No. 83
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Oktober
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Der Kaiser weilt seit dem 18. October in Frankfurt a. M.; schon oft seit 1866 hat derselbe diese Stadt betreten, aber diesmal zuerst als ein geladener Gast. Wie hat sich in den dazwischen liegenden wenigen Jahren die Stimmung in der ehemaligen freien Reichsstadt geändert! Vor zehn Jahren wurde noch mit schwarzen Kleidern und geschlossenen Fensterladen demonstrirt, heute betheiligt sich die gesammte Bevölkerung an so großartigen Sympathiebezeugungen, wie dem Kaiser bisher in wenigen deutschen Orten dargebracht wurde.
Der Reichskanzler hat behufs Verschaffung von Betriebsfonds zur Durchführung der Münzreform auf Grund des Etats von 1877-1878 die Ausgabe von Schatzanweisungen im Betrage von 10 Millionen Mark angeordnet. Umlaufszeit vom 10. September 1877 bis 10. Januar 1878.
Seit Bestehen des Bundesraths, also seit 1867 ist der Fall noch nicht vorgekommen, daß die Mitglieder desselben fast zwei Wochen nach Eröffnung der Session zur vollständigen Unthätigkeit verurtheilt gewesen waren. Es heißt, daß die Ausschußarbeiten nunmehr in den nächsten Tagen ihren Anfang nehmen sollen und einzelne Mitglieder des Bundesrathes, welche bereits abgereist waren, zu diesem Zweck nach Berlin zurückkehren wollten.
Der gesuchteste Artikel im Deutschen Reich ist die Justiz. Und wenn wir einen Homer hätten, so würden sich nicht so viele Städte um ihn streiten und reißen wie um einen Gerichtshof, um den Sitz eines Oberlandes=, eines Landes= und Amts=Gerichtes. Es ist ein wahres Kirchthurm=Rennen darum und manche Stadt schlägt die andere kaum um eine Nasenlänge. Im großen Preußen ist's gerade so wie in den kleinen Staaten. In Preußen wird sich der am Sonntag den 21. d. zusammentretende Landtag mit der Sache zu beschäftigen haben; denn die neue Organisation ist zugleich eine gewichtige Finanzfrage. Es werden in Preußen errichtet werden Oberlandesgerichte 13, in den Provinzen Hessen=Nassau und Ostpreußen ausnahmsweise je 2; Landesgerichte werden es etwa 80 werden. Die Landesgerichtsräthe und Vorstände der Amtsgerichte sollen nach dem Vorschlag der Regierung 2000 Thaler Besoldung erhalten. Wo etwa die Finanzen ein Veto einlegen, da wird man sich mit Assessoren behelfen.
Von den im Mittelmeer stationirt gewesenen deutschen Kriegsschiffen bleiben nur die Corvetten Hertha und Gazelle, sowie die Kanonenboote Albatroß und Komet und der Aviso Pomerania daselbst zurück. Die übrigen Schiffe, die Panzerfregatten Kaiser, Deutschland, Friedrich Carl und Preußen kehren für den Winter nach Wilhelmshaven zurück.
Deutschland hat im Monat September für 2,369,120 Pfund Sterling Silber nach England verkauft; es ergiebt das für das Jahr bis 1. October 10,920,000 Pfund Sterling. Dagegen hat das deutsche Reich in dieser Zeit für 7,250,000 Pf. St. Gold aus England bezogen.
Frankreich. Mau scheint sich in Paris von der Ueberraschung des unerwarteten Ausgangs der heißen Wahlkämpfe noch nicht erholt zuhaben. Weder die Gambetta'sche Prophezeihung hat sich erfüllt, daß die 363 als 400 zurückkommen würden, noch ist die zuversichtliche Hoffnung der conservativen Partei, mit einer Mehrheit von mindestens hundert Deputirten in die neue Kammer einzutreten, zur Wahrheit geworden. Indessen haben die Republikaner immerhin eine starke Mehrheit (von etwa 110 Stimmen) in die Wagschale zu legen, die bei ihrer vortrefflichen Disciplin um so schwerer wiegt, da innerhalb der monarchischen Gruppe durch die Wahl so heißblütiger Vorkämpfer des Bonapartismus wie der beiden Cassaguac, des Ministers des Innern, Fourtou etc. und durch die hingekommenen Royalisten auf den gewonnenen Kammersitzen für unfruchtbaren Hader reichlich gesorgt ist. Am meisten gewinnt freilich von der gegenwärtigen Lage der Präsident der Republik, der sich nunmehr mit dem Gambetta'schen "Abtreten oder sich Unterwerfen" nicht sehr beeilen wird. Die Stimmung in Paris ist im Augemeinen ruhig. Von Regierungskrisen geht die Parole aus, es sei unzweifelhaft, daß der Marschall=Präsident einen moralischen Sieg errungen habe.
- Sehr zeitgemäß bringen republikanische Blätter eine Aufstellung, welche den Franzosen die Augen darüber öffnet, wie viel ihnen das letzte Kaiserreich gekostet und welche Ersparnisse seit der Entthronung Napoleons dem Lande gemacht worden sind. Es betrugen nämlich die Civilliste des Kaisers 25 Millionen Frans die den Prinzen und Prinzessinnen zugewiesenen Summen 1,500,000 Fr., der Aufwand für den Geheimen Rath 300,000 Fr., die Einkünfte der Krongüter 1 Mill. Fr., die Kosten für Unterhaltung der kaiserlichen Garde 17 Mill. Fr., die durch Aufhebung des Staats= und des Hausminsteriums in Wegfall gekommene Summe 700,000 Fr., die Gesammtkosten also 45,500,000 Franken. Während der 18jährigen Dauer des Kaiserreichs erreichten dieselben die Summe von 819 Millionen, seit 1870 sind dagegen 315 Mill. erspart worden. Die Bezüge des Präsidenten der Republik belaufen sich nur auf 900,000 Fr. Wetter wird angeführt:
Napoleon III. hat gesagt: "Das Kaiserreich ist der Friede" und er trug den Krieg nach Algerien, nach der Krim, Italien, Syrien, China, Cochinchina, Mexiko, worauf das unglückliche Abenteuer 1870 folgte. Die Kriege vor 1870 kosteten 2,182,000,000 Fr., der Krieg von 1870 11,300,000,000 Fr., in Summa 13,482,000,000 Fr. Es gehört eben ein Land wie Frankreich dazu, um durch solche Aderlässe nicht die Schwindsucht zu bekommen.
Schweden. In der schwedische Colonie St. Barthelemy ist auf Veranlassung der Regierung eine Abstimmung über die Rückgabe der Insel an Frankreich vorgenommen worden und hat die Bevölkerung mit allen Stimmen gegen eine sich dafür ausgesprochen.
Eine belgische ministerielle Verfügung verbietet die Einfuhr von aus dem deutschen Reiche und aus Luxemburg kommendem Rindvieh und Schafen nach Belgien vom 22. d. ab.
Auf dem europäischen Kriegsschauplatze hindert das schlechte Wetter noch immer die Bewe=

[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 2]

gungen. In Asien sollen die Russen Kars theilweise wieder eingeschlossen haben und dasselbe beschießen, die Niederlage der Türken bestätigt sich damit. Moukhtar Pascha verlangt 20,000 Mann Verstärkungen, welche bereits eingeschifft werden.


- Fritz Reuters, unseres größten deutschen Humoristen Werke waren seither Vielen im Volke ein Buch mit sieben Siegeln; denn der Preis dieser Bücher war

seither so kostbar wie der Humor des Dichters und auch die plattdeutsche Mundart erschwerte Manchem das Verständniß. Beiden Hindernissen für die allgemeine Verbreitung wird jetzt durch eine billige Volksausgabe abgeholfen, die in 7 Bänden oder 28 Lieferungen a 75 Pfennige erscheint und durch zahlreiche Wort= und Sacherklärungen und kurze Anmerkungen das Verständniß ungemein erleichtert. Nun ist Fritz Reuter und seinem Humor der Weg in alle Kreise des Volkes gebahnt. Reuters Bücher haben vor vielen andern das Gute, daß man sie nicht einmal, sondern immer von neuem liest, um sich den eigenen Humor wieder aufzufrischen.
- Sonnabend Mittag 2 Uhr lief die eiserne Corvette, welche zum Ersatz der "Arcona" bestimmt ist, auf der Danziger Werft vom Stapel. Oberwerftdirector Livonius taufte dieselbe im Namen Sr. Maj. des Kaisers "Moltke".
- Das deutsche Reich ist jetzt im Besitze eines schönen Flecken Landes in Italien. In Olewono, einige Meilen von Valmontana, der vierten Station an der Bahn von Rom nach Neapel, befindet sich ein Hain der schönsten, immergrünen Eichen, ein Lieblingsaufenthalt der Künstler Roms. Der Eigner war nun im Begriffe, die Eichen niederzuhauen, um aus den wenigen Morgen Ackerland zu machen, als ein deutscher Künstler aus Dresden, der oft jene Eichen zum Gegenstande seiner Gemälde gemacht hat, das Eigenthum kaufte und es dem deutschen Reiche als unveräußerlichen Besitz übergab, mit der Bedingung, für die Erhaltung der Bäume Sorge zu tragen. Der deutsche Botschafter hat kürzlich in Begleitung einer Gesellschaft von Landsleuten die Besitzung angetreten.
- Post= und Telegraphenwesen. Es bestand bei der Kaiserl. Telegraphenverwaltung die Bestimmung, daß der Empfänger einer Depesche mit bezahlter Rückantwort, fall's er sich nicht rückantwortlich äußert, die vom Aufgeber der Depesche für die Rückantwort mit erlegtem Gebühren sich ohne Weiteres auszahlen lassen könnte. In Folge dieses Umstandes hatten spekulative Köpfe einen neuen Weg zur Defraudation gefunden. Bekanntlich kann man per Telegraph beliebige Summen an in andern Orten Wohnende anweisen, doch sind die Gebühren hierfür ziemlich hoch; um nun diesen Tarifsätzen zu entgehen, telegraphirte z. B. X. an Y. irgend Etwas und bezahlte dabei eine Rückantwort vielleicht für 5000 Wörter, Y. telegraphirte nicht zurück, sondern erhob einfach den Intentionen des Herrn X. gemäß die für die 5000 Wörter bezahlten Gebühren und kam somit auf schnellstem und nicht theurem Wege in den Besitz einer Summe Geldes. Indessen kam die Verwaltung hinter diesen Schwindel und zahlt seitdem nicht mehr in beschriebener Weise.
- In den von Berlin nach Osten zu gelegenen Provinzen der preußischen Monarchie macht eine Seuche, die jetzt unter dem Federvieh viele Opfer fordert, den Landwirthen und Züchtern große Sorge. Die Krankheit tritt ganz plötzlich auf. Dieselbe äußert sich durch Taumeln der Thiere, dieser Zustand hält kurze Zeit an, die Patienten fallen sodann um und verenden nach wenigen Stunden. Befallen werden von der Seuche nicht nur sämmtliche Hühnerarten, sondern auch Gänse und Enten. Im Kreise Kremplen an der polnischen Grenze ist bereits auf mehreren Gütern der ganze Federviehbestand ausgestorben. Auch in der Gegend von Berlin sind die Verluste bereits bedeutend. Die bisher angestellten thierärztlichen Untersuchungen haben noch nicht zur Ermittelung der Ursachen dieser verheerenden Krankheit geführt.
- Aus der Altmark berichtet die "Volksztg.": Vor wenigen Wochen verheirathete sich in Kalbe a. M. der Veteran an den Freiheitskriegen 1813 bis 1815 Altbesitzer Ackerhausen. Derselbe ist am 18. Dez. 1777 geboren, feiert mithin noch in diesem Jahre seinen hundertsten Geburtstag und erfreut sich einer seltenen Rüstigkeit.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Curatel über den verschollenen Georg Ludwig Friedrich Schlebusch aus Schönberg giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 12. d. Mts. abgehaltene Termins=Protocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hiermit zu Recht den

Bescheid:

daß unter Vollstreckung des in der Edictalladung vom 3. Septbr. 1875 angedrohten Nachtheils, auch die Substanz des Vermögens des verschollenen Georg Ludwig Friedrich Schlebusch von hier seinen nächsten Verwandten dadurch für anheimgefallen erklärt wird, und soll in Betreff der Vermögensauskehrung demnächst weitere Verfügung angehen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 12. October 1877.

Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Bekanntmachung.

Der auf den 23. d. Mts. zum Verkaufe des zur Köppcke'schen Concurs=Masse gehörenden Mühlengrundstücks anstehende 3. Termin wird eingetretener Umstände halber hierdurch wieder aufgehoben.
Ratzeburg, den 18. October 1877.

Königliches Amtsgericht.


Gerichtliche Auction.

Am Freitag, den 26. October d. Js., von Vormittags 10 Uhr ab, sollen auf dem auf Ratzeburger Feldmark, in der Nähe von Ziethen belegenen Köppcke'schen Mühlengrundstück, verschiedene Gegenstände als: 1 Kuh, 1 Pferd, 2 Schweine, 2 Wagen, 6 Faden Buchen Brennholz, 1 silberne Cylinder=Uhr einige Kleidungsstücke, Mobilien und sonstige Hausstandssachen, öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden.
Ratzeburg, den 20. October 1877.

Königliches Amts=Gericht.
Sachau.

Bodmer.     


Zum öffentlich meistbietenden Verkaufe der vor dem Sabowerthore bei der städtischen Lehmgrube belegenen, der Stadt Schönberg gehörenden drei Bauplätze haben wir einen Verkaufstermin auf

Mittwoch den 31. October c.,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt, zu welchem Kaufliebhaber sich in der Rathsstube einfinden wollen.
Die Verkaufsbedingungen werden im Termine verlesen, sind aber auch vorher bei uns einzusehen.
Schönberg, den 18. October 1877.

Der Magistrat.


Torf=Auction.

Am Sonnabend den 27. October sollen auf dem Rüntzer Moor ca. 450 Mille Ruthen=, Form= und Stechtorf,
am Sonnabend den 29. October auf dem Kuhlrader Moor ca. 180 Mille Formtorf meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden. Zusammenkunft Morgens 9 Uhr auf den betreffenden Möören.
Schönberg, den 17. October 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 3]

Es hat dem Herrn gefallen, unser liebes, freundliches Gretchen gestern Sonntag Abend zu sich in sein Reich zu nehmen.
Schönberg, den 22. October 1877.

Assessor U. Horn und Frau.     


Auction.

Am Montag, den 29. October d. J. von Morgens 10 Uhr an, werde ich im Gastwirth Boye'schen Locale hierselbst die nachfolgenden Gegenstände als namentlich:

eine große Parthie Frauenkleidungsstücke, Betten und Leinenzeug, sowie Haus= und Küchengeräthe u. s. w.
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkaufen.

Schönberg.                                                     Staffeldt, Landreiter.


Die
Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt
in Schönberg
ist an jedem                          
Mittwoch
von 8-12 Uhr Vormittags
geöffnet.                          
                                                    Das Directorium.


Bekanntmachung.

Der diesjährige Herbstbeitrag der Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner ist in der Zeit vom 15. bis 30. November d. J. mit der Hälfte des einfachen Ansatzes (1/2 Simplum) auf dem hiesigen Bureau zu entrichten.
Lübeck, den 3. October 1877.

Die Direction
des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner.
Namens derselben:
Bruhn, Secretair.


Neue
geschälte Victoriaerbsen
empfiehlt                          
Schönberg.                                                     Aug. Spehr.


Eine kleine Parthie                          
St. Salvador=Caffee
(Geschmack wie Java)
empfiehlt bei Abnahme von 10 Pfund an à Pfund 1 M. 25 Pfennig (Mecklenburg).
                                                    Aug. Spehr.


Photographisches Atelier
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C. Kindermann,
Lübeck,
Breitestrasse 788.


Den geehrten Herrschaften Rehna's und der Umgegend die ergebenste Anzeige, daß ich mich in hiesiger Stadt als

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etablirt habe und mich zu jeglicher Art Töpferarbeit empfehle.
Zugleich halte mein reichhaltigstes Lager von fertigem Crivister Töpfer=Geschirr bestens empfohlen.
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A. Lübcke,     
Töpfer.         


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Emil Jannicke, Bandagist.     


Die Schulgelderhebung

findet in den nächsten beiden Wochen (vom 21. October bis 3. November) statt; die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.
Schönberg.

J. Wegner,           
beauftragter Erheber.     


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[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 4]

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muß ich vor den vielen unreellen, oft sogar schädlichen Nachpfuschungen des von mir erfundenen

L. W. Egers'schen Fenchelhonigs

nachdrücklich warnen. Daher wolle man beim Kauf meines gegen Husten, Heiserkeit, Verschleimung, Katarrhe, besonders auch bei Kinderkrankheiten seit nunmehr 17 Jahren vieltausendfach bewährten Fenchelhonigs vor Allem darauf achten, daß jede Flasche meine Firma im Glase eingebrannt tragen, mit meinem Siegel geschlossen und auf dem Etiquette mit meinem Namenszug versehen sein muß. Uebrigens ist meine Verkaufstelle in Schönberg bei Buchbinder C. Sievers.

L. W. Egers in Breslau.
Erfinder des Fenchelhonigs.


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Den von der J. Maaß'schen Büdnerei über meinen jetzt mit Winterkorn bestellten Schlag führenden Schleichsteig, sowie überhaupt das Betreten meiner Wintersaat und meiner Buschkoppel verbiete ich gänzlich und werde ich Zuwiderhandelnde ohne Ausnahme dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

Ollndorf.                                                      W. Bade.


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empfiehlt sich                           Hochachtungsvoll            
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Zu dem am Mittwoch den 31. October stattfindenden

Stiftungsball
der "Liederkrone"
ladet ergebenst ein                                                    der Vorstand.
Einführung findet statt.
Anfang 7 1/2 Uhr.
Schönberg, den 18. October 1877.                          


Wohnungsveränderung,
Seit dem 15. d. M. wohne ich beim Herrn
Maurer Fick,
Siemzerstraße Nr. 162.
Schönberg.                                                    H. Hundt, Herrn=Kleidermacher.


20 Mark Belohnung

dem, welcher den Dieb, der in der Nacht vom 11. zum 12. October acht Koppelschleete vom Zarnewenzer Hoffelde gestohlen hat, so nachweist, daß er gerichtlich belangt werden kann.


Soliden Personen ist der Verkauf eines überall leicht verkäuflichen guten Artikels bei hoher Provision zu übertragen. Franco=Offerten sind innerhalb 8 Tagen sub. M. P. 800 postlagernd Carlsruhe (Baden) zu richten.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen18 M -Pfennig  bis 24 M -Pfennig.
Roggen13 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Gerste13 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Hafer12 M 50Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Erbsen13 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 .
Hasen d. St. M3 - 4 .
Enten d. St. M1,70 .
Hühner d. St. M1,45 .
Kücken d. St. M0,70 .
Tauben d. St. M0,45 .
Stoppelgänse d. St. M6 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 83 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 23. October 1877.


- Der den Weinbauern in Würtemberg durch die letzten Fröste zugefügte Schaden wird auf nahezu 40 Millionen Mark geschätzt. Die Weinberge sollen aussehen, als ob sich Türken und Russen wochenlang darin herumgeschlagen hätten.
- An der britischen Küste hat ein sehr heftiger Sturm gewüthet, durch den viele Schiffbrüche und zahlreiche Verluste an Menschenleben verursacht worden sind.
- Auf der Gisela=Bahn, allerdings auf der 4000 Fuß hoch gelegenen Strecke Friederbrunn=Hochfilzen, ist bereits ein Eisenbahnzug im Schnee stecken geblieben und konnte erst durch eine zweite telegraphisch requirirte Locomotive fortgeschafft werden.
- In Nordhausen hat der Standesbeamte dieser Tage ein Brautpaar zusammengegeben, von welchem Braut und Bräutigam schon zweimal verheirathet gewesen waren. Als Heirathsgut brachten sie 17 Kinder zusammen.
- Nur nicht die Türken verläumden, sie sind gar gutmüthig. Als sie neulich in Mustapha 5 Bulgaren aufknüpften und an einen Geistlichen die Reihe kam, bat dieser den Feldwebel, einen Augenblick zu warten; dann suchte er sein am Leibe verborgenes Geld hervor, eine ganze Hand voll Gold und schenkte es dem Feldwebel. Der nahm es, klopfte dem armen Sünder auf die Schulter und sagte gerührt: Weil Du so ein braver Kerl bist, sollst Du auch im Schalten aufgehenkt werden. - Und so geschah's, es wurde ein schattenartiges Plätzchen extra für ihn ausgesucht.
- Die geheime Schreckensherrschaft der Camorra herrscht auch im Festlande Italien. Die Bauer, die des Morgens auf den Markt der Städte wandern, haben am meisten von ihm zu leiden. Es wird ihnen untersagt, die Früchte und Gemüse zu solchen Preisen zu verkaufen, wie es ihnen gefällt. Sie müssen sich nach den Taxen richten, die ihnen vorgeschrieben werden. Wo nicht, geht es ihnen schlecht. Der Eine oder Andere, der sich auf die Hinterbeine setzte, sah mit einem Male seinen ganzen Kram umgestürzt und verwüstet, Trauben, Salat und Eier ein großer Eierkuchen. Des Ferneren erhebt die Camorra eine Abgabe von den Marktleuten, die sie Setzgeld nennt. Ein Bauer kommt mit seiner Eselin und seinen Vorräthen an, ladet ab, setzt Alles hübsch hin, Gestell, Körbe und Waare, und sofort ist einer da, der das "Setzgeld" heben will, und zwar mehr oder weniger, je nachdem das Bäuerlein selbst etwas zu bedeuten hat. Die Arbeit hat das Bäuerlein gethan, aber er muß zahlen, als ob der Camorrist dabei geholfen hätte. Das Landvolk selbst ist unfähig, aus eigenen Kräften sich dieser gesellschaftlichen Schmarotzerpflanze zu erwehren.
- Einem, das amerikanische Wesen trefflich charakterisirenden Scherz liefert die "New=York Sunday Times" in folgendem Gespräch einiger kleinen Mädchen: "Was wollen wir spielen? Nicht wahr, Besuch spielen wir! Mary hier, Du bist Madame Braun und setzest Dich auf die Treppenstufen. Julie und ich, wir beide kommen zum Besuch und dann fragen wir, wie es Dir geht und wie sich Dein Gemahl befindet und ob Deine Kleine noch die Masern hat, und dann sagen wir Dir, wie reizend Dir Dein Morgenhäubchen steht und reden Dir gut zu, Deinen hohlen Zahn plombiren zu lassen; das thut ja gar nicht weh - und dann sagen wir Adieu Madame Braun, besuchen Sie uns doch recht bald und bringen Sie die reizenden Kinder mit; Sie kommen ja so schrecklich selten, zu uns, Madame Braun! Und dann verbeuge ich mich und Julie auch und dann gehen wir und dann kommt das Schönste! Dann sage ich zu Julie: Sieht die alte Braun in ihrer Haube nicht wie ein rechter Affe aus? Und dann sagt Julie: Gewiß, und bei so einem häßlichen Gesichte will sie sich noch Zähne plombiren lassen! Und dann sage ich wieder, wie schmutzig ihre Jöhren aussehen und dann lachen wir tüchtig über die alte Braun. Das wird 'mal schön! Nun wollen wir anfangen!"
- General Seidnitz berichtete einst Friedrich dem Großen über eins der vielen kleineren Gefechte, die tagtäglich im 7jährigen Kriege vorfielen. Er selbst hatte bei dem Gefechte commandirt und erwähnte gegen den Monarchen die musterhafte und kluge Anführung eines Officiers vom Wunschen Freicorps. "Freicorps! Freicorps!" antwortete Friedrich (der kein Freund dieser Truppe war). "Geh' er mir doch mit der klugen Tapferkeit eines Officiers vom Freicorps:" - "Und dieser machte eine rühmliche Ausnahme!" fiel Seidlitz ein. "Ich habe wenig Officiere kennen gelernt, die sich so zu benehmen wußten wie dieser. Er verdient ein Regiment zu führen." "Wie heißt er?" Seidlitz nannte den Namen. "Den hab' ich schon nennen hören," sagte der König, "er hat sich schon bei einer Affaire ausgezeichnet." "Ja, und er verdient einen Orden", schloß der unerschütterliche Reitergeneral. - Ohne daß der Held von Roßbach es wußte, schickte Friedrich nach dem Officier. Dieser kam. Der gnädige Monarch legte den Verdienst=Orden (pour le mérite) und eine Geldrolle auf den Tisch. - Er hat sich sehr brav gehalten, sagte der König freundlich. Ich muß ihn belohnen, wähle er! Hier liegen 100 Friedrichsd'or und hier der Orden, was von beiden will er? - Ohne sich lange zu bedenken, griff der Offizier nach dem Gelde. "Ehre hat er wenig", sagte Friedrich unwillig, "sonst würde er den Orden genommen haben." - Verzeihung, Ew. Majestät! Schulden habe Ich, die ich erst bezahlen will. Den Orden werde ich in einigen Tagen nachholen." - "Brav, mein Sohn! rief erfreut der Monarch, indem er dem Offizier auf die Schulter klopfte, "nehm er den Orden nur auch gleich mit. Er verdient ihn."
- Eine merkwürdige Hochzeitsgeschichte, die sich vor einigen Tagen zugetragen, wird, wie der "Golos" meldet, in allen Kreisen Warschaus sehr lebhaft besprochen. Einem jungen und armen Mädchen fiel eine sehr bedeutende Erbschaft zu, doch war deren Behebung an die Bedingung geknüpft, daß die Erbin sich früher verheirathe. Durch längere Zeit weigerte sich dieselbe, einen ihr von ihren Verwandten in Vorschlag gebrachten Mann zu ehelichen; endlich jedoch entschloß sich die Erbin, die Erbschaftsbedingung zu erfüllen. Sie trat auf den ersten Bettler, den sie am Thore einer bestimmten Kirche fand, heran und forderte ihn auf, gegen ein Honorar von 300 Rubeln und einen completen anständigen Anzug sich mit ihr kirchlich trauen zu lassen und sie nach vollzogenem Trauungsacte für immer zu verlassen. Der alte, arme Mann - das Fräulein hatte sich mit ihrer Bitte an einen 86 Jahre zählenden Greis gewandt - entschloß sich zu dem ihm ungefährlichen Schritte, und so fand denn vor einigen Tagen in einer unserer Kirchen in später Abendstunde die sonderbare Trauung statt, bei der eine große Zahl von Bettlern, den Gewerbgenossen des Bräutigams, assistirte. Nach vollzogener Trauung, die dem Bräutigam recht peinlich zu sein schien, denn er blickte während derselben fortwährend in recht gedrückter Stimmung nach rechts und links, entführte eine der Equipagen die junge Frau mit den Hochzeitszeugen; im andern Wagen rollte ihr Gatte allein seiner einsamen Behausung zu. Die nunmehr in den Besitz der sehr bedeutenden Erbschaft gelangte junge Dame soll bereits Warschau verlassen und sich ins Ausland begeben haben; ihr Gemahl ward jedoch bis heute noch vor keiner Kirchenthür mehr gesehen.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 83 Seite 6]

- In Eßlingen (Würtemberg) wurde am 10. Octbr. ein 34 Jahre alter Schneider zum Tode verurtheilt, weil er seine vier leiblichen Kinder im Alter von 1 bis 5 Jahren ermordet hatte. Er war in allen Stücken geständig und erzählte bei der Gerichtsverhandlung, daß er mit seiner Frau verabredet hätte, um der großen Noth, die sie drückte, auf einmal ein Ende zu machen, erst die Kinder zu ermorden und sich dann selbst das Leben zu nehmen. Bei dem jüngsten Kinde fing der Unglückliche an; er erdrosselte die Kinder eins nach dem andern mit einer Schnur und versetzte zweien noch Schläge mit einem Beil, weil, wie er sich ausdrückte, sein Arm "müde geworden vom Zuhalten der Schnur". Als die Kinder todt waren, machte er zwei Schlingen für sich und seine Frau am oberen Fenster, die Frau starb darin; ihn selbst trug die Schnur nicht, er fiel herab und war zu feige oder zu erschöpft, um sich noch einmal aufzuhängen; so verfiel er dem Arm der irdischen Gerechtigkeit.
- Dem "Berliner Fremdenbl." wird nachstehende artige Episode aus der Zeit des jüngsten Aufenthaltes des Kaisers Wilhelm in Gastein gemeldet: "Am Ende der sogenannten Kaiser=Promenade in Gastein befindet sich eine einfache Hütte, in welcher eine Bäuerin, genannt Liese, wohnte. Dort kehrte der Kaiser öfter ein, um ein Glas Milch zu nehmen. Spekulative Köpfe riethen der Liese, sich ein Album anzuschaffen und den Kaiser Wilhelm zu ersuchen, sich einzuzeichnen, worauf gewiß viele berühmte Persönlichkeiten folgen würden. Liese kaufte sich sofort ein ganz einfaches Oktavschreibebuch, und als eines Tages der Kaiser mit Gefolge erschien, um die dortige Kegelbahn zu benutzen, trat Liese mit dem Büchelchen heran und bat um eine Gnade. Kaiser Wilhelm fragte neugierig "Was wollen Sie denn, Liese?" - "Ew. kaiserliche Majestät halten zu Gnaden, i bitt halt schön, sich in dies Büchel einzuschreiben", - "Wenns weiter nichts ist" - und der Kaiser schrieb einfach "Wilhelm", forderte aber sämmtliche Cavalerie auf, ein gleiches zu thun. Nachdem dies geschehen, sprach der Kaiser: "Nun, Liese, passen Sie aber auf, daß kein Engländer das Buch in die Hand bekommt, sonst reißt er Ihnen das erste Blatt heraus." - Seit dieser Zeit fragt Liese jeden Fremde, der sich in das Buch einzuzeichnen wünscht - denn die Geschichte ward bald in Gastein bekannt - ob er auch kein Engländer sei, und dann erst reicht sie es unter ängstlicher Bewachung zur Inschrift."
- Ueber eine drollige Gerichtsverhandlung, die jüngst im Berliner Stadtgericht stattgefunden, berichten Berliner Blätter: Eine hübsch gewachsene Persönlichkeit in verhältnismäßig sauberem Anzuge nimmt, sich vor dem Richtertisch verbeugend, auf der Anklagebank des Stadtgerichts Platz. "Vorsitzender: Sie sind der 32 Jahre alte Möbelpolirer Anton August Würmlich. Angekl.: Stimmt janz jenau. Vors.: Wird Ihr Name mit "ch" oder "g" geschrieben? Angekl.: Steht janz in Ihr Belieben, mich is et eenjal. Vors.: Das ist in Erwägung etwaiger weiterer Vorfälle keineswegs gleichgültig. Wie wird Ihr Name geschrieben? Angekl.: Ja, Herr Jerichtshof, darüber kann ick keene jenaue Auskunft geben; mal schreib ick mir so, mal so, wies mich grade in'n Kopf kommt, immer aber mit son'n (macht eine Fingerbewegung) Schnörkel, von wegen Erschwerung bei Urkundennachmachung. Hierauf wird die Anklage verlesen, nach welcher Würmlich geständlich in der Nacht zum 15. Juli nicht nur der Aufforderung eines Nachtwächters nicht Folge geleistet, sondern auch bei seiner demnächst nöthigen Verhaftung dem Beamten Widerstand entgegengesetzt hat. - Vors.: Sie haben das Vergehen schon eingestanden; wie war der Vorgang? Angekl.: Det is mit kurzen Worten bald erzählt. Vor so ungefähr zwee Jahre -- Vors.: Bleiben Sie bei der Sache; was vor zwei Jahren passirte, gehört hier nicht her. Es handelt sich ausschließlich um den in Rede stehenden Vorfall. Angekl.: Jerade det gehört aber zu meiner Vertheidigung; es is von'n Jesangverein, wodrüber ich Atteste beibringen kann. - Nach diesen Worten wird es auf der Zuschauertribüne lebendig; eine elegant gekleidete junge Dame drängt mehrere vor ihr stehende Personen anscheinend nicht gerade sanft bei Seite und hält, an der Brüstung angelangt, ein ziemlich umfangreiches Packet nicht sehr sauberer Papiere mit den Worten in die Höhe: Ick habe sie mitgebracht! Dem Angeklagten ist dieser Zwischenfall nicht entgangen, und noch ehe der Vorsitzende die Störerin zurechtweisen kann, ruft Herr Würmlich mit dem ch oder g der energischen schönen gerührt die Worte zu: Diese uffopfernde That is in mein Herz mit feurige Lettern injegraben. Aber aus'n Kerker jeht's nach's Standesamt! Merkste wat, Justeken? Auguste muß aber hinaus aus dem Saal und faßte vor der Thür Posto, ihren Thränen freien Lauf lassend. Der Angeklagte, nochmals darauf aufmerksam gemacht, auf was es ankomme, erzählt nunmehr, wie er nach Aufforderung sich einem Gesangvereine angeschlossen habe und demnächst nach der ersten Probe auf dem Heimwege mit dem Wächter in Conflict gerathen sei. Seiner Angabe nach hat das Betragen des Wächters hierzu Veranlassung gegeben. Vors.: Sie müssen aber doch wissen, daß man des Nachts nicht laut singend die Straße passiren darf? Angekl.: Na een eenzigster Tenor, was so ville wie Solo is, wird woll keen ruhestörender Lärm sinn, zumal wenn man vor die Wohlthätigkeit mitsingt wie dies bei mir schon unterschiedliche Male dagewesen! Vors.: Warum leisteten Sie aber der Aufforderung des Wächters nicht Folge und stellten das Singen ein? Angekl.: Ja, wenn der Mann so höflich jewesen wäre! Gleich hätt ick ufjehört. Der sagt aber blos mit sonne recht niederträchtige Baßstimme: Machen Sie keenen ruhestörenden Lärm nich, sonst ziehe ich mit Ihnen ab. Männeken, sage ick, Sie jlooben woll, Sie haben eenen Vajabunden jefaßt; die haben aber keenen Cylinder von 5 M. 50. Un weil nu anständig singen in die janze Welt keene Ruhestörung is, so sang ick ruhig weiter, wodrüber sich ville anständige Menschen so freiten, daß sie bei mir blieben. Dadruf kam aber der Wächter retour und schrie mit ne Löwenstimme: Wenn Sie nu nich ufhören mit Ihr Jejröhle, denn jeht et nach die Wache. Männeken, sagte ick daruf, ick habe nich das Verjnügen Sie zu kennen, aber von Kunst un Wissenschaft haben Sie keenen Begriff; un wie ick hieruf weiter singen wollte, faßte er mir bei'n Kragen un jing mit Philippen ab. Vors : Auf dem Transport zur Wache haben Sie sich mehrmals loszureißen versucht? Angekl.: Det stimmt, ick kannte ja den Mann jar nich, un legitimiren that er sich ooch nich. Vors.: Der Wächter hatte ja Uniform an! Angekl.: Des woll, aber die kann een Jeder anziehn. Vorsitzender: Nach dem Berichte der Revierpolizei sind Sie anscheinend angetrunken gewesen; das ist wohl richtig? Angeklagter: Na, anjetrunken wohl eigentlich nich; aber son'n kleen Bisken - angeschäkert mag ick woll gewesen sin'n. Wir hatten zusammen zwee Achtel un nachher noch Jeder vier Seidel getrunken, wobei so eenige Cognacs mit untergeloofen mögen sind. Hierauf beantragt der Staatsanwalt unter Berücksichtigung der seitherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und der sonstigen Milderungsgründe eine vierzehntägige, durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt zu erachtende Gefängnißstrafe. Auf die Frage des Vorsitzenden, was Würmlich noch anzuführen habe, erwiderte dieser: Herr Jerichtshof, ick stehe hier vor gebildete Männer un will mir dadrum nich weiter verdefendiren. Sie verstehen mir schon. Aber zehn Pferde sollen mir nich wieder hierher ziehen un wenn ick sonst nich mal wieder arretirt werde, denn kriegen Sie mir nich wieder zu sehen. Das Urtheil lautete nach dem Antrage des öffentlichen Anklägers, worauf Würmlich befriedigt den Saal verließ und im Vorübergehen mit seiner vor Freude strahlenden Guste für den Nachmittag einen Ausflug nach der Hasenhaide verabredete.


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