No. 38
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 15. Mai
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 38 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Se. Majestät der Kaiser ist am Donnerstag früh von seiner Reise durch Elsaß=Lothringen nach Berlin zurückgekehrt. Derselbe wird der Prov.=Corr. zufolge abwechselnd in Berlin und in Babelsberg residiren. Mitte Juni erwartet man die Reise zum Kurgebrauch nach Ems.
S. K. K. H. der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin sind gleichfalls am Donnerstag aus Elsaß=Lothringen zurückgekehrt und haben in Potsdam im Neuen Palais Wohnung genommen.
Der älteste Sohn des Kronprinzen, Prinz Wilhelm von Preußen, wird, wie die "Deutsche Reichsz." mittheilt, im nächsten Semester die Universität Bonn besuchen.
Der Bundesrath hat das Patentgesetz in der vom Reichstage beschlossenen Fassung angenommen, und da dasselbe am 1. Juli in Kraft treten soll, so werden bereits die nöthigen Vorbereitungen getroffen. Wie es heißt, wird die Regierung im nächsten Etat definitive Stellen für das Patentamt schaffen.
Die halb amtliche Prov.=Corresp. schreibt in einem Rückblick auf die letzte Reichstags=Session wörtlich: "Von größerer und tiefer gehender Bedeutung aber als die einzelnen in dieser Session vereinbarten Gesetze sind die umfassenden Erörterungen, welche in Bezug auf alle Seiten des wirthschaftlichen Lebens und der finanziellen Aufgaben des Reiches stattgefunden haben. Nach allseitiger klarer Erkenntniß konnten diese Erörterungen zunächst nur vorbereitender Natur sein und nur die Bedeutung einer beginnenden Klärung der in Folge der wirthschaftlichen Verirrungen und Katastrophen der letzten Jahre tief erregten Auffassungen und Stimmungen beanspruchen: daß die Klärung begonnen hat, und daß die Hoffnung vorhanden ist, dieselben in den nächsten Sessionen zu praktischen Neugestaltungen auf den verschiedenen betreffenden Gebieten zum Segen des deutschen Volkes nutzbar zu machen, ist ein nicht gering anzuschlagendes Ergebniß der jüngsten Session."
Der Berliner Reichsbote bemerkt dazu: "Im Interesse des deutschen Volkes muß man es als einen ersten Schritt zur Besserung begrüßen, wenn die Organe der Regierung vor den öffentlichen Nothständen nicht die Augen verschließen und aussprechen, wovon die Vögel auf den Dächern pfeifen." Im liberalen Lager schreibt man diesen und ähnliche Artikel der offiziösen Presse dem Reichskanzler nahestehenden Einflüssen zu; und sehr bemerkenswerth ist es, daß sich in den liberalen Zeitungen bereits eine gegen den bisher so hochgefeierten Mann sehr feindliche Stimmung breit zu machen beginnt.
Nach einer dem statistischen Amte des Reichs über das Ergebniß der Reichstagswahlen am 10. Januar d. J. gemachten Zusammenstellung betrug bei einer ortsanwesenden Gesammtbevölkerung von 42,727,360, nach der Zählung vom 1. December 1875) die Zahl der berechtigten Wähler 8,943,012. Davon übten 5,557,767 ihr Wahlrecht aus. Die Zahl der gültigen Stimmen belief sich auf 5,535,778. Davon erhielten die Candidaten: der Nationalliberalen 1,594,142 Stimmen, des Centrums 1,416,803, der Conservativen 538,739, der Socialdemokraten 485,122, der Fortschrittspartei 438,190, der deutschen Reichspartei 426,468, der Polen 219,159, der Gruppe Löwe 119,473, der Particularisten 112,496, der Protestpartei 106,171, der Volkspartei 57,147, während die übrigen abgegebenen Stimmen sich entweder zersplitterten, oder auf Personen fielen, die keiner der hier genannten Parteien angehörten.
Der General Freiherr v. d. Tann, Generaladjutant des Königs v. Bayern hat am 4. d. M. seine silberne Hochzeit gefeiert und ist durch ein eigenhändiges Glückwunschschreiben seines Königs ausgezeichnet worden.
Der General der Infanterie v. Manstein ist am 11. Mai in Flensburg, und der Major a. D. von Schiller, der Enkel und letzte männliche Nachkomme des deutschen Dichterfürsten, ist am 10. Mai in Stuttgart gestorben.
Auf dem Kriegsschauplatze ist es bereits an verschiedenen Stellen zum ernstlichen Kampfe gekommen. Auf der ganzen Strecke zwischen Widdin und Ismail an der Donau donnern bereits die Kanonen, und wahrscheinlich steht schon in den nächsten Tagen und zwar an verschiedenen Stellen zu gleicher Zeit der Uebergang der Russen über die Donau bevor. Bei Braila ist am Freitag ein großer dreimastiger türkischer Monitor von den Russen beschossen und durch Explosion des Dampfkessels und der Pulverkammer in die Luft gesprengt worden. Vom asiatischen Kriegsschauplatze wird gemeldet, daß die türkische Festung Kar vollständig von den Russen eingeschlossen ist und daß man die Uebergabe des nicht ausreichend verproviantirten Platzes bald erwartet.
Der Fürst von Rumänien hat sich an die Spitze seiner Armee gestellt, die auf 120,000 Mann gebracht werden soll; und am Freitag soll die Unabhängigkeitserklärung Rumäniens geschehen sein. An verschiedenen Stellen haben die Rumänen das Feuer der Türken bereits erwidert.
Der Sultan hat, wie die, Presse zu berichten weiß, den Titel "Vertheidiger des Glaubens" angenommen und die Annahme desselben in den Moscheen verkündigen lassen.
Die Pforte hat den Vorstellungen Englands nachgegeben und darein gewilligt, den neutralen Schiffen für den Ein= und Auslauf aus den blokierten Häfen des Schwarzen Meeres einen weiteren Aufschub zuzugestehen. Danach können die neutralen Schiffe bis zum 15. d. M. einschließlich in diese Häfen einlaufen und bis zum 17. d. M. einschließlich dieselben ungehindert verlassen.


Stadt und Veste Metz.

Der Krieg und die Belagerung von 1870 haben ihre Bedeutung dem lebenden Geschlecht von neuem vor Augen geführt. Man will wissen, der kleine Thiers habe Bismarck eine Milliarde Franks mehr angeboten, wenn man Metz Frankreich lasse, der alte Moltke aber habe Bismarck erklärt, Metz müssen wir behalten um der Sicherung Deutschlands willen, Metz wiegt eine Armee auf. So ist Metz nach mehr als 300 Jahren wieder deutsch geworden. Stadt und Veste sind uraltes deutsches Bollwerk und in französischen Händen war es immer das Ausfallthor Frankreichs. Das alte, später entartete Herrschergeschlecht der Merowinger saß in Metz und Umgegend, bis sein energischer Hausmeier Pipin

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der Kurze mit Hülfe des römisch=deutschen Apostels Bonifacius und des Papstes Zacharias es stürzte und sich an seine Stelle setzte. Kaiser Karl der Große († 814) residirte oft in Metz und jagte noch lieber in dem nahen Diedenhofen, die Gebeine seiner Gemahlin Hildegard und seiner Kinder und Verwandten ruhten in der Abtei St. Arnulf in Metz bis 1792; da erbrach der Jacobiner Trotebas Grüfte und Särge und er und seine Gesellen schoben mit den Schädeln Kegel. Die Metzer Bürger hatten keinen guten Ruf im Lande und Auslande, sie waren des Reiches Wucherer und hielten sich in den fehdelustigsten Zeiten Söldner, die für sie Leib und Leben zu Markte trugen. Die wilden Zeiten unaufhörlicher Kriege kamen, als das Reich Karls des Großen zerfiel und Frankreich sich als Feindesland loslöste vom alten heiligen römischen Reich deutscher Nation. Jahrhunderte lang kümmerten sich die deutschen Kaiser wenig um das wichtigste Bollwerk gegen Frankreich. Kaiser Karl IV. hielt 1354 zum erstenmal wieder in Metz einen Reichstag und verkündete 1356 die berühmte goldene Bulle, die neue Kaiserwahl=Ordnung. Der französische Einfluß wuchs immer gefährlicher heran und dennoch verweigerte Kaiser Karl V. (der Spanier) die oft erbetene Garnison, er zapfte die Bürger nur tüchtig an. Das rächte sich, Metz kam 1556 durch Verrath und Ueberfall in französischen Besitz und verblieb in ihm bis 1870. Der französische Verrath wurde in dem Schlosse Frascati geplant, in welchem 1870 Prinz Friedrich Karl und Bazaine die Uebergabe unterschrieben. Vergebens hat damals Karl V. Metz belagert und zurückzuerobern gesucht; damals war es, wo er sich überzeugte, er sei der Zeit nicht mehr gewachsen, sein Platz sei im Kloster.
Von Metz zogen im vorigen Jahrhundert die französischen Mordbrennerheere aus, um auf Befehl Louis XIV. die Städte und Dörfer der Pfalz zu verwüsten. Damals wurde das Heidelberger Schloß zur Ruine; ebendaher zogen alle Stürme, welche Deutschlands Sicherheit und Ruhe bedrohten. Jetzt ist dieses gewaltige und verstärke Bollwerk wieder unser und Kaiser Wilhelms Reise dahin hat den Franzosen gezeigt, daß ihr Geschrei um Elsaß und Lothringen vergeblich ist und Deutschland es weder im Krieg noch im Frieden herausgeben wird.


- Nach dem Plan, welcher für Neuanlagen und Verstärkung der deutschen Festungen 1873 entworfen und genehmigt worden ist, sollte die gänzliche Vollendung der Bauten in 11 Jahren, also 1884 erfolgt sein. Dieselben sind jedoch so beschleunigt worden, daß ein großer Theil jetzt bereits fertig ist, der andere aber lange vor Ablauf der planmäßigen Zeit vollendet sein wird. Namentlich bezieht sich dies auf die zum Schutz der Westgrenze bestimmten Festungen Köln, Koblenz, Mainz, Rastatt, Ulm und Ingolstadt.
- Die deutsche Reichsschulden=Commission sichert demjenigen, welcher den Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter der in Umlauf gekommenen falschen Reichskassenscheine zu 50, 20 und 5 Mark zuerst ermittelt und der Polizei= und Gerichtsbehörde dergestalt nachweist, daß der Verbrecher zur Untersuchung und Strafe gezogen werden kann, eine nach den Umständen bemessene Belohnung dis zu 5000 M. zu.
- Viele deutsche, französische und italienische Aerzte haben Lust, in russische Dienste zu treten und sich im Felde und in den Hospitälern verwenden zu lassen. Ihre Gesuche sind jedoch vorläufig vom Kriegsminister dankend abgelehnt worden mit dem Hinzufügen, daß man sich vorbehalte, im Falle des Bedürfnisses darauf zurückzukommen.
- Die russischen Grenzplackereien sind zur ständigen Landplage geworden, denn aller Beschwerden ungeachtet wiederholen sie sich immer von Neuem. Vor Kurzem hatte ein Besitzer, der diesseits und jenseits der Grenze angesessen, also den Grenzbeamten gut bekannt ist, auf der Reise nach der polnischen Besitzung 20 Flaschen Bier aus preußisch Leibitsch mitgenommen, um sie bei einer Familienfestlichkeit jenseits der Grenze als Geschenk darzubringen. Auf der Grenze angekommen, fährt er vor dem Zollhause vor, um das Bier zu deklariren, sofort wird aber nicht nur dieses, sondern auch der Wagen und das aus zwei Pferden bestehende Gespann mit Beschlag belegt, weil der Besitzer nicht an der Grenze gewartet hatte. Pferde und Wagen sollen demnächst zum öffentlichen Verkauf gestellt werden.
- Eine deutsche Firma Müller und Böhm in Moskau hat daselbst eine Erbswurst= und Kriegspräserven=Fabrik eingerichtet, welche während der Anwesenheit des Kaisers von der militairischen Begleitung desselben und von dem deutschen Militairbevollmächtigten, v. Werder in Augenschein genommen wurde.
- Das unter dem Commando des Contre=Admirals Batsch in Dienst gestellte deutsche Uebungsgeschwader wird, wie es heißt, schon am 30. Mai von Wilhelmshaven auslaufen, um sich nach dem Mittelmeer zu begeben.
- Ist's wahr, was Berliner Blätter erzählen, daß die freie Stadt Bremen eine gelinde, aber wachsende Sehnsucht verrathe, in Preußen aufzugehen? Vielerlei Bedürfnisse des großen Handels und Verkehrs erforderten Anstalten und Mittel, denen die Stadt allein nicht mehr gewachsen sei, sie sehe sich daher nach einem großen Staat um, der helfen könne und werde.
- In nächster Woche wird die Stadt Berlin eine Millionärin, wenn die Statistiker sich nicht verrechnet haben. Man paßt genau auf, ob Der, der die erste Million voll macht, ein geborener Berliner oder ein Zuzügler sein wird. Der Wachsknoten ist Berlin namentlich Seit dem Jahre 1858 aufgegangen; seit diesem Jahre hat es um eine halbe Million zugenommen.
- Kaiserin Elisabeth ist zwar eine sehr gute und eifrige Reiterin, die selbst bei Fuchs= und Parforce=Jagden wacker mithält; daß sie sich aber jetzt in Wien oder Schönbrunn einen eigenen Circus bauen läßt, darüber schütteln die Wiener doch den Kopf.
- In München wurden am 1. Mai die ersten Kirschen auf den Markt gebracht. Das ist aber auch gar kein Wunder; denn sie kamen aus - Sicilien.
- Bei der Kabellegung zwischen Berlin und Hamburg interessiren besonders die Leistungen der von Siemens erfundenen Fraisemaschine, die durch eine Radumdrehung eine 1 Meter tiefe Furche in die Erde zieht, in welche das Kabel sich einsenkt. Auf dem Wagen, von welchem sich das Kabel abrollt, ist eine Vorrichtung angebracht die das Sprechen der Kabelleger mit allen Stationen möglich macht, mit denen das Kabel verbunden ist. Während die Kabellegungen auf allen vom Reichstag genehmigten Strecken vor sich gehen, sind auch die Arbeiten im Gange, um noch in diesem Jahre 500 neue Telegraphen=Stationen einzurichten. Es sind zu diesem Behufe sämmtliche Stangenzubereitungsanstalten thätig, die sich auf das ganze Reich von den polnischen Wäldern bis nach dem Schwarzwald hin vertheilen. Ebenso arbeiten mehrere Porzellanfabriken an den Isolatoren.
- In Passau ist ein Postgehülfe aus Nördlingen mit 20,000 Mark durchgegangen.
-Auf dem Jahrmarkt in Immenstedt ist ein Krokodil Nachts aus seinem Käfig entkommen und verschwunden.
- Im Klosterwald zu Arzberg (Oberfranken) ist ein Wolf geschossen.
- Im Postgebäude (Königstraße) in Berlin ist ein Stockwerk eingestürzt. Mehrere Personen sind erschlagen.
- Die Familie Roseberry in Doncaster in England muß ein Lebens=Elexir haben. Das Haupt der Familie ist Hausirer, 108 Jahre alt und immer noch kerngesund. Seine Frau starb 99 Jahre alt, nachdem sie 22 Kinder, darunter 17 Söhne geboren hatte, deren letztverstorbener 88 Jahre alt wurde. Auf ihr geheimes Lebenselexir sind der Familie 100,000 Pf. St. geboten worden.
- In England ist man darauf verfallen, aus alten Zeitungen ein Herz und Geist erfrischendes Heilmittel zu bereiten. Das sehr einfache Verfahren besteht darin, daß die mit den Bahnzügen ankommenden Reisenden ihre unterwegs durchgelesenen Zeitungen auf den Bahnhöfen in Sammelkästen niederlegen, welche die Aufschrift führen: "Zeitungen für die Spitäler," worauf die Bahnverwaltung die geringe Mühe übernimmt, den Inhalt dieser Kästen täglich kostenfrei an bestimmte Spitäler zur Zerstreuung und Unterhaltung der Kranken abgehen zu lassen. Auch in Oesterreich hat diese nachah=

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menswerthe Einrichtung Eingang gefunden, und in Wien ist diese Sache bereits geordnet. Von der Kaiserin=Elisabethbahn empfängt das Allgemeine, von der Südbahn das Wiedener Krankenhaus und das Rudolphsspital, von der Franz=Josephsbahn das Rothschildspital in Währig und von der Nordbahn das Spital der Barmherzigen Brüder täglich zu Mittag die auf den Bahnhöfen eingeworfenen Blätter. Der schrecklichen Langeweile und dem gefährlichen Dahinbrüten so vieler armen Kranken und Genesenden wird durch solche Lektüre wirksam vorgebeugt und jedes Zeitungsblatt nun erst recht bis auf den letzten Buchstaben ausgenützt.
- Ein reicher Bauer in der Nähe von München gab unlängst seiner einzigen Tochter bei deren Verheirathung 20,000 alte bayrische Thaler mit und that sich in seinem Bauernstolze nicht wenig darauf zu gute, daß sich kein einziges Geldstück jetziger Währung darunter befinde. Es leuchtet nicht gerade ein, weshalb es jetzt noch "solche" Käutze geben müsse.
- Vor einigen Tagen fand in einer geachteten Berliner Familie ein Auftritt statt, der von schweren Folgen begleitet war. Die Frau des Hauses hatte Geburtstag, und am Abend war eine zahlreiche Gesellschaft bei ihr versammelt, unter der sich ein junges Brautpaar befand, das erst vor wenigen Wochen seine Verlobung gefeiert hatte. Der Bräutigam, der früher in Hamburg Buchhalter war, wollte sich in kurzer Zeit hier etabliren und galt allgemein für sehr wohlhabend. Die junge Braut, eine gefeierte Schönheit, bildete den Mittelpunkt der Gesellschaft, und man bewunderte allgemein ihre kostbare Toilette; besonders erregte ein antikes Armband, das sie trug, Aufsehen. Es war ein Geschenk ihres Bräutigams, der den neugierigen Damen erklärte, dasselbe sei mehr als 150 Jahre alt und habe sich in seiner Familie fortgeerbt. Eine junge Dame, die erst vor kurzer Zeit aus Hamburg hier angekommen war, befand sich gleichfalls in der Gesellschaft und war nicht wenig erstaunt, als sie das Armband betrachtete. Sie erklärte, ihre Tante in Hamburg habe ein ähnliches besessen, und es sei ihr mit andern Schmucksachen gestohlen worden. Der Bräutigam erschrack, und als die junge Dame ihn fragte, ob in der Kapsel des Armbandes ein Bild enthalten sei, da erklärte er, es sei ein Pastellbild seiner Großmutter in derselben. Die junge Hamburgerin, welche die allgemeine Bestürzung der Gesellschaft wahrnahm, bat um Entschuldigung und fügte hinzu, in dem Armband der Tante sei das Bild der berühmten Tragödin Schröder gewesen. Die Braut öffnete die Kapsel, einige ältere Herren betrachteten das Bild, und allgemein hieß es, es sei das leibhaftige Portrait der berühmten Schröder. Aller Blicke wendeten sich nach dem Bräutigam - er war verschwunden. Am nächsten Tage erfuhr man, er sei geflohen, um sich der gesetzlichen Strafe die ihm bevorstand, zu entziehen. Das Geschick der Braut wird allgemein bedauert.
- Kostspielige Ohnmacht. "Als wir an dem Loreley=Felsen vorüberfuhren," schreibt ein vergnügungssüchtiger Geldmann seinem Freunde, "wird geschossen. Wie geschossen wird, fällt meine Frau in Ohnmacht. Wohin fällt sie in ihrer Ohnmacht? Auf eine große Kiepe Blaubeeren. Blaubeeren 7 M. 20 Pf. - Seidenes Kleid, ganz neu, 240 M., Sammetpaletot zu waschen, bei Judlin, trocken 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). Spitzentaschentuch mit einem kleinen gestickten Amor 50 M. (aus Paris). - Gelbe Handschuhe mit 5 Knöpfen 19 M. - Eine Locke ganz weg 3 M., macht zusammen 314 M. 70 Pfennig (Mecklenburg).; Schlage noch drauf 15 pCt. für andere Kleinigkeiten - kostet mir die Ohnmacht 350 M. Nun sage mir, lieber Freud, wozu sind die Ohnmachten?"


Anzeigen.

In der Concurssache des Krämers A. Schulze zu Mannhagen ist, nachdem die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln getroffen, ein Liquidationstermin auf

Dienstag den 26. Juni c.,
Morgens 11 Uhr,

vor dem Großherzoglichen Justiz=Amte hieselbst angesetzt, zu welchem Alle, welche aus irgend einem Grunde Ansprüche und Forderungen an den Cridar und dessen Vermögen, in specie an das zur Concursmasse gehörige, zu Mannhagen belegene Wohnhaus c. p. desselben zu haben vermeinen, zwecks Anmeldung ihrer Ansprüche und Vorlegung ihrer schriftlichen Beweismittel, sowie zur Prioritätsausführung unter dem hiedurch ein für alle Mal angedrohten Nachtheile der Abweisung von der vorhandenen Masse und des Ausschlusses mit ihren Beweismitteln und mit der Prioritätsausführung hiemit peremtorisch geladen werden.
Die in dem über das Haus c. p. des Cridars A. Schulze errichteten Hypothekenbuch eingetragenen, von der Anmeldungspflicht gesetzlich ausgenommenen Gläubiger haben nur ihre Forderungen rückständiger Geld= und Natural=Abgaben, sowie rückständiger Zinsen und etwaiger Schäden und Kosten zu liquidiren.
Zur Erklärung über die einzelnen Liquidate Seitens des Gläubiger=Corps, sowie zum Versuche der vergleichsweisen Beilegung des Debitwesens ist ein Termin auf

Dienstag den 24. Juli c.,
Morgens 11 Uhr,

anberaumt worden, wozu die nicht präcludirten A. Schulze'schen Gläubiger bei dem Nachtheile des Ausschlusses mit ihren resp. Erklärungen und des Zugeständnisses der Liquidate hiermit geladen werden.
Der Schmiedemeister Pöhls zu Mannhagen ist zum interimistischen Güterpfleger der A. Schulze'schen Concursmasse bestellt; dieselbe besteht aus dem zu Mannhagen belegenen, auf den Cridar am 21. September 1869 bestätigten Wohnhause c. p., aus sehr geringfügigen Mobiliargegenständen, sowie aus mehreren Waarenresten und unbedeutenden Schuldforderungen.
Den Schuldnern des Cridars wird die Zahlung an denselben bei Vermeidung doppelter Zahlung untersagt und ihnen hiemit die Berichtigung ihrer Schuldpöste binnen 4 Wochen an den interimistischen Güterpfleger oder an das Concursgericht aufgebeben.
Schönberg, den 9. April 1877.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Nach der uns heute gemachten Anzeige sind am Abende des 3. d. Mts. vor dem Hause des Gastwirths Böckmann hieselbst Jemandem, während er dort gesessen und geschlafen, seine am untern Rande mit schwarzem Bande eingefaßte graue Sommermütze, seine neusilberne zweigehäusige Taschenuhr, deren Zifferblatt mit römischen Zahlen versehen ist und in deren innerem Gehäuse sich die Nr. 112 eingravirt findet, gestohlen worden.
Wir ersuchen um gefällige Vigilanz auf den Dieb und die entwandten Gegenstände, sowie event. um sofortige Benachrichtigung dienstergebenst.
Schönberg den 7. Mai 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Am Tage nach Pfingsten, den 22. d. M., Morgens von 10 Uhr an, sollen beim Gastwirth Kreutzfeldt hieselbst in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 Clavier, 3 Stand Betten, 3 Laden, 1 Bettstelle, 6 Tischlaken, 2 Reisekoffer, Porcellan= und Glas=Sachen, Manns= und Frauen=Kleidungsstücke u. s. w.
Carlow, den 11. Mai 1877.

Struck, Landreiter.     


Für Leidende!

Prof. Wundrams überall bekannte und bewährte Kräuter bei Magenkrampf, Unterleibsbeschwerden, Drüsen, Scropheln, offenen Wunden, Gicht, Rheumatismus, Bandwurm, Epilepsie u. s. w. Sind mit specieller Anweisung echt zu beziehen,

Pulver in Dosen à M. 1,50,
Pillen   in Dosen à M. 2,00,

durch Ad. Goedel, Apotheker in Borna (Sachsen).


Theater in Schönberg.

Da ich mit meiner gut organisirten Theatergesellschaft nächsten Donnerstag, 17. Mai, einen Cyclus von Vorstellungen eröffnen werde, so erlaube ich mir, das geehrte Publikum von Schönberg und Umgegend ergebenst hierzu einzuladen, indem ich nur Novitäten der neuesten Literatur zur Aufführung bringe.

Hochachtungsvoll und ergebenst     
J. Kleinschmidt,            
Theaterdirector.             


[ => Original lesen: 1877 Nr. 38 Seite 4]

Am ersten Pfingsttage
Großes Concert im Boye'schen Garten.
Anfang Nachmittags 4 Uhr. Entree à Person 25 Pf.
Abends: Große Illumination des Gartens.
Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saale statt.

Hierzu laden freundlichst ein

die Vereins=Musiker.     


Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe
des Patriotischen Vereins zu Grevesmühlen.
vom 30. Mai bis 1. Juni 1877.
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Die Bedingungen zu obiger Ausstellung sind jetzt in einem Programme festgestellt und sind nebst Anmelde=Bögen vom Herrn Chr. Callies in Grevesmühlen zu beziehen.

Die Ausstellungs=Committe.


Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha.
Gegründet 1827. Eröffnet am 1. Januar 1829.
Stand Ende 1876.

Versichert 48804 Personen mit 308,049,700 Mk.
Davon 1876 neu eingetreten 3554 Personen mit 28,810,400 Mk.
Bankfonds 73,900,000 Mk.
Ausbezahlte Sterbefälle seit 1829 101,029,700 Mk.
Durchschnitt der Dividende der letzten 10 Jahre 36,8 Prozent.
Dividende im Jahre 1877 41 Procent.

Versicherungsanträge werden durch unterzeichneten Agenten entgegengenommen und ermittelt.
Schönberg, den 1. Februar 1877.

Wilh. Schrep.     


Logo der Hagelassekuranz
Die Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg,
gegründet auf Gegenseitigkeit und Allerhöchst bestätigt in den Jahren 1847 und 1875,
1847/75,

gewährt durch ihre Einrichtung ihren Mitgliedern unzweifelhafte Sicherheit, regulirt die vorkommenden Schäden durch Abschätzung ihrer eigenen Interessenten anerkannt coulant und hat nach 30jährigem Durchschnitt die niedrigsten Beiträge aller gleichartigen Gesellschaften.
Als Reservefond hat sie bereits bei hiesiger Ersparniß=Anstalt 4000 Mark belegt. - Wir laden zum Beitritt in diese gemeinnützige Anstalt ergebenst ein.
Schönberg, den 23. April 1877.

Direction der Hagel=Versicherungs=Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg.
A. Wigger.                                                     Wilh. Heincke.
Lenschow-Grieben     . Kröger-Lockwisch.      Heitmann-Klocksdorf.      Bade-Ollndorf.
Mette-Pahlingen.      Oldörp-Schlag-Sülsdorf.


Am 2. Pfingsttage und am Tage nach Pfingsten
findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, und sind Schießlustige hierzu freundlichst eingeladen. - Der Satz von 3 Schüssen kostet 1 Mark, es fällt jedoch hierauf nur 1 Gewinn.

Gastwirth Sterly     
in Selmsdorf.       


Scheibenschießen.

Mein diesjähriges Scheibenschießen nach Gewinnen wird am 22. und 23. Mai abgehalten. Der Satz von 3 Schüssen, auf den nur 1 Gewinn fällt, kostet 1 Mark.
Es ladet Bekannte und Schießfreunde hierzu ergebenst ein

Krüger H. Tretow in Demern.


Allen Denen, die unsern lieben Sohn und Bruder H. Mußfeldt zu seiner Ruhestätte begleitet haben, unsern herzlichsten Dank!
Schönberg, den 14. Mai 1877.

Die Hinterbliebenen.     


Dienstag den 22. und Mittwoch den 23. Mai, den beiden Tagen nach Pfingsten, findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, zu welchem Freunde und Gönner ergebenst eingeladen werden.
Büchsen, sowie Schießbedarf werden von mir gehalten und kostet der Satz von 3 Schüssen, worauf jedoch nur 1 Gewinn fallen kann, 1 M.

Schlag=Resdorf.                                                     Krüger Jabs.


Die Schlagbäume

des Rupensdorfer Holzes sind bis auf Weiteres geschlossen.
Schönberg, den 14. Mai 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen19 M -Pfennig  bis 25 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste16 M 50Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


(Hierzu Off. Anzeiger Nr. 16.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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