 Jahre her, daß die alte Czarenstadt Sofia in türkischen Besitz gelangte (1378). Jetzt stehen die Czarenheere vor dieser Stadt, um die Türken daraus zu vertreiben. Der Besitz von Sofia wird für die russische Armee ein nicht gering anzuschlagender Gewinn sein. Abgesehen davon, daß die Russen sich von dort aus ein neues, überaus reiches Requisitions=Gebiet erschließen können, ist Sofia einer der werthvollsten strategischen Punkte am südlichen Abhange des Balkans. Auf Sofia gestützt, können die Russen ihre Operationen nach dem Maritza=Thale ausbreiten und gleichzeitig den von Pirot aus in südlicher Richtung marschirenden Serben die Hände reichen. Desertirte Tscherkessen berichten, daß bei dem türkischen Corps in Sofia Mangel an Lebensmitteln und Winterkleidern herrsche. Das Verteidigungscorps zählt nur 29,000 Mann meist irregulärer Truppen.
Den mannichfachen Fehlern der russischen Heeresleitung hat sich ein neuer angereiht, der darin besteht, daß man die türkische Lomarmee über den Balkan entkommen ließ, statt sie in Bulgarien zu einer Schlacht zu zwingen. Die Russen machten zwar im letzten Moment angestrengte Versuche dazu, aber das aus 30 Bataillonen und 10 Geschützen bestehende türkische Bedeckungskorps unter Baker Pascha vereitelte das Vorhaben. Die ehemalige Lomarmee soll jetzt Adrianopel schützen.
Moukthar Pascha, der aus Erzerum verkleidet entfloh, ist seines Postens als Oberbefehlshaber der Truppen in Kleinasien entsetzt. Seine Stelle hat Ismail Rukki Pascha übernommen, der als ganz unfähig geschildert wird.
Bezüglich der Waffenstillstands=, Vermittelungs= und Friedens=Verhandlungen wird behauptet, den russischen Oberkommandanten in Bulgarien und Kleinasien wären bereits die Bedingungen bekannt, von welchen sie die Türken jederzeit erfahren könnten. Es sollen auch schon von türkischer Seite vertrauliche Anknüpfungen im russischen Hauptquartier versucht worden sein, indessen wären die russischen Bedingungen unannehmbar gewesen. Die Türken sollten nämlich die Donaufestungen übergeben. Wahrscheinlich werden es nun die Türken noch einmal auf eine Schlacht südlich vom Balkan ankommen lassen. Werden sie auch da geschlagen, so dürfte der Sultan sehr bald seine Parlamentäre ins russische Lager schicken, und Waffenstillstand und Friede beantragen, denn immer mehr zeigt es sich, daß die Türkei vereinsammt dasteht.
In Plewna hat man keine russische Gefangenen lebend vorgefunden; man fand indessen viele verstümmelte Leichname von Russen. Es heißt, daß dem internirten Osman Pascha deswegen der Proceß gemacht werden soll. Die in Plewna erbeuteten und für die Rumänen bestimmten Geschütze sind in Simnitza angelangt. Das Eintreffen von türkischen Gefangenen dauert daselbst ebenfalls fort.
Von Rußland aus sind unausgesetzt Verstärkungen unterwegs. Für den Frühjahrsfeldzug sollen nach englischen Informationen drei große Heerkörper gebildet werden, von denen zwei gegen Adrianopel und einer direkt gegen Konstantinopel operiren soll, während Totleben mit einem starken Reservekorps in Bulgarien zurückbleibt. Rußland macht im Auslande kolossale Bestellungen auf Gewehre und Geschütze; auch sollen im Fiume (Oesterreich) 60 Kanonenböte in Auftrag gegeben worden sein, mittelst welcher die Russen im Stande wären auch die stärksten in den Bosporus einlaufenden Panzerschiffe in die Luft zu sprengen - ein recht deutlicher Wink für die englische Flotte.


Willst Du wissen lieber Leser, was ein Halsabschneider ist, so lies folgende Geschichte. Der Handelsmann N. borgt einem Bauer 1 Mark, sage eine Mark und macht dabei aus, daß ihm eine tägliche Provision von 5 Pfennig gezahlt werde. Das macht auf's Jahr grade 1800 Proc. Wenn der Bauer die erborgte Summe ein Jahr lang unberichtigt stehen läßt, so zahlt er seinem freundlichen Darleiher 19 Mark.
- Einem kommandirenden General und einem Eisenbahn=Direktor ist in Ungarn kürzlich folgendes Abenteuer widerfahren. Die beiden Herren waren in Wien in einen Waggon mit Schlafcoupees eingestiegen, hatten sichs bequem gemacht, die Vorhänge über die Lampen und Fester gebreitet und ruhigem Schlafe sich überlassen. In Marchegg wurden die Wagen untersucht und es wird gefunden, daß der Wagen mit den Schlafcoupee's "heiß gelaufen" ist und ausgehängt werden muß. Niemand denkt an die Schläfer; der Conducteur, dem die Personenzahl übergeben wird, scheint die beiden Herren, die mit Vereins= oder Freikarten reisen, vergessen zu haben und der Zug fährt fort ohne die beiden hohen Passagiere. Auf dem Fahrgeleise

[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 3]

kann man den Wagen nicht lassen, weil ein starker Verkehr stattfinde, man schiebt ihn also seitwärts, von Geleise zu Geleise. Er ist bald hier, bald da im Wege und wird immer weiter fortgeschoben. So ist er immer in rollender Bewegung und die Schläfer wachen nicht auf. Endlich gegen 3 Uhr Morgens läßt man ihn ruhig stehen und die Schläfer erwachen. Der Eine sieht einen Conducteur mit dem Laternchen laufen und ruft ihn an: "Wo sind wir?" "In der Reparatur" lautet die Antwort. Das erscheint dem Frager unbegreiflich. Er steigt aus und befindet sich in einem Wagengewirre, Lastzüge, Pferdezüge, Schweinezüge auf allen Gleisen. Mühsam windet er sich durch und gelangt zum Stationsgebäude. Dort fragt er einen Beamten, der ihm eben in den Weg kommt. "Was ists mit dem Zuge?" - "Lassen Sie mich in Ruhe, gehen Sie zu Ihren Pferden!" war die etwas unfreundliche Antwort. Reparatur? Pferde? Was treiben denn die Leute? Der hohe Herr wird ungeduldig und fragt nach dem Personenzuge. "Der ist schon nahe bei Pest". Man kann sich die Ueberraschung denken. Der Ueberraschung folgte aber ein tüchtiges Donnerwetter über das Versehen, zwei Passagiere - wer immer sie sein mögen - zu vergessen und die peremtorische Forderung, sie sofort zu befördern. Nun wars an den Beamten, überrascht zu sein. Der Fehler war geschehen, einer der Herren war zu Hofe bestellt und mußte am frühen Morgen in Pest sein. Es wurde deshalb nach Stadlau telegraphirt, ein Separatzug zusammengestellt und noch rechtzeitig trafen die beiden Herren in Pest ein. Jetzt aber untersucht man, an wem die Schuld lag, daß die Passagiere vergessen wurden. Hoffentlich nehmen sich die beiden Herren des armen Conducteurs an, daß er nicht zu hart das Versehen büße.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Mannhagen belegene Vollhufnerstelle c. p. des Vollhufners Heinrich Adolph Nehls daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 12. Januar 1878,
Vormittags 11 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheile hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 6. October 1877.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Nachdem der Kaufmann Ferdinand Seelig zu Schönberg die Anzeige gemacht, daß er sein Vermögen seinen Gläubigen abtrete, wird hiemit über dasselbe, unter Vorbehalt der creditorischen Rechte, der formelle Concurs=Proceß eröffnet.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 29. December 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                     Arndt.


Ueber das Gesammtvermögen der zu St. Georgsberg bei Ratzeburg wohnenden Ehefrau des Freischulzen Henning aus Mannhagen, Dorette geb. Solvie, ist vom Königlichen Amtsgerichte zu Ratzeburg unterm 7. Juli d. J. der Konkurs der Gläubiger erkannt worden; zu dem öffentlich meistbietenden Verkaufe der zur Masse gehörigen, zu Mannhagen belegenen Freischulzenstelle c. p. sind in Folge der erneuerten Requisition des vorerwähnten Koncurs=Gerichts vom 5. d. M. Termine vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumt, und zwar

1) zum Verkauf des vorbezeichneten Grundstücks auf

Freitag, den 11. Januar 1878,
Mittags 12 Uhr,

2) zum Ueberbot auf

Freitag, den 8. Februar 1878,
Mittags 12 Uhr,

wozu Kaufliebhaber hierdurch mit der Bemerkung geladen werden, daß die Besichtigung des Grundstücks nach voraufgegangener Meldung bei dem Gerichtsvollzieher Solvie in Mannhagen jederzeit freisteht und die Verkaufsbedingungen 14 Tage vor dem Verkaufstermine auf der Justizamts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Sämmtlichen Gläubigern wird freigelassen, in dem zur endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen auf

Freitag, den 11. Januar 1878,
Vormittags 11 1/2 Uhr,

anberaumten Termine zu erscheinen.
Gleichzeitig steht auch ein Termin auf

Freitag den 11. Januar 1878,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte an zur Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an die vorbezeichnete, zu Mannhagen belegene Freischulzenstelle c. p., zur Vorlegung der Originalen und sonstigen schriftlichen Beweismittel und zur etwaigen Prioritätsausführung, zu welchem die interessirenden Gläubiger unter dem Nachtheil der Abweisung und des Ausschlusses hiemit geladen werden.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind die Hypothekengläubiger wegen ihrer intabulirten Kapitalpöste und laufenden Zinsen.
Schönberg, den 8. October 1877.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Holz=Auction.

Am Donnerstag den 10. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen im Kruge zu Boitin=Resdorf nachstehende Holzsortimente aus dem Resdorfer Söhren meistbietend verkauft werden:

83 Fuder eichen Durchforstholz,
  5 Fuder tannen Durchforstholz,
  3 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 1. Januar 1878.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Holz=Auction.

Am Montag, den 14. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen im Kösters Hotel hierselbst nachstehende Holzsortimente aus dem Rupensdorfer Holze meistbietend gegen Baar verkauft werden:

120 Raummeter buchen, birken und eichen Kluft,
  32 Fuder starkes Eichendurchforstholz,
100 Fuder Buchendurchforstholz II. u. III. Cl.
einige Fuder Zweigholz,
  18 Eichen=Stangen zu Wagendeichseln, u. einige Eschen= und Birken=Nutzholzdrümme.
Sämmtliches Holz befindet sich in den Beständen beim Müschenbruch.
Schönberg, den 7. Januar 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Auction.

Am Donnerstag den 10. d. Mts., Vormittags 10 Uhr, sollen im Gastwirth Boye'schen Locale in Schönberg an abgepfändeten Gegenständen:

1 vollständiges einschläfriges Bett incl. Bettstelle und 1 Commode
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg.

Staffeldt,      
Landreiter.     


[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 4]

Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.

Die Anstalt ist am

Mittwoch den 16. Januar d. J.
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und während des Antonii=Termines
vom Donnerstag den 17. Januar d. J.
bis
Donnerstag den 24. Januar d. J.,
beide Tage einschließlich,
täglich von 8 bis 12 Uhr Vormittags,
am Sonntag den 20. Januar d. J.
von 8 bis 10 Uhr Morgens

geöffnet.

Das Directorium.     


Die unterzeichnete Prüfungs=Commission macht die im Jahre 1858 geborenen Wehrpflichtigen, welche die Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Dienst nachsuchen wollen, darauf aufmerksam, daß sie sich spätestens bis zum 1. Februar 1878 schriftlich zu melden, und bei dieser Meldung die Vorschriften in § 89 der Ersatz=Ordnung vom 28. September 1875 zu beachten haben.
Bis zu demselben Zeitpunkte haben sich auch diejenigen Wehrpflichtigen zu melden, welche ihre wissenschaftliche Befähigung für den einjährig=freiwilligen Dienst im März 1878 durch eine Prüfung nachweisen wollen.
Schwerin, den 15. December 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.
Das Militair=Mitglied : Baron Stenglin.
Das Civil=Mitglied: W. Schmidt.


Ueber 8 Millionen
Mark Gold

müssen in der allerneuesten, vom Staate Braunschweig garantirten großen Geldlotterie innerhalb einiger Monate in 6 Abtheilungen sicher gewonnen werden, dieselbe enth. 85,000 Loose, worunter 44,000 Geldgewinne im Betrage von über 8 Millionen Mark Gold. Die Hauptgewinne sind event. Mk. 450,000 spec. Mk. 300,000, 150,000, 80,000, 60,000, 40,000 etc. Gewinnziehung

am 18. Januar 1878,

zu welcher Originalloose empfehle.

Nur 4 Mark

kostet ein Viertel, 8 Mark ein halbes und 16 Mark ein ganzes Originalloos. Amtl. Ziehungspläne werden jeder Loossendung beigelegt. Ausführliche Ziehungslisten und Gewinngelder sofort zugesandt.

Theodor Scheller,
Lotterie-Haupt-Collekteur.
Braunschweig.

P. S. Alle durch andere Bankhäuser in langgedehnten Annoncen offerirte Loose werden auch durch mich zu denselben Preisen prompt zugesandt.


Gesucht zum 1. Februar ein junger Knecht, der mit Pferden bescheid weiß. Näheres und Offerten sub H. 44 b. in der Annoncen=Expedition von Haasenstein & Vogler in Lübeck.


Zu dem

am 11. Januar

stattfindenden

Bauernball

erlaube ich mir meine geehrten Gönner freundlichst einzuladen.

H. Voss,         
Rabensdorf.     


Weil's Dresch-Maschinen
für Handbetrieb, einspännig, zweispännig und vierspännig, berühmt und anerkannt als die besten, solidesten und billigsten zu bedeutend ermäßigtem Preis.

Weil's patentirte Häckerling=Maschine,
Von Rm. 54 an.
deren größte Sorte per Stunde 600 Pfund Rindviehfutter schneiden, weniger Betriebskraft erfordern als alle anderen, fast keine Abnützung haben und auf vier Schnittlängen verstellbar sind.

Neueste Rübenschneid-Maschine,
Von Rm. 54 an. Leistung bis 3000 Pfund stündlich.
deren größte Sorte stündlich dreißig Centner Rüben schneidet und so construirt sind, daß man nach jahrelangem Gebrauch nur die Messer zu schärfen braucht, was auf jedem Schleifstein geschehen kann.

Patent=Schrotmühlen
Von Rm. 87 an.
Leistung der kleinsten 1 Ctr. stündlich.
mit gezahnten Walzen, welche nicht stumpf werden können deren kleinste Sorte ein Kind betreiben kann, mit welchen Hafer, Gerste, Roggen, Mais und Bohnen gleich gut geschrotet werden können, mit der kleinsten 1 Ctr. per Stunde.

Moritz Weil jun.. Maschinen=Fabrik in Frankfurt a. M., Seilerstraße 81.
Abbildungen und Beschreibungen auf Verlangen gratis und franco.
Nähere Auskunft Herr H. Diestel in Rehna.


Photographisches Atelier
von
C. Kindermann,
Lübeck,
788 Breitestraße 788


Zu Ostern tüchtige verheirathete Arbeiter
Arbeiter
gesucht. Freie Wohnung und guten Lohn.

Carlshof bei Lübeck.     


"Entlaufen!"

Am 1. Januar hat sich von Strohkirchen bei Rehna eine dunkelgrau getigerte englische Dogge mit kleiner, weißer Schwanzspitze, wenig weißen Pfoten und weißem Fleck unter der Brust, entfernt. Wer den Hund zurückbringt oder sichere Nachrichten über denselben zu geben vermag, wird gebeten, sich in Strohkirchen schriftlich resp. persönlich zu melden und werden Kosten bereitwilligst zurückerstattet.


Ein zuverlässiger Kutscher findet zu Ostern bei mir Stellung.     

Dr. M. Marung     
Schönberg.         


Kirchliche Nachrichten.
Gemeinde Schönberg.

Im Jahre 1877 sind getauft 166 Kinder (85 K. 81 M.), darunter 20 uneheliche (11 K. 9 M.),
Confirmirt 108 Kinder (51 K. 57 M.).
Getraut 39 Paare.
Gestorben 121 Personen (52 männl. 68 weibl. Geschl.).
Communicanten 1170 (582 M. 638 Fr.), darunter 21 Kranken= 14 Privat=Communionen.
Gaben an die Kirche: 17. Juli aus Mahlzow 6 M., 8. Sept. ungenannt 15 M. Summa 21 M.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M 7Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen12 M 50Pfennig  bis 14 M 50Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Hasen das St. M3,00 .
Fette Enten d. St. M2,00 .
Hühner d. St. M1,25 .
Küken d. St. M0,80 .
Tauben d. St. M0,50 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .
Spickgans d. St. M3,00 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 3 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 8. Januar 1878.


De plattdütsche Bismarck.

"Bismarck's Leben un Dahten, mit Döntjes un Riemels darto, vertellt von'n ohlen Jäger in'n lüneborger Haidbuuren=Klub" - das ist jedenfalls nicht nur für die zehn Millionen Plattdeutschen in Deutschland, sondern auch für diejenigen Hochdeutschen Leser ein anregendes Buch, "die en olddütsch Hart sick bewahret hewwt."
Wir besitzen bereits eine umfangreiche Bismarck=Literatur und kennen daher "Bismarck siene Vörfahren," "van wat se ehren Namen hewwt" und wie schon im "dörteinten Jahrhundert een Bismarck sick mit de Papen in'n Haaren liggt." Valentin v. Bismarck im dreißigjährigen Kriege, dem Reichskanzler "sien Urgrootvader" unter Friedrich II. und Bismarck's Vater in den Freiheitskriegen 1813 sind uns bekannte Figuren geworden. Im Plattdütschen heimeln viele geschichtlichen Reminiscenzen durch ihre Fassung besonders an - und der Sattler im Buurenklubb meint ganz richtig, daß man sich dabei nicht langweile - "in't Gegendehl - wi hewwet jo dadorch Bismarck sien Herkunft genau kennen leernt und sind öwertüügt worden, dat unner sien Vörfahren ook nich een Schubbejack wesen is, sundern dat et alle brave Lühd wöören."
Es war also am 1. April 1815 - "Alles in'n Herrenhuuse, van'n Sloßherrn an bit to Magd und Knechten heraf, harrn all Stunden laag in Hapnung un Angst, wat nut de gnädige Froo ehr Gemach, wat desülwige siet Dages vörher nich mehr verlaaten, endlick denn wohl för Nachricht kööme. Da trippelt de ölste vant Deenstenvolk, de ohle Trine Neumann mit'n Gesicht, so vergnöögt, als se lange nicht upwiest harr, in de Deenstenstuw und roöp freudestrahlend: "Et is en lütgen Bismarck anlangt."
In Otto "siene Kinnertied" in Schönhausen fiel "sien erste Heldenthat, as he mit'n bösen Puterhahn kämpfte," den er erwürgte, weil er die kleine Marianne, "sien Hartensdam vör sien Oogen waltracteern" sah.
"Is denn de wörklich wahr, disse Geschicht van Bismarck un den Puterhahn?" spröök de Schoster.
"O, Schoster, laat doch solk dummet Fragen. So wat vertellen, dat nennt man Poesie. Hest Du dat Woord noch niemals hört?"
"Nä" - seggde de Schoster.
"Dat wundert mi. Du weest doch, dat et Lühde giwt, de allerhand schriwt, as Döntjes, Lieders, Geschichten, Kummedjen etzetera; un dat dänn drücken laatet, un wat denn dehls pläteerlick, dehls truurig to lesen is. Solke Schrievers nu, de nennt man Poeten oder Dichters. Allens, wat disse Poeten nu schrievet, dat is awer nich nöhdig, dat et wörklich passeert is, awer mäglick mutt et sien, dat et harre passeeren können. Wie bewwt nu in Dütschland all siet ohlen Tieden veele sfolke Poeten hatt. En von de beröhmtesten Dütschen Dichtes is een College von Di wesen, nämlick en Schoster."
"En Schoster?" seggde de Schoster.
"Dat is so," seggde de Sattler, "disse Schoster lewde in Nürnberg un hett öwer sößtusend (6000) Stück Gedichte van allen Sorten maaket un drücken laaten. Un wenn nu en Schoster so veel in Poesie maaken kann, warum schull denn en Jäger nich ook af un an bi sten Vertellen en betgen Poesie mit dermank dohn?"
Bismarck "kummt to Berlin in de School," später "besteit he good sien Afgangs=Examen" und "geiht nah Göttingeu för dat Jura," "paukt sick 27 mal un kriggt bloot een lüttge Ouart af," einmal "verhaut he up de Mensur en Engländer, de Dütschland verspotten will." - Als Herr Otto v. Bismarck von Göttingen heim kam, da kriegt sein Vater, der Rittmeister, "een Pack Räknungen her, wat he in sienen Sähn sien'n Kuffer vörfindet, un nahtosehn, ob 'r ook wohl noch 'n dägten Klump unbetahlte drünnor wöören. Doch nä, dat wöör nu just nicht slimm darmit; de meisten wöören betahlt, Schulden härr sien Sähn eben nich veel in Göttingen torücklaten. Un so maake denn de Ohle bi disse Revision ook so wiet een ganz tofrieden Gesicht. - Da up eenmal find't he een Räknung, de em doch wohl upfallen mut, denn, nahdem he se wohl dreemal mit Kopfschütteln öwerlesen, klingelt he sienen Bedienten. Johann kummt rin.
"Sage mir mal, Johann," fragt der Rittmeister, "unter meines Sohnes unbezahlten Rechnungen ist eine über einen Korb Candiszucker. Was hat es damit für eine Bewandtniß?"
Johann war nämlich in Göttingen gewesen, um bei der Abreise einpacken zu helfen.
"Ja, det weeß ick wohl, Herr Rittmeester," antwoordet Johann.
"Was hat denn Otto mit dem vielen Zucker gemacht? Ist er denn ein Näscher geworden? Oder hat er ein Präsent gemacht?"
"Nä, Herr Rittmeester, weder dat Eeene noch dat Annere."
"Nun, zum Henker, was habt Ihr mit dem Candiszucker gemacht?"
"Fenster damit eingeschmissen."
Und so war es. - Ein Professor hatte Bismarck ein Testat verweigert, wofür ihm die Fenster eingeworfen werden sollten. Johann hatte gefragt, ob er für den Abend einen Korb mit Steinen besorgen solle. Aber Bismarck ließ Candiszucker holen, das mache sich feiner und sei etwas Neues.
"So sind wir denn ooch richtig losmarschirt, Herr Rittmeester; - um neun Uhr als et dunkel geworden, haben wir dem Herrn Professor mit unserem Candis die Fenster fein eingeschmissen."
Bismarck "büffelt nu anderthalv Jahr as Student in Berlin, besteiht sien Examen und ward bi't Stadtgericht in Berlin anstellt." Natürlich fehlen hier nicht die bekannten Anekdoten. Dann mußte er Landwirth spielen. "Mennigen Dag wöör he vom Morgens bit Abends in'n Sadel, besichtigte Felder, Wischen un Anplantungen, seet an'n Schriewdisch un controlleerte de Bööker, oder maake ok Ritte bi sien Nahbern rings ümher, to sehn, wie von jüm de Landweerthschaft bedrewen wörd. De Gööder wöören denn nu ook bald in'n besten Stande un arbeiten sick allmälig uut de Schulden herunt. Dat fidele Junggesellenleben, Wie et Bismarck als Studet ütprobeert, kööm awer bi em doch nich ganz uut de Mohd. Af un an fünd sick munterer Besööck von junge Edellühd, lustige Leutnants uut de nächsten Städt un annere dorstige Kehlen up Kniephof in, de da doch fründschaftlicher Wies' sorgen wullen, dat de jitzige Besitzer van Kniephof nich ganz verbuuern däh. Da knallen denn de Schampangerproppen nich slecht. Allerhand Märchen wörden da vertellt öwer de nächtlichen Zechgelage, bi de et Keener dem "dullen Bismarck" - den Spitznamen harr he in Göttingen kregen - schull können gliek dohn, un so heete et denn bald in'n Volksmund, "Kniephof is Kneiphof worden."
"Schad't nicks" - dachte Bismarck bi sick - "de'n gooden Magen hett, kann Allens verdrägen." Un so wöör et ook mit em.
Inzwischen hielt Bismarck in Schönhausen Einzug-in Berlin ist "de Revolutschoon von 1848," in Schönhausen exercirt die Bürgerwehr, Bismarck candidirt zur zweiten Kammer und hält seine Wahlrede.
Haidegriem, der in Holz und Stroh handelt, machte jetzt "in höhgere Politik und sien van Snaps geröthet Gesicht lüchte mank de Twiege van de hohgen Potgewächse hervor, als de Vullmand mank Dannentwiege."
"Wat, Bölke" - rede he sienen Nahber an- "den Bismarck wüllt Ji wählen?"
"Load good sien, Haidegriem," - seggde Bölke - "de Mann is nich slecht."
"Bölke," seggde Haidegriem, "Ji laatet Ju Van den Junker den Kopp verkielen, ich segg Ju,

[ => Original lesen: 1878 Nr. 3 Seite 6]

de will sick dorch sien Schwadroneeren man bloot retten."
"Schweig still," seggde Bölke, "ick will hören, wat he sprickt."
"Glöwt et ihm nich, Bölke," seggde Haidegriem, "et is nich sien Eernst, damit will he Ju bloot fangen."
Bismarck wurde aber gewählt, und wir lesen von ihm die bekannte Geschichte in Berlin, wo er Jemandem, der gegen den Prinzen von Preußen ungebührlich sprach, "sien Beerglas up de leege Snut sleit."
Der Erzähler Jäger Prigge erklärt uns die Jahre um 1848 als "politische Flegeljahre van de Dütsche Natschoon," giebt ergötzliche Erklärungen über Conservative und Demokraten und erzählt von der Deutschen Kaiserkrone, und wie der König "awer keene Lust hett, se sick up'n Kopp to setten."
"De grote Bismarck" betitelt sich die zweite Hälfte des Buches. Sie ist mit gleicher Sorgfalt wie der erste Theil gearbeitet - nicht nur ist den großen Ereignissen Rechnung getragen -, es fehlen auch nicht die Jagdstucke Bismarck's, sein Leben in Varcin, der "Danz mit'r Grootmagd, was für em en betjen angriepend is," Hermann Jahnke's Gedicht darüber, sowie das Lied "De Bismarck is en ganzen Kerl." Insbesondere ist die Zeit der Erhebung Deutschlands sehr gut geschildert. - -
"De Dage wöörn solke, wie se im Leben der Völker selten oder niemals wedderkehren doht, Dage vull upflammender Begeisterung und Dodesmohd, vull gottvertrooender Toversicht, gliek wie in jenen Dagen, de dem Befreiungskrieg von 1813 vöruutgingen. Wedder verlaaten de Studenten de Hörsääle, verlaaten stünd de Ploogschaar, leddig de Koopladen, van dem adligen Rittersitz, dem grooten Buurhof bit to des Kleenbuuers niedriger Hütte ihlte Alles to den Fahnen. De Sähn de Ministers wie de ärmste Dagelöhner, de junge Cadett, noch im Knabenalter, wie de griese Veteran, de uut dem Ruhestand noch eenmal in den Dienst des Königs un des Vaterlandes torügkehrde - se Alle, Alle köömen, um för datsülve Ziel to kämpfen. Up allen Plätzen un Straaten hürte man Waffengetümmel un kriegerische Klänge, in der stillen Kamer höben sick Dusende van Moder= und Swesterhänden tum Gebet, un öwer de Lippen aller Dütschen Sänger bruuse dat nee'e Dütsche Kriegsleed:

Es braust ein Ruf wie Donnerhall -
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall!

(Magd. Ztg.)     


- Eine dunkle Geschichte aus der Napoleonischen Zeit. Vor dem Abmarsch der großen französischen Armee nach Rußland im Jahre 1812 waren in Erfurt 20 Regimenter schwerer Cavallerie zusammengezogen und eines Morgens zwischen der Stadt und den Dörfern Dittelstadt und Melchendorf aufgestellt, um von ihrem Kaiser gemustert zu werden. Der Kaiser erschien auf dem Platze im Schritt reitend mit einem zahlreichen Generalstabe, an welchem sich die Erfurter Ehrengarde anschloß. Er trug das bekannte kleine Hütchen, einen grünen Leibrock, weiße handbreit unter dem Rock hervortretende Weste, kurze weiße Caschmir=Beinkleider und Stulpenstiefel. Die Truppen waren in einem langen Viereck aufgestellt, dessen eine Langseite offen blieb. Einige Erfurter Bürger standen dieser in einer Entfernung von etwa tausend Schritten als Zuschauer gegenüber. Den Aufzeichnungen eines derselben erzählen wir das Folgende nach: Der Kaiser, von seinem Stabe begleitet und die Erfurter Ehrengarde zurücklassend, ritt dem rechten Flügel entlang und nahm jedesmal den Obersten des zu passirenden Regiments mit sich. Die Feldmusik, die Trommelwirbel, der von Regiment zu Regiment donnernde Ruf: "Es lebe der Kaiser!" wollte fast kein Ende nehmen. Endlich machte der Kaiser bei einem reitenden Artillerie=Regiment in grüner Uniform Halt. Er ließ 3 Mann jenes Regiments absitzen, den Mantelsack abschnallen, die Pferdedecken abnehmen und ausbreiten, die Equipirung auspacken und einzeln auf die Decken legen. Dann sahen wir drei Leute bis auf das Hemd sich entkleiden. Wir ergingen uns in allerlei Vermuthungen, als der Kaiser sich an den Regiments=Commandeur wandte und denselben, wie aus den heftigen Geberden zu schließen war, zornig zur Rede stellte. Der Oberst schien sich mit geziemender Ruhe zu rechtfertigen. Plötzlich aber zog der Kaiser seinen Degen und stieß ihn dem Offizier in die Brust. Der Schwergetroffene sank vom Pferde. Das Gefolge des Kaisers schloß einen Kreis um den zornigen Gebieter und entzog den weitern Vorgang unsern Augen. Die Revue war vorüber. Der Kaiser in ruhiger Haltung, ritt wieder der Stadt zu. Wir, die wir Zeugen dieses tragischen Vorfalls gewesen, zogen gleichfalls heim und kamen eben dazu, wie 8 Mann jenes Artillerie=Regiments den Verwundeten an die Böschung der Chaussee lehnten und mit Thränen in den Augen aus den jungen Pappeln eine Bahre zusammenbanden, um ihren Commandeur nach der Stadt zu tragen. Dieser wurde durch das Schmiedtstädter Thor in den goldenen Hirsch gebracht, wo der schon harrende Feldscheer einen Todten in Empfang nahm. Ueber diesen Vorfall wurde, da die französische Spionirerei damals in höchster Blüthe stand und jedes unvorsichtige Wort mit schwerem Kerker geahndet wurde, nur unter vier Augen gesprochen. Niemand wagte es, Erkundigungen über die Motive dieser That einzuziehen. Auch folgten die Ereignisse dieser schweren Zeit so rasch auf einander, daß diese vom Kaiser eigenhändig geübte Justiz - wenn sie nicht einen schlimmeren Namen verdient - nur den wenigen bei der Revue gegenwärtigen Zuschauern bekannt geworden ist.
- Eine angenehme Weihnachtsbelohnung hat die Ehrlichkeit eines armen Schlossergesellen zu Berlin gefunden. Dem Viehcommissionär B. in der Brunnenstraße war seine Brieftasche mit 11000 Mk., welche er auf dem Viehhofe eincassirt hatte, auf dem Heimwege verloren gegangen. Ohne sich eben großen Illusionen bezüglich der Wiedererlangung der Summe hinzugeben, meldete er den Verlust doch der Polizei und ließ denselben auch an den Straßensäulen veröffentlichen. Nicht gering war daher die freudige Ueberraschung des Herrn B., als am heiligen Weihnachtsabend ein einfacher Schlossergeselle sich bei ihm meldete, um die von ihm gefundene Brieftasche mit dem vollen Inhalt Jenem einzuhändigen. Die Ehrlichkeit des Handwerkers verdient um so höhere Anerkennung, als derselbe mehrere Wochen bereits ohne Arbeit und Verdienst ist und die Versuchung, den Fund für sich zu behalten, an manchen Andern wohl leicht herangetreten wäre. Der glückliche Wiederbesitzer der Brieftasche erkannte die Redlichkeit aber auch in glänzender Weise an. "Hier, lieber Freund," sagte er, in die Brieftasche greifend, "nehmen Sie 1500 Mark dafür, daß Sie ein so ehrlicher Kerl sind, und hier haben Sie 100 Mark extra, damit Sie sich ein fröhliches Weihnachtsfest bereiten können." Der redliche Finder hat es gewiß daran nicht fehlen lassen.
- Fürst Bismarck geht oder reitet eines Tages in den Grenzen seines Varziner Grundbesitzes spazieren und sieht da zu seinem größten Erstaunen, daß viele Landleute auf den Feldern mit Hacke und Schaufel beschäftigt sind. "Was sind das für Leute?" fragte der Fürst seinen Verwalter. "Das sind unsere Tagearbeiter!" antwortete dieser, "welche wir in den 6 Wochentagen nicht entbehren können." - Der Fürst, zu Hause angekommen, schreibt sofort eine Note an sämmtliche Verwalter seiner Güter, in welcher es kurz heißt: "Die Bearbeitung der Felder meiner Tagelöhner geht der Bearbeitung meiner eigenen Felder stets vor, aber von heute ab dulde ich nicht mehr, daß meine Arbeiter am Sonntag Feldarbeiten ausführen." Die Folge dieser Maßregel war, daß man in einigen oder in einem Tage mit der Bearbeitung der Tagelöhner= Felder fertig war und die Leute nun mit froher Lust an die Bestellung der Felder des Fürsten gingen, so daß der Oberverwalter schon am Schluß des ersten Jahres berichten konnte: "Durchlaucht, noch nie sind wir so gut und so schnell mit der Arbeit fertig geworden " Der Mensch muß eben arbeiten wollen, wenn seine Arbeit Segen bringen soll. Dieses Beispiel steht nicht allein, im Gegentheil, es giebt bereits sehr viele Großgrundbesitzer, welche in diesem Sinne mit glücklichem Erfolge wirthschaften, nach dem Principe nämlich: "leben und leben lassen."


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